Die ICF im Überblick - VAF.ch
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Die ICF im Überblick
Allgemeine Zielsetzung der ICF
»Allgemeines Ziel der ICF-Klassifikation ist, in einheitlicher und
standardisierter Form eine Sprache und einen Rahmen zur Beschreibung
von Gesundheits- und mit Gesundheit zusammenhängendne
Zuständen zur Verfügung zu stellen. Sie definiert
Komponenten von Gesundheit und einige mit Gesundheit zusammenhängende
Komponenten von Wohlbefinden (wie Erziehung/Bildung
und Arbeit).« (DIMDI 2004, 9)
Die ICF hat sich fortentwickelt von einer Klassifikation der ›Krankheitsfolgen‹
(wie die ICIDH von 1980) hin zu einer Klassifikation der
›Komponenten der Gesundheit‹
Spezifische Ziele der ICF
Die ICF dient als ›Mehrzweckklassifikation‹ einer Reihe von spezifischen
Zielen:
Bereitstellung einer wissenschaftlichen Basis für Verständnis und
Untersuchung von Gesundheit- und gesundheitsbezogenen Zuständen,
Folgen und Einflussgrößen;
Schaffung einer gemeinsamen Sprache für die Beschreibung von
Gesundheits- und mit Gesundheit zusammenhängenden Zuständen, um
die Kommunikation zwischen Fachleuten im Gesundheitswesen,
forschern, Politikern und der Öffentlichkeit incl. der Menschen mit
Behinderungen zu verbessern;
Erleichterung des Datenvergleichs zwischen Ländern, Disziplinen im
Gesundheitswesen, Gesundheitsdiensten sowie im Zeitverlauf;
Bereitstellung eines systematischen Verschlüsselungssystems für Gesundheitsinformationssysteme.
Anwendungsbereiche der ICF (1)
Die ICF kann zu verschiedenen Zwecken verwendet werden, für die
auch bereits die ICIDH herangezogen wurde:
als statistisches Instrument zur systematischen Erhebung und Dokumentation
von gesundheitsbezogenen Daten;
als Forschungsinstrument für die Einschätzung von Ergebnissen,
Lebensqualität und Umweltfaktoren;
als Instrument in der gesundheitlichen Versorgung für die Beurteilung
des Bedarfs, die Anpassung von Behandlungen an spezifische Bedingungen,
die berufsbezogene Beurteilung, die Rehabilitation und die Ergebnisevaluation;
als sozialpolitisches Instrument für die Planung der sozialen Sicherheit,
sowie für die Politikgestaltung und -umsetzung;
als pädagogisches Instrument für die Curriculumentwicklung, die Schaffung
von Problembewusstsein und als Anstoß für soziales Handeln.
Anwendungsbereiche der ICF (2)
Die ICF ist an sich eine Gesundheits- und mit Gesundheit zusammenhängende
Klassifikation, die aber auch innerhalb anderer Gebiete
angewendet wird (z.B. Versicherungswesen, soziale Sicherheit,
Arbeit, Erziehung/Bildung, Wirtschaft, Sozialpolitik und Fortentwicklung
der Gesetzgebung sowie der Umweltveränderung. Sie
wurde von UN als eine der sozialen Klassifikationen anerkannt.
Die ICF bezieht sich und enthält die UN-Rahmenbestimmungen für
die Herstellung von Chancengleichheit von Personen mit Behinderungen
(›Standard Rules‹). Sie stellt daher ein geeignetes Instrument
für die Umsetzung internationaler Aufträge bezüglich der
erklärten Menschenrechte und für die nationale Gesetzgebung dar.
Anwendungsbereiche der ICF (3)
Die ICF ist nützlich für ein breites Spektrum unterschiedlicher
Anwendungen, wie z. B. im System der sozialen Sicherheit, bei der
Evaluation von gesteuerten Gesundheitsversorgung (›managed
health care‹) und in Erhebungen von Bevölkerungsdaten auf
regionaler, nationaler und internationaler Ebene .
Die ICF bietet einen konzeptionellen Rahmen für Informationen, die
auf die Gesundheitsversorgung des Einzelnen anwendbar sind (incl.
Prävention und Gesundheitsförderung) sowie für die Verbesserung
der Partizipation durch die Beseitigung oder Verringerung von
gesellschaftsbedingten Hindernissen sowie durch Schaffung oder
Verbesserung der sozialen Unterstützung
Darüber hinaus ist sie für die Untersuchung von Gesundheitsversorgungssystemen
bezüglich Evaluation und der Formulierung von
Richtlinien und Empfehlungen nützlich.
Grundbegriffe der ICF – Funktionale
Gesundheit
Eine Person ist funktional gesund, wenn – vor ihrem gesamten Lebenshintergrund
(Konzept der Kontextfaktoren) –
ihre körperlichen Funktionen (einschließlich des mentalen Bereichs) und
Körperstrukturen allgemein anerkannten Normen entsprechen
(Konzepte der Körperfunktionen und -strukturen);
sie nach Art und Umfang das tut oder tun kann, wie es von einem Menschen
ohne Gesundheitsproblem erwartet wird
(Konzept der Aktivitäten);
sie ihr Dasein in allen Lebensbereichen, die ihr wichtig sind, in der Art
und dem Umfang entfalten kann, wie es von einem Menschen ohne
Schädigungen der Körperfunktionen/-strukturen und Aktivitätseinschränkungen
erwartet wird (Konzept der Partizipation/Teilhabe).
Grundbegriffe der ICF – Behinderung und
Funktionsfähigkeit
»Funktionsfähigkeit ist ein Oberbegriff für Körperfunktionen, Körperstrukturen,
Aktivitäten und Partizipation. Sie bezeichnet die positiven
Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem
Gesundheitsproblem) und ihren Kontextfaktoren (Umwelt- und
personenbezogenen Faktoren).
Behinderung ist ein Oberbegriff für Schädigungen (Funktionsstörungen,
Strukturschäden…), Aktivitätseinschränkungen und Beeinträchtigungen
der Partizipation… er bezeichnet die negativen Aspekte
der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem)
und ihren Kontextfaktoren (Umwelt- und personenbezogenen
Faktoren).« (DIMDI 2004, 145f.)
Grundbegriffe der ICF – Kontextfaktoren
Kontextfaktoren sind alle Gegebenheiten des Lebenshintergrundes
einer Person. Sie sind in Umweltfaktoren und personenbezogene
Faktoren gegliedert.
Umweltfaktoren: Faktoren der materiellen, sozialen und
einstellungsbezogene Umwelt.
Personenbezogene Faktoren: Eigenschaften und Attribute der Person
(z.B. Alter, Geschlecht, Ausbildung, Lebensstil, Motivation, genetische genetische
Prädisposition).
Grundbegriffe der ICF – Funktionale
Gesundheit und Kontextfaktoren
Kontextfaktoren (Umweltfaktoren, personenbezogene Faktoren)
können sich auf die funktionale Gesundheit
positiv auswirken (Förderfaktoren)
negativ auswirken (Barrieren)
Daher sind bei der Beurteilung der funktionalen Gesundheit einer
Person stets die Kontextfaktoren ihres Lebenshintergrundes zu berücksichtigen.
Überblick über die ICF als Klassifikation –
Komponenten
Jeder dieser zwei Teile der ICF ist in zwei Komponenten unterteilt:
Teil 1: Funktionsfähigkeit und Behinderung
Körperfunktionen und -strukturen [Klassifikation ›b‹ für Körperfunktionen;
Klassifikation ›s‹ für Körperstrukturen]
Aktivitäten und Partizipation [Klassifikation ›d‹]
Teil 2: Kontextfaktoren
Umweltfaktoren [Klassifikation ›e‹]
Personenbezogene Faktoren [nicht klassifiziert]
Jede Komponente kann in positiven oder negativen Begriffen
ausgedrückt werden.
Komponenten der ICF – Körperfunktionen
und -strukturen
Definitionen:
»Körperfunktionen sind die physiologischen Funktionen von Körpersystemen
(einschließlich der psychologischen Funktionen).
Körperstrukturen sind anatomische Teile des Körpers wie Organe,
Gliedmaßen und ihre Bestandteile.
Eine Schädigung ist eine Beeinträchtigung einer Körperfunktion oder –
struktur wie eine wesentliche Abweichung oder ein Verlust.« (DIMDI
2004, 17)
Komponenten der ICF – Aktivität und
Partizipation
Definitionen:
»Eine Aktivität ist die Durchführung einer Aufgabe oder einer Handlung
(Aktion) durch einen Menschen.
Partizipation … ist das Einbezogensein in eine Lebenssituation.
Beeinträchtigungen der Aktivität sind Schwierigkeiten, die ein Mensch
haben kann, die Aktivität durchzuführen.
Eine Beeinträchtigung der Partizipation … ist ein Problem, das ein
Mensch in Hinblick auf sein Einbezogensein in Lebenssituationen
erleben kann.« (DIMDI 2004, 19)
Komponenten der ICF – Umweltfaktoren
und personenbezogene Faktoren
»Kontextfaktoren stellen den gesamten Lebenshintergrund eines
Menschen dar. Sie umfassen zwei Komponenten: Umweltfaktoren
und personenbezogene Faktoren. Diese können einen Einfluss auf
den Menschen mit einem Gesundheitsproblem, auf dessen
Gesundheits- und gesundheitsbezogenen Zustand haben.
Umweltfaktoren bilden die materielle, soziale und einstellungsbezogene
Umwelt, in der Menschen leben und ihr Leben gestalten. Dies Faktoren
liegen außerhalb des Individuums und können seine Leistung als Mitglied
der Gesellschaft, seine Leistungsfähigkeit zur Durchführung von
Aufgaben bzw. Handlungen oder seine Körperfunktionen und –strukturen
positiv oder negativ beeinflussen.
(…) Personenbezogene Faktoren sind der spezielle Hintergrund des Lebens
und der Lebensführung eines Menschen und umfassen Gegebenheiten
des Menschen die nicht Teil ihres Gesundheitsproblems oder -
zustands sind.« (DIMDI 2004, 21f.)
Das bio-psycho-soziale Modell der ICF –
Schaubild
Körperfunktionen
und -strukturen
Umweltfaktoren
Gesundheitsproblem
(Gesundheitsstörung oder Krankheit, ICD)
Aktivitäten Partizipation
Personbezogene
Faktoren
Überblick über die ICF als Klassifikation –
Konstrukte (1)
Konstrukte sind durch Beurteilungsmerkmale mit relevanten Kodes
definiert. Es gibt vor Konstrukte für Teil 1und eines für Teil 2 der
ICF.
Für Teil 1 sind die Konstrukte:
Veränderung der Körperfunktionen
Veränderung der Körperstrukturen
Leistungsfähigkeit und Leistung
Für Teil 2 ist das Konstrukt:
Förderfaktoren oder Barrieren im Bereich der Umweltfaktoren
Überblick über die ICF als Klassifikation –
Domänen, Kategorien, Ebenen (1)
Domänen sind praktikable und sinnvolle Mengen von entsprechenden
physiologischen Funktionen, anatomischen Strukturen, Handlungen,
Aufgaben oder Lebensbereichen. Die Domänen (z. B. mentale
Funktionen [Körperfunktionen], Lernen und Wissensanwendung
[Aktivitäten und Teilhabe], Einstellungen [Umweltfaktoren]) bilden
die verschiedenen Kapitel und Blöcke innerhalb jeder Komponente.
Überblick über die ICF als Klassifikation –
Domänen, Kategorien, Ebenen (2)
Kategorien sind Klassen oder Teilklassen innerhalb einer Domäne
einer Komponente, d.h. die Einheiten einer Klassifikation (in der
Domäne ›Lernen und Wissensanwendung‹: bewusste sinnliche
Wahrnehmungen, elementares Lernen, Wissensanwendung). Die
Kategorien sind in insgesamt 1400 einzelne Items untergliedert (in
der Kategorie ›Elementares Lernen‹: d130 Nachmachen, nachahmen;
d135 Üben; d140 Lesen lernen; d145 Schreiben lernen;
d150 Rechnen lernen; d155 sich Fertigkeiten aneignen; d159
Elementares Lernen, anders oder nicht bezeichnet).
Überblick über die ICF als Klassifikation –
Domänen, Kategorien, Ebenen (3)
(Item-)Ebenen bilden die hierarchische Ordnung und geben Hinweise
zur Detaillierung der Kategorien. Die erste Ebene umfasst alle
Items der zweiten Ebene usw. Zum Beispiel gibt es in der
Klassifikation der Körperfunktionen die Kodes:
b2 Sinnesfunktionen und Schmerz [Item der ersten Ebene]
b210 Funktionen des Sehens (Sehsinn) [Item der zweiten Ebene]
b2102 Qualität des Sehvermögens [Item der dritten Ebene]
b21022 Kontrastempfindung [Item der vierten Ebene]
Überblick über die ICF als Klassifikation –
Kodierung
Die Buchstaben und numerischen Kodes dienen der Kodierung
(Verschlüsselung) verschiedener Gesundheits- und mit Gesundheit
zusammenhängenden Zustände, die die ICF klassifizieren soll.
Grenzen der ICF
Die ICF ist keine Klassifikation funktionaler Diagnosen. Mit ihr
können jedoch funktionale Befunde und Symptome auf den drei
Ebenen angegeben werden:
Schädigungen bestimmter Funktionen oder Strukturen,
Einschränkungen der bestimmter Aktivitäten,
Beeinträchtigung der Partizipation in bestimmten Lebensbereichen.
Die ICF ist kein Assessmentinstrument. Auf ihrer Grundlage können
jedoch solche Instrumente entwickelt bzw. weiterentwickelt werden.
Unterschiede zwischen ICIDH und ICF (1)
ICIDH
Grundkonzept: kein übergreifendes
Konzept (heuristisches Modell)
Defizitorientiert:
Es werden Behinderungen
klassifiziert
ICF
Funktionale Gesundheit
(Funktionsfähigkeit)
Ressourcen- und defizitorientiert:
Es werden Bereiche klassifiziert, in
denen Behinderungen auftreten
können. Es können unmittelbar
positive und negative Bilder der
Funktionsfähigkeit erstellt werden
›Behinderung‹: formaler Oberbegriff zu Störung in einem der drei Aspekte
(entspricht nicht der deutschen sozialrechtlichen Auffassung)
Unterschiede zwischen ICIDH und ICF (2)
ICIDH
Aspekte:
Schädigung
Fähigkeitsstörung
soziale Beeinträchtigung
soziale Beeinträchtigung als
Eigenschaft einer Person
ICF
Aspekte:
Körperfunktionen und -strukturen
Störungsbegriff: Schädigung
(Funktionsstörung, Strukturschaden)
Aktivitäten (Performanz, Kapazität)
Störungsbegriff: Aktivitätsstörung
Partizipation (Performanz,
Kapazität) Störungsbegriff:
Einschränkung der Partizipation
Partizipation als Wechselwirkung
zwischen dem gesundheitlichen
Problem (ICD) einer Person und
ihren Umweltfaktoren
Unterschiede zwischen ICIDH und ICF (3)
ICIDH
Umweltfaktoren bleiben
unberücksichtigt
Persönliche Faktoren werden
höchstens implizit berücksichtigt
ICF
Umweltfaktoren sind integraler
Bestandteil des Konzept und werden
klassifiziert
Persönliche Faktoren werden explizit
erwähnt, aber nicht klassifiziert
Anwendungsbereich: nur im gesundheitlichen Kontext