Grundlagen systemischen Denkens und Beratens
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Rheinische Fachhochschule Köln<br />
University of Applied Sciences<br />
Systemische Beratung<br />
Vera Sträßer <strong>und</strong> Alexandra Nickl<br />
Studiengang Wirtschaft1, 5. Semester<br />
Betreuer: Prof. Dr. Noll<br />
Quelle: www.schulberatung.nrw.de – www.learnline.nrw.de – 2005 -
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Systemisches Denken……………………………………………………………….3<br />
1.1 Bereiche des <strong>systemischen</strong> <strong>Denkens</strong>………………………………………........3<br />
1.2 Systemische Beratung…………………………………………………………..5<br />
2. Kybernetik der Beziehungen………………………………………………………..5<br />
3. Systemisches Denken – heute……………………………………………………....8<br />
4. Typische Schritte im Prozess einer <strong>systemischen</strong> Beratung………………………..8<br />
5. Der Philosoph in der Wirtschaft…………………………………………………...11<br />
6. Systemische Beratung……………………………………………………………..11<br />
7. Methodische Verallgemeinerung………………………………………………….12<br />
8. Aporie <strong>und</strong> Ironie………………………………………………………………….13<br />
9. Anmerkungen……………………………………………………………………...14<br />
10. Literatur…………………………………………………………………………..15<br />
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SYSTEMISCHE BERATUNG<br />
1. Systemisches Denken<br />
Systemisches Denken basiert auf dem Gedanken, „die Komplexität der realen Welt“ 1<br />
zu verstehen, indem man sie auf ihre wesentlichsten Bestandteile reduziert. Die<br />
Reduktion der Komplexität steht im Zentrum des <strong>systemischen</strong> <strong>Denkens</strong>.<br />
Zunächst gilt es die Dinge als Ganzes, <strong>und</strong> zudem aus jeder Perspektive zu betrachten.<br />
Hierbei steht zwar im Vordergr<strong>und</strong> die Komplexität eines Sachverhalts auf seine<br />
wesentlichsten Bestandteile zu reduzieren, jedoch sollten die Details nicht<br />
vernachlässigt werden, da gerade sie in der Wirtschaft von großer Bedeutung sein<br />
können.<br />
Dennoch sollte man sich vor Augen führen, dass die Systemtheorie ein Denkansatz<br />
ist, in welchem es um Ganzheiten geht. Der Vorteil liegt demnach darin, dass man<br />
sich nicht in Einzelheiten verliert.<br />
Diese Form der Betrachtungsweise soll eine Stütze bei der Entscheidungsfindung<br />
darstellen.<br />
Nur wer in der Lage ist, ein Problem in seiner ganzen Komplexität zu betrachten, <strong>und</strong><br />
alle Konsequenzen, die sich ergeben können berücksichtigt, trifft eine „gute<br />
Entscheidung“.<br />
Gerade im Wirtschaftsleben ist es wichtig die richtigen Entscheidungen zu treffen, da<br />
sie über den langfristigen geschäftlichen Erfolg eines Unternehmens entscheiden.<br />
Klärt man zunächst den Begriff Systemisches Denken, so kann man das System als<br />
ein Zusammenspiel verschiedener, aber miteinander verb<strong>und</strong>ener Elemente sehen, aus<br />
deren Wechselwirkungen sich etwas Neues ergibt, welches nicht nur auf die<br />
Eigenschaften der Elemente zurückzuführen ist.<br />
1.1 Bereiche des <strong>systemischen</strong> <strong>Denkens</strong><br />
Mittlerweile hat das Systemische Denken in den verschiedensten Bereichen Einzug<br />
gehalten:<br />
- auf molekulare Ebene: z.B. kann Wasser als System beschrieben werden; H²O<br />
wird aus dem Element Wasserstoff <strong>und</strong> aus dem Element Sauerstoff gebildet.<br />
Sobald diese Verbindung jedoch zustande gekommen ist, entsteht eine neue<br />
Einheit, deren Eigenschaften nicht auf der Summe der Eigenschaften der<br />
einzelnen Elemente beruhen.<br />
1 Sherwood, Dennis, Den Wald vor lauter Bäumen sehen, Weinheim 2003, S. 15<br />
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- bei lebenden Subsystemen der Biologie wird die Unteilbarkeit des Ganzen<br />
darin deutlich, dass das Zerlegen in einzelne Teile meist auch nach späterem<br />
Zusammensetzen nicht mehr die ursprüngliche Einheit ergibt. Ein Säugetier<br />
in einzelne Teile zerlegt ist tot.<br />
- auch in den Sozial- <strong>und</strong> Kulturwissenschaften kann ein Subsystem nur unter<br />
Berücksichtigung seiner Beziehung zu anderen Subsystemen, <strong>und</strong> zum<br />
Gesamtsystem verstanden werden. So unterscheiden sich gesellschaftliche<br />
