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Die ehemalige Synagoge<br />

in Hohenems<br />

Geschichte und Architektur<br />

Synagogen waren über Jahrhunderte<br />

hinweg Seismographen für die gesellschaftliche<br />

Situation der jüdischen<br />

Minderheit. Das architektonische<br />

Erscheinungsbild der Bauten war Ausdruck<br />

des Selbstverständnisses der<br />

Jüdischen Gemeinden und der Toleranzfähigkeit<br />

der Mehrheitsgesellschaft.<br />

Die <strong>virtuelle</strong> <strong>Ausstellung</strong> vermittelt die<br />

Geschichte der ehemaligen Synagoge<br />

(17772 - 1938), den Umbau zum<br />

Feuerwehrhaus 1954/55 und die damit<br />

verbundene Erinnerungskultur. Ein<br />

Ausblick in die zukünftige Nutzung als<br />

Musikschule steht am Schluss.<br />

Bild: Synagoge Hohenems, um 1936<br />

Aquarell, JMH<br />

1<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003


1<br />

2<br />

Die Synagoge als Bautypus<br />

Als Baugattung lassen sich Synagogen<br />

nur schwer definieren. Ihre architektonische<br />

Ausprägung ist zeitlich<br />

und regional sehr unterschiedlich.<br />

Bis ins 19. Jahrhundert waren die<br />

Bauten von lokalen christlichen<br />

Stilmerkmalen geprägt. Dies war<br />

die Folge von Berufsbeschränkungen,<br />

denen Juden in Europa seit<br />

dem Mittelalter ausgesetzt waren.<br />

So mussten Jüdische Gemeinden<br />

lange Zeit auf christliche Baumeister<br />

zurückgreifen.<br />

Im Unterschied zum Salomonischen<br />

Tempel (10. Jh.v.d.Z), der für kultische<br />

Opferdienste genutzt wurde,<br />

dienen die Synagogen in erster<br />

Linie der Lesung aus der Thora vor<br />

der versammelten Gemeinde. Sie<br />

sind Orte des Gebets, des Lernens<br />

und der Zusammenkunft einer<br />

jüdischen Gemeinde. Oft nannte<br />

man die Synagoge auch "Schul".<br />

Für den Innenraum sind drei<br />

Elemente wesentlich:<br />

1.<br />

Der Thora-Schrein (hebr.: Aron<br />

ha-Kodesch), in dem die Thorarollen<br />

untergebracht sind. Dieser<br />

befindet sich immer an der<br />

Jerusalem zugewandten Seite in<br />

der Synagoge. Ursprünglich freistehend,<br />

wurde er später häufig in<br />

eine Apsis eingelassen.<br />

2.<br />

Die Bima (auch: Almemor), das<br />

meist erhöhte Pult, an dem die<br />

Lesung aus den Thorarollen vorgenommen<br />

wird. Ursprünglich befand<br />

sich die Bima in aschkenasischen<br />

Synagogen in der Mitte des Raumes,<br />

in Reformsynagogen verlagerte<br />

sich deren Standort an das östliche<br />

Ende des Betsaales vor den<br />

Thoraschrein.<br />

3.<br />

Die Frauenempore, ein tribünenoder<br />

galerieartiger Einbau, auf<br />

dem in vielen Synagogen die Sitzplätze<br />

für die Frauen untergebracht<br />

sind.<br />

1<br />

2<br />

Synagoge um 1900, JMH<br />

Synagoge innen um 1900, JMH<br />

2<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003


1<br />

2<br />

Der Bau der Synagoge 1770 - 1772<br />

Nachdem die Grafschaft Hohenems<br />

ans Haus Österreich gefallen<br />

war, wurde die große, stattliche<br />

Synagoge gebaut. Maßgeblichen<br />

Anteil daran hatte der zuständige<br />

k.k. Administrator von Hohenems,<br />

Freiherr Franz Xaver von Harrand<br />

zu Melans, der den Bau tatkräftig<br />

unterstützte.<br />

Am 4. Februar 1771 erteilte das<br />

Oberamt Bregenz nach Prüfung<br />

der vorgelegten Pläne und Verträge<br />

die Baugenehmigung. Der Amtswerkmeister<br />

Josef Gunz und<br />

Baumeister Peter Bein aus Hittisau<br />

wurden mit dieser Aufgabe<br />

betraut.<br />

