Artenhilfsprogramm Artenhilfsprogramm Tagfalter Tagfalter - NABU ...
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<strong>NABU</strong> <strong>NABU</strong>-Naturschutzstation <strong>NABU</strong> Naturschutzstation Münsterland Münsterland e.V.<br />
e.V.<br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong><br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong><br />
<strong>Tagfalter</strong><br />
<strong>Tagfalter</strong><br />
für für die die Davert Davert und und Hohe Hohe Ward<br />
Ward
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 1<br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward<br />
Bearbeitung: Dipl.-Landschaftsökologe Andreas Beulting<br />
<strong>NABU</strong> - Naturschutzstation Münsterland<br />
Zumsandestraße 15<br />
48145 Münster<br />
Telefon: 0251 / 9879953<br />
Fax: 0251 / 136008<br />
E-mail: nabustat@muenster.de<br />
www.<strong>NABU</strong>-Station.de
Inhalt<br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 2<br />
1 Einleitung .....................................................................................................................................3<br />
2 Zielsetzung ...................................................................................................................................3<br />
3 Projektgebiet.................................................................................................................................4<br />
4 Material und Methoden ................................................................................................................5<br />
5 <strong>Tagfalter</strong> in der Davert und Hohen Ward.....................................................................................6<br />
5.1 Artenspektrum......................................................................................................................6<br />
5.2 Verbreitung und Gefährdung ...............................................................................................7<br />
5.3 Lebensräume und Habitatstrukturen ..................................................................................11<br />
5.4 Auswertung historischer Daten ..........................................................................................17<br />
6 Folgerungen für den Naturschutz und Handlungskonzept.........................................................21<br />
6.1 Allgemeiner Teil ................................................................................................................21<br />
6.1.1 Waldlebensräume.......................................................................................................21<br />
6.1.2 Hecken, Gebüsche, Feldgehölze ................................................................................30<br />
6.1.3 Säume.........................................................................................................................32<br />
6.1.4 Grünland.....................................................................................................................34<br />
6.1.5 Sandmagerrasen .........................................................................................................36<br />
6.1.6 Brachen.......................................................................................................................38<br />
6.1.7 Ackerflächen ..............................................................................................................40<br />
6.2 Spezieller Teil ....................................................................................................................41<br />
6.2.1 Maßnahmen in der Davert................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />
6.2.2 Hohe Ward .......................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.<br />
Literatur..............................................................................................................................................42
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 3<br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward<br />
1 Einleitung<br />
Seit 1998 engagiert sich die <strong>NABU</strong>-Naturschutzstation Münsterland im Rahmen eines von der Stadt<br />
Münster geförderten Naturschutzprojektes in den Waldlandschaften Davert und Hohe Ward im südlichen<br />
Stadtgebiet von Münster. In diesem Zeitraum wurden neben anderen Erhebungen auch regelmäßig<br />
- und mit Schwerpunkt in den Jahren 2003/2004 - Vorkommen von <strong>Tagfalter</strong>n sowie Zustand<br />
und Entwicklung der von ihnen besiedelten Biotope im Projektgebiet dokumentiert.<br />
Dabei wurde deutlich, dass die Davert das wichtigste Verbreitungsgebiet waldgebundener Tagschmetterlinge<br />
im Münsterland ist. Die Bedeutung des angetroffenen Artenspektrums reicht weit<br />
über das Stadtgebiet hinaus und trägt sehr wesentlich zum Naturschutzwert des Gebietes bei.<br />
Obwohl in den letzten 50-80 Jahren viele Arten ausgestorben sind, ist die Davert ein noch „Schmetterlingswald“!<br />
Doch vielfältige Gefährdungsfaktoren, insbesondere ungünstige Veränderungen der<br />
<strong>Tagfalter</strong>lebensräume und der Verlust wichtiger Habitatstrukturen bedrohen nach wie vor das Überleben<br />
nicht weniger Arten im Gebiet.<br />
Damit Tagschmetterlinge, die als „Wesen aus Licht und Wasser“, „Gaukler der Lüfte“ oder „Fliegende<br />
Edelsteine“ seit jeher die Menschen faszinieren, auch noch in Zukunft durch die Davert gleiten,<br />
wurde der Projektschwerpunkt von der <strong>NABU</strong>-Naturschutzstation Münsterland ab dem Jahr<br />
2003 auf die Sicherung und Förderung der <strong>Tagfalter</strong> und der ebenfalls tagaktiven Widderchen gelegt<br />
und ein <strong>Artenhilfsprogramm</strong> erstellt.<br />
Das nun vorliegende <strong>Artenhilfsprogramm</strong> berücksichtigt neben der Davert auch die angrenzende<br />
Hohe Ward. Es zielt vor allem auf die Umsetzung konkreter Hilfsmaßnahmen ab, von denen nicht<br />
allein die <strong>Tagfalter</strong> profitieren werden: Denn diese Artengruppe steht auch stellvertretend für zahlreiche<br />
andere Tierarten strukturreicher Wald-Offenland-Übergangslebensräume und extensiv genutzter<br />
Grünland- und Saumbiotope, die im Fahrwasser der für die Schmetterlinge geplanten<br />
Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen mitschwimmen werden. So profitieren zum Beispiel<br />
nicht wenige Vogelarten (u.a. Neuntöter, Nachtigall und Baumpieper) sowie eine sehr artenreiche<br />
Entomofauna von den geplanten Maßnahmen.<br />
Der Inhalt der Arbeit ist so aufgebaut, dass zu Beginn die aktuelle Verbreitung der <strong>Tagfalter</strong> im<br />
Projektraum Davert / Hohe Ward und die von ihnen besiedelten Lebensräume und benötigten Habitatrequisiten<br />
vorgestellt werden. Aus der Zusammenschau dieser Daten, ergänzt durch die Ergebnisse<br />
einer Auswertung älterer und historischer Daten, werden wesentliche Gründe des Artenrückganges<br />
und der aktuellen Gefährdung abgeleitet. Da das Hilfsprogramm gezielt umsetzungsorientiert<br />
entwickelt wurde, ist dem sich anschließenden Maßnahmenteil entsprechend viel Raum gegeben.<br />
Die arten- und biotopbezogenen Maßnahmen werden zunächst allgemein und abschließend flächenscharf<br />
vorgestellt.<br />
2 Zielsetzung<br />
Das Artenschutzprojekt <strong>Tagfalter</strong> und das darin entwickelte Artenshilfsprogramm für die Davert<br />
und Hohe Ward verfolgen als wesentliche Ziele:<br />
• Verbesserung des Kenntnisstandes zur aktuellen Verbreitung, Gefährdung und Entwicklung<br />
der <strong>Tagfalter</strong>zönose in der Davert und Hohen Ward, insbesondere der gefährdeten Arten,<br />
• Ermittlung der für das Projektgebiet relevanten Zielarten und ihrer Habitatansprüche,
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 4<br />
• Darstellung der aktuellen <strong>Tagfalter</strong>lebensräume, ihres Zustandes und möglicher Gefährdungsfaktoren,<br />
und darüber hinaus weiterer Flächen mit Entwicklungspotenzial für diese<br />
Artengruppe,<br />
• Entwicklung von Maßnahmen zur Erhaltung, Optimierung und Entwicklung der für <strong>Tagfalter</strong><br />
und Widderchen bedeutsamen und erforderlichen Biotope und Habitatstrukturen,<br />
• Darstellung konkreter Pflege- und Optimierungsmaßnahmen auf Flächen im Projektgebiet,<br />
• Dokumentation der Auswirkungen und Erfolge der durchgeführten Maßnahmen (Effizienzkontrolle).<br />
Das im Rahmen des Bürgerinformationssystems (BIS) Münster entwickelte „<strong>Artenhilfsprogramm</strong><br />
<strong>Tagfalter</strong>“ (GLÖCKNER 2004) wird aufgegriffen und für das Projektgebiet konkretisiert.<br />
3 Projektgebiet<br />
Das Projektgebiet umfasst die beiden Waldlandschaften Davert und Hohe Ward im Süden von<br />
Münster. Die Hohe Ward liegt größtenteils auf dem Stadtgebiet von Münster. Die Davert erstreckt<br />
sich zu etwa gleichen Teilen auf die Kreise Coesfeld und Warendorf und das Stadtgebiet Münster.<br />
Zusammen bilden beide Naturräume das größte zusammenhängende Waldgebiet im zentralen<br />
Münsterland.<br />
Während die Davert überwiegend von staufeuchten Lehmböden der Saale-Vereisung geprägt ist, die<br />
lokal von mehr oder weniger mächtigen Sandauflagen aus dem Weichsel-Glazial überdeckt bzw.<br />
durchmischt sind, befindet sich der Kernbereich der Hohen Ward auf dem durch eiszeitliche<br />
Schmelzwasserablagerungen entstandenen so genannten „Münsterländer Kiessandrücken“ mit vorherrschend<br />
trockenen Sandböden, die zu den Rändern des Höhenrückens in staufeuchte Lehmböden<br />
übergehen.<br />
Das aus einer großflächigen Heidelandschaft hervorgegangene Waldgebiet der Hohen Ward wird<br />
heute im zentralen Bereich von ausgedehnten Kiefernwäldern geprägt. In den Randbereichen überwiegen<br />
Laubmischwälder: Mit abnehmender Sandauflage und zunehmendem Grundwassereinfluss<br />
zunächst Buchen-Eichenwälder, gefolgt von Eichen-Hainbuchen und an den feuchtesten Standorten<br />
Bruch- und Niederungswälder. Reste der historischen Kulturlandschaft mit Heiden und Sandtrockenrasen<br />
finden sich in unmittelbarer Nähe zum Hiltruper See und kleinflächig entlang verschiedener<br />
Wege und Böschungen im übrigen Gebiet des Kiessandzuges.<br />
Die Davert setzt sich zusammen aus mehreren miteinander verbundenen unzerschnittenen Waldkomplexen,<br />
die eng verzahnt sind mit einer von Hecken, Kleingehölzen, Gräben und Bächen strukturierten,<br />
mitunter noch grünlandgeprägten, überwiegend jedoch ackerbaulich genutzten „Münsterländer<br />
Parklandschaft“. Prägende Waldgesellschaften der Davert sind Eichen-Hainbuchenwälder,<br />
die hier ihre größte zusammenhängende Verbreitung in Nordwestdeutschland haben, und – bei entsprechendem<br />
Sandeinfluss - bodensaure Buchen-Eichenwälder. Weit verbreitet sind feuchte Auen-<br />
und Niederungswälder sowie nasse Erlen- und Birkenbruchwälder. Obwohl in den letzten Jahrzehnten<br />
ein starker Rückgang des Grünlandes stattgefunden hat, gibt es in der Davert noch an zahlreichen<br />
Stellen größere, teils feuchte und vergleichsweise extensiv genutzte Grünlandkomplexe.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 5<br />
4 Material und Methoden<br />
Das vorliegende Artenschutzprogramm <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward wurde auf der<br />
Grundlage der in den letzten 7 Jahren erhobenen Daten zur Verbreitung und Habitatnutzung dieser<br />
Artengruppe unter Berücksichtigung historischer Angaben zur <strong>Tagfalter</strong>fauna im Projektgebiet<br />
entwickelt.<br />
Die vorhandenen aktuellen Daten (Zeitraum von 1998 bis 2004) zu den Tagschmetterlingen sowie<br />
den von ihnen besiedelten Biotopen stammen aus:<br />
• Erhebungen der <strong>NABU</strong>-Naturschutzstation Münsterland im Rahmen des von der Stadt<br />
Münster geförderten „Davert-Projektes“ (seit 1998, mit Kartierschwerpunkt in 2004),<br />
• zwei Studienprojekten (1999: „Davert“; 2003: „Biomonitoring Hohe Ward“) des Institutes<br />
für Landschaftsökologie der Universität Münster, die von der <strong>NABU</strong>-Naturschutzstation begleitet<br />
wurden,<br />
• Erhebungen im Rahmen des Biomonitoring-Projektes Hohe Ward des <strong>NABU</strong> Münster<br />
(<strong>NABU</strong> MÜNSTER 1998),<br />
• einer Diplomarbeit von H. STEINER (2003),<br />
• Datenmeldungen verschiedener Gebietskenner: v. a. R. BOCZKI (Daten von 2003) und A.<br />
AUGUSTIN (Daten von 1998 bis 2004).<br />
Trotz der gerade in den Jahren 2003 und 2004 intensiven Erfassung der <strong>Tagfalter</strong> und Widderchen<br />
im Projektraum, sind für Teilbereiche der Davert noch größere Kartierlücken zu erwarten. Relativ<br />
intensiv wurde die Davert im Stadtgebiet Münster untersucht, während für die Kreise Coesfeld und<br />
Warendorf noch ein Kartierungsbedarf besteht.<br />
Bei den meisten Daten handelt es sich um Angaben zu Sichtbeobachtungen von Imagines. Präimaginalnachweise<br />
liegen nur vereinzelt vor -z. B. für Thecla betulae und aufgrund einer gezielten<br />
Nachsuche in größerer Zahl für Limenitis camilla (STEINER (2004). Im Rahmen der wissenschaftlichen<br />
Arbeiten (Diplomarbeit, Studienprojekte) und des Kartierprojektes 2004 wurden Angaben zum<br />
Fundort der <strong>Tagfalter</strong> und teilweise auch zu den äußeren Kartierungsumständen (Wetter, Tagesund<br />
Uhrzeit etc.) gemacht.<br />
Parallel zur Auswertung jüngeren Datenmaterials erfolgte eine umfangreiche Recherche nach alten<br />
bzw. historischen <strong>Tagfalter</strong>funden: Hier sind als sehr ergiebige und aufschlussreiche Datenquellen<br />
insbesondere verschiedene Schmetterlingssammlungen im Naturkundemuseum Münster und am<br />
Institut für Landschaftsökologie anzuführen (Auswertung durch R. BOCZKI und H. STEINER).<br />
In der Gegenüberstellung der aktuellen Verbreitungsdaten mit älteren (aus den letzten 20-30 Jahren)<br />
und historischen (etwa 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts) Angaben lassen sich nicht nur wichtige<br />
Rückschlüsse ziehen auf die Entwicklung der <strong>Tagfalter</strong>zönose im Gebiet, sondern - wegen der Eignung<br />
dieser Artengruppe als „Bioindikatoren“ - gerade auch auf wesentliche Veränderung der<br />
Landschaftsstruktur und Biotopausstattung in der Davert und Hohen Ward.<br />
Auf der Grundlage der ausgewerteten Daten, der bekannten Habitatansprüche der vorkommenden<br />
und potenziell im Gebiet möglichen Arten und der im Rahmen des Davert-Projektes gewonnenen<br />