Gruppen verschiedener Länder durch Sprache, Umgangsformen <strong>und</strong> Sitten.<br />
- in den Wirtschaftswissenschaften zeigen sich ebenfalls Unterschiede durch<br />
Umweltbedingungen: Unternehmen im System einer Marktwirtschaft<br />
unterscheiden sich sehr stark von Unternehmen im System einer<br />
Planwirtschaft.<br />
Man kann also sagen, dass es bei der Systemanalyse darum geht, die Vernetztheit<br />
einzelner Systembestandteile zu untersuchen.<br />
Dabei müssen folgende Punkte beachtet werden:<br />
- „Wenn Sie ein System verstehen <strong>und</strong> sein Verhalten vorhersagen wollen, 2<br />
müssen Sie es zunächst als Ganzes analysieren. Zerlegen Sie es zu<br />
Untersuchungszwecken in seine Einzelteile, zerstören Sie<br />
höchstwahrscheinlich die Vernetztheit des Systems <strong>und</strong> somit das System an<br />
sich.<br />
- Wenn Sie das Verhalten eines Systems beeinflussen oder steuern möchten,<br />
müssten Sie auf das System als Ganzes einwirken. Der Versuch, nur an einer<br />
Stelle einzugreifen, in der Hoffnung, dass sich dadurch an anderer Stelle<br />
nichts ändert, ist zum Scheitern verurteilt – das ist ein zentrales Kennzeichen<br />
der Vernetztheit.“<br />
In den Anfängen der Systemtheorie wurden vor allem die Begriffe „Struktur“ <strong>und</strong><br />
„Funktion“ als gr<strong>und</strong>legend erachtet.<br />
Als Strukturen werden die Regelmäßigkeiten bezeichnet, die sich innerhalb eines<br />
Systems herausbilden <strong>und</strong> diesem eine gewisse Stabilität ermöglichen.<br />
Mittlerweile hat der Begriff „Struktur“ jedoch keine vorrangige Bedeutung mehr.<br />
Dies liegt daran, dass auch „Strukturen“ der Veränderung unterliegen, obwohl sie der<br />
Stabilität dienen sollen. Es kann daher immer nur dann sinnvoll von „Strukturen“<br />
gesprochen werden, wenn der Faktor Zeit vernachlässigt wird. „Strukturen“ stellen<br />
demnach nur eine relative Stabilität dar.<br />
„Funktion“ ist der Beitrag der Elemente zur Erhaltung des Systems.<br />
Was nicht zum System gehört ist die Umwelt des Systems <strong>und</strong> muss zwangsläufig<br />
komplexer sein als das System selbst, da sie dieses begrenzt.<br />
2 Sherwood, Dennis, Den Wald vor lauter Bäumen sehen, Weinheim 2003, S. 16<br />
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1.2 Systemische Beratung<br />
Die systemische Beratung basiert auf der Gr<strong>und</strong>lage des <strong>systemischen</strong> <strong>Denkens</strong>.<br />
Im Zentrum steht die Steuerung komplexer Systeme, Aufbau <strong>und</strong> Funktion von<br />
Interaktionen <strong>und</strong> die Berücksichtigung von ihren Wechselwirkungen.<br />
In der <strong>systemischen</strong> Beratung ist es nicht erforderlich, alle Zusammenhänge bis in die<br />
Details zu kennen, sondern an einer Stelle im System angemessen zuintervenieren,<br />
um Auswirkungen am Gesamtsystem zu erzielen. Die Arbeit an einer Stelle im<br />
System schließt die Berücksichtigung des gesamten beruflichen Kontextes <strong>und</strong> seiner<br />
Vernetzung ein.<br />
Das Interventionspotential umfasst u. a. zirkuläre Fragestellungen, positive<br />
Umdeutungen, Bildung hypothetischer Annahmen, Verschreibungen von<br />
Verhaltensweisen oder die Arbeit mit Metaphern.<br />
Systemische Beratung kann eine Arbeitsweise innerhalb des Coachings, der<br />
Prozessbegleitungen, der Supervisionen, der Teamentwicklung <strong>und</strong> der<br />
Organisationsentwicklung sein.<br />
Die systemische Beratung achtet demnach immer auf den Kontext, in dem<br />
Handlungen stattfinden.<br />
Ob der Einzelne im Team, das Team in der Abteilung, die Abteilung im Untenehmen<br />
– ihr Verhalten ist immer auch eine Funktion dessen, wie Systeme gebaut, geordnet<br />
<strong>und</strong> zusammengesetzt sind.<br />
Wir verstehen Organisationen <strong>und</strong> ihre Teile als „lebende Systeme“, die eine eigene<br />
Dynamik haben.<br />
Gerade bei massiven Einschnitten oder strategischen Neuausrichtungen gilt es, diese<br />
Eigendynamik zu kennen, um erfolgreich Umbrüche im Unternehmen oder<br />
strategische Neuausrichtungen zu gestalten.<br />
Systemische Beratung schaut auf vorhandene Ressourcen <strong>und</strong> begleitet Gruppen,<br />
Unternehmensteile <strong>und</strong> Unternehmen ressourcenorientiert in ihrer Entwicklung.<br />
2. Kybernetik der Beziehungen<br />
Kybernetik ist die Lehre von den sich selbst steuernden <strong>und</strong> regulierenden Systemen<br />
<strong>und</strong> ist daher mit der Systemtheorie eng verb<strong>und</strong>en.<br />
Dieser Denkansatz ist zwar geeignet, auf menschliche Regelsysteme bezogen zu<br />
werden, jedoch ist menschlich regelgeleitetes Handeln auf diese Theorie nicht<br />
vollständig reduzierbar – Kybernetik kann nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit<br />
verdeutlichen.<br />
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Die kybernetische Analysemethode ist allerdings der komplexen Wirklichkeit<br />
angemessener als die vorherrschende Ursache-Wirkungs-Erklärung.<br />
Das Denken in Ursache <strong>und</strong> Wirkung ist eine lineare Denkweise, welche durch die<br />
Frage „Warum?“ erforscht wird. Diese kausale Frage mag bei einfachen<br />
Zusammenhängen sinnvoll sein, Beziehungen mit dauerhaften Interaktionen können<br />
mit dieser Denkweise jedoch nicht angemessen beschrieben werden.<br />
Im Bereich der unbelebten Materie sind kausale Zusammenhänge von bloßem<br />
Nacheinander relativ einfach abzugrenzen.<br />
Im zwischenmenschlichen Bereich ist das wesentlich komplexer.<br />
Bei der Frage nach Beweggründen von Menschen für bestimmte Verhaltensweisen<br />
ist ein einfaches „weil“ unangemessen. Zuvor erhaltene Informationen, z.B. Erlerntes<br />
aus der Kindheit, tragen zum aktuellen Verhalten bei.<br />
Im Bereich der Kommunikation kann somit keine einzelne Ursache als Begründung<br />
herausgestellt werden, da die letzte Information lediglich den Endauslöser darstellt.<br />
Schließlich ist die Vergangenheit im gegenwärtigen Verhalten immer vorausgesetzt.<br />
Auch in Beziehungen mit verfestigten Kommunikationsmustern ist die Interaktion<br />
nicht auf einen der Akteure reduzierbar, da jeweils ein Verhalten das andere bewirkt<br />
<strong>und</strong> umgekehrt.<br />
Als Beispiel kann hier eine Lehrer-Schüler-Beziehung dienen, bei der sich die<br />
Lehrerin bezüglich der Unterrichtsbeteiligung fordernd verhält. Der Schüler zieht sich<br />
daraufhin stärker zurück, worauf die Lehrerin noch mehr die Beteiligung einfordert<br />
usw.<br />
Beobachtet man die sich ständig gleich vollziehenden Interaktionen zwischen den<br />
Beziehungspartnern, so könnte man nach der kausalen Erklärung folgern, dass die<br />
Lehrerin fordernd ist, weil der Schüler sich zurückhält. Dies wäre jedoch eine<br />
willkürliche Einschätzung, denn genauso könnte die entgegengesetzte Kausalwirkung<br />
genannt werden: der Schüler ist zurückhaltend, weil die Lehrerin fordernd ist.<br />
Angemessener ist es also, die Aktionen <strong>und</strong> Reaktionen nicht linear, sondern als<br />
Kreislauf – zirkulär - zu beschreiben.<br />
Um ein allgemeines kybernetisches System anschaulich zu machen, wird häufig das<br />
Beispiel einer Zentralheizung verwendet.<br />
Der Thermostat hält die Zimmertemperatur durch einen Soll-Ist-Wert-Vergleich<br />
konstant. Fällt die Zimmertemperatur (Ist-Wert) auf Gr<strong>und</strong> von Umwelteinflüssen<br />
unter den Soll-Wert zurück, wird die Differenz ausgeglichen. Ziel ist also ein<br />
Gleichgewicht, eine gleich bleibende Zimmertemperatur.<br />
Da die Wärme im Zimmer an die Umwelt abgegeben wird, ist eine völlige Stabilität<br />
nicht möglich. Durch die Regulierung des Thermostates wird jedoch ein sogenanntes<br />
Fliessgleichgewicht aufrechterhalten, das trotz geringer Abweichungen eine relativ<br />
konstante Temperatur gewährleistet. Dieses Gleichgewicht ist nur durch einen<br />
beständigen Soll-Ist-Wert-Vergleich möglich, wobei die Differenz zurückgemeldet<br />
wird. Diese Rückmeldung wird in der Kybernetik Rückkopplung oder Feedback<br />
genannt.<br />
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In sozialen Systemen gibt es ebenfalls Rückkopplungsmechanismen, allerdings sind<br />
diese wesentlich komplexer.<br />
Die Kybernetik kann helfen, solche Regelkreise (Teufelskreise/krankmachende<br />
Muster, wie im Beispiel des Schülers) zu erkennen.<br />
Es geht bei diesem diagnostischen Vorgehen nicht um die Antworten auf Warum-<br />
Fragen, sondern um die Frage: Wie funktioniert dieses System? Welche impliziten<br />
Regeln <strong>und</strong> Wechselwirkungen (durch nicht vereinbare, gegensätzliche Kreisläufe)<br />
sind erkennbar? Wozu dienen die einzelnen Verhaltensweisen?<br />
Im Beispiel des Schülers finden negativ Feedbackschleifen statt, da sich hier die<br />
Verhaltensweise nicht ändert <strong>und</strong> konstant bleibt. Die unvereinbaren<br />
Verhaltensweisen, welche jeweils das nicht gewollte Verhalten des anderen noch<br />
verstärken, festigen die vorliegende Kommunikationsstörung.<br />
Damit sich ein solcher Teufelskreis auflösen kann, muss sich entweder (mindestens)<br />
einer der beiden gegenläufigen Erwartungen in einen Soll-Wert verändern, oder es<br />
muss sich mindestens eine der beiden Verhaltensweisen ändern.<br />
Um dies auch in Zukunft in anderen Kommunikationsstörungen nutzbar zu machen,<br />
sollten die beiden Kreisläufe durch die Einführung von Metakommunikation<br />
miteinander verb<strong>und</strong>en werden.<br />
Die Lehrer-Schüler-Beziehung kann dann aus dem Teufelskreis heraustreten, da die<br />
Kommunikation über die Kommunikation es ermöglicht, die unbewussten Regeln in<br />
bewusste Regeln zu verändern. Ein Bewusstmachen der Verknüpfung <strong>und</strong> der<br />
wechselseitigen Beeinflussung des Verhaltens läßt auch den eigenen Beitrag am<br />
Verhalten des anderen erkennen. Dadurch kann sich das Gefühl der eigenen<br />
Machtlosigkeit verringern <strong>und</strong> es können auf beiden Seiten neue Verhaltensweisen<br />
verwirklicht werden.<br />
Kybernetik ist ein Modell <strong>und</strong> nicht die Realität - diese Tatsache darf nicht vergessen<br />
werden. Interaktionen von Menschen dürfen auch nicht auf die Komplexitätsstufe<br />
einer Heizkörperregulierung reduziert werden, da bei menschlichen Interaktionen<br />
immer mehrere Kreise ineinander wirken.<br />
Als Analyse- <strong>und</strong> Diagnosemethode ist die Kybernetik aber geeignet, da die<br />
Komplexität der realen Situation reduziert wird, ohne wichtige Wechselwirkungen<br />
auszuklammern. Erst durch eine solche Reduktion können die unzähligen<br />
Informationen so strukturiert werden, dass Verantwortungsträger innerhalb<br />
komplizierter Beziehungsgeflechte handlungsfähig bleiben.<br />
Wer professionell mit dieser Theorie arbeiten will, muss sich dabei aber stets der<br />
Tatsache bewusst sein, dass die (zwischen-) menschliche Wirklichkeit immer mehr<br />
beinhaltet als die Informationen, die durch eine Theorie, wie der Kybernetik erfasst<br />
werden können.<br />
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3. Systemisches Denken - heute<br />
Systemisches Denken breitet sich gegenwärtig in den verschiedensten Bereichen aus<br />
<strong>und</strong> bringt eine Ergänzung zum reinen analytischen Denken.<br />
Es müssen nicht alle Zusammenhänge bis in alle Details erkannt werden, um mit<br />
Systemen angemessen agieren zu können. Besonders dann aber, wenn die bisherige<br />
Handlungskompetenz brüchig wird <strong>und</strong> das derzeitige Handeln mehr Probleme<br />
bereitet als Lösungen bringt, sollte der Blick erweitert werden.<br />
Dann ist es sinnvoll, Ausschau nach weiteren Variablen <strong>und</strong> Wechselwirkungen zu<br />
halten, die bisher vernachlässigt wurden, um neue Möglichkeiten entwickeln zu<br />
können.<br />
4. Typische Schritte im Prozess einer <strong>systemischen</strong> Beratung<br />
1.) Klärung des Beratungskontextes (Wie kommt der Ratsuchende zu dir?)<br />
Ziel ist die Klärung der Ausgangslage der Beratung, damit klare <strong>und</strong> für den<br />
Beratungslehrer akzeptable Aufträge formuliert werden können:<br />
Dabei ist wichtig, an die Verfassung <strong>und</strong> Situation der Ratsuchenden anzuschliessen.<br />
- Welche Bedeutung hat das Gespräch für die Beteiligten?<br />
- Welche Erwartungen haben sie?<br />
- Welche Problemdefinition haben die Beteiligten?<br />
- Welche Meinungen <strong>und</strong> Einstellungen zum Problem vertreten die Beteiligten?<br />
- Welche Unterschiede gibt es?<br />
Im schulischen Kontext der Beratung ist es wichtig, wenn Schüler <strong>und</strong> Eltern von<br />
Kollegen zu Beratungslehrern geschickt werden, abzuklären, welche Problemsicht der<br />
überweisende Kollege, welche Erklärungen, welche Lösungsversuche <strong>und</strong> welche<br />
Erwartungen von ihm formuliert wurden.<br />
- Herstellung einer kooperativen Beziehung.<br />
2.) Problemdefinition der Beteiligten erfragen<br />
- Unterschiede herausstellen.<br />
- Frage nach deren Auswirkungen.<br />
- Frage nach der Bedeutung <strong>und</strong> den Auswirkungen von „Etikettierungen“.<br />
3.) Erklärungen für das Problem erfragen<br />
- Auf Übereinstimmungen <strong>und</strong> Unterschiede achten.<br />
- Nachfragen, ob die Beteiligten dem Verständnis des Beraters zustimmen.<br />
- Benennung dessen, was diese Erklärungen einschließen / was sie ausschließen.<br />
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4. ) Klärung der Erwartungen<br />
- Welche Erwartungen haben die Beteiligten an wen?<br />
- Welche Bedeutungen schreiben sie diesen Erwartungen zu?<br />
5.) Ziele erfragen <strong>und</strong> benennen<br />
- Welches Ziel möchten sie erreichen?<br />
- Woran werden sie erkennen/ andere erkennen, dass das Problem verschw<strong>und</strong>en ist?<br />
- Was werden sie/ andere als erstes tun?<br />
- Was werden sie/ andere dann tun?<br />
- Was wird dann noch anders sein als jetzt?<br />
6.) Bisherige Lösungsversuche erörtern<br />
- Was haben sie bisher schon unternommen, um zu einer Lösung zu kommen?<br />
7.) Problemmuster erfragen<br />
- Was tun sie/ andere, wenn das Problem auftritt? (Interaktionsmuster)<br />
- Wie wirkt das Problem auf sie/auf andere, in welcher Weise?<br />
- Wer reagiert womit darauf?<br />
- Was tut wer, wenn das Problem da ist?<br />
8.) Frage nach Ausnahmen vom Problem<br />
- Wann war das schon einmal anders?<br />
9.) Konstruieren einer Lösung<br />
- Formulierung des Ziels als Lösung in Verhaltensweisen<br />
10.) Benennung konkreter kleiner Schritte <strong>und</strong> deren Beschreibung<br />
- Wer tut was, wann, wo, wie - auf dem Weg zu einer Lösung?<br />
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11.) Lösungsmaßnahme/n in den Lebenskontext des Ratsuchenden stellen<br />
- Welche Auswirkungen hat das, was sie tun, auf wen?<br />
- Was ist der Preis dieser Lösungsschritte?<br />
- Wollen sie den tragen/bezahlen?<br />
- Was kann ihnen helfen das zu tun?<br />
12.) Auflösen der Problemtrance<br />
- Was müsste wer tun, um das Problem zu behalten?<br />
- Was wird wer tun, um das Problem zu verschlimmern/zu verstärken?<br />
13.) Verstärkung der Lösungsschritte<br />
- Wenn Lösungsschritte berichtet werden, nie mehr davon abrücken<br />
- Genaue Erfragung,wie sie zustande kamen.<br />
- Aufforderung zum weiteren Ausbau.<br />
- Wie können sie erleichtert werden?<br />
- Welche Auswirkungen haben sie auf wen oder was?<br />
- Welche Lösungshemmenden Ideen tauchen auf?<br />
14.) Erklärungen für das Ausbleiben von Lösungen finden<br />
- Welche Erklärungen gibt es dafür?<br />
- Welche Auswirkungen hat das auf den Auftrag?<br />
- Wer soll hier etwas tun?<br />
- Wer trägt Verantwortung wofür, für welche Veränderung?<br />
15.) Beachte: Jede Beratung hat ihren eigenen Verlauf<br />
- Führung einer Bilanz des bisherigen Verlaufs<br />
- Rückschlüsse für den Auftrag ziehen<br />
- Klärung des heutigen Auftrag<br />
- Schritte 1-14 durchführen<br />
- Oder beenden<br />
Der Berater muss Zugang zu den subjektiven Weltsichten (persönliche Landkarte) des<br />
Ratsuchenden erhalten <strong>und</strong> auch die anderen Systeme, in denen dieser sich bewegt,<br />
<strong>und</strong> deren Weltsicht kennen.<br />
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Vertreter des lösungsorientierten Ansatzes werden von vornherein das Zielverhalten<br />
des Ratsuchenden in den Vordergr<strong>und</strong> stellen, <strong>und</strong> gemeinsam mit dem Ratsuchenden<br />
Lösungswege entwickeln, die aus seinem Verhaltenspotential erwachsen.<br />
Der Ratsuchende wird prinzipiell als lösungskompetent angesehen.<br />
Im Gespräch wird demnach versucht Zugang zu der “persönlichen Landkarte“ des<br />
Ratsuchenden zu erlangen <strong>und</strong> gemeinsam mit ihm Muster oder Strategien für eine<br />
Lösung zu entwickeln, die der Ratsuchende dann in der Realität umsetzen kann.<br />
5. Der Philosoph in der Wirtschaft<br />
Der Zusammenhang von Systemtheorie <strong>und</strong> sokratischer Maieutik<br />
Anders als es etwa die Berufszweige der Psychologen <strong>und</strong> Pädagogen verstanden <strong>und</strong><br />
verstehen es die Philosophen mitunter schlecht, ihr Wissen <strong>und</strong> ihre Profession zu<br />
vermarkten.<br />
Das Anliegen selbst, dieses zu tun, gilt schon als unphilosophisch. Dabei gehen nicht<br />
wenige Theoreme etwa in der betrieblichen Weiterbildung insbesondere innerhalb der<br />
Felder von Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung auf philosophische<br />
Fragestellungen zurück.<br />
Dazu wird der systemische Beratungsansatz näher betrachtet <strong>und</strong> ein Verweis auf die<br />
sokratische Maieutik angestellt.<br />
Nach wie vor gibt es keine philosophische Konzeption der Systemtheorie.<br />
Dabei geht gerade der zentrale Gedanke jeder <strong>systemischen</strong> Beratungsleistung auf die<br />
philosophische Fragetechnik zurück, eine Technik, welche Sokrates generiert hat <strong>und</strong><br />
die seither als “Hebammenkunst“ (Maieutik) bezeichnet wird.<br />
6. Systemische Beratung<br />
Systemische Beratung verfolgt vereinfacht gesprochen das Ziel, ein System so zu<br />
beraten, dass es dazu fähig wird, selbstständig <strong>und</strong> eigenverantwortlich die Lösung für<br />
eine sich stellende Anforderung zu finden <strong>und</strong> somit die systemimmanenten Kräfte zu<br />
entfalten. Evolutionistisch formuliert muss letztendlich das Ziel sein, die<br />
Überlebensfähigkeit des Klientensystems zu erhöhen.<br />
Der Berater hat sich hierbei möglichst neutral zu verhalten <strong>und</strong> möglichst jede<br />
Manipulation hinsichtlich eines Lösungsansatzes zu vermeiden.<br />
Im Gegensatz zu anderen Beratungsansätzen wird der systemisch orientierte Berater<br />
anbieten, die Situation transparent zu machen bzw. mögliche Veränderungsmuster zu<br />
diskutieren. Er wird jedoch nicht auf eine Veränderung drängen, also die Richtung der<br />
Veränderung vorgeben. Das würde jedoch in die innere Sinnhaftigkeit des Systems<br />
eingreifen <strong>und</strong> einen externen Sinn geben. Was für das System gut ist, kann aber nur<br />
das System selbst erkennen.<br />
Systemtheorie geht damit implizit davon aus, dass ein System die Möglichkeiten zur<br />
Lösung seiner Probleme immer schon in sich trägt. Es ist demnach einsichtig, dass es<br />
hinderlich sein kann, wenn der Berater vom Fach ist.<br />
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Wie ein guter Moderator, sollte auch der Berater nicht in der Materie stecken, um<br />
“Besucheraugen“ auf Problemstellung <strong>und</strong> System zu behalten.<br />
Aufgabe des Beraters ist es, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, was nichts anderes<br />
bedeutet, als das System zur Eigenlösung der ja ursprünglich vom System<br />
selbstgenerierten Probleme anzuregen. Dazu müssen bestehende Strukturen <strong>und</strong><br />
Dogmen in Frage gestellt werden.<br />
Der Berater nutzt die Methodik der “zirkulären Fragens“, insbesondere in der ersten<br />
Informationsphase, um bestehende Beziehungsnetze sichtbar zu machen.<br />
Dabei geht es zunächst nicht um einen Abgleich von Selbst- <strong>und</strong><br />
Fremdwahrnehmung, denn die jeweilige Sicht, die sich aus den zirkulären Fragen<br />
ergibt, bildet schließlich ein System für den Befragten <strong>und</strong> stellt somit seine<br />
“Realität“ dar.<br />
Der Berater sollte einem System keine von aussen gesteuerte Rationalität aufzwingen.<br />
Vertritt man die Annahme, dass soziale Systeme sinngesteuert agieren, ergibt sich<br />
vielmehr zuerst die Notwendigkeit, den hinter den funktionalen Strukturen <strong>und</strong><br />
Prozessen wirkenden Sinn zu verstehen.<br />
Anders als Sokrates, welcher auch ungefragt die Athener Bürger vor gut<br />
zweieinhalbtausend Jahren auf dem Marktplatz in ein Gespräch verwickelte, findet<br />
der Berater ein System vor, das sich Hilfe bei der Lösung eines Problems wünscht.<br />
Der Berater hat die Gewissheit, dass im System die Mittel der Problemlösung<br />
immanent vorhanden sind, ebenso wie Sokrates sich als Hebamme einer Wahrheit<br />
verstand, welche immer schon in den Menschen steckte.<br />
