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Schoenberger_Koestler_Der freie Westen_1992 - Blog

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<strong>Der</strong> . <strong>freie</strong> _ Wes ten,<br />

der _vernünftige _ Krieg,<br />

seine _linken_ Liebhaber<br />

und ihr okzidentaler<br />

Rassismus


"Hier wird breit gesehen. Die Zeit fault und kreißt zugleich.<br />

<strong>Der</strong> Zustand ist elend oder niedertrlichtig, eler Weg heraus krumm.<br />

Kein Zweifel aber, sein Ende wird nicht bargerlieh sein. H<br />

Ernst Bloch: Erbschufl dieser Zeil<br />

(Vorwort zur Ausgabe 1935)


Erstausgabe Juni <strong>1992</strong><br />

Herausgegeben vom<br />

Autonomen Zentrum<br />

Marbach e.V.<br />

AUe Rechte bei<br />

den Autoren CI<br />

Umschlag gestaltung und<br />

Satz: Diethard Keppler.<br />

Marbach<br />

Druck und 8indung:wolfgang<br />

Zeh und SOhne,<br />

Ostlandstraße 21,<br />

7141 Erdmannhau$en,<br />

07144/35295<br />

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8esteUadresse:<br />

Autonomes Zentrum<br />

Marbach e.V.<br />

do Cafe Provinz<br />

Cotlaplatz 4<br />

7142 Marbach a.N.


Beschreibung dieser Zeit<br />

I. Saddam wie Bananen und Hitle, wie Äpfel<br />

18 Die Charaktermaske Saddam -<br />

ein Produkt des <strong>Westen</strong>s<br />

21 Appeasemement = Pazifismus ?der Beschwichtigungs·<br />

politik zur Wahrung eigener Interessen?<br />

24 Waffen und Hitler<br />

»Die« Deutschen - ein Exportvolk<br />

29 Deutsch·nationale Obsessionen versus<br />

arabisches Unterlegenheitsgefühl<br />

34 <strong>Der</strong> Golfkrieg als Nord-Süd-Konflikl<br />

U. Die Okzidentale Ideologie und ihr Feindbild »Dritte Weltu 38<br />

4 1 Die Angst des »friedliebenden Mitteleuropäers«<br />

vor dem "Schwert des Islam"<br />

53 Die Okzidentale Ideologie<br />

111. Die "Historische Verantwortung der Deutschen"<br />

72 Die Verlegung des Krieges nach Israel<br />

85 Friedensbewegter Vernichtungswille?<br />

Exkurs I - Zur Möglichkeit des Antisemitismusvorwurfs<br />

91 ))Nuklearer« Holocaust und Friedensbewegung<br />

93 Funktionaler Antifaschismus und seine Konsequenzen<br />

102 ))Ticket«·Denken als Voraussetzung von Indifferenz<br />

113 Zionismus und antiimperialistische Palästina·Solidarität<br />

Exkurs 11 - Zur Kritik des Antisemitismus·Vorwurfes 124<br />

126 Projektionitis und Ableitungsmarxisten<br />

135 ))Philosemitismus« und ))Antiarabismus«<br />

142 Die falschen )/Freunde Israels«<br />

148 Die »Historische Verantwortung« und die linken<br />

IV. Geschichtsrevision und Negativer Nationalismus 152<br />

nErbschaft dieser Zeitu 17'<br />

Literatur 173<br />

•<br />

"<br />

7.<br />

..


I Beschreibung<br />

dieser Zeit .. Es wird in allen politischen. Lngern in Deutschland<br />

geradezu verzweifeLt wut beschwören(l davon<br />

gesprochen, daß eler Coljkrieg nicht der Beginn der ZUkUIlft., sondern<br />

ein Ruck/all in die Vergangenheit sei. ( ... ) IVarwlt beschreibt<br />

niemand die realistische Aussicla,f ilr die nächsten Jahre, ttilmlich<br />

daß sich weder die arabischen Massen mit. Sozialpolitik beslill/tigen<br />

lassen, noch die europäischen Massen plötzlich ihren Durst auf Öl<br />

vergessen? Was ist, wenn 'weder Appeasement noch Ausgleich gelingen<br />

? Welcher Politiker, gar welcher Lehrer denkt darUuer nach, wie<br />

man Kinder erzieht in einer KullW; die sich behaupten muß? Welche<br />

der Tttgenden, die in härteren Zeiten nötig sind, haben die Deutschen<br />

noch nicht 'verächtlich gem.acht?" (ECKABD FUI-!Il : "ur !lUrleren Zei­<br />

leu. 111: Fran kfu rier Allgemeine Zeil ung, 16.2. 1991)<br />

Genau das, was Anfang des Jahres 1991 während des Golfkrieges<br />

vo rexerziert wurde, halle der Ghostwriter Helmut Kohls, der<br />

Hi storiker Michael Stürm er, gemeint, als er feststellte, daß nur<br />

derjenige die Zukunft gewinnen werde, der die Vergangenheit<br />

deuten und die Begriffe prägen könne. Wie so etwas fu nktioniert,<br />

wurde nun anno 1990/91 anläßlich des Golfkri eges anschauli ch<br />

vo rgefUhrt. Dabei zeigte sich erneut der »Nutzen« von »Geschichte((<br />

und ihrer Instrumentalisierung, die wir im folgenden als<br />

Kriegstrciberdiskurs bezeidlllcn, da sie nicht nur in diesem KTieg<br />

effekti veinsetzbar war, sondern bereits das Szenario lind Legitimatiollslllodell<br />

künftiger Kr iege vorweggenommen hat.<br />

Eine wesentli che Voraussetzung fUr di e Führbarkeit und Rechtfer­<br />

Wir sparen uns zuk.ün f tlg die<br />

Anführungsstriche, wenn wir<br />

... on . der. Linken sprechen.<br />

Entsprechendes gilt für an·<br />

dere Sammelbegriffe wie<br />

_die_ Autonomen oder<br />

_die_ friedensbewegung .<br />

<strong>Der</strong> Begriff _Unke« wird von<br />

uns operationahstisch yerstanden:<br />

Es ist dabei nicht<br />

wesentlich. ob sich jemand<br />

selbst . der. Unken zugehörig<br />

fOhlt oder nicht, sondern<br />

ob er bzw. sie sich weitelhin<br />

in Diskussionen zu<br />

Wort meldet, die bisher . Iin·<br />

ken _ Politikfeldern (Imperfa.<br />

IIsmus. Antlkapitalismus.<br />

Frieden, Faschismus oder<br />

Nationalismus) zugerechnel<br />

wurden .<br />

8<br />

ti gung des Golfkrieges bestand in der »Chloro-Formierung«<br />

der Weltöffentli chkeit. Die eigene ideologische<br />

Selbs tüberhöhung und die Inszenierung eines Kampfes<br />

Gut gegen Böse zielten auf die Ausschaltung mögli ­<br />

cher Widerstände. Dabei gelang dem Kri egstreiberdisku<br />

rs e in Einbruch bis tief in di e Heihen früherer<br />

Gegner ei ner solchen Politik. Di e vielbeschworene<br />

»Kritische Vernunft « blieb dabei auf der Strecke (Z IE­<br />

BU ll A, 16 l u. THIELEN <strong>1992</strong>11, 13), Entscheidend für »di e«<br />

Linke 1 ist dabei di e Tatsache, daß sich die vorgeführte<br />

Kl'iegslegitimation vo r allem auf Argumente und Vergleiche<br />

aus der eigenen Denktradition bezog und uber


aus erfolgreich wa r. Un ter Berufung auf linke Di skurse fanden<br />

dramatische Kurswechsel ihren Abschlu ß, die weitreichende<br />

Änderungen, insbesondere hinsichtli ch der Interpretation des<br />

No rd- SUd-Konfliktes, beinhalten und einen allgemeinen Rechtsrutsch<br />

in der gesamLen bundesdeutschen pol itischen Kultur zur<br />

Folge halten.<br />

Es wird zu zeigen sein , daß diese »Argumente« fast gar nichts mit<br />

dem Golfkri eg, um so mehr aber mit der momentan stattfindenden<br />

und regelrecht inszeni erten Geschi cht srevision zahlreicher (ehemaliger)<br />

Linker zu tun haben, indem sie an tifaschi stische Lehren<br />

in ei ne (auf dieser Ebene) »neue« Herrscbartsralionalität um zuschmelzen<br />

begannen (L.U.P. U.S. 1991b, 29): Die ideologische Rechtfertigung<br />

des Krieges gegen di e Menschen im Irak kulminierte im<br />

.. Krieg hiesiger Linker gegen die eigene Ident,iUu l' erHI EtEN <strong>1992</strong>a, 9).<br />

Zum Vorschein kam dabei jener et hnozentristisch aufgeladene.<br />

»aufgek lärt.e« ku lLurali sti sche Rassismu s, der mittels der Okzidentalen<br />

Ideologie (vgl. Kap. 2) ve rsucht, di e Ausbeutung und<br />

Unterd rückung anderer Menschen im WeItmaßstab zu legitimi eren<br />

bzw. davon abzulenken. Unter Rassismus verstehen wir allgemein<br />

,J'ede Verhaltenswetse, durch die lndi'viduen oder Gruppen au/grund<br />

ihrer Abstatnmung, d.h. au/grund ihrer Geburt, als minderwertig<br />

eingestuft bzw. überhaupt eingestuft, klassi,{uiert werden. j eiLer Versuch,<br />

eine andere Verhaltensweise, eine andere Lebensweise au.s der<br />

Abstammung eines Menschen abzuleiten, (ist) (. . .) als rassistisch<br />

(zu.) bezeichnen. (. .. ) Rassismus ist also eine Form, der Naturalisierung<br />

sozialer Verhältnisse. ( ... ) Häufig wird z, B, ansteLle von 'RaJsse'<br />

der Begriff 'Kultur' benutzt, der aber dann genauso verstanden wird<br />

wie der Begrif/ 'Rasse', niimlich als lUwerverltnderLiches, bioLogisches<br />

Kennzeichen einer Gruppe" (KALPAKMIlÄTI-IZt: L,87). Daruber hin ·<br />

aus gehört zum Rassismus eine bestimmte Macht. diese<br />

Auffassungen auch gegenüber der amieren (» minderwerti ge ren«)<br />

Gruppe durchzusetzen. Rassismus ist also nicht nur eine Idee oder<br />

eine Einstellung, sondern imm er auch ein über Herrschaft vermittelter<br />

Prozeß der Ausgrenzung und des Ausschlusses. Ein solcher<br />

Rassismusbegriff, der die zunehmende Tendenz von einem bi ologistischen<br />

zu ei nem kulturalisti schen Rassismus reflektiert, versucht<br />

nicht nur gesellschaftliche Diskriminierung zum Zwecke der<br />

Ausgrenzung bzw. der Betonung des eigenen Oberlegenheitsge-<br />

9


10<br />

fühls auf der Grundlage von körperlichen Merkmalen, sondern<br />

auch di ejeni ge ober Werte und Nonnen sowi e Sitten und Gebräuche<br />

fa ssen zu können. Hiervon wäre noch de r Ethnozentrismus zu<br />

unterscheiden, der Klassifizi erungen vor dem Hintergrund histori ­<br />

scher Entwicklungc n (z.ß. der Moderni sicrung des »Okzidents«)<br />

vornimmt und von dcm hier verwendeten ß egriff des »Rassismus«<br />

(von Natur aus) abzugrenzen isl. Doch ist ihre gemein same Perspektive<br />

die "selbsttJersWrulliche Höherbewertllng der eigenen Kultur"<br />

(e h!!., UB). Wir gehen im fo lgenden davon aus, daß di eser in der<br />

Linken schon immer existente EthnozenLl'i smus im Verlauf des<br />

Golfkri eges sich zu einem kulturali sti schen bzw. zu dem sogenannten<br />

differentialisti schen Rassismus (IlAI .lnAIl) hin entfesselte.<br />

Die Grundlagen und Ursachen eines solchen kulturalisti schen<br />

Rassismus könn en 8n dieser SteHe ni cht untersucht werden. Es<br />

kommt zu nächst darauf an, ihn zu beschreiben und zu lokalisieren.<br />

Wenn wir im fol genden die Okzidenta le Ideologie in den Mittelpunkt<br />

unserer Kritik stellen, so ist damit keine Absage an di e<br />

\Verte und Nonnen der AufKlärung oder gar der bürgerlichen<br />

Revolutionen verbunden, sonde l'l1 hauptsächlich an ihre Fetischi ­<br />

sierung und Teleologisierung zum Zwecke der Hen schaftssicherung.<br />

Unsere Kritik selbst ist nur denkbar vor dem Hintergrund<br />

»kritischer Vernunft«, also Ergebni s »aufgeklärter « Denk ve rhüllni<br />

sse. Es ist aber nochmal ei ne andere Sache, dieselben in Form<br />

der Okzidentalen Ideologie a ls das E nde der Geschichte auszugeben<br />

oder, analog der Marxschen Methode, s ie imm er wi eder auf<br />

sich selbst anzuwenden.<br />

Auch we nn bekennende (neudeutsch) »Bellizisten« wie M.<br />

BHUM LI K bereits den Epilog auf die Linke sprechen ( .. Von der eigenen<br />

Geschichte eingeholt, steht die deutsche Linke vor einem. Scherbenhaufen.<br />

<strong>Der</strong> ne/l.en geschichtlichen Epoche hat sie nichts 1nehr<br />

m.itzuteilen", ß1WM LIK 1991b, ISS), genügt es nun nicht, in selbstgerechter<br />

Pose zu verhalTen und großzUgig das Renegaten-Etikett zu<br />

ve rabreichen. <strong>Der</strong> gegenwärtige Versuch, di e Linken, di e weder<br />

ei ne »Zivilisierung« der We1thungerordnung bemerken können,<br />

noch einer Versöhnung mit den herrschenden Verhältnissen das<br />

Wort reden, als All esmögliche (z.B als Anti semiten) zu denunzieren,<br />

JUag hauptsächlich derjeni gen Tatsache geschuldet sein, daß


der Kurswechsel »ge läuterter« Linker lImso gerechtferti gter erscheint<br />

, je schlimmer das »Pack« ist, das nuch wie vor di e Bedingungen<br />

jeglicher kapitalistischer und imperi alistischen Herrschaft<br />

in Frage stellt und bekämpft.<br />

Aber dieses ßuch ist zugleich der Versuch zu ergründen,<br />

warum unsere gängi ge lin ksrad!kale politische Praxis es ihnen<br />

dabei immer so einfach macht. Es bleibt nämlich unabhängig von<br />

den relati v durchsichtigen Motiven des Kl'i egstreiberdi skurses die<br />

Aufgabe bestehen, die di esen Fraktionswechseln der »Bellizisten«<br />

eben auch zugrundeliegenden objektiven Veränderungen zu analysieren.<br />

Von dahe r wollen wir zugleich eine notwendige und sicherlich<br />

schmerzliche Selbstkritik vo rantreibcn, ohne dabei über den<br />

Weg das Ziel aus den Augen zu verli eren.<br />

Es slehl außer Frage, daß die Erfolge des Kriegstreiberdiskurses<br />

auch Ausdruck der Kri se eines traditionellen linken Anliimperi<br />

al ismus im klassischen Gewande sind. FOr eine undogmati sche,<br />

radikale und autonome Linke macht es aber einen Unterschied. ob<br />

das, was au f Demonstrationen gemeinhin >dnternationale Solidarität«<br />

heißt, neu bestimmt werden muß, oder ob der Sachverhalt<br />

der gegenwä rtigen neo- kolonialistischen und imperialistischen<br />

Verhältnisse im WeItmaßstab gänzl ich in Abrede gestellt wird . Es<br />

ist hi er ni cht möglich, diese Diskussion zu führen. Unser Vorhaben<br />

ist daher bescheidene r. Wir beschränken uns auf ())defensive«)<br />

Ideologiekritik, die sich bewußt ist, daß für eine wirkli ch<br />

angemessene Auseinandersetzung mit diesem Krieg eine Analyse<br />

notwendig wäre. di e di e widersprüchlichen Interessen der beteili<br />

gten westlichen imperialistischen wie der ve rschi edenen arabischen<br />

(mitunter s ub-impe ri alistischen) Staaten in ein schlüssiges<br />

Erklärungsmodell einzubinden vermag. Eine unabdingbare Voraussetzu<br />

ng hi erfür ist aber zugleich jene Ideologiekritik, der wir<br />

tlllS nUll zuwenden woll en.<br />

Vor und unmittelbar nach Beginn des Golfkrieges formierte<br />

sich hierzulande zunächst eine außerordentlich aktive Bewegung<br />

gegen den Krieg. Sie blieb insgesamt freilich eine Minderheit. Die<br />

Mehrheit wartete ab. Es stand zwar für die Antikriegsbewegung<br />

nie zur Debatte, die fUr die US-Kriegsfuhrung strategisch wichtige<br />

Nachschublillie Bundesrepublik (Frankfurt und Bremerhaven)<br />

effektiv zu unterbrechen, aber offensichtlich wurde sie dennoch<br />

11


12<br />

sowohl von der Kri egs koalition wie auch dem offiziellen NATO­<br />

Bonn als ein sclnver kalkulierhures Potential mit mögli cher Ausstrahlungsgefuhr<br />

angesehen.<br />

Zu nächst wußten di e öffentlich-rechtli chen wie di e privaten<br />

Med ien nicht recht , was der »<strong>freie</strong> <strong>Westen</strong>« in diesem Moment<br />

eigentli ch zu wollen hat und zeigten sich durchaus vo n der Anti ­<br />

kri egsbewegung beeinflußt. Doch sehr bald selzte d ie Kriegspropaganda<br />

mit aller Massivi tät ein. Regierung und Medi en<br />

begannen, den Kri eg in die Köpfe zu tragen und versuchten, einer<br />

zustimmenden Haltung in der (ver}öffentlich(t)en Meinung wieder<br />

größeren Einfluß zu verschaffen. Da dem Einve rständnis zu einer<br />

bundesdeutschen Kriegsbeteili gun g hi storisch bedingte koll ekti ve<br />

Erfahrungen zahlreicher Menschen entgegenstanden, gnlt es tun ­<br />

liehst die politische Wirkung der Anti kriegsbewegung zu neutra:Jisieren.<br />

Und um zumindest die burgerliche Öffentlichkeit auf Linie<br />

zu bringen, inszenierten die Kri egsbefurworler den Kriegs treiberdiskurs,<br />

infolge dessen die Fri edensbewegung ihr )) Vi etnam « erleben<br />

soll te. Das E rgebnis dieses Kri egstreiberdiskurses kann sich<br />

sehen lassen. Durch das gegenseiti ge Ausspi elen von antifaschi ­<br />

sti schem und antimi li taristischem Di sku rs verstummte der Protest<br />

gegen den Kri eg in der zweiten Woche weitgehend . Am Ende stand<br />

eine Antikriegs bewegung, di e ni cht mehr hinten und vo rne oder<br />

oben und unten zu unterscheiden vermochte. Was sie sich noch zu<br />

sagen getraute, war zu we ni g, um ernst genommen zu werden.<br />

Denn eine inhaltli ch derart reduziert e Positi on wi e )) Kriege sind<br />

immer sc hlimm « verurteilt zwangsläufig zu politischer ßedeutungslosigkeit.<br />

Di e andere Seite hatte aus Vietnam gelernt und di esen Kri eg in<br />

den Medi en bestens vorbereit et. So vermochte unter den bisherigen<br />

und potentiellen Kri egsgegnern die Gegenpropaganda bereits<br />

in der zweiten Woche Fuß zu fassen. Seine Hauplaufgabe saJl der<br />

Kri egstreiberdis kurs in der Befestigung derj enigen Ideologie, di e<br />

besagte, daß es sich (von se iten der US-gefü hrten Kri egskoilliti on)<br />

um keinen imperialisti schen Kri eg, sondern um einen sozu sage n<br />

antifaschi stischen »surgical strike« für Menschenrechte, Demokratie<br />

und Völkerrecht handle. Sein E influß ve rgrößerte sich in<br />

dem Maße, wi e sich klar abze ichnete, daß es über den Golfkri eg<br />

nicht zu einem Dritten \Veltkrieg kommen wUrde, di e Metropolen-


ewohner also nicht mehr fürchten mußten, direkt in Kri egshandlungen<br />

verwi ckelt zu werden. Dabei zeigte s ich, daß der Mobilisierungserfolg<br />

der Friedensbewegung in der ersten Woche nichl<br />

unbedingt nur dem Einfluß antimil ita ristischer Überzeugungen zu<br />

verdanken war, sondern auch der massenhaften Angst, sich plötzlich<br />

im Kri egsgebiet wi ederzufinden. Ein Anzeichen hierfür ist die<br />

Spaltung des öffentlichen (demoskopi sche n) Bewußtseins, daß<br />

wäh rend des Kri eges zwa r 80 % der Befragten fUr den Kri eg ein ­<br />

truten, s ich genausoviele aber gegen einen Ein satz der Bundeswe<br />

hr wa ndten. War einmal klar, daß der Kri eg ni cht noch Europa<br />

kommen wU rd e, ve rmochten di e eigenen, wohlsllInds-chauvinisli ­<br />

sehen Interessen in Vel'knupfun g mit den s ie rechtfertigenden<br />

Feindbi ldern das Denken wieder zu bestimmen. Das a ll es bew irk ­<br />

te .. in der öffentlichen Meinung ein.en UI11,SchuJlLng (. . .), wie I1U Ln<br />

ihn dramatischer wul schneller selten erle bt hat" (Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung, 3 1. 1. 1991). <strong>Der</strong> Erfolg der Kriegsbeflirwort er fuhrte<br />

zu r regelrechten »G leichschaltung« eines bi s dahin noch<br />

d ifferenzicrteren öffentlichen Meinungsspektrums. Hierzu instrumentalisierten<br />

sie hi storische Vergleiche. beförderten tradierte<br />

Feindbi lder und formulierten morali sche Imperative. Im Mittelpunkt<br />

standen drei zum Teil in einander ve rwobene, sich auch<br />

gegenseitig bedingende historische »Argumente« :<br />

Gleichsetzung von Hider-Deutschland und Saddllm-lrak.<br />

Zus pitzung vo n ethnozentristischen zu rassisti schen Denkformen<br />

gegenüber der »Dritten Welt « unter ß czugnahl'l'Ic auf alte<br />

»okz identale« Islam-Feindbilder,<br />

Instrumenl nli sieru ng der »His torischen Verantwortung der<br />

De ut schen« nach der Ermordung der europäischen J ude n.<br />

Ocr Kri egstreiberdiskurs zielte außerdem da rauf, (mil it iiri ­<br />

schcn) Großmacht plänen der Bundesrepublik den Boden zu bereiten.<br />

Bi sher vor dem Hintergrund der militärischen Niede rl age des<br />

deutschen Nationalismus unmögliche Disk ussionen wurden<br />

schlagartig wieder salonfii hig. Interessierte politische Gruppierungen<br />

ve rmochten eine Diskussion über eine zukünftige - nunmehr<br />

angeblich positi v zu bewertende - Großmaehtrolle der Bundesrepublik<br />

un zuzett eln sow ie eine Debatte darUber, unter welchen<br />

13


(ist), die ihn jetzt beklimpJen; da.s kann man von Hitler in keinem<br />

FaU "'gen" (NEC't). Klar kam dies in der Stellungnahme des Chefs<br />

der Nahost-Abteilung im Sicherheitsrat der USA , G. Kemp zum<br />

Ausdruck: " Wir wußten, daß Saddam ein flurensohn war, aber er<br />

war eben dam.als ullser flurensohll., den wir gegen die schlimmere<br />

Bedrohung des Ayatollah Khomeini einsetzen wollten" (SI'EHN 6/1991).<br />

Saddams nach außen gerichtete machtpolitische und militärische<br />

Bedeutung resulti erte wesentlich aus dem Handeln jener Staaten,<br />

die ihn schließJi ch auch »abzurüstcI1 « gedachten (C HOMSKY <strong>1992</strong>u, 16).<br />

Er steht für einen .. Diktator von der Art, wie sie die Vereinigten Staaten<br />

immer wieder gefunden nnd unterstiltzt haben" (SA I D 199 1,32) Oder:<br />

Mitunt er sind "die Husseins (.".) selbst u.a. auch Produkte westlicher<br />

Interoentionen" (MASSAllHAT 1990, 53). Saddams High-Tech-Waffenarsenal<br />

stammt(e) im wesentlichen aus westlicher Produktion<br />

(KOLKO). Und nach wi e vor sind ABC-Waffen ein Resultat okzidentaler<br />

Phantasie und ) Intelligenz «. Die HOJ'l'orvisionen vom .. arabi­<br />

schen Frankenstein" lassen sich auch als die entlastenden "Schuldprojektionen<br />

H<br />

derjeni gen begreifen, die für die Aufrüstung des Irak<br />

ha uptSäc hlich verantwortlich si nd (SCH NE IOEtl). Die Quelle des<br />

Ubels »Saddam « ist der »<strong>freie</strong> <strong>Westen</strong>« selbst. Die .. aggressive<br />

Militärmacht Irak (ist) selbst ein Produkt imperialistischer Strategien"<br />

(HIRSC H 1991n. 7).<br />

Außerdem erschien schon vor dem Kri eg mehr als fmglich, ob<br />

Saddams "primärer Antrieb" tatsächlich die irrationale "Entschlossenheit<br />

zur Aggression" war, wie ENZ ENSßEBGE R Glauben machen<br />

wollte. Denn bi s ?Um 2.August 1990 halte Saddam nach außen<br />

»nur« einen Krieg gegen den Tran vor allem mit der Motivation des<br />

Machterhaltes geführt , die sich als »Selbsterhaltungstrieb« charakterisieren<br />

läßt. Wie zahlreiche andere arabische Staaten auch,<br />

fohlte er sich von der " fslamisehen Revolution", dem Islamismus<br />

im Iran bedroht und ve rsuchte auf offensiv-kriegerische Weise<br />

(mit westli cher UnterstUtzung), dieser Bewegung Einhalt zu gebieten<br />

(BlECK, 11 8) . Bis dahin hatte sich Saddam durchaus »rational«<br />

verhalten. Saddam ist nämlich ein nüchterner ») Realo«, der, wi e<br />

alle Welt sehen konnte, sich am Möglichen orientierte und das<br />

physische wie politische Überleben dem Märtyrertod allemal vorzog.<br />

Di e auf der Erscheinungsebene vorhandenen Ähnlichkeiten<br />

zu Hitler (totalitärer und skrupelloser Diktator) hingegen sind in<br />

19


Zur Rechtfe rti gung des Krieges de r »Anti-Saddam-Koalition<br />

«: wurde ein we ite rer hi storische r<br />

Verglei ch angefU hrl. Di e sogenannte Appeaseme<br />

ntpolitik Englands und Frankreichs vor<br />

ßeginn des Zwe it e n Weltkrieges stand als wa r­<br />

Appeasement = l<br />

Pazifismus oder<br />

Beschwichtigungs­<br />

politik zur Wah-<br />

rung eigener<br />

Interessen?<br />

nendes Bespi el für zu wenig En.tschl ossenhei l.<br />

Demzufolge hube di e mit dem Münchner Abkomme n von 1938<br />

verbundene Appenseme ntpoli tik Hitler erst zu seinen weite re n<br />

Überfälle n auf die T'schechos lowakei und Polcn ermunte rL. Desweitere<br />

n wird angefUh rt, daß sie ein en Krieg unter a ll cn Umsliinden<br />

ve rm eiden wollte und ihn dann unter viel schl echte ren<br />

Umständen doch führe n mußte. Diese Analogie di ente den Kri egsbefUrworl<br />

ern wi ederum dazu, die angebliche Sinnlosigkeit von<br />

Verhandlungen mit einem »hemmungslosen Aggressor« vo rzuführen.<br />

Mit Blick auf die Friedens- und Antikriegsbewegung obernahme<br />

n nun selbst Autoren wie J. FHIEOIH CII die Behauptung<br />

Heiner Geißle rs, daß der Pazifis mus Auschwitz e rst ermögli c ht<br />

habe: JJlitlers Vernichtungswut und der Pazifism.us der Appeaser<br />

haben mehr Menschenleben gekostet als alle vorigen Kriege zusammen.<br />

Doch die Vernichtungswütigen und die Nullen sterben nicht<br />

aus" (FnmnHICII). Ähnlich hielt es auch J, die schnelle int.ellektnetle<br />

Eingrei/uuppe wn Bernard f/enri Uvy", die "mit $chneLlen chirurgischen<br />

Schlägen gegen den JGeist. von München'" kümpfen wollte<br />

(5"0"rC2YK).<br />

In das gleiche Horn stieß aus einer ganz anderen Ecke K. IIILnE·<br />

BRA ND, der zwar nicht so unklug war, di e Appeasemenlpolitik von<br />

1938 in einen direkte n Zusammenhang mit den Ansichte n der Golfkri<br />

egsgegner zu setzen, aber entsprechende Anspi elungen an klingen<br />

li eß: "Zu der unübersehbaren PopulariUit dieser Politik trug<br />

zudem. maßgeblich bei, daß esJür eine Mehrheit der BeVlJlkerung in<br />

beiden Litndern (Frankreich und England, d. v.) keine Alternative<br />

zur EntspwUl.ung zu gehen schien. H<br />

Mal abgesehe n davon, daß es beim Münchner Abkommen und<br />

der Appeasemelltpolitik von 1938 um alles mögli che, bloß ni cht<br />

um Friedenspolitik und schon gar ni cht um pazifisti sche oder<br />

linke Politik ging, verspürten Franzosen wie Briten vor dem Hintergrund<br />

innerer Kri sen und der Wahrung ihrer eigene n Großmachtinteressen<br />

schli cht und einfach kein Bedorfnis, in eine n<br />

21


Auf " die" wissenschaftliche<br />

Banl:rotterl:liirung" von<br />

ger sieht nicht mehr. Doch an Deutsche im Krieg habe ich präzise<br />

Erinnerungen, wul so wUßte ich gerne, wo und wann er denn die<br />

Deutschen so todessehnsüchtig erlebt hai," {1l i\1T1I)." Bei der Befreiung<br />

von faschi stischen Regimen kommt es dann auf ein paar hunderttausend<br />

Menschen nicht an. Am Ende stehen di e<br />

Vernichtungsphanlllsien eines w. POBIlT: .,Eben meldet Bagdad, daß<br />

es nun Israel mit Chemiewaffen auslöschen wolle, eine<br />

Absicht, die Israel gegebenenfalls mit Kernwaffen zu 1;er-<br />

sozialwissenschaftlichen hindern wissen wird".<br />

Interpretationen, die mit der·<br />

lei psychologischen Kompen·<br />

sationstheorien verbunden<br />

sind, verweist A. GES TRICH:<br />

"Theorien, die solche sozialen<br />

Bewegungen wie den NS<br />

und die Begeisterung der Ira·<br />

ker für Saddam Hussein als<br />

psy


von ihm zugestandene n "historisch gut begründeten Einwiinde"<br />

herrsche " im Orient die Vorstellung, Niedergang wul Verfall seien<br />

auf absichUvolles westliches Handeln und dahinterstehende Verschwörungen<br />

zurückzu[iihren" (ebd., (5). Die nicht vorhandene bürgerli<br />

che Örrentlichke it mache es deshalb dem rechtglHubigc ll Muslim<br />

unmöglich, die eigent lich kompl exeren GrUnde, also di e., Wahrnehmung<br />

von Umständen ( ... ) weit endogenen Charakters" (clxl., (4),<br />

7.lI durchschauen, warum das »Abendland « beschloß, ihm Bomben<br />

auf den Kopf zu we rfen. Denn di es hat I)J NER (199111, 147 r.) wfolge<br />

nichts mit dem anhaltenden Anspruch de r im perialistische n Staaten<br />

übe l' ihre Ressourcen zu tun, sonde l'll ist allein in der historischen<br />

Mi ssion des Weste ns begründet. (vgl. Kap. 2) di e Menschenrechte<br />

und das Völkerrecht universal durchzusetzen. <strong>Der</strong>lei<br />

Behauptungen gipfeln immer wieder in der Illusion, daß wirklich<br />

demokratische - ode r zumindest bürgerli ch-demokratische - Verhältnisse<br />

prinzipiell unabhängig von gerechten smdoökonomischen<br />

Bedingungen möglich seien. Sie sind gegenwärtig auch Bestandteil<br />

eines Di skurses über die» Unterentwicklullg« im Trikont, wonach<br />

die Ursachen hierfür hauptsächli ch hausgemacht und nicht aus den<br />

unglei che n Beziehungen zwischen Nord und Süd ableitbar seien<br />

( ... gl. l.B. MENZEL) . Wenn also vorrangig die inte rn en Versäumnisse und<br />

Fehlplanungen zur Erklärung der Verhältnisse im Trikont taugen,<br />

bedarf es folglich auch keiner Abschaffung der s ie hauptsächlich<br />

bedingenden metropolitanen Strukturen. Die realen Mechanismen<br />

der Welthungerordnung und der sie garantierenden Wehpolitik<br />

(SCHOLLER) mUssen dann nicht mehr in Beziehung zu de n jewei ligen<br />

undemokratischen Verhältnissen gesetzt werden. Aber "es gibt keine<br />

Demokratie ohne Entwicklung und umgekehrt" (Tahar Bel 1e110un<br />

, zit. n. n Ma nifesto, 19.3. <strong>1992</strong>).<br />

33


36<br />

Ku.wait einen Krieg gegen den Süden/ührt, lUn den FlujJ des bilLigen<br />

Öls von Süden nach Norden aufrechtzuerhalten. Ein wichtiges<br />

Kriegsziel 'war auch die Dezim,ierung der irakischen Armee. Dieses<br />

Ziel wurde erreicht, u.nd die militli.rische Oberlegenheit Israels, das<br />

als Verbürulel,er des IVestens gilt, wurcle im Nahen Osten wiederhergestellt.<br />

<strong>Der</strong> Goljkrieg kann somit auch hegernonialpolitisch als ein<br />

Krieg gegen den Süden interpretiert werden, da mit dem, Irak ein<br />

Lcmd des Südens es gewagt hat, sich durch miliUirische Macht eigene<br />

politische fj(uullu,ngsspielrliwne zn schaffen" (MASSABHAT <strong>1992</strong>,40).<br />

Auch wenn die realen militärischen Möglichkei ten des Irak erhebli<br />

ch dramatisiert wurden (v gl. Kap. 3), bedeutete der Einmarsch in<br />

Kuwait ei ne versuchte Veränderung des militärischen Kräfteverhältnisses<br />

in der Region: "Ein Land des Südens umr im. Begriff,<br />

dem technologischen und kulturellen Vorposten des Nordens, dem<br />

Staate Israel, miliUirisch Paroli ZlL bieten" (dJlI.) . Nu r zu einfach li eß<br />

sich der völkerrechtswidrige Überfall auf KuwaiL dazu nu tze n,<br />

" den irakisehen Vorstoß gegen die militärische Oberlegenheit Israels<br />

zu stoppen" (e11d.). <strong>Der</strong> Sieg über den Irak unter Einsatz modernster<br />

konventioneller Waffen ist zugleich di e Vernichtung des<br />

Sy mbol s eines selbständi g handelnden Repräsentanlen ei ner<br />

Region, die nach kultureller und ökonomischer Unabhängigkeit<br />

strebt. Di e mit dem Sieg verbundene politisch-psychologische<br />

Botschaft richtete sich daneben auch an alle Staaten des Si.idens,<br />

di e sich von der Hegemonie des <strong>Westen</strong>s lösen wollen. Die ku lture<br />

ll e Dimens ion des Konfliktes ze igt di e Tatsache, daß vo n west licher<br />

Seite ,)mittelalterli che« Verhältnisse erst in dem Mom ent als<br />

bedrohlich empfunden werden, wenn sie Formen annehmen, die<br />

darauf zielen, die Vorherrschaft abzuschütteln: " Denn rnit zumindest<br />

ebenso riLckwärtsgewandten Herrschern in Saudi-Arabien kann<br />

der <strong>Westen</strong> nicht nur gut. leben, sondern - wie wir sahen - sogar<br />

einen gem.einsamen Krieg führen " (Cbll, 41 f.).<br />

De rlei Sachve rhalt verwandeln Saddam Hu ssein selbstve rständlich<br />

noch lange nicht in ein en antikolonialen Helden. Da er<br />

selbst nur ei n Produkt der ko lonialen Deformation der Verhältnis­<br />

se im Nahen Osten ist (H IHSC H 199 1u, 7), kann eine Solidarisierung<br />

oder gar Identifi kation (I-lALL 1991: .. anti-,:mperialism of fools H<br />

) mit<br />

ihm nicht zur Debatte stehen. Doch selbst wen n er sein sollte,<br />

.. was er irnmer war: ein wahrer Wolf irn Schafspelz, der nie zögerte,


seinen mörderischen Drohungen auch ebe/lSolche Taten folgen zu<br />

lassen", wäre doch zu bedenken, daß, wer in ein em Stud tviertel<br />

eine n Mörder ve rsteckt weiß, dieses ni cht .. per Ekrasit zehn Meter<br />

fiber Normalnull heben" kann (SA U_EH).<br />

37


40<br />

lVunschvorstellltng, daß alles so bleibt., wie es ist; die anderen hoffen<br />

auf Friedens - wul Sicherheitsko flferenzen europüischen Musters<br />

nach dem, Krieg - au.ch das trügt lage der Realitätsverweigerung.<br />

Nach dem. Ende der Ut,opien nennen sich die Politiker Realisten wut<br />

Pragmatiker" (chll.) .<br />

Wohin dieser »Saddam ;;;; l-litl er«- Vergleich führt. dUrfte nun<br />

offensichtlich sein. Die obe n vorgeführten »Argumente« si nd nicht<br />

Resultate historischer Analyse, sondern Ausfluß dieser selbstgerechten<br />

Okzide ntalen Ideologi e. die die Dämonisierung arabischer<br />

Ku ltur und Lebensweise vorantreibt und die }>okzidentalen « We rte<br />

des »zivilisatorische n « <strong>Westen</strong>s ve rhe rrlicht. Es geht nach der<br />

wei tgehenden Aunösung des Ost-West-Widerspruches um die ideologische<br />

Legitim ieru ng und Beschreibung der alten »neuen « Welthungerordnullg<br />

in Form der »Pax Alllcric8na«. Hi erzu bedarf es der<br />

Kon struktio n dieser ideologischen Kluft zwischen Zivilisation und<br />

Barbarei, zwischen Gut und Böse, uberlebenswerl und der Vernichtung<br />

preisgegeben. Am Ende geben " diese Monster keine Rätsel"<br />

mehr auf WNZENSBEllGEH). Und derartige Behauptungen führten<br />

schnurstracks zu jener Hetzpropaganda, daß, wer Saddam nicht<br />

militärisch bekämpfte, realite r mit ihm paktierte.


Offens ic htlich bedeutet der Wegfall des bipolaren<br />

Ost-West-Konfli ktes eine wesentli che<br />

Erschütterung de r Selbsl legi timation des<br />

»<strong>freie</strong>n <strong>Westen</strong>s«. Auf ein m


anzunehmen, es gäbe »den« Islam. Ein islamischer Lebensstil existi<br />

ert genausowenig wie ein einhei tlicher christlicher Lebensstil.<br />

VOll Bedeutung sind ein schriftgelehrter [siam, ei n mys tischer<br />

Islam, zahllose <strong>Der</strong>wischorden und sehr unterschi edliche regionale<br />

Ausprägungen des Islam. Darüber hinaus find en sich pietistische<br />

und sogenannte quieti sti sche Strömungen, abcr auch militante<br />

Kampfgruppen. Di e iranischen Mullahs gelten in der arabischen<br />

Welt keineswegs als »Fundamentalisten«, sondern als antikonserval<br />

iv (im Vergleich zu den Saudis etwa), da sie die Doktrin der <strong>freie</strong>n<br />

Entscheidungsfindung mit Hilfe der Ratio vertreten und sie deswegen<br />

hauptsächlich von den feudalen OPEC-Herrscher als Gefahr<br />

angesehen werden. Schon di e Verwendung des Begriffes »Fundamentalismus«<br />

in diesem Zusammenhang ist fragwürdig, da dieser<br />

aus den USA stammt und dort eine sehr einflußreiche Spielart des<br />

Protestantismus seit 1910 bezeichnet. Dieser »Fundamentalismus«,<br />

der etwa die Darwinsche Evolutionstheorie bekämpft, findet<br />

im [siam kein entsprechendes Äquivalent, da der Koran keine<br />

Schöpfungsgeschichte kennt und deshalb mit der modernen Naturwissenschaft<br />

keinerlei Probleme hat ( HALM 1991,201). Für das westliche<br />

Bi ld des Islam ist außerdem di e "irreführende" Übersetzung<br />

des arabischen Begriffs "Dschihad" mit " Heiliger Krieg" bestimmend<br />

geworden (C LEMESJALBEHT, 5 1 u. REBSTOCK 1990). <strong>Der</strong> Versuch, jegliches<br />

militärische Agieren arabischer Staaten mit der Formel vom<br />

"Heiligen Krieg" zu überziehen, zielt darauf, einen besonders<br />

gefährlichen Charakter islamgläubiger Menschen zu behaupten.<br />

Wissentlich oder unwissentlich wird der Kontext dieser Parole<br />

unterschlagen, wonach es sich dabei um einen "gerechtfertigten<br />

notwendigen Krieg zur Verteidigung" und nicht um 23<br />

<strong>Der</strong> sogenannte Fundameneinen<br />

Eroberungskrieg handelt. J. CAI:J'UNC ( 1990) be rnerk- talismus ist eher als defensi·<br />

te schon im August 1990, daß "diese verdummende west- ver Rückzug, denn als »islamische<br />

Offensive _ zu begreiliehe<br />

Presse das alles mif die Einheitsformel 'Heiliger fen (HALL). Zur historischen<br />

Krieg' redu.ziert - und nicht mal versteht, daß diese For- Konzep tion der religiOsen<br />

Expansionen und dem Kon-<br />

11'/,el kein Offensiv-, sondern ein Defensivkonzept ist u. 23 zept der Oschlhad vgL<br />

<strong>Der</strong> Kriegstreiberdiskurs deutet in den Koran eine WAITIWElCH. 154 ff.<br />

besondere Aggressivität vo n Muslimen hinein. <strong>Der</strong>artiges läßt sich<br />

genauso belegen wie das Gegenteil. <strong>Der</strong> Islam selbst beruft sich<br />

nämlich wie das Christentum und das Judentum auf den Stammvater<br />

Abraham_ Alle drei Religionen lassen programmatisch ein sehr<br />

43


Denkwett der afrika.nischen Menschen le,:ch.t.er zu. verstehen a.ls die<br />

christliche Lehre" (zit. 11. HAU\. (97).26 Zum anderen bedrohe der Islam<br />

seit Jahrhunderlen das Abendland und habe derzeit Europa in<br />

eincr Znngen bewegung wieder im Visier ( .. Das Schwert,<br />

des Islarn U<br />

).27 An dem Feindbild von der angeblic h<br />

uberbo rdcnden islumisc hcn Aggressivität formt Pcter<br />

Scholl -LaloUl' in vo rderster Reihe mit. H.I-I . HALM paraph<br />

rasiert di e Tend enz der Scholl- Lal.o urschen Aussagen:<br />

"Sch.OIl. immer brande/.e die is/.a.m.i.,·che F'lll.l,<br />

gefäll.rlich gegel'. die Kilst,en des Abendicuules, ILful h.ell,te<br />

ist, die Gefahr der Dbe,jlut.ung rlrüngender denn je" (l:I.d.),<br />

Scholl -Latour Leilt e uns den n auch im ersten Teil sei­<br />

Iler Fernsehrei he " Das Schwert, des ISI.CUl1S" ( .. <strong>Der</strong> lange<br />

Weg nach l erusalem U) mi t: "Ein Goueskrieg wird heul.e<br />

irn Oriell! au sgetragen, der bis in die Nacht der Zeiten<br />

zurückreicht., Cl Im zwei ten Teil warn te er die Zuschauer<br />

vo r der hieraus e rwac hsenden Gefa hr fU r das Chri stentum:<br />

"Noch breitet die mo/wmellt.a,le Chrisl,LLSsULl.ue ihre<br />

Arme ii.ber die LelJanLinil sche Küste" (Z i!. n. Fernsehsendun<br />

g). Die Wirk samke it solcher Assoz iati onen ergibt<br />

sich aus ei nem christl ich bestimmten Anti islullIismus,<br />

de r "das Bild vom Islam als einer Religion mit f euer<br />

luul Schwert, zu einem tief'verwurzelten kollektiven Vorurteil"<br />

(tNTEHNi\TJO NA l.EH i\HBE1TSKHEIS, 23) ve rdichtete. Die<br />

vie lges ta lti ge inLe ll ektu ell e Synthese zw ischen islami ­<br />

scher lind chri stl icher We lt sow ie das progrll lllmali sch ex istent e<br />

f'ri edenspotellt ia l des Koran s nimlllt hier nur ei ne Minderheit zur<br />

Ke nntni s.<br />

<strong>Der</strong> vorn Kriegstreiberd iskurs konst rui erte Zusam menhang von<br />

Krieg und fanatischer islam ischer Heligion uillerschl ilgt di e ebe nfH<br />

lls religiös ve rbräm te westlich-christli che Kri egspropugandH.<br />

Wer sich vo r dem Hintergrund des Golrkri eges über di e Rückkehr<br />

des Religiösen in die Politik beunruhi gt., darf seinen Bli ck ruhig<br />

über die islam ische We il hinaus ri chten. Erinnert sei nur an di e<br />

Instrumcnt Cll isicrung vo n Heligion auf seiten de r USA, al s Geo rgc<br />

Bush am 18. Januar 1991 erklärte, der Krieg um Co lf ellt h


46<br />

Indiellstnahme ihres Gottes für die »gerechte« Sache auf Seiten<br />

der westlichen Alliierten war gleichfalls ein wichtiges Propagandamittel<br />

in den USA. Das Strickmuster des auf Kreuzritter-Niveau<br />

betenden ßush steht dem des betenden Saddam in nichts nach. Im<br />

Hinblick auf di e Geschichte der ch ristli chen Kreuzzüge, der<br />

chri stlichen Ermordung der Mauren in Südspanien, des dreißigjährigen<br />

Reli gionskrieges und den Koppelschlössern ("Cott mit<br />

uns") dcutscher Soldaten gi bt es nun überhaupt keine Berechtigung<br />

fUr hiesige überhebli chkeit gegenüber den angeblich unzivi­<br />

I isierten »Fundamentali sten «.<br />

Di e Bctrachtungen von Scholl-Latour und Konzelmann sind<br />

gleichz.eitig Ausdruck eines Interpretationsmusters vo n Konflikten,<br />

das sich als Kulturalismus bezeichnen läßl. <strong>Der</strong> KuJturali smus<br />

erklärt di e Kulturen zu historischen Su bj ekten. Ni cht di e<br />

Menschen oder wirtschaftliche Interessensgruppen (Klassen) formen<br />

in einer solchen Sichtweise die Lebensbedingungen, nicht<br />

Wechselwirkungen zw ischen ihrem gesell schaftlichen Sei n und<br />

Bewußtsein bestimmen die Dialektik von konkreter histori scher<br />

Situation und kultureller Transformation . Stattdessen macht der<br />

Kulturalismus die Menschen zu .. Geschöpfen und Gefangenen ihrer<br />

jeweiligen KILÜlLr" (AUE Il. NHEIMEH, 191). So geraten die Menschen und<br />

di e Kämpfe um kulturelle Hegemoni e innerhalb verschiedener<br />

Kulturen aus dem Blickfeld. Kulturen erscheinen als " relativ<br />

hOl1wgene Gebilde mit einheitlichen Wesenszügen" und ihr Gegensatz<br />

erwächst "zur Triebkraft des geschichtlichen Prozesses" (ebet.).<br />

<strong>Der</strong> Kulturalismus stilisiert nicht nur den islam zur ideologischen,<br />

sondern auch zu der "gesamtkultlLrelle(n) Antithese zum <strong>Westen</strong><br />

und seiner ILftiversalistischen Identität" hoch (SC HULZE, 2 10). Das<br />

strategische Ziel ist di e Umdeutung des Nord-Sud-Konflikts in<br />

einen kulturellen Gegensatz. Diese Interpretation spekuliert<br />

zudem auf ein Mittelschicht-Milieu, das hi storische Deulungen<br />

aktuell er Konflikte besonders zu schätzen weiß. Gleichzeitig soll<br />

"die FestlLng Europa psychologisch" vorbereitet werden (eint.): " <strong>Der</strong><br />

Golfkrieg hat gezeigt, wie aklLt die Gefahr aus dem islamisch-arabischen<br />

Raum plötzlich auch für die Europäer werden kann. ( ... )<br />

<strong>Der</strong> Druck aus Nordafrika auf das südliche Europa wächst. Er wirft<br />

Fragen der inneren Sicherheit auf. De C(wUe sah schon vorau.s: <strong>Der</strong><br />

Ost- West-Konflikt werde bis zum. Ende des Jahrhunderts entschieden


Diese Furcht einte den fri edensbewegtf(Jl Metropolen-Pazifisten<br />

mit denen sich auf eine »zeitweilige Ausnahmesituation« berufenden<br />

Anhängern einer Pax Americana vom Schlage H.L CREMLIZAS<br />

(»Burgfrieden« fiel ihm dazu nicht ei n, dem angeblich Unbelehrbaren).<br />

Daß diese Menschen die bestehenden VerhUltnisse als veritlldel'bal'c<br />

begreifen, läßt ihn von arabischen Massen phantasieren,<br />

die aus ihrer Niederl age die Konsequenz ziehen könnten (199 Ih,8),<br />

.,daß der Krieg besser nicht im eigenen Land ( .. .) ge/ithl'l, sondern in<br />

die Metropolen getragen wird. Was terroristische Kriegfuhru,ng verrnag,<br />

wird sich zeigen, wenn sich nicht versprengte Grüppchen ihrer<br />

annehmen, sorutem' halbe Kontinente: heute ein Giflgasanschlag auf<br />

einen Kinderhort in Frankfurt, morgen eine Bombe im .. Atomreaktor<br />

von Stade, da wird sich mancher Bu,ndesanwalt noch nach den chirurgischen,<br />

Zivilisten weitgehend verschonenden Opemtionen der<br />

guten alten RAF zurücksehnen". Pointiert fassen diese Haltung<br />

Frankfurter Autonome zusammen: " Die Angst in Europa vor der<br />

'Arabischen Ge/ahr' (nach dem.. Ende der 'Roten Gefahr') ist auch die<br />

Angst vor der radikalen Infragestellung eines europl.l..ischen Kulturimperialistnus.<br />

der in der behaupteten Universalität seiner angeblich<br />

zivilisatorischen Werte, gerade mit der 'linken' Golfkriegsbe/lLrwortung,<br />

eine ideologische Renaissance erlebt" (L.U.P.U.S. 1991h, 38).<br />

Die gegenwärtig herrschende Weltwi rtschaftsordnung bedingt<br />

im Tl'ikolll und in den Schwellenländern Verhältnisse, di e in ökonom<br />

isch und ideell völlig destabilisierten Staaten und angesichts<br />

der kulturellen Hegemonie des Imperialismus in der Tat a nLi westliche<br />

Rachei deologien zur Folge haben können und di e sich alle<br />

mögli chen Regimes zunutze machen: "A ber was heißt das? Etwa,<br />

daß man diese Regimes abstrakt-unmittelbar in ihrer 'Bösartigkeit'<br />

verdammen und sich die Hände in der demokratischen BlutschiLssel<br />

in Unschuld waschen kann? Viel eher heißt es doch, daß die demokratische<br />

Vernurifi historisch am Ende ist, und jeder Analogismus<br />

mit vergangenen Konstellationen innerhalb des <strong>Westen</strong>s selber die<br />

pure Heuchelei. <strong>Der</strong> Weltmarkt, die materielle Grundlage der westlichen<br />

Demokratie und Zivilisation, ist absolut url/llhig geworden,<br />

die globale Mehrheit der Menschen in seinen Zuscunmenhang integrieren<br />

zu können. Das ist der wahre Kern des Problems" (KUnZ, 16).<br />

Diese »okzidentale« Sichtweise ignori ert die Voraussetzungen der<br />

grundlegend en Probleme des Nahen Ostens: " <strong>Der</strong> Kultu,ralisnw,s<br />

51


S2<br />

und Nonnativismus, der die Geschichte als Durchselzung eines Weltbildes<br />

auffaßt, lUßt jene Frage nicht das Herangehen {u!. {len Konflikt<br />

leiten, die die Aufmerksamkeit richtet au! die kolonialen und<br />

militärischen DemUtigungen, au,! Armut und Arbeitslosigkeit, sowie<br />

au! eine die Spaltu,ng der Gesellschaft vertiefende Modernisierung.<br />

Auf sie ist die Re- Islamisierung eine Antwort mit den Mitteln, die<br />

dazu, bereitstehen. Erst so, nicht aus der Logik des Islam. und nicht<br />

ohne interne soziale DiJJerenzierung kann der Resonanzboden<br />

bestimmt werden, au! den der <strong>Der</strong>nagoge Saddam Hllssein waghalsig<br />

zu. setzen 'versuchte" (eHEYDT) . Unsere »aufgeklärten" westli chen<br />

»Sachve rständ igen« in sogenannten Mcnschenrechlsfragen liefern<br />

ungefragt das ideologische Unterfu Ller filr Massenbombardements.<br />

Ein solcher " Experte" ist sich bewußt, "wie relaüv diese l3egriJJe<br />

sind. Er weiß, daß die anderen solche Errungenschaft.en weder<br />

anstreben noch verdienen. Für die Anstrengungen von naiven Westlern,<br />

den ewig archaischen Orient zu bekehren, hat er nur ein<br />

Uicheln übrig. Ob sich ein erneuter Versuch mit einem modernisierten<br />

Kolonialismus lohnen könnte - das wäre einmal eine gute<br />

PlLblikwnsJrage" (SENOeA K).<br />

<strong>Der</strong> Kriegstreiberdiskurs behauptete einen allgemeinen<br />

»fundamen ta listischen« Rückschriu arabischer Gesellschaften<br />

gegenüber der Entwicklung »okzidentaler« Gesellschaft en westlichen<br />

Zuschnius. Die ihm zugrundeliegende Okz identale Ideologie<br />

erwe ist s ich aJs das Spiegelbild der Angst zahlreicher Musli me vor<br />

dem Schreckgespenst der westli chen Welt (/-I ALM, 206). <strong>Der</strong> GoU'krieg<br />

hinterl üßl in den " Köpfen Eu,ropas" (ßA IEH , 9) eine Verheerun<br />

g. d ie der Ve rwüstung des Denkens im angenommenen<br />

Wa hn bi ld vom Islamismus in nicht s nachsteht und einem q uasi<br />

"slikularisierten Heiligen Krieg" (cbn,) das Wo rt redet. Die nun<br />

offens iv gepredigte OkzidentaJe Ideologie läßt den bisher latenten<br />

impli ziten Rassismus in Gestah des viele rnlellckt uelle prägenden<br />

Eurozenlrismus zur Tendenz werden (BOIUS/IMßUSCII , 7).


54<br />

ger (l,mbischer Staaten h(l,t sich - rUckblickend geurteilt - iln Konflikt<br />

zwischen dem Irak Saddam Husseins und der westlich-ambisehen<br />

Koalition vernilnfi.ig wul interessellsgeleitet verhalten. Das im<br />

IVest.en gezeichnete Zerrbild trog" (D INEH 1991h, 81) . So pflegen die<br />

beiden Hauptapologeten de .. Okzidental en Ideologie nicht das<br />

"quasi-anthropologische, traditionell offen anti-orientalische Ressentiment"<br />

(ebd., 83), sondern wissen es in abgewogene staatsphilosophische<br />

Abhandlungen zu ve rpacken.<br />

Die Essenz der Okzidentalen Ideologie und deren Zuspitzung<br />

wä hrend des Golfkrieges formulierte in der Berliner »taz« ein<br />

Bamberger Professor für Philosophie. Er pries " das europäische<br />

Modell" als "einzige(s) lutter den lVeltkulturen, welches sich dem<br />

Problem des Zusammenlebens lutterschiedlicher Kulturen eigens<br />

gestellt wul eine Lösung dafür entwickelt hat. ( ... ) Eben das nötigte<br />

diese Kultur zu de1jenigen TmflSformation, die wir die Aufklärung<br />

( ... ) nennen und die eine Konzeptionjiir das friedliche Zusammenleben<br />

unterschiedlicher Völker hervorbrachte" (WE I.SCH). Dahinter<br />

verbirgt sich auch nichts anderes als das inzwischen al lerol'len in<br />

Di enst genommene Konzept der »Zivilgesellschaft«, das in diesem<br />

Zusammenhang zu einern Kernstück der Okzidentalen Ideologie<br />

muti ert und einer allgemeinen Dom estizierung des Kapitalismus<br />

das Wort redet. Am Ende solchen »Philosophierens« steht dann,<br />

wenn die Wel t ni cht "von Europa lernen will" (MENZEL), die Legiti ­<br />

mi erung von Kri eg als »Aufkl ärung mit Waffen«, sei es nun in<br />

Form vo n »ßlautöpfen« der UNO oder mittels des ideellen<br />

Gesamtzivili sten USA: Di e »neue« Weltordnung also als ,,Instrument<br />

zum herrischen Ab-Richten von Völkern und Staaten na.ch<br />

Anweisung der Großm.ächte" (INTEUNATIONA LEH AIUlF.I'I'S KIU:IS, 30).<br />

FUr die Okzidentale Ideologie erweist sich der .,westliche<br />

<strong>Westen</strong>" als der Maßstab aller Dinge, nämlich als jener originäre<br />

" Bereich der atlantischen Revolution., von dem auch weiterhin als<br />

einem überragenden Kraftfeld und Innovationszentrum wegweisende,<br />

zivilisatorische Impulse ausgehen" (D INEH 1991 b. 59). In dieser<br />

Konstruktion erschei nt die wertende Hierarchi siel'ung von christlichem<br />

Abendland und islamisch beeinflußten Gesellschaften. Es<br />

sei "beispielsweise die Tatsache bemerkenswert, daß in ehemalige n<br />

kommunistischen Staaten, die im geografischen Bereich lagen, der<br />

fTilher unter osmanischer Herrschaft stand, wie Bulgarien, Rumäni-


Hi eran wäre nun die rrage anzuknüpfen, ob eine solche Betrachtungsweise<br />

ni cht nur dann möglich ist, wenn zuvo r der bürgerli ­<br />

chen »Zivili siertheit « ein Frei-» Ti cket« au sgestellt wurde. Eine<br />

derartige Sicht verwechselt aber sys temat isch di e programmati ­<br />

schen innergesellschaftlichen Umgangsformen mit den real-ex is<br />

ti erenden gegenüber Trikont- und Schwe ll enlä nd ern. Di ese<br />

Prax is mu nitioniert zudem ständig, wenn auch naserümpfend, die<br />

»barbarischen« Verfahrensweisen untereinander (z.B. Erster Golfkri<br />

eg: Iran-Irak). <strong>Der</strong> arabische Lyriker Ali Ahmed Said beklagl<br />

daher: "Man hat den Eindruck, der <strong>Westen</strong> ist auf der Seite von aU<br />

dem, was antidemokratisch wut menschenfeindlich ist und was die<br />

arabischen Regimes begunstigt, atso auch Unterdrückung wut<br />

Tyrannei" (A DON IS). Aus der »okzidentalen« Warte läßt es sich dann<br />

leicht rü hmen, we nn Kriege wegen der "Rationalität des komplexen<br />

Verfahrens in der potitischen Entscheidung zwischen Demokratien<br />

kaum, denkbar" sind (Dl NEIl 199 111, 150).<br />

Wenn die Okzide ntale Ideologie selbslredend auf der Vorstellung<br />

einer politischen Ökonomie beruht, di e den Zusammenhang<br />

zwischen wes tlichem Kapitalismus und »freiheitlicher« Demokrati<br />

e herausstellt , und ihn gleichzeitig dort leugnet, wo dessen Kehrseite<br />

offe nbar wird , so schreibt sie die Welthungerordnung als<br />

ehernes Gesetz fest. Hi erfOr ist sie sich nicht zu schade, schei nbare<br />

Widersprüche zwischen ökonomi schen In teressen und uni ve rsalen<br />

Werten zu konstrui eren. Im Golfkri eg galt es zu ve rschl eiern,<br />

daß im bürgerli ch-kapitalistischen Zeitalter formuli erte völkerrechtli<br />

che Prinzipien sehr wohl darauf zielen, sich einen <strong>freie</strong>n<br />

Zu ga ng zu und damit di e Kon troll e über strategische Ressourcen<br />

zu sichern . Di es verdeutli chten am 16. September 1990 die Ausführungen<br />

des konserva li ve n britischen Jou rnali sten Peregrine<br />

WOl'sthorne im Sunday Telegraph. So bestehe die Aufgabe der<br />

US A und ihrer Alliierten darin, " bei dem Auf bau und der Aufrechterhaltung<br />

einer IVettorclnung zu helfen. die st.abiL genug ist, um,<br />

den f ortgeschrittenen Ökonomien der Welt e,:n Funktionieren ohne<br />

dauerlwjte Störung und Bedrohung aus der Dritten Welt zu erlauben".<br />

Das impli ziere uuch " Prä1)eTltivmaß rw lunen" (lit. n. INTEHNATIO·<br />

NALEIl AIHJ EI'I'S KHE IS. 28 u. vgl. CHOMSKY <strong>1992</strong>11, 37 q . Noch klarer<br />

unterstri ch der Vo rsitzende des Unterausschusses fUr Europa lind<br />

den Nahen Osten im US-Repräsentanl enhaus, Lee I-Iamilton, das<br />

57


66<br />

der ethnolingu,istischen, kulturellen und konfessionell nicht integrierten<br />

Gruppen, die Zerbrechlichkeit und das Defizit der Legitim.iwt<br />

des S(.{wtes, der kl.llturelle, wissensclwft.liche wuL technische<br />

Rückstand, das rasche Bevölkerungswachstwn, fehlende oder<br />

ungeniigend vorhandenen Rohst.offe, die Kolonialstruktu.r der wirtschaftlichen<br />

Veränderungen und so weiter - 'von außen gesteuert<br />

und verstärkt wealen" (AR KOUN).<br />

<strong>Der</strong>zeit habe n die westl ichen Intell ektuelle n an emanzipatorische<br />

n Gegene nlwürfen zur Welthunge rordnung nicht viel zu biete<br />

n. Im Gegenteil, nach dem Scheite rn des real ex isti erende n<br />

Sozialismus tönt es imme r lauter: Es gibt keine Alternative zu dem<br />

was ist, und wir wünschen s ie auch gar nicht. Entsprechend meinte<br />

).1'. nEEMTSMt\ (1990) den Me nschen im Nahen Oste n die von seinem<br />

Standpunkt aus sichere, uberlegene re US-amerikanische<br />

Variante von Herrschaft empfehlen zu müssen. Auch Angelo<br />

ßolaffi bekannte: "Zwischen Leben und Tod habe ich Amerika<br />

ge-wählt" (A L:I'VATEH , 28). Eigenständige E ntwickl ungen im Trikont<br />

besit zen keine En tJalLungschancen mehr. Di e Verk ettung mit<br />

undell10kratischen Strukture n li egt ni cht zuletzt im westliche n<br />

Verhalt en selbst veranke rt: " Wieder einmal mehr wird die Denwkratie<br />

in den Gesellschaften scheitern, wo sie am. solidest.en verpflanzt,<br />

respektiert und versprochen ist: Das, was für die westlichen<br />

Völker gut lind errungen ist, bleibt für diese Völker auf dem Wege<br />

der Befreiung ohne Au.ssichten, ohne Wirkwl.g. Die 'wirtschaftlichen<br />

EI/olge, die die westlichen Wirt schaften dynam.isieren, ersetze1/. die<br />

Verstlindigung, den Frieden zwischen den 'Nationen', so daß nur die<br />

Staaten an dem Austausch beteiligt sind" (t\ Il KOUN). Vor dem Hintergrund<br />

des Fehlens jegli cher emanzipatorischer Alternati ve a us<br />

denjenigen Lündern, die die Nutzni eßer des ungleiche n Tausches<br />

auf dem •• <strong>freie</strong>n « Weltmarkt sind, verwundert es nicht, daß die<br />

Opposition gegen diese Verhältnisse als eine verallgemeinert e un d<br />

fu ndamentale Europa- und USA-Kritik daherk om mt. Als das<br />

eigentliche Problem erwies s ich also ni cht Saddam, sonde rn di e<br />

kolonialisti sche Moral des »<strong>freie</strong>n Weste ns«, den die Me nsche nrechte<br />

in d ieser Region einen feuc hte n Kehricht scherten, solange<br />

»nur« Kurden und Tra ner vergast wurde n und er davon auch noch<br />

profitie rte. Es ist di e westliche Hegemonie, d ie .. einer Erneuerung<br />

des arabischen Denkens entgegensteht", wie S. AI-Azm belont (I.az,


68<br />

nun ei nmal sind, nennen wir dies »kritische Solidarität«. Die<br />

Ursachen für die Gewaltverhältnisse im Trikont sind nicht zuletzt<br />

auch Ausdruck der universalistischen Werte ei ner »aufgeklärten«<br />

Weltwirtschaftsordnung und können ni cht losgelöst von ihr gesehen<br />

werden: "Man muß nur wissen, daß die lfell. noch »schlechter«<br />

werden kann, als sie ist, u.nd dies nicht in erster Linie, weil die Mensc/um<br />

der Dritten Welt immer fanatischer werden, sondern weil ein<br />

Weltsystem. herrscht, daß sie immer 'fanal.ischer' werden läßt" (AK<br />

:i2ß, 11.3. 1991, he.) .<br />

Als gefährli che "Feinde des Menschengeschlechtes" (ENZ ENSUE II­<br />

CE II) entpuppten s ich eher diejenigen HUter von Menschen- und<br />

Völkerrechten, die diese nach GutdUnken und unter ßerufung auf<br />

allgemein gultige universale Werte instrumentalisieren, um ah und<br />

an Hunderttausende von Kriegstoten sowie ständig Millionen<br />

Hungertote auf dem Altar der Okzidentalen Ideologie zu opfern .<br />

Vor diesem Hintergrund bewirkte der Golfkrieg einen weiteren<br />

Aufschwung und war die beste Reklame fUr den Islumisrnus.


