Umweltschutz ist Gesundheitsschutz - Stadt Langenhagen
Umweltschutz ist Gesundheitsschutz - Stadt Langenhagen
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UmweltschUtz <strong>ist</strong><br />
GesUndheitsschUtz<br />
was wir dafür tun
imPRessUm<br />
Herausgeber: Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)<br />
Referat Öffentlichkeitsarbeit · 11055 Berlin<br />
E-Mail: service@bmu.bund.de<br />
Internet: www.bmu.de<br />
Redaktion: Dr. Birgit Wolz, Jens Küllmer<br />
Gestaltung: design_idee, büro_für_gestaltung, Erfurt<br />
Druck: Bonifatius GmbH, Paderborn<br />
Abbildungen: Titelseite: vario-images<br />
S. 4: Frank Ossenbrink<br />
S. 6: vario-images<br />
S. 8: m. sandkuehler/jump fotoagentur<br />
S. 10: BMU/Rupert Oberhäuser<br />
S. 13: Ludolf Dahmen/VISUM<br />
S. 18: Blickwinkel/McPHOTO<br />
S. 19: BMU/Brigitte Hiss<br />
S. 18: BMU/Brigitte Hiss<br />
S. 20: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 23: Andreas Müller Pixelio<br />
S. 24: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 26: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 29: DigitalVision<br />
S. 30: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 33: BMU Rupert Oberhäuser<br />
S. 34: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 37: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 38: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 41: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 43: Knut Schulz<br />
S. 46: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 48: peter röhl Pixelio<br />
S. 51: Thomas Stephan/BLE/ökolandbau<br />
S. 53: Thomas Stephan/BLE/ökolandbau<br />
S. 55: Thomas Stephan/BLE/ökolandbau<br />
S. 57: Familie Metzger, Röderhof-Laden<br />
S. 58: Dominic Menzler/BLE/ökolandbau<br />
S. 61: Dominic Menzler/BLE/ökolandbau<br />
S. 62: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 65: bilderbox<br />
Stand: Juli 2008<br />
2. Auflage: 6.000 Exemplare<br />
2<br />
S. 69: David Ausserhofer/JOKER<br />
S. 70: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 76: Jochen Eckel<br />
S. 78: Eike Straube, Umweltbundesamt<br />
S. 79: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 82: BMU/Rupert Oberhäuser<br />
S. 83: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 84: Reinhard Eisele/project photos<br />
S. 86: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 88: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 91: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 93: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 94: Ute Grabowsky/photothek.net<br />
S. 96: imageattack/photoplexus<br />
S. 99: Georg Antony/ALIMDI.net<br />
S. 100: Andreas Buck<br />
S. 102: Stefanie Sudek<br />
S. 104: Heinz-Björn Moriske, Umweltbundesamt<br />
S. 105: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 106: dia/mediacolors<br />
S. 107: Jury Umweltzeichen<br />
S. 108: Scheffbuch/Caro<br />
S. 105: vario images<br />
S. 106: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 116: dpa/Picture-Alliance<br />
S. 119: Birgit Habedank, Umweltbundesamt<br />
S. 121: Matthias Wenk, Landesforstanstalt<br />
Eberswalde<br />
S. 123: Uwe Starfinger, Julius Kühn-Institut<br />
S. 127: BMU/transit/Härtrich
inhAlt<br />
Vorwort 4<br />
1 was unsere Gesundheit beeinflusst 8<br />
1.1 Was <strong>ist</strong> Gesundheit, was <strong>ist</strong> Umwelt? 9<br />
1.2 Umweltgerechtigkeit – eine neue Herausforderung 15<br />
1.3 Wir stehen erst am Anfang 18<br />
2 chemikaliensicherheit 20<br />
2.1 REACH – Chemikaliensicherheit in Europa 21<br />
2.2 Das dreckige Dutzend – <strong>Gesundheitsschutz</strong> weltweit 27<br />
2.3 Umgang mit Altstoffen 28<br />
2.4 Biozide nicht bedenkenlos einsetzen 38<br />
3 Gesunde ernährung <strong>ist</strong> wichtig 46<br />
3.1 Die amtliche Lebensmittelüberwachung bringt es an den Tag 50<br />
3.2 Belastung mit Schwermetallen vorwiegend gering 52<br />
3.3 Rückläufige Entwicklung bei Dioxinen und PCB 55<br />
3.4 Weitere Kontaminanten 60<br />
4 wozu der lärm? 62<br />
4.1 Lärm <strong>ist</strong> schädlich 63<br />
4.2 Kampf dem Lärm 72<br />
5 nun auch noch Feinstaub 76<br />
5.1 Belastung der Luft mit Feinstaub … 80<br />
5.2 … und mit gesundheitsschädlichen Gasen 86<br />
5.3 Luftreinhalte- und Aktionspläne sichern die Einhaltung der Grenzwerte 93<br />
6 „dicke luft“ zu hause? 94<br />
6.1 Es liegt was in der Luft 98<br />
6.2 Staub ohne Ende 101<br />
6.3 Schimmel auf dem Vormarsch 103<br />
6.4 Auf gute Luftqualität kommt es an 105<br />
7 Klimawandel – wir tun was 110<br />
7.1 Globale Erwärmung nimmt zu 113<br />
7.2 Erste Anzeichen für gesundheitsschädliche Wirkungen 117<br />
7.3 Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit 124<br />
Anhang 128<br />
Glossar 128<br />
Wichtige Adressen 134<br />
3
Vorwort<br />
Deutschland hat im umweltbezogenen <strong>Gesundheitsschutz</strong> eine lange Tradition.<br />
Gerade in der Luftreinhaltung, beim Schutz unserer Trinkwasserressourcen<br />
und beim Schutz vor gefährlichen Chemikalien haben wir bereits wesentliche<br />
Verbesserungen erreicht.<br />
Dennoch bleibt für die Umweltpolitik viel zu tun. Diese Broschüre bietet Daten<br />
und Fakten, wo wir Erfolge verbuchen können und wo noch Herausforderungen<br />
zu me<strong>ist</strong>ern sind. Und sie zeigt, wie eng unsere Gesundheit mit<br />
umweltpolitischen Maßnahmen zusammenhängt. Schwerpunktmäßig werden<br />
dabei die Themen Luftreinhaltung im Innen- und Außenbereich, umweltbezogene<br />
Lebensmittelsicherheit, Lärm, Chemikaliensicherheit und die<br />
gesundheitlichen Folgen des Klimawandels erörtert.<br />
Dabei darf nicht vergessen werden, dass Gesundheit komplexe Voraussetzungen<br />
hat. Unsere Ernährungsgewohnheiten, unser Lebensstil, genetische<br />
Faktoren und berufliche Belastungen tragen ganz maßgeblich zu unserer<br />
Gesundheit bei.<br />
4
Auch Bildungsstand, Beruf und Einkommen beeinflussen die Gesundheit: Soziale<br />
Ungleichheit führt zu gesundheitlicher Ungleichheit, weil Umweltbelastungen<br />