Die Kosten des Neubaus wurden<br />

teilweise durch freiwillige Spenden,<br />

durch Verkäufe von Sitzplätzen in<br />

der Synagoge, aber hauptsächlich<br />

durch die Aufnahme von Darlehen<br />

gedeckt. Der damalige Rabbiner<br />

Löb Ullmann weihte die Synagoge<br />

ein.<br />

Der imposante tonnengewölbte<br />

Saalbau mit einer Länge von 20 m,<br />

einer Breite von 10 m und einer<br />

Höhe von 8 m stellt ein frühes und<br />

in weitem Umkreis einzigartiges<br />

Beispiel für eine spätbarock-klassizistische<br />

Landsynagoge dar.<br />

Markant waren Elemente wie das<br />

Mansardwalmdach, Ecklisenen,<br />

Ovalfenster, Rundbogenfenster, die<br />

bis 1954 erhalten geblieben waren.<br />

Es handelte sich bei der Synagoge<br />

in Hohenems um einen sogenannten<br />

erweiterten Synagogentyp, der<br />

aus dem Betsaal, dem Vorraum<br />

sowie dem „Schtibl“ (=Schulstube)<br />

bestand.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Innenansicht der Hohenemser Synagoge,<br />

um 1900<br />

Fotografie (Reproduktion) Horst Jäger,<br />

Hohenems<br />

Der tonnengewölbte Innenraum und die<br />

Deckengemälde der Synagoge blieben von der<br />

Erbauung 1772 bis zum Umbau in ein<br />

Feuerwehrhaus erhalten. Lediglich die<br />

Inneneinrichtung wurde im Zuge des Umbaus<br />

1863 – 67 verändert.<br />

Hebräische Inschrift<br />

über dem Eingangsportal der Synagoge. Druck<br />

(Reproduktion) aus: Aron Tänzer, Die Geschichte<br />

der Juden in Hohenems, unv. Nachdr. 1982.<br />

Die nicht mehr erhaltene Inschrift über dem südseitig<br />

gelegenen Eingang bezeugte das<br />

Errichtungsdatum der Synagoge im Jahre 5523<br />

nach der jüdischen Zeitrechnung, was dem Jahre<br />

1772 entspricht: "DIES IST DAS TOR GOTTES.<br />

MEINE GERECHTEN WERDEN DURCH DIESES<br />

KOMMEN. ÖFFNET MEIN TOR UND MÖGE EIN<br />

GERECHTES VOLK KOMMEN."<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003


2<br />

1<br />

3<br />

Reform des Gottesdienstes und Umbau 1863 - 1867<br />

Ende des 18. Jahrhunderts begannen<br />

auch innerjüdisch die Ideen der<br />

Aufklärung Fuß zu fassen. Diese<br />

veränderten das jüdische Alltagsleben<br />

und vor allem die Form des<br />

Gottesdienstes. Dies machte eine<br />

Umgestaltung des Betraumes notwendig.<br />

Der Umbau der Synagoge erfolgte<br />

zwischen 1863 und 1867 nach<br />

Plänen des Schweizer Architekten<br />

Felix Wilhelm Kubly. Die Veränderungen<br />

umfassten die Errichtung<br />

eines neuen Heiligen Schreines<br />

und einer Kanzel, neue Sitze für<br />

den Rabbiner, den Kantor und den<br />

Gemeindediener, außerdem die<br />

Verlegung des Vorlesepults von<br />

der Raummitte auf ein Podest vor<br />

dem Thoraschrein. Für den Chor<br />

und das von Salomon Sulzer (gebürtiger<br />

Hohenemser, Oberkantor<br />

im Wiener Tempel) gestiftete<br />

Harmonium wurde eine neue Galerie<br />

eingebaut.<br />

Die frühere Rabbinerwohnung im<br />

rückwärtigen Anbau der Synagoge<br />

wurde zur Gemeindekanzlei umgebaut.<br />

Hier fand das gesamte Gemeindearchiv<br />

mit Kultgeräten und<br />

religiösen Schriftstücken einen gesicherten<br />

Verwahrungsort. 1865<br />

erhielt die Synagoge neue Fenster<br />

mit gefärbten Gläsern und am 24.<br />

November 1866 fand in der neu<br />

gestalteten Synagoge der erste<br />

Gottesdienst statt. Bis zum zerstörerischen<br />

Umbau in ein Feuerwehrhaus<br />

1954/55 blieb nun die<br />

Synagoge unverändert.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Skizze des Thoraschreins<br />