111.<br />

I Die »Historische<br />

Verantwortung Seine größte Durchschlagskraft e ntwi c ke lt.e<br />

der DeutschenIC de r Kriegstre ibe rdiskll1's in der Bundesrepubl<br />

ik in dem Moment, als neben dem »Saddam<br />

= Hitler«-Vergle ich und der ZuspiLzu ng de r Okzidentalen Ideologie<br />

in Form e ines Anti-A rabis l11us der Basso continuo »Gas« angestimmt<br />

wurde. Saddam halle mit der Ve rn ic htung Israels d urc h<br />

c hemische Waffen gedroht. Auf der Di skurs-Ebene sollte für di e<br />

Bundesrepublik »kri egscnl sche idc nd « werden. De r Kri egstreibe rdisku<br />

rs hob die Ankündi gung SaddClll1s und den Scud -Raketen­<br />

Beschuß auf ein e Ebene mit der Judcll vcl'Ili chlung in Ausc hwit z.<br />

Die naz i-deutsche n Gaska mm e rn , di e planmäßige ind ustri e lle<br />

Ermordung vo n Mi ll io ne n Menschen, insbesondere vo n Jude n,<br />

aufgrund der Nazi-Rassenkonstru ktion, wurde nun in einem gänzlic<br />

h a nderen geschichtlichen Moment heraull)eschwore n, UIIl ei ne<br />

besond ere Bedrohung Is raels zu be tone n. J-IABEHM AS ( 1991)<br />

beschreibt als Au sdruc k der »Hi stori sche n Ve rantwortung« je ne<br />

"beiden sUirkst.en Affekte, die (. . .) das politische Bewußtsein ,neiner<br />

Generation geprligt haben. <strong>Der</strong> Zuscunrnenhang von Diktatur u.nd<br />

l udenvernichtung best.inunt die Loyalit.lit mit Israel, der ZlLsammenlwng<br />

von Nationalismus wul Eroberungspolitik die Skepsis<br />

gegen eine Machtpolitik, die das zivile Zusammenleben der Völker<br />

gefiihrdet. Fast instinktiv drUckt sich der Bruch mit der faschistischen<br />

Vergangenheit in zwei Reflexen aus: nie wieder Antisemitismus<br />

lLnd Verletzung der gleichen staatsbürgerlichen Rechtej nie<br />

wieder Nationalismus und Krieg. I< Genau diese be i den zentra len<br />

Pun kte ka men s ich nun während des Golfkri eges in di e Quere. '1:<br />

ROTH SCI-II LD (19910, 79) legte den Finger genau in d iese Wunde:<br />

" Warum also fallen Juden die Alliierten des Zweiten Weltkrieges,<br />

nicht-jiidischen deu.tschen Linken aber nur pazifistische Parolen<br />

ein?" Aufgrund genau di eses Di lemmas und de r politische n sowie<br />

theore ti schen Unfähigkeit. da ra us e ine n Ausweg zu finde n, vermochte<br />

de r Kriegstreiberdiskurs seinen Erfolg zu verbuche n. So<br />

konnte er e ne rgi sch e ine n bundesdeutsche n Militäreinsatz und<br />

Waffenlie ferungen zugunsten Israels re kla mi ere n. »Solidarit ät mit<br />

Israel « forderte n sogenannte Freunde Israels, die während des<br />

Krieges in einigen bundesdeutsche n StHdl e n e igene Kundge bungen<br />

organis ierten. Für eine antim ilitaristi sche linke Positi on, die<br />

sich der nazi-de utschen Vorgeschic hte der israe li sche n Staats-<br />

70


gründung bewußt ist, stellte sich dagegen die knifnige Frage" Was<br />

heißt es, für Israel zu, sein?" (TUGENO IUT). <strong>Der</strong> Kri egstreiberdi skurs<br />

wollte jedenfalls eine bedingungslose Partcinahme für die gegenwä<br />

rti ge israelische Regierung als angebli cher Ausdruck »Historischer<br />

Verantwol1ung« erzwingen.<br />

Es wird aber zu zeigen sein, daß es dem Kri egstreiberdi sk urs<br />

nicht um ein sich auf die deutsche Geschi chte beziehend es angemessenes<br />

Handeln ging, sondern deren Instrumentalisierun g zu<br />

ga nz anderen Zwecken, nämlich einer Lähmung und Spaltung der<br />

Antikriegsbewegung di ent e. Angesicht s der angenommenen<br />

Bedrohung zeigte die Dämonisierung des Islams und Saddams<br />

prak tische Wirkung. So glaubten zahlreiche Kriegsgegner, di e<br />

Lehre des Holocaust vor Augen, wegen ihres eigenen Handeins sei<br />

Israels Ex istenz gefnhrdet. Di e Heraufbeschwörung einer zweiten<br />

»E ndlösung« halt e jedoch weder mit der realen Situation Israels<br />

(s.u.) noch mit der »Histori schen Verantwortung« zu tun, sondern<br />

diente vor allem einer Festigung von derzeit durch die israeli sc he<br />

Regierung ve rtretenen Positionen als auch den Interessen des mit<br />

ihr ve rbündeten »<strong>freie</strong>n <strong>Westen</strong>s«. Am Ende ergab sich für die<br />

Bllndesrepllblik implizit eine Bagatellis ierung des Hol ocaust<br />

sowie di e fUr di e rec hte is raeli sche Regierung nützliche Fortschreibung<br />

jener ihre jetzige Praxis legitimi erende Propaganda,<br />

wonach mit den arabischen Nachbarn ein gerechter Interessensausgleich<br />

nicht mögli ch sei.<br />

71


Ioie Verlegung<br />

des Krieges<br />

nach Israel<br />

72<br />

Obwohl der Krieg rcal in Kuwait und im Irak<br />

staHfand, wurde er während der zweiten Woche<br />

im Bewußtsein des »<strong>freie</strong>n <strong>Westen</strong>s« nach Israel<br />

verlegt. Hier:w bedurfte es keine r Zensur. Was im Irak und in<br />

Kuwait al s größter Bomhenterror in der Geschichte der Kriegsführung<br />

auf die Menschen niederging, inte ressierte im Vergleich<br />

zu den Ereignissen in Israel kaum noch: Die Satellitenbilcler vom<br />

Krieg .,beforderten einen neuen. lIigh-Tech-Orientalislnu,s, in dem<br />

sie die arabische Bevölkerung entmenschlichten (s ie kwn in der<br />

westlichen Kriegsberichterstat.tung schlicht nicht mehr 'vor, d. V.)<br />

I,md sie d(ulurch zugleich zu einer 'vernachlässigbaren Schadensgröße'<br />

degradierten, die, da sie sich den au/geklärten westlichen<br />

Vorstellungen uber die Welt entzieht, ihre Zerstörung sich selbst<br />

zuzuschreiben hat" (LEV IDOW/ ROßI NS, 88). <strong>Der</strong> reale Kri eg wurde<br />

zweitrangig. Zur Dis kussion standen ausschließlich die, wenn<br />

auch ernst zu nehmende, 50 doch waffe ntechnologisch nur hypothetische<br />

Gefahr ira kischer Giftgasbombe n und die unter militärischen<br />

Gesichtspunkte n wenig relevanten Scudraketentreffe r auf<br />

Israel. Di e Massenvernichtungsmittel aus de n US-amerikanischen<br />

ß-52-ßombern waren nun kein Thema mehr. Diese trafe n ja nur<br />

die todessehnsilchtigen Arabe r: ,.Zweifellos eine Leistung der psychologischen<br />

Kriegsfilhrung, aber kein Ruhmesblatt far die /Uwb ­<br />

hängige Presse" (SA IU 1991, 32). Auch im nachhinein, als langsam<br />

klar wurde, welches Ausmaß die Verluste und di e Schäden angenomme<br />

n haUe n, beharrten die Vertreter des Kriegstreibe rdi skurses<br />

auf Israel als Hauptkriegsschauplatz. Noch an der Stelle, wo es<br />

thematisch um ga nz anderes ging, sprach u n u lm (199 11l, 87) im Kl artext<br />

nur von israelischen Opfern . Tm Gegensatz?U Exemplaren aus<br />

der Tierw elt wurden Araber weder implizit noch explizit in di esem<br />

Zusammenhang angeführt: ,,( ... ) den Krieg in Echtzeit erleben, live,<br />

als Säße er selbst am Drücker, wenn die Scuds auf Tel Aviv fallen"<br />

oder "sie haben die nackte Faktizitli.t der ölverpesteten Kormorane<br />

und der ausgebombten Israelis, die Statisl,ik der abgewolfenen Bomben<br />

und der erfolgreich von Menschen gesäuberten 'killing boxes'<br />

( .. . )". Di es funkti oni ert e vor allem deshalb, weil es »bloß« ein arabisches<br />

Land und seine Mensche n wa re n, di e in die Steinze it<br />

zurückgebombt wurden.


Gelingen konnte die Verl egung des Kri eges in de n Köpfen nUf, da<br />

dcr KriegstreibCL'di skurs genau jcnes »Linknge« behauptete, weIches<br />

vor Kriegsbeginn noch völli g indiskutabel war lind das veheme<br />

nt zuruckge wi esen wurde, als der fl'llk es aus taktischen<br />

Gründen anführtej nämlich jenes zwischen der Kuwait- und de r<br />

Paläst inafrage. We nn POSTONE (<strong>1992</strong>) bei der " deutschen Linken"<br />

angesichts des irakisehen Scud-Raketenbeschusses von Israel ein<br />

bißchen "Empathie" für di e Jude n und ihr Trauma (deulschc<br />

»Wiedervereinigun g« lind "passiv die Bedroh.ung abwarl.en zu lnlissen")<br />

im Nachhinein einfordert, bleibt auch er e ine Antwort auf<br />

die Gründe für das schne lle Zusamme nbrechen der Antikriegsbewegung<br />

nach de n erste n Ilaketenangriffen auf Tel Aviv schuldig.<br />

\Venn nicht wegen Israel, wa rum sonsl kam es zu einem solch<br />

schnellen Ende? Für di e bundesdcutsche Antikriegsbewegung<br />

bestand das Dilemma, das Bedrohungsgefuhl der israe li schen<br />

Bevölk e rung e rnstne hm cn zu müssen und gleichzeitig ei ne politische<br />

Antwort auf de ren In strumentalisierung im Kriegstreibe rdi skurs<br />

zu finden. DlNEH beschreibt dieses Bedrohungsgefü hl vor dem<br />

Hintergrund de r histori sche n Erfahrung des Holocaust: " FUr die<br />

Befindlichkeit der Bevölkerung elllscheideruLer aber war die emotionale<br />

Ebene: Im, Unterschied zu allen anderen Kriegen, an denen<br />

Israel beteiligt. war ( .. .), /WL eine Verkehrung von Front und Hinterland<br />

stattgefunden. Die Front steht dabeiflir so etwas wie Realilltt<br />

tuul das Hinterland far so etwas wie Phantasie, Erinnerung. Die<br />

Menschen in Israel waren mit der jüdischen Erinnerung konfrontiert<br />

- im Unterschied zur israelischen RealiUit. Und da haben die Raketen,<br />

da hat die Bedrohung durch einen 11l,öglichen GasangriJ! die<br />

Erinllerungsbesu;,rule des kollektiven Gedlichtnisses aufgewühlt. Ich<br />

würde soweit gehen wut sagen: Die Israelis sind dadurch wieder zu<br />

Juden geworden" (199 Ic. 489). Es gab hi er spätestens nach de n Bil ­<br />

dern über di e Gasmasken tragenden und der C-Waffen harrende n<br />

Israe li s eine breite Well e der Sympathie, di e a ber zugleich davon<br />

ablenke n half. daß im Irak ebe nso mit bundesdeutscher Unters LUlzung<br />

ein noch ni e gekmllltcs Dauel'bombardement auf eine gleichfall<br />

s hilflose Bevölke rung vo nslalle n ging. Aufgrund der<br />

spez ifischen »Historische n Ve rantwortung« für diese »j üdische n<br />

Erinnerungen« und einem mehr als unausgegorenen Begriff von<br />

73


74<br />

der nazi-deutschen Geschichte (s.u.) fiel es schwer, eine angemessene<br />

Antwort auf die komplexe »israelische Realität « zu geben.<br />

Wer nungegen den Krieg opponi erte, dem wurde zumindest die<br />

billigende Jn kaufnuhme der Vernichtung Israels, wenn nicht gar<br />

schlimmeres (s. u.), unterstellt. In der Tat halte Saddam damit<br />

gedroht. Und vermutli ch würde er Israel - wenn er denn könnte -<br />

mit einern iihnli chcn Krieg überziehen wie den Iran oder die Kurden.<br />

Drohungen vo n dcr Art Saddams gehören im Nahen Osten<br />

all erdings seit Bestehen Is raels zur Tagesordnung (vgL a. SC HMID ,<br />

der auf di e »Tradition« solcher Ankündigungen ve rweist). Außer<br />

der Tatsache, daß der Irak sich anschickte, seine immerhin mit<br />

west licher Hilfe errungene regionale Vormachtstellung auszubauen,<br />

gab es keine konkreten Anzeichen für einen bevorstehenden<br />

Angriff auf Israel: " Die akute Gefiihrdung Israels, solange und<br />

soweit sie durch die Scnd-Raketen bewirkt worden ist. resultierte aus<br />

dem. Krieg H<br />

selbst (NAHHfVACK, 44).<br />

Um den Krieg zu legitimieren, wurde nun einer behaupt.eten<br />

militärischen Omni potenz des Irak eine militärische Hilflosigkeit<br />

der Israeli s gegenübergestellt. Di e passive Haltung Israels, seine<br />

»Objektrolle«, wa r darüber hinaus ein wicht iger (mi litärischer wie<br />

ideologischer) Eckpfeiler des US-amerikanischen Kri egskurses<br />

und ein "durchkalkuliertes Risiko" (KELLEItSIIOI-IN, 13), das angesichts<br />

der vereinten alliierten und israelischen Mil itärmachl jedoch zu<br />

keinem Zeitpunkt ein existenzbedrohendes war. Das Waffenpotentia<br />

l des Irak ge ri et im Kriegstreiberdiskurs immer mehr zu ein em<br />

Med ienpotential und di en te vor allem der zwanghafte n Behauptung,<br />

daß e ine Wiederholung der Massenvernichtung von Menschen<br />

j üd ischen Glaubens mittels Gift gas nu r über ein en<br />

militärischen Eingriff abgewendet werden könnte. lnwieweit diese<br />

Gefährdung wirklich zu traf, hüll immerhin auch D1 NEH für eine diskussionswUrdige<br />

Frage: "Ob I,md in welchem Unifang Israel faktisch<br />

bedroht gewesen ist, nwß hier nicht entschieden werden" (199Ih.<br />

72). Genau rias ist aber der Punkt.<br />

Eine Hinterfragung des Kri egstreiberdi skurses zielt überhaupt<br />

ni cht darauf, auch nur indirekt di e Verantwortung VO ll bundesdeutschen<br />

Waffenexporleuren fUr rl ie irak ische Aufrii sLlIng herunterzuspielen.<br />

Zudem sind es ausschli eßlicl I linke Anti-M ili taristen<br />

gewesen, die ohne Rücksicht auf den uni versalistischen Wert des


76<br />

.. deutsche Antisemitismus so exklusiv der deutschen Linken zuschreiben,<br />

daß man ihn zusammen mit ihr. die gerade ihr Ableben vorzubereiten<br />

schien. verschwinden lassen könnte". Denn mittlerweil e<br />

gesteht selbst er zu, .. daß ( ... ) der Antisemitismus der deutschen<br />

Linken dem Antisemitismus der deutschen Mitte und gar dem der<br />

deutschen Rechten nicht das Weihwasser reichen kann ".<br />

Es bleibt aber dabei. Angesichts des israeli schen<br />

Abschreck ungspotenti als stand ein existenzbedrohender Angriff<br />

auf Israel bi s zum 17. Januar 1991 nicht zu r DebaLl e bzw. wa r die<br />

Wirksamkeit der dann erfolgten Raketenangriffe auch unter den<br />

Mächten der Kriegskoalition höchst um stritten (SC HM ID). Israel<br />

selbst beteiligte sich an den direkten Kampfhandlungen gegen den<br />

Irak ni cht; ob es diese aber, wie TOLMEINIZUM WINK EL (7 1) behaupten.<br />

uuch ni cht mitprovoziert hatte, ist fragli ch. Israel wa r zwa r in der<br />

Ta t .. nicht An.greifer, sondern Angegriffener u (IlO'IlISCHILD 199 1u, 79),<br />

doch zeigte die israelische Regieru ng alles andere als Neu tralität.<br />

Immer dann. wenn nichtrnilitärische Lösungen dis kutiert wurden,<br />

versuchte sie dieselben zu ve rhindern. Sie bekämpft e z.O. die<br />

fra nzösisch-maghrebinische Friedensinitiati ve und trug somit zu m<br />

Scheitern einer anvi sierten Friedenskonferenz tatkräftig bei (rH/E·<br />

LEN <strong>1992</strong>0 . ,17). F. Langer besteht daher darauf. daß Israel "seit der<br />

Besetzu.ng Kuwaits ( ... ) sich vor einem Kompromjß gefurchtet, Schamir<br />

alles getan hat, damit der Krieg ausbricht" (ZEIT-Magazin,<br />

22.2.1991). Während des Kri eges dauerte diese Haltung an. Jeder<br />

Ve rsuch. einen Waffenstillstand herbei.,;ufUhren. wurde mit einem<br />

Aufschrei der E mpörung beantwortet. Auch nach dem Bunker­<br />

Massaker am 14. Februar in Bagdad bemühte sich die is rae li sche<br />

Diplomati e um den Fortgang des Krieges. <strong>Der</strong> laz-Korrespondent<br />

Amos Wo lJ in berichtete aus Tel Aviv: " Israel ist bemüht, jede<br />

Initiative zu verhindern, deren Absicht oder 'Nebeneffekt' ein '1IOrzeitiges'<br />

Ende des Krieges gegen Irak wäre - schließlich hatfar Israel<br />

die Frage der Befreiung Kuwaits nie eine besondere Rolle gespielt.<br />

Es ging vielmehr von Anfang an imm.er um die möglichst totale lIer­<br />

"ichtung des irakisehen Potentials. Um israelische Befürchtungen<br />

von einem baldigen Waffenstillsuuul zu zerstreuen. versicherte US­<br />

Außenm.inister Baker in einer Botschaft an seinen israelischen<br />

Amtskollegen in Tel Aviv, Levy, daß die US wul ihre Verbündeten<br />

den. Krieg 'bis zwn Erreichen aller Kriegsziele'fahren werden" (taz,


15.2. 1991) . M. WA HSC IIAWSKI (20) erinnert e an di e verschärft en Auseinanclcl'setwngen<br />

mit den Palästinensern wä hrend des Kri eges: "Es<br />

ist gesagt worde n, Israel habe nicht am Golfkrieg /,eilgenornmell.<br />

(. .. ) Das ist falsch, ganz falsch. Israel war alrtiv an diesem Krieg<br />

beteiligt, und z'war im Rahmen einer genaufestgelegl.en Arbeitsteilung.<br />

Die Front, an der die israelische Armee und der israelische<br />

Staat zu kämpfen !taUen, war die paltistinensische Front: im Slld­<br />

Libanon, gegenllber den Palästinensern in Israel und vor allem<br />

gegenüber den Palastinensem in den besetzt.en Gebieten." Auch der<br />

israeli sche Vertei di gungsminister Rabin beton te die VorzUge der<br />

arbeit steiligen Vern ichtung des iraki sch-mili Uirischen Potenti nls<br />

fUr Israel: .. Wir hätten uns nicht im Traum, das gegenwärtige Szenario<br />

vorstellen kötwen. Eine internationale Koalition - lUJ.d nicht<br />

Israel selbst - ist dabei, unseren größten und ge/iihrlichsten Feind<br />

zu zerstören LUul Z1var grlLlUllich. Fitr Israel ist das, sofern man das<br />

von einem Waffengang überha.upt sagen kann, ein 'Krieg ele lnxe' "<br />

(D En SPIEGEL6/199 1).<br />

Pointiert gesprochen ist " Israel (. .. ) nu,r ein Vorwandfar den<br />

falschen Analogieschluß auf die Anti-Hitler-Koalition. <strong>Der</strong> IVesten<br />

hat nicht interveniert, weil Israel überhaupt oder gar e:tistenzbedrohelld<br />

angegriffen wurde, sondern genau. umgekehrt: Israel 'Wurde<br />

angegriffen, weil sein Schutzherr USA in einem innerara.bischen Kon­<br />

]lila irHerveni,ert hat" (Kunz, 17) . Unabhängig davon, daß jegliche<br />

Ilaketena llgriffe auf Menschen zu verurteilen si nd, ist ebcn auch<br />

ri chti g, daß sie im Gefolge der alliierten Kri cgsfUh rullg erst machbar<br />

und ni cht ihr Grund wa ren. Selbst di e ZEIT-Gräfin DÖN HOFF<br />

Hußel't e wä hrend des Krieges di e Ver mutung, ob es wo mögli ch<br />

um gekehrt sei, daß nämlich "nur weil jetzt Krieg gegen den Irak<br />

geführt wird, Saddam Israeltnit Raketen beschießen kalln?" Die<br />

Rakctenangriffe des Irnk auf Israel jedenfa lls ent sprangen der<br />

Kriegslogik, die Anti-l rak-Koa1it ion s palten zu wollen, und steil ­<br />

ten hierzu ein takti sches Mitt el dar. Sie wa ren aber Il ur denkbar<br />

vo r dem Hintergrund israelischer Politi k im Nahen Osten. Insofern<br />

lag es nicht so fern , wen n II.·C. STHOUELE sagte, daß di e Rak elenangl'iffe<br />

auf Israel auch eine Ko nseq uenz is raelischer Politi k<br />

seien. Sie wa ren wohl naheliegend , aber ni cht "zwingend", Zwingend<br />

erschi enen sie höchstens in der Kriegs logik des Irak. Allerdings<br />

wirft die Äußerung STHOBELES d ie Frage nach den<br />

77


Voraussetzungen fUr di e Mögli chk eit des irakisehen Verhaltens<br />

auf. Diese liegen ni cht nur in dem verbrecherische n Charakte r des<br />

irakischcn Regimes, sondern a uch in der H.olle Israels im Nahen<br />

Oste n begriindet: " Daß Israel dnrch eine Kette von Kriegen sowohl<br />

gegen die Palttstinenser im 'eigenen' Land wie gegen verschiedene<br />

arabische Nachbarn sich kO rlstüu,iert und bis heute behauptet. hat,<br />

wird von allen nicht heilsgeschichtlich-fundamentalistisch oder<br />

schicksetLsm.ytlwlogisch verkündenden, sondern historisch konkret<br />

analysierenden Autoren gezeigt., so daß hinreichencl begründet<br />

scheint, als den besonderen CluL/'(I,kter dieses Staates den pemuUI.en­<br />

!en, institut,ionalisierten Krieg zu bezeichnen, also eine sehr extreme<br />

A usprägu1Ig von struktureller Friedensunfähigkeit Jestzuhalten,<br />

solange nicht seine ze ntralen bisherigen Konstituenten allfgegeben<br />

werden: die Unterdrlickung der Palüstinenser und die (J,rbeitsteilige<br />

Beherrschnng der (l,rabischen lflelt znsarnmen mit den USA , mit<br />

nicht unwesentlichen IV eiterungen in deren 'Dritte- Welt'- Politik"<br />

rnm:U;N 1 992a, 1J.7).<br />

Schon vor Kri egsbeginn, und erst recht wä hre nd des Krieges,<br />

wurde de r Irak zu fUnfl stärks Len Militärmacht auf der Erde hochstili<br />

sierL. Hie rbei beschwore n Politiker und Medien neben der iraki<br />

schen Atombombe immer wi eder di e mit Giflgas-Spre ngköpfe n<br />

beslückbaren So ud-Raketen als Hauptgefahr. Dies li eß s ich mit<br />

de r H.ealiläl schl echt in Einklang bringen (SC I-IIl OEDE R). Bereits<br />

Anfang Januar wies de r israe li sche Ve rteidigungsminister Arens<br />

darauf hin, daß mit einem »Regen « irakische r Raketen auf Israel<br />

ni cht zu rechnen sei. Schli eßlich war bekannt. daß di e Scuds<br />

»ungeschickte« und schwer zu handhabende Waffen sind. Offens<br />

ic htlich entfalten chemische Waffe n nur im massierten Einsatz<br />

ihre n Charakte r als Massenve rnichtungsmiltel. Die irakische<br />

Scud-Raketenve rsion hingegen wäre (und ist) vermutlich bereits<br />

vor dem Ziel auseinandergefallen (/\ K 328, L1.3. L991; ßctr. Scud): " Ihre<br />

43 Eignung, materiellen Schaden zu verursachen, ist<br />

In der Spr"che der Militllrs I Z) 43<br />

dOlften damit wohl auch die begrenzt" (Je rusa em Post, 5. 1.1991. il. 11. cbd.. Di esen<br />

tödlichen Auswifkungen "uf Sachve rh alt analysiert e in gleicher Weise a uch \V.v. BAVEN<br />

Menschen gemeint sein.<br />

78<br />

in de r Zeitschri ft »Europäische Siche rh eit«: " <strong>Der</strong> Hake-<br />

tenbeschuß Israels blieb ohnehin ohne militl.lrischen Belang, was<br />

den psychologischen Schockeffekt verringerte. Die Steigerung der<br />

Reichweite der SClLd B von 300 km (Lu! 600 km bei der 'Al Husseini'


45<br />

Vgl. ebd. den Hinweis, daß<br />

auch Syriens Scud·Raketen,<br />

möglicherweise mit chemi·<br />

schen Sprengköpfen be·<br />

stO


Das Ungleichge wicht gibt Anlaß zur Entwickl ung, ni cht der Einsatzwille.<br />

Solange Israel im Na hen Osten über die Atombombe<br />

verfügt. werden die Nachbarländer immer versuchen, sie ebenfalls<br />

in di e Hände zu bekommen. Das Atomwaffenmonopol der Israelis<br />

bleibt ei n wichtiger Grund fü r das anhaltende WettrU sten im<br />

Na hen Osten. E ine Perspektive, die auf einen Interessensausgleich<br />

zieh , kann überhaupt niemandem - damit auch ni cht in der<br />

Region des Na hen Ostens - Massenvernichtungsmittel zubilligen.<br />

Aus westlicher Sicht legitimi ert di e Okzidentale Ideologie di eses<br />

Ungleichgewicht. Darüber hinaus öffnet sie im Falle des Versuchs<br />

vo n Atomwaffenentwicklung der präventiven »Zwangsabrüstung«<br />

gegenüber jedem »Sc hwellenland« Tür und Tor.<br />

Ein I>Saddam «, der seine tatsächli che Unterlegenheit mit<br />

wahnwit ziger Propaganda und Rhetorik wettzumachen versucht<br />

und zugleich mit denjenigen verfügbaren "schm.utzigen Mitteln"<br />

der "sauberen technologischen Überlegenheit" des »<strong>freie</strong>n<br />

<strong>Westen</strong>s« zu Leibe rUcken will , läßt sich zur Legitimation von<br />

Krieg immer finden . Dafür gibt es genug historische Vorbilder.<br />

Eri nnert sei nur an 1914, als die Sozialdemokratie begann, das<br />

Vaterland gegen die »russische Despoti e« zu verteidi gen. Das<br />

Feindbild »Hitler Saddam« führt anschauli ch vor, wie auch morgen<br />

noch in erneut mit deutschen Waffen hochgerusteten Ländern<br />

wie Saudi-Arabi en oder der Türkei sich ein weiterer Hitler ausmachen<br />

lassen wird (A K. 11.2. 1991, 15). Letztlich ist Saddam nur ein<br />

"mieser Dikator" (Uri Avneri , Schwäbisches Tagblatt, 16.3. 1991),<br />

einer vo n denen, die es auf dieser Welt zu Dutzenden gibt und di e<br />

zur Aufrechterhaltul1g der Vormachtstellung des »<strong>freie</strong>n <strong>Westen</strong>s«<br />

unabdingbar sind.<br />

Ober die Giftgas-Assoziation gelang dem Kri egstreiberdisku rs,<br />

Saddams Israel-Feindschaft und den Nazi-Endlösungs-Antisemitismus<br />

gleichzusetzen. Mittels des »Sacldam = Hitler«-Vergleichs<br />

wurde die arabische Israelfeindschaft und der Antisemitismus<br />

europäischen oder gar nazistischen Maßstabes in eins gesetzt und<br />

so die Opferrolle im Nahen Osten ausschließlich durch Israelis<br />

besetzt. Dabei fiel eine gewichtige Differenz unter den Tisch.<br />

Während im Nazi-Deutschland »di e« Juden den konkreten Feind<br />

abgaben "und die Logik (Hitlers) Aggression nach a 'ifien ( ... ) zu<br />

einern nicht unerheblichen Teil durch die Logik, ja die Logistik der<br />

Bt


moralischen Qualitäten der jeweiligen Kontrah enten ab, sondern<br />

auch von den politischen und militärischen Rahmenbedingungen<br />

eines Konfliktes. Hätte der Irak im Krieg gegen die westli chen<br />

Staaten Giftgas eingesetzt, so wäre ein vern ichtender Gegenschlag<br />

di e Folge gewesen. Im Krieg gegen die Kurden und gegen den Iran<br />

besaßen di e Gegner keine derartigen Möglichkeiten. Im übrigen<br />

ist es mit der westli chen Ablehnung von irakischem Giflgas ni cht<br />

so weit her, denn die USA und Europa unterstützten den Irak auch<br />

noch in dem Mom ent, als er cs im Kri eg gegen den h an oder zur<br />

Unterdrückung der kurdi schen Aufstände einsetzte. 47<br />

Di e unterschiedlichen Vernichtungspotentiale bei-<br />

47<br />

Vielleicht solhe auch noch<br />

einmal daran erinnert wer·<br />

der Se iten offenbarte der reale Kri egsverl auf. In der<br />

Ka ltschnäuzigkeit lind Bereitschaft, Massenve rni chden,<br />

daß in der Vergangen·<br />

heit die USA in Vietnam und<br />

Israel im libanon bereIts Gift·<br />

lUngsmittel anzuwenden, obsiegte bislang imm er noch gas eingesetzt haben. Dies·<br />

der »<strong>freie</strong> <strong>Westen</strong>«. Bei einer Verlust bilanz von 1:1000<br />

bezügliche Überlegungen in<br />

Großbritannien wurden sogar<br />

und einer den gesamt en Zweit.en Weltkrieg übertreffen­ schon in den 20er Jahren zur<br />

den Bombenabwurftollnage läßt sich in der Tat nicht<br />

" Zivilisierung _ widerspenstiger<br />

Araber angestellt: "Gift·<br />

mehr vo n ein.em Kri eg, sond ern nur noch von einer gas soll zu anschaulichem<br />

Exek ution sprechen (ZIEBURA. 161). Das Geschwätz vo n<br />

Terror fOh ren. Es ist einfach<br />

die Anwendung der moder·<br />

der generell en Bedrohung durch den Irak wa r Zweck­ nen Wissenschaft auf die<br />

propaganda, die den un verhältnismäßi gen Kriegszug<br />

Kriegsführung. und wir I:ön·<br />

nen uns der Anwendung von<br />

rechtfertigen bzw. die eigene militärische »Größe« in­ Waffen nicht versagen, die<br />

szenieren helfen sollte (SALLEIl). Darüber hinaus ziehe<br />

verwendet werden könnten,<br />

die Aufstände niederzuschia·<br />

die Behauptung VO ll der irakischen Omnipotenz, di e gen.· (Winston Churchill<br />

Konstruktion eines il'akischen Ober-Totalitari smus<br />

zit. n. CHQMSKY <strong>1992</strong>a. 32).<br />

so wi e die These vo n der anstehenden zweiten »Endlö-<br />

sung« hauptsächlich auf die Rechtfertigung eines möglichen Einsatzes<br />

westlicher Massenvernichtungsmittel.<br />

Während das einsichtige Motiv der israeli schen Regierung für<br />

di ese Propaganda und di e Instrumentalisierung der »Historischen<br />

Verantwortung« eine Verbesserung ihrer außenpolitischen Lage<br />

wa r, zielte der Kriegstrei berdiskurs in Deutschland noch auf etwas<br />

ganz anderes. Das ideologische »Korsett« n.lr ein »runderneuertes«<br />

Deutschland, das die Holle einer ökonomischen, politischen<br />

und militärischen Großmacht im Gefolge der europäischen Integrati<br />

on anstrebt, sollte eiligst geschneidert werden. <strong>Der</strong> zweite<br />

Golfkrieg und die viel beschworene Bed rohung Israels wurden im<br />

Kriegstreiberdiskurs Mittel zum Zweck: der Legi timierung und<br />

83


84<br />

AusUbung der von Te ilen der herrschenden Klassen angestrebten<br />

Hegemoni almachtrolle und stärkeren lnterventionsfähi gkeit der<br />

ßundesrepublik im europäischen Verbund . Eine Entwicklung, die<br />

einer Gegenrnacht bedarf, die sich allerdings auch nicht mit einem<br />

»erklärenden« Rückgriff auf die deutsche Nazigeschichte (» IV.<br />

Reich. etc.) beschreiben und verstehen läßt (vgl. Kap. 4).


86<br />

Zunächst konstrui erte der Kri egstreiberdiskurs im Hinblick auf<br />

Israel und die Juden eine gesamtdeutsche Reaktion, die aber im<br />

Vergleich zu dem, was noch kommen sollte, sich sogar relativ moderat<br />

ausnahm. Für H.M. BIlODEIl (199la) wurde in der Bundesrepublik<br />

eine "zweite ElldlöSlUl.g der l uderifrage nicht unbedingt gewUnscht,<br />

aber billigend in Kauf genommen ( .. .). Bei der Begeistenmg für tote<br />

l uden, die nULn in Deutschland pflegt, und bei den Schwierigkeiten,<br />

die man mit den lebenden hat, wUre dies die optimale Gelegenheit,<br />

die eigene Wiedergutmachung zu demonstrieren. Ein paar Flugzeugladu,ngen<br />

mit Wolldecken und Milchpulver, einige »Eillsatzjlage«<br />

des Technischen Hilfswerks im zerstörten Tel Aviv - könnte es einen<br />

überzeugenderen Beweis dafür geben, daß die Deutschen, im Gegensatz<br />

zu den l uden, aus ihrer Geschichte gelemt haben?" Eine Zuspilzung<br />

nahm dann die Freiburger ISF vor, das aber seine Anwürfe<br />

wenigstens noch in F'rageform kleidete: "Oder ist es schon<br />

Absicht, die den Vernichtungswillen der imkischen Diktatur zuhause<br />

aussitzen will?" (ßRUHN 199 1a) Dabei klingt jedoch schon der Versuch<br />

an, antimilit.aristi schen und pazifistischen Positionen einen dem<br />

Nazismus vergleichbaren antisemitischen »passiven« Vernichtungswi<br />

ll en anzudichten. Am weitesten ging dann wen ig später<br />

wiederum SItODEH (199 111, 35), als er behauptete: "Daß ich ja richtig<br />

mißverstanden werde: Ich meine nicht, daß sich die Mehrheit der<br />

Deutschen die Vernichtung Israels wünscht, im, Gegenteil. Ich meine<br />

nur, daß in einem relevanten Teil der Friedensbewegung der unbewußte,<br />

aber durchaus heftige Iflunsch das FUhlen, Denken und Handeln<br />

bestimmt, Saddarn flussein möge die hist.orische Chance nutzen<br />

und den Job vollenden, den die Nazis nicht zu Ende bringen konnten."<br />

Hiergegen intervenierte nOTHSC I-II LJ) (199 I b): " Tut mir leid, Henryk,<br />

aber fitr solch eine unbewiesene (und unbeweisbare) Spekulationfallt<br />

auch mir das Attribut 'perfide' ein."<br />

Die »bellizisti sche« Kritik verbündete sich mit den Waffendealern<br />

und den herrschenden Klassen gegen die AnLikriegsbewegung.<br />

Erstere hatten sich noch ni e bei der Bekämpfung von<br />

Neonazismus, Antisemitismus und Waffenschiebereien hervortgetan.<br />

Entsprechend entgegnete das Auschwitz-Komitee: " Die Verknüpfung<br />

des Krieges am Golf, insbesondere der verbrecherischen<br />

Angriffe auf Israel, ntit der Frage der deutschen Verantwortung ist<br />

nicht zuletzt denen anzulasten, die - aus welchem Gnutde auch


immer - die geschichtliche Verantwortung n.ur dann im Mun.de<br />

jUhren, 1venn es ihren Interessen nutzt" (AU SC HWITZ-KOMITE E). Die<br />

»bellizistische» Kritik des Kriegstreiberdiskurses zielte zi emli ch<br />

genau an der Rechten vorbei. Sie nahm gleichmachend vor allem<br />

die Linke sowie das Gros der Friedensbewegung ins Visier. Daher<br />

verwundert ni cht mehr weiter, daß die bundesdeutsche Waffenexportindustrie<br />

hinsichtlich des Antisemitismusvorwurfes recht<br />

glimpflich davonkam: "Es Jehlt (der Rilstullgsindustrie) vollkomm.en<br />

an politischer Reflexion, an politischem Wissen und an politischer<br />

Verantwortnng. Aber das würde ich nicht als Antisemitismus<br />

klassi[Lzieren. Es ist denen schlicht und einfach gleichg ültig, gegen<br />

wen die Waffen eingesetzt werden. Dahinter stecken Menschenverachtung<br />

und Profitst,reben. ( ... ) Was bei der deutschen Industrie vorliegt,<br />

würde ich als kriminelle Unschuld bezeichnen" (BRODER 1991c.<br />

149). Die bundesdeutsche RUstungsindustrie wurde schließli ch<br />

noch gebraucht und vermochte mit entsprechenden Ablaßleistungen<br />

gegenüber Israel Reue zu zeige n. Den Kriegsgegnern hingegen<br />

mußte als Überzeugungstätern ein fUr allemal das Handwerk<br />

gelegt werden.<br />

Selbstverständlich zeigten die Kriegsgegner Sympathie für die<br />

israelische Bevölkerung. Sie hatten in ihrer überwiegenden Mehrheit<br />

auch nie das Existenzrecht Israels in Frage gestellt (vgl.<br />

NA RRfVACK.44f.). Die ethische Verpflichtung jedoch •.. mit allen OpJem<br />

uneingeschränkt und, ohne sie zu klassifizieren, solidarisch zu sein"<br />

(TIIIELEN <strong>1992</strong>11, 19), erga b vor dem Hintergrund der »Histori schen Verantwortung«<br />

das spezifisch bunclesdeutsche Dilemma. Da auf dem<br />

abstrakt-ethischen Niveau vor allem Menschen als Individuen im<br />

Vordergrund stehen und nicht der Ausdruck ihrer Organisation in<br />

der Gese1lschaft (der Staatsbürger in der »Nation «), standen zwei<br />

außerordentlich normativ geprägte Bezugsgrößen miteinander im<br />

Konflikt: .. Die IdentifIZierung des Lebens- "nd Selbstbestimmungsrechtes<br />

der Juden in Palästina mit der Gewalt- und Kriegspolitik<br />

der israelischen StaatsJührung und die Parteinahme Jür sie als<br />

alternativlos und schicksalsgeboten, also schlechthin irrational, (hat)<br />

von Teilen der Friedensbewegung her den Krieg gerechtfertigt und den<br />

Protest gegen die Vemichtungsmaschinerie geschwächt" (ebll., 11 ). Die<br />

weitläufig verbreitete Fixierung auf Nationalstaaten und das vorherrschende<br />

Denken in Staatsverhültnissen schlechthin führte zu fa-<br />

87


Exkurs I<br />

Zur<br />

Möglichkeit des<br />

Antisemitismusw<br />

vorwurfs<br />

48<br />

Die Beschränkung auf die<br />

angeführten Bewegungen<br />

erfolgt aus quellen- und<br />

arbeitstechnischen Gründen.<br />

Desweiteren ist die Trennung<br />

der Gruppierungen oder<br />

Tendenzen nicht im strengen<br />

Sinne aufzufassen, da vielerorts<br />

politische Querverbin·<br />

dungen und personelle Ver·<br />

flechtungen bestehen .<br />

Sicherlich ließe sich hier so<br />

manches auch über andere<br />

Strömungen innerhalb der<br />

Linken ausführen. Bezüglich<br />

des VerhCiltnisses zu Israel ist<br />

auf das umfassende Quel·<br />

lenmaterial bei KlOKE zu<br />

verweisen.<br />

90<br />

Wir wollen nUll die Frage aufgreifen. warum der<br />

Antisemitismusvorwurf an di e Antikriegsbewegung<br />

während des Golfkrieges überhaupt zu deren<br />

Zusammenbruch führen und warum sie dem Kri eg­<br />

streiberdi skurs nichts Substantielles entgegnen konnte. Di e Ursachen<br />

hi erfü r sind hauptsächlich in den letzten bei den Jahrzehnten<br />

vor dem zweiten Golfkri eg zu suchen. Neben der hegemonialen<br />

Durchschlagskraft der Okzidentalen Ideologie spielte hierbei vor<br />

allem di e eigene linke antifaschi stische Praxis und der mit ihr verbundene<br />

ve rkUrzte funktionalisti sche Faschismusbegriff eine ze ntrale<br />

Rolle. Als ein we iterer wesentlicher Schwachpunkt sollte sich<br />

der ständige Versuch herausste ll en, aktuell e Verhältnisse unter<br />

Rückgriff auf den historischen Nazi-Faschismus erklären oder<br />

denunzieren zu wollen. Di eses Anli egen durchzi eht wie ein roter<br />

Faden die Geschichte ve rschi edenster linker und in der Antikri<br />

egsbewegung vertretener politischer Gruppen. Welche fat alen<br />

Folgen di es zeitigte, soll nun anhand der Friedensbewegun g, der<br />

Antiimperialisten, der Autonomen sowie der Palästinakomitees<br />

il1ustriert we rden. 48 Bei all di esen Bewegungen lassen<br />

sich grundlegende InHimer und Defi zite in ihrer Anlisemitismusanalyse<br />

infol ge einer unzureichenden Ausein ­<br />

andersetzung mit dem Nazifaschi smus feststeHen. Unzul<br />

ängli che und undifferenzierle Paralleli sierungen<br />

gegenwärtiger politischer Verhältnisse mit der nazi- deutschen<br />

Geschichte bewirkten, daß rür antisemitische oder<br />

di e deutsche Geschichte »entsorgende« Positionen<br />

(meist unfreiwillig) der Türöffner gespielt wurde. Versuchten<br />

solche Vorstell ungen unter dem linken Deckmantel<br />

Land zu gewinnen, bliehen sie lange Zeit unbeachtet<br />

oder galten als vernachlässigbal'. Das rächte sich<br />

bitter. Unter den Bedingungen des Golfkriegs vermochte<br />

der Kriegstreiberdiskurs diese Versäumnisse mehr und<br />

mehr als Voraussetzung fUr den Antisemitismusvorwurf in das Zentrum<br />

der Debatte zu rücken.


Die Friedensbewegung der 80er Jahre setzle sich<br />

aus einem breiten Bündnis verschiedenster Gruppierungen<br />

zusammen, von denen di e Linke wiederum<br />

ein Spektrum bildete. Die mit einer Mas­<br />

))Nuklearercc<br />

Holocaust und<br />

Friedens­<br />

bewegung<br />

sen mobilisierung ve rbundene Heterogenität nötigte der Bewegung<br />

einen »Minimalkonsens« (» Keine Pershings «) zur Durchführung von<br />

politischen Aktionen und zur Bestimmung gemeinsamer Positionen<br />

auf. Die nazi- deutsche Geschichte legte den pazifistischen Kräften<br />

eine Ori entierung um moralischen Prinzip »Nie wieder Kri eg!« nahe.<br />

Es mangelte aber allgemein an einer Präzision des politischen<br />

Selbstverständnisses dieser Bewegung. Daher mußte auch das »Niewi<br />

eder-Kri eg!« ubstrakt bleiben. Auf der Suche nach idenlitätsstiftenden<br />

Gemeinsamkeiten fand regelmäßig ein assoziati ver Rückgriff<br />

auf di e deutsche Geschichte statt. Obwohl Kritik an der atOlnaren<br />

Hochrustung keinerlei histori scher Legitimation bedürfte, nahm die<br />

Friedensbewegung wä hrend der »Nachrüstungs«-Debutten freizügig<br />

und parolenhaft eine Gleicllsetzung von spekulativem Atomtod und<br />

faktischem Holocaust vo r (vgl. KLOKI::, 185 f.) . <strong>Der</strong>artige Assoziationen<br />

bündelten Emotionen, sie wurden funkti onal dem Diskurs der Friedensbewegung<br />

zur Verfügung gesteUt und gaben vo r, der »Betroffenheit<br />

« zahlreicher »F'riedensbewegter« entschiedeneren Ausdruck<br />

zu verleihen.<br />

Inwiefern sich das Gros der » Friedensfreunde« darüber klar war,<br />

daß sie durch di esen Vergleich die Perspekti ve der Opfer der deulsehen<br />

Geschichte fUr die Täter reklamierten und damit das falsche<br />

Bild der »Deutschen als di e potentiell en Opfer von Auschwitz«<br />

stimulierten, also unwillkürlich Auschwitz zu ihren Gunsten zu<br />

instrumentalisieren begannen, ist zunächst einmal zweitrangig. Entscheidend<br />

in bezug auf den Kri egstreiberdiskurs wä hrend des Golfkrieges<br />

war der Schritt, mit der deutschen Nazivergangenheit ve rbundene<br />

Begriffe und Assoziationen im Hinblick auf gegenwärtige<br />

und völlig anders gelagerte Verh ältnisse zu ve rallgemeinern. Di e<br />

Friedensbewegung trug dazu bei, daß der Holocaust zu einem nichtssagenden<br />

Gemeinplatz verkam und entwertete somit di eses Bild zu<br />

einem jeden:eit und nahezu fUr alles instrumentalisierbaren »Joker«.<br />

Sie entledigte sich somit auf der Symbol- und Parolen ebene leichtferti<br />

g ihres Differenzierungsvermögens, das sie Anfang 1991 bitter<br />

nötig gehabt hä Lle. Die Fri edensbewegung der 80er Jahre hinter-<br />

91


94<br />

ches hi storisches Wissen insbesondere uber den Nazi-Faschismus<br />

zu konstatieren, wie di es auch selbstkritisch B. IWSF.:NKÖrrEH 11.11. fUr<br />

den »alltiimpe ri alistischen Widerstand « einräumen. (n der Verkennung<br />

des Horkheimerschen Satzes» \Ve r vom KapitaJi smus<br />

ni cht reden will, soU auch vom Faschi smus schweigen« führte das<br />

leichtfertige Ben ut zen des Begriffs » Faschismus« im Gewa nde<br />

ei ner etikettenhafteIl Kriti k an Kapitalismus und Imperialismus<br />

vielerorl.s zum Verwischen eines wesentlichen Unterschieds:<br />

Faschi smu s als einer mögl ichen Erscheinungsform gegenwärti ger<br />

kapitalisti scher Gesellschaften unt er der Voraussetzung bestimmter<br />

historischer Bedingungen - und nicht: F'aschislllus als essenti ­<br />

eller Kern jeglicher Erscheinungsform von Kapitali smus!<br />

Letzteres zieht zwangs läufig ein fal sches Gleichsetzen vo n gegenwärti<br />

gen Verhult ni ssen mit histori sch-faschistischen nach sich.<br />

Sollte diesel' gewichti ge Unterschi ed eigentlich zum Selbstverständnis<br />

der Linken gehören, so galt das in den 70er und 80er Jahren<br />

nur fUr Te ile. Da mittlerwe ile ernster genommen wird, daß<br />

.. Kapitalismus eine notwendige - aber keinesfa.lls hinreichende -<br />

Bedingung Jar faschistische Herrschaft darsteUt" (MTK , 65), findet<br />

immer öft er der Ausdruck »faschi stoid« anstelle von »faschis<br />

tisch« Verwendung. Dies reicht jedoch bei weitem nicht aus. <strong>Der</strong><br />

Pauschalisierung vo n »Faschismus« kann nur dann entgangen<br />

werden, wenn d ie wesentliche Diffcrcnz vo n hi stori schem Nazi­<br />

F'aschismus und gegenwärtigem Neofaschi smus Eingang in die<br />

Theoriebildung findet. Erst dann erfolgt ein UmschlaSj durch das<br />

Ersetze n vo n Begrifnichkeiten werden die Strukturen des jetzigen<br />

Denkens und Handeins zunächst unberührt gelassen.<br />

Es muß davon ausgegangen we rden, daß in der Linken vielerorts<br />

nach wie vo r ein solch verkürzter Faschism usbegriff di e Praxis<br />

bestimmt. In der Analyse des Faschismus gingen die ansonsten<br />

in zahl reichen Fragen gespaltenen Gruppierungen und Parteien<br />

bezeichnenderweise nur marginal auseinander (L.U.P.U.S. 1991a, 143) .<br />

Sie bezogen sich vo rwiegend auf di e gesell schaftli chen Verhii ltnisse<br />

in der GrUndlingszei t der BlIndcsrepublik und dje in dieser bUrgedieh-parl<br />

amentarische Demokrati e potentiell in korporierten<br />

nazi-faschisti schen Fragmente: " Die antifaschistischen Thesen der<br />

70er Jahre waren auf eine Gesellschaft gerichtet, die mit eier 'Stunde<br />

0" 1948, ihre eigene Geschichte tabuisierte, eine Gesellschaft


96<br />

Daher besitzen auch di e gegenwärtigen linken Neofaschismusund<br />

Rassismustheori en meist einen entsprechend funktional en<br />

»Anstri ch«. Sie beziehen sich unausgesprochen stets auf den<br />

historischen Nazi-Faschi smus und dessen Kont inuität in der<br />

Gegenwart. Die aktuelle Fortschreibung des funktionalistischen<br />

Ansatzes versucht über den historischen Umweg den gegenwärti ­<br />

gen kapitali sti schen Ve rhält nissen di e Legitimität zu ent ziehen.<br />

Hi erüber ge rät der Massenbewegungscharakter des Nazi-Faschismus<br />

allzuofL in Ve rgessenheit. Ein solcher Ansatz wird weder dem<br />

histori schen Nazi-Faschismus noch dem aktuellen Neofaschismus<br />

und Rassismu s gerecht. Di es führte in der Vergange nheit einerseits<br />

zu ein em problemati schen ßegriff vom })Nazi-Faschismus«;<br />

andererseits blockierte es die Entwicklung tragfähi ge r Theorien<br />

und angemessener Analysen der Voraussetzungen gegenwärtiger<br />

neofaschistischer und rassistischer Mobilisierung.<br />

Dieser funkti onalisti sche Begriff ließ di e untiimperialislischen<br />

und -faschistischen Theori ebildung zu »Agententheo ri en« ve rkommen.<br />

Insbesondere zeigte der in den 80er Jahren ve rstärkt<br />

auftretende Neofaschi smus, wie ve rkürz t diese sind. we nn sie die<br />

gesellschaft lichen Verh ältnissen zu beschreiben versuchen. <strong>Der</strong>artige<br />

»Age ntentheorien« bedienen sich immer wieder eines<br />

Schemas, dem nach wie vor di e Verwechslung vo n Kapitali smus<br />

und Faschismus zugrundeliegl, d.h. bei dem das »repressive kapitali<br />

stische System« mit einem »faschistischen Kern « gezeichnet<br />

wird : .. Dieser Staat steht in der ungebrochenen Tradition des 111.<br />

Reiches und org(utisiert selbst aber Staatsschu.tz, Bullen wut Militär<br />

die Strukturen, die Bewaffnung und Anschläge der Faschisten"<br />

(Radikal 1331l987, 47: "Antifaschismus ist undemokratisch und<br />

staatstragend"; zil. n. MTK, (6) . Oder: " Faschisntus ist integraler<br />

Bestandteil jeder parlamentarischen Demokratie der imperialistischen<br />

Staaten" (ebd.). Eine solche Logik reduziert den Faschismus<br />

hauptSächli ch auf seinen fun ktionalen Charakte r. Danach entscheidet<br />

der Staat als Handlange r des Kapitals permanent, wann,<br />

wie und ob er »faschistische Mittel« zur Herrschaftssicherung<br />

einsetzt (vgl. MTK). Da selbiger Zusa mmenhang nicht offen sichtbar<br />

ist, gehört es zu den wesentlichen Aufgaben dieser Sorte antifaschistischer<br />

Strategie, den Staat mittels Akti onen zum Ablegen<br />

seiner Maske zu provozieren: " Wir können die Herrschenden nicht


wingen, die Wahrheit zu. sagen, aber wir können sie zwingen.,<br />

immer unverschämter zu. lügen" (Gudrun Ensslin, zit. n. VESPE II ,9).<br />

<strong>Der</strong>arli geVersuche, »faschistische« Strukturen der bundesrepublikani<br />

schen Gesellschaft zu »entlarven«, sind uber ihren methodi<br />

schen Fehler hinaus alleine schon aus der Unzulänglichkeit von<br />

si mplifiziere nden »Agenl cnlheori en « fUr die Beschreibung komplexer<br />

gesellschaftli cher Verhältnisse zum Scheitern verurteilt .<br />

Di e fatalen Konsequenzen lassen s ich auch au s der Perspekti ve<br />

des ) antiimperiali stischen Widerstands« umreißen: ,Jndem wir so<br />

oftmals u,nbedacht Ursache und Wirkung verwechseln, eine<br />

bestimmte historische Erscheinungs/orm mit ihrem. Kern, trage n wir<br />

eher dazu bei, die herrschenden Verhältnisse zu, verke nnen. Das<br />

führt im,mer wieder dazlL, daß unsere Politik faktisch darin steckenbleibt,<br />

den Herrschenden die Maske vom Gesicht reißen zu wollen in<br />

der Hoffnung, die sich dann zeigende f aschistische I"ratze würde<br />

eine Mobilisierung von Protest be'wirken - auch wenn wir diese<br />

Bestünmung verbal alle ablehnen" (ROSENKO'I' I'ER 11.11., 86).<br />

Ein solch funktionalistisches Verständnis des Charakters des<br />

aktu ell en Verh ältnisses von Kapital. Slaal und Faschismus impliziert<br />

zugleich ein fra gwürdiges Bild des Nazi-Faschi smus, in dem<br />

nolwendige rweise dessen Massenbewegungscharakter unterbeli<br />

chtet bl eibt. Jedoch genau di eser konstituiert wesentli ch auch<br />

das bekannte Ausmaß an Anti semitismus in Form des Holocaust.<br />

Damit der Antisemitismus als Bestandteil totalitärer Herrschaft im<br />

Nazideutschland seine terroristische Gestalt annehmen konnle,<br />

mußt e er nicht neu erfunden, sondern konnte auf bereits existi erende<br />

anderweitige Versionen zurückgreifen und dieselben zuspitzen.<br />

Die Möglichk eit des Antisemitismus als Massenideologie und<br />

ihre Voraussetzung für di e Machtübergabe an den Faschismus<br />

1933 vermochte die funktionalistische Reduktion nur unzureichend<br />

zu verstehen.<br />

Besaß di e Propagierung der funktionalisti schen Faschismustheori<br />

en in der Auseinandersetzung mit den Kontinuitäten und<br />

den restaurativen Tendenzen der bundesdeulschen Nachkriegsgesellschaft<br />

durchaus ihre Berechtigung, so refl ektieren sie heute<br />

die Veränderungen seit 1968 nicht mehr angemessen. Die gesellschaftlichen<br />

Grunclstrukturen, die den Nazi-Faschismus ermöglichten,<br />

existieren zwar weiterhin, doch " noch nie hat es in der<br />

97


ni cht hauptsächlich aus der aktuellen Analyse von Staat, Kapital<br />

und Gesellschaft heraus begründet. sondern sich vorwiegend des<br />

Begriffs- und Analyseapparates für den historischen Nazi- Faschismus<br />

bedient, ist letztendlich seiner \Virk ung beraubt, da er z. B.<br />

die europäische Dimension des gegenwärti gen Neorassismus nicht<br />

ergründen kann.<br />

Trotzdem übten und üben sich insbesondere Allliimperi alisten<br />

und Autonome in Duellen mit den »Agenten« des Staales, den<br />

Neofaschisten, die ni cht nur dem eigenen Schutz vor deren Überfällen<br />

dienen, sondern vor allem von der Tllusion zehren, hi erüber<br />

auch den »richti gen« Kampf gegen »Faschi smus« zu fü hren. so Es<br />

ist dieser vielerorts ve rwendete verkürzte Faschis musbegriff. der<br />

di e Durchschlagskraft des Anti semitislllusvorwurfes<br />

50<br />

Inwiefern die militante Ausdes<br />

Kri egstreiberdi skurses auch in den linksradi kaien einandersetzung um öffentli.<br />

politischen Gefilden erm öglichte. Da der lin ksradi kaie che Räume und Plätze ein<br />

notwendiger Bestandteil im<br />

Faschismusbegri f f nur au f den f un k tiona I em C h ara k ter Kampf um die kulturelle<br />

von A ntisemitis rnus zielte, vermochten s ich zudem Hegemonie ist, steht auf<br />

einem anderen 81.111 und soU<br />

hier nicht diskutiert werden.<br />

Vgl. hierzu l.U.P.U.S. 1991.1,<br />

150.<br />

über die »Agententheori e« vermittelte fa lsche Gleich-<br />

setzungen von Faschismus und Zionismus etabli eren.<br />

Denn wird diese Gleichsetzung aus antiirnperialisti­<br />

scher (bundesdeutscher) Perspektive auch noch in der KonOiktregion<br />

Israel-Palästina fortgesetzt, so tritt ihre Fehlerhafti gkeit mit<br />

ganz ve rheerenden Konsequenzen in dem Moment deutlich zutage,<br />

wenn Israel als Exemplar eines Staates mit bürgerlich-kapitalistischen<br />

Charakter indirekt über die Gleichsetzung von Faschismus<br />

und Zionismu s (s.u.) mit dem Attribut des nazi-faschistischen<br />

Deutschland (und nur diese Assoziation ist hierzulande mit dem<br />

Begriff »Faschismus« verknüpft) überzogen wird. <strong>Der</strong>art<br />

geschichtl ich analogisiert ist es nur noch ein klei ner Schritt zu der<br />

vielerorts vertretenen »These«: »Die Palästinenser sind die luden<br />

von heute«.51 <strong>Der</strong>artige Behauptungen trugen ebenfalls zur Relati<br />

vierung und »Entsorgung« der nazi-deutschen Vergangenheit<br />

bei. Einige der bundesdeutschen Linken " malen Bil-<br />

Mit der in Anlehnung an "<br />

der, die eine seltsame Mischung sind aus althergebrach- A. u. M . MlTSCHERlICH<br />

teT!. antisemitischen Motiven und der Vorstellung, daß auch auf die bundesdeutsche<br />

Linke ausgeweiteten, sehr<br />

die Juden sich wie die Nazis verhalten. So können diese verbreiteten sozial.psycho-<br />

Leute zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen: Man logischen Interpretationen<br />

dieses Stereotyps als Schuld<br />

entlastender Projektion<br />

setzen wir uns später<br />

grunds.1tzlich auseinander.<br />

99


100<br />

trifft die altere Generation und setzt gleichzeitig ihre Ideologie fort.<br />

Eine perfekte Konstruktion. Viele in. Deutschland, die dachten, sie<br />

hätten mit der NS-Vergangenheit gebrochen, haben manchmal hinter<br />

ihrem eigenen Rücken Elemente der NS- Verg(mgenheit verlängert.<br />

Das ist eine Tragödie" (POSTONE. <strong>1992</strong>).<br />

Daher fordern inzwi schen selbstkriti sc here Antiimperialisten<br />

"die inhaltlichen Bestimmungen des Antizionismus so klar und eindeutig<br />

herauszuarbeiten, daß jede Verwechslung mit A ruisernitismus<br />

und dem als 'antizionistisch' verkleideten neofaschistischen Antisemitismus<br />

ausgeschlossen ist. Daß es hierbei noch dringend zu überwindende<br />

Mangel gibt, hat sich leider gezeigt" (HOSENKOTI'EIlIl.II., 88) .<br />

Di e häufig anzutreffende Unbekümmertheit hängt auch mit der<br />

Annahme zusammen, daß selbstverständlich davon auszugehen<br />

sei, sozial isti sche Ideale oder link e Einstellungen würden allgemei<br />

n an ti-antisemitische Überzeugungen sicherstell en. Dies ist<br />

allerdings ein Trugschluß. Es spricht viel dafür, daß erst als Antisemiten<br />

und Konservative gegen Ende des letzten Jahrhunderts<br />

ein Bü ndnis eingingen und sich im Laufe der Zeit zu dem amalgierten,<br />

was heute unter »modernem Anti semitismus« zu verstehen<br />

ist, Antisemitismus als ein »integraler Bestandteil der<br />

Rechten« erkannt wurde: "Das heißt aber, daß u.nsere Vorstellung,<br />

Sozialismus und Anti-Anl.isemitismu.s sl.ellten eine Einheit dar, seien<br />

eine Selbst'verständlichkeit, mehr mit unserer Vorstellu.ng nach 1945<br />

zu tun hat, nämlich daß Antifaschismus unbedingt auch Anti-Antisemiti.H1ws<br />

bedeuten muß, Für die Identiläl.sbildung einer ganzen<br />

Generation nach 1945 waren solche Vorstellungen geradezu notwendig<br />

geworden" (DINER 1987,70). Di e ausschli eßli che Verortung<br />

vo n Antisemiti smus in rechten ldeologien ve rleitete zu dem voreiligen<br />

Schluß, die (Neue) Linke wäre in ihrem Denken und Handeln<br />

gegenüber antisemitischen Elementen per se gefei t. Wenn der<br />

deutsche Nazi-Faschismus so funktionali stisch gefaßt wird, wie<br />

ih n weite Tei len der Lin ken in den 70er und 80er Jahren verstanden<br />

haben, so reduziert der daraus resultierende Antifaschislllus<br />

den Stellenwert des eigentlich notwend igen Anti-Ant isemitislllus,<br />

Theorie und das eigene Selbst bild begannen darüber auseinanderzuklaffen.<br />

Wer sich aber nicht des spezifischen Verhältnisses vo n<br />

nazi -deutschem Faschis mus und Antisemitismus klar macht und<br />

in seiner Analyse aufnimmt, der führt zwangsläufig die Annahme


nTicket(c-Denken<br />

als Voraus- <strong>Der</strong> Faschismusverdacht gegenüber den bundessetzung<br />

von republikanischen Verhältnissen durch die Linke<br />

Indifferenz mUndete in einem vorwiegend politischen,<br />

zugleich die eigene Prax is legitimierenden<br />

Kampfbegriff. In zahlreichen politischen Aktionen spiegelt sein<br />

Anfüh ren die auf un zureichenden Verkür7.unge n in der Analyse<br />

basierenden Fehler linker Politik wider. Daher muß ein » Fehl er<br />

mit Methode« vo rliegen, der sich über Ritualisierunge n im Denken<br />

und Handeln der Linken tief verwu rze lt hat. Anhand der<br />

Autonomen 52 lind ») Anti -Irnps« möchten wir di e strukturell<br />

en Merkmale solcher Ritualisierungen beispielhaft<br />

nachvollziehen. Für ei n besseres Verständnis<br />

di eser Fehler ziehen wir den vo n AI)OIl NQ (1973. 191)<br />

geprägten Begriff des )Ticket«-Denkens heran, der di e<br />

in ihnen sich ausdrückende " Bezie/mngslosigkeit zwischen<br />

Realität und Individuum" bezeichnet und das<br />

theoretische Rüstzeug für die konstatierbaren Ind ifferenzen<br />

nicht weniger linksradikaler Positionen gegen­<br />

über hi stori schen JudenressenLiments und seinen heutigen<br />

nachnazisti schen, hauptsächlich israelfeindlichen Ausformu ngen<br />

bi etet. Solche Indifferenzen haben ihre Ursachen nicht zu letzt in<br />

einem spezifischen Verhältnis zwischen politischer Theorie und<br />

Praxis. Aufgrund eines losen organisatorischen Zusammenhangs<br />

läßt sich dem au tonomen PolitikversHindnis allerdings nur sclnver<br />

gerecht werden. Di e Vi elzahl di ve rser Strömungen und Gruppen<br />

spiegelt sich auch in verschi edenen th eoretischen "O berbau ten«<br />

wide r. Um autonome Positionen einer handhabbaren Analyse<br />

zugänglich zu machen, sind daher Verallgemeinerungen nötig, die<br />

der Kritik jedoch keinen Abbruch tun, da sie in erster Linie Tendenzen<br />

bezeichnen sollen.<br />

Noch nie seit ihrem Erscheinen auf der Bildfläche der außerparlamentarischen<br />

Opposition steckte di e radikale und autonome<br />

Linke in einer politischen Krise heutigen Ausmaßes:" lVasfür die<br />

reformistische Linke in ideologisch-enthemmte Machtpolitik mündet,<br />

endet - vorläufig - unter um in Sprachlosigkeit oder U11StJ.gliehen<br />

Flugbliittern" (L.U.P.U.S. 19918. 143). Bildeten die Autonomen in<br />

der Anti-A KW-Bewegung, während der Hochzeit en des ) Häuserkampfes«<br />

oder auch in der Friedensbewegung der 80er Jahre noch<br />

52<br />

Oa nach unserer Einschat·<br />

zung bei den Autonomen<br />

aufgrund der Aktionsorien ­<br />

tielung das Manko dieser<br />

verkürzung am deutlichsten<br />

hervortritt (und da unsere<br />

eigenen politischen Bezüge<br />

gewisse Überschneidungen<br />

aufweisen). ziehen wir vor<br />

a1lem sie /or eine nahere<br />

Betrachtung heran.<br />

102


106<br />

kens erac hten wir als nützlich, da dieses konzeptionell dynamischer<br />

Natur ist sowie "entweder als Symptom/ar die 'innere Konsistenz'<br />

der antisemitischen Ideologie oder als Ausdruck der geistigen<br />

Starrheit" (A DOHNO 1973, 107) von Individuen gewertet werden kann.<br />

Für di e begriffliche Entfaltung von Stereotypie und Personali sierung<br />

ging ADOH NO in Anlehnung an die Theorie vo n Freud vor. Da<br />

der den Linken vorgeworfene (latente) Antisemitismus vor all em<br />

über auf Verdrängung der Nazi-Vergangenheit beruhenden<br />

Schulclprojektionen (im Freudschen Sinne) motivi ert sei, besteht<br />

zudem also eine begriffiiche Verbindung zum method ischen<br />

Ansatz VO ll AOO IlNO auf der individuellen - und erst einmal nur auf<br />

di eser! - E bene. Ging es ADOR NO vorrangig um den individuellen<br />

Charakter als eine - nicht überzubewertende - Determi nante ideologischer<br />

Präferenzen von Individuen, so liegt der Schwerpunkt<br />

unseres Interesses jedoch in der Programmatik bzw. im Verhältnis<br />

vo n Theorie und Praxis (linker) politischer Bewegunge n. Deswegen<br />

müssen unsererseits Modifikationen an den vo n ADOHNO entwickelten<br />

Begriffli chkeiten vorgenommen werden.<br />

Zunächst sind Stereotypie, Personalisierung und »Ticket«<br />

Begriffe, die über Individuen bestimmt sind, aber in einer sozialpsychologischen<br />

Perspektive zugleich auch auf Gruppen Anwendung<br />

finden können, Stereotypie und Personalisierung si nd<br />

konstitui erende Merkmale von »Ticket«-Denken aller Individuen,<br />

Bei der ge nerellen Anwendung individualpsychologi scher Beobachtungen<br />

auf Gruppen ist unseres Erachtens jedoch allergröß te<br />

Sorgfalt geboten. Denn eine solche übertragung konstruiert Individuen<br />

nunmehr verkürzend als Prototypen, Sie prüft ni cht mehr,<br />

in wieweit die dem Prototypus zugeschriebenen Stereotypisierungen<br />

und Personalisierungen im Einzelfall tatsächli ch vorli egen<br />

bzw. das "Ticketc.c-Denken auf ihn zutrifft. Erschei nt eine solche<br />

Vorgehenswei se bereits gegenüber einfachen Gruppen überaus<br />

problematisch, so ergeben sich bezüglich politischer Bewegungen<br />

noch viel größere methodische Schwierigkeiten, Da die Verwendung<br />

VOll ßegriffiichkeiten aus der Sozialpsychologie den Antisemitismusvorwurf<br />

an di e Linke untermauern helfen soll , wäre nun<br />

die Reichweite ihrer Erklärungskraft hinsichtlich der Motive politischer<br />

Aussagen zu diskutieren, Wer sie zur Beschreibung und<br />

Analyse von Theorie und Praxis politischer Bewegungen heranzie-


hen will, muß unseres Erachtens Modifikationen vornehmen, di e<br />

den sehr komplexen Sprung vom Ich zum Wir angemessen refl ekti<br />

eren. Denn das Problem der sozialpsychologischen Anwendung<br />

von individualpsychologischen Kategorien besteht in unserem Fall<br />

darin, daß sie politische Theorienbildung eben nur unzureichend<br />

zu erfassen vermag und s ie tendenziell selbst wiederum nur noch<br />

als psychologisiertes Konstrukt verstanden wissen will. 54 Um die­<br />

ser Gefahr zu ent gehen und dennoch besUmmte Vorteile<br />

des .. ricket«- Begriffs für die Analyse der Dynamik<br />

von Theorie und Praxis politischer Bewegungen nutzen<br />

zu könn en, ist nUll auch die Frage zu stellen, inwiefern<br />

in diesem Untersuchungsfeld gemachte Einschränkungen<br />

bezügli ch ihrer Reichweite helfen. den Unterschi<br />

ed des Verhältnisses zum Antisemitismus zwischen<br />

politischen Bewegungen und Individuen plausibel zu<br />

machen.<br />

Di e oben vorgefii hrte stereotype politische Praxis linker Gruppi<br />

erungen wie den Autonomen ist für uns zunächst nur unzureichend<br />

durch den vo n ADonNO verwandten Begri[f von Stereotypi e<br />

beschreibbar. Denn ADOIlNO (1973, 55) faßt Stereotypi e als "eine Form<br />

von Beschränktheit besonders in psychologischen und sozialen Fragen"<br />

auf. Desweiteren unterstellt er ,.daß die Men.schen in der<br />

modem en Gesellschaft ( ... ) deshalb zu. primitiven, vereinfachenden<br />

Erklärungen von Geschehnissen greifen, weil so viele der zu einer<br />

Interpretation notwendigen Gedanken und Beobachtungen zu den<br />

Überlegungen nicht zugelassen werden, da sie affektiv besetzt sind<br />

und Angst erzeugen könntenj das schwache Ich ist nicht imstande,<br />

sie in ein Denkschema au/zunehmen". Diese Bestimmung greift<br />

unseres Erachtens jedoch zu kurz, wenn sie insbesondere die<br />

Linke zum Gegenstand hat. Da die Programmatik (linker) politischer<br />

Bewegungen einen hochgradig intersubjektiven Zusammenhang<br />

darstel lt, muß davon ausgegangen werden, daß eine<br />

Übernahme des Begriffs »Stereotypie« in der von AOORNO formulierten<br />

Weise spekulativ wird, wenn er auf die Linke als einen Träger<br />

von kritischer Theorie, die einem emanzipatorischen Anspruch<br />

verbunden ist, angewandt wird. Daher begreifen wir die in bezug<br />

auf Individuen angenommene "Beschränktheit" auf der Ebene der<br />

Theorienbildung vorrangig im Sinne einer Reduktion von Wirk-<br />

54<br />

Ein Beispiel stellt die<br />

Behauptung DINERS<br />

(1987,77) dar. daß der posi·<br />

tive linke Bezug zu nationalen<br />

Befreiungsbewegungen<br />

im Sinn habe, auf Umwegen<br />

einen positiven Bezug zur<br />

eigenen nationalen (deutschen)<br />

Identitc'it zu<br />

vermItteln .<br />

107


108<br />

lichkeit, die in ihrer si mplifizi erenden Form zu realitätsentstellenden<br />

Verzerrungen und damit zu Stereotypisierungen fuhren könnell<br />

.<br />

Eine derartige Wahrnehmung trifft fUr nahezu jedes politisch<br />

handelnde Subjekt zu: "Die modemen Massenmedien, die der industriellen<br />

Produktion nachgebildet sind, verbreiten ein ganzes System<br />

von Stereotypen, das. während es im wesentlichen im Individuum<br />

'unverständlich' bleibt, ihm jederzeit erlaubt, sich informiert und<br />

eingeweiht zu geben. Daher ist stereotypes Denken in politischen<br />

Fragen/ast unvermeidlich" (ehd ., 190). Mittels solcher (politischer)<br />

Stereotypen gelingt es dem lndividuum allgemein, .. (sich) in einer<br />

kalten, entfrem,deten und weithin wwerstli.ndlichen Welt mühelos zu<br />

'orientieren' " (ebd., 109).<br />

Nach ADOIlNO zieht stereotypes Denk en zudem einen ihm<br />

gegen läufigen Prozess der Personalisierung nach sich: " Die Angste<br />

des Individuums, die ihm vor allem die Fremdheit und Kälte der<br />

politischen Realität bereiten. (werden) auch durch einen Trick (der<br />

Stereotypisierung, d. v. ) nicht ganz beseitigt, der selbst den bedrohlichen,<br />

unaufhaltsamen Prozeß der wirklichen sozialen Welt widerspiegelt.<br />

So verlangt Stereotypie abermals nach ihrem Gegenteil:<br />

nach Personalisierung. <strong>Der</strong> Ausdfltck erhält hier eine präzise<br />

Bedeutung: die Tendenz. objektive gesellschaftliche und ökonomische<br />

Prozesse, politische Programme. innere und äußere Spannwtgen<br />

mittels Personen zu bezeichnen, die mit dem jeweiligen Fall<br />

identifiziert werden, anstaU sich selbst der Anstrengwtg der unpersönlichen<br />

geistigen Arbeit zu unterwerfen, die die Abstraktheit der<br />

gesellschaftlichen Prozesse erfordert" (e h


wenn linke (»antizionistische«) Positionen, wie z.B. in der bundesdeutschen<br />

Diskussion über Israel bzw. in der Kritik an israelischer<br />

Politik gegenUber den Palästinensern in das Fahrwasser des hegemonialen<br />

(tendenziell antisemitischen) Diskurses abzudriften drohen.<br />

Es ist einfach fal sch. Israel umstandslos auf ein imperialistisches<br />

Strukturgebilde zu reduzieren (s.u.). Damit werden zwar über<br />

di e Analogisierung von bunclesdeutschen Zuständen und isrealisehen<br />

Verhältnissen die hiesigen ebenfalls zum Gegenstand der<br />

Kritik gemacht. doch wird einfach übersehen, wie eine solche Kritik<br />

indirekt der Rehabilitierung des deutschen Nationalismus in<br />

die Hände spielt . Ei n mit solchen Auffassungen ve rbundenes progressives<br />

»Ticket« verkehrt sich spätestens in dem Moment ins<br />

Gegenteil seiner ursprünglichen Intention, wenn es auf geschilderte<br />

Weise indirekt in Einklang mit hegemonialen, (latent) antisemitischen<br />

Denkmustern gerät. Insofern ist es genereJI wichtig, ein<br />

jedes »Ti cket«-Denken auf sein Verhältnis zum hegemonialen Diskurs<br />

hin zu untersuchen und zu überprüfen, inwiefern es konform<br />

mit hegemonialen reaktionären »Orienti erungen« geht oder gegenläufig<br />

wirkt.<br />

1m Falle ei ner direkten Konformität, d.h. der Identität von<br />

»rechten« und »linken« Stereotypen, sind linke Diskussionszusamlllenhänge<br />

ve rlassen. Die durch linkes »Ti ckel«- Denken eigens<br />

produzierte Indifferenz zieht jedoch ebenso eine Verdoppelung der<br />

Wirkung »rechter« Stereotypen nach sich und kann somit zu einer<br />

indirekten KonfonniUit mit reaktionären Positionen filhren. In dem<br />

Maße, wie die Obe rJappung »linker« Stereotypen mit »rechten«<br />

Stereotypen, di e klare antisemitische Züge tragen, zunimmt, und<br />

sie Ressentiments gegen jüdische Menschen und den israelischen<br />

Staat auch nur impli zit verdoppeln helfen, erhalten auch die Stereotypen<br />

der Linken einen qualitativ neuen Stellenwert. Di e<br />

anhand des Israel-Palästina-Konfliktes konkretjsierten linken politi<br />

schen Positionen müssen sich also daran messen lassen, inwiefern<br />

ihr »Ticket« zur Konformität mit jenen antisemitisch-hegemonialen<br />

Denkmustern beit rägt und damit zur diskursiven Stärkung vo n<br />

Standpunkten, denen prinzipiell eine antisemitische Tendenz<br />

inkorporiert ist.<br />

Ein auf »Ti cket«-Denken beruhender, verkürzter und fast ausschließli<br />

ch funktionaler Faschismu sbegriff, sein »Out-of-Area«-<br />

" ,


11 4<br />

größter BedeutlLng, denn er begreift den Zionism.us alsJremde Idee,<br />

die, weil auJ Palästina übertragen, Jür ihn konkrete Leidensgeschichte<br />

darstellt" (5/\11) J98J , 69f.). Ideen wie der Zionismus gehören<br />

histo risch-k ri tisch auf zweierl ei Weisen unters ucht. Genealogisch<br />

(in bezug au f Herkunft und Modus) sowie seine praktische Anwendung<br />

be i der Akkumulati on (hins ichtli ch HerrsclmfLs-, Landanspruch<br />

lind ideologischer Rechtferti gu ng) bzw. Verdrängung<br />

(bezügli ch anderer Völker, [decn und deren Legitimnt ionsmuster).<br />

Allerd ings wußle der Zionismus sowohl seine wesen tlichen ideologischen<br />

Charakte ri stika li nd di e historischen Voraussetzu ngen wie<br />

auch d ie politi sch-praktischen Aus wirku ngen und di e militant ­<br />

repressive n Di skriminierungen im Verh ältnis von Nicht-Juden<br />

gegenüber Juden zu verschleiern : .. Die politischen und kll.lw.rellen<br />

Gegenwartserscheinungen lnachen eine derartige Untersuchung<br />

außerordentlich schwierig, da sich die Wertigkeit des Zionismus im<br />

hochindustrialisierten <strong>Westen</strong> zu einer Jast unangreifbaren Vormachtsstellung<br />

innerhalb des liberalen 'affirmativen' Diskurses verfestigt<br />

hat" ("xI.).<br />

Wir verstehen daher im folgenden Zionismus vor all em als eine<br />

Form nationaler Politik, di e sich imperialistischer Millel zur<br />

Durchsetwng ihrer [nteresscn bedient. Gleichze itig kön nen und<br />

wo ll en wir Zionismus vor dem Hintergrund seiner Roll e als jüdischer<br />

ldenlitätscntwurf nach 1945 aber nicht all ei n auf jene<br />

Dimension red uzieren. Zionismus bedeutet aus der Perspektive<br />

der Palästinenser einerseits Kolonialis mus, and ererseits hat er<br />

nach 1945, aus der Sicht der »Ko]on iali sntoren«, eine abweichende<br />

und wesentli ch ex istenti eliere Bedeutung gewonnen, di e der<br />

klassische Kolon iali smus für andere, nicht-jUdische Kolonial isationsprojekte<br />

nie besaß.<br />

Für die Beurteilung des Palästina-Israel-Konfl ik ts s tellt sich<br />

zunächst die Frage, ob die Vertreibung der PalUstinenser ori ginär<br />

dem Zionismus zuzuschreiben ist. Denn die Unt erdrückung der<br />

Pa lästin enser basiert tatsächlich auf dem nonnntiven Koord inatensystem<br />

des europäischen Kolonialismus über die verschiedenartige<br />

Wertigkei t von Menschen. Er schuf im Europa des 19. Jahrhunderts<br />

die Voraussetzung dafür, daß in Pahtstin a das j üd ische<br />

Sicdlungs projekl prinzipiell möglich wurde lind seinc internationale<br />

Anerkennung fand: " j ene Einheimischen wu,rden mit einem


variablen Klassijizierungsmuster gemessen, das grundsätzlich 'VOIt<br />

ihrer Unt.erlegenheit dem westlichen oder weißen Mann gegenüber<br />

ausging. Dieses Klassijizierungsschema wurde von Zionisten wie<br />

Herzt aufgegriffen, von der Folie des allgemeinen Kullurhinlergrundes<br />

abgezogen und auf die speziellen Bedürfnisse des sich entwickelnden<br />

jüdischen Nationali.smus zurechtgestutzt. Und noch<br />

einnwl muß gesagt werden. daß die Komponenten des Zionism,lLs,<br />

die den berechtigt.en jüdischen Traditionen zugute karnen - ich<br />

rneine d(Unit die Wiederherstellung eines nationa,len Zusam.menhangs<br />

wul die Bewahrung des jüdischen Volkes vor dem Schrecken<br />

der dauernden Heirnatlosigkeit und den Schrecken des Antisemitismus<br />

., gleichzeitig ,nit den Aspekten der dominierenden westlichen<br />

Kult ur kollaborierl,en (aus der der Zionismus als Institution ja auch<br />

hervorging), die es den Europäern ermöglichten, alle Nicht.­<br />

Europlier als m,itulerwert.ig, marginal und unbedeutend zu. betracht.en"<br />

(clxl., 84).<br />

Di e zionistischen Siedlungsbestrebungen im ersten Drillei di eses<br />

Jahrhunderts waren also nie ausschließlich als ei n jüdisches<br />

ßefreiungsproj ekt vor dem Hintergrund eines erstarkenden Antisemiti<br />

smu s zu sehen, sondern trugen immer auch die Züge eines<br />

kolon ialen Siedlungsprojekts des imperi aJ isti schc ll Europa. Da<br />

Vertreibung, Verfolgung und Unterdrücku ng stets Elemente der<br />

koloni aler Prax is darstellen. war und ist di eses Vorgehen gegenober<br />

der palästinensischen Bevölkerung keine Besonderheit. Die<br />

laufend en Siedlungsprogramme in den besetzten Gebieten sind<br />

somit ein Relikt klassisch euro päisch-imperialisti sc her Politik im<br />

Na hen Osten.<br />

Ab 1933 ergab sich jedoch mit dem Nazi-Faschismus e ine<br />

hi storische Zäsur: Für viele (rniLLel)europäische Juden erwi es sich<br />

nunmehr Palästina als letzte Zufluchtsstätte. Di e zahlreichen<br />

Immigranten beschleunigten die mit den zionisti sc hen Siedlungsprogrammen<br />

verbundene Vertreibung der Paläslinenser und verschärften<br />

den Ko nflikl zwischen Juden und Arabern. <strong>Der</strong><br />

Holocaust relati vierte aber nicht nur aus der jüdischen Sicht den<br />

kolon ialen Aspekt der Migrati on gegenüber der Idee einer sicheren<br />

Heimstatt. Fortan bestand folge ndes Dilemma: ,.Die Juden<br />

sind davon ilberzeugt und haben mehrfach erkltlrt., daß die Welt -<br />

oder die Geschichte oder die Moral - ilmen eine lViederg lLLl1tachung<br />

11 5


••<br />

Damit ist für uns keine<br />

umstandslose Gleichsetzung<br />

von Rassismus und Z,onismus<br />

impliZIert. Denn nach $AID<br />

(198 1, 122 f .) ist der Begriff<br />

. Rassismus . zu ungenau, da<br />

er Hnicht die Leistungen l ür<br />

die eUtopäischen (n.) Juden"<br />

berOcksichtigt. Jedoch: .FOr<br />

die palästinenSlschen Araber,<br />

die die Verfahrensweisen des<br />

Zionismus Olm eigenen Leib<br />

zu sparen bekamen und dl'r<br />

Mechanismen gewahr wur·<br />

den, stellte sich die lage<br />

weitaus heikler und difiNenzierter<br />

dar, aber durchaus<br />

nicht verworren oder unklar.<br />

(. n) <strong>Der</strong> Palästinenser<br />

begreift. ohne ihn vielleicht<br />

WIrksam ändern zu können,<br />

den intellektuellen Prozeß,<br />

bei dem seine vertetzte Men·<br />

schenwOrde heimlich, still<br />

und leise in lobpreisungen<br />

der ideologie transformiert<br />

wurde, die ihn selbst zers tört<br />

hat. <strong>Der</strong> Begriff 'Rassismus'<br />

ist zu ungenau - Zionismus<br />

ist Zionismus. Fur den arabi·<br />

schen Paläsllnenser !filft<br />

diese Tautologie den Sach·<br />

verhalt aufs genauesIe;<br />

116<br />

Jilr das zweitausend jährige Unrecht schuldet und insbesondere eine<br />

Ent.'Ichlidigung Jar die Katastrophe der europtlischen ludenheit,<br />

welche ihrer Ansicht flach nicht bloß ein Verbrechen Nazi-Deutschlands,<br />

sondem ein Verbrechen der ganzen zivilisierten Welt darstellt.<br />

Die Araber halten andererseits dagegen, daß ein zweifaches Unrecht<br />

kein Recht ergibt und daß 'kein Moralkodex der Verfolgung eines<br />

Volkes als Versuch rechtfertigen kann, dadurch die Verfolgung eines<br />

anderen Volkes aufzuheben'. AuJ derlei Argumente laßt sich keine<br />

AntwortJinden. Beide Ansprüche sind nationalistisch, weil sie nur<br />

im. Rahmen. des eigenen Volkes und im engen Kontext dessen eigener<br />

Geschichte Sinn ergeben, beide Ansprüche sind legalistisch, weit sie<br />

'von den konkreten Faktoren der Situation absehen" (A Il EN DT 1918, 48).<br />

Ober das Scheitern (Auschwitz!) des judisch-europäischen<br />

Assimi lalionsprojekts erlangte der Zionismus unter den Juden<br />

seine dominante Bedeutung und erreichte mit der israelischen<br />

Nationalstaatsgrundung im lahr 1948 in Palästina sein Ziel. Seit­<br />

her ist di e Pol itik Israels gegenüber den Palästinensern durch<br />

Unterdrückung, Verfolgung und Rassismus 60 gezeichnet.<br />

Im kollektiven Bewußtsein der Palästinenser und<br />

Israelis spiege1t sich jewei ls die eigene Rolle als Opfer<br />

wider. Für die israelisc he Seile verm iltell der Imperiali<br />

smus uber Militarismus, Nationalismus und Unterdrückung<br />

insbesondere jene Stärke, di e einerseits<br />

Di stanz zum Holocaus t aufhaut, aber andererseits gerade<br />

daher auch eine Abwendung vo n seiner kolonialistischen<br />

Struktur lind imperiali stischer Politik ungemein<br />

erschwert (vgl. SAm 198 In., 90 r.). Miulerweil e trifft zu, daß<br />

sowohl di e Israelis als auch die PalUstinenser kollekti ve<br />

Verletzungen erfuhren, die sich einer Aufrechnullg oder<br />

einem Vergleich en tziehen und in ihrer traumatischen<br />

Wirkung ei nen auf gerechten Interesscnsausgleich<br />

bas ierend en Fri eden zwischen heiden sehr erschweren.<br />

<strong>Der</strong> Konflikt zwischen Is raeli s und Palästinensern heute<br />

"ist kein eindeutiger Ka.mpJ von Gut, und Böse, kein eindeutiges<br />

Kolonialverhältnis von Kolonialherren und<br />

UlLterdrilckten, sondern ein komplexes Verhältnis in der<br />

KonJrontation zweier legitimer Rechte" (CL/\USS J::N 19ß6, 241).<br />

sie 15\ aber die Umkehrung<br />

dessen, was die Juden damit<br />

verbinden", Wenn wir von<br />

Rassismus im Zusammen·<br />

hang von Zionismus reden,<br />

so in der von SAIO gelaßten<br />

Form.


Staat und Nation busieren, darf di e Linke in der ßundesrcpublik<br />

nur die Auswirkunge n der Machl und der ihr zugehörigen strukturellen<br />

Merkmale israeli scher Politik kritisieren. Die Kriti k am<br />

Zioni smus muß sich also auf seine Ausprägung als repressive<br />

nationalistische Pol itik und den diskrimi nierenden strukturellen<br />

Ant eil der (Verfassungs-)Stru ktur des israeli schen Stantes<br />

beschränken.<br />

Aus antiilllperialisti scher Si cht verschli eßen sich jedoch<br />

1I0SENKÖyrEI1 II.U. (SB) immer noch der Anerkennung des Ex istcnzrechts<br />

für Israel, da " der Staat Israel auf rassistischer UlI.terdrli.ckung<br />

und Vertreibung, al/I kolonialer Besied/.nng wut<br />

miliUirischer Expansion (beruht), er von diesen StrlLkturen nicht zu.<br />

trennen (ist)". Bloß, für welchen Staat trifft eine derartige Argumenl<br />

ion ni cht zu? Das Gros der Staaten der europäischen »Metropole«<br />

und ihrer »Peripherie« ließen sich ohne Schwieri gkeit in<br />

verschi ed c;:nen hi storischen Etappen ebenso anführen. Denn weiches<br />

»Volk « hat VO ll welcher Instanz je einen Staat nach rechtli ­<br />

chen Gesichts punkten zuerkannt bekommen? Hinter dem<br />

Geschwätz vom »Selbstbestimmungsrecht der Völker« verbirgt<br />

sich ni chts anderes als daß sich jeder Staat auf Vertreibung lind<br />

Gewalt gründet. Doch warum wird diese generell e und abstrakte<br />

Kritik von Bu ndesdeut schen ausgerechnet an Israel - und nicht an<br />

der Bundesrepub li k! - ko nkretisiert? Darüber hinaus unterschlägt<br />

di ese Argumentation offensichtlich immer noch di e hi stori sche<br />

ZUsur dcs HoJocausL und die Tatsache, daß di e Existenz Israels<br />

Zcugni s vom gescheiterten Assimilationsprojekt der europäischen<br />

luden ablegt. An der Existenz Israels zu rütlein , heißt zugleich die<br />

Bedeutung der histori schen Zäsur Auschwitz zu negieren. Di ese<br />

ist jedoch fakt isch, infolgedessen auch die Existenz Israels. Insbesondere<br />

gilt: " Die Etablierung des Staates Israel als eines selbständigen<br />

Staates kann als Unrecht bezeichnet werden. (. .. ) Aber dieses<br />

Unrecht kann nicht gutgemacht werden durch ein zweites und<br />

größeres Unrecht. <strong>Der</strong> Staat ist da und die Verständigung ,nit der<br />

ilunfeincllichen Umwelt muß gefunden werden: das ist die einzige<br />

Lösung" (Herbert Marcuse: Für eine geme insame Front , 1%7. Zit . u.<br />

KLOKE.67) . Seine Existenz in Frage zu stellen ignoriert zudem, "daß<br />

im imperiaUstischen Zeitall.er der Mensch gar nichts, der Stcwtsbiirger<br />

aber immerhin etwas gilt" (DOKUME:NTATION, 37) oder in den Wor-<br />

121


122<br />

ten von AnEN I}T (1955, 4(6): " <strong>Der</strong> Verlust der nationalen flechte hat in<br />

allen Fällen den Verlust der Rechte nach sich gezogen, die seit dem<br />

achtzehnten Jahrhundert zu den Menschenrechten gezahlt 1vurden,<br />

und diese haben, wie das ßeisp/:el der luden und des Staates Israel<br />

zeigt, bisher nur durch die Etablierung nationaler flechte wiederhergestellt<br />

werden können. <strong>Der</strong> Begriff der Menschenrechte brach<br />

( ... ) in der Tat in dem Augenblick ZltSallUnen, wo Menschen sich<br />

wirklich nur noch auf sie und keine national garantierten Rechte<br />

berufen konnten".<br />

We nn dem Staal Israel, der rü r die jüd ische Bevölke rung eine<br />

Schut7.funkLi oll besit 7.t, di e Ex islenzbe rechtigu ng abges proc hen,<br />

also fakli sch vo n seiner »N icht-Ex istel1 7.« ausgegangen wird, fäJlt<br />

ei ne an ihn ge ri chtete Kritik bezugli ch seiner »7. ionis ti schell «<br />

Pol iti k auch auf di e gesell scha ftli che Ebene, dns he ißt auf den<br />

Identi lätsenl wurf de r jüd ischen Menschen, zu rück. Di e Kritik<br />

erhult dam it eine Doppeldeutigkeit und haI Indi ffe rcll7. gege niJ ber<br />

Anti semili sme n zur Folge. Die Abgrenzung eines »ant izion isti ­<br />

schen Anti im peri ali smus« von anti semiti schen Stim ula läß t sich<br />

ab diesem Pu nkt immer wen iger vornehmen.<br />

Die Krit ik an israel ischen Ve rhältn issen muß deshalb aber<br />

nicht zwangsläufig antisemi tisch se in oder we rden, wie es manche<br />

Kri tike r der Pa lUstina-So lida rität liebend gern zu sugge ri eren versuchen.


Opfer mit den Tätern geworden. Die Nachfolger der genwrde/.en<br />

Juden werden in der Pha.nta.sie eins mit ihren Mördern - luornit,<br />

schließlich wul endlich, in einer zeit- wul raunlübergrei/enden Perspektive<br />

die Juden einmal nwhr Sclw.ld a.n ihrem Schicksal sind"<br />

(ßIlUMLl K 1986, 159). Abgesehen davon, daß es äußerst fraglich ist, ob<br />

di e Art der Herangehensweise an die Geschichte des Nazi-Faschi smuS<br />

durch »Iin ke« Indi viduen in der Ve rgangenhei t tatsächlich<br />

vo rwiegend auf di e von B1WM LlK be hauptete Weise erfolgte (noch ni e<br />

wurd e dieser Zeitraum so oft thematisie rt wie in de n letzt.en zwa nzig<br />

Jahren), gibt es fUr die Linke als Bewegung - also hi ns ichtli ch<br />

ihres programmatische n Anspruchs - uberhuupt keinen einsehbaren<br />

Grund, warum s ie in bezug auf den Nazi-Faschismus Sc lnd d<br />

ve rdrängen sollte oder projizieren mU ßte. Im Gegenteil, ei n wese ntli<br />

cher Te il ihrer polit ischen Ide ntität fußt a uf der AuseinamICl'setzu<br />

ng mit dem Nazi-Faschismus, wie verkürzt s ie auch immer ausgefall<br />

en sein mag. Di ese "lclenliWt hat s ich wesentl ich über in te rsubjektive<br />

Zusammenhänge entwickelt, die sich ei ne r sozialpsychologischen<br />

Interpretation zwar nicht verschließen. jedoch ihre<br />

ErklHrung wei tgehend wil lkürlich beläßt. Insbesondere ullterwirft<br />

die pauschale Anwendung von derartigen Interpretationsmuste rn<br />

jegli ches emanzipatori sche Strebe n besagten Schuld versch iebungsmechfl<br />

nislllcn. Da letzt ere n ein Qatenter) Anti semitisill us beigemessen<br />

wird, ist alsbald der Punkt überschritte n. ab dem kriti ­<br />

sche Vernunft gegen sich selbst gewendet we rd en kann. Di e I


62<br />

FOr eine prinzipielle Kritik<br />

der neodogmatischen Lesarl<br />

des ISF '191. die im Artikel<br />

H Vom Elend der Ideologiekri.<br />

tik . Wie durch theoretische<br />

Überheblichkeit Diskussion<br />

verhindert wird " von eCKE<br />

vorgebrachten Einwände.<br />

Unserer Einschätzung nach ist davon auszugehen, daß für Teile<br />

der Linken, vo r all em in der jetzigen und j Ungsten Generation,<br />

ents prechende Vergleiche weniger über Schuldmechanismen<br />

bezügli ch der Naz i-Vergangenheit, sondel'l1 eher über di e durch<br />

d ie Ticket-Mcntal ität produzierte Tndifferenz zu Antisemitismus<br />

zu erklären s ind. Die psychologisierendcn ErklUrungs lTIu ster<br />

mögen auf einzelne Subj ekte und soziale Gru ppen (auch innerhalb<br />

der Linken) durchaus Anwendung find en können. Doch halten wir<br />

es nach wie vor für geboten, zwischen politi schen Bewegungen<br />

und ihren Subj ekt en zu unterscheide n. Es kann durchaus sein,<br />

duß ein zeln e di eser Subjekte latent anti scmiti sch motivieL'I sind,<br />

doch fUr di e Beurteilung einer Anfälligkeit der Theorie politi scher<br />

Bewegungen denselben gege nUber bcsagen diese psychologis ierenden<br />

Deutungen wenig lind dafür, wie derlei Te ndenzen im Verhäl<br />

tn is von Theori e und Praxis entgegengewirkt werden kann, gar<br />

ni chts.<br />

Projektionitis<br />

und Ableitungs-<br />

126<br />

marxisten<br />

Die notwendige Krit ik an denjeni gen Linken, di e<br />

aufgrund ih rer verkürzten Positionen di e rndifferenz<br />

gegenüber dem Antisemitismus beförd erten,<br />

kehrte s ich aber mit dem Konstrukt einer Schuldkompensation<br />

lind -projektion in das Gegenteil ihrer behaupteten aufklärenden<br />

Stoßri chLung um . Hi er ist vo r allem di e s ich um ßlW HN (1988, 39)<br />

gruppierende F'reiburger »Initiative Sozial isti sches Forum« (ISF)<br />

zu erwähne n, di e di e Schärfe des Antiselllili smus-Vorwurfs im<br />

Kri egstreiberdiskurs an die Linke schon Ende der 80er Jahre vorwegnahm<br />

. Sie versucht, Hassismus lind Antisemiti smu s aus der<br />

Verfaßtheit des bürgerlichen Subj ekts in der kapitali sierten nationa<br />

len Gesell schaft über die Marxsche Wertformanalyse »abzuleiten.<br />

« Um in ei ner neodogmatischeIl Weise (ä hnli ch dem Vorgehen<br />

der Marxistischen Gruppe) vermittels der » F'etischismus«-Theorie<br />

und unter Zuhilfenahme von Arbeiten POSTONES (u .a. 1991) besagte<br />

»Ableitung« des Ant isemiti smus vornehmen zu können, versehen<br />

sie jegliches bürgerliches Subj ekt mit ei nem notwendig falschen<br />

Bew ußtsein, um zwingend zu den oben beschriebenen<br />

proj ekti ven Ausprägungen eines (latenten) Anti semitismus<br />

zu gelangen. 62 Di esem reduktionis ti schcn Ansatz


ehen Standard beispiele einen " Gesa.rlJ,lantiimperiaÜst(en)" (JOWE,<br />

114). um in maßlos uberzogener Weise zu behaupten: " <strong>Der</strong> AnLi­<br />

ImperiaÜsmu,s vollzieht mit der PLO als ProjektionsjZuche seiner<br />

eigenen Begeisterung für Volk und I-1eil1wt nur nach. was ihm die<br />

bürgerliche Friedensbe'wegung am Beispiel Pershing vorexerzierte.<br />

Hier darf m.(Ut. wieder vom Volk reden und som.it endlich ztun<br />

Eigentlichen kom.men" (nnUIlN 1988,41). Gewiß ve rs lehen sich viele<br />

»Palästin a-SolidariUits-Ko milees« als Sprachrohr der PLO lind<br />

ve rgessen hierüber jegliche Differenz zw ischem bundesrepublikani<br />

schen lind palästin ens ischen VerhülL ni ssen. Doch ist diese<br />

Imli lTerenz noch kein Indiz für di e von BH UllN suggcl'iCrlc »ß llI l«und<br />

»Bodcll «- l'deologie, sondern höchstens für d ie latente Gefa hr<br />

einer Vereinnahmung durch solcherl ei moti vierte po li tische Interessen.<br />

Ober den Gewillerwolken des Antisemi ti smus wührencl seines<br />

theoretischen »Höhenflugs« angelangt, hat OHUIIN schließli ch<br />

nicht nur den Boden unter den Füßen, sondern jegli chen ß lickkontakt<br />

zu den realen Verhält nissen verloren und weiß nun. "daß<br />

es dieser Sorte von 'Antifaschismus' überhaupt nicht wn Solidarität<br />

mit den Pallistinellsern geht. Ihr Kampf ist den Antizionisten bloßer<br />

Vorwand und bloße Gelegenheit zur Propaganda. Darwn geht es<br />

auch nicht /Un. die aktuelle Lage in Paliistina oder wn die<br />

Geschichte des jetzt eskalierenden Konfliktes, sondern tun die Ideologiekritik<br />

dessen. was deutsch gcwordene Linke in diesen Kam.pf<br />

und in diesen Konflikt hineinprojizieren" (chd., 40). Ist einmal d iese<br />

spekula ti ve Ebene der Moti vfo l'schung erreicht, sind VO I' dem Hintergrund<br />

der Schwäc hen und rndifferenzen eines auf nationale<br />

Befreiungsbewegungen sich hauptsächlich stUtzenden Antiimperial<br />

isllllls schnell Anti semiten, in di esem Falle »Antizionislen«,<br />

lIIit ein em abgeschlossenen Weltbild konstruiert. Hi erzu kann er<br />

sich ex tremer Beispiele bedienen, die s ich wegen der weilverbreileIen<br />

»Tickct«-Menlalität und trotz vielfacher Indifferenz gegenüber<br />

Anli semi ti smen a ls »linke« Politik auszugeben verlllochten.<br />

Hi erfür nimm t Cl' jegl iche Form anliimperialisti scher Polit ik in<br />

Sippenhaft und beginnt oh ne viel Federl esens die Identität vo n<br />

Antizion ismus und Antisemit ismus zu konstrui eren. Bei einem<br />

derarti gem Vorgehen läßt s ich kau m der Eindruck ve rmeiden,<br />

.. daß die A ufarbeitung des linken Antisemit.isnws in Form von (auch<br />

129


130<br />

noch schlecht inszenierter) Denunziation wul unreflektiertem Anti­<br />

An.tizionismus zu einer Modeerscheinung verkommen ist, wofür das<br />

Thema aLLerdings zu wichtig ist!" (AK 34 1, 8.4. <strong>1992</strong>, 34).<br />

Mi t der fü r ßIW HN und seine Anhilngerlnnen aus der ISF typische<br />

n Mischung a us Hal bwa hrheiten und a historischen Reduktioni<br />

sme n sowie unte r der von ihne n spekulativ angenommenen und<br />

imme r wieder pauschal behaupteten IdentiHit von An ti -Zjoni smus<br />

und Anti semiti smus versuche n sie d ie wohl auch von ihnen gesehene<br />

Indifferenz als eine »subjektivistische« Kategori e zu de nunzie<br />

re n: "Nach der Seite der Gesellschaft hin betrachtet sind<br />

Antisem,itismus und AntizionisTnus ideologiekrüisch nur zu brechen<br />

wul praktisch zu krüisieren, wenn der geseLLschaftliche Gehalt der<br />

antisem,itisch-antizionistischen Agitation nicht subjekl.ivistisch<br />

reduziert und durch die 'gute Absicht' entschuldigt oeLer relativiert<br />

wird. Nur Einzelpersonen gegenüber kann - privat - angenommen<br />

werden, daß nicht das ge,neintwurde, was zum Ausdruck kwn, mag<br />

es auch widerlich genug sein; dem Agitator dagegen muß, als<br />

öffentlicher Person, das Gesagte als wirklich Ge,neintes au! den<br />

Kopf zugesagt werden" (ISr, 39). Abgesehen davon, daß hi erbei<br />

Indiffe re nz zu und Ide ntität mit hegemoni alem Anti semit ismus<br />

unzulHssigerweise in e inen Topf geworfe n werden, bleibt die<br />

Frage, welche Im pli kationen das anscheine nd de rzeit in Freiburg<br />

tagende hohe Gericht des »Gemei nte n« mit di eser de n notwendigen<br />

Kampf gegen anti semitische Ste reotype n instrumentali siere nde<br />

n Verfahre nsweise selbst produzie rt. Di e ISF-Pos iti on nimmt<br />

bewußt in Kuuf, daß sie mit ihrer "offensiven Tabuisiewng von Kritik,<br />

der vollständigen Verselbsländigung des An.tisemitismus- Vorwurfs"<br />

(K INC/CÖRC/SCHA RPINC, 35) das Wort rede n. Ob damit dem<br />

Antisemitis mus tatsächli ch beizukommen ist, steht dann doch in<br />

Zweifel.<br />

Wir de nke n aber, daß es ihnen darum a uch gar ni cht gehl.<br />

Vielme hr steht bei ihnen d ie Pfl ege der eigenen Sache, nämlich<br />

des »negativen Nationalismus« im Mittelpunkt: Im Garten »Haute<br />

Culture« hegen sie das Pflänzchen »A ntinationaler Dis kurs«<br />

(s. lI.), der Hest wird als anti semitisches »U nkra ut « nach dem<br />

Motto »Besser zuviel als zu we nig( gerupft und sogleich ist eine<br />

- paradoxererweise typisch deutsche - Rei nstkultur angelegt. Ei ne<br />

Kritik an linker Indi fferenz und die hieraus mögliche ß eförderung


gesamtgescJlschaftJi che l' anti semiti scher Tendenzen ist nötiger<br />

denn je. Doch vc rfe hlt sie ihre Aufgabe, wenn sie in ihrer Konkretion<br />

leichtfertig pauschalisierend und damit gleichmachend analog<br />

dem ))Ti cket«-Denken in um kehrter Form der Linken<br />

ubergestülpt wi rd. Da "man durchaus eine afttizionistische Politik<br />

betreibe" (kann), die nicht mit der unter der bundesdeutschen Linken<br />

weit verbreiteten I.ie! em.otionellen Abwehr gegenüber dem IVo rt<br />

Zionismu.s behaftet ist" (POSTONE <strong>1992</strong>), bleibt, wie nun zu zeigen ist,<br />

von der zu En de gedachten puristischen Frciburger ISF-Position<br />

kuu m mehr übrig Il.ls das sum pfige Terrain fUr di e Zwischenlandung<br />

beim »negativcn Nationali smus«.<br />

Als Wu nderwaffe gcgen deutschen Antisemitismus und seine<br />

angebli ch antiimperiali stische Fraktion setzt die (SF auf eine pseudo-antinationale<br />

Politik, die sich gegen jegliche Form von staatli ­<br />

cher Vergesellschaftung richtet. Doch damit nähern sie sich den<br />

Positionen. die di e Existenz des Staates Israel gerade deswegen<br />

nicht anerkennen wo llen, wei l sie jegliches staatliches Existenzrecht<br />

als Zumutung begreifen. Das auch von ihnen in der jetzigen<br />

staatlichen und nationalen Verfaßtheit der Welt als unabdingbar<br />

angesehene Ex istenzrecht Israels zieht fUr die anderen Dimensionen<br />

ihrer »antinationalen« Kri ti k einige theoretische Probleme<br />

nach s ich. Denn wenn jegli che staatliche Form vo n Na tion<br />

grundsätzlich negativ stigmatisiert und jeder Staal als destruktiollswOrdig<br />

befunden wird, so gilt dies auch für Israel. Es entsteht<br />

somit die Gefahr der Indiffe renz den aus anti semitischen Motiven<br />

gespeisten Angriffen auf Israel gegenüber. Diese läßt sich nur aufheben,<br />

wenn entweder di e ri gorose Form der »ant i-nationalen Kritik<br />

« fallen gelassen, das heißt ei ne qualitative Nivellierung der Kriti<br />

k an Staat und Nation vorgenommen wird oder: Es muß die qualitati<br />

ve Verschiedenhei t des Staates Is rael aus derTheori e selbst hervorgehen.<br />

Letzteren Ansatz verfo lgen in einer stereotypen Form vor<br />

allem UR UHN und di e ISF: " <strong>Der</strong> Nationalstaat 'widerspricht der Idee<br />

der lreien A.ssoziation' (Kant) prinzipiell - aber nnter den Nat.ionalstaaten<br />

ist Israel der einzige nach Lage der Dinge und dem Zustand<br />

der Geschichte verniLnftige: ein Widerspruch. der ( .. .) 'ausgehalten'<br />

werden muß" (UIWHN 1991a, 135) . Die E inzigartigkeit der Verschiedenheit<br />

Israels von anderen Staaten defini eren sie Uber die historische<br />

Si ngularität von Auschwit z. In ei ner solch zugespitzen Form<br />

131


132<br />

erscheinen Auschwitz und Israel als die Kehrsei ten ein und derselben<br />

Medaille: Das Existenzrecht Israels wird fäl schlicherweise<br />

(s.o.) ausschl ießlich aus Auschwitz abgeleitet. In di eser Verkiirzung<br />

erscheint Israel als zu einem unfaßbaren Punkt oh ne innere<br />

Differenzierung auf der Landkarte der gesellschaftli chen Strukturen<br />

zusammengezogen. Israel als alleiniges Resultat von Auschwitz<br />

verliert seine inneren Widersprüche und kann infolgedessen aus<br />

der Ferne nur über eine Identifikation VOll Gesellschafl mit Staat<br />

begriffen werden. Insbesondere müssen "die Ju.den als ethnische<br />

und kulturelle Gemeinschaft mit einern Staatsapparat identifiziert<br />

(werden), der nichts weiter als die ju,risf,ische Form, der Herrschaft<br />

eines Teils der Gesellschaft über den anderen und gleichzeitig der<br />

Verteidigung von ganz bestimmten SonderinLeressen gegel/.liber<br />

anderen Sonderinteressen anderer Staaten" (CEOFFHO Y) ist. Aus der<br />

BHuuNsc hen Sichtweise zieht somit jede Kritik an der Polilik des<br />

Staates Jsrael gleichsam ei nen allumfassenden Angriff auf die jüdische<br />

Identität der israelischen Gesellschaft nach sich.<br />

Durch diese sterotype Verkilrzung des Zusammenhangs von<br />

Auschwitz und Israel ilber ihren Anti-Antizioni smus produzieren<br />

ßH UHN und di e ISF di e ihnen eigene Indifferenz gegenüber dem<br />

Philosemitismus. Sie redu7.ieren auf di ese Weise die Mögli chkeit<br />

einer Kritik an israelischer Politik auf ein " Dtirnonisieren" oder<br />

"Anhimmeln" (ßIlUHN 199 1a, 135) . Damit produzieren sie selbst die<br />

stereotypen d.ichotomen Raster, um sie später der Linken vorwerfen<br />

zu können: Philosernitismus oder Anti semitismu s. Und um<br />

gegell lelzteren anzugehen, bl eibt in der Freiburger }} Paralogik«<br />

auch ihnen selbst nur di e philosemitische Alternative. Während<br />

des Go lfkrieges brachten s ie es folgendermaßen auf den Punkt:<br />

" Die Interessen der USA und ihrer Verbündeten mögel1 daher so<br />

imperialistisch sein, wie sie es auf jeden Fall sind - solange ",nd<br />

insoweit diese Interessen die Verteidigung gegen Angriffe mit deutsehern<br />

Giftgas beileul.en, stehen sie außerhalb jeder Kritik ( .. .). Daß<br />

die Forderung nach Sicherheit /ar Israel w ut die nach sofortiger<br />

Beendigung des Krieges sich ausschließen, ist so skandalös wie<br />

wahr. Solang diese Alternative nicht alljhörl, ist es obzön, das Wort<br />

Frieden in den Mund zu nehmen" (cbd., 136) . We r derartigen zwa nghaft<br />

en Verkürzungen und stereotypen Verzerrungen widersprach,


136<br />

(latent en) Antisemiti smen wie der Philosemiti slllUs, beide jeweils<br />

auf ihre Art, darum bemüht, eille "Entsorgu,ng der Vergange1lheit"<br />

von de n Nazigre ueln vorzunehmen. Auch der Philosernitisl1lus<br />

beruht a uf dem Motiv eine r Rehabilitierung des de utschen Na tionalis<br />

mus. Er zielt auf ein politisches Klima, das d iesen neu und<br />

posi ti v rekonstruieren soll. Wie das restaurati ve Inte resse sowie die<br />

bundesdeutsche Wes tintegrati on wesentli che Antrieuslllomente des<br />

Philosemitismus s ind , zeigen zahlreiche historische Beispiele gerade<br />

a uch in Bezug auf dns bundesrepublikanisch-israelische Verlütltnis.<br />

Vor dem Hinte rgru nd de r »HaJlstein «-Doktrin (1955) ist<br />

daran zu erinnern , daß die diplomatische Anerkennung Israels seite<br />

ns de r ßundesrepublik durchaus keine SeJbslve rsHtndli chkeit<br />

war. Um eine inte rnatio nale Isoli erung der DDR zu e rreichen, sah<br />

di ese Doktrin vor, diplomatische Beziehungen mit denjenigen Staatcn<br />

(nußer dcr UdSSR) für den Fa ll abzu brechen, daß di ese die<br />

DDR anerkenne n sollte n. Als Nasser 1956 in di esem Zusamme nhang<br />

drohte, einen s ich anbahnenden Botscha fl e rausta usch zwische<br />

n de r Bundesre publik und Israel mit de r Anerkenllung der<br />

DDR zu beantworten, erteilte die ßundesre publik de r israe lische n<br />

Regierung kurzerhand eine »A bfuhr«. Hi ervon unbe rührt fand weiterhin<br />

eine waffenlechnologische Zusammenarbeit zwischen israel<br />

und der ßundesrepublik statt. Innen- und a ußenpolitisch dienten<br />

di e» Wi ede rgulmachungs«-Zahlungen an Israel stets auch der Entled<br />

igung einer mit Ko nseque nzen verbunde ne n » A ufarbei tu ng« de r<br />

nazi-deut sche n Ve rga ngenhe it , um , davon befrei t, das politische<br />

Proj ekt der Ad enauer-Restauralion voran treibe n zu könllen. Di e<br />

ni chtjOdi schen Opfe r (z.B. die Sinti und Roma) des Nazi- Faschismus<br />

kümpfe n demgegenü ber bis heute um ihre Re habilitati on. Insbesondere<br />

geri et über di e hauptsächli ch monetäre }>Entsorgung«<br />

der Nazivergangenheit die notwendige grundlegende Auseinandersetzu<br />

ng mit der Naziideologie ins I-lintertreffe n. So bli eben bei<br />

einem sich schleichend auf der Ebene der zwischenstaatliche n<br />

Beziehungen e ntwickelnden Phi losemiti slllus gleichzeit ig antisemitische<br />

und rassistische Fragmente konstitutiere nde Bestandteile<br />

der bunclesdeutschen politische n Kultur.<br />

Schritt fUr Schritt wurde di e Epoche de r Entkoloni alisierung<br />

im Nahe n Oste n wä hre nd des kalle n Krieges dem ste reotype n<br />

Muster des Ost-West-Konfliktes unterworfe n: » Freier Weste n«


ve rsus »Bedrohender Kommunismus«. [srael ge ri et zum Stell vertreter<br />

westlicher Interessen. Die arabische Welt erfuhr somit Israel<br />

als einen im Na hen Osten li egenden geostrategischen und<br />

kulturellen Vorposten des <strong>Westen</strong>s. War der Antikommunismus bis<br />

vo r weni ge n Jahren noch ein tragfähi ger, die Okzidentale Ideologie<br />

verhüllender Resonanzboden fü r Antiarabismen, so treten<br />

diese heute nach dem Ende des Ost-\Vest-Konflikts wieder augenscheinlicher<br />

und ve rschärfter zutage. Denn "der Nahost-Konflikt<br />

ist. nicht das Produkt des systembedingten Ost-West-Gegensatzes.<br />

(. .. ) Er ist zn einem. SYlltbol des okzidental-orientierten Ost- 1Vest­<br />

Gegensatzes, zn einern Symbol des Konflikts zwischen der westlichen<br />

nlld der islamischen Welt geworden" (MASSAHltAT 1991, 14). Diesen<br />

Zusammenhang hervorzuheben, entspricht auch den Interessen<br />

der herrschenden israelischen Politik. In offenster Weise demonstriert<br />

das der Leiter der Forschungsabteil ung des Diaspora­<br />

Museums in Tel Aviv, wenn er im allgemeinen »Kulturkrieg gegen<br />

die Araber« di e Bedeutung Israels »als Speerspitze des <strong>Westen</strong>s«<br />

betont. So sinnen di ese seit ihrer Vertreibung aus Europa durch<br />

Kreuzzüge und Inqui sition im 8. Jahrhundert nach Rache, lind<br />

dafür müsse der <strong>Westen</strong> endli ch die Augen öffn en (1.it. 11 . KOULE n, 16).<br />

Die Reichweite der Okzidentalen Ideologie steckt ein intellektueller<br />

Kopf wie J. AME ilY ab, dessen Befürchtung, die USA könnten<br />

sich einmal von Israel. abwenden, die Araber in einem Bild als<br />

menschenfressende Kannibalen konstruierte: "Wer garantiert, daß<br />

nicht einmal eine Regieru.ng der Vereinigten Staaten zum großen<br />

Versöhnungsjest den l uden dem Neger zum fraß hinwirft?"<br />

Bisher vermochte der alles überlagernde Ost-West-Konflikt<br />

diese der Okzidentalen Ideologie entspringenden Moti ve für di e<br />

Solidarität mit Israel in den Hintergrund drängen. Doch ganz ver·<br />

decken ließen sie sich nie. Die aggressive Politik Israels erweckte<br />

zu m Beispiel spätestens seit dem dritten Krieg von 1967 bundesdeutsche<br />

Sympathien, die sich vor allem in einer euphorischen<br />

Berichterstattung uber die militärischen Erfolge Israels in der bürgerli<br />

chen Presse äußerten: "Nicht die Erkenntnis der Menschlichkeit<br />

der i nden, sondern die Härte ihrer Kriegsjührnng, nicht die<br />

Anerkennung ihrer Rechte als Mitbürger, sondern die Anwendung<br />

von Napalm, nicht die Einsicht in die eigenen Verbrechen, sondern<br />

der israelische Blitzkrieg, die Solidarisierung mit der Brutalilttt,<br />

137


138<br />

der Vertreibung, der Eroberung, jührte zu fragwürdiger Versöhnung"<br />

(MEINHOF, 61).<br />

Die gemeinsamen Interessen Israels und der Bundesrepublik<br />

konnten nie darüber hinwegtäuschen, daß es hi erzulande weiterhin<br />

anti semiti sche Ressentiments und Ausschrei tungen gab, die immer<br />

dann auf der Tagesordnung standen, wenn es um » \Viedergutmachung«,<br />

die Verjährung von Naziverbrechen oder jüdische Kritik an<br />

nazistischen Kontinuitälen der Bundesrepublik ging (vgl. ELSÄSSEH<br />

1991a,28). <strong>Der</strong> Philosemitismus ve rnebelte allerdings die Antisemiti ­<br />

schen Tendenzen und legitimierte gleichzeitig über seine Instrumentalisierung<br />

der Nazivergangenheit anti arabische Segmente.<br />

Bundesrepublikani scher Philosemitismus heißt in der Mehrzahl<br />

der Fälle nicht direkte und solidarische Verbundenheit mit jüdischen<br />

Menschen in Israel, sondern ei n schilJ erndes Wechselspiel<br />

von Antiarabismen und Anlisemitismen. Je nach aktueller Interessenlage<br />

lag das argumentati ve Schwergewicht auf ersterem oder<br />

letzterem. Vor dem Hintergrund der Okzidentalen Ideologie<br />

erscheint im Mittleren Oslen momentan der Philosemitismus im<br />

Gewande des Anliarabismus, ohne daß hi erbei Anti semitismen<br />

ausgeschlossen werden können: "Wenn der Araber daher genügend<br />

RalUn jür die Aufmerksamkeit hergibt, geschieht es als negativer<br />

Wert. Er wird als derjenige gesehen. der die Existenz Israels oder des<br />

<strong>Westen</strong>s stört. oder in einer anderen Sichtweise desselben, als ein<br />

übel1vindbares Hindernisjür die Gründung Israels im Jahre 1948.<br />

Insofern diese Araber irgendeine Geschichte besitzen, ist. sie ein Teil<br />

der ihnen durch die orientalische Traditi.on wul spiiter zionist.ische<br />

Tradition gegebenen Geschichte. (. .. ) So wird der Araber heule als ein<br />

Schatten verstanden, der die Juden bedrängt. In diesem Schatten ­<br />

weil Araber und Juden orientalische Semiten sind - kann alles, was<br />

auch imm.er traditionelles, latentes Mißtrauen bei den Bewohnern<br />

des lflestens gegenüber dem Orientalen erregt, plaziert werden. Denn<br />

der Jude aus dem Europa vor der Nazizeit hat sich gespalten: was wir<br />

nun besitzen, ist ein jüdischer Held (.,,) und seinen schleichenden,<br />

mysteriös furchtsamen Schatten, den arabischen Orientalen. Von<br />

allen isoliert., außer von seiner Velgangenheit, die durch eine orientalische<br />

Polemik jür ihn geschaffen wurde, ist der Araber an sein<br />

Schicksal gebunden, das ihn fixiert und zu einer Reihe von Reaktionen<br />

verdammt, die periodisch durch das gezüclu.igt werden, /ar das


Barbara Tuchmann den theologischen Namen 'Israels fürchterlich<br />

schnelles Schwert ' gegeben hat" (5/\ 10 1981b, 321 f.). Für den bürge rlichhegemonialen<br />

Philoscmitismus bietct der •• Schatten des Orientalen«<br />

den negativen Wertmaßstab, mit Hilfe dessen er eine positive<br />

Ausstrahlung des »Philosemitismus« erschwindelt und Differenz<br />

zum An tisemitismus vorgi bt (vgl. a. ELSÄSSE H 1991n, 28) . In dem Maße,<br />

wie das bundesdeutsche Verhältni s zu Israel durch ein Wec hselspi<br />

el von Hassismen und An li sernitisrnen, wovon Philosemitismus<br />

ein möglicher Ausdruck ist, bestimmt wird, dient eine proklamierte<br />

Solidarität mit Israel ni cht jüdischen Menschen, sondern<br />

schreibt in Form und Inhalt letl tlich ihre Ausgrcnzu ng in der hiesigen<br />

Gesellschaft fes t.<br />

Analog zu den Indifferenzen gegenüber Antisemitismen innerhalb<br />

der radikalen Link en machte sich unter manchen seiner linken<br />

Kritiker eine Spielart vo n Philosemitismus als Pendant breit.<br />

<strong>Der</strong> Einbruch des Philosemitismus auf der einen und die wachsende<br />

Indifferenz gegenüber Antisemiti smen auf der anderen Se ite<br />

zeit igte fatale Konsequenze n. So wurde die stereotype proarabische<br />

Agitation VO ll Teilen der Linken seit den 70er Jahren von<br />

ei ner linken Kritik begleitet, die zwischen proisraeli schen und<br />

antiarabischen Facetten oszillierte. Aufgrund des verstärkt offenen<br />

Dissenses in den SOer l ahren und der Eskalation der israelischen<br />

Repression gegen die Palästinenser konnte di ese Kritik sich<br />

immer wen iger der gesamtgesell schaftlichen anti arabischen Ressentiments<br />

erwehren und erlag schli eßlich ihrer Indifferenz gegenüber<br />

dem burgerli chen Philosemitismus. Vermochte di e Linke sich<br />

bi s Ende der 60er l ahre noch wirksam vom Philosemitis mus der<br />

reaktionären po li ti schen Klassen in der Bundesrepublik abzugrenzen,<br />

so erga b sich im Laufe der Zeit und durch di e Wirkung von<br />

lndifferenzen gegenüber Antisemitismen in Fri edensbewegung,<br />

An tiimperiali smus und Antifaschismus eine zunehmende Vel'wischung<br />

der Unterschi ede zwischen »linker« und »rechter« Positionen<br />

im gesamten Feld des lsrael-Palästina-Konflikts.<br />

Philosemitismus diente in diesem Kontext im allgemeinen jedoch<br />

weniger einem »deutschen Interesse«, sondern vielmehr der<br />

Abgrenzung eigener Positionen in innerlinken Mach t- lind<br />

Schaukämpfen: "Daß das 'Existenzrecht Israels' mit dem Verdikt<br />

gegen jede kritische Differenzierung zum moralischen Falschgeld<br />

139


140<br />

im ideologischen Kampf umgemünzt wurde und schließlich alle diejenigen<br />

dem Antisemitismusverdacht anheimfielen, die sich dem<br />

nicht fügen wollten, bedeutete die schlichte Umkehr c1I."allzipatorischer<br />

Kritik. Diese SelbstzerstiJrung der Kritik war freilich schofl<br />

darin angelegt, daß AntisemitisfnlLs schon lUnger immer mehr zu<br />

eiTlem bloß noch ideologischen, von materialer Gesellschaftlichkeit,<br />

Herrschaft und Ausbeutung abgehobenen Begriff verdünnt wurde"<br />

(I-IIHSC H 1991b, 36).<br />

Die Indifferenz wie der Philosemiti smu s der Linken führte zu<br />

einem lähmenden gegenseitigen Schlagabtausch vo n Antisemiti smus-<br />

lind Phi losemiti smusvorwürfen und reali ter zu Positionen,<br />

di e beiderl ei Tendenzen beförderten, und die ni cht jene einer<br />

umfassend emanzipatorischen Bewegung sein können. Die bUIldesdeutsche<br />

Rezeption des Palästina-Isracl-Konflikts in den letzten<br />

zwei Jahrzehntcn macht deutlich, wie schwierig es für die<br />

Linke ist, in politischer Theorie und Praxis weder Indifferenz<br />

gegenüber einem nachfaschistischen Antisemitismus noch gegenüber<br />

herrschenden Rassismen zu produzieren. Die anlizionistisehen<br />

wie die antiarabistischen bzw. philosemitischen Linken<br />

nahmen und nehmen den Palästina-lsrael-Konnikt oftmals nur als<br />

Vorwand zur I"orcierung des jewe ils eigenen Steckenpferdes. Verstärkt<br />

wurde dieses Problem durch die auf »Ti cket«- Mentalität<br />

beru henden Grabenkämpfe innerhalb der Linken, d ie mitunter die<br />

ernste Thematik zu m eigenen »show-business-as-usual« instrumentali<br />

sierten. Darüber verlor linke Poli tik ihr Hauptanli egen, die<br />

Ve ränderung gesellschaftl icher Zustände, d ie Rassismen und<br />

Antisemitismen hervorbringen und befördern, weitgehend aus den<br />

Augen.<br />

Das sollte die günstigsten Voraussetzungen fUr den Erfolg des<br />

Kri egstreiberdis kurses abgeben :"In der problematischen Stellung<br />

vieler Deutscher, auch nicht weniger Linker, ZU.t1l real existierenden<br />

Staat Israel schlägt erstens der anau/gearbeitete Antisemitismus in<br />

einen Rassismus mit positivem Vorzeichen um, der nahezu jedes<br />

Menschenrechtsverbrechefl, wenn es nur israelisch ist, duldet,<br />

manchmal auch gutheißt. Zweitens klinkt sich ein komplemenULres<br />

NiclH-Anerkennen von Menschenwürde und Selbstbestünmungsrecht<br />

der Palästinenser ein in das antiarabische Segment des allgemeinen<br />

bundesdeutschen und westlichen Feindbildsyndroms, worin im


I Die falschen<br />

»Freunde<br />

142<br />

Israels«<br />

"Mir ging es jedoch darum., zu sa,gen, daß es Israel<br />

selbst ist, das ohne Not den /laß des ganzen arabischen<br />

Volkes provoziert, darum. nie Frieclenfindet,<br />

l"'tel eines Tages, wenn es diesen Kurs beibehält, luuergehen wird.<br />

Das ist sclunerzlich. Darum. hasse ich alle die vermeintlichen Freunde<br />

Israels, 'welche die Vernichtung näherbringen" (J. SUI-IL <strong>1992</strong>b,21).<br />

Das Wesentliche zum Israel-Palästi na-Konflikt war in all en politischen<br />

Bereichen der Linken schon Ende der 80er Jahre gesagt,<br />

die Stellungen bezogen, die eigen tli chen Ziele der Linken dabei<br />

all erdings vielerorts außer Sicht geraten. Mit dem Beginn des<br />

zweiten Golfkriegs wurde der festgefahren e Dissens in zeitgeraff­<br />

M<br />

ter Form und in seinen verschiedensten Facetlen im Kriegstreiber<br />

di skurs noch einmal goutiert. Di e gängige politische Praxis wußte<br />

einem Härtetest wie dem Golfk rieg allerd ings nichts entgegenzusetzen.<br />

Dadurch gelang es dem Kriegstreiberdiskurs, nicht nur den<br />

M moralischen Impetus ei ner in der I"riedens und AnLikriegsbewegung<br />

verbreiteten antifaschistischen Grundhaltung gegen diese<br />

selbst zu richten, sondern er bewirkte auch noch die vollständige<br />

Lahml egung der kritisch-oppositionell en Kräfte der bundesdeulsehen<br />

Gesellschaft. Hierzu bediente er sich der in einige n Städten<br />

geb ildeten Kreise der »Freunde Israels« . Di ese wiesen ZUIll einen<br />

auf die Ungeheuerlichkeit bundesdeutscher Ri.lstungsex porle hin,<br />

zum anderen aber selzten sie die heutige Situation lsraels mit der<br />

Bedrohung durch die Nazis gleich und bezichtigten a ll jene des<br />

M<br />

Anti semiti smus, di e nicht in die Marschmus ik des Krieges eill<br />

sti mmen wollten. Hier schaffte der Kri egstreiberdiskurs den<br />

Durchbruch. Er vermochte di e »Historische Verantwortung« zur<br />

Rechtfertigung der Bombardierung des Irak biw. zur Niederschlagung<br />

der palästinensischen Intifada zu instl'umenLalisieren. Die<br />

Opfer können das selbst nicht mehl' zurückweisen: "Meine Mutter<br />

ist nicht ins Gas von Allschwitz-Birkerutlt gegangen. damit ein. Scha.mir<br />

hellte seine Rechtspolitik mit ihrem Tode rechtfertigen kann. Meine<br />

Großmutter hat mit über 70 Jahren nicht ihren Koffer gepackt, um<br />

nach 71l.eresienstadt zufahren und nicht wiederzukommen, damit sie<br />

heute 'verwertet' werden kann/lir die Kumpanei deutscher imperialistischer<br />

Politiker mit der aggressiven Politik Israels. Meine Tante


Institutionen antisemitische Auswüchse in der ßundesrepublik kriti<br />

sieren. Neu daran wa r der GleichschriLt von bisher kritischen<br />

Intellektuellen, Wissenschaftlern und den deutschnationalen Protagoni<br />

sten des Rassismus.<br />

In diesem konkreten Fall finden sich vo r dem Hintergrund der<br />

ausgeprägten Okzidentalen Ideologie selbst in der Empörung über<br />

»deutsches Giftgas« Spuren jenes· Rassismus, den der Einsatz von<br />

Giftgas in Auschwitz mit zur Voraussetzung hatte. Ri chti g ist:<br />

»<strong>Der</strong> Tod ist ein Meister aus Deutschland «, und di e Meisterdenker,<br />

Meisterphysiker gehören mit zu dieser deutschen Misere, die<br />

sich aber offensichtlich ni cht nur auf die Krämerseelen der Meisterexporteure<br />

reduzieren läßt. Ungeheuerlich ist es jedoch, so zu<br />

tun, als ob nur Giftgas, das Israelis bedroht, verbrecherisch sei.<br />

<strong>Der</strong> Rassismus unserer »Freunde Israels« besteht darin, daß der<br />

Giftgaseinsatz gegen Iraner und Kurden seitens des Irak sowie<br />

auch seine Billigung gegenüber der irakischen Zivilbevölkerung<br />

bei der Zerstörung entsprechender Produktionsstätten durch alliierte<br />

Bomber im Golfkrieg kein Thema war. Tn ei ner solchen Frage<br />

kann sich ni emand auf ei ne besondere »Historische Verantwortung«<br />

hinausreden. In einer irn ... itzigen Simplizität wurde von den<br />

»Freunden Israels« eingefordert, für die gar ni cht gefährdete Existenz<br />

Is raels unter der Prämisse des Massakers an den Irakis einzutreten.<br />

Die dahinter steckende Logik der \Vahl zwischen zwei<br />

I)Ü beln « bringt ABENDT auf den Punkt: " Wenn man mit zwei Obeln<br />

konfrontiert wurde, so lautete das Argument. dann sei man verpflichtet,<br />

das kleinere von beiden zu wählen, wohingegen es unverantwortlich<br />

sei, die Wahl rundweg abzulehnen. ( ... ) Politisch<br />

betrachtet bestand die Schwäche des ( .. .) Arguments schon immer<br />

darin, daß diejenigen, die das 'kleinere Obel' wählen, rasch vergessen,<br />

daß sie sichfil,r ein Übel entscheiden" (ARENDT 1964.26 f.).<br />

Das dem Lamento fo lgende jetzige Schweigen der »Freunde<br />

Israels« in Bezug auf di e Auswirkungen des Golfkrieges ist eine<br />

Bestätigung für ihr Vergessen. Unter Beobachtung des »<strong>freie</strong>n<br />

<strong>Westen</strong>s« und mit tatkräftiger Hilfe der turkischen Regierung ging<br />

und geht die Halz gegen Kurden weiter und hat im März <strong>1992</strong> mit<br />

bürgerkriegsähnlichen Zuständen und dem Einsatz von Waffen aus<br />

dem bundesdeutschen Ausverkauf ehemaliger NVA-Arsenale<br />

einen weiteren Höhepunkt gefunden. Di e politische Praxis zeigt<br />

145


146<br />

auf, in welcher Weise die von Bundeswirt sc haftsminister MöllelIlann<br />

angestrengten Modifikationen in Sachen RUstungsexport zu<br />

verstehen sind. Seit dem Ende des Golfkri eges ist aus den angekilndigten<br />

einschränkenden Geselzen gegen den »illegalen« Rüstungsexport<br />

noch immer nichts geworden (ElS ÄSS ER 1991 b, 10).<br />

Mittlerweile hat das Verteidigungsministerium Einsicht und<br />

zieht »legal« als »Händler des Todes« nach, um Zeugnis abzulegen,<br />

"wie die Kritik an den vergangenen l'laffenexporlen in den Irak<br />

instrumentalisiert worden ist/fir die Legitimierung der Reorganisation<br />

deutscher WafJenexporte in die Türkei, nach Israel usf"<br />

( I'HIELEN <strong>1992</strong>u, 13) . <strong>Der</strong> Nahe Osten ist im letzten Jahrzehnt zum<br />

Eldorado der Waffenexporteure geword en, an dem wi e zuvor alle<br />

verdienen wollen: "Sieben Jahre lang schürten alle miteinander<br />

das Kriegsfeuer. 53 Länder aus Ost und West schickten Waffen in<br />

das Kriegsgebiet, darunter 28 Länder gleichzeitig an beide Kriegsgegner.<br />

950 Milliarden Mark, die Sachschaden nicht mitgerechnet,<br />

mußten fran er und Irakis ausgeben, damit ihre Länder mit modernen<br />

Waffen in Schutt und Asche gelegt werden. (. .. ) Sieben Jahre<br />

lang wurde aber diesen Krieg nicht geschrieben, kaum jemand redete<br />

aber die Millionen Toten, Verletzten. VerstiLmmelten, Vertriebenen.<br />

Solange der Krieg sich im Zaum halten ließ. den Transport von<br />

Waren, Waffen und Öl nichts beeinträchtigte. schienen allen AlIßenstehenden<br />

die Folgen des Krieges ltnerheblich. Erst als der Krieg<br />

sich auf den Golf ausbreitete, wurde zum. Frieden geladen" (N IIW­<br />

MAND). <strong>Der</strong> Frieden des ersten Golfkrieges zwischen Iran und lrak<br />

erscheint im Nachhinein nur wie eine Pause vor dem zweiten<br />

»chirurgisch sauberen« und mit ca. 50 Milliarden relativ »billigen«<br />

Waffengang des »Freien <strong>Westen</strong>s« , in dessen Augen mit den<br />

Völkerrechtsverletzungen des Irak und der Besetzung Kuwaits das<br />

»Zaumzeug « nunmehr gerissen schien. Die Produzenten der vorgefUhrten<br />

Waffensysteme haben Hochkonjunktur. In di eser Hinsicht<br />

hat sich im Nahen Osten nicht viel geändert, außer den<br />

Adressaten der \Vaffenlieferungen. <strong>Der</strong> Jahresberi cht "The Military<br />

Balance 1991-<strong>1992</strong>" des International Institute for Strategie<br />

Studies (IISS) belegt das (DAMJA NDV). Gegen wen sich dieses Verni<br />

chtungspotential in Zukunft richten wird, steht noch offen,<br />

Obwohl derartige Waffendeals offensichtlich zu den exogenen<br />

Parametern der Konfliktregion Miu.lerer Ostcn zu rechnen sind,


schweigen hi erzu unsere »Freunde Israels« nach wie vor hartnäcki<br />

g. Vermutlich sind sie mittl erweile selbst davon überzeugt,<br />

daß sie arbeitsteilig ihren Part zur Zufriedenh eit aller erfüllt<br />

haben.<br />

Ziehen wir die Bil anz dessen, was der Kriegstreiberdisku rs als<br />

die »Historische Verantwo rtung der Deutschen« ausgegeben hat,<br />

so degenerierte dari n di e Solidarität mit Israel zu einem<br />

Ablaßhandel. Es ist mehr als fraglich, ob das, was hier als ve rantwortliches<br />

Handeln propagiert wurde, tätsächli ch das Ergebnis<br />

eines Lernprozesses aus der deutschen Geschichte war. Vor dem<br />

Hintergrund anhaltender bundesdeutscher Ressentiments gegen<br />

Sinti und Roma, die bisher keine )) Wiedergutmachung« für di e<br />

Ausrottung von drei Vierteln ihrer Population während des Nazi­<br />

Faschismus erhielten oder den fo rtgesetzten Versuchen, die deutsche<br />

Geschi chte von der Nazizeit zu »ent sorgen«, verstärkt sich<br />

die Befürchtung, daß es sich bei der bundesdeutschen Solidarität<br />

mit [srael gar nicht um eine Konsequenz aus Au schwitz handelte.<br />

Am Ende stellt sich vielleicht heraus, daß diese Solidarität mit<br />

Israel auch ni chts anderes war als das Ergebnis des anhaltenden<br />

Rassismus dieser Gesellschaft, den auch Auschwitz als eine Voraussetzung<br />

hatte. Das Mitgefühl für bedrohte Israelis galt nicht<br />

vo rrangig den entkommenen potentiellen Naziopfern , sondern war<br />

Ausdruck des Entsetzens .darübe r, daß Menschen »dritter Klasse«<br />

Menschen »erster Klasse« - und damit auch sie selbst - angreifen<br />

können. Die real zu Zehntausenden abgeschlachteten Irakis hingegen<br />

wußten kein vergleichbares MitgefUhl zu erwecken und<br />

interessierten nicht.<br />

147


I Dle )Historische<br />

Verantwortung«( Was heißt also heute »Historische Verantworund<br />

die Linken tung der Deutschen «? FUr die Linke gilt vorrangig,<br />

"Denken und Handeln so einzurichten,<br />

daß Auschwitz nicht siclt wiederhole, nichts Ähnliches geschehe"<br />

(ADORNO 1982,358), also Verhältnisse zu schaffen, die Rassismus und<br />

insbesondere Antisemitismus, Nationalismus und Faschismus ein<br />

fUr a llemal den Boden entziehen. Di e » Histori sche Verantwortung«<br />

bedeutet für ein linkes politisches Projekt zun Hchst einmal, hierwlande<br />

wirklich demokratische und gerechte (und damit die Voraussetzungen<br />

fUr entsprechende Strukturen auch im Trikont) menschenwürdige<br />

Verhältnisse zu schaffen. Denn an Auschwi tz wird<br />

bundesdeutsche Politik - auch die der Linken - noch jahrzehntelang<br />

gemessen werden. Die Erinnerung an Auschwill muß Ausgangspunkt<br />

und konstitutiver Bestandteil einer jeden emanzipatorischen<br />

und demokratischen politischen Praxis in di esem Land<br />

sein . Da aber Auschwilz erst vor dem Hintergrund eines Krieges<br />

möglich gewesen ist, gehört es, solange hierzulande die Staatsform<br />

bürgerl ich-kapitalistisch verfaßt ist, zur ersten Aufgabe, dieses<br />

Land strukturell kriegsunfähigzu machen. »Historische Verantwortung«<br />

bedeut.et demnach fUr die Linke, vor allem sicherzustellen,<br />

daß nie wieder Kri eg von deutschem Boden ausgehen kanll, also<br />

ga nz praktisch eine Politik durchzusetzen, die Riistungsproduktion<br />

und Rüstungsexport unmöglich macht. Das heißt, vor Ort alle Anstrengungen<br />

zu unternehmen, daß ni chts blei bt wie es ist.<br />

GegenUber den Juden und hins ichtlich des Verhältnisses zwischen<br />

der Bundesrepublik und Israel ist hierzulande auf der Eins<br />

icht zu bestehen: "Wenn eine Person einer anderen ein Unrecht<br />

zu.gefagt hat, muß sie wissen. daß sie in Znkwift mit Ratschliigen<br />

vorsichtig sein Inuß. fliiu[ig erteilt sie dcum am besten gar keine"<br />

(J'UCENOHAT). Aber die uneingeschränkte Solidarität mit Israel als<br />

PrUfstein für existenten oder nicht-existenten Antisemitismus zu<br />

nehmen, halten wir hingegen fUr außerordenllich fragwürdig: ,,Auf<br />

der anderen Seite kann jedoch die zweite person auch nicht von der<br />

ersten verlangen. daß sie nun alles tu,n solle, was sie, die zweite,<br />

wolle. Allemal- und das scheint mir das wichtigste zu sein - muß<br />

die erste Person in Ton und Form behutsam, sein; einfach insofern,<br />

als deutlich werden muß. daß sie sich uber ihre Schuld nicht hinwegsetzt"<br />

(elld.). Ob jemand (latent) antisemitisch ist, zeigt sich<br />

148


IV.<br />

Geschichtsrevision<br />

und Mitten in di e Nachwehen der deutschen Verei ni ­<br />

Negativer gung und der damit anstehe nde n Diskussion<br />

Nationalismus über die Frage eines »neu erfunde ne n Nationalgefühls«<br />

platzte der zwe ite Golfkrieg, ohne daß<br />

die Linke in de r erweite rten Bundesrepublik die Zeit gefunde n<br />

hätte, sich nunmehr ihrer Rolle als "Opposition in einer Großmacht"<br />

(POSTO NF.:) bewußt zu we rd en. <strong>Der</strong> "Goljkrieg (stellte) eine<br />

eminente l1eransforderung an die politische Urteilskraft der Linken"<br />

(HEEMTSI\IA 1991) dar, der sie nicht gerecht wurde. Die veränderten<br />

Bedingungen nach dem Zusammenbruch der DDR hätten eigentli<br />

ch eine li efergehende Auseinandersetzung mit den neuen gesellschaftl<br />

iche n Realitäten bedurft. Die Linke kam j edoch übe r<br />

Negativen Nationalismus und »Wiedervereinigungs«-H u1'l'ageschrei<br />

(.,letzt wichst zusammen .,. H) nicht hinaus. Die Reaktione n<br />

der »Belii zisten« auf die Drohungen Saddams, Giftgas gegen Israel<br />

ein zusetzen, spi egeILen di esen Mangel refl exarti g lind oftmals<br />

völlig abwegig (s.o.) artikuliert wider. Letztendlich lassen sie sich<br />

nur nachvollziehen, we nn berücksichti gt wird, daß "der zweite<br />

Golfkrieg mit diesem Ereignis (der deutsch-deutschen Vereinigung,<br />

d. v. ) verbundene Gefithle symbolisch theTnatisiert und die Träger<br />

dieser Gefühle dazu gebracht (hat), sie auf bizarre Weise auszuagieren"<br />

(ehJ.).<br />

Bei der Gleichsetzu ng »Saddam = Hitler« im Gefolge der Okzidentalen<br />

Ideologie sowie der lnstrllmenlalisierung der »Histori ­<br />

sehen Verantwortung der Deutschen « auf Seiten des Kriegstreiberdiskurses<br />

ging es nie um im wissenschaftlichen Sinne hi storisch<br />

»ric htige« Analogieschl üsse. Di eselbe n waren vielmehr immer als<br />

Kampfhegriffe zur »Gleichschaltung« der öffentlichen Meinung<br />

gedacht. Ih re Hauptaufg.be bestand darin , di e Gegner des Krieges<br />

mittels einer Argllmentationsfigur aus ihrem ureigenen Feld, dem<br />

Antifaschismus, mundtot zu machen und zugleich den Ausstieg aus<br />

der eigenen, linken Geschichte ideologisch abzusichern : " In diesem<br />

realen Zusammenhang sind die verblendeten VOIWül!e 'linker<br />

Anti-Amerikanismus' und 'linker Antisemitismus'für einige ehemals<br />

Linke die Hundemarken, womit sie andere zu stigmatisieren trachten,<br />

umflir ihre Integration in die psychologische Kriegsführung der<br />

kapitalistischen Verwertungsgemeins chaft den Anspruch der Aufkliirung<br />

zu erschleichen und den guten Namen Kritik zerstörerisch zu<br />

152


m.ißbrauchen" (J'HIELEN <strong>1992</strong>u, 39 r.). Sie formuli erten im Zusammenhang<br />

mit der »Histori schen Verantwortung« ein e neue Sozialfascbismus-ldeologie<br />

64 gegenüber Pazifisten und Antiimperiali sten,<br />

di e die Spaltung und Auflösung der Linken weiter vorantrieb.<br />

Für den Erfolg des von Linken dominierten Kriegstreiberdiskurses<br />

spielte eine wesentliche Rolle, daß die mit ibm verbundene<br />

Propaganda ni cht mehr nur von der üblichen Sorte<br />

war. Seine Protagonisten bezogen sich nun auch auf die<br />

linke widerständige Arguillentationstradition, wie den<br />

antifaschistischen Diskurs der 60er und 70er Jahre.<br />

64<br />

Ihre historische Version be­<br />

inhaltet die verhängnisvolle<br />

Behauptung und Praxis der<br />

stalinisierten Weimarer KPD,<br />

daß die Sozialdemokratie als<br />

Dadurch gelang es, Verwi rrung zu stiften: "Ihre sUirkste Hauptfeind noch vor den<br />

Nazis zu bek.'lmpfen sei.<br />

Wirkung entfalteten sie da, wo sie erst links antäuschten,<br />

um dann ganz rechts einzuspuren ". Wir erlebten eine linke<br />

Geschichtsrevision, der wir zum Zeitpunkt des Krieges wenig Substantielles<br />

und .,noch seltener inhaltlich-offensiv etwas entgegensetzen<br />

konnten" (L.u.r.u.s. 1991b, 32). Mitunter muß selbstkritisch<br />

eingeräumt werden, daß das auch eine Folge der ./ehlende(n) Auseinandersetzung<br />

mit den Gefahren des gewöhnlichen Anti-lmperialis11ws,<br />

nämlich dem Hang zu verschwörungstheoretischen und<br />

vereinfachten ökonomistischen Argwnentationen" wal' (KIND, 30), die<br />

dazu .fü hrlen, daß einige Parolen der AnLikriegsbewegung sich<br />

-scheinbar kaum mehl' von denen der Neonazis unterschieden,<br />

obwohl sie etwas grundsätzli ch anderes meinten.<br />

Verwirrung stifteten auch jene Kri egsbefürworler, die aus einer<br />

angeblich radikalen »N ie-wieder-Deutschland«-Position heraus<br />

nun jedes Agieren und Reagieren der vergrößerten Bundesrepublik<br />

(ihrer Regierung wie ihrer Staatsangehörigen) als Ausreißversuch<br />

der wiedererstarkten Großmacht interpreti erten und dabei<br />

ein Opfer ihres "Negativen Nationalismus" (Geprge Orwell: Notes<br />

on Nationalism, 1945) wurden_ Denn die Behauptung GREM LIZAS, daß<br />

"das neue deutsche Reich" sich durch seine angebliche Nicht­<br />

Beteiligung am Golfkrieg "zum, ersten Mal offen als Konkurrent"<br />

(STREITGESPRÄC H, II u. 15) der USA profiliere, ist dann doch ei n etwas<br />

zu weit gehender Unfug. Er verkehrte diese aus der Weltmarktkonkurrenz<br />

resultierende unterschwellige Tendenz und Absicht zur<br />

Rea"litäl. Kurzerhand erklärte er di e Bundesl'epublik zur Kriegspartei<br />

an der Seite des Irak: "Und so habe ich in der dentschen<br />

Friedensbewegung nicht primär eine Bewegung erkannt, die den<br />

153


154<br />

Krieg am. Golf be- oder verhindern wollte, sondern eine deutschnati01w,le<br />

Bewegung, die im Einklang mil den politisch und gesellschaftlich<br />

Herrschenden den Golfkrieg da,zu, nutzen wollte, dem.<br />

neuen Deu'/'schlarul größeren außenpolitischen Spielraum. zu ver·<br />

schaffen" (C BF:MLlZA 199 Ic.31). Oder ähnli ch: " In seltener EinmiUig·<br />

keil. gleichsam konverg ierend, wirkten Regierung, Opposition und<br />

Friedensbewegung zusammen" (DINER 199 1a, 143). Mag das für grüne<br />

»Vol'denker« wie Vdo Knapp (taz, 11 .8. 1990) und B. ULfH CH auch<br />

zutreffen, so ist derlei für di e Antikriegsbewegung insgesamt<br />

schlichtweg Unsinn. Außerdem: im Seplember 1990 wo ll te GBEM ­<br />

LI %J\ noch "keine GründeJür·eine US-(Unerikanische Iltlervention"<br />

erkennen, die "gleichzeitigJür eine deutsche Beteilignng sprlichen"<br />

(1990u), und auch noch im Januar 1991 haUe der »Konkret«- I-Ierausgeber<br />

angemerkt, er könne den Krieg der USA nicht unterstützen,<br />

da " die P"rtei ( .. .) des George Bush ( .. .) ebell auch HelnULl<br />

Kohls Partei und also die großdeutsche" sei (C RE!'tILlZA 199 111). Auch<br />

Staatsphi losoph DINE" (1991b. 60) verkündete, daß "der Krieg am Golf<br />

auch ein deutscher Krieg war".<br />

Aber di e anfängliche Zurückha ltung der Medien läßt sich<br />

nicht dahingehend umbi egen, daß von seilen der Regierung regelrecht<br />

"Stimmung gegen diesen Krieg und gegen eine deutsche<br />

Kriegsbeteiligungl< gemacht worden sei (G HE!'tILlZA, STIl EITGESPHÄCH).<br />

Di e ßundesrepublik selbst hielt sich zwar mili tü risch weitgehend<br />

bedeckt. Statt dessen dominierte aber di e Mobilmachung für den<br />

Kri eg in den Köpfen. <strong>Der</strong> Kri egstreiberdis kurs macht als Probelauf<br />

der Okzidentalen ldeogogie gegen di e künftigen " Feinde des<br />

Menschengeschlechts" (ENZENSDE RCEB) am meisten Sinn: " <strong>Der</strong> Golf·<br />

krieg kann. vielleicht als erstes Anzeichen dessen begriJJelL werdelt,<br />

daß uns diese Außenseiter /lUft in gewissem Sinne zu belagern beginnen"<br />

(ENZENSßEIlCEH 199I b). Die Attacken gegen die Friedensbewe·<br />

gung und ihren oftm als hilflosen Pazifismus wollten di esmal noch<br />

ni cht eine direkte deutsche militärische Beteiligung erreichen, sie<br />

beschränkten sich auf das Erreichen einer I-Iegemon iefähigkeil<br />

von Militarismus und Kri egsgeschrei in der (ve l'}öffen tlich(t}en<br />

Meinung: "Und diesmal stehen die Deutschen auf der richtigen<br />

Seite, dür/en aber nicht richtig mitmachen, weil sie ja noch eine alte<br />

Schuld haben. Daraus konstituieren die Medien einen herzzerreißenden<br />

Widerspruch, Israel schützen zu wollen, aber nicht zu dürfen.


Dabei geht es am allerwenigsten wn Israel, sondern um die Rolle<br />

der BRD als Großmacht, die endlich international militärisch eingreifen<br />

k6nnen will. Diese Mobilmachung muß zwangsläufig eine<br />

Voraussetzung er fallen: sie muß sich der deutschen Geschichte entledigen,<br />

und aller Konsequenzen, die daraus hätten gezogen werden<br />

müssen U (AUSCHWITZ.KOMITEE).<br />

Im übri gen stimmt es einfach ni cht, daß »Deutschland « keine<br />

»Kriegspartei« an der Seite der Alliierten gewesen ist. fm Golfkrieg<br />

wa r die Bundesrepublik die wichtigste logistische Basis für die US­<br />

Anny. Ein ßlick aur die Leitartikel und Kommentare eine Woche<br />

nach Kriegs beginn belehrt zudem schnell eines Besseren. ]m übrigen<br />

dankte Anfang Juni 1991 in Erlangen der US-Vizeprüsident<br />

Dan Quayle der Bundesregierung und der deutschen Bevölkerung<br />

für ihre Unterstützung im Golfkrieg. Es ist zwar richtig, daß die<br />

Bundesregierung die USA nicht drängte, diesen Kri eg zu beginnen<br />

und es soll auch ga r nicht in Abrede gestellt werden, daß die herrschenden<br />

Klassen der ßunclesrepublik während des Krieges eigene<br />

Ziele verfolgten, doch läßt sich daraus noch lange kein<br />

"Abschied vom <strong>Westen</strong>" (D1NER, I99lb.54) konstruieren. Denn trotz der<br />

widersprüchlichen »Nah-Ost«-Interessen zwischen der imperialisti<br />

schen Zent ren (EC, Japan und USA) kann nach wie vor ein ideelles<br />

imperiali stisches Gesamtinteresse (FOLßEIlTli 1991) dieser Länder<br />

zugrunde gelegt werden: "Es gibt keinen Krieg nach dem, Zweiten<br />

Weltkrieg, der so übereinstimmend von Europa und den USA gemeinsam<br />

vorbereitet und durchgeführt wurde und wird wie dieser Krieg<br />

der Ersten Welt gegen den Rest der Welt. Es gibt keinen Krieg seit<br />

1945, der so deutlich und offen zeigt, wie nahtlos die HerrschaJtsinteressen<br />

Europas und der USA (und Jap


6S<br />

Vgl. den ßeitrag von THIELEN<br />

(<strong>1992</strong>c) sowie die kritischen<br />

Reaktionen von KtND und<br />

BERGMANN (<strong>1992</strong>) auf ROTH<br />

und seinen Versuch. den<br />

Go1!lmeg mit Hilfe eines<br />

tradtioneUen Begriffs von<br />

Imperialismus zu erklären.<br />

156<br />

pllischen Willens gebmucht'" sieht. Die Bereitschaft , Kri eg zu fuhren,<br />

ist demzufolge nicht hauptsächlich in den besonderen ökonomischen<br />

interessen der USA zu suchen, sondern liegt eher im europäischen<br />

Slabililälskalkül in der Golfregion begründet. Gemäß dieser<br />

Sichtweise wurde der Krieg vo n den USA in der .. Hoffnung auf<br />

ZngesUiTlllnisse" seitens Europas und Japans betrieben (KIND, 33). 65<br />

Es sei an di eser Stelle nochmals hetont. daß auch die<br />

De nkfa ulheit de r Linken (» Ti c ke t«- De nkc n) und e in<br />

allzu platter Antiimperialismus es dem Kriegstreiberdi<br />

skurs sehr ei nfach machte, hegemonial zu werden. In<br />

diesem Zusammenhang wären einige Defizite lin ksradikaler<br />

SolidarilüLs- und UnterstUl zungsarbcit zu ne nne n,<br />

wie es nun auch seitens der REVOLUTIONt\HEN ZE LLEN oder<br />

bei nOSl-:NKOn ER u.a. geschieht. Welche Konsequenzen daraus für<br />

ein anti imperiali sti sches und weltrevolutionäres Projekt zu ziehen<br />

wären, kann hi er nicht weiter ausgefUhrt werden.<br />

In die Nähe von politischem Aberglauben geraten aber di e aus<br />

einem Negative n Nationalis mus gespeisten anhaltenden Versuche,<br />

die Gefährl ichkeit des "Neuen Deutschlands« aus seiner Nichtteilnahme<br />

am Golfkrieg ableiten zu wollen. Es war viell eicht der<br />

einzige Erfolg der Antikriegsbewegung, diesmal eine direkte<br />

militärische Beteiligung noch verhindert zu haben. Nicht so der<br />

»Atl antiker« U1 NEH (199I b, 39), ein Verfec hte !' der These vo m »Sonde<br />

l'weg« der politischen Kultur der Deutschen oder der »unbelehrbare«<br />

CBEMLIZA: Beide zeigen s ich zwar von der anh all enden<br />

Gefährlichkeit eines deutschen Militari smu s überzeugt, doch<br />

erscheint ihnen paradoxcrweise das Bestreben, die Fesseln der<br />

noch beschränkten bundesdeutschen militärischen SouverUni tät<br />

abzul egen, weniger bekämpfenswe l'L. Eher im Gegenteil. Sie fordern<br />

ausdrückli ch bis implizit ei ne aktive Mitwirku ng der Bundeswehr<br />

an Kriegshandlungen wie jenen am Golf. DI NER, auf dem<br />

Sprung vo rn Staatsphilosph zum Staatsrath: " Eher ist zu. befürchten,<br />

daß durch/ongesetzte Distanzierungen vom <strong>Westen</strong> und Absagen an<br />

ein rnultinationales Vorgehen bei etwaigen Konflikten ein Weg eingeschlagen<br />

werden könnte, der nolens volens zu eigenständigem<br />

politischen Handelnfahrt. Paradox genug, aber derartige Abstinenzen<br />

dürften in/erner Zukunft in eine hegemoniale Rolle Deutsch-


im Golfkrieg erstmals als militärischer Faktor im imperialistisch<br />

en Machtgefü ge anzudienen. Insbesondere Israel und di e<br />

»Historische Verantwortung« geri eten dabei zum "innenpolitisch<br />

und außenpolitisch einsetzbaren Joker im deutschen Spiel um. die<br />

lVeltrnachtrolle" ( roLM EIN, 21). Folglich ist alles zu tun, um den herrschend<br />

en Klassen in der Bundesrepublik jegliches militärisches<br />

Agieren zukünfti g strukturell zu verunmöglichen.<br />

Unabhängig davon steht eine national-traditionelle Mitteleuropaslrategie<br />

der Bundesrepublik, also ein Imperiali smus au f eigene<br />

Faust, ni cht auf der Tagesordnung. Die Bundesrepublik ist nämli<br />

ch all ein auch ni cht in der Lage, die politischen und sozialen<br />

Konsequenzen der kapitalisti schen Durchdringung Osteuropas<br />

ohne Partner zu bewältigen. Di e Gefährdung der gesamten Reproduktion<br />

der Hegemonialstruktur - Japan, USA, Europa und insbesondere<br />

der BRD (vor dem Hintergrund drohender ökonomischer<br />

Zusammenbrüche eines der kapitalisti schen Zentren oder des<br />

Alleinganges eines derselben) - beschränkt derzeit die Handlungsfähigkeit<br />

eines auf di e Integrat ion in di e WEU oder in die<br />

NATO verzichtenden deu tschen Militarismus (FAN IZADE HILEPPEB.36).<br />

Wenn dem so ist, dann ist das Starren auf das ange blich drohende<br />

» [Y. Re ich « völlig daneben und di e Forderung nach militärischer<br />

Einbindung dysfunktional, da es der eigentl ich Einha lt zu ge bi etenden<br />

Entwicklu ng Vorschub leistet. Im übrigen sollte noch ein<br />

Bli ck auf di e Erscheinungsform des gegenwärtig hegemoni alen<br />

deut schen Na ti onalismus geworfen werden, da di e internationalen<br />

Verfl echtungen zugleich veränderte Au sgangsbedingunge n für<br />

nationalstaatliches Handeln auch in der Bundesrepublik bedinge<br />

n.<br />

Unsere Problemati sierung des Negati ve n Nationalismus bedeut<br />

et keineswegs die Apologie von »nationaler Identität« (vgl.<br />

ROMMELSPACHEIl, 103 ff.), sondern weist darauf hin, daß di e antideutsche<br />

Weltanschauung (die moralisch verdienstvoll sein mag)<br />

die gesellschaftliche und politische Wirklichkeit in der Bundesrepublik<br />

nur mehr unzureichend kritisiert und zu falschen Schlüssen<br />

verfü hrt: Es "hilft au.ch nichts, das ganze deutsche Volk als<br />

dumm und stwnpfsinnig darzustellen. Das ist provozierend undfur<br />

den politischen Kampf untauglich. Sich zu schämen, Deutscher zu<br />

sein, kann ich gefühlsmäßig nachvollziehen, aber es ist kein politi-<br />

159


160<br />

scher Standpllnkt" (POSTONE). Unseres Erachtens führt der verengende<br />

Bli ck auf historische klassisch-faschistische Strömungen<br />

weg von ei ner realistischen Einschätzung der jetzi gen Situation.<br />

Die Bundesrepublik ist - trotz zahlreicher Kontinuitäten und nach<br />

allem was sich derzeit abschätzen läßt - ni cht faschistisch und<br />

auch nicht auf dem Weg dorthin. Zum Ausbau und zur Legitimierung<br />

des gegenwärtigen Repressionsapparates bedarf es dessen<br />

nicht.<br />

Etwas weniger aufgeregt diskutiert daher die britische Linke<br />

die jüngste Entwicklung von der einst bereits für das Nachkriegsdeut.schland<br />

ausgerufenen »postnationalen Gesellschaft« zur<br />

gegenwärti gen Version eines DM -Nationalismus im Gefolge der<br />

»Wi edervereinigung«, R.J. EVANS sieht (unter relativ günstigen ökonomischen<br />

Bedingungen) bereits eine aktuell viel größere Bedrohung<br />

für di e Immigranten und Flüchtlinge innerhalb der Grenzen<br />

der vergrößerten Bundesrepublik, als die Gefahr einer nach außen<br />

gerichteten militärischen Expansion seitens eines wiederauflebenden<br />

deutschen Nationalismus. Die bundesdeutschen Reaktionen<br />

auf den Golfkrieg und der neue . Deutsche Herbst. im Jahr 1991<br />

bestätigten diese Analyse im wesentlichen (eine andere Frage ist<br />

selbstverständlich, welche Gestalt ein solcher DM-Nationalismus<br />

unter ökonomisch kri sen haften Verhältnissen annehmen kann).<br />

Nach dem Scheitern einer i.lber di e Stationierung von Alpha­<br />

Jet-Düsenjägern hinausgehenden militärischen Beteiligung am<br />

Golfkrieg gibt es gegenwärtig keine Anzeichen für den Durchbruch<br />

und die Hegemonie einer expansiven, auf militärische<br />

Abenteuer ausgerichteten nationalistischen Bewegung. Das enorme<br />

Anschwellen der Kriegsdienstverweigererzahlen im Zuge des<br />

Golfkrieges, das Lamento über die mangelnde Kriegsbereitschaft<br />

der Wehrpflichti gen zeigt, daß nach Abenteuern derzeit kaum<br />

jemand zumute ist. Selbst die nationalistische Homogeni sierung<br />

»Wir sind ei n Volk « stößt in der alten Bundesrepublik - da sie an<br />

den Geldbeutel geht - auf wenig Gegenliebe. <strong>Der</strong> DM-Nationalismus<br />

kann als Massenbewegung für Menschen ohne bundesdeu tschen<br />

Paß oder anderer Hautfarbe nach wie vor überaus<br />

lebensbedrohli che Ausmaße annehmen und ist deshalb mit aUen<br />

Anstrengungen"zu bekämpfen. Er ist aber trotz allem im Vergleich<br />

zu fruheren deutschen Nationali smen eine relativ »domestizierte«


Version . Was nicht heißt, daß hierzulande nicht Geltungsbedürfnis<br />

oder Großmachtstreben existieren, nur daß sie sich auf andere,<br />

vermitteltere Weise artikulieren.<br />

Die Verwendungsmöglichkeiten der ))Sonderweg« -These in<br />

diesem Zusammenhang sind vielfältig. Die ))Nie-wieder-Deulschland<br />

«-Slrömung in der Radikalen Linken zielt vor allem darauf ab,<br />

den deutschen Imperialismus gegenüber dem US-amerikanischen<br />

zu schwächen. Dagegen wäre im Grunde nichts einzuwenden,<br />

wenn am Ende nur die Festschreibung der imperialistischen<br />

Fuhrungsrolle der USA stünde. Doch dieses Zusammenspiel von<br />

Negativem Nationali smus und Okzidentaler Ideologie bedingt die<br />

Apologie des Imperialismus: "Es kommt dabei gar nicht darauf an,<br />

ob die sich entlang dieser Linie zwischen ursprünglicher und nachholender<br />

Entwicklung agierenden Konjliktparteien auch unter<br />

einem gemeinsamen Dach oder Namen auftreten. Zu zeigen ist nur,<br />

daß es aufgrund der inneren Struktur vor allem im Verhältnis von<br />

Stn.at und Gesellschaft, besonders in den arabischen Staaten, den<br />

meisten europäischen (v.a. im Osten), und vielen anderen, Homologien<br />

gibt, die aus sich selbst heraus zu einer Vereinheitlichung,<br />

unter welchen Vorzeichen auch immer, drängen. So viel kann zur<br />

Erscheinu.ngs/onn dieser Vereinheit.lichung aber schon jetzt gesagt<br />

werden: sie wird eine eindeutige AGgrenzung vorn liberalkapitalistischen<br />

Modell vor allein der USA beinhalten. Und daß Deutschland<br />

un(.er diesen Staaten eine hervorragende RoUe spielen wird, dürfte<br />

sich von selbst verstehen" (DAHLMANN, 68). <strong>Der</strong>art gefaßt wandelt sich<br />

der Imperialismus zum »supranationalen« oder gar »universalistischen«<br />

quasi emanzipatorischen Menschheitsprojekt. Mit der<br />

»Sonderweg(-These läßt sich jede oppositionelle Position gegenüber<br />

dem Imperiali smus als nationalistisch denunzieren. Unter<br />

dem Vorwand des notwendigen Abgleitens von internationalistischer<br />

Politik ins nationalistische Fahrwasser soll nun jede politische<br />

Praxis, die nicht nur den deutschen Imperialismus, sondern<br />

auch andere Erscheinungsweisen dieser Herrschaftsform kritisiert<br />

und bekämpft, für obsolet erklärt werden.<br />

Darum nimmt diese Form der antinationalen Orientierung, die<br />

"nur die affektive Gegenseite des herrschenden Nationalismus darstellt"<br />

(BF:DAKTJON DISKU S, 15), paradoxerweise eine zutiefst nationalistische<br />

Wendung vor. Zum einen als Negati ver Nationali smus, zum<br />

161


162<br />

anderen, weil das hi erüber begründete Tabu, imperialistische<br />

Politik zu kritisieren (da antiamerikanisch), ei ne indirekten Stärkung<br />

von jeglichem Imperialismus bedingt. Da diese Herrschaftsform<br />

jedoch eine strukturelle Voraussetzung der gegenwärtigen<br />

ßundesl'epublik ist, legitimie rt diese Arglimenlationsfi gul' implizit<br />

auch die weitere Steigerung ihres gesamtgesellschaftli chen Reichtums<br />

auf Kosten des Trikonls und trägt somit (ungewollt?) zu dem<br />

Projekt des gegenwärtigen und künftigen deutschen Imperialismus<br />

sein Scherflein bei. Da über die Einbindllng des deutschen Militarismus<br />

in ein e europäische Militärmacht der Instrumentalisierung<br />

derselben für deut sche Kapitalinteressen das Wort geredet wird<br />

bzw. di ese der weiteren Stärkung eines deutschen Imperialismu s<br />

unter europäischer Flagge dienen wird , kann dergleichen wohl<br />

nicht der Weisheit letzter Schluß sein.<br />

Etwas absurd mut et es darüber hinaus an, wenn Leute wie<br />

GREMUZA (STR EITGESPR i\CH) und OIN EH (,. Wiederaufnahme der Kontinuit.ätsftiden<br />

nationaler Geschichte'" 1991 b, 54) im Ernst meinen, s ie<br />

müßten die mangelnde Bereit schaft von Teilen der Bevölk erung,<br />

an diesem Krieg aktiv teil zunehmen oder Partei für die USA zu<br />

ergreifen, unter Bezugnahme auf die hi stori sche Anti-Hitle r­<br />

Koalition zum Hauptproblem der deutschen Mi sere erheben. Di e<br />

Frage, warum denn schließlich großdeutscher Na lionalismu s und<br />

Chauvinismus ausgerechnet bei denjeni gen zu verorten sei, di e<br />

sich auch nach dem Zusammenbruch der Fri edensbewegung<br />

imm er noch als Kriegsgegner verstanden, blieb dann auch unbeantwortet.<br />

Es gehört zu den wenigen - von der Linken miterkämpften<br />

- positiven Errungenschaften der Bundesrepublik, daß<br />

immerhin einige Menschen ihre hi storischen Kriegserfahrungen<br />

bej Bedarf gegen neue Kriege massenhaft reak ti vieren können.<br />

Wenn sie für Krieg ni cht noch einmal zur Verfügung stehen bzw.<br />

derlei ni cht mehr erleben wollen, läßt sich daraus nicht der<br />

Schluß ziehen, darin zeige sich di e Affinnalion der Verhältnisse,<br />

di e diese Erfahrungen verschuldet hatten.<br />

KELLEHSHOHN (43 ff.) hat inzwischen das Lavieren GREM LI ZAS zwischen<br />

den beiden Behauptungen (Nationalismu s bei Kriegsbeteili<br />

gung und ebenso bei Weigerung) anschaulich vo rgeführt: " Was<br />

eben 'deutsch' und 'antideutsch' iÜ, bestimmt Gremliza selbst, nach<br />

Lust und Laune urulje nach Lage der Dinge" (KE LLEnSHOHN, -19) . Die


Voraussetzungen eines solchen Negativen Na ti onali slllus hat er<br />

gleichfalls (chcl., tJ.1 ) benannt: " <strong>Der</strong> system(z,tische Irrt um, dem, die<br />

Kampagne 'Nie wieder Deutschland' (N WD) von Anfang an unterlag,<br />

besteht darin, die nationalen Fetische, deren sich die Pulitik<br />

beelient, Jür ettvas Substantielles zu erachten, anstalt das, was ihnen<br />

von den verschiedensten Seiten unterschoben wird, in die zugmndeliegenden<br />

Interessenkonstellationen aufzulösen. Das Nationale wird<br />

ehen nicht als Projektionsfläche begriffen, sondern in seiner verkehrt.en,<br />

ideologischen Form/ür bare Münze genommen und dann ­<br />

im Gegensatz ZlUn gewöhnlichen Nationalismus - mit einer negat.iven<br />

Codierung versehen. Politische Analysen, die (lrtrchaus empirisch<br />

gehaltvoll sein mögen, dienen im Rahmen dieser Konstruktion<br />

im 1Qesentlichen dazu, eine nationale Identität 'der Deutschen' zu<br />

fixieren, von der man sich - als dem gewissermaßen 'heiligen Rest'<br />

der Menschheit - mit besonderer HeJtigkeit distanzieren kann".<br />

Dal'an anzuschließen ist di e Kritik eines verdeckten, eben Negat iven<br />

Na tionali smus, der überhaupt nur dann Sinn macht, "wenn<br />

man intellektuell wie geJilhlsrnüßig eine einheitliche und kontinuierliche<br />

Tradition der Deutschen annimmt. Ohne den Appell an ein<br />

solches 'deutsches' NationalgeJühl macht diese Erwartung keinen<br />

Sinn. Gerade um der Schuld willen wird 'LlLeh die gefühlsml1ßige<br />

(natürlich negative) Identifikation mit dem Nationalsozialismus<br />

verlangt. Das alles ist ein ge Jährlicher Tanz auf der Messerklinge<br />

einer Denk- und CeJahlsparadox.ie: eine Streife an der nationalen<br />

Identität ist nur Jür denjenigen eine, bei dem. sie hinreichend stark<br />

ausgeprägt ist" (HEESE·SCHÄFEB. 1J6) . Erschwerend kommt hinzu, daß,<br />

wer jegli che »politische Kultur« in der Bundesrepublik nur in der<br />

nazi-faschist ischen Kontinuität sehen will , zwei gravierende<br />

rehleI' begeht. Da der Nachweis, daß di e Entwicklung der Bundesrepublik<br />

einen anderen Verlauf genommen hat, als in der Kontinuitätsthese<br />

nahegelegt nach 1968, relati v einfach zu erbringen<br />

ist, bagatellisiert s ie zum einen di e Nazivel'brechen, zum anderen<br />

verh armlos t. und entschuldi gt sie di e elenden gegenwärtigen Verhältni<br />

sse. Sie nimmt s ich selbst tendenziell di e Mögli chkeit, di e<br />

bi sweil en ungeheuerlichen aktuellen Erscheinungen grundlegend<br />

zu kritisieren, da es immer schon etwas schlimmeres<br />

gegeben hat. 68 Vor Auschwitz verblaßt jegliches vor-<br />

..<br />

vgl. a. die Kriegsre


lik zu einem gesamtdeutschen nationalistischen Reflex, bei dem<br />

es aufgrund eines ominösen koll ektiven Bew ußtseins zu einer<br />

großen Koalition gegen den Rest des <strong>Westen</strong>s gekommen sein soll<br />

und der Golfkrieg angeblich auch zu ei nem .. dentschen Krieg"<br />

gegen den »Okzident« muti erte: .,Die Einigung Deutschlands und<br />

der Go/jkrieg stellen im Prozeß der Entwestlichung des wildes also<br />

durchaus komplementäre Erscheinungen dar" (DI NEH 1991 a, 143). Mit<br />

Kontinuitälsthesen spekulieren ist eine Sache, di e Realität nicht<br />

wahrhaben wollen aber nochmal eine andere. In keinem anderen<br />

westlichen Land wurde die ßedrohung Israels derart thematisie rt<br />

(bei DINEH, ebd., eine .. nachholende Reaktion gedrUckter Besorgtheit. CI)<br />

wie in de r Bundesrepublik. Und die hysterischen Reaktionen samt<br />

Hausdurchsuchungen auf die Desertions8ufrufe an amerikanische<br />

und bundesdeutsche Soldaten sind wa hrscheinlich auch Ausdruck<br />

einer Parteinahme gegen die westliche Kriegskoalition? Auch eine<br />

relativ stark e Antikriegsbewegung kann nicht darüber hinwegtä uschen,<br />

daß sehr bald nach Kriegsbeginn Regierung, Medien und<br />

einstige Oppositionelle mit vereinter Kraft auf erstere einschlugen.<br />

Immerhin begrüßte di e Mehrheit clen US-ame rikanischen Kriegskurs<br />

und e ntrichtet nun geduldig ihren Obulus. Die Bundesrepublik<br />

als ganz lind gar neutrale und antiwestliche Kraft zu konstruie<br />

ren, hat nichts mit den wirklichen Verhältnissen zu tun. Außerdem<br />

ist nochmals auf die Beschränkthe it eines Verfahrens zu verweisen,<br />

das als "politische 'Tiefenpsychologie' j( (Ft\ NIZA DEH/LEPPEH.<br />

34) daherk ommt und ni chts weiter als »inne re Befindlichkeite n«<br />

zum Ausgangspunkt der Analyse von soziale n Bewegungen macht<br />

(vgl. Exkurse I u. 11 , Kap. 3).<br />

Die in der Kontinuitätsannahme umsta ndslos a.llen politischen<br />

Fraktionen unterstellten Ressentiments dUrften auf nicht we nige<br />

deutschnationale und insbesondere neonazistische Motive zutre ffe<br />

n. Darüber hinuus wolle n DINE R und die ISi" (1991, SO) a ber di e hi esige<br />

linke antiimperialistische Kritik e benso als Folge deutsche r<br />

Kontinuität vorfUhren und di skreditiere n. Nun verhält es s ich<br />

tatsächli ch so, daß angesichts ihres derzeitigen Zustandes a uch<br />

innerhalb der Linken sich immer eine Gruppierung fi ndet, auf die<br />

eine solche ß eschreibung annähernd passen wird. Dies lüßt sich<br />

kaum in Abrede stellen, ist aber gar nicht das eigentl iche Problem<br />

fUr den Kri egstreiberdisk urs. Letztli ch gilt es nur zu beweisen,<br />

165


166<br />

daß jegl iche r Antiimperialismus genetisch faschistische Züge in<br />

sich trägt: .,Es sind nun einmal die USA, die mehr noch als andere<br />

westliche Gemeinwesen die Werte und Doktrinen vertreten, mit<br />

denen der Abstraktion des Weltmarktes ent.sprochen wird. Dies mag<br />

wohlfeil als Imperialismus abgetan werden,. aber ei.n derartig weltanschaulich<br />

gefaßtes Ressentiment einer zi'uilisatorischen Leistung<br />

gegenüber ist weniger Ausdruck bedachter Kritik, als daß zentrale<br />

Tradit ionsbestilnde nationalistischen und aut.arkistischen Ordnungsdenkens<br />

indiziert werden, dessen faschistische Anklange Ultüberltörbar<br />

sind. <strong>Der</strong> Antiimperialisfnus als Denkfigur, der manche<br />

gar zum. gewalt/örrnigen Handeln anregte, ist von jener Tradtion<br />

stiLrker affiziert, als übereifrige Claqueure es s,:ch vorzustellen verm.ögen"<br />

(DINEH 1991u, 147). So läßL sich natürli ch a uch mit Fakte n<br />

ve rfahren. We nn wir nun die Verfassungswirklichkeit, nämlich den<br />

Völkermord an den amerikan ischen Ureinwohnern , die Sk laverei<br />

oder die immer noch praktizi erte Todesstrafe. de r vieJgepriesenen<br />

ame rikanischen Verfassungsprogrammatik gegenüberstellen, sind<br />

wir schon unter dem Etikett »Antiamerikani slllus « und »5chmittianer«<br />

(s.o.) verbucht.<br />

Während IJI NE H auf der eine n Seile den angeb liche n Anachronismus<br />

und Ta rncharakte r de r Imperiali smustheori e de r Li nken<br />

hervorhebt, bedient er s ich ihrer dort, wo sie ihm gerade nutzbringend<br />

erscheint , völlig unbeschwert (F'AN IZADEH/LEPPEH.36). Die »5011de<br />

rw eg«- und Kon tinuitätsthese ist mechani stisch lind determi ­<br />

nisti sch. F'Ur »die De utschen« und dami t auch für d ie Linkenunler<br />

ihne n, gibt es kein Entrinnen: " Deutschlanelnun spielte im, Golfkrieg<br />

die Rolle, elie es historisch immer gespielt hat und elie sich aus<br />

eler Besonderheit seines historischen Weges zn einern staatlich<br />

gelenkten und elas produktionstechnische Niveau der USA ein- oder<br />

gar überholt habenden Kapitalismus bestimmt. Die deutschen Politiker<br />

werden auch künftig gar nicht anders können. Was sie auch tun,<br />

sie tun, was dieser Rolle entspricht" (DAHLMANN, 68).<br />

Annahmen wie di e »50nderweg«- und Kont inuitäts thesen verlieren<br />

ih re begrenzte Erkläl'U ngskraft in dem Mome nt, da sie quasi<br />

als Wunderwaffe lind ahistori sch gegen jegliche Form von politischer<br />

(U n-)Kultur in De utschland eingesetzt werden. In Bezug auf<br />

die Anlikriegsbewegu ng krankt dieses Interpretame nt hauptsächlich<br />

darall, daß es nicht zu erk lären ve rm ag, warum im Ve rlauf de r


)Erbschaft<br />

dieser Zeitee Bei GHEMLIZA. POI-IHT, ISFIßIWHN und teilweise auch<br />

bei TOLMEINIZUM WINKEL (die sich allerdings energisch<br />

von POHHT abgrenzen) 72 drängt sich nebenbei der Verdacht<br />

auf. daß es ihnen nicht nur um die inhaltliche Richtigkeit von<br />

Argumenten, sondern vielmehr um die vermeintliche Orginalität<br />

einer pseudoradikalen Position geht. Sie hatten es während des<br />

Golfkrieges aber nur nicht richtig mitgekriegt, daß<br />

72<br />

o . TOLMEIN i!>t zudem<br />

uber die Pro-Kriegshallung bereits ein Stimmungsumschwung eingetreten war und<br />

von GREMUZA aus der sie nun in einvernehmlicher Volksgemeinschaft mit<br />

»Konk rel« -Redaktion<br />

ausgeschieden. Regierung, Medien und all dieser Ansammlung deut-<br />

scher Peinlichkeiten auf den verbliebenen Rest der<br />

Antikriegsbewegung eindroschen. Das, und nicht die Offensichtlichkeit<br />

der DÜlftigkeit ihrer Thesen, dürfte sie am meisten geärge<br />

rt haben. Die einstmaligen linksradikalen Schalführer entpuppten<br />

sich während des Golfkrieges immer mehr als intellektuelle<br />

Scharfrichter, deren Vernichtungsphantasien wiederum (in ihrem<br />

Bezugssystem) deutlich deutschen Ursprungs sind.<br />

Die Positionen von DINER, ßHUMLIK und CLAUSSEN (Vgl. THIELEN<br />

<strong>1992</strong>b, 178 f.) sind vom Abschied VOll der eigenen. linken Geschichte<br />

motiviert. Insgesamt läßt sich ihre Argumentation wie folgt qualifzieren<br />

"Das Resultat ist heute die staatsmännisch vorgetragene<br />

Propaganda des vermeintlich geringeren Übels, wohlwissend, die<br />

A uswirku.ngen dieses Übels nie selbst ertragen ZIL m.üssen; eine Politik,<br />

die Leid ILnd Elend lediglich ZIL begrenzen sucht, im Zweifelsfall<br />

sich aber um so härter gegen jene rebellische Subjektivität wendet,<br />

die sich ,nil ihm. nicht abfinden kann und es aus der Welt schaffen<br />

will" (REDA KT ION DISKUS, 15 f.) . Am klarsten und zynischsten fonnuliert<br />

die Kon sequenzen wiederum ENZENSBEHGER (1991h): "Wohlmeinende<br />

Leute sagen, laßt uns teilen. aber das ist einfacher gesagt<br />

denn getan, und darum ist es in der Politik noch nie gegangen. Ich<br />

denke, daß Marx Recht hat, ke ine herrschende Klasse wird au/grund<br />

einer plötzlichen Eingebung ihres moralischen Gewissens<br />

freiwillig abtreten. " Di ese »neue« Weltordnung gleicht offenbar<br />

schon von Beginn an "eine{r) blutrünstige{n) Utopie, die unter dem<br />

Deckmantel des Realismus von denen vertreten wird. die, einst Teil<br />

der Protestbewegung, nun die Propheten der bestehenden Gesellschaftsordnung<br />

geworden sind" (GEOFFROY). Angesichts der Umstände<br />

des Richtungswechsels zahlreicher Kritiker der herrschenden<br />

170


174<br />

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