in unserer Gesellschaft oftmals ungerecht verteilt sind. Umweltpolitik<br />
heißt deshalb auch, sich für das Recht jedes Menschen auf eine Umwelt einzusetzen,<br />
in der alle gesund leben können.<br />
<strong>Umweltschutz</strong> – der Gesundheit zuliebe!<br />
Ich wünsche Ihnen eine interessante und informative Lektüre.<br />
Sigmar Gabriel<br />
Bundesmin<strong>ist</strong>er für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />
5
wAs UnseRe<br />
GesUndheit beeinFlUsst
1 wAs UnseRe GesUndheit beeinFlUsst<br />
Täglich neue Schlagzeilen und Medienberichte zu Themen wie „Klimakatastrophe“,<br />
„Feinstaubalarm“ oder „giftige Chemikalien in Kinderspielzeug“<br />
verunsichern nicht nur die Menschen in Deutschland. Tatsache <strong>ist</strong>, dass unsere<br />
Lebens- und Produktionsweise, unsere uneingeschränkte Mobilität und<br />
unser enormer Energiekonsum nicht ohne Wirkung auf die Umwelt und<br />
damit auch auf unsere Gesundheit geblieben sind. Die Folge: Egal ob Luft,<br />
Wasser, Boden oder Lebensmittel – Viele machen sich darüber Sorgen und<br />
nichts scheint mehr so natürlich und ursprünglich zu sein, wie sie sich es<br />
wünschen. Deshalb <strong>ist</strong> nicht verwunderlich, dass Umfrageergebnissen zufolge<br />
etwa ein Viertel der Deutschen für sich selbst immer noch eine starke Gesundheitsbelastung<br />
durch die schlechte Qualität der Umwelt sieht. Die Einschätzung<br />
für künftige Generationen fällt noch ungünstiger aus. Laut einer<br />
im Jahr 2006 vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Umfrage befürchten<br />
drei Viertel aller Deutschen, dass zukünftig die Gesundheit der Kinder<br />
und Enkelkinder durch Umweltfaktoren stark oder sogar sehr stark belastet<br />
werden wird.<br />
8
Gesetzliche Regelungen und freiwillige Vereinbarungen, aber auch technische<br />
Neuentwicklungen haben zu vielfältigen Qualitätsverbesserungen der<br />
Umwelt geführt. Gerade in der Luftreinhaltung haben wir in den letzten<br />
Jahrzehnten maßgebliche Fortschritte erreicht. Diese Entwicklung lässt sich<br />
anschaulich anhand der periodisch vom Umweltbundesamt herausgegebenen<br />
„Daten zur Umwelt – Der Zustand der Umwelt in Deutschland“ verfolgen.<br />
Dennoch gibt es weiterhin zahlreiche Umweltfaktoren, die sich negativ<br />
auf unsere Gesundheit auswirken. Was können wir hier verbessern? Dieser<br />
Frage fühlt sich das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium verpflichtet. Innerhalb der<br />
Bundesregierung <strong>ist</strong> das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium für die gesundheitlichen<br />
Belange der durch Menschen verursachten Umweltprobleme federführend<br />
zuständig.<br />
Wie steht es also um die Umwelt und Gesundheit in Deutschland? Die vorliegende<br />
Veröffentlichung versucht, an ausgewählten Beispielen aufzuzeigen,<br />
was wir über Umwelteinwirkungen auf die Gesundheit der Menschen<br />
in Deutschland wissen und an welchen Problemen weitergearbeitet werden<br />
muss. Es wird erläutert, wie die Umwelt auf uns wirkt, welche Bedeutung<br />
dies für unsere Gesundheit hat und welche Krankheiten durch die Umwelt<br />
verursacht oder beeinflusst werden können.<br />
1.1 was <strong>ist</strong> Gesundheit, was <strong>ist</strong> Umwelt?<br />
Mit dem Begriff Gesundheit verbindet jeder Einzelne eigene Vorstellungen.<br />
Die WHO definiert Gesundheit als einen „Zustand vollständigen körperlichen,<br />
ge<strong>ist</strong>ig-seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit<br />
von Krankheit und Gebrechen“ (aus der Gründungserklärung der<br />
WHO aus dem Jahr 1948).<br />
Der Gesundheitsbegriff der WHO <strong>ist</strong> sehr anspruchsvoll und sehr umfassend.<br />
Er bietet den Vorteil, dass er Lebensverhältnisse, wie Arbeit, Wohnung, Ernährung<br />
und Bildung, mit einbezieht. Er verkörpert ein Ideal, dass es anzustreben<br />
gilt und <strong>ist</strong> daher als Leitbild für die Gesundheitspolitik von großer<br />
Bedeutung. Er geht aber weit über das hinaus, was durch gute Umweltpolitik<br />
beeinflussbar <strong>ist</strong>.<br />
9
1 wAs UnseRe GesUndheit beeinFlUsst<br />
Umwelt <strong>ist</strong> alles, was uns umgibt. Sie <strong>ist</strong> belebt und unbelebt. Mit ihr befinden<br />
wir uns lebenslang in Wechselbeziehung. Die Umwelt <strong>ist</strong> unsere Lebensgrundlage,<br />
wir nutzen sie, beeinflussen und verändern sie und müssen<br />
uns ständig an sie anpassen. Auch alle anderen Menschen gehören in diesem<br />
Sinne zu unserer Umwelt. Sind die Menschen um uns herum gemeint,<br />
spricht man von sozialer Umwelt. Umwelt im Sinne der Umweltpolitik <strong>ist</strong><br />
aber die „Umwelt ohne den Menschen“ – wenn auch mit den vom Menschen<br />
darin verursachten Veränderungen.<br />
Die Umwelt wirkt unmittelbar auf den menschlichen Organismus ein. Die<br />
Luft, die wir atmen, die Lebensmittel, die wir essen, die Bedarfsgegenstände,<br />
die wir verwenden, der Lärm, dem wir ausgesetzt sind und vieles mehr sind<br />
Umweltfaktoren, die sich positiv oder negativ auf unsere Gesundheit auswirken<br />
können. Sie wirken über die Atemwege, das Verdauungssystem, die Haut<br />
und die Sinnesorgane auf den menschlichen Organismus ein.<br />
Ob die Umwelt förderlich für unsere Gesundheit <strong>ist</strong> oder nicht, <strong>ist</strong> zum Beispiel<br />
davon abhängig, welche Stoffe in welcher Menge auf uns einwirken.<br />
10
Wir sprechen von Schadstoffen, wenn unsere Atemluft mit Dieselrußpartikeln,<br />
Stickstoffoxiden oder Ozon oder unsere Lebensmittel mit Dioxinen belastet<br />
sind. Wir sprechen von Lärm, wenn der Geräuschpegel um uns herum<br />
als zu laut empfunden wird. Das sind nur einige wenige Beispiele, in denen<br />
die Umwelt gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen kann. <strong>Umweltschutz</strong><br />
bedeutet, derartige Belastungsfaktoren zu reduzieren oder ihre Entstehung<br />
nach Möglichkeit zu verhindern. <strong>Umweltschutz</strong> bedeutet aber auch,<br />