von Felix Wilhelm Kubly<br />

Bleistiftzeichnung (Reproduktion), Stadtarchiv<br />

Hohenems<br />

Die Synagoge um 1900 (mit Turm)<br />

Fotografie (Reproduktion), JMH<br />

1867 wurde der Bau eines Turmes und die<br />

Anschaffung einer Uhr mit Schlagwerk beschlossen.<br />

Das Uhrwerk stammte aus der alten Pfarrkirche<br />

in Dornbirn Hatlerdorf. Mit dem Einlegen<br />

der Erinnerungsurkunde in die hohle Messingkugel<br />

des Turmes wurden am 16. Oktober 1867<br />

die Umbauarbeiten an der Synagoge abgeschlossen.<br />

Theodor Weirather<br />

Fotografie (Reproduktion), Hohenems,<br />

Archiv des Männerchors<br />

4<br />

Theodor Weirather war nicht nur zeitweilig<br />

Chorleiter des christlichen Männerchors, sondern<br />

als Organist sowohl in der Pfarrkirche als auch in<br />

der Synagoge, als Chormeister des christlichen<br />

Männerchors und des aus dem "Frohsinn" hervorgegangenen<br />

Synagogenchors und als<br />

Musiklehrer an der jüdischen Schule tätig.<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003


1<br />

2<br />

Das Ende der Jüdischen Gemeinde, Beschlagnahmung der Synagoge<br />

Nur noch 27 Mitglieder der Kultusgemeinde<br />

meldete Gemeindevorsteher<br />

Theodor Elkan wenige<br />

Monate nach der Machtergreifung<br />

der Nationalsozialisten in Österreich,<br />

im August 1938. Einigen<br />

davon gelang noch die Flucht über<br />

die nahe Grenze in die Schweiz.<br />

1940 wurde die Jüdische Gemeinde<br />

zwangsaufgelöst, ihre letzten in<br />

Hohenems verbliebenen Mitglieder<br />

wurden deportiert und ermordet.<br />

Die Politik der nationalsozialistischen<br />

Gemeindeverwaltung zielte<br />

nicht nur auf die Ausgrenzung und<br />

Vertreibung der Juden aus Hohenems,<br />

sie legte "auch Wert darauf",<br />

so der NS-Bürgermeister Wolfgang<br />

1938, die "Erinnerungsstätten<br />

ehemaliger jüdischer Herrschaft in<br />

Hohenems auszumerzen". Am 17.<br />

November 1938 wurden die<br />

Ritualgegenstände in der<br />

Synagoge beschlagnahmt. Eine<br />

detaillierte Inventarliste gibt<br />

Auskunft über die seither verschwundenen<br />

Objekte. Neben den<br />

Gegenständen aus Metall ist handschriftlich<br />

die Bemerkung "Metallspende"<br />

beigefügt. Um die Rettung<br />

der Thora-Rollen führte Theodor<br />

Elkan, der letzte Vorsteher der<br />

jüdischen Gemeinde, einen langen<br />

und vergeblichen Kampf. Bis heute<br />

ist von diesen Objekten mit Ausnahme<br />

eines Synagogenvorhangs<br />

nichts mehr aufgetaucht.<br />

Zwar blieb die Synagoge in der<br />

Reichspogromnacht des 9. November<br />

1938 vor Übergriffen verschont.<br />

Aber nach der Zwangsauflösung<br />

der Jüdischen Gemeinde gelang<br />

der Gemeinde Hohenems im September<br />

1940 die lange betriebene<br />

Übernahme des Gebäudes. Für<br />

Synagoge, Rabbinerhaus, das<br />

ehemalige jüdische Schulhaus und<br />

das Friedhofsgelände wurde zwar<br />

bezahlt, aber die Zahlung weit<br />

unter dem reellen Wert ging auf<br />

ein spezielles "Liquidationskonto<br />

der Israelitischen Kultusgemeinde".<br />

Für das ehemalige Synagogengebäude<br />

gab es seitens der nationalsozialistischen<br />

Gmeindeverwaltung zahlreiche<br />

Pläne. Aber weder die<br />

Nutzung als Schul-Expositur oder<br />

als Kino, noch die Pläne für den<br />

Umbau in ein Zeughaus wurden<br />

bis zur Befreiung 1945 realisiert.<br />

1<br />

2<br />

Pläne für den Umbau der Synagoge in ein<br />

Zeughaus, 1942; Lichtpause (Reproduktion),<br />

Sammlung Edith Waibel, Hohenems.<br />

5<br />

Gesamtverzeichnis der zur Synagoge gehörigen<br />

Kult- und Einrichtungsgegenstände,<br />

17. November 1938<br />

Maschinenschrift (Kopie), Hohenems, Stadtarchiv.<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003