detaillierten Gebietskenntnisse wurden Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahen formuliert:<br />
zunächst allgemein, d.h. art- bzw. biotopbezogen, im nächsten Schritt für konkrete Flächen und<br />
Strukturen im Projektgebiet.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 6<br />
5 <strong>Tagfalter</strong> in der Davert und Hohen Ward<br />
5.1 Artenspektrum<br />
Zwischen 1998 bis 2004 wurden in der Davert und Hohen Ward insgesamt 36 <strong>Tagfalter</strong>aten sowie<br />
eine Widderchenart nachgewiesen (siehe Tabelle 1).<br />
Tab. 1: Artenspektrum und Gefährdung der <strong>Tagfalter</strong> im Untersuchungsgebiet.<br />
Nomenklatur: wissenschaftliche Namen nach DUDLER et al. (1999), deutsche Namen nach EBERT & RENNWALD (1991); Gefährdungsgrad:<br />
Rote Liste NRW (nach DUDLER et al. 1999); NW = Nordrhein-Westfalen, WB = Westfälische Bucht, 0 = ausgestorben,<br />
1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Vorwarnliste, M = Migrant, - ungefährdet.<br />
Gefährdung<br />
Nr. Wissenschaftlicher Name Deutscher Name NW WB<br />
Hesperiidae Dickkopffalter<br />
1 Carterocephalus palaemon Gelbwürfeliger Dickkopffalter 3 2<br />
2 Thymelicus sylvestris Braunkolbiger Braun-Dickkopffalter * *<br />
3 Thymelicus lineola Schwarzkolbiger Braun-Dickkopffalter * *<br />
4 Ochlodes venata Rostfarbiger Dickkopffalter * *<br />
Papilionidae Ritterfalter<br />
5 Papilio machaon Schwalbenschwanz 3 V<br />
Pieridae Weißlinge<br />
6 Colias hyale Weißklee-Gelbling (Gemeiner Heufalter) 3 V<br />
7 Colias croceus Wander-Gelbling (Postillion) M M<br />
8 Gonepteryx rhamni Zitronenfalter * *<br />
9 Aporia crataegi Baum-Weißling 2 2<br />
10 Pieris brassicae Großer Kohl-Weißling * *<br />
11 Pieris rapae Kleiner Kohl-Weißling * *<br />
12 Pieris napi Grünader-Weißling * *<br />
13 Anthocharis cardamines Aurorafalter * *<br />
Lycaenidae Bläulinge<br />
14 Lycaena phlaeas Kleiner Feuerfalter * *<br />
15 Thecla betulae Nierenfleck-Zipfelfalter 3 2<br />
16 Neozephyrus quercus Blauer Eichen-Zipfelfalter * V<br />
17 Satyrium w-album Ulmen-Zipfelfalter 1 0<br />
18 Satyrium pruni Pflaumen-Zipfelfalter 2 2<br />
19 Celastrina argiolus Faulbaum-Bläuling * *<br />
20 Polyommatus icarus Hauhechel-Bläuling * *<br />
Nymphalidae Edelfalter<br />
21 Apatura iris Großer Schillerfalter * 3<br />
22 Limenitis camilla Kleiner Eisvogel 2 2<br />
23 Nymphalis io Tagpfauenauge * *<br />
24 Vanessa cardui Distelfalter M M<br />
25 Vanessa atalanta Admiral M M<br />
26 Nymphalis urticae Kleiner Fuchs * *<br />
27 Nymphalis polychloros Großer Fuchs 2 1<br />
28 Polygonia c-album C-Falter * V<br />
29 Araschnia levana Landkärtchen * *<br />
30 Argynnis paphia Kaisermantel 3 2<br />
31 Issoria lathonia Kleiner Perlmutterfalter M M<br />
32 Aphantopus hyperantus Schornsteinfeger (Brauner Waldvogel) * *<br />
33 Maniola jurtina Großes Ochsenauge * *<br />
34 Coenonympha pamphilus Kleines Wiesenvöglein V V<br />
35 Pararge aegeria Waldbrettspiel * 3<br />
36 Lasiommata megera Mauerfuchs V 3<br />
Zygaenidae Widderchen<br />
37 Zygaena trifolii Feuchtwiesen-Rotwidderchen 3 3
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 7<br />
Einige Arten konnten in diesem Zeitraum nur in einem Jahr dokumentiert werden:<br />
• Nymphalis polychloros (Großer Fuchs) und Aporia crataegi (Baum-Weißling): Beide Arten<br />
wurden 1999, danach jedoch nicht mehr nachgewiesen.<br />
• Papilio machaon (Schwalbenschwanz), Colias hyale (Weißklee-Gelbling), Colias croceus<br />
(Wander-Gelbling) und Issoria lathonia (Kleiner Perlmutterfalter): Diese als Wanderfalter<br />
bekannten Arten traten nur im „Extremsommer“ 2003 auf. Eine Reproduktion im Gebiet ist<br />
nicht auszuschließen, gerade auch weil regelmäßig Beobachtungen (Ausnahme: Issoria<br />
lathonia) auf der gleichen Fläche vorliegen. Im kühl-feuchten Jahr 2004 wurden diese Arten<br />
nicht mehr bestätigt.<br />
• Pararge aegeria (Waldbrettspiel): Mit dem Erstnachweis in 2004 besteht berechtigte Hoffnung,<br />
dass dieser früher in der Davert heimischen Art eine Wiederbesiedlung gelingt.<br />
Die <strong>Tagfalter</strong>zönose der Davert ist<br />
nach wie vor im Umbruch: Während<br />
einige Arten erst in jüngerer Zeit verschwunden<br />
sind, treten anderen nach<br />
Jahren des Fehlens wieder auf.<br />
Fotos 1-4: Von oben links nach unten<br />
rechts:<br />
Baum-Weißling (Aporia crataegie):<br />
letzter Fund 1999,<br />
Waldbrettspiel (Pararge aegeria):<br />
Über viele Jahre nicht beobachtet,<br />
Wiederfund in 2004,<br />
Schwalbenschwanz (Papilio machaon)<br />
und Wander-Gelbling (Colias croceus):<br />
Seltene Gäste im „Extremsommer“<br />
2003.<br />
(Fotos: Walter Schön, Bad Saulgau.)<br />
Für einige Arten mit einem ausgeprägten Wanderverhalten bleibt die Bodenständigkeit im Projektgebiet<br />
unsicher. Dazu zählen „periodische Einwanderer“ (EBERT & RENNWALD 1991) wie Colias<br />
croceus, Vanessa cardui und Vanessa atalanta sowie charakteristische Binnenwanderer wie Papilio<br />
machaon, Colias hyale, und Issoria lathonia, die innerhalb ihres Verbreitungsgebietes gerichtete<br />
Wanderflüge unternehmen (EBERT & RENNWALD 1991). Auch Lycaena phlaeas kann weit von den<br />
Larvalhabitaten entfernt auf blütenreichen Flächen angetroffen werden.<br />
Mit 36 von derzeit 70 in der Westfälischen Bucht heimischen <strong>Tagfalter</strong>arten kommen über 50 % der<br />
Arten dieser Großlandschaft im Projektgebiet vor (siehe Tabelle 2).<br />
5.2 Verbreitung und Gefährdung<br />
Für 11 bzw. 12 der 37 nachgewiesenen <strong>Tagfalter</strong>- und Widderchenarten besteht nach der Roten<br />
Liste Nordrhein-Westfalen (DUDLER et al. 1999) landesweit bzw. für die Großlandschaft „Westfälische<br />
Bucht/Westfälisches Tiefland“ eine Gefährdungssituation. Weitere 2 bzw. 5 Arten sind in der<br />
Vorwarnliste aufgeführt (siehe Tabelle 2). Bezogen auf die Westfälische Bucht sind somit über
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 8<br />
47 % der in der Davert nachgewiesenen Tagschmetterlinge gefährdet oder Vertreter der Vorwarnliste.<br />
Auffällig hoch ist der Anteil stark gefährdeter Arten. Landesweite Bedeutung hat das über mehrere<br />
Jahre bestätigte Vorkommen von Satyrium w-album in der Davert (bisher galt die Art für die<br />
Westfälische Bucht als „ausgestorben“).<br />
Tab. 2: Gefährdungssituation der in der Davert und Hohen Ward nachgewiesenen <strong>Tagfalter</strong> und Widderchen.<br />
D = Davert, HW = Hohe Ward; WB = Westf. Bucht, NW = Nordrhein-Westfalen; RL = Rote Liste, VL = Vorwarnliste;<br />
Gefährdungskategorien: 0 = ausgestorben, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet.<br />
Artenzahl: Gefährdungskategorien der Roten Liste Summe RL + VL<br />
D und HW /<br />
WB bzw. NW RL 0 RL 1 RL 2 RL 3 RL-Arten VL abs. %<br />
WB 36 (+1) / 70* 1 1 6 4 12 5 17 47,2<br />
NW 36 (+1) / 125* - 1 4 6 11 2 13 36,1<br />
* In Klammern: Anzahl Widderchen-Arten; Artenzahlen WB bzw. NW (nur <strong>Tagfalter</strong>) nach DUDLER et al. (1999).<br />
Die seltenen und gefährdeten Arten sind zu einem überwiegenden Anteil Bewohner von Waldlebensräumen<br />
und gehölzreichen Offenlandbiotopen, darüber hinaus Arten des Feucht- und Magergrünlandes<br />
sowie der Trocken- und Sandmagerrasen.<br />
In den Karten auf Seite 9 und 10 ist die Verbreitung dieser Arten in der Davert und Hohen Ward<br />
dargestellt: Es ist gut zu erkennen, dass sich die Vorkommen gefährdeter und regional seltener Arten<br />
auf Waldlebensräume sowie unmittelbar an Wald angrenzenden Flächen konzentrieren.<br />
Fotos 5 - 10: Ein hoher Anteil der gefährdeten <strong>Tagfalter</strong>arten in der Davert zeigt eine enge Bindung an gehölzgeprägte<br />
Lebensräume – von Waldarten im engen Sinne kann aber keine Rede sein: Als „Lichtwaldarten“ besiedeln sie sehr<br />
offene, sonnige Wälder und vor allem unterschiedliche Standorte im Grenzbereich von Wald und Offenland.<br />
Fotos von oben links bis unten recht: Ulmen-Zipfelalter (Satyrium w-album), Kaisermantel (Argynnis paphia), C-Falter<br />
(Polygonia c-album), Gelbwürfeliger Dickkopffalter (Carterocephalus palaemon), Nierenfleck-Zipfelfalter (Thecla<br />
betulae), Pflaumen-Zipfelfaler (Satyrium pruni).<br />
(Fotos: Walter Schön, Bad Saulgau, außer A. paphia, C. palaemon: A. Beulting.)
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 9
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 10
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 11<br />
5.3 Lebensräume und Habitatstrukturen<br />
In der Tabelle 3 (Seite 12) wurden allen im Projektgebiet nachgewiesenen <strong>Tagfalter</strong> und Widderchen<br />
die von ihnen besiedelten Lebensraumtypen zugeordnet – unterteilt in Haupt- und Nebenvorkommen.<br />
(Nicht alle genannten Lebensräume kommen im betrachteten Naturraum vor).<br />
Für die Arten, die aufgrund ihrer Gefährdung oder regionalen Seltenheit eine höhere bis herausragende<br />
Bedeutung für die Davert und Hohe Ward haben, werden in Tabelle 4 (Seite 13-15) neben<br />
der Bestandssituation im Gebiet wichtige Angaben zur Habitatbindung und Ökologie zusammengestellt.<br />
Auf diese nachfolgend auch als „Zielarten“ bezeichneten Vertreter der betrachteten <strong>Tagfalter</strong>zönose<br />
werden sich die Schutz-, Pflege- und Optimierungsmaßnahmen in diesem <strong>Artenhilfsprogramm</strong><br />
konzentrieren.<br />
Bei der Auswertung der Lebensraumnutzung und autökologischer Aspekte wird deutlich, dass zahlreiche<br />
Tagschmetterlinge - und zu einem hohen Anteil gerade die seltenen Zielarten - einen Besiedlungsschwerpunkt<br />
in gehölzgeprägten Biotopen haben. Die Zuordnung zu bestimmten Waldtypen<br />
bedeutet aber nicht, dass der geschlossene Bestand besiedelt wird. Sondern diese „Waldschmetterlinge“<br />
sind allesamt Bewohner der Waldrandbereiche und gehölzreichen Übergangszonen zum Offenland.<br />
Dieser Sachverhalt ist auch in den Verbreitungskarten zu erkennen: Alle <strong>Tagfalter</strong>-<br />
Fundpunkte im Waldbereich befinden sich auf an den Wald angrenzenden Flächen, Schneisen, Wegen<br />
oder anderen offenen bis halboffenen Standorten. Daraus lassen sich für den Schmetterlingsschutz<br />
ganz konkrete Folgerungen und Handlungsnotwendigkeiten ableiten, auf die im Kapitel 6<br />
ausführlich eingegangen wird.<br />
Neben den Waldlebensräumen haben insbesondere noch die Feucht- und Magergrünlandstandorte<br />
eine hohe Bedeutung für Tagschmetterlinge. Alle nachgewiesenen Arten mit enger Bindung an diese<br />
Lebensräume stehen auf der Roten Liste und sind auch im Untersuchungsraum meist selten.<br />
Aufgrund der noch weiten Verbreitung von Sandmagerrasen in der Hohen Ward sind die Charakterarten<br />
Lycaena phlaeas und Coenonympha pamphilus in diesem Gebiet recht häufig anzutreffen.<br />
Eine hohe Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong> haben außerdem blütenreiche Brachen und Ruderalstellen, Raine,<br />
Weg- und Straßenränder sowie offene magere Böschungen und Dämme. Besonders zur Nektaraufnahme<br />
treten die Imagines sowohl der gefährdeten als auch der noch weit verbreiteten Arten<br />
oftmals in hohen Individuendichten auf.<br />
Viele Schmetterlinge sind als Biotopkomplexbewohner oder als Imago und Larve in jeweils unterschiedlichen<br />
Habitaten anzutreffen. Sie sind somit auf eine entsprechende Ausstattung der Landschaft<br />
mit diesen unterschiedlichen Lebensräumen und ihrer oftmals spezifischen Verzahnung angewiesen.<br />
Schließlich ist nicht nur der Lebensraumtyp an sich, sondern oftmals seine konkrete Ausstattung mit<br />
für bestimmte Arten wichtigen, oft obligaten Habitatrequisiten, für das vorhandene Artenspektrum<br />
entscheidend. Tabelle 5 (Seite 16) führt wichtige Habitatstrukturen und Requisiten sowie ihre ökologische<br />
Bedeutung für Tagschmetterlinge auf und benennt die betroffenen bzw. von ihnen abhängigen<br />
Arten. Die Erhaltung und gezielte Förderung derartiger Strukturen ist bei der Planung und<br />
Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen von enormer Bedeutung (hierzu siehe Kapitel 6).
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 12<br />
Tabelle 3: Verteilung der in der Davert nachgewiesenen <strong>Tagfalter</strong>arten auf ihre Lebensräume.<br />
Zuordnung nach WASNER, U. (1997); verändert. = Hauptvorkommen = Nebenvorkommen<br />
Artname<br />
RL<br />
NW/WB<br />
Lasiommata megera V/3<br />
Papilo machaon 3/V<br />
Coenonympha pamphilus V/V<br />
Lycaena phlaeas */*<br />
Zygaena trifolii 3/3<br />
Neozephyrus quercus */V<br />
Pararge aegeria */3<br />
Limenitis camilla 2/2<br />
Carterocephalus palaemon 3/2<br />
Satyrium w-album 1/0<br />
Apatura iris */3<br />
Gonepteryx rhamni */*<br />
Celastrina argiolus */*<br />
Polygonia c-album */V<br />
Araschnia levana */*<br />
Argynnis paphia 3/2<br />
Nymphalis polychloros 2/1<br />
Aporia crataegi 2/2<br />
Thecla betulae 3/2<br />
Satyrium pruni */*<br />
Vanessa atalanta M/M<br />
Aphantopus hyperantus */*<br />
Ochlodes venata */*<br />
Pieris napi */*<br />
Anthocharis cardamines */*<br />
Nymphalis io */*<br />
Thymelicus lineola */*<br />
Polyommatus icarus */*<br />
Maniola jurtina */*<br />
Thymelicus sylvestris */*<br />
Vanessa cardui M/M<br />
Nymphalis urticae */*<br />
Pieris rapae */*<br />
Pieris brassicae */*<br />
Colias hyale 3/V<br />
Issoria lathonia M/M<br />
Colias croceus M/M<br />
Veg.-arme Flächen/Abgrabungen/Steinbrüche<br />
Kalk-Halbtrockenrasen, Kalktriften<br />
Sandtrockenrasen/-magerrasen<br />
Magerrasen, Magergrünland, Magerbrachen<br />
Feuchtgrünland, einschl. feuchte Staudenfluren<br />
Eichenmischwälder<br />
Buchenmischwälder<br />
Feuchtwälder und Ufergehölze<br />
Summe: 1 7 4 6 4 2 2 12 6 19 6 5 7 12 14 12 12<br />
Mittel- und Niederwälder<br />
Waldränder, Waldwege, Lichtungen, Schneisen<br />
Wälder/Gebüsche/Säume trockenwarmer Standorte<br />
Feldgehölze und Hecken<br />
Obstwiesen/-weiden<br />
Großflächiges Agrarland<br />
Brachen und Ruderalstellen<br />
Raine, Weg-/Straßenränder; Böschungen, Dämme<br />
Siedlungsbereich: Gärten, Parks, etc.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 13<br />
Tabelle 4: Verbreitung, Habitate und Ökologie ausgewählter <strong>Tagfalter</strong>arten („Zielarten“) in der Davert und Hohen Ward.<br />
Nomenklatur: wissenschaftliche Namen nach DUDLER et al. (1999), deutsche Namen nach EBERT & RENNWALD (1991).<br />
Unter „Nachweis“ bedeuten: D = Davert / H = Hohe Ward; - kein Nachweis; Für den Zeitraum 1985-1998 liegen aus der Hohen Ward keine Daten vor.<br />
Art<br />
Carterocephalus<br />
palaemon<br />
Nachweis<br />
1999-<br />
2004<br />
1982<br />
1998<br />
Bestandssituation Davert / Hohe Ward<br />
D / H D lokal an halbschattigen Waldwegen, in<br />
lichten Feuchtwäldern u. auf kleinen Lichtungen<br />
feuchter Standorte; in der Hohen<br />
Ward selten<br />
Papilo machaon D / - - seltener Gast/Durchzügler; nur im thermisch<br />
begünstigten Sommer 2003 lokal anzutreffen<br />
(Brache mit Kleeeinsaat)<br />
Colias croceus D / - - seltener Gast/Durchzügler; nur im thermisch<br />
begünstigten Sommer 2003 lokal anzutreffen<br />
(Brache mit Kleeeinsaat)<br />
Colias hyale D / - - seltener Gast/Durchzügler; nur im thermisch<br />
begünstigten Sommer 2003 lokal anzutreffen<br />
(Brache mit Kleeeinsaat)<br />
Lebensräume<br />
Verlichtungsstellen in Feuchtwäldern;<br />
halbschattige, feuchte Ufergehölze,<br />
Waldwege, Waldmäntel, Lichtungen u.<br />
Schneisen<br />
Binnenwanderer; Kalk-Halbtrockenrasen/Kalktriften;<br />
Magerbrachen u.<br />
Ruderalstellen; Raine, Weg-/Straßen-<br />
ränder; Böschungen u. Dämme<br />
ausgesprochener Wanderfalter; Offenlandbewohner;<br />
Luzerne- u. Rotkleefelder,<br />
Magergrünland<br />
Offenlandbewohner; z.B. magere<br />
Klee-/Luzernefelder, Magerwiesen<br />
Magerbrachen u. Ruderalstellen; vagabundierend<br />
Aporia crataegi - D aktuell kein Nachweis im Gebiet Binnenwanderer; Wälder; Gebüsche u.<br />
Säume trockenwarmer Standorte;<br />
Lycaena<br />
phlaeas<br />
D / H D zerstreut an blütenreichen Stellen zur Nahrungssuche:<br />
v.a. Kleefelder, Brachen;<br />
Davert: geeignete Reproduktionsorte sehr<br />
selten; z.B. ehem. Munitionsdepot (grasbewachsene<br />
trockene Bunker);<br />
Hohe Ward: häufig auf Sandmagerrasen<br />
Thecla betulae D / H D zerstreut an Schlehenhecken u. gebüschreichen<br />
Waldrändern<br />
Neozephyrus<br />
quercus<br />
D / H D nur vereinzelte Beobachtungen; da kein<br />
regelmäßiger Blütenbesucher weniger gut<br />
nachzuweisen; vermutlich nicht selten<br />
Feldgehölze u. Hecken;<br />
Binnenwanderer; v.a. Sandmagerrasen,<br />
daneben blütenreiche Magerbrachen,<br />
Säume, Raine u. Ruderalstellen; Magerwiesen/-weiden;<br />
braucht offene<br />
Stellen zum Sonnen u. als Revierplatz<br />
gebüsch-(schlehen-)reiche Waldränder,<br />
Hecken u. Säume; Trockenrasen<br />
mit Gebüsch; in Gärten etc.; vagabun-<br />
dierend<br />
Eichen(misch)wälder, hier insbesondere<br />
sonnenexponierte (eichenreiche)<br />
Waldmäntel, Waldwege u. Waldlichtungen<br />
Imaginalnahrung<br />
v.a. Ajuga reptans;<br />
daneben weitere (v.a. rotviolette)<br />
Blüten niedriger<br />
Kräuter; saugt gerne an<br />
feuchten Wegen u. Pferde-<br />
kot.<br />
v.a. Trifolium pratense;<br />
daneben Disteln, Sommerflieder<br />
(in Gärten) etc.<br />
Medicago sativa, Trifolium<br />
pratense; im Herbst an<br />
gelben Asteraceen<br />
Medicago sativa, Trifolium<br />
pratense, im Herbst an<br />
gelben Asteraceen<br />
rot-/blauviolette Blüten,<br />
z.B. Cirsium spec., Trifoli-<br />
um pratense<br />
vielseitig; gerne rotviolette<br />
Blüten, z.B. Thymus<br />
spec., Cirsium spec.,<br />
Jasione montana,, auch<br />
Achillea spec., Hieracium<br />
spec. u.a.<br />
insgesamt eher seltener<br />
Blütenbesucher; z.B. Solidago<br />
spec., Eupatorium<br />
cannabinum<br />
v. a. Blattlausausscheidungen<br />
(Honigtau) u. feuchte<br />
Erde; versch. Blüten (u.a.<br />
weiße Apiaceae, Disteln<br />
etc.),<br />
Larvalhabitat<br />
ungemähte Grasbestände<br />
an Waldwegen,<br />
-rändern,<br />
Schneisen, Feuchtbrachen<br />
trocken-warme, lückige<br />
„Störstellen“ in<br />
Magerrasen u. Ma-<br />
gerwiesen<br />
blütenreiche Felder/Brachen,<br />
z.B.<br />
Luzerneäcker,<br />
(Rot)Kleefelder<br />
Trifftflächen und<br />
lückige Magerweiden;<br />
v.a. an „Störstellen“<br />
warme Gebüschsäume;<br />
Obstwiesen,<br />
(Weißdorn)Hecken<br />
lückiges, trockenes,<br />
mageres Grasland,<br />
Sandmagerrasen<br />
v.a. sonnige Schlehenhecken<br />
und<br />
-gebüsche; schlehen-<br />
reiche Waldränder<br />
Waldränder mit überhängendenEichenästen<br />
Wirtspflanzen<br />
div. Poaceae: z.B. Molinia<br />
caerulea, Calamangrostis<br />
spec, Dactylis<br />
glomerata<br />
Apiaceae, z.B. Daucus<br />
carota, Pimpinella<br />
saxifraga; besonnte,<br />
freistehende Exemplare<br />
Fabaceae: z.B. Medicago<br />
sativa, Lotus corniculatus,<br />
Trifolium<br />
repens<br />
Fabaceae: z.B. Trifolium<br />
repens, Medicago<br />
lupulina Lotus corniculatus;<br />
Eiablage stets auf<br />
“Kümmerexemplaren“<br />
Rosaceae: z.B. Crataegus<br />
spec., Prunus spec.,<br />
Rosa spec. Obstbäume<br />
Rumex acetosella,;<br />
freistehende, kleinwüchsige<br />
Pflanzen<br />
Prunus spec., v.a. Prunus<br />
spinosa (junge<br />
Austriebe/Stockaus-<br />
schläge)<br />
Quercus spec. (Eichenblüten);<br />
Eiablage meist<br />
an untere, überhängende<br />
Zweige
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 14<br />
Fortsetzung Tabelle 4: Verbreitung, Habitate und Ökologie ausgewählter <strong>Tagfalter</strong>arten („Zielarten“) in der Davert und Hohen Ward.<br />
Art<br />
Satyrium walbum<br />
Nachweis<br />
1999-<br />
2004<br />
1982<br />
1998<br />
Bestandssituation Davert / Hohe Ward<br />
D / - - bisher nur an einem Standort nachgewiesen<br />
(absonniger Waldrand mit vorgelagerter<br />
Feuchtbrache); weitere Vorkommen sind<br />
nicht auszuschließen<br />
Satyrium pruni D / - D vereinzelte Vorkommen an schlehenreichen<br />
Hecken u. Waldrändern<br />
Polyommatus<br />
icarus<br />
D / H D zerstreut auf blütenreichen Ackerbrachen<br />
(z.B. Wildäcker mit Kleeeinsaat) u. an blütenreichen<br />
Weg-/Feldrainen<br />
Apatura iris D / H D nur vereinzelte Beobachtungen an halbschattigen/absonnigen<br />
Waldrändern mit Weidengehölzen;<br />
vergleichsweise schwer nachzuweisen;<br />
vermutlich weiter verbreitet als<br />
Limenitis<br />
camilla<br />
Nymphalis<br />
polychloros<br />
Polygonia<br />
c-album<br />
dokumentiert<br />
D / H D verbreitet an halbschattigen Waldwegen, an<br />
Waldrändern, auf Waldlichtungen u. Schneisen;<br />
v.a. Standorte mit Rubus fruticosus agg.<br />
- / - D aktuell liegen keine Nachweise im Gebiet<br />
vor<br />
D / H D Verbreitet an struktur-/gebüschreichen Weg-<br />
u. Waldrändern, an Hecke u. Binnensäumen;<br />
auf Lichtungen u. waldnahen Brachen<br />
Lebensräume<br />
Feuchtwälder u. Ufergehölze, Auenwälder/-gebüsche;<br />
enge Bindung an<br />
Ulmenbestände; zur Nahrungsaufnahme<br />
in benachbarten Hochstaudensäu-<br />
men u. Feuchtwiesen/-brachen<br />
Waldmäntel, Gebüsche, waldnahe<br />
Säume trockenwarmer, windgeschützter<br />
Standorte; Trockenrasen<br />
mit Gebüsch; Streuobstwiesen; Ansitz<br />
bevorzugt auf höheren Schlehen<br />
blütenreiche Standorte: Magerwiesen/weiden,<br />
Magerrasen/-brachen,<br />
Ruderalstellen, Wegraine, Säume,<br />
Böschungen u. Dämme<br />
Feuchtwälder u. Ufergehölze; hier:<br />
halbschattige, kühl-feuchte innere/äußere<br />
Waldränder, Waldwege,<br />
Lichtungen u. Schneisen<br />
Feuchtwälder u. Ufergehölze; innere/äußere<br />
Waldränder, halbschattige<br />
Waldwege, Lichtungen und Schneisen<br />
innere/äußere Waldränder, Waldwege,<br />
Lichtungen und Schneisen; Obstwiesen/-weiden;<br />
Feldgehölze und Hecken;<br />
Mittel- und Niederwälder<br />
Feuchtwälder u. Ufergehölze; hier:<br />
innere/äußere Waldränder, sonnige<br />
Waldwege, Lichtungen u. Schneisen;<br />
Hecken; Obstwiesen, Gärten u. Parkanlagen<br />
Imaginalnahrung<br />
v.a. weiße Apiaceen: u.a.<br />
Heracleum sphondylium,<br />
Angelica sylvestris Valeriana<br />
officinalis; gerne an<br />
feuchter Erde saugend<br />
oft weiße Blüten, z.B.<br />
Rubus fruticosus, Sambucus<br />
nigra, Heracleum spec.<br />
v.a. Fabaceen: z.B. Lotus<br />
corniculatus, daneben.<br />
Medicago spec., Trifolium<br />
spec.; saugt gerne an<br />
feuchter Erde<br />
gerne an Kot, Aas u. feuchten<br />
Wegstellen; Nektaraufnahme<br />
v.a. an rotvioletten<br />
Blüten (Eupatorium can-<br />
nabinum u.a.)<br />
oft an feuchter Erde,<br />
Schweiß, Pferdekot; Blütenbesuch:<br />
v.a. weiße<br />
Blüten (z.B. Rubus fruticosus,<br />
Apiaceae) auch violet-<br />
te Blüten<br />
Blüten von Salix caprea,<br />
Prunus spec., Taraxacum<br />
spec.; saugt gerne an<br />
Baumwunden, feuchter<br />
Erde, Mist, Pferdekot<br />
Salix spec., Prunus spinosa,<br />
Eupatorium cannabinum<br />
u.a.; gerne an Fallobst,<br />
feuchten Weg-stellen,<br />
Kot u. Baumwunden<br />
Larvalhabitat<br />
Waldmäntel (feuchter)Ulmenmischwälder<br />
mit blühfähigen<br />
älteren Ulmen<br />
alte Schlehenhecken;<br />
v.a. große, alte Schlehen;<br />
lückige, feuchte bis<br />
trockene magere<br />
Wiesen, Magerrasen<br />
halb- bis ganzschattige,<br />
kräftigere<br />
Weidengebüsche in<br />
luftfeuchten Laub-<br />
wäldern<br />
luftfeuchte, schattige<br />
Laubwälder / Waldmäntel<br />
lichte, besonnte Vorwald-<br />
und Gebüschbestände,Streuobstwiesen<br />
feuchte Saum- und<br />
Gebüschgesellschaften;Waldrandgebüsche<br />
Wirtspflanzen<br />
Blüten u. Samenbüschel<br />
von Ulmus spec.<br />
Prunus spec., v.a. Prunus<br />
spinosa, als Jungraupe<br />
blütenfressend<br />
Fabaceae: v. a. Lotus<br />
corniculatus, daneben<br />
Trifolium repens, Medicago<br />
spec. u. a.<br />
Salix spec, v.a. Salix<br />
caprea, daneben<br />
Populus spec.<br />
luftfeucht u. beschattet<br />
stehende Lonicera spec.<br />
u.a. Lonicera periclymenum<br />
Salix spec., Ulmus spec.,<br />
Pyrus spec,. Prunus<br />
spec.<br />
polyphag: z.B. Salix<br />
spec., Urtica dioica,<br />
Corylus avellana, Ulmus<br />
spec., Ribes spec.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 15<br />
Fortsetzung Tabelle 4: Verbreitung, Habitate und Ökologie ausgewählter <strong>Tagfalter</strong>arten („Zielarten“) in der Davert und Hohen Ward.<br />
Art<br />
Nachweis<br />
1999-<br />
2004<br />
1982<br />
1998<br />
Bestandssituation Davert / Hohe Ward<br />
Argynnis paphia D / H - Verbreitet an blütenreichen, besonnten Weg-<br />
u. Waldrändern u. Gebüschsäumen, auf<br />
Lichtungen u. waldnahen Brachen u. Wiesen;<br />
v.a. in Hochstaudenfluren mit Eupatori-<br />
um cannabinum<br />
Issoria lathonia D / H - nur Einzelnachweise an blütenreichen Stellen<br />
Coenonympha<br />
pamphilus<br />
D / H D auf Sandmagerrasen, Magergrünland;<br />
Davert: selten (z.B. ehem. Munitionsdepot);<br />
Hohe Ward: weit verbreitet u. häufig<br />
(Sandmagerrasen, magere Böschungen,<br />
Magerbrachen)<br />
Pararge aegeria D / - - Erstnachweis im Oktober 2004: blütenreiche<br />
Feuchtwiesenbrache; landesweit ist die Art<br />
in Ausbreitung<br />
Lasiommata<br />
megera<br />
D / H D selten an rohbodenreichen Standorten;<br />
Davert: ehem. Munitionsdepot, Bahndamm/schotter;<br />
Hohe Ward: Bahndamm/-schotter<br />
Nähe Hiltruper See<br />
Zygaena trifolii D / H - bisher auf zwei blütenreichen Feuchtbrachen<br />
(mit Cirsium spec. Als Nektarpflanze u.<br />
Lotus uliginosus als Wirtspflanze) in der<br />
Davert u. Hohen Ward<br />
Lebensräume<br />
blüten-/hochstaudenreiche Waldsäume,<br />
Waldwege Waldränder, Lichtungen<br />
u. Schneisen, waldnahe Wiesen;<br />
Mittel-/Niederwälder<br />
Binnenwanderer; Stoppel-/Magerbrachen<br />
und Ruderalstellen; Magerrasen;<br />
Rotklee-/Luzernefelder (Nahrungshabitat);<br />
gerne auf vegetations-<br />
freien sandigen Wegstellen<br />
Magerrasen; Magerwiesen/-weiden,<br />
–brachen; Ruderalstellen; braucht<br />
kleinflächig offene Bodenstellen (Störstellen,<br />
unbefestigte Feldwege)<br />
Verlichtungen in Laubmischwäldern;<br />
innere/äußere Waldränder, Waldwege,<br />
Lichtungen u. Schneisen; Mittel-<br />
/Niederwälder<br />
Felsformationen, Abgrabungen, Steinbrüche,<br />
Trockenmauern u.a. vegetationsarme<br />
Flächen; Kalk-Halbtrockenrasen;<br />
Magerbrachen u. Ruderalstellen;<br />
braucht Felsen, Mauern,<br />
Wege u.ä. zum Sonnen u. in Verbin-<br />
dung mit Geschlechterfindung<br />
Feucht-/Nasswiesen u. -brachen, Niedermoore,<br />
nasse Auenlandschaften;<br />
auch an arten- u. blütenreichen, feuchten<br />
Graben-/Wegsäumen<br />
Imaginalnahrung<br />
violette Blüten: v.a. Eupatorium<br />
cannabinum, Cirsium<br />
spec., daneben weiße<br />
Apiaceen<br />
z.B. Centaurea spec.,<br />
Trifolium pratense<br />
weites Spektrum unterschiedlicherBlütenpflanzen;<br />
auch an kleinen Blüten<br />
wie Polygonum avicu-<br />
lare<br />
saugt selten Nektar; v.a. an<br />
feuchter Erde, Baumwunden,<br />
Honigtau, Fallobst<br />
rot-violette Blütenstände<br />
wie Cirsium spec., Eupatorium<br />
cannabinum<br />
insbesondere rot-violette<br />
Blütenstände von Cirsium-<br />
Arten<br />
Larvalhabitat<br />
Waldränder: Eiablage<br />
im Hochwald z.B. an<br />
Stämmen, Raupe in<br />
angrenzenden Säu-<br />
men<br />
v.a. Getreide-Äcker<br />
(Stoppelfelder) u.<br />
junge Ackerbrachen<br />
niedrigwüchsiges,<br />
trockenes bis mäßig<br />
feuchtes, mageres<br />
Grasland<br />
ungemähte Grasbestände<br />
an eher schattigen<br />
Wald- u. Wegrändern,Binnensäu-<br />
men<br />
strukturreiche Magerrasen,<br />
Magerwiesen/<br />
-weiden; Eiablage an<br />
mikroklimatisch<br />
günstigen (Weg-)<br />
Randstrukturen<br />
an feuchten, sonnigen<br />
Stellen; Puppe an<br />
Halmen („Halmverpupper“)<br />
Wirtspflanzen<br />
Viola spec. in Wäldern;<br />
Eiablage auf windgeschütztem,<br />
dunklem<br />
Untergrund (Baumrinde)<br />
Viola spec. in trockenwarmen<br />
Bereichen mit<br />
niedriger Vegetation<br />
(meist Äcker)<br />
Poacee: u.a. Festuca<br />
rubra, Agrostis capillaris,<br />
A. stolonifera, Poa<br />
pratensis<br />
diverse Poaceae; auch<br />
Sauergräser<br />
Poaceae: z.B. Festuca<br />
ovina, Festuca rubra<br />
u.a.<br />
Lotus uliginosus, L.<br />
corniculatus
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 16<br />
Tabelle 5: Übersicht wichtiger Habitatstrukturen und Requisiten für <strong>Tagfalter</strong>.<br />
Requisiten, Strukturen Ökologische Bedeutung Betroffene Arten (nur Zielarten)<br />
A: unbefestigte, sonnige bis<br />
halbschattige Wald- / Feldwege<br />
und offene Bodenstellen<br />
B: lückige „Störstellen“ in der<br />
Vegetation<br />
C: Kot, Baumsäfte, Aas,<br />
Blattlausausscheidungen<br />
D: besondere Wirtspflanzen<br />
(Beispiele):<br />
1. blühfähige Ulmen<br />
2. alte Schlehenhecken und<br />
-gebüsche<br />
3. (kräftige) Weiden in luftfeuchter,<br />
halb- bis ganzschattiger<br />
Lage<br />
E: Frühe Sukzessionsstadien<br />
der Wiederbewaldung<br />
(Schlagfluren, Windwurfflächen<br />
u.ä.)<br />
F: Blütensäume<br />
(an Weg-, Feld- und Waldrändern)<br />
G: Großflächige „Nektarinseln“:<br />
z.B. Kleefelder, blütenreiche<br />
Magerwiesen und<br />
Brachen<br />
H: Besonnte Schlehengebüsche<br />
in Hecken und an Waldrändern<br />
1. Aufnahme von Wasser (Pfützen,<br />
Feuchtstellen)<br />
2. Sonnenplätze<br />
3. Revieransitz, Geschlechterfindung<br />
1. Standorte der Wirtspflanzen<br />
2. Sonnenplätze<br />
Revieransitz<br />
Aufnahme von Mineralien, kohlenhydratreichen<br />
Säften u.a.<br />
1. Eiablage- und Raupenfraßplätze<br />
2. dito<br />
3. dito<br />
1. Nektarinseln: Hochstauden<br />
2. Eiablageplätze<br />
1. Nektaraufnahme<br />
2. Biotopverbund, Wander-/ Ausbreitungslinien<br />
1. Carterocephalus palaemon, Polyommatus<br />
icarus, Neozephyrus quercus, Satyrium walbum,<br />
Apatura iris, Limenitis camilla,<br />
Nymphalis polychloros, Polygonia<br />
c-album, Pararge aegeria<br />
2. Lasiommata megera, Lycaena phlaeas,<br />
Cononympha pamphilus<br />
3. Issoria lathonia, Cononympha pamphilus,<br />
Lasiommata megera, Lycaena phlaeas<br />
1. Papilio machaon (an Apiaceae)<br />
Lycaena phlaeas (an Rumex acetosella)<br />
Colias hyale (an Fabaceae)<br />
Issoria lathonia (an Viola arvensis)<br />
2. siehe A<br />
Carterocephalus palaemon, Neozephyrus<br />
quercus, Apatura iris, Limenitis camilla,<br />
Nymphalis polychloros, Polygonia<br />
c-album, Pararge aegeria<br />
1. Satyrium w-album<br />
2. Satyrium pruni<br />
3. Apatura iris<br />
1. zahlreiche Arten der Waldmäntel , z.B.<br />
Thecla betula, Polygonia c-album,<br />
Argynnis paphia u.a.<br />
2. Aporia crataegie, Satyrium pruni, Thecla<br />
betulae, Nymphalis polychloros<br />
1. nahezu alle sich von Nektar ernährende<br />
Arten, u.a. Papilio machaon, Lycaena<br />
phlaeas, Colias hyale, C. croceus, Polyommatus<br />
icarus, Lasiommata megera,<br />
Coenonympha pamphilus, Issoria lathonia;<br />
(Inanspruchnahme je nach Zusammensetzung<br />
der Vegetation, Lage, Exposition,<br />
Nähe zu anderen relevanten Habitatstrukturen<br />
etc.)<br />
2. alle vagabundierenden Arten und Wanderfalter<br />
Nahrungshabitat der Imagines 1. für zahlreiche Arten von Bedeutung (Arteninventar<br />
in Abhängigkeit von: Zusammensetzung<br />
der Vegetation, Lage,<br />
Exposition, Nähe zu anderen relevanten<br />
Habitatstrukturen etc.); u.a.. Papilio machaon,<br />
Lycaena phlaeas, Colias hyale,<br />
C. croceus, Polyommatus icarus<br />
Imaginalhabitat / Larvalhabitat Insbesondere: Satyrium pruni, Thecla betulae,<br />
Aporia crataegi
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 17<br />
Fortsetzung Tabelle 5: Übersicht wichtiger Habitatstrukturen und Requisiten für <strong>Tagfalter</strong>.<br />
Requisiten, Strukturen Ökologische Bedeutung Betroffene Arten (nur Zielarten)<br />
I: Überragende Altbäume<br />
J: Überhängende Äste (Eichen)<br />
am Waldrand<br />
K: Brachestrukturen: überständige<br />
Gräser, Blütenstängel<br />
etc.<br />
L: Stoppelbrachen, magere<br />
Ackerbrachen<br />
Rendezvousplatz / Wipfelbalz<br />
(„treetopping“) und als „Abflugbasis“<br />
für die Eiablage<br />
Apatura iris<br />
Eiablage- und Larvenfraßplatz Neozephyrus quercus<br />
Eiablage-, Verpuppungs- und<br />
Überwinterungsplätze<br />
5.4 Auswertung historischer Daten<br />
1. Larvalhabitat (Eier/Larven auf<br />
Viola spec.)<br />
2. Nektarhabitat<br />
Zygaena trifolii, Pararge aegeria, Carterocephalus<br />
palaemon<br />
1. Issoria lathonia<br />
2. zahlreiche blütenbesuchende Arten (Arteninventar<br />
in Abhängigkeit von: Zusammensetzung<br />
der Vegetation, Lage, Exposition,<br />
Nähe zu anderen relevanten Habitatstrukturen<br />
etc.)<br />
Obwohl die aktuelle Artenausstattung in der Davert als bemerkenswert bezeichnet werden kann, sind<br />
in den zurückliegenden 100 Jahren viele <strong>Tagfalter</strong> verschwunden. Der Trend des Artenrückgangs hält<br />
bis in die jüngere Vergangenheit an.<br />
Besonders deutlich zeigt sich dieser Artenschwund bei einem Blick in die Belegsammlungen des<br />
Westfälischen Museums für Naturkunde Münster oder am Institut für Landschaftsökologie Münster:<br />
Zu Beginn und noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die Davert Lebensraum zahlreicher heute<br />
längst ausgestorbener Arten.<br />
Tabelle 6 (Seite 17) fasst die Entwicklung der nachgewiesenen <strong>Tagfalter</strong>arten in den letzten 20 Jahren<br />
zusammen. Der Hinweis „kein Nachweis“ bedeutet nicht grundsätzlich, dass die betreffende Art im<br />
dargestellten Zeitraum nicht vorkam. Umfangreiche und weite Teile der Davert berücksichtigende<br />
Daten liegen vor allem für die letzten fünf Jahre vor.<br />
Fotos 11 – 14: Seit Anfang bis Mitte des<br />
20 Jahrhunderts sind insbesondere Arten<br />
lichter Wälder und struktur-reicher Waldrandbereiche<br />
sowie Arten nährstoffarmer<br />
Grünland- und Moorlebensräume in der<br />
Davert ausgestorben. Zu diesen Arten<br />
zählen z.B. (von oben links nach unten<br />
rechts):<br />
Clossiana euphrosyne (Veilchen-<br />
Perlmutterfalter), Coenonympha hero<br />
(Wald-Wiesenvöglein), Maculinea alcon<br />
(Lungenenzian-Ameisenbläul-ing),<br />
Brombeer-Zipfelfalter (Callophrys rubi).<br />
Im an die Davert angrenzenden Venner<br />
Moor gibt es noch eine kleine Restpopulation<br />
von C. rubi.<br />
(Fotos: Walter Schön, Bad Saulgau.)
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 18<br />
Tabelle 6 : Gegenüberstellung von <strong>Tagfalter</strong>daten (nur Davert ) aus den letzten 20 Jahren.<br />
x = Art wurde im Zeitraum nachgewiesen; - = kein Nachweis.<br />
Wissenschaftlicher Name<br />
1984<br />
[JOHANNSEN-<br />
MILDE] 1<br />
1982 – 1989<br />
[WIEMERS] 2<br />
1998-2000<br />
[<strong>NABU</strong>] 3<br />
2001 – 2004<br />
[<strong>NABU</strong>] 3<br />
Hesperiidae<br />
Carterocephalus palaemon x x x x<br />
Thymelicus sylvestris x x x x<br />
Thymelicus lineola x x x x<br />
Ochlodes venata x x x x<br />
Papilionidae<br />
Papilio machaon - - - x<br />
Pieridae<br />
Colias hyale - - - x<br />
Colias croceus - - - x<br />
Gonepteryx rhamni x x x x<br />
Aporia crataegi x x x -<br />
Pieris brassicae x x x x<br />
Pieris rapae x x x x<br />
Pieris napi x x x x<br />
Anthocharis cardamines x x x x<br />
Lycaenidae<br />
Lycaena phlaeas x x x x<br />
Thecla betulae x - x x<br />
Neozephyrus quercus x x x x<br />
Satyrium w-album - - - x<br />
Satyrium pruni x x x x<br />
Celastrina argiolus x x x x<br />
Polyommatus icarus x x x x<br />
Nymphalidae<br />
Apatura iris - x x x<br />
Limenitis camilla x x x x<br />
Nymphalis io x x x x<br />
Vanessa cardui x x x x<br />
Vanessa atalanta x x x x<br />
Nymphalis urticae x x x x<br />
Nymphalis polychloros - - x -<br />
Polygonia c-album - x x x<br />
Araschnia levana x x x x<br />
Argynnis paphia - - x x<br />
Clossina selene - x - -<br />
Issoria lathonia - - - x<br />
Aphantopus hyperantus x x x x<br />
Maniola jurtina x x x x<br />
Coenonympha pamphilus x x x x<br />
Pararge aegeria - - - x<br />
Lasiommata megera - x x x<br />
Zygaenidae<br />
Zygaena trifolii ? ? x x<br />
1 Daten aus der westlichen Davert.<br />
2 Daten aus dem zentralen Bereich der Davert.<br />
3 Umfasst alle in dieser Zeit vom <strong>NABU</strong> erhobenen sowie von anderen Kartierern zusammengetragenen Daten (A. BEULTING, A. AUGUSTIN, R.<br />
BOZCKI, M. GLÖCKNER, P. FÖRSTER, Y. LIEDKE, J. KINKELE, H.O. REHAGE).<br />
Nachfolgend werden „Verluste“ und „Gewinne“ der <strong>Tagfalter</strong>zönose am Beispiel der Davert für die<br />
letzten 100 Jahre zusammengefasst dargestellt und Gründe für den Rückgang bestimmter Arten bzw.<br />
Artengruppen erläutert. Für die Hohe Ward ist die Artenentwicklung aufgrund fehlender Datenreihen<br />
nicht so gut dokumentiert.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 19<br />
Bezogen auf die Davert sind:<br />
I. Seit langem ausgestorben:<br />
- Adscita statices (Sammlungsbeleg vom 01.07.1923)<br />
- Clossonia euphrosyne (Sammlungsbeleg vom 22.05.1921)<br />
- Coenonympha hero (Sammlungsbeleg vom 05.06.1921)<br />
- Euphydryas aurinia (Sammlungsbeleg vom 11.06.1938)<br />
- Hamearis lucina (Sammlungsbeleg vom 02.06.1884)<br />
- Lycaena tityrus (Sammlungsbeleg vom 02.06.1884)<br />
- Melitaea athalia (Sammlungsbeleg vom 09.06.1930)<br />
- Melitaea cinxia (Sammlungsbeleg vom 23.05.1920)<br />
- Pyrgus malvae (Sammlungsbeleg vom 10.06.1923)<br />
Auch für die Hohe Ward wurden früher Arten genannt, die heute seit langem ausgestorben<br />
sind: z. B.:<br />
- Clossiana selene (Sammlungsbeleg vom 17.06.1944)<br />
- Hipparchia semele (Sammlungsbeleg vom 04.08.1939)<br />
- Lycaena tityrus (Sammlungsbeleg vom 03.06.1944)<br />
- Melitaea cinxia (Sammlungsbeleg vom 13.06.1931)<br />
- Plebeius argus (Sammlungsbeleg vom 18.07.1944)<br />
Die Angaben zu den historischen Daten stammen aus: Auswertung der Tagebücher und Belegtiere Coll. H. LINKE,<br />
Naturkundemuseum Münster (R. BOCZKI, Münster) und Auswertung Sammlung Belegtiere Coll. METZLER &<br />
Coll. VORNEFELD, Naturkundemuseum Münster sowie Sammlung Belegtiere Institut für Landschaftsökologie<br />
Münster (H. STEINER, Münster). Die belegten Arten sind sicherlich nicht identisch mit der tatsächlichen Artenzahl,<br />
die vermutlich noch höher gewesen sein dürfte.<br />
II. Ausgestorben; seit etwa 20-30 Jahren nicht mehr beobachtete Arten:<br />
- Clossiana selene (Letztnachweis 1985)<br />
- Callophrys rubi (aktuell nur noch im Venner Moor)<br />
- Maculinea alcon (Letztnachweis 1976: Venner Moor)<br />
- Plebeius argus (Letztnachweis 1971: Venner Moor)<br />
- Polyommatus semiargus (Letztnachweis 1976)<br />
III. Seit mindestens 5 Jahren nicht mehr beobachtet; vermutlich ausgestorben:<br />
- Aporia crataegi (seit Anfang der 90er Jahre nicht beobachtet)<br />
- Nymphalis polychloros (Letztnachweis 1999)<br />
IV. Zwischenzeitlich ausgestorbene, jetzt wieder bodenständige Arten:<br />
- Argynnis paphia (seit etwa 1986 wieder beobachtet)<br />
- Polygonia c-album (ab Ende der 80er Jahre wieder beobachtet)<br />
- (Pararge aegeria: Erstnachweis 2004, Bodenständigkeit ist zu überprüfen)<br />
V. In den letzten Jahren nur im „Extremsommer“ 2003 nachgewiesene Arten:<br />
- Colias croceus<br />
- Colias hyale<br />
- Papilio machaon<br />
Eine grobe Zuordnung der ausgestorbenen <strong>Tagfalter</strong>arten, die hier auch stellvertretend für viele<br />
andere seltene bzw. ebenfalls verschwundene Tier- und Pflanzenarten stehen, zu bestimmten Bio-
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 20<br />
toptypen weist sehr deutlich auf einen Landschaftswandel im Untersuchungsraum hin und dokumentiert,<br />
welche Lebensräume besonders stark von einem quantitativen Rückgang und/oder einem<br />
erheblichen Verlust ihres ökologischen Wertes betroffen sind.<br />
I. Arten der Sumpf-/Feucht-/Nasswiesen, Zwischen-/Niedermoore und Rieder:<br />
- Adscita statices<br />
- Clossiana selene<br />
- Euphydryas aurinia<br />
- Lycaena tityrus<br />
- Melitaea cinxia<br />
II. Arten lichter (Mittel- und Nieder-)Wälder, besonnter Waldlichtungen, Waldränder, Gebüsche<br />
und Säume trockenwarmer Standorte sowie gebüschreicher Magerrasen:<br />
- Clossiana euphrosyne<br />
- Hamearis lucina<br />
- Melitaea athalia<br />
- Melitaea cinxia<br />
- Polyommatus semiargus<br />
- Pyrgus malvae<br />
III. Arten lichter Feuchtwälder und Ufergehölze:<br />
- Coenonympha hero<br />
IV. Arten der Feuchtheiden und Moore:<br />
- Callophrys rubi<br />
- Maculinea alcon<br />
- Plebeius argus<br />
V. Arten der Sandtrockenrasen/-heiden, Dünen:<br />
- Hipparchia semele<br />
- Lycaena tityrus<br />
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass insbesondere die Bewohner der verschiedenen Feuchtlebensräume,<br />
also der Sumpf- und Feuchtwiesen, der Moore und Rieder, vom Biotopverlust betroffen<br />
sind, gleichfalls Arten mit Siedlungsschwerpunkt in strukturreichen Wald-Offenland-<br />
Übergangslebensräumen und sehr lichten Wäldern.<br />
Ersteres ist unmittelbar nachvollziehbar: So hat der Grünlandanteil in der Davert innerhalb der letzten<br />
Jahrzehnte erheblich abgenommen, und die verbliebenen Flächen wurden größtenteils drainiert<br />
und einer intensiven Nutzung zugeführt.<br />
Dass in einem so stark bewaldeten Gebiet wie der Davert aber auch die Gruppe „gehölzgebundener“<br />
<strong>Tagfalter</strong> („Lichtwaldarten“) vom Artenschwund betroffen ist, mag verwundern, lässt sich aber<br />
dadurch erklären, dass mit der Intensivierung der Landbewirtschaftung sehr scharfe Grenzen zwischen<br />
den Kultur- und Wald-/Gehölzflächen entstanden sind („Entsaumung“ der Landschaft), vielfältige<br />
Gehölzstrukturen wie Hecken und Gebüsche den Flurbereinigungsverfahren zum Opfer fielen,<br />
viele ehemalige wertvolle Wald- und Sumpfwiesen, waldnahe Feucht- und Magerbrachen heute<br />
nicht mehr existieren, zahlreiche Waldwege in eine „höhere Ausbaustufe“ überführt wurden, atmosphärische<br />
Stickstoffeinträge zu ungünstigen Vegetationsentwicklungen noch immer beitragen und<br />
nicht zuletzt dadurch, dass Änderungen der Waldbewirtschaftung, insbesondere die Aufgabe der<br />
Nieder- und Mittelwaldwirtschaft und auch die Einstellung der ehemals üblichen Waldweide ungünstige<br />
Auswirkungen auf die Schmetterlingszönose nach sich zogen.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 21<br />
6 Folgerungen für den Naturschutz und Handlungskonzept<br />
Die hohe Bedeutung der Davert und Hohen Ward für den Schmetterlingsschutz und die Tatsache,<br />
dass ein nicht geringer Teil der vorhandenen <strong>Tagfalter</strong>zönose an Lebensräume und Habitatstrukturen<br />
gebunden ist, die aus unterschiedlichen Gründen - z.B. Aufgabe oder Intensivierung der Bewirtschaftung<br />
- in ihrem Bestand gefährdet ist, macht eine regelmäßige Dokumentation der gefährdeten<br />
Arten und ihrer Lebensräume im Untersuchungsraum erforderlich und ist daher ein wichtiges Anliegen<br />
des <strong>Artenhilfsprogramm</strong>s.<br />
Anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse lassen sich wichtige Aussagen über verschiedene<br />
Lebensräume hinsichtlich ihrer Bedeutung für die <strong>Tagfalter</strong>fauna und hinsichtlich notwendiger<br />
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen formulieren.<br />
Als bedeutsame Biotope und Strukturen für die <strong>Tagfalter</strong> in der Davert und Hohen Ward sind zu<br />
nennen:<br />
• reich strukturierte Waldwege bzw. innere Waldränder in naturnah ausgebildeten Laub- oder<br />
Mischwäldern,<br />
• Lichtungen, Schneisen und junge, offene Sukzessionsflächen im Wald,<br />
• süd- bis westorientierte, stufig aufgebaute Waldmäntel mit vorgelagerten, ausreichend breiten<br />
Krautsäumen,<br />
• blütenreiche Mager- und Hochstaudensäume entlang von Wegen und Gräben,<br />
• feuchte und trockene Brachflächen mit einem hohen Blüten- und Strukturangebot,<br />
• trocken-warme, sonnenexponierte Sandmagerrasen,<br />
• extensiv genutzte Feucht- und Magergrünlandstandorte.<br />
Wichtige Biotopflächen und lineare Strukturen für <strong>Tagfalter</strong>in der Davert und Hohen Ward sind in<br />
den Karten auf Seite 22 und 23 zusammengestellt.<br />
Ausgehend von den Kenntnissen über die ökologischen Ansprüche der Tagschmetterlinge und die<br />
im Projektgebiet für diese Arten bedeutsamen Lebensräume und Habitatstrukturen widmen sich die<br />
nachfolgenden Kapitel den zur Erhaltung und Förderung der <strong>Tagfalter</strong> erforderlichen Maßnahmen.<br />
Einem allgemeinen Teil, der die Bedeutung verschiedener Lebensräume für Schmetterlinge, ihre<br />
Gefährdungssituation im Projektgebiet und wesentliche Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Entwicklung<br />
beschreibt, folgt ein spezieller Teil, in dem konkrete Pflege- und Optimierungsmaßnahmen<br />
an Standorten in der Davert und Hohen Ward erläutert werden.<br />
6.1 Allgemeiner Teil<br />
6.1.1 Waldlebensräume<br />
Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong><br />
Die im Umfeld der Waldungen lebenden <strong>Tagfalter</strong>arten sind keine „Waldschmetterlinge“ im echten<br />
Sinne, sondern tatsächlich Arten der Waldsäume und –mäntel, also eher „Lichtwaldarten“. Sie meiden<br />
- genau wie zahlreiche Arten anderer Insektengruppen oder Vertreter der Avifauna - dunkle<br />
Bestände und Dickichte und halten sich bevorzugt im Grenzbereich zwischen Wald- und Offenlandbiotopen<br />
auf: An Waldrändern, offenen Waldwegen, auf Lichtungen, Schneisen oder den
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 22
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 23
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 24<br />
vorgelagerten bzw. von Wald eingefassten Wiesen und Brachen, wo sie die notwendigen Nektarquellen,<br />
Raupenfraßpflanzen und Habitatstrukturen vorfinden (VORBRÜGGEN 1997).<br />
Die besiedelten Waldrandstrukturen können dabei sehr unterschiedlich gestaltet sein und ein weites<br />
Spektrum abiotischer und mikroklimatischer Bedingungen aufweisen. Für die Zusammensetzung<br />
der <strong>Tagfalter</strong>zönosen spielen viele Faktoren eine Rolle. Entscheidend sind:<br />
• die mikroklimatischen Bedingungen, die maßgeblich von der Exposition, den hydrologischen<br />
Bedingungen und der Beschattungssituation bestimmt werden,<br />
• die Ausgestaltung und Zusammensetzung der vorhandenen Gehölzstrukturen,<br />
• das Vorkommen blütenreicher, von <strong>Tagfalter</strong>n nutzbarer Nektarquellen sowie weiterer, für<br />
viele Arten bedeutsame Nahrungsressourcen wie feuchte Bodenstellen, Baumsäfte und tierische<br />
Exkremente,<br />
• die Lage innerhalb des Waldlebensraumes, die Einbindung in relevante Biotopverbundstrukturen<br />
und die für viele „Biotop-Komplex-Bewohner“ wichtige Vernetzung der verschiedenen<br />
Teillebensräume,<br />
• das Vorkommen von den für die jeweiligen Arten benötigten Wirtspflanzen an für die Eiablage<br />
geeigneten Standorten in der erforderlichen Qualität.<br />
Dementsprechend unterscheiden sich insbesondere die südexponierten, vollbesonnten Gebüschmäntel<br />
trocken-warmer Standorte in ihrer Artenausstattung recht deutlich von den schattigen, kühlfeuchten<br />
Innensäumen oder nach Norden ausgerichteten Waldmänteln feuchter Auen- und Bruchwälder.<br />
Als Beispiele für zwei verschiedene ökologische „Anspruchstypen“ und die daraus abzuleitenden<br />
unterschiedlichen Folgerungen für den Naturschutz seien die Habitatbedingungen für den Großen<br />
Schillerfalter (Apatura iris) sowie den Pflaumen-Zipfelfalter (Satyrium pruni) dargestellt.<br />
Der Große Schillerfalter besiedelt die kühl-feuchten, absonnigen Waldmäntel. An den Wuchsort der<br />
Wirtspflanzen stellt die Art besondere Ansprüche: Mit Eiern belegt werden kräftigere Weidengebüsche<br />
- insbesondere Salweiden - schattiger, luftfeuchter Standorte an Waldrändern, auf Schneisen<br />
und Waldlichtungen. Wichtig ist zudem, dass in unmittelbarer Nähe geeigneter Weidengebüsche<br />
„herausragende“ Altbäume stehen: Sie dienen der Partnerfindung („Wipfelbalz“) und spielen bei<br />
der Eiablage als „Abflugbasis“ eine wichtige Rolle. Zur Flüssigkeitsaufnahme müssen unbefestigte<br />
Waldwege, auf denen sich noch Feuchtstellen über längere Zeit halten können, im Habitat vorhanden<br />
sein. Neben den vergleichsweise seltenen Blütenbesuchen an violetten Blüten (z.B. Wasserdost,<br />
Eupatorium cannabinum) spielen für die Nahrungsaufnahme insbesondere tierische Ausscheidungen<br />
und Aas eine große Rolle.<br />
Foto 15: Typischer Schillerfalterbiotop: Lichter<br />
Wald, halbschattige, ungeteerte Wege, Weichhölzer<br />
wie Weiden und Pappeln am Wegrand.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 25<br />
Der Pflaumen-Zipfelfalter hingegen besiedelt sonnige, schlehenreiche Waldmäntel und waldnahe<br />
Säume trocken-warmer, windgeschützter Standorte. Alte Schlehengebüsche werden zum Ansitzen<br />
als Teil des Revierverhaltens und zur Ablage der Eier benötigt. Zur Nahrungsaufnahme dienen vor<br />
allem weiße Blüten unterschiedlicher Nektarpflanzen. Feuchte Bodenstellen und tierische Ausscheidungen<br />
sind von geringer Bedeutung.<br />
Da, wie im vorherigen Abschnitt ausgeführt, die waldgebundenen <strong>Tagfalter</strong> den besonderen Wert<br />
der Lepidopterenfauna der Davert und Hohen Ward ausmachen und unter den gefährdeten Arten ein<br />
Großteil dieser Gilde zuzuordnen ist, sind Maßnahmen zur Förderung und Optimierung der <strong>Tagfalter</strong>lebensräume<br />
im Waldbereich von hoher Bedeutung für den Schmetterlingsschutz.<br />
Gefährdungssituation<br />
Geschlossene Hochwälder sind für <strong>Tagfalter</strong> ohne Bedeutung. Für ihr Überleben und das zahlreicher<br />
anderer Insektenarten sind „offene Strukturen“ im Kontaktbereich zum Wald unabdingbar. Die<br />
Ursachen der Gefährdung und des Verschwindens von tagfalterrelevanten Habitaten und Strukturen<br />
innerhalb der Wälder sind sehr vielfältig.<br />
Offene Flächen wie Waldwiesen und Lichtungen gehen z.B. im Zusammenhang mit Aufforstungsmaßnahmen<br />
oder nach Einstellung der Bewirtschaftung durch fortschreitende Gehölzentwicklung<br />
verloren.<br />
Das Durchwachsen von Bäumen an Weg- und Waldrändern führt zu einer „Entsaumung“ der Wälder.<br />
Strukturreiche Waldmäntel sind sowohl durch forstliche Maßnahmen (z.B. vorgelagerte Aufforstungen,<br />
fehlende oder falsche Waldrandentwicklungsmaßnahmen etc.) als auch durch Eingriffe<br />
aus der Landwirtschaft (z.B. Beseitigung „störender“ Gehölze und überhängender Äste, Bodenbearbeitung<br />
bis unmittelbar in den Traufbereich hinein, usw.) bedroht bzw. können sich erst gar nicht<br />
entwickeln.<br />
Wertvolle Blütensäume wachsen mit Gehölzen zu, werden - wie in der Davert regelmäßig zu beobachten<br />
- durch vordringende Adlerfarnbestände ersetzt, angrenzenden Ackerflächen „zugeschlagen“,<br />
durch Nährstoffeinträge zu uniformen Brennnesselfluren oder im Zuge einer unsachgemäßen<br />
Unterhaltung beeinträchtigt.<br />
Durch Waldwegebaumaßnahmen verschwinden wertvolle unbefestigte Wege, die für zahlreiche<br />
Arten eine wichtige Flüssigkeits- und Mineralienquelle darstellen oder eine Funktion im Revierverhalten<br />
haben.<br />
Unbeabsichtigt werden wertvolle und für das Überleben speziell angepasster Arten erforderliche<br />
Habitatelemente wie bestimmte Gehölzstrukturen (siehe das Beispiel Großer Schillerfalter), Eiablage-<br />
und Raupenfraßpflanzen entfernt bzw. zerstört, und damit das Verschwinden seltener Arten<br />
eingeleitet.<br />
Die - meist vom Naturschutz geforderte - naturnahe Waldbewirtschaftung und Einzelstammnutzung<br />
zur Entwicklung altersgemischter Dauerwälder führt in letzter Konsequenz aber auch dazu, dass<br />
z.B. die ehemals durch Kahlschläge oder durch die einst weit verbreitete Nieder- und Mittelwaldwirtschaft<br />
geschaffenen Offenlandbiotope und „Lichtwälder“ verschwinden und ganze Artengruppen<br />
aus dem Wald verdängt werden.<br />
Eine umso größere Bedeutung kommt daher den verbliebenen offenen Strukturen im Wald zu: Also<br />
den Waldwegen, Schneisen, Waldwiesen und gerade auch den durch Windwurf u.a. „Katastrophenereignisse“<br />
entstandenen besonnten Freiflächen. Letztere sind in der frühen Sukzessionsphase oftmals<br />
sehr bedeutsame <strong>Tagfalter</strong>lebensräume. Durch „Übereifer“ und kurzfristiges Wiederaufforsten<br />
gehen diese Biotopflächen dann leider rasch wieder verloren. Eine natürliche, langsame Wiederbewaldung<br />
würde nicht nur seltenen <strong>Tagfalter</strong>n, sondern insgesamt der biologischen Vielfalt dienen.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 26<br />
„Waldlücken“ gehören untrennbar zum Waldlebensraum und müssen, wenn schon nicht durch natürliche<br />
Prozesse (z. B. Windwurf, lokale Kalamitäten und Brandereignisse, Einfluss von mittlerweile<br />
ausgestorbenen großen Pflanzenfressern oder Bibern), immer wieder neu entstehend, durch<br />
angepasste Maßnahmen der Forst- und Landwirtschaft und des Naturschutzes gezielt erhalten, gestaltet<br />
und entwickelt werden.<br />
Maßnahmen<br />
Nachfolgend werden die den Wald betreffenden Maßnahmen zum <strong>Tagfalter</strong>schutz erläutert.<br />
Waldwege, innere Waldsäume und -mäntel<br />
Waldwege stellen im Projektgebiet wichtige Besiedlungsschwerpunkte für Tagschmetterlinge dar.<br />
Ausschlaggebend für eine artenreiche Besiedlung ist aber das Vorhandensein offener Strukturen mit<br />
den für <strong>Tagfalter</strong> relevanten Saum- und Gehölzelementen und Nektarangeboten. Diese gilt es zu<br />
erhalten bzw. durch gezielte forstliche Maßnahmen immer wieder neu zu entwickeln.<br />
Das bedeutet: Stellt sich durch Zusammen- bzw. Durchwachsen der Randbäume über längere Wegstrecken<br />
eine „Beschattungssituation“ ein, so ist im Rahmen der Durchforstung oder durch gezielten<br />
Einschlag Licht in den Bestand zu bringen.<br />
Gute Chancen, arten- und strukturreiche Waldinnenränder zu entwickeln, bieten sich bei geplanten<br />
und aus Naturschutzsicht gebotenen Bestandsumbaumaßnahmen in Nadelholzbeständen. Hier und<br />
bei allen anderen neu zu begründenden Laubbeständen ist beidseits von Wegen ein breiter Randbereich<br />
von einer Bepflanzung auszusparen, in dem sich dann vielfältige Blütensäume und Gebüschstrukturen<br />
entwickeln können.<br />
Da nicht wenige <strong>Tagfalter</strong>arten an nasser Erde oder Pferdeäpfeln saugen (unter den gefährdeten<br />
Arten z.B. Carterocephalus palaemon, Neozephyrus quercus, Satyrium w-album, Apatura iris, Limenitis<br />
camilla, Nymphalis polychloros, Polygonia c-album, Pararge aegeria), dürfen Wald- und<br />
Feldwege nicht geteert oder mit Fremdmaterial befestigt werden. Pfützen stellen im Hochsommer<br />
eine willkommene Trinkquelle für verschiedene Schmetterlingsarten dar<br />
Fotos 16 – 18: Zahlreiche <strong>Tagfalter</strong> nehmen Nahrung bzw. lebenswichtige Mineralstoffe an offenen Bodenstellen auf.<br />
Von links nach rechts: verschiedene Weißlingsarten an feuchter Erde saugend, Großer Schillerfalter (Apatura iris) an<br />
Kot am Wegesrand, Kleiner Eisvogel (Limenitis camilla) an Aas. Der Erhalt unbefestigter, besonnter Waldwege ist<br />
daher von großer Bedeutung im <strong>Tagfalter</strong>schutz.<br />
(Fotos: Walter Schön, Bad Saulgau.)<br />
Wichtig ist die Kenntnis über Vorkommen spezialisierter Arten: So sind beispielsweise Maßnahmen<br />
in Habitaten des Großen Schillerfalters sehr behutsam durchzuführen: Auf keinen Fall dürfen<br />
ältere Weidenbüsche (im größeren Umfang) beseitigt werden; Gleiches gilt für randlich aus dem<br />
Bestand herausragende Einzelbäume. Eine regelmäßige Dokumentation der gefährdeten Arten ist<br />
daher ein wichtiges Anliegen im Schmetterlingsschutz.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 27<br />
Der Erhaltung von Weichhölzern wie Weiden und Espen als für viele Schmetterlingsarten wichtige<br />
Raupenfraßpflanzen ist im Rahmen der forstlichen Bestandspflege generell besondere Beachtung zu<br />
schenken.<br />
Bei Gefährdung wertvoller Säume mit einem hohen Blütenangebot durch Vordringen von „Problemarten“<br />
(z. B. Adlerfarn, starkes Gehölzaufkommen) müssen rechtzeitig Pflegemaßnahmen ergriffen<br />
werden, z.B. eine abschnittsweise Mahd der betroffenen Säume.<br />
Fotos 19 – 23: In den von geschlossenen Beständen geprägten Wäldern des Untersuchungsgebietes sind sonnige bis<br />
halbschattige Waldwege und Schneisen Verbreitungszentren für <strong>Tagfalter</strong>. Hier finden sie die geeigneten klimatischen<br />
Bedingungen und Habitatstrukturen sowie das erforderliche Angebot an blütenreichen Staudenfluren und Larvenfraßpflanzen.<br />
Eine wichtige Nektarpflanze dieser Standorte ist der Wasserdost, Eupatorium cannabinum (Foto oben Mitte:<br />
mit saugendem Kaisermantel). Neben <strong>Tagfalter</strong>n nutzen auch zahlreiche andere Insekten das reiche Blütenangebot<br />
(Foto oben rechts). Durch Zuwachsen mit Gehölzen oder Aufforstungen bis dicht an den Weg heran, gehen diese wichtigen<br />
<strong>Tagfalter</strong>biotope verloren (Foto unten rechts: Der linke Wegrand weist noch einen blütenreichen Saum auf, der<br />
aber durch die dichte Nadelgehölzpflanzung rechts vom Weg schon bald beschattet und verdrängt sein dürfte).<br />
Schneisen und Lichtungen, frühe Sukzessionsstadien<br />
Durch Windwurf und andere Ereignisse entstandene Freiflächen sollten immer der Sukzession überlassen<br />
werden (sofern nicht das Aufkommen unerwünschter, nichtheimischer Gehölzarten zum<br />
Handeln veranlasst). Hier entstehen wertvolle „Lebensräume auf Zeit“ für zahlreiche Insekten-,<br />
aber auch Vogelarten, die durch Aufforstungsbestrebungen zu schnell verloren gingen. Auch bei<br />
dem für die Davert und Hohe Ward angestrebten Umbau standortfremder Nadelbestockung in naturnahe<br />
Laubmischwälder sollte auf den betroffenen Flächen alternativ zur Aufforstung verstärkt<br />
die natürliche Sukzession in Betracht gezogen werden. Generell gilt dieses für die an Wegen bzw.<br />
Offenlandflächen angrenzenden Streifen (s. oben).
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 28<br />
Wegen ihre besonderen ökologischen Bedeutung ist generell von einer Aufforstung vorhandener<br />
Lichtungen sowie der vom Wald eingeschlossenen Weiden, Feuchtwiesen und Brachen abzusehen.<br />
Die in der Davert nicht selten im Wald anzutreffenden Ackerflächen – oft ehemals artenreiche<br />
Waldwiesen – sind in eine extensive Grünlandbewirtschaftung zu überführen.<br />
Auf die schmetterlingsgerechte Bewirtschaftung bzw. Pflege von Grünland- und Brachflächen wird<br />
im Kap. 6.1.4 bzw. 6.1.6 eingegangen.<br />
Waldaußenränder<br />
Äußere Waldränder können bei entsprechender Gestaltung außerordentlich artenreich sein. Der Regelfall<br />
ist jedoch der unmittelbare „Kontakt“ der Ackerflächen mit der letzten Baumreihe des Waldes.<br />
Für die „Natur“ und Artenvielfalt ist hier kein Platz mehr. Nicht nur aus lepidopterologischer<br />
Sicht ist daher die Entwicklung reich gegliederter Waldränder zu fordern.<br />
Waldränder in südlicher Exposition werden von den meisten <strong>Tagfalter</strong>n aufgrund der klimatisch<br />
günstigeren Bedingungen deutlich bevorzugt. Kühl-feuchte Waldsäume und –mäntel schattiger<br />
Randlagen sind nur für wenige Arten wie z.B. den Großen Schillerfalter (Apatura iris) von Bedeutung.<br />
Fotos 24, 25: Struktur- und artenreiche Waldränder (linkes Foto; Beispiel aus der Hohen Ward) sind in den untersuchten<br />
Waldlandschaften sehr selten. Das Zurücksetzen des Weidezaunes ist ein einfaches Mittel, um diese nicht nur für<br />
<strong>Tagfalter</strong> wichtigen „Grenzlebensräume“ entstehen zu lassen. (Foto rechts).<br />
Bei der Ausgestaltung der Waldränder ist eine große Heterogenität sowohl in der Längsausdehnung<br />
als auch in der Tiefe anzustreben. Das Nebeneinander unterschiedlicher Gehölz- und Saumstrukturen,<br />
Vegetations- und Sukzessionsstadien und ein abwechslungsreicher Verlauf, der windgeschützte<br />
Buchten und Nischen einschließt, bereichert nicht nur den optischen Reiz der Waldränder, sondern<br />
ist überhaupt erst Voraussetzung für eine artenreiche <strong>Tagfalter</strong>fauna.<br />
Wo aufgrund der räumlichen Situation ein breiter, stufiger Aufbau mit vorgelagertem Saum und<br />
einem sich daran anschließenden, fließend in den Waldbestand übergehenden Gehölzmantel nicht<br />
möglich ist, sollte der zur Verfügung stehende schmale Randbereich in der Längsausdehnung vielfältig<br />
gestaltet werden, so dass sich die unterschiedlichen Strukturen nebeneinander verzahnen.<br />
Sofern Waldränder bisher fehlen, ihre Entwicklung aber notwendig erscheint bzw. Möglichkeiten<br />
ihrer Etablierung bestehen, sind zielgerichtet Entwicklungsmaßnahmen einzuleiten. Bei der Neuanlage<br />
von Waldrändern können Waldmantel und -saum in die landwirtschaftliche Nutzfläche vorgeschoben<br />
werden oder durch Entnahme einer entsprechenden Zahl von Bäumen im vorhandenen<br />
Waldbestand entwickelt werden. Hierfür bieten sich gerade auch Nadelforste an, die ohnehin in<br />
naturnahe Laubholzbestände umzuwandeln sind.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 29<br />
Eine Breite von mindestens 15 m, möglichst aber bis 30 m, ist anzustreben. Werden die Waldrandgehölze<br />
gepflanzt, ist auf autochthones Pflanzgut der potentiellen natürlichen Vegetation zu achten<br />
(vgl. BURRICHTER 1973, STARKMANN 1993). Das Ressourcenspektrum an Larvenpflanzen sollte, je<br />
nach Bodenbedingungen, blühfähige Prunus spinosa- und Crataegus-Gehölze sowie verschiedene<br />
Salix-Arten, Frangula alnus und Populus tremula umfassen. Ein ausreichendes Nektarpflanzenangebot<br />
insbesondere in blütenarmen Phasen kann z.B. durch Rosa canina, Cornus sanguinea und<br />
Rubus-Arten sichergestellt werden.<br />
Grundsätzlich sollte aber aus Kosten- und auch ökologischen Gründen eine natürliche Waldrandsukzession<br />
(z.B. durch einfaches Zurücksetzen des Weidezauns) in Erwägung gezogen werden.<br />
Eine zurückhaltend durchgeführte Initialpflanzung kann gegebenenfalls die Sukzessionsabläufe<br />
beschleunigen und vermeintlich konkurrenzschwächeren Gehölzen einen Entwicklungsvorsprung<br />
verschaffen.<br />
Zur Erhaltung struktur- und artenreicher Waldränder sind in gewissen Abständen Pflegemaßnahmen<br />
durchzuführen. Um ein Durchwachsen der Gehölze zu verhindern, sind diese rechtzeitig auf den<br />
Stock zu setzen, doch niemals auf breiter Front, sondern immer abschnittsweise. So bleiben wichtige<br />
Strukturen erhalten - z.B. für den Pflaumen-Zipfelfalter (Satyrium pruni) - dessen Raupen auf<br />
alten Schlehengebüschen leben). Nebeneinander existieren dann unterschiedliche, auch die für viele<br />
Arten wichtigen frühen Sukzessionsphasen (z.B. werden von Thecla betulae vornehmlich junge<br />
Austriebe von Schlehengebüschen zur Eiablage genutzt).<br />
Auch auf die Erhaltung der bestehenden Hochstaudenfluren, Grassäume und Brombeersträucher<br />
entlang der Waldränder ist zu achten. Derzeit vorhandene voll besonnte Säume dürfen nicht durch<br />
die Ausweitung von Gehölzstrukturen (z.B. durch Polykormonbildung bei Prunus spinosa) beschattet<br />
oder allmählich verdrängt werden. Der möglichst 3 bis 5 Meter breite Saum ist daher durch eine<br />
gelegentliche, an der Aufwuchsleistung sowie an der angestrebten Artenzusammensetzung orientierten<br />
Mahd zu pflegen. Generell gilt: Teilbereiche müssen von der Mahd ausgespart bleiben zur<br />
Erhaltung von Rückzugsräumen, Nektarinseln, Versteck- und Überwinterungsplätzen. Beispielsweise<br />
überdauern die Puppen von Zygaena trifolii an Stängeln von Hochstauden oder Gräsern. Einige<br />
wichtige Nektarpflanzen – z.B. Distelarten der Gattung Cirsium oder Carduus oder Korbblütler<br />
wie Eupatorium cannabinum - treten als Brachezeiger erst auf, wenn die Mahd nicht alljährlich<br />
durchgeführt wird.<br />
Bisher wurde vor allem auf gebüschreiche<br />
Waldränder eingegangen. Wichtig ist aber<br />
auch der Erhalt überhängender Äste und<br />
Zweige am Waldrand, da hier z.B. an besonnten<br />
Standorten die Eier des Blauen Eichen-<br />
Zipfelfalters (Neozephyrus quercus) abgelegt<br />
werden und sich die Raupen entwickeln.<br />
Durch das weit verbreitete Aufasten der Waldrandbäume<br />
entlang landwirtschaftlicher Flächen<br />
verliert die Art ihre Larvalhabitate.<br />
Foto 26: Der Blaue Eichen-Zipfelfalter (Neozephyrus<br />
quercus) benötigt weit überhängende Äste von Eichen<br />
am Waldrand.<br />
(Foto: Walter Schön, Bad Saulgau.)<br />
Es ist anzustreben, die an die Waldränder angrenzenden Freiflächen extensiv zu nutzen. Arten- und<br />
blütenreiche Grünlandflächen und Brachen haben als Larvalhabitate oder Nektarquellen eine enorme<br />
Bedeutung für zahlreiche Tagschmetterlinge, sowohl für die Offenlandbewohner als auch für<br />
die den Waldsaum nutzenden Arten. Grenzen Ackerflächen an den Waldrand, empfiehlt sich die<br />
Ausweisung eines nur zeitweilig zu pflegenden Brachestreifens.<br />
Die Waldränder sollten räumlich mit anderen naturnahen Saumbiotopen der Kulturlandschaft wie<br />
Hecken, Feldgehölzen, Feld- und Wegrainen, Gräben oder Bächen in Verbindung stehen. Damit
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 30<br />
können Vernetzungslinien und -strukturen geschaffen werden, welche die Isolationswirkung intensiv<br />
genutzter Agrarflächen reduzieren und die Funktion von Lebensräumen und Migrationsleitlinien<br />
übernehmen können. Eine Anbindung von Waldrändern an Hecken bietet sich wegen der strukturellen<br />
und floristischen Ähnlichkeit beider Biotope an.<br />
6.1.2 Hecken, Gebüsche, Feldgehölze<br />
Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong><br />
Aus der großen, für die untersuchten Waldgebiete bedeutsamen Gruppe der so genannten „Waldschmetterlinge“<br />
nutzen viele Arten (z.B. Nymphalis polychloros, Aporia crataegi, Thecla betulae<br />
und Satyrium pruni) nicht nur die eigentlichen Waldlebensräume, sondern sie dringen entlang von<br />
Gehölzstrukturen wie Hecken und Feldgehölze weit in die Agrarlandschaft vor.<br />
Hier können sie nicht nur geeignete Habitate finden sondern auch wichtige Ausbreitungslinien zur<br />
Besiedlung entfernt liegender Lebensräume.<br />
Inwieweit Hecken und andere Gehölzstrukturen der Kulturlandschaft für <strong>Tagfalter</strong> interessant sind,<br />
hängt einerseits von ihrem Aufbau, ihrer Vegetationszusammensetzung und Strukturvielfalt, andererseits<br />
auch vom angrenzenden Umfeld ab.<br />
Den höchsten ökologischen Wert – nicht nur für <strong>Tagfalter</strong>, sondern für zahlreiche Insekten- und<br />
Vogelarten (z.B. Neuntöter) - haben strukturreiche, von verschiedenen Gehölzarten aufgebaute, von<br />
blütenreichen Krautsäumen begleitete, dornensträuchergeprägte Hecken in extensiv genutzten<br />
Grünlandgebieten. „Durchgewachsene“ Hecken inmitten großflächiger Ackerschläge sind für<br />
Schmetterlinge bedeutungslos.<br />
Foto 26: Hecken sind wichtige Bindeglieder zwischen<br />
den einzelnen Waldkomplexen der Davert.<br />
Gefährdungssituation<br />
Eine unmittelbare Gefährdung der Hecken ergibt sich zunächst aus einer unsachgemäßen oder fehlenden<br />
Pflege. Die Zeit der großen Heckenrodungen ist zwar vorbei, doch immer wieder ist entlang<br />
von Ackerflächen ein radikaler Rückschnitt in Kombination mit einem sehr scharfen Anpflügen zu<br />
beobachten. Dies führt, wenn nicht langfristig zum Verschwinden, so doch zu einer fortschreitenden<br />
Ausdünnung der Hecke. Auf der anderen Seite gehen wertvolle Wall- und Feldhecken wegen<br />
fehlender Nutzung oder Pflege und des Durchwachsens zu Baumreihen verloren.<br />
Doch selbst bei einer fachgerechten Heckenpflege können unter ungünstigen Bedingungen seltene<br />
Arten beeinträchtigt werden: Wird z.B. gerade ein von Satyrium pruni besiedelter Heckenabschnitt<br />
auf den Stock gesetzt, so dass möglicherweise alle an den Zweigen überwinternden Eier sowie ältere<br />
Gebüsche als Aufenthaltsorte verloren gehen, könnte dies das Ende der Population bedeuten.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 31<br />
Andererseits profitiert z.B. Thecla betulae von der Heckenpflege durch frische Gehölzaustriebe, die<br />
für die Eiablage präferiert werden.<br />
Immer häufiger werden Hecken entlang von Wegen und Ackerflächen bereits im Sommer „gepflegt“,<br />
d.h. an ihren Außenrändern zurückgestutzt. Dieser radikale Eingriff trifft vor allem die Präimaginalstadien<br />
von Schmetterlingen und anderen Insektenarten.<br />
Zwischen zwei Ackerflächen gelegene Hecken weisen - wenn überhaupt - meist nur sehr schmale,<br />
eutrophierte Säume auf: Hier fehlen den Schmetterlingen geeignete Strukturen, Nektarquellen und<br />
Raupenfraßpflanzen.<br />
Maßnahmen<br />
Da Hecken vereinfacht als „doppelte Waldränder“ zu bezeichnen sind, gelten im Wesentlichen die<br />
im Kap. 6.1.1 beschriebenen Handlungsempfehlungen.<br />
Nicht nur zur Erhaltung des Grundgerüsts der „Münsterländer Parklandschaft“, sondern auch zur<br />
Sicherung der Artenvielfalt müssen Hecken etwa alle 15 Jahre auf den Stock gesetzt werden. Doch<br />
auch bei dieser notwendigen Maßnahme können Habitate und ganze Populationen seltener <strong>Tagfalter</strong>,<br />
z.B. von Satyrium pruni, vernichtet werden. Der sicherste Schutz ist daher, die Vorkommen<br />
seltener und gefährdeter Arten zu kennen und insbesondere hier die Heckenpflege mit großer Sorgfalt<br />
durchzuführen.<br />
Werden folgende Grundsätze bei der Heckenpflege berücksichtigt, bleiben die mit dieser Maßnahme<br />
zwangsläufig verbundenen Eingriffe aller Wahrscheinlichkeit nach ohne Folgen:<br />
• Abschnittsweises Vorgehen und das Bearbeiten von etwa 50 – 75 m langen Teilstücken.<br />
Sind seltene <strong>Tagfalter</strong>arten am Standort bekannt, sind kürzere Teilstrecken zu wählen, damit<br />
der Erhalt von Gehölzstrukturen gewährleistet ist.<br />
• Auch in den Maßnahmenabschnitten sollten einzelne Bäume als Überhälter (ca. alle 25-30<br />
m) und einzelne Sträucher oder Strauchgruppen z.B. für den Pflaumen-Zipfelfalter (Satyrium<br />
pruni) erhalten bleiben. Dies gilt gerade auch für ältere Schlehengebüsche, da diese zur<br />
Eiablage und für das Revierverhalten (Ansitzen) benötigt werden.<br />
• Wenn nicht aus verkehrlichen Gründen erforderlich, dürfen Hecken nicht in der Vegetationszeit<br />
gestutzt werden. Sinnvoller als das Schlegeln der überhängenden Äste ist das konsequente,<br />
aber fachgerechte, abschnittsweise Auf-den-Stock-setzen in den Wintermonaten<br />
(dadurch bleiben die Hecken dicht, was auch der Avifauna entgegen kommt! Zudem werden<br />
die energiereichen, frischen Austriebe von machen Arten zur Eiablage bevorzugt).<br />
Nähere Hinweise zur fachgerechten Durchführung der Heckenpflege finden sich z. B. bei STARK-<br />
MANN (1993).<br />
Nicht nur komplette Heckenstrukturen, sondern auch Gebüschgruppen und Sträucher entlang von<br />
Wegen oder Wirtschaftsflächen sind für die (<strong>Tagfalter</strong>-)Fauna bedeutsame Landschaftselemente<br />
und daher zu erhalten. Gerade sie fallen aber recht schnell und fast unbemerkt einem noch weit verbreiteten<br />
„Ordnungssinn“ zum Opfer.<br />
Bei den Überlegungen zur Anlage und Entwicklung neuer Heckenstandorte (z.B. im Rahmen der<br />
Landschaftsplanung) ist darauf hinzuwirken, dass diese unmittelbar oder über weitere lineare Landschaftsstrukturen<br />
mit den Waldkomplexen und Feldgehölzen in Kontakt kommen, um den Biotopverbund<br />
zu optimieren.
6.1.3 Säume<br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 32<br />
Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong><br />
Säume entlang von Wegen, Straßen, Gräben und Kulturflächen stellen wichtige Rückzugsräume<br />
und Refugialstandorte für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten dar, die von den landwirtschaftlichen<br />
Nutzflächen, auf denen sie unter den bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts überwiegend extensiven<br />
Nutzungsbedingungen ehemals heimisch waren, verdrängt wurden (Säume der Waldränder und<br />
Gebüsche: vgl. Kap. 6.1.1).<br />
Für viele <strong>Tagfalter</strong>arten stellen blütenreiche Hochstaudensäume (z.B. an weg- bzw. straßenbegleitenden<br />
Gräben) und krautreiche Magersäume eine wichtige, mitunter die einzige, Nektarquelle in<br />
der Landschaft dar. Dieses gilt insbesondere auch für die Zeit nach der Mahd benachbarter intensiv<br />
bewirtschafteter Grünlandflächen. Entlang stark befahrener Straßen kann es zu hohen Individuenverlusten<br />
kommen.<br />
Für die Larvalentwicklung spielen Säume eine Rolle, wenn die für die jeweiligen Arten erforderlichen<br />
Raumstrukturen, mikroklimatischen Bedingungen und geeigneten Wirtspflanzen vorhanden<br />
sind. Zu den im Gebiet selteneren <strong>Tagfalter</strong>n, deren Larvalhabitate regelmäßig im Saumbereich von<br />
Wegen zu finden sind, zählen z.B. Polyommatus icarus (Magersäume mit Lotus corniculatus) , Zygaena<br />
trifolii (feuchte, grabenbegleitende Säume mit Lotus uliginosus) und Carterocephalus palaemon<br />
(Grassäume lichter Waldwege). Auch Arten, die Eiablagepflanzen an „Störstellen“ (siehe<br />
Kap. 5.3) präferieren, z.B. Papilio machaon Lycaena phlaeas, Colias hyale und Issoria lathonia,<br />
nutzen geeignete Bereiche am Wegrand.<br />
Darüber hinaus nutzen auch zahlreiche Ubiquisten die Saumbereiche zur Eiablage. So legen z.B.<br />
der Kleine Fuchs (Aglais urticae) und Admiral (Vanessa atalanta ) an Brennnessel, die beiden<br />
Braun-Dickkopffalter Thymelicus lineola und Thymelicus sylvestris sowie das Große Ochsenauge<br />
(Maniola jurtina) an verschiedenen Grasarten ab.<br />
Foto 27: Arten- und blütenreiche Säume sind<br />
wichtige Nektarhabitate für Schmetterlinge und<br />
andere Blüten besuchende Insekten.<br />
Gefährdungssituation<br />
Magere, arten- und blütenreiche Saumstandorte mit Wiesencharakter sind im Projektgebiet selten.<br />
Sandmagerrasenartige Säume bleiben auf Sandstandorte der Hohen Ward beschränkt, haben hier<br />
aber noch eine weite Verbreitung. Sie werden im Kap. 6.1.5 zusammen mit den Sandmagerrasen<br />
behandelt.<br />
Entlang von Straßengräben sind v.a. in der Davert noch an verschiedenen Stellen durch ausgeprägte<br />
Blühaspekte im Hochsommer auffallende Hochstaudensäume ausgebildet, die sich aus Röhrichtarten<br />
wie Filipendula ulmaria, Lysimachia vulgaris, Eupatorium cannabinum u.a. zusammensetzen.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 33<br />
Die Saumstandorte als Lebensraum bzw. Nektarhabitat für <strong>Tagfalter</strong> sind vor allem gefährdetet<br />
durch :<br />
• Überdüngung ausgehend von den angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen: Hierdurch<br />
entstehen uniforme und blütenarme Vegetationsbestände, die für <strong>Tagfalter</strong>, mit Ausnahme<br />
weniger Ubiquisten keine Bedeutung haben.<br />
• Inanspruchnahme durch die Landwirtschaft: In der Regel nutzen Landwirte den Acker soweit<br />
sie können und drängen begleitende Säume auf schmalste Randstreifen zurück, die zusätzlich<br />
einem unmittelbaren Nährstoff- u. Herbizideintrag ausgesetzt sind.<br />
• Einsatz von Herbiziden: Während öffentliche Unterhaltungsträger heute auf die „chemische<br />
Saumpflege“ weitgehend verzichten, wird sie von Privatpersonen immer wieder - und gerade<br />
auch zur Bekämpfung von Problemkräutern – eingesetzt.<br />
• Falsche Pflege: Obwohl eine Unterhaltung der Weg- und Grabenränder auch aus Naturschutzsicht<br />
grundsätzlich sinnvoll ist, erfolgt die Praxis oft nicht in einer für die faunistische<br />
Artenvielfalt gewünschten Art und Weise. Werden z.B. zur falschen Zeit lange Abschnitte<br />
gemäht, verschwinden u. U. sämtliche Habitatstrukturen (z.B. überständige Halme mit Eioder<br />
Verpuppungsstadien) und Nektarangebote. Verbleibt das Mähgut auf der Fläche,<br />
kommt es zu Eutrophierungserscheinungen. Durch den Einsatz von Schlegelmähern treten<br />
hohe Verluste in der Fauna auf: Bei den Tagschmetterlingen sind vor allem die Präimaginalstadien<br />
betroffen.<br />
• Vordringen von Gehölzen: Das Eindringen von Gehölzen in nicht unterhaltene Säume kann<br />
zur Verdrängung wertvoller Artengemeinschaften führen. Ist ein „Ausweichen“ z.B. in die<br />
vorgelagerte Fläche nicht möglich, gehen wichtige Refugialstandorte verloren.<br />
Maßnahmen<br />
Säume brauchen Platz! Es wäre daher zu prüfen, inwieweit sich Landwirte an ihre Eigentumsgrenzen<br />
halten und nicht etwa öffentliche Wegrandflächen unberechtigter Weise mitnutzen. Alle wertvollen<br />
und entwicklungsfähigen Saumstandorte, die als „Rettungsinseln der Artenvielfalt“ eine hohe<br />
Bedeutung haben, müssen erfasst und in ein Pflegekonzept integriert werden (analog zum<br />
„Saumprojekt“ des <strong>NABU</strong>: siehe <strong>NABU</strong> MÜNSTER (2000), <strong>NABU</strong>-NATURSCHUTZSTATION MÜNS-<br />
TERLAND (2005); einige Standorte werden im Kap. 6.2 aufgeführt).<br />
Hier sind in Zusammenarbeit mit den Unterhaltungsträgern optimierte Pflegemaßnahmen umzusetzen.<br />
Zusammengefasst bedeutet dies:<br />
• Bei wiesenartigen Säumen: Mahdtermine an Schnitttermine extensiver Wiesenstandorte orientieren:<br />
Bei zweischüriger Nutzung: 1. Schnitt etwa Mitte Juni, zweiter Schnitt (wie bei der<br />
einschürigen Nutzung) ab etwa Mitte September;<br />
• Bei Hochstaudensäumen: Einschürige Pflege, Mähtermin nicht vor Mitte September;<br />
• Staffelmahd: Grundsätzlich gilt: Immer nur in Abschnitten und in der Summe nur die Hälfte<br />
bis max. 2/3 des Saumes zeitgleich mähen; „Nektarinseln“ und wertvolle Strukturen sind<br />
bevorzugt zu erhalten; eutrophierte Bereiche vorrangig zu mähen;<br />
• Abfuhr des Mähguts: Zur Ausmagerung des Standortes. Damit Tiere sich zurückziehen können,<br />
muss das Mähgut einige Tage auf der Fläche verbleiben, was durch das Antrocknen<br />
gleichzeitig den Abtransport erleichtert.<br />
• Kein Chemieeinsatz: Problemarten sollten nur mechanisch (z.B. Mahd vor der Blüte/Fruchtbildung)<br />
bekämpft werden.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 34<br />
Nähere Hinweise zur Saumpflege bei: <strong>NABU</strong> MÜNSTER (2000) und <strong>NABU</strong>-NATURSCHUTZSTATION<br />
MÜNSTERLAND (2005). Nicht alle Säume benötigen eine regelmäßige Mahd. Letztlich entscheidet<br />
über den Rhythmus insbesondere die Artenausstattung und Nährstoffsituation. Gerade auch im Übergang<br />
zu Waldmänteln reicht ein Mahdsystem, das innerhalb von etwa 3-4 Jahren alle Abschnitte<br />
einmal erfasst.<br />
6.1.4 Grünland<br />
Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong><br />
Mager- und Feuchtgrünland hat für <strong>Tagfalter</strong> als Nektarhabitat aber auch für die Larvalentwicklung<br />
eine sehr hohe Bedeutung.<br />
Unter nährstoffarmen Bedingungen können sich ausgeprägte, von verschiedensten Pflanzenarten<br />
bestimmte und den unterschiedlichen Ansprüchen der Tagschmetterlinge genügende Blühaspekte<br />
ausbilden.<br />
Die Eignung als Larvalhabitat hängt vor allem von den strukturellen und mikroklimatischen Bedingungen<br />
und dem Vorhandensein geeigneter(!) Wirtspflanzen ab. Eine hohe Strukturvielfalt (kurzund<br />
höherrasige Bestände, Versaumungsbereiche, Gebüschinseln, lückige „Störstellen“ etc.) erhöht<br />
generell die Biodiversität und fördert die Artenvielfalt der Schmetterlinge.<br />
Auch zahlreiche Arten, deren Larvenhabitate nicht im Grünland liegen (z.B. die große Gruppe der<br />
„Waldschmetterlinge“), nutzen das Blütenangebot artenreicher Wiesen und Weiden.<br />
Fotos 28 - 30: Großes Foto: Artenreiches, extensiv genutztes Nassgrünland in der Davert – mittlerweile ein seltener<br />
Anblick. Rechts oben: Hauhechelbläuling (Polyommatus icarus), eine Art der Magerwiesen und blütenreichen Säume.<br />
Rechts unten: Feuchtwiesen-Rotwidderchen (Zygaena trifolii): Die einzige Widderchenart im Gebiet besiedelt feuchte<br />
Extensivwiesen, Feuchtbrachen und blütenreiche, magere Grabensäume.<br />
(Fotos P. icarus & Z. trifolii: Walter Schön, Bad Saulgau.)<br />
Gefährdungssituation<br />
Blütenarme, hochgedüngte Vielschnittwiesen fallen als Schmetterlingslebensraum aus. Gleiches gilt<br />
für Intensivweiden. Auf diesen Flächen kommt es zur Entwicklung artenarmer Pflanzenbestände,<br />
die durch gleichförmigen Aufbau der Vegetationsschichtung und -struktur, fehlende oder fragmen-
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 35<br />
tarisch ausgebildete Blütenhorizonte und Reifestadien charakterisiert sind und meist eine Übereinstimmung<br />
zwischen den Entwicklungszyklen der Insekten und den Bewirtschaftungsrhythmen vermissen<br />
lassen.<br />
Magerwiesen und Magerweiden i.e.S. gibt es im Projektgebiet aktuell nicht mehr (ausgenommen<br />
sind hier die Sandtrockenrasen der Hohen Ward, vgl. Kap. 6.1.5). Sofern die Standorte nicht zu<br />
feucht waren bzw. nachdem sie durch Drainage ackerfähig gemacht wurden, sind sie schon recht<br />
früh einer Ackernutzung oder intensiven Grünlandbewirtschaftung zugeführt und damit vielen <strong>Tagfalter</strong>arten<br />
als Lebensraum entzogen worden.<br />
Ursprünglich waren magere Feuchtgrünlandstandorte in der Davert und im Randbereich der Hohen<br />
Ward sehr weit verbreitet. Heute sind sie selten geworden, und die noch nicht drainierten Standorte<br />
weisen meist nicht mehr die floristische Vielfalt vergangener Jahrzehnte auf. Beispielsweise sind<br />
früher weit verbreitete Sumpfdotterblumen-Wiesen bis auf kleinste fragmentarische Reste verschwunden.<br />
Sie sind weiterhin durch Meliorationsmaßnahmen bedroht (sofern sie nicht - wie im<br />
NSG Davert - als „vegetationskundlich bedeutsames Grünland“ ausgewiesen wurden und damit<br />
einen Schutzstatus besitzen).<br />
Eine Anzahl von Feuchtgrünlandflächen im Projektgebiet ist durch Nutzungsaufgabe und durch<br />
eine damit einhergehenden floristischen und faunistischen Verarmung gefährdet.<br />
Eine positive Entwicklung zeichnet sich dadurch ab, dass in den letzten Jahren ein großer Teil des<br />
wertvollen Feuchtgrünlandes in der Davert im Rahmen des Vertragsnaturschutzes (Kreis-<br />
Kulturlandschaftsprogramm) einer extensiven Nutzung zugeführt wurde.<br />
Doch auch auf extensiv genutzten Wiesen und Weiden findet in der Regel eine flächendeckende<br />
Nutzung statt, so dass Saumstrukturen als überlebenswichtige Ausweichbiotope und Nektarhabitate<br />
weiträumig fehlen.<br />
Maßnahmen<br />
Grünland als Lebensraum für <strong>Tagfalter</strong> zu erhalten bzw. für diese und zahlreiche weitere Artengruppen<br />
zu fördern ist nur über eine extensive Bewirtschaftung möglich.<br />
Das Ziel, arten- und blütenreiche Grünlandgesellschaften zu entwickeln, ist nur über den Verzicht<br />
bzw. die deutliche Reduzierung der Düngung zu erreichen. Sofern erforderlich, kann auf bestimmten<br />
Feuchtgrünlandstandorten (z.B. Sumpfdotterblumenwiesen) ggf. eine traditionelle organische<br />
Erhaltungsdüngung in Form von Stallmist, ergänzt durch eine angepasste PK-Düngung, zugelassen<br />
werden. Bei der Umstellung von einer intensiven zur extensiven Bewirtschaftung kann es je nach<br />
Standort einige Jahre dauern, bis sich infolge allmählicher Ausmagerung Erfolge einstellen.<br />
Der Einsatz von Pestiziden verbietet sich. Schleppen und Walzen sollten nur auf gemähten Flächen<br />
erlaubt sein, sofern diese Maßnahmen für die Bewirtschaftung erforderlich sind.<br />
Auf beweideten Flächen ist auf eine reduzierte Besatzdichte (max. 2 GVE/ha) und Erhalt eines<br />
Teils des Aufwuchses zu achten. Veränderungen des Mikroreliefs an den Grünlandflächen sollten<br />
unterbleiben.<br />
Bei einer zweischürigen Wiesennutzung sollte der 1. Schnitt nicht vor Anfang bis Mitte Juni erfolgen,<br />
damit eine ausreichende Blütenentwicklung erfolgen kann. Der zweite Schnitt wäre im Spätsommer<br />
durchzuführen. Günstiger für die <strong>Tagfalter</strong>fauna ist jedoch eine einschürige Spätschnittnutzung<br />
ab Mitte September.<br />
Bei einer gestaffelten Mahd innerhalb einer Fläche oder auf zwei benachbarten Parzellen gehen die<br />
Nektarquellen nicht auf einmal verloren. Zusätzliche Schlaf-, Rendezvous- und Überwinterungsplätze<br />
stehen weiterhin zur Verfügung. Positiv auf Vorkommen und Abundanz der <strong>Tagfalter</strong> wirkt<br />
ein räumliches Nebeneinanders von beispielsweise zweischürigen Wiesen, einschürigen Wiesenabschnitten<br />
und ein- bis zweijährigen Brachestadien. Durch regelmäßige Mahd und Abtransport des
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 36<br />
Mähgutes werden dem Boden Nährstoffe entzogen und Aushagerungsprozesse beschleunigt. Damit<br />
können sich in vermehrtem Ausmaß wieder feuchtwiesentypische Kräuter ansiedeln, welche die<br />
Lebensbedingungen für charakteristische <strong>Tagfalter</strong> des mageren Feuchtgrünlandes verbessern.<br />
Bei Aushagerungsmaßnahmen im Feuchtgrünland wird empfohlen, Bereiche ohne Nutzung zu belassen<br />
und nur mit mehrjährigen Mahdrhythmen zu pflegen. Damit werden für hygrophile und langlebige<br />
Arthropoden Rückzugsräume in feuchten Bereichen gesichert. Die Präsenz von Brachestrukturen<br />
(Säume, Röhricht, Hochstaudenfluren, Gehölzaufwuchs) schafft Strukturvielfalt und fördert<br />
eine artenreiche Entomofauna.<br />
Kleinstrukturen in Bodennähe und ein vegetationsbedingter Strukturreichtum sollten erhalten bleiben<br />
oder gefördert werden. Die meisten <strong>Tagfalter</strong> präferieren zur Eiablage und Larvenentwicklung<br />
ein trocken- oder feuchtwarmes Mikroklima, das an lückig bewachsenen Bodenstellen oder auf extensiv<br />
genutzten Grünlandflächen zu erwarten ist. Ferner ist darauf zu achten, dass – sowohl bei<br />
einer Beweidung als auch Wiesennutzung - während der gesamten Vegetationsperiode ein ausreichendes<br />
Blütenangebot bereit steht.<br />
Zur Sicherung und Revitalisierung von Feuchtgrünlandgesellschaften sollte überprüft werden, ob<br />
der Grundwasserspiegel durch Abriegelung von Entwässerungsgräben oder Verschluss von Drainagen<br />
angehoben werden kann. Bestehende Grünlandsäume und blütenreiche Hochstaudenfluren, die<br />
sich entlang von Gräben ausgebildet haben, sollten erhalten werden. Eine gelegentliche Mahd etwa<br />
alle 2-3 Jahre, die allerdings nicht sämtliche Grabenabschnitte innerhalb einer Vegetationsperiode<br />
erfassen sollte, wird als sinnvoll erachtet.<br />
Für wiesenartige Vegetationsbestände oder Säume entlang der Feldwege gilt: Je nach Produktivität<br />
der Standorte empfiehlt sich eine ein- bis zweischürige Staffelmahd mit Entfernung des Mähgutes.<br />
Hochstaudensäume sind nur alle 3 Jahre ab Mitte September zu mähen (vgl. Kap. 6.1.3).<br />
6.1.5 Sandmagerrasen<br />
Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong><br />
Trockene Sandmagerrasen und Sandheiden sind extreme Lebensräume, die nur von einer vergleichsweise<br />
artenarmen, dafür aber spezialisierten <strong>Tagfalter</strong>gemeinschaft besiedelt werden. Geologisch<br />
bedingt kommen diese Biotope nur im Kernbereich der Hohen Ward auf dem so genannten<br />
„Münsterländer Kiessandzug“ vor. Ursprünglich landschaftsprägend sind sie heute bis auf Restbestände<br />
verschwunden: Neben der mit ca. 3,5 ha größten Fläche am Hiltruper See existiert aber noch<br />
ein weites Netz von kleinen Sandrasen- und Heidefragmenten z.B. an Wegrändern und Böschungen.<br />
Vor allem weil diese Standorte zu kleinflächig sind, und wegen ihrer isolierten Lage kommen<br />
nur wenige charakteristische <strong>Tagfalter</strong>arten der trocken-warmen Sandbiotope im Gebiet vor: Im<br />
engeren Sinne sind dieses Coenonympha pamphilus und Lycaena phlaeas, die (v.a. über ihre Präimaginalstadien)<br />
eine enge Bindung an diese Biotope zeigen. Mit Einschränkungen kann Lasiommata<br />
megera als Besiedler offener Rohbodenstandorte noch dazu gerechnet werden.<br />
Gefährdungssituation<br />
Trockene Sandbiotope sind für das Überleben der genannten <strong>Tagfalter</strong>arten, darüber hinaus zahlreicher<br />
seltener und gefährdeter Pflanzenarten, thermophiler Heuschrecken, einer großen Zahl von<br />
Stechimmen, Laufkäfern, Spinnen u.v.m. unverzichtbar.<br />
Hauptgefährdungsfaktoren im Gebiet sind:<br />
• Zuwachsen mit Gehölzen: Hier sind vor allem die kleinflächigen Standorte betroffen,<br />
• Fehlende Nutzung/Pflege: Mit der Folge, dass neben Gehölzaufwuchs, eine „Verfilzung“,<br />
d.h. Verdichtung der Grasnarbe bzw. des abgestorbenen Grasfilzes, sowie eine starke Aus-
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 37<br />
breitung von Kryptogamen eintritt. Hierdurch verschwinden kleinflächige offene Bodenstellen,<br />
deren Vorhandensein für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten von entscheidender Bedeutung<br />
ist,<br />
• Auf atmosphärische Nährstoffeinträge zurückgehende Eutrophierungserscheinungen wie<br />
Ausbreitung wuchskräftiger Grasarten und mitunter massives Auftreten von Brombeeren.<br />
Fotos 31 – 34: Offene Sandlebensräume wie Trockenrasen<br />
(oben links) oder Sandwege mit Magerrasen gibt<br />
es - geologisch bedingt – nur in der Hohen Ward. Charakterarten<br />
dieser gefährdeten Biotope sind das Kleine<br />
Wiesenvöglein (Coenonympha pamphilus) (oben Mitte)<br />
und der Kleine Feuerfalter (Lycaena phlaeas) (oben<br />
rechts).<br />
(Foto C. pamphilus: Walter Schön, Bad Saulgau.)<br />
Maßnahmen:<br />
Die Pflege der Sandtrockenrasen muss darauf abzielen, eine unerwünschte Gehölzausbreitung v.a.<br />
mit Brombeere, Birke, Pappel und Kiefer zu verhindern und eine magere, lückige und - auf die Gesamtfläche<br />
bezogen - heterogene Vegetationsstruktur zu erhalten bzw. zu entwickeln.<br />
Nährstoffeinträge jeglicher Art sind folglich zu vermeiden, da diese zu einer Unterdrückung der<br />
konkurrenzschwachen Pflanzenarten zugunsten höherwüchsiger Gräser und Kräuter führen und eine<br />
ungünstige Verfilzung der Grasnarbe fördern. Um die Magerrasen herum sind daher ausreichend<br />
große Pufferzonen auszuweisen.<br />
Ein leichtes bis mäßiges Gebüschaufkommen kann sich positiv auf die Lepidopterenfauna auswirken.<br />
Einer stärkeren Verbuschung ist aber entgegenzuwirken.<br />
Wegen der Auflagen, die sich aus dem Trinkwasserschutz ergeben, scheidet eine extensive Beweidung<br />
in der Hohen Ward aus hygienischen Gründen aus. Somit ist über eine angepasste Mahd der<br />
Flächenbestand zu pflegen: Diese sollte immer abschnittsweise (bis max. 50 % einer Fläche) mit<br />
um einige Tage verzögerter Abfuhr des Schnittgutes erfolgen.<br />
Sofern nicht z. B. durch Aktivitäten von Kaninchen offene Bodenstellen entstehen, ist ein kleinflächiges<br />
manuelles Abplaggen der Grassoden und Heidevegetation unbedingt zu empfehlen. So entstehen<br />
Pionierfluren, auf denen bevorzugt die Raupenfraßpflanzen mit Eiern belegt werden.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 38<br />
Um dicht verfilzte Grasnarben bzw. Kryptogamenpolster aufzubrechen wird empfohlen, Teilflächen<br />
streifen- oder mosaikförmig sehr scharf zu mähen oder die Flächen mit einer Egge (z.B. vom Pferd<br />
gezogen) zu bearbeiten.<br />
Wichtig ist, das bestehende Flächennetz nicht nur durch geeignete Pflegemaßnahmen zu optimieren,<br />
sondern durch Entwicklung neuer Sandmagerrasen aus hierfür geeigneten Flächen zu verdichten.<br />
Nähere Ausführungen zu Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen auf Sandtrockenrasen und Sandheiden,<br />
einschließlich eines Flächenerweiterungs- und Verbundkonzeptes, sind dem „Artenschutzprojekt<br />
Feldgrille“ (<strong>NABU</strong>-NATURSCHUTZSTATION MÜNSTERLAND 2004) zu entnehmen.<br />
6.1.6 Brachen<br />
Foto 35: Eine Art, die besonders stark an offene<br />
Rohbodenstellen angewiesen ist, ist der<br />
Mauerfuchs (La-siommata megera). Er benötigt<br />
diese Standorte als Sonnenplätze oder zum<br />
Revieransitz.<br />
(Foto: Walter Schön, Bad Saulgau.)<br />
Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong><br />
Brachen spielen in der Davert und Hohen Ward für Tagschmetterlinge eine wichtige Rolle. Beispiele:<br />
Alle drei im Gebiet bekannten Populationen von Zygaena trifolii leben auf bzw. am Rande von<br />
Feuchtbrachen. Ausschlaggebend sind hier das hohe Blütenangebot, das Vorkommen des Sumpf-<br />
Hornklees (Lotus uliginosus) als wichtigste Raupenfraßpflanze und die Möglichkeit, dass Pflanzenstängel<br />
als Überwinterungsort für die Verpuppungsstadien stehen bleiben. Das einzige Vorkommen<br />
von Satyrium w-album konnte ebenfalls auf einer dem Wald vorgelagerten Brachfläche nachgewiesen<br />
werden. Die ihre Eier an Ulmen ablegenden Imagines nutzten hier u.a. das vorhandene Blütenangebot.<br />
Auch für allgemein verbreitete Arten stellen blütenreiche Brachen bedeutsame Nahrungsquellen<br />
dar, oder sie finden für die Eiablage geeignete Wirtspflanzen, so dass auf diesen Flächen vielfach<br />
hohe Individuendichten zu beobachten sind.<br />
In welchem Maße Brachflächen als Lebensraum für Schmetterlinge von Bedeutung sind, hängt aber<br />
von vielen Faktoren ab. Je nach Bodenbedingungen, Nährstoffreserven und Nutzungsgeschichte<br />
entwickeln sich nach Nutzungsaufgabe sehr unterschiedliche Vegetationsbestände. So zeichnen sich<br />
Feuchtbrachen durch Dominanz von Hochstauden wie Cirsium palustre und Eupatorium cannabinum<br />
aus und locken mit ihrem großen Nektarangebot zahlreiche <strong>Tagfalter</strong> an. Auf gedüngten<br />
Standorten entwickeln sich dagegen uniforme, von Brennnesseln geprägte Vegetationsbestände.<br />
Auch die räumliche Lage zu weiteren für <strong>Tagfalter</strong> bedeutsamen Lebensräumen und Landschaftsstrukturen<br />
spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 39<br />
Foto 36, 37: Blütenreiche Brachflächen (links) und Ruderalfluren (rechts) sind wichtige Nektarinseln innerhalb der<br />
Agrarlandschaft. Damit Arten- und Blütenvielfalt nicht durch Ausbildung von Dominanzbeständen und Gehölzsukzession<br />
verloren gehen, sind gelegentlich Pflegemaßnahmen erforderlich.<br />
Gefährdungssituation<br />
Einen hohen ökologischen Wert haben vor allem die frühen Brachstadien ehemaliger Mager- und<br />
Feuchtgrünlandflächen. Im Verlauf der natürlichen Sukzession gewinnen aber zunehmend konkurrenzkräftige<br />
Gräser und Hochstauden die Oberhand, und in Bodennähe vollzieht sich eine als „Verfilzung“<br />
bekannte Veränderung der Grasnarbe. Dieser Prozess führt zur Verdrängung zahlreicher<br />
auch für Schmetterlinge wichtiger konkurrenzschwächerer Wirts- und Nektarpflanzen. Doch nicht<br />
nur die floristische Vielfalt geht verloren. Auch die Struktur- und mikroklimatischen Bedingungen<br />
entwickeln sich in eine für viele Insekten und auch für <strong>Tagfalter</strong> ungünstige Richtung mit der Folge,<br />
dass immer mehr Arten ausfallen. Alle aufgelassenen Flächen sind schließlich durch aufkommende<br />
Gehölze und zunehmende Verbuschung gefährdet.<br />
Maßnahmen<br />
Für alle Dauerbrachen der Davert und Hohen Ward ist ein Pflegekonzept zu erarbeiten.<br />
Zur Erhaltung bzw. Förderung der Artenvielfalt und zum Abbau des dichten Grasfilzes müsste ein<br />
großer Teil der vorhandenen Brachen regelmäßig und abschnittsweise gemäht und durch Entfernung<br />
des Mähgutes ausgemagert werden.<br />
Soll die Fläche lediglich offen gehalten und die Verfilzung der Grasnarbe verhindert werden, reicht<br />
ein Schnitt im September bzw. Oktober. Eine solch späte Mahd schädigt die Fauna am wenigsten,<br />
bringt aber nur einen mäßigen Aushagerungserfolg. Innerhalb und am Rande der Fläche müssen bei<br />
jeder Mahd Teilbereiche (Saumbiotope) von der Pflege ausgespart bleiben. Einzelne Gebüsche oder<br />
Gebüschgruppen tragen zu einer Bereicherung des Strukturangebotes bei und sind zu erhalten, eine<br />
großflächige Verbuschung ist zu verhindern.<br />
6.1.7 Ackerflächen<br />
Bedeutung für <strong>Tagfalter</strong><br />
Zu Zeiten der „Drei-Felder-Wirtschaft“ und vor Beginn des großflächigen, intensiven Düngereinsatzes<br />
waren Ackerflächen durchaus typische Lebensräume zahlreicher Schmetterlinge.<br />
Zu den Arten, die noch immer eine enge Bindung an Ackergesellschaften zeigen, gehört der Kleine<br />
Perlmuttfalter (Issoria lathonia). Besiedelt werden aber nur Extensiväcker und magere Stoppelbrachen<br />
mit einer reichhaltigen Krautflora und großen Vorkommen des Acker-Stiefmütterchens, der
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 40<br />
Wirtspflanze der Raupen. Viola arvensis kommt gerade in den frühen Brachestadien der Äcker stark<br />
zur Entfaltung und Blüte.<br />
Zwischenzeitlich im Rahmen der konjunkturellen Stilllegung aus der Nutzung genommene Ackerflächen<br />
können als „Nektarinseln“ eine hohe Bedeutung haben, sofern entsprechende Einsaaten<br />
erfolgen oder sich bei der Selbstbegrünung aufgrund der Standortbedingungen blütenreiche Ackerfluren<br />
entwickeln.<br />
Foto 38: Blütereiche Ackerflächen – hier mit<br />
Kornblume und Kamillen-Aspekt – sind in<br />
der Davert und Hohen Ward mittlerweile sehr<br />
selten geworden.<br />
Gefährdungssituation<br />
In der Regel bieten konventionell bewirtschaftete Ackerflächen heute weder <strong>Tagfalter</strong>n noch anderen<br />
Insektenarten und auch nicht den klassischen Kulturfolgern aus der Avifauna wie Feldlerche<br />
oder Rebhuhn geeignete Lebensbedingungen. Ausschlaggebend hierfür ist u.a.:<br />
• die intensive Düngung und der Einsatz von Pestiziden oder Herbiziden, deren Wirkungen<br />
noch über den Acker hinaus angrenzende Säume und Feldraine beeinträchtigen,<br />
• eine hohe Bearbeitungsintensität,<br />
• zunehmender Verlust von Randstrukturen durch Flächenzusammenlegung,<br />
• der sofortige Umbruch der Stoppelbrachen nach der Ernte.<br />
Maßnahmen:<br />
Nicht nur als Artenschutzmaßnahme für <strong>Tagfalter</strong>, sondern generell zur Förderung der floristischen<br />
Vielfalt, einer artenreichen Insektenfauna, der Vogelwelt und Kleinsäugerarten der Agrarlandschaft<br />
sollten folgende Ziele und Maßnahmen auf Ackerflächen verfolgt werden:<br />
• Ausweisung von „Ackerrandstreifen“ im Rahmen des Vertragsnaturschutzes ohne Düngung<br />
und Chemieeinsatz und mit erhöhtem Reihenabstand,<br />
• Erhalt und Förderung von ein- und mehrjährigen Brachestreifen am Ackerrand und zwischen<br />
den Schlägen,<br />
• kein Umbruch der Stoppelbrachen soweit nicht zur Winterbestellung erforderlich,<br />
• Erhalt geeigneter Larvenhabitate im Feldrandbereich: Durch Vermeidung von Chemieeinsatz<br />
und Düngereinträgen sowie durch Erhalt und extensive Pflege von oftmals nicht zur<br />
Acker- bzw. Eigentumsfläche gehörenden Weg- und Feldrainen.
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 41<br />
Bei voraussehbar mehrjähriger Stilllegung können durch geeignete Saatmischungen (z.B. hoher<br />
Rotkleeanteil, zudem Wilde Möhre, u. a.) blütenreiche Nektarflächen entstehen, die von zahlreichen<br />
Tagschmetterlingen aufgesucht werden. Hierzu gehören nicht nur weit die weit verbreiteten Weißlinge,<br />
sondern auch gefährdete oder seltene Arten wie Papilio machaon, Colias croceus, Colias<br />
hyale und Lycaena phlaeas.<br />
Im Rahmen der Pflege von Ackerbrachen sollten die Flächen niemals komplett gemulcht werden,<br />
sondern Teilbereiche ausgespart und damit Rückzugsbereiche für die Präimaginalstadien erhalten<br />
bleiben.<br />
6.2 Spezieller Teil<br />
Die in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten, aus lepidopterologischer Sicht für bestimmte<br />
Lebensraumtypen und zur Sicherung tagfalterrelevanter Habitatstrukturen erforderlichen Erhaltungs-,<br />
Optimierungs- und Entwicklungsmaßnahmen werden nachfolgend flächenspezifisch für die<br />
Davert und Hohe Ward konkretisiert.<br />
Alle Maßnahmen werden nur kurz angesprochen. Nähere Ausführungen .........
Literatur<br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 42<br />
ALBRECHT, L, AMMER, U, GEISNER. W. & H. UTSCHIK (1986): <strong>Tagfalter</strong>schutz im Wald. Ber. ANL<br />
10: 171-183.<br />
AUGUSTIN, A. (2003): Die <strong>Tagfalter</strong> des Kreises Coesfeld und der angrenzenden Davertbereiche<br />
(Lep. Rhopalocera et Hesperiidae). Bestandsaufnahme von 1998 bis 2003. Melanargia, 15 (3):<br />
85-158.<br />
BEULTING, A. & J. KINKELE (1998): Die <strong>Tagfalter</strong>fauna der Hohen Ward. In: Jahresbericht 1998<br />
der <strong>NABU</strong>-Naturschutzstation Münsterland, I: 49-68.<br />
BURRICHTER 1973,<br />
DUDLER, H., KINKLER, H., LECHNER, R. RETZLAFF, H. SCHMITZ, W. & H. SCHUMACHER (1999):<br />
Rote Liste der gefährdeten Schmetterlinge (Lepidoptera) in Nordrhein-Westfalen. In:<br />
LÖBF/LAfAO NRW (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere in Nordrhein-<br />
Westfalen, 3. Fassung. – LÖBF-Schr.R. 17: 575-626.<br />
EBERT, G. & E. RENNWALD (Hrsg.) (1991): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1 und<br />
2. Ulmer-Verlag.<br />
GLÖCKNER, G. (2004): <strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> (unveröffentlicht).<br />
LÖBF NRW (Hrsg.) (1997): Praxishandbuch Schmetterlingsschutz. LÖBF-Reihe Artenschutz,<br />
Band 1.<br />
<strong>NABU</strong> Münster (1998): Biomonitoring-Projekt „Hohe Ward“ – Abschlussbericht.<br />
<strong>NABU</strong> MÜNSTER (2000): Vorkommen und Pflege schutzwürdiger Weg- und Straßenränder in<br />
Münster.<br />
<strong>NABU</strong>-NATURSCHUTZSTATION MÜNSTERLAND (2001): Empfehlungen zur Unterhaltung und Pflege<br />
der Versickerungsteiche in der Hohen Ward.<br />
<strong>NABU</strong>-NATURSCHUTZSTATION MÜNSTERLAND (2003): Artenschutzkonzept Feldgrille.<br />
<strong>NABU</strong>-NATURSCHUTZSTATION MÜNSTERLAND (2004): Jahresbericht Projekt Sandmagerrasenschutz<br />
2003 - Artenschutzprojekt Feldgrille.<br />
<strong>NABU</strong>-NATURSCHUTZSTATION MÜNSTERLAND (2005): Jahresbericht Stadtökologie 2004 – Saumprojekt.<br />
STARKMANN, T.(1993): Neue und alte Hecken im Münsterland. Ökologie, Planung und Pflege von<br />
Neuanpflanzungen in der freien Landschaft. LWL, Westf. Amt für Landes- und Baupflege.<br />
Münster. 3. überarbeitete Auflage.<br />
STEINER, H. (2004): Zwischen Licht und Schatten – Zur Ökologie des Kleinen Eisvogels (Limenitis<br />
camilla) in der Davert/NRW. Dipl.-Arbeit Institut für Landschaftsökologie, Universität Münster.<br />
VORBRÜGGEN, W. (1997): Waldränder. In: LÖBF NRW (Hrsg.) (1997): Praxishandbuch Schmetterlingsschutz.<br />
LÖBF-Reihe Artenschutz, Band 1: 158 165.<br />
WASNER, U. (1997): Verteilung der Charakterarten auf ihre Lebensräume. In: LÖBF NRW (Hrsg.)<br />
(1997): Praxishandbuch Schmetterlingsschutz. LÖBF-Reihe Artenschutz, Band 1: 258 – 275.<br />
Ausgewertete historische Datensammlungen:<br />
1. Auswertung der Tagebücher und Belegtiere Coll. H. LINKE, Naturkundemuseum Münster durch<br />
R. BOCZKI, Münster,<br />
2. Auswertung Sammlung Belegtiere Coll. METZLER & Coll. VORNEFELD, Naturkundemuseum<br />
Münster, sowie Sammlung Belegtiere Institut für Landschaftsökologie Münster durch<br />
H. STEINER, Münster.
Danksagung<br />
<strong>Artenhilfsprogramm</strong> <strong>Tagfalter</strong> für die Davert und Hohe Ward 43<br />
Die <strong>NABU</strong>-Naturschutzstation Münsterland möchte sich bei folgenden Personen herzlich bedanken,<br />
die zum Gelingen des <strong>Artenhilfsprogramm</strong>s beigetragen haben:<br />
- bei Alfred Augustin, Robert Boczki, Martin Glöckner, Jörg Kinkele und Henning Steiner für die<br />
Bereitstellung von <strong>Tagfalter</strong>daten und Unterstützung der Kartierung,<br />
- bei Lydia Grömping und Jörg Kinkele für die kritische Durchsicht des Manuskripts,<br />
- und bei Walter Schön, Bad Saulgau für die Bereitstellung von <strong>Tagfalter</strong>bildern (im Internet:<br />
www.schmetterling-raupe.de).