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Offener Brief - Börsenverein des Deutschen Buchhandels

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<strong>Börsenverein</strong> <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Buchhandels</strong> e.V.<br />

Braubachstraße 16 | 60311 Frankfurt am Main<br />

ZDF/3sat<br />

Redaktion Kulturzeit<br />

Herrn Armin Conrad / Frau Dr. Monika Sandhack<br />

ZDF Sendezentrum 2<br />

Otto-Schott-Straße 13<br />

55100 Mainz<br />

<strong>Offener</strong> <strong>Brief</strong> zur Einstellung <strong>des</strong> Hörbuch-Tipps in 3sat KULTURZEIT<br />

Sehr geehrte Frau Dr. Sandhack,<br />

sehr geehrter Herr Conrad,<br />

Frankfurt, 10. September 2012<br />

„Es gibt keine menschliche Stimme auf der Welt, die nicht Objekt <strong>des</strong> Begehrens wäre –<br />

oder <strong>des</strong> Abscheus. Jeder Bezug zu einer Stimme ist zwangsläufig einer der Liebe…“<br />

Roland Barthes<br />

Arbeitskreis Hörbuchverlage<br />

Simone Mühlhauser<br />

Braubachstraße 16<br />

60311 Frankfurt am Main<br />

Telefon: +49 69 1306-516<br />

Fax: +49 69 1306-399<br />

E-Mail: muehlhauser@boev.de<br />

www.boersenverein.de<br />

Genau diese Liebe ist es, die uns Hörbuchverlage, Schauspieler, Regisseure, Bearbeiter, Komponisten,<br />

Sender täglich antreibt, das gesprochene Wort in all seinen Facetten zu befördern.<br />

Mit großem Bedauern haben wir daher Anfang <strong>des</strong> Jahres erfahren, dass Ihnen diese Liebe offenbar<br />

abhanden gekommen ist und der 2004 gestartete monatliche Hörbuch-Tipp eingestellt wurde.<br />

Veränderungen müssen nicht zwangsläufig zu einer Verschlechterung führen. Wie es damals hieß,<br />

würden akustische Ausnahme-Produktionen auch weiterhin berücksichtigt. Wir wollten dies gerne<br />

glauben und die Entwicklung vorbehaltlos beobachten. Nach mehr als sechs Monaten müssen wir nun<br />

ein enttäuschen<strong>des</strong> Fazit ziehen: Das Medium Hörbuch findet in KULTURZEIT nicht mehr statt.<br />

Finanzielle Kriterien können nicht ausschlaggebend sein. Schließlich haben auch wir in Ermangelung<br />

dicker Marketing-Budgets eine Meisterschaft darin entwickelt, Herausforderungen mit Fantasie und<br />

Kreativität zu begegnen, was nebenbei häufig sogar zu originelleren und überzeugenderen<br />

Ergebnissen führt. Zudem bilanzierte der ehemalige ZDF-Intendant Markus Schächter in seinem<br />

Gespräch mit der FUNKKORRESPONDENZ (9/2012): „3sat ist in einer außerordentlich guten<br />

Verfassung. Der Sender hat im Januar und Februar eines der besten Jahresstartergebnisse seiner<br />

Geschichte hingelegt.“<br />

Was also sind die Gründe?<br />

Wir können ausschließlich Argumente GEGEN diese schmerzliche Lücke innerhalb Ihres Themen-<br />

Spektrums anführen:


Die deutsche Rundfunkkultur ist weltweit einzigartig. Sie hat ein grandioses Archiv der Stimmen<br />

erschaffen, aus dem die Hörbuchverlage immer wieder wahre Schätze heben und der Öffentlichkeit<br />

zugänglich machen. Diese Programm-Vielfalt – die selbst die gute alte BBC klein aussehen lässt –<br />

wird durch neue Lesungen, Hörspiele und Features in Partnerschaft mit Hörbuchverlagen stetig<br />

erweitert. Um diesen inhaltlichen Reichtum werden wir international beneidet.<br />

Das Hörbuch ist als eigene Kunstform etabliert. Zahlreiche renommierte Autoren legen großen Wert<br />

auf die akustische Umsetzung ihrer Werke, wissend, dass diese auf eine sinnliche Weise mehr über<br />

den „Menschen hinter dem Werk“ offenbart, als es ein gedrucktes Buch könnte. Einige Schriftsteller<br />

denken bereits bei der Gestaltung <strong>des</strong> Textes die spätere Transformation in eine Lesung bzw. ein<br />

Hörspiel mit, oder sie schreiben sogar Original-Hörspiele.<br />

Hochkarätige Schauspieler beschäftigen sich über Monate mit literarischen Werken und empfinden<br />

die „glamour-lose“ und rein auf die mündliche Interpretation konzentrierte Arbeit am Mikrophon als<br />

immense Bereicherung ihrer künstlerischen Arbeit.<br />

Zu Unrecht vergessene oder mittlerweile ungelesene Schlüsselwerke gelangen durch die<br />

Veröffentlichung als Hörbuch wieder ins kollektive Bewusstsein. Die vortragenden Autoren selbst oder<br />

mit Bedacht ausgewählte großartige Sprecher öffnen vielen Hörern erstmals die Tür zu vermeintlich<br />

sperrigen Romanen oder zu einer durch schulische Prägung als schwierig geltenden Gattung wie<br />

Lyrik.<br />

Diese Auflistung ließe sich noch um zahlreiche Punkte erweitern. Auf den für Sie und uns<br />

entscheidenden wollen wir an dieser Stelle noch eingehen: das Publikum.<br />

Nie zuvor gab es so viele Hörbuch-Interessierte und -Kenner auf der einen und so viele lieferbare Titel<br />

und jährliche Neuerscheinungen der insgesamt ca. 400 Verlage auf der anderen Seite. Nie zuvor war<br />

das Bedürfnis nach Orientierung, fundierter Hörbuchkritik mit nachvollziehbaren Qualitätsmaßstäben<br />

stärker als heute. Die auf Bestseller, „Selbstläufer“ und niedrige Preise fokussierten großen Filialisten<br />

werden diesem Bedürfnis immer weniger gerecht.<br />

Wie also gelangt die Information über wunderbare und ohne jegliche staatliche Subvention aufwändig<br />

realisierte Hörbuch-Produktionen an das wachsende und wartende Hörbuch-Publikum?<br />

Ein öffentlich-rechtlicher Sender wie 3sat und ein Magazin wie KULTURZEIT sollten sich ihres<br />

Service- und Bildungsauftrags und ihrer immer wichtigeren Rolle in diesem Gefüge bewusst sein. Dass<br />

das Profil unserer Hörerschaft – u.a. überdurchschnittlich gebildet, finanziell unabhängig, hohe Quote<br />

an Viellesern – nahezu deckungsgleich mit Ihrer Zielgruppe ist, soll hier nur beiläufig erwähnt sein.<br />

Wir – die deutschen Hörbuchverlage und -macher – fordern Sie daher eindringlich auf, dem Hörbuch<br />

wieder einen angemessenen Platz in Ihrer Kultur-Berichterstattung einzuräumen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Stephanie Mende (audio media verlag) und Anke Rose (WortArt)<br />

Sprecherinnen <strong>des</strong> Ak Hörbuchverlage


Unterstützer <strong>des</strong> offenen <strong>Brief</strong>es:<br />

Michael John, Verlag Michael John<br />

Heike Völker-Sieber, Der Hörverlag<br />

Peter Bosnic, steinbach sprechende bücher<br />

Daniela Utecht, Lagato Verlag<br />

Theresia Singer, headroom<br />

Dirk Kauffels, Sauerländer Audio<br />

Kerstin Kaiser, Lübbe Audio<br />

Christine Lemke-Munsch, Verlag GESAFA<br />

Sabrina Kreuz, Der Hörverlag<br />

Anne Schumacher, tacheles! ROOF MUSIC<br />

Maria Polch, WortArt<br />

Thomas Weigelt, Verlagsgruppe Random House<br />

Katja Krause, Der Audio Verlag<br />

Nadja Kossack, Hoffmann und Campe<br />

Lena de Riese, USM<br />

Nina Staedler, Hoffmann und Campe<br />

Corinna Rausch, Random House Audio<br />

Susanne Bestler, Random House Audio<br />

Corinna Zimber, Audiobuch Verlag<br />

Anne Tucholski, tacheles! ROOF MUSIC<br />

Anna Meierling, tacheles! ROOF MUSIC<br />

Kristine Meierling, tacheles! ROOF MUSIC<br />

Anke Rose, WortArt<br />

Stephanie Häger, claudio.de<br />

Stephanie Mende, audio media verlag<br />

Antje Kriegenherdt, Libri.de<br />

Ines Hansla, Hörbuch Hamburg<br />

Amadeus Gerlach, Der Audio Verlag<br />

Claudia Baumhöver, Der Hörverlag<br />

Joerg G. Fieback, Zeitbrücke Verlag<br />

Antje Hinz, Silberfuchs Verlag<br />

Corinna Hesse, Silberfuchs Verlag<br />

Björn Kempcke, Silberfuchs Verlag<br />

Bernhard Schmid, KARL-MAY-VERLAG<br />

Kilian Kissling, Argon Verlag

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