1<br />

2<br />

Nach der NS-Herrschaft - Rückstellung des Synagogengebäudes<br />

Das Synagogengebäude hatte die<br />

Zeit der nationalsozialistischen<br />

Herrschaft zwar überstanden,<br />

befand sich nach dem Krieg aber<br />

in desolatem Zustand. Im Herbst<br />

1945 brachte die französische<br />

Militärverwaltung vorübergehend<br />

jüdische Überlebende des Holocaust<br />

(Displaced Persons) in ehemals<br />

jüdischen Häusern in Hohenems<br />

unter.<br />

Die Synagoge dürfte von den DPs<br />

nur selten für religiöse Zwecke<br />

benutzt worden sein. So wird etwa<br />

von der Einweihung einer Torarolle<br />

berichtet, die unter einem Baldachin<br />

in der Synagoge stattgefunden<br />

hat. Spätestens ab 1949 wurde<br />

das Gebäude von den DPs als<br />

Wohnhaus verwendet.<br />

1951 gingen unter anderem die<br />

Synagoge und das Rabbinerhaus<br />

in den Besitz der Kultusgemeinde<br />

Wien über. 1952 wurde der Besitz<br />

an die neu gegründete Kultusgemeinde<br />

in Innsbruck übertragen.<br />

Für die Rückstellung des beschlagnahmten<br />

und enteigneten<br />

Besitzes hatte sich besonders<br />

Harry Weil eingesetzt. Er war<br />

einer der letzten überlebenden<br />

Vertreter der Jüdischen Gemeinde<br />

Hohenems. Gemeinsam mit Frau<br />

und Kind war ihm 1938 die Flucht<br />

in die USA gelungen. Auf seine<br />

Bemühungen um<br />

Wiedergutmachung reagierte die<br />

Gemeinde Hohenems jedoch<br />

abweisend. Seine Recherchen nach<br />

den zum Großteil verschwundenen<br />

Kultgegenständen aus dem Besitz<br />

der Jüdischen Gemeinde blieben<br />

erfolglos.<br />

1946 war anlässlich des<br />

Osterfestes ein wertvoller Vorhang<br />

aus der Hohenemser Synagoge<br />

von einem Unbekannten an die<br />

DPs rückerstattet worden. Ein<br />

Aufruf an die Hohenemser<br />

Bevölkerung mit der Bitte um<br />

Rückgabe weiterer synagogaler<br />

Gegenstände hatte anscheinend<br />

Erfolg. Laut Aussagen damals in<br />

Hohenems wohnhafter DPs wurden<br />

einige Gegenstände aus jüdischem<br />

Besitz angeboten und von den DPs<br />

angekauft. Der größte Teil des<br />

reichhaltigen Synagogeninventars<br />

ist aber nicht mehr aufgetaucht.<br />

1<br />

2<br />

Die Synagoge nach dem Krieg, um 1950<br />

Fotografie (Reproduktion), Horst Jäger,<br />

Hohenems.<br />

6<br />

Die Rabbiner-Schule "Beth Schmuel", um 1947<br />

Fotografie (Reproduktion), JMH, Bestand Erik<br />

Weltsch.<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003


1<br />

2<br />

Umbau in ein Feuerwehrhaus 1954/55<br />

In den fünfziger Jahren beschloss<br />

die Gemeinde Hohenems, das ehemalige<br />

Synagogengebäude anzukaufen<br />

und in ein Feuerwehrhaus<br />

umzubauen. Die Israelitische Kultusgemeinde<br />

Innsbruck, in deren Besitz<br />

das Gebäude nach der Rückstellung<br />

gefallen war, stimmte dem Umbau<br />

zu.<br />

Der Umbau von Synagogen in Feuerwehrhäuser<br />

während und nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg ist eine besonders<br />

häufige Form der "Umnutzung“.<br />

Weitere Beispiele dafür gibt es<br />

etwa in Veitshöch-heim (1940)<br />

und Ichenhausen (1953). Diese Art<br />

des Umgangs mit Zeugnissen jüdischer<br />

Geschichte mutet heute vielfach<br />

wie eine magische Beschwörungshandlung<br />

an, die eine<br />

Wiederkehr der Toten an den Ort,<br />

von dem sie vertrieben wurden,<br />

verhindern sollte.<br />

Die Pläne für den Umbau der<br />

Synagoge, sie stützen sich großteils<br />

auf die Planungen aus dem<br />

Jahr 1942, sahen drei benutzbare<br />

Geschosse vor. Neben der Garage<br />

für die Löschfahrzeuge im Erdgeschoss<br />

sollten im ersten Stock<br />

Schulungs- und Versammlungsräume<br />

für die Feuerwehr, Räume<br />

für die Mütterberatung und im<br />

Dachgeschoss zwei Wohnungen<br />

eingerichtet werden.<br />

Bei der baulichen Umsetzung dieser<br />

Pläne 1954/55 wurden schließlich<br />

alle Elemente zerstört, die an<br />

die Funktion des Gebäudes als<br />

Synagoge erinnert hatten. Der<br />

frühere Betraum wurde durch den<br />

Einbau einer Hohlsteindecke in<br />

zwei Geschosse unterteilt. Die<br />

Deckengemälde und Gewölbeteile<br />

wurden ebenso entfernt wie alle<br />

sakralen Elemente der Außenfassade.<br />

Die Rundbogenfenster<br />

und die darüberliegenden ovalen<br />

Fenster wurden durch eckige ersetzt.<br />

Drei Garagentore dominieren<br />

seither die Ostfassade, an der<br />

einst eine Apsis auf den Thoraschrein<br />

im Inneren hingewiesen hat. Statt<br />

des Glockenturms wurde in der<br />

gesamten Höhe des Hauses ein<br />

Schlauchturm eingebaut.<br />

1<br />

2<br />

Widmungstafel im Stiegenhaus des<br />

Feuerwehrhauses, Fotografie, 1991 JMH<br />

Neben dem Schlussstein "1955" über dem<br />

Eingang auf der Südseite verleugnet auch<br />

die Gedenktafel im Stiegenhaus die<br />

Geschichte des Gebäudes vor dem Umbau.<br />

Grundrisse und Schnitte der Synagoge nach<br />

dem Umbau in ein Feuerwehrhaus<br />

Aus: Ada Rinderer: Die ehemalige Synagoge<br />

in Hohenems von 1771 bis 1972. (1997)<br />

7<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003


Wiederentdeckung der Jüdischen Geschichte und Zukunft des Gebäudes<br />

An die ursprüngliche Nutzung des<br />

Gebäudes erinnert erst seit dem<br />

Jahr 1991 eine Gedenktafel an der<br />

Südseite der Synagoge mit folgender<br />

Aufschrift: "Dieses Gebäude<br />

war bis 1938 die Synagoge der<br />

Jüdischen Gemeinde von Hohenems.<br />

Niemals vergessen."<br />

Seit dem Jahr 1995 hat sich das<br />

Jüdische Museum Hohenems in<br />

unterschiedlichen Projekten mit<br />

dem ehemaligen jüdischen Viertel<br />

und mit den Fragen des Umgangs<br />

mit diesem Ensemble auseinandergesetzt.<br />

Die Stadt Hohenems<br />

setzte eine Arbeitsgruppe ein, die<br />

stadtplanerische Perspektiven und<br />

Konzepte für die zukünftige Entwicklung<br />

des Viertels erarbeitet hat.<br />

Im vergangenen Jahr hat eine<br />

Gruppe von Architekten eine städtebauliche<br />

Studie zur zukünftigen<br />

Bebauung des historischen Zentrums<br />

von Hohenems präsentiert, in<br />

deren Mittelpunkt der Umgang mit<br />

dem Ensemble "Jüdisches Viertel"<br />

steht. Die Ergebnisse dieser<br />

Studie sollen als Grundlage für<br />

zukünftige bauliche Maßnahmen<br />

im ehemaligen jüdischen Viertel<br />

dienen. Dem Gebäude der ehemaligen<br />

Synagoge kommt dabei zentrale<br />

Bedeutung zu.<br />

Im Frühjahr 2003 wurde mit dem<br />

Umbau der ehemaligen Synagoge/<br />

Feuerwehr begonnen. Nach der<br />

Fertigstellung im Sommer 2004<br />

wird sie die Musikschule „tonart“<br />

beherbergen. Der frühere Betraum<br />

wird als Konzert- und Vortragssaal<br />

dienen, benannt nach dem<br />

berühmten Kantor und Komponisten<br />

Salomon Sulzer aus Hohenems,<br />

der in Wien im 19. Jhdt. als<br />

Erneuerer der Lithurgie zu Weltruhm<br />

gelangte.<br />

1 1 Umbau der ehemaligen Synagoge/Feuerwehr<br />

Foto: JMH, 2003<br />

8<br />

JMH, Abteilung Bildung und Vermittlung, 2003

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