Eine punktuelle Veränderung von Handlungsweisen allein kann keine permanente<br />
Zustandsänderung eines Systems bewirken. Demnach ist die eigenverantwortliche<br />
Änderung des Zustands die einzige Möglichkeit für dauerhaften Erfolg.<br />
7. Methodische Verallgemeinerung<br />
Eine sehr gute Einführung in die sokratische Fragetechnik finden wir im Dialog<br />
“Laches“.<br />
Zunächst geht es darum, zu klären, ob die Fechtkunst ein geeignetes Mittel sei, um<br />
Tapferkeit zu erreichen. Sokrates wird zur Klärung dieser Frage hinzugezogen.<br />
Anstatt aber die Frage zu beantworten, hinterfragt er die Fechtkunst, <strong>und</strong> zu welchem<br />
Zweck sie erlernt werden soll. Ist es die Tapferkeit, die damit erreicht werden soll, so<br />
beginnt Sokrates einen allgemeinen Diskurs, der untersuchen soll, was Tapferkeit<br />
denn eigentlich sei. Letztendlich zeigt sich, dass niemand angeben kann was<br />
Tapferkeit ist. Auftrag an Sokrates war es aber, zu klären, ob Fechtkunst geeignet sei,<br />
um tapfer zu werden. Wenn aber das Ziel nicht definiert werden kann, wie kann man<br />
dann zielführende Mittel hierfür definieren?<br />
Sokrates macht also nichts anderes als seinen Auftrag „Klarzuziehen“. Kann der<br />
Zweck des Auftrages nicht definiert werden, so kann er auch keinen Ratschlag zu<br />
sinnvollen Mitteln geben.<br />
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Nicht anders ist heute ein systemischer Berater tätig, der etwa geeignete Mittel<br />
erarbeiten soll, welche die Mitarbeitermotivation erhöhen.<br />
Der Berater wird hier anhand der sokratischen Methodik Fragen nach dem<br />
Allgemeinen stellen, indem er zunächst den Auftrag klar definiert.<br />
Was meint der Auftraggeber damit, wie ist das Ziel messbar, was genau ist darunter<br />
zu verstehen?<br />
Unter Umständen ergibt sich daraus, dass der Berater nicht die Mittel umsetzt, die im<br />
Auftrag ursprünglich festgesetzt waren, sondern völlig andere Mittel bei geänderter<br />
Zielsetzung notwendig werden.<br />
Wie Sokrates ist der Berater nur der Fragende. Er stellt die Fragen, enthält sich aber<br />
selbst der Behauptungen.<br />
Sokrates war der erste, der solche Fragen gestellt hat, nämlich methodische Fragen<br />
nach dem Allgemeinen.<br />
Aber wir finden noch mehr sokratische Stilmittel, welche heutzutage implizit den<br />
Weg in die aktuellen Beratungsmethoden gef<strong>und</strong>en haben.<br />
In Ergänzung zur oben aufgeführten Methode der Verallgemeinerung soll im<br />
Weiteren auf die sokratischen Stilmittel der Aporie <strong>und</strong> der Ironie eingegangen<br />
werden.<br />
8. Aporie <strong>und</strong> Ironie<br />
Die Tatsache, dass der sokratische Dialog oft in einer Aporie endet, ist nicht<br />
gleichbedeutend damit, dass das Gespräch kein Ergebnis hat.<br />
Der Befragte entlarvt sich, nichts über das, wozu er befragt wird, zu wissen. Sokrates<br />
weiß ebenfalls nichts darüber, hat aber dem Befragten voraus, das er sich zumindest<br />
über diesen Zustand des Nichtwissens im Klaren ist, was als sokratische Ironie<br />
bezeichnet wird.<br />
Als Ergebnis ist dennoch festzuhalten, dass man am Ende mehr wieß als vorher,<br />
nämlich zumindest die Negation der Richtigkeit von Sachverhalten feststellen kann.<br />
Hierbei kann der Berater aber nicht stehen bleiben.<br />
Im Gegensatz zum freien Philosophieren, welches durchaus in der Aporie enden kann,<br />
darf die Aporie im Beratungsgespräch nur eine Zwischenbilanz sein.<br />
Sie wird bei festgestelltem Irrtum des ursprünglichen Auftrags (also der Ziele <strong>und</strong> der<br />
damit verb<strong>und</strong>enen Mittel) zur Formulierung eines neuen Auftrages führen.<br />
Die Aporie ist somit letztendlich kein Selbstzweck, aber zur klaren Definition eines<br />
Auftrages, u.U. auch zur Vermeidung von Manipulationen ein notwendiges Stadium<br />
im Beratungsprozess.<br />
Wir wollen noch einmal die Gemeinsamkeiten zwischen sokratischer Methodik <strong>und</strong><br />
systemischer Beratung zusammenfassen:<br />
Die Systemtheorie schließt sich dem sokratischen Menschenbild an, indem es davon<br />
ausgeht, dass das Wissen im System vorhanden ist <strong>und</strong> von einem neutralen Berater<br />
nur unterstützt werden muss, um hervorzutreten. Der Berater trägt die Lösung nicht<br />
von aussen an das System heran.<br />
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Aristoteles bezeichnet die Methodik der sokratischen Gespräche dementsprechend:<br />
“Sokrates fragte nur, aber er antwortet nicht“. Die sokratische Maieutik ist demnach<br />
ein geeignetes Mittel, um methodisch Wissen hervozuholen <strong>und</strong> Lösungen für<br />
Probleme zu erhalten.<br />
Die Stilmittel der Verallgemeinerung, der Aporie, wie auch der Ironie kommen<br />
ebenso in der <strong>systemischen</strong> Beratung zur Anwendung, wenn auch unter der<br />
Verwendung von anderen Begrifflichkeiten.<br />
Die Welt hat sich verändert. Die Philosophen sollten das auch. Ein Konzept<br />
philosophischer Systemtheorie vorzustellen wäre eine von vielen lohnenswerten<br />
Aufgaben für Philosophen, nicht zuletzt auch hinsichtlich der bestehenden<br />
Marktnachfrage.<br />
Die Philosophen müssen ihre Scheu überwinden, sich in aktuellen Gesellschaftsfragen<br />
nützlich zu erweisen.<br />
Die Gesellschaft hat verlernt in der Philosophie einen Nutzen zu sehen <strong>und</strong> die<br />
Philosophen haben verlernt sich als nützlich zu erweisen, vielleicht auch aus der<br />
unbegründeten Angst heraus, damit den Anspruch auf Wahrheit zu verkaufen.<br />
Vielleicht wäre Sokrates heutzutage als systemischer Berater tätig.<br />
9. Anmerkungen<br />
1.) Die Frage, wie es möglich sein kann, ein System ohne Manipulation zu<br />
beeinflussen, ist nur eine von vielen interessanten Fragestellungen, die sich<br />
mit diesem Ansatz stellen. Man kann sich auch fragen, wieso das System<br />
einen Berater braucht, wenn doch die Möglichkeiten der Selbsthilfe vorhanden<br />
sind, insbesondere ob es dann nur um die Bewussstmachung eigener<br />
Potentiale geht.<br />
2.) Vertragliche Verpflichtungen geht man nicht mit einzelnen Personen ein,<br />
sondern mit dem Klientensystem. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
dass von Anfang an Versuche, Bündnisse mit Einzelpersonen oder<br />
Machtkonstellationen zu knüpfen, häufig sind. Diese Versuche sind meist<br />
darauf abzielend, anstehende Veränderungen abzuschwächen.<br />
Generell ist auch zu sehen, wer Auftraggeber des Beraters ist:<br />
Es ist selten der Fall, dass Berater genau von Personen (-gruppen) beauftragt<br />
werden, welche etwa durch Veränderungsprozesse einen Machtverlust<br />
befürchten. Auch wenn Symptome an einzelnen Personen festgemacht<br />
werden, dient diese Lokalisierung von Problemen häufig als Strukturschutz<br />
eines veränderungswilligen Systems, oder von Teilen darin.<br />
Dies alles ist bei der Übernahme eines Auftrages zu bedenken. Der Auftrag ist<br />
demgemäß zunächst zu hinterfragen <strong>und</strong> kann, insbesondere wenn sich für den<br />
Berater durch gezieltes Nachfragen <strong>und</strong> Überprüfen ein Manipulationswille<br />
erkennen lässt, in einer Aporie enden.<br />
Es zeigt sich dann dass der/ die Auftraggeber an den Berater Auftragsinhalte<br />
herantragen, welche sich nach methodischem Hinterfragen als irrelevant<br />
herausstellen.<br />
Der Auftrag muss dann neu formuliert werden.<br />
Quelle: www.schulberatung.nrw.de – www.learnline.nrw.de – 2005 - 14
10. Literaturverzeichnis<br />
Riegas, Volker / Vetter Christian (Hrsg.): Zur Biologie der Kognition - Ein Gespräch<br />
mit Humberto R. Maturana <strong>und</strong> Beiträge zur Diskussion seines Werkes. Frankfurt am<br />
Main 1990.<br />
Varela, Franscisco J.: Kognitionswissenschaft - Kognitionstechnik. Frankfurt am<br />
Main 1990.<br />
Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft. 2 Bd., Frankfurt am Main 1997.<br />
Laches / Eigler, G. (Hrsg): Platon, Werke in 8 Bänden. Darmstadt 1977.<br />
Königswieser, R./ Lutz Ch. (Hrg.): Das systemisch-evolutionäre Management: der<br />
neue Horizont für Unternehmer. Wien 1992.<br />
Schreyögg, A.: Supervision, 4.Auflage, Wiesbaden 2004.<br />
Sherwood, D.: Den Wald vor lauter Bäumen sehen. 1. Auflage, Weinheim 2003.<br />
Walter, John L./ Peller, Jane E.: Lösungsorientierte Kurztherapie. Dortm<strong>und</strong> 1994.<br />
Eberling, W./ Horgans, J. (Hrsg.): Einfach kurz gut. Dortm<strong>und</strong> 1996.<br />
Quelle: www.schulberatung.nrw.de – www.learnline.nrw.de – 2005 - 15