Zusammenhänge zwischen Umwelt und Gesundheit so zu untersuchen und<br />
zu beobachten, dass bisher unbekannte Belastungsfaktoren erkannt werden<br />
können. Zu den Beobachtungsprogrammen, mit denen Zusammenhänge<br />
zwischen Umwelt und Gesundheit in Deutschland untersucht werden, gehören<br />
der Umwelt-Survey und die Umweltprobenbank des Bundes.<br />
Was <strong>ist</strong> der Umwelt-Survey und was wird untersucht?<br />
Der Umwelt-Survey des Umweltbundesamtes erfasst die Belastung der Allgemeinbevölkerung<br />
mit Umweltschadstoffen. Die für Deutschland repräsentativ erhobenen Daten erlauben<br />
eine Beurteilung der Situation der Gesamtbevölkerung.<br />
Alle am Umwelt-Survey beteiligten Personen sind zufällig ausgewählt, sie nehmen zugleich<br />
am Bundes-Gesundheitssurvey des Robert Koch-Institutes teil. Daher wird der<br />
Umwelt-Survey in enger Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut durchgeführt.<br />
bisher durchgeführte erhebungen<br />
˘ 1985/1986 Erwachsene (nur alte Bundesländer)<br />
˘ 1990/1992 Erwachsene, Kinder und Jugendliche<br />
˘ 1998/1999 Erwachsene<br />
˘ 2003/2006 Kinder<br />
design<br />
Mittels Fragebogen werden soziodemografische Angaben, umweltrelevante Verhaltensweisen<br />
und belastungsrelevante Bedingungen in Haushalt und Wohnumfeld erfasst, mittels<br />
Human-Biomonitoring Schadstoffe in Blut und Urin ermittelt sowie Schadstoffe in<br />
der Wohnung durch die Untersuchung von Trinkwasser, Innenraumluft, Hausstaub erfasst.<br />
ziele<br />
Erfassung, Bereitstellung, Aktualisierung und Bewertung repräsentativer Daten für eine<br />
gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung und -berichterstattung auf nationaler Ebene.<br />
11
1 wAs UnseRe GesUndheit beeinFlUsst<br />
12<br />
Was <strong>ist</strong> die Umweltprobenbank und was wird untersucht?<br />
Die Umweltprobenbank des Bundes (www.umweltprobenbank.de) archiviert tiefgekühlt<br />
Umwelt- und Humanproben, die vor ihrer Einlagerung auf umweltrelevante anorganische<br />
und organische Stoffe analysiert werden.<br />
Für den Humanbereich werden jährlich junge Erwachsene (me<strong>ist</strong> Studenten) der Universitäten<br />
Münster (seit 1984), Halle/Saale (seit 1995), Greifswald (seit 1996) und Ulm (seit<br />
1997) untersucht. Zu den Voraussetzungen für die Teilnahme gehört, dass keine erkennbare<br />
spezifische Schadstoffexposition vorliegt.<br />
design<br />
Mittels Fragebogen werden soziodemografische Angaben, umweltrelevante Verhaltensweisen<br />
und belastungsrelevante Bedingungen erfasst, mittels Human-Biomonitoring<br />
Schadstoffe in Blut, Urin und anderen Körpermedien ermittelt.<br />
ziele<br />
Zum einen werden zeitliche Veränderungen der Schadstoffbelastung erfasst, zum anderen<br />
können in den eingelagerten Proben rückwirkend Stoffe oder deren Folgeprodukte<br />
ermittelt werden, die zum Zeitpunkt ihrer Einwirkung noch nicht bekannt oder analysierbar<br />
waren.<br />
Aus dem breiten Spektrum der Umweltfaktoren, die die Gesundheit belasten,<br />
greift diese Broschüre Themen auf, die für unsere Gesundheit von besonderer<br />
Bedeutung sind. Anhand der Themen Chemikaliensicherheit, Luftreinhaltung,<br />
Lärm, Schutz vor unerwünschten Stoffen in der Nahrungskette<br />
und den gesundheitlichen Aspekten des Klimawandels wird beispielhaft aufgezeigt,<br />
wie sich Maßnahmen zum Schutz der Umwelt als Maßnahmen zum<br />
Schutz der Gesundheit erweisen und wie wichtig der <strong>Umweltschutz</strong> <strong>ist</strong>, um<br />
gesund leben zu können. Es werden aber auch Tipps gegeben, wie man sich<br />
vor bestimmten Belastungen schützen kann.
Dabei wirkt die Umwelt nicht auf jeden Menschen gleichermaßen ein. So <strong>ist</strong><br />
zum Beispiel nur ein gesunder Mensch in der Lage, sich optimal an gegebene<br />
Umweltbedingungen anzupassen. Ist er bereits krank, wird seine Anpassungsfähigkeit<br />
beeinträchtigt und sein Zustand kann sich verschlimmern.<br />
Auf der nächsten Seite sind weitere wichtige Einflussfaktoren zusammengestellt.<br />
13
1 wAs UnseRe GesUndheit beeinFlUsst<br />
14<br />
Faktoren, die auch die Gesundheit beeinflussen<br />
Alter und Geschlecht<br />
Kinder reagieren nicht wie Erwachsene, ihr Organismus <strong>ist</strong> noch nicht voll entwickelt.<br />
Bei Älteren läuft vieles langsamer ab, ihre Organfunktionen sind eingeschränkt. Frauen<br />
reagieren oft anders als Männer. Dafür sorgen beispielsweise hormonelle Einflüsse. Die<br />
Anfälligkeit für manche Krankheiten <strong>ist</strong> unterschiedlich, die Lebenserwartung <strong>ist</strong> bei<br />
Frauen deutlich höher.<br />
Genetische disposition<br />
Die Anfälligkeit für bestimmte Erkrankungen <strong>ist</strong> genetisch bedingt, beispielsweise<br />
Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ I) und Allergien: Sind beide Elternteile Allergiker,<br />
liegt das Risiko des Kindes, an einer Allergie zu erkranken, bei 50 bis 70 Prozent.<br />
bildung, einkommen, lebensstil<br />
Bildung und Einkommen hängen oft eng miteinander zusammen, und der daraus resultierende<br />
sozio-ökonomische Status <strong>ist</strong> ein wichtiger Einflussfaktor für die Gesundheit.<br />
Soziale Ungleichheit kann auch zu gesundheitlicher Ungleichheit führen. Ein bewegungsarmer<br />
Lebensstil trägt zu Übergewicht bei und kann die Entstehung verschiedener<br />
Erkrankungen begünstigen, ebenso wie Rauchen oder übermäßiger Alkoholkonsum.<br />
Arbeitsplatz<br />
Schwere und einseitige körperliche Belastungen, psychische Über- oder Unterforderung<br />
sowie das Betriebsklima können die Gesundheit beeinträchtigen. Lärm, Vibrationen,<br />
gesundheitsschädliche Substanzen, ungünstiges Raumklima oder Witterungseinflüsse<br />
kommen hinzu.<br />
stress<br />
Stress <strong>ist</strong> eine von der Evolution vorgegebene Grundreaktion menschlichen Verhaltens.<br />
Übermäßiger Stress kann für eine Reihe von Zivilisationskrankheiten, wie Herz-Kreislauferkrankungen,<br />
mitverantwortlich gemacht werden.
1.2 Umweltgerechtigkeit – eine herausforderung<br />
nicht nur für die Umweltpolitik<br />
Das Thema Umweltgerechtigkeit <strong>ist</strong> in Deutschland ein relativ neues Problemfeld,<br />
das an der Schnittstelle von Umwelt-, Gesundheits- und Sozialpolitik<br />
angesiedelt <strong>ist</strong>. Es befasst sich mit der sozial ungleichen Verteilung von Umweltbelastungen<br />
und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit. Menschen mit<br />
einem niedrigen Sozialstatus sind zum Teil stärkeren Belastungen durch die<br />
Umwelt ausgesetzt als Menschen mit höherem Sozialstatus. Damit verbunden<br />
<strong>ist</strong> vielfach ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, da sie häufig auch nicht über<br />
die notwendigen Voraussetzungen wie Einkommen, Vermögen und Bildung<br />
verfügen, um solche Belastungen zu vermeiden. Dennoch gibt es in Deutschland<br />
bisher keine breitere öffentliche Diskussion der Thematik. Das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium<br />
will Anstöße geben, dass sich dies ändert.<br />
In den USA <strong>ist</strong> diese Thematik bereits seit den 1980er Jahren unter dem Begriff<br />
„environmental justice“ in der Diskussion. In Deutschland steht sie noch<br />
am Anfang. Eine der Ursachen <strong>ist</strong>, dass die soziale Polarisierung in Deutschland<br />
nicht so stark ausgeprägt <strong>ist</strong> wie in den USA, so dass die Betroffenheit<br />
der verschiedenen Gesellschaftsschichten in Deutschland nicht so stark divergiert<br />
wie in den USA. Dennoch hat dieses Thema durchaus auch Relevanz<br />
für Deutschland, weil es nicht gelungen <strong>ist</strong>, alle Bevölkerungsgruppen<br />
in gleichem Maße vor negativen Umwelteinflüssen zu schützen. Verschiedene<br />
Studien der vergangenen Jahre belegen, dass sozial schwächere Bevölkerungsgruppen<br />
von Umweltproblemen oft stärker betroffen sind. Aber es<br />
mangelt an systematischen Untersuchungen zum Einfluss der Umwelt auf<br />
die Lebensqualität verschiedener sozialer Bevölkerungsgruppen.<br />
Um diese Defizite abzubauen, wurde im Kinder-Umwelt-Survey begonnen,<br />
in die Auswertung der Umweltbelastungen nicht nur Alter und Geschlecht,<br />
sondern systematisch auch den Sozialstatus einzubeziehen. Gemessen wurde<br />
der Sozialstatus nach einem vom Robert Koch-Institut speziell für Kinder<br />
entwickelten Index, der Bildung und berufliche Stellung der Eltern sowie das<br />
Haushaltsnettoeinkommen einbezieht. Nach diesem Index wurden die Kinder<br />
in drei Gruppen mit niedrigem, mittlerem und hohem Sozialstatus eingeteilt.<br />
Jeweils ein Viertel der Kinder gehörten zur Gruppe mit niedrigem<br />
und hohem Sozialstatus.<br />
15
1 wAs UnseRe GesUndheit beeinFlUsst<br />
16<br />
Was <strong>ist</strong> der Kinder-Umwelt-Survey?<br />
Bei dem von 2003 bis 2006 durchgeführten Umwelt-survey (KUS) standen Kinder auf<br />
dem Programm. Untersucht wurden etwa 1.800 Kinder im Alter zwischen 3 und 14 Jahren<br />
aus ganz Deutschland. Sie nahmen auch am zeitgleich stattfindenden Kinder- und<br />
Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des Robert Koch-Instituts teil, in welchem knapp<br />
18.000 Kinder und Jugendliche von 0 bis 17 Jahren untersucht wurden (siehe www.kiggs.<br />
de). Daher wurde auch der Kinder-Umwelt-Survey in enger Kooperation mit dem Robert<br />
Koch-Institut durchgeführt.<br />
Damit stehen erstmals repräsentative Ergebnisse zur sozialen Verteilung von<br />
Umweltbelastungen zur Verfügung. Sie zeigen, dass Kinder aus Familien mit<br />
niedrigem sozialen Status häufiger an stark befahrenen Haupt- oder Durch-
gangsstraßen wohnen als Kinder aus Familien mit mittlerem und hohem<br />
sozialen Status. Das bedeutet, dass sozial schwächer gestellte Familien beispielsweise<br />
intensiver Autoabgasen und Verkehrslärm ausgesetzt sein können.<br />
Hinzu kommt, dass das Wohnen an einer stark befahrenen Straße me<strong>ist</strong><br />
mit einer erhöhten Unfallgefahr und fehlenden Grünflächen zur Erholung<br />
und Freizeitgestaltung verbunden <strong>ist</strong>.<br />
Auch bei der inneren Schadstoffbelastung lassen sich soziale Unterschiede<br />
feststellen. Kinder aus sozial schwächeren Familien sind beispielsweise stärker<br />
durch Tabakrauch belastet. Das kann man an der Konzentration von<br />
Cotinin im Urin, einem Stoffwechselprodukt von Nikotin, das mit dem Urin<br />
ausgeschieden wird, feststellen (siehe Kapitel 6 „Dicke Luft“ zu Hause?). Kinder<br />
aus sozial schwächeren Gruppen haben auch höhere Bleigehalte im Blut.<br />
(Abbildung 1-1). Blei kann die Entwicklung des zentralen Nervensystems beeinträchtigen.<br />
17
1 wAs UnseRe GesUndheit beeinFlUsst<br />
Allerdings <strong>ist</strong> es durchaus nicht so, dass immer sozial schlechter gestellte<br />
Kinder eine höhere innere Schadstoffbelastung aufweisen. Bei den chlororganischen<br />
Verbindungen, wie den PCB-Kongeneren 133, 153 und 180, sind<br />
Kinder mit höherem sozialem Status deutlich stärker belastet (Abbildung<br />
1-2). Die PCB (polychlorierte Biphenyle) sind chlororganische Verbindungen,<br />
die wegen ihrer Fettlöslichkeit im tierischen Fettgewebe vorkommen und<br />
sich in der Nahrungskette anreichern (siehe Kapitel 3 Gesunde Ernährung<br />
<strong>ist</strong> wichtig). Hier macht sich möglicherweise der Einfluss des Stillens bemerkbar,<br />
da Mütter mit hohem Sozialstatus ihr Kind tendenziell länger stillen und<br />
deshalb mit der Zeit eine größere Menge von PCB an ihre Säuglinge weitergeben<br />
als andere Mütter.<br />
Studien zu umweltbedingten Erkrankungen deuten ebenfalls auf soziale Unterschiede<br />
hin. Nach den Ergebnissen des bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurveys<br />
des Robert Koch-Institutes sind beispielsweise Mädchen<br />
und Jungen mit hohem Sozialstatus (18,9 Prozent) häufiger von Allergien<br />
betroffen als Kinder mit mittlerem (17,8 Prozent) und niedrigem Sozialstatus<br />
(13,6 Prozent).<br />
18
Weitere Beispiele für die ungleiche Verteilung von Umweltbelastungen in<br />
unterschiedlichen sozialen Gruppen sind in den Kapiteln 4 Wozu der Lärm<br />
und Kapitel 6 „Dicke Luft“ zu Hause? dargestellt. Es handelt sich hierbei<br />
ebenfalls um Ergebnisse aus dem Kinder-Umwelt-Survey.<br />
1.3 wir stehen erst am Anfang<br />
Auch wenn wir in Deutschland hinsichtlich der ungleichen Verteilung von<br />
Umweltbelastungen in unterschiedlichen sozialen Gruppen erst am Anfang<br />
stehen, verdeutlichen die bereits jetzt vorliegenden Erkenntnisse, dass Umwelteinflüsse<br />
nicht losgelöst von sozialen Fragen beurteilt werden können.<br />
Soziale Gerechtigkeit <strong>ist</strong> auch für die Umweltpolitik Herausforderung und<br />
Verpflichtung. Eine wichtige Aufgabe <strong>ist</strong> dabei die Verbesserung der Datenbasis.<br />
Aussagekräftige Daten sind eine wesentliche Grundlage für umweltpolitische<br />
Maßnahmen. Deshalb initiiert das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium weitergehende<br />
Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Umweltgerechtigkeit und<br />
versucht, diese Thematik durch Veranstaltungen und Publikationen stärker<br />
in das öffentliche Bewusstsein zu bringen und eine breitere öffentliche Diskussion<br />
anzustoßen.<br />
19
chemiKAliensicheRheit<br />
20
2 chemiKAliensicheRheit<br />
Seit jeher sind wir von chemischen Verbindungen umgeben. Sie sind natürliche<br />
Bestandteile unserer Erde und kommen in Boden, Wasser und Luft sowie<br />
allen Lebewesen – auch im Menschen selbst – vor. Über die Atemluft, die<br />
Nahrung oder die Haut gelangen sie in den menschlichen Körper. Die Menschen<br />
verändern die in der Natur vorkommenden Verbindungen und stellen<br />
neue Stoffe her: Man spricht dann von Chemikalien. Mittlerweile wird die<br />
Zahl der kommerziell eingesetzten Chemikalien auf über 100.000 geschätzt.<br />
Unser tägliches Leben <strong>ist</strong> ohne die Produkte der chemischen Industrie nicht<br />
mehr vorstellbar. Sie sind überall zu finden und haben zweifellos zu einer erheblichen<br />
Steigerung der Lebensqualität beigetragen. In unserem Alltag begegnen<br />
wir ihnen in Form von Wasch- und Reinigungsmitteln, Farben und<br />
Lacken, Kunststoffgegenständen, Bekleidung, Kinderspielzeug, Verpackungen<br />
und in Lebensmitteln. Auch die Medizin kommt ohne chemische Produkte<br />
nicht aus.<br />
Chemikalien begleiten uns ein Leben lang. In Abhängigkeit von ihren Eigenschaften<br />
und der Menge, der wir ausgesetzt sind, können sie auch unerwünschte<br />
Wirkungen haben. So besteht die Vermutung, dass sie zum stetigen<br />
Anstieg bestimmter chronischer Krankheiten, wie Allergien, Demenz<br />
oder Unfruchtbarkeit, beitragen.<br />
Durch die Vielzahl der Chemikalien in Verbindung mit einschlägigen Medienberichten<br />
fühlen sich viele Menschen zunehmend verunsichert und wünschen<br />
sich mehr Aufklärung und Information. Nach der im Jahr 2006 vom<br />
Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Repräsentativumfrage „Umweltbewusstsein<br />
in Deutschland“ macht jeder Fünfte der Befragten Chemikalien in<br />
Alltagsprodukten für gesundheitliche Belastungen verantwortlich.<br />
Die folgende Übersicht beschreibt die Entwicklungen in dem Politikfeld Chemikaliensicherheit.<br />
Sie stellt eine Auswahl des in Europa und Deutschland<br />
geltenden Chemikalienrechts vor und bietet einen Einblick in die internationale<br />
Zusammenarbeit. An den Beispielen Weichmacher, Flammschutzmittel,<br />
perfluorierte Verbindungen und Biozide werden präventive Maßnahmen vorgestellt,<br />
um Umwelt und Gesundheit zu schützen.<br />
22
2.1 ReAch - chemikaliensicherheit in europa<br />
Erst seit 1981 unterliegen die so genannten „Neustoffe“, die in Europa erstmals<br />
auf den Markt gekommen sind, einer Anmeldepflicht und systematischen<br />
Prüfung, etwa zur Giftigkeit und zu allergieauslösenden Eigenschaften.<br />
Das sind etwa 4.000 Stoffe. Für den Rest, die so genannten „Altstoffe“,<br />
deren Zahl nach dem Europäischen Altstoffverzeichnis über 100.000 beträgt,<br />
gab es solche Prüfanforderungen nicht. Viele von ihnen wurden nie auf ihre<br />
Gefährlichkeit untersucht.<br />
Ein verantwortlicher Umgang mit Chemikalien wurde dadurch zwangsläufig<br />
erschwert beziehungsweise unmöglich. Hersteller von Chemikalien mussten<br />
bislang zu wenig Informationen über ihre Stoffe bereithalten und dementsprechend<br />
erhielt die Öffentlichkeit in aller Regel nur unzureichende Informationen<br />
über ihre Eigenschaften und ihre Risiken für Umwelt und Gesundheit.<br />
So waren insbesondere über Langzeitwirkungen wie krebserzeugende<br />
oder erbgutverändernde Eigenschaften der Chemikalien nur unzureichende<br />
Informationen vorhanden. Risiken, die nicht erkannt werden, können aber<br />
auch nicht beherrscht werden.<br />
23
2 chemiKAliensicheRheit<br />
In der Vergangenheit haben wir oft nur durch Chemieunfälle wie die Chemiekatastrophe<br />
von Seveso oder durch Zufall von den Gefahren erfahren.<br />
Welche Stoffe wie in die Umwelt, in die Nahrungskette oder in den menschlichen<br />
Körper gelangen, kommt auch heute noch oft eher zufällig ans Licht.<br />
Das 1993 von der Europäischen Union ins Leben gerufene Altstoffprogramm<br />
brachte nicht den gewünschten Erfolg, so dass eine völlig neue Strategie in<br />
der europäischen Chemikalienpolitik notwendig wurde: Mit dem Ungleichgewicht<br />
zwischen „alten“ und „neuen“ Chemikalien räumt REACH auf.<br />
REACH <strong>ist</strong> eine neue Verordnung ((EG) Nr. 1907/2006) zur Reg<strong>ist</strong>rierung, Bewertung,<br />
Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, die am 1. Juni 2007<br />
in Kraft getreten <strong>ist</strong>. Der Name REACH steht für die Mittel und Wege zu diesem<br />
Ziel: Reg<strong>ist</strong>rierung (Anmeldung), Evaluation (Bewertung), Autorisierung<br />
(Zulassung) von Chemikalien. REACH vereinfacht und verbessert die vorherige<br />
Chemikaliengesetzgebung in der Europäischen Union.<br />
Die Europäische Chemikalienagentur, die ihren Sitz in Helsinki hat, wird bis<br />
2018 die Reg<strong>ist</strong>rierung von etwa 30.000 Altstoffen vornehmen. Die wichtigen<br />
Informationen werden in einer Internetdatenbank veröffentlicht (siehe auch<br />
ec.europa.eu/echa). Die ersten Reg<strong>ist</strong>rierungen erfolgen seit 1. Juni 2008.<br />
24
Verantwortlicher Umgang mit chemikalien<br />
Im Kern geht es bei REACH darum, die bestehenden Wissenslücken zu<br />
schließen, um einen verantwortlichen Umgang mit Chemikalien zu ermöglichen.<br />
Das neue System basiert auf folgenden Eckpfeilern:<br />
˘ Altstoffe müssen genauso wie Neustoffe auf gefährliche Eigenschaften untersucht<br />
werden.<br />
˘ Reg<strong>ist</strong>rierungspflichtig sind Chemikalien, die ab einer Tonne pro Jahr<br />
durch einen Hersteller produziert oder einen Importeur eingeführt werden.<br />
Das sind etwa 30.000 Stoffe.<br />
˘ Hersteller und Importeure sind für die Sicherheit ihrer Chemikalien entlang<br />
der Lieferkette verantwortlich. Sie müssen die zur Bewertung notwendigen<br />
Daten beschaffen (Beweislastumkehr: Bislang war es vorwiegend<br />
die Aufgabe der Behörden, Probleme zu erkennen und die Industrie<br />
zu deren Beseitigung zu verpflichten).<br />
˘ Neu <strong>ist</strong>: Die Hersteller müssen angeben, wie die Stoffe verwendet werden,<br />
welche Belastung für den Menschen daraus resultiert und mit welchen<br />
Maßnahmen eventuelle Risiken reduziert werden sollten.<br />
Die Anwender sind zur Mitteilung verpflichtet, wenn die Verwendung<br />
der Chemikalie von den Angaben des Herstellers abweicht.<br />
˘ Besonders besorgniserregende Stoffe, die zum Beispiel krebserzeugende<br />
Eigenschaften haben, können einem Zulassungsverfahren unterstellt werden.<br />
Damit kann Chemikalien mit unvertretbaren Risiken der Zugang<br />
zum Markt verwehrt werden.<br />
neue standards im Umwelt- und <strong>Gesundheitsschutz</strong><br />
REACH bringt den Umwelt- und <strong>Gesundheitsschutz</strong> in Europa einen großen<br />
Schritt voran. Das neu gewonnene Wissen über chemische Stoffe, insbesondere<br />
über ihre langfr<strong>ist</strong>igen Wirkungen, wie krebserzeugende oder fortpflanzungsgefährdende<br />
Eigenschaften, und ein darauf aufbauendes Risikomanagement<br />
wird künftig ein höheres Schutzniveau für die Umwelt sowie für<br />
Arbeitnehmer und Verbraucher gewährle<strong>ist</strong>en.<br />
Die verbesserte Informationslage wird sich auch positiv auf viele Bereiche<br />
des Umweltrechts (zum Beispiel Abfall, Bodenschutz, Immissionsschutz) auswirken,<br />
da Regelungen hier oft an das Vorhandensein gefährlicher Stoffe anknüpfen.<br />
Das neu gewonnene Wissen über Stoffeigenschaften wird eine effizientere<br />
Anwendung dieser Vorschriften ermöglichen. Gleiches gilt für das<br />
Verbraucher- und Arbeitsschutzrecht.<br />
25
2 chemiKAliensicheRheit<br />
REACH setzt außerdem Anreize dafür, dass besonders gefährliche Stoffe<br />
durch sicherere Alternativen ersetzt werden. So wird etwa die für jedermann<br />
zugängliche Information über Eigenschaften von Stoffen und deren Verwendung<br />
dazu führen, dass die Nachfrage nach sichereren Produkten zunimmt<br />
und viele der besonders gefährlichen Stoffe vom Markt verschwinden. Auch<br />
innerhalb des REACH-Systems sind weniger gefährliche Stoffe gegenüber gefährlicheren<br />
deutlich privilegiert.<br />
Die in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltende REACH-Verordnung<br />
<strong>ist</strong> seit dem 1. Juni 2007 in Kraft und bedarf keiner nationalen Umsetzung.<br />
Kernbereiche der Verordnung (Vorschriften über die Reg<strong>ist</strong>rierung und Bewertung<br />
und das Zulassungsverfahren) sind am 1. Juni 2008 wirksam geworden.<br />
Mit dem ebenfalls am 1. Juni 2008 in Kraft getretenen REACH-Anpassungsgesetz<br />
wurde das bestehende deutsche Chemikalienrecht so an die<br />
REACH-Verordnung angepasst, dass eine effektive Durchführung in Deutschland<br />
gewährle<strong>ist</strong>et werden kann. Mit diesem Gleichlauf des deutschen Chemikalienrechts<br />
mit den europarechtlichen Regelungen sind optimale rechtliche<br />
Voraussetzungen für einen erfolgreichen Start des REACH-Systems in<br />
Deutschland geschaffen worden.<br />
26
2.2. das dreckige dutzend –<br />
<strong>Gesundheitsschutz</strong> weltweit<br />
Mit dem Stockholmer Übereinkommen, das im Mai 2004 in Kraft getreten <strong>ist</strong><br />
und bisher von 156 Vertragsstaaten unterzeichnet wurde, wird ein Prozess in<br />
Gang gesetzt, der das weltweite Verbot von besonders gefährlichen Chemikalien,<br />
den so genannten POPs (Pers<strong>ist</strong>ent Organic Pollutants; pers<strong>ist</strong>ente organische<br />
Schadstoffe), zum Ziel hat.<br />
Die Konvention startete mit den zwölf gefährlichsten Verbindungen, dem so<br />
genannten „dreckigen Dutzend“ (dirty dozen). Dazu gehören eine Reihe von<br />
Pflanzenschutzmitteln und Industriechemikalien sowie die hochgiftigen Dioxine<br />
und Furane, die als unerwünschte Nebenprodukte in Produktions- und<br />
Verbrennungsprozessen entstehen.<br />
Obwohl es sich um ganz unterschiedliche Schadstoffe handelt, haben sie<br />
doch entscheidende Eigenschaften gemeinsam: Sie zeichnen sich durch<br />
Langlebigkeit, Bioakkumulation (Anreicherung in Lebewesen), Öko- und<br />
Humantoxizität (Giftigkeit für Mensch und Umwelt) sowie das Potenzial zum<br />
Ferntransport in Wasser, Boden und Luft aus.<br />
In den Industrieländern sind Produktion und Gebrauch dieser Chemikalien<br />
bereits verboten oder weitestgehend reguliert. Die Hauptquellen für diese<br />
Chemikalien, wie etwa Müllverbrennungsanlagen bezüglich der Dioxine und<br />
Furane, sind mit scharfen Grenzwertvorschriften belegt, so dass Risiken für<br />
Umwelt und Gesundheit reduziert werden.<br />
Anders <strong>ist</strong> dies hingegen in Entwicklungsländern und in verschiedenen osteuropäischen<br />
Staaten, in denen diese Chemikalien weiterhin als Pestizide<br />
oder in Holzschutzmitteln eingesetzt werden oder wo polychlorierte Biphenyle<br />
(PCB) in Transformatoren weit verbreitet sind. In Osteuropa und auf<br />
dem afrikanischen Kontinent bereiten Alt- und Lagerbestände von Pflanzenschutzmitteln<br />
der ersten Generation (Organochlorpestizide) in Größenordnungen<br />
von mehreren 100.000 Tonnen, die häufig in alten Fässern vor sich<br />
hin rotten, Anlass zu großer Sorge.<br />
Ob und wie die Vereinbarungen in den Entwicklungsländern umgesetzt werden,<br />
<strong>ist</strong> daher maßgeblich für den Erfolg des Übereinkommens und damit<br />
indirekt auch für die Belastung der Menschen in Deutschland mit diesen<br />
27
2 chemiKAliensicheRheit<br />
Chemikalien. POPs haben die als „Grasshoppers Effect“ bezeichnete Eigenschaft,<br />
durch wiederholtes Verdunsten und Kondensieren mit den Luftströmungen<br />
in Richtung der Erdpole zu wandern. POPs sind also ein globales<br />
Problem, dem nur durch ein weltweites Übereinkommen Rechnung getragen<br />
werden kann. Daher setzt sich Deutschland für die Aufnahme weiterer<br />
POPs im Übereinkommen ein.<br />
2.3 Umgang mit „Altstoffen“<br />
Chemikalien, die vor 1981 auf den Markt kamen, galten bisher als Altstoffe.<br />
Sie waren weder anmeldepflichtig noch mussten Hersteller Prüfungen über<br />
gefährliche Eigenschaften nachweisen. Um dem abzuhelfen, verabschiedete<br />
die Europäische Union 1993 das Altstoffprogramm, um systematisch die Risiken<br />
der Altstoffe zu bewerten. Diese Risikobewertungen sind teilweise noch<br />
nicht abgeschlossen und werden unter der neuen Chemikalienverordnung<br />
REACH fortgesetzt.<br />
weichmacher sind in Verruf geraten<br />
Weichmacher werden eingesetzt, um Kunststoffen elastische Eigenschaften<br />
zu verleihen, damit sie einfacher zu bearbeiten sind oder bestimmte Gebrauchseigenschaften<br />
erreichen. Mengenmäßig überwiegen gegenwärtig<br />
noch Phthalate, die für die Herstellung von Weich-PVC verwendet werden.<br />
Produkte aus Weich-PVC finden sich in fast allen Haushalten. Sie bestehen<br />
durchschnittlich zu 30 bis 35 Prozent aus Weichmachern. Phthalate kommen<br />
in vielen verbrauchernahen Produkten vor und machen auch vor Medizinprodukten<br />
und Arzneimitteln nicht Halt. Sie sind beispielsweise in Infusionsschläuchen,<br />
Magensonden, Blut- und Dialysebeuteln und Filmtabletten<br />
enthalten.<br />
Da Phthalate aus dem Material austreten können, sind die Menschen einer<br />
fast ständigen Belastung durch diese Chemikalien ausgesetzt. Sie kommen in<br />
die Luft, können eingeatmet und über die Haut aufgenommen werden und<br />
lagern sich im Hausstaub ab. In die Nahrung gelangen sie während der Verarbeitung,<br />
durch Verpackung und Lagerung. Besonders häufige und gefährliche<br />
Phthalate sind DEHP (Di(2-ethylhexyl)phthalat), DBP (Dibutylphthalat)<br />
und BBP (Benzylbutylphthalat).<br />
28
Wo kommen Phthalate vor?<br />
˘ als weich-PVc in Fußbodenbelägen, Kunstleder, Tapeten, Verpackungen, Babyartikeln,<br />
Kinderspielzeug, Schuhen, Sport- und Freizeitartikeln, Kabelummantelungen<br />
˘ als lösemittelersatz in Lacken, Anstrich- und Beschichtungsmitteln, Dichtungsmassen,<br />
Klebstoffen<br />
˘ zur textilveredlung, um die Griffigkeit und Geschmeidigkeit zu verbessern<br />
˘ als duftstoffträger in Kosmetika<br />
Phthalate kamen vor 1981 in Europa in den Verkehr und wurden in der Altstoffverordnung<br />
der Europäischen Union als prioritäre Stoffe erfasst, weil sie<br />
in sehr großen Mengen produziert werden und ein hohes ökotoxikologisches<br />
Potenzial besitzen. Für die fünf wichtigsten Phthalate <strong>ist</strong> die Risikobewertung<br />
abgeschlossen. Nun geht es unter REACH weiter: DBT, DEHP und BBP<br />
gehören zu den ersten 16 Stoffen, die zur Aufnahme in die L<strong>ist</strong>e der zulassungspflichtigen<br />
Stoffe vorgeschlagen sind.<br />
29
2 chemiKAliensicheRheit<br />
DEHP, DBP und BBP haben hormonähnliche Eigenschaften und können<br />
schädliche Wirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit haben. Spielzeug und<br />
Babyartikel, die in den Mund genommen werden, stellen ein Risiko für die<br />
Gesundheit von Kleinkindern dar, wenn sie Phthalate enthalten. Bei Kindern<br />
<strong>ist</strong> zu berücksichtigen, dass sie besonders empfindlich auf fortpflanzungsgefährdende<br />
Chemikalien reagieren, da sich ihr Organismus noch in der Entwicklung<br />
befindet. Zum Schutz der Gesundheit von Kindern hat daher die<br />
Europäische Union ein Anwendungsverbot für sechs Phthalate als Weichmacher<br />
in Babyartikeln und Kinderspielzeug erlassen.<br />
30
DEHP, DBP und BBP dürfen darüber hinaus auch nicht in Produkten für den<br />
privaten Endverbrauch, wie in Lacken und Farben sowie kosmetischen Mitteln,<br />
enthalten sein. Auch die Verwendung dieser Phthalate in Kunststoffen<br />
für Lebensmittelverpackungen wurde EU-weit reguliert; sie dürfen in Verpackungsmaterialen<br />
für fettreiche Lebensmittel nicht mehr verwendet werden.<br />
Weitere Risikominderungsstrategien für DEHP sind vor allem in Produkten<br />
der Medizintechnik in der Diskussion.<br />
Die chemische Industrie reduziert seit einigen Jahren den Einsatz von<br />
DEHP, BBP und DBP und weicht auf die beiden langkettigen Phthalate DINP<br />
und DIDP aus, weil sie gegenwärtig hinsichtlich ihrer Wirkungen auf die<br />
menschliche Gesundheit günstiger beurteilt werden. Sie stehen aber unter<br />
Verdacht, sich in hohem Maße in Organismen anzureichern sowie in Boden<br />
und Sedimenten langlebig zu sein. Sie gehören daher nicht in die Umwelt.<br />
bromierte Flammschutzmittel im Visier<br />
Flammschutzmittel dienen dazu, die Entzündung brennbarer Materialien,<br />
wie Kunststoffe, Textilien oder Holz, hinauszuzögern und die Flammenausbreitung<br />
zu verlangsamen. Dadurch lassen sich Brände entweder ganz verhindern<br />
oder die Zeit zur Flucht verlängert sich. Sie befinden sich daher in<br />
einer Reihe verbrauchernaher Produkte.<br />
Wo kommen Flammschutzmittel vor?<br />
˘ Kunststoffe: Gehäuse von Elektro- und Elektronikgeräten (Fernseher, Computer),<br />
Kabelummantelung<br />
˘ spielzeug<br />
˘ textilien: Polstermöbel, Teppiche, Matratzen, Wohnraumtextilien<br />
˘ bauprodukte: Dämm- und Montageschäume<br />
˘ Automobilindustrie: Kunststoffbestandteile und Polsterüberzüge<br />
31
2 chemiKAliensicheRheit<br />
Als Flammschutzmittel kommen viele unterschiedliche chemische Verbindungen<br />
zum Einsatz. Problematisch sind unter anderem die bromierten<br />
Flammschutzmittel, da einige von ihnen im Brandfall und bei unkontrollierter<br />
Entsorgung hochgiftige bromierte Dioxine und Furane bilden können.<br />
Bromierte Flammschutzmittel sind in der Umwelt weit verbreitet und sogar<br />
in der Polarregion nachweisbar. Sie kommen in Sedimenten und Stäuben sowie<br />
in zahlreichen Tierarten vor. Bis heute <strong>ist</strong> nicht geklärt, auf welchen Pfaden<br />
sie in die Umwelt gelangen. In der Umwelt können sie schwer abbaubar<br />
sein und sich wegen ihrer lipophilen (fettlöslichen) Eigenschaften in Lebewesen<br />
anreichern. Ihre Wirkungen sind unterschiedlich. Für einige sind ökotoxische<br />
Eigenschaften nachgewiesen, für andere auch gesundheitliche Risiken<br />
am Arbeitsplatz als Folge des Einatmens.<br />
Einige kommen auch in den menschlichen Organismus, hauptsächlich über<br />
die Nahrung, und lassen sich in geringen Konzentrationen in Muttermilch<br />
und im Blut des Menschen nachweisen. Bei diesen Konzentrationen bestehen<br />
nach den Risikobewertungen der Europäischen Union keine gesundheitlichen<br />
Risiken. Aus Vorsorgegründen sollte Muttermilch diese Stoffe jedoch<br />
nicht enthalten.<br />
Am Beispiel der polybromierten Diphenylether (PBDE) wird veranschaulicht,<br />
wie die noch im Rahmen des Altstoffprogramms begonnene Risikobewertung<br />
in einem teilweisen Verbot resultierte. PBDE werden seit den 1970er<br />
Jahren in Kunststoffen für den Elektronikbereich oder in synthetischen Textilien<br />
eingesetzt. PBDE, die mehr als 200 Einzelverbindungen (Kongenere)<br />
umfassen, kommen in drei Gemischtypen (Penta-, Octa- und DecaBDE) zur<br />
Anwendung. Sie besitzen toxische Eigenschaften und sind möglicherweise<br />
krebserzeugend und hormonähnlich wirksam.<br />
In das Kreuzfeuer der Kritik sind die PBDE geraten, als sie in Muttermilchproben<br />
aus Schweden, die von 1972 bis 1997 gesammelt wurden, nachgewiesen<br />
werden konnten. Die Befunde in der Muttermilch gaben Anlass zur<br />
Besorgnis. Die Risikobewertung führte dazu, dass für Penta- und OctaBDE<br />
wegen der Gefährdung der Umwelt und zum vorbeugenden Schutz gestillter<br />
Säuglinge ein Verbot ausgesprochen wurde (Richtlinie 2003/11/EG).<br />
32
Die bisherige Risikobewertung für DecaBDE ergab keine Einstufung als Gefahrstoff,<br />
ließ aber einige Unsicherheiten offen: Der Stoff steht in Verdacht,<br />
langfr<strong>ist</strong>ig das Nervensystem schädigende Wirkungen zu haben und sich<br />
langsam zu niedriger bromierten, stärker toxischen Verbindungen abzubauen.<br />
Die Europäische Kommission verpflichtete die Industrie, bis 2014 durch<br />
weitere Untersuchungen zu einer Klärung beizutragen.<br />
Die Anwendung von DecaBDE wurde eingeschränkt. DecaBDE darf ab<br />
Juli 2008 nicht mehr in neu in Verkehr gebrachten Elektro- und Elektronikgeräten<br />
enthalten sein.<br />
Die Entscheidungen über die Zulassung von DecaBDE und HBCD, einem weiteren<br />
bromierten Flammschutzmittel unter REACH, werden ab 2009 getroffen.<br />
Aus Vorsorgegründen sollten jegliche Einträge bromierter Flammschutzmittel<br />
in die Umwelt minimiert werden. Priorität hat der vollständige Ersatz, da<br />
nur dieser eine deutliche Verringerung des Umwelteintrags sicherstellt.<br />
33
2 chemiKAliensicheRheit<br />
Perfluorierte chemikalien – keine entwarnung<br />
Perfluorierte Chemikalien gehören größtenteils zu den Altstoffen, machen<br />
aber erst seit kurzem von sich reden. Die am besten untersuchten Verbindungen<br />
sind Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure<br />
(PFOS), die weltweit in Meeren sowie in im Wasser lebenden Tieren und<br />
auch im Menschen nachgewiesen wurden. PFOA und PFOS sind wasserlösliche,<br />
in der Umwelt schwer abbaubare und bioakkumulierende Stoffe, die gesundheitsschädliche<br />
Eigenschaften besitzen. Außerdem werden sie über weite<br />
D<strong>ist</strong>anzen bis in die Arktis und Antarktis transportiert. Aus Tierversuchen<br />
sind krebserzeugende und auch sonstige toxische Eigenschaften (wie reproduktionstoxische)<br />
bekannt.<br />
PFOA und PFOS sind oberflächenaktiv und werden deshalb als perfluorierte<br />
Tenside (PFT) bezeichnet. Sie sind auch Ausgangs- oder Hilfsstoffe zur Herstellung<br />
von Imprägnierungsmitteln und Polymeren, die uns im Alltag auf<br />
vielfältige Weise nicht nur in Regenjacken, auch in Backpapier, begegnen.<br />
In Verbindung mit diesen perfluorierten Verbindungen <strong>ist</strong> wegen des möglichen<br />
Restgehaltes an PFOS und PFOA auch die Herstellung von Fluorpolymeren<br />
in die Kritik geraten. Diese Kunststoffe sind sehr stabil gegenüber Hitze<br />
und Chemikalien sowie Wasser und Schmutz abweisend. Am bekanntesten<br />
<strong>ist</strong> Polytetrafluorethylen, das unter den Handelsnamen Teflon und Gore Tex<br />
verkauft wird. Fluorpolymere sind wegen ihrer Eigenschaften vielseitig einsetzbar<br />
und seit mehr als 50 Jahren auf dem Markt.<br />
34
Wo werden Fluorpolymere angewendet?<br />
˘ Pfannen und Töpfe: Antihaftbeschichtung<br />
˘ Textilien: Wetterfeste Bekleidung zum Schutz vor Nässe und Schmutz<br />
˘ Oberflächenveredelung: Teppichböden, Möbel<br />
˘ Technik: Dichtungen und Lager (wegen guter Gleitfähigkeit), Kabelummantelung<br />
˘ Medizin- und Labortechnik: Implantate, Beschichtung von Laborgeräten<br />
˘ Optik: Linsen<br />
˘ Luftfahrt und Militärtechnik<br />
Die wasserlöslichen perfluorierten Verbindungen, wie PFOS und PFOA, werden<br />
hauptsächlich auf dem Wasserweg weiträumig verbreitet. Sie kommen<br />
nicht nur im Grundwasser – und damit auch im Trinkwasser – vor, auch in<br />
der Tiefsee, in der Arktis und sogar in den dort lebenden Tieren sind sie bereits<br />
angekommen. Als Hauptbelastungsquellen gelten Abwässer aus Industrie<br />
und Haushalten.<br />
Im Trinkwasser in Deutschland wurden perfluorierte Verbindungen nachgewiesen.<br />
Diese regional begrenzten Befunde standen allerdings im Zusammenhang<br />
mit der Aufbringung von Dünger auf landwirtschaftliche Nutzflächen,<br />
dem illegalerweise „Chemieabfall“ beigemischt worden war.<br />
PFOS und PFOA werden überwiegend in Körperflüssigkeiten, weniger im<br />
Fettgewebe, nachgewiesen, wobei in Lebewesen die PFOS-Konzentrationen<br />
höher als die von PFOA sind. Sie lassen sich auch im menschlichen Blut und<br />
in Muttermilch finden. Die Konzentrationen im menschlichen Körper und<br />
in der Umwelt sind allerdings sehr niedrig, so dass bisher keine schädlichen<br />
Wirkungen beobachtet wurden.<br />
35
2 chemiKAliensicheRheit<br />
Die in Deutschland im Blut nachgewiesenen PFT-Konzentrationen sind vergleichbar<br />
mit denen aus anderen europäischen Ländern, wie Belgien, Schweden<br />
oder Polen. Abbildung 2-1 stellt die Ergebnisse der Untersuchung von<br />
Blutproben der Umweltprobenbank des Bundes (siehe Kapitel 1 Was unsere<br />
Gesundheit beeinflusst) aus dem Zeitraum 1985 bis 2005 vor. In allen Proben<br />
wurden PFOS und PFOA deutlich oberhalb der Bestimmungsgrenze gefunden.<br />
Die PFOS-Gehalte sind seit 2001 rückläufig. Möglicherweise wirken sich<br />
die von einigen europäischen Unternehmen eingeführten Maßnahmen zur<br />
Verminderung der Einträge in die Umwelt und zur Reduzierung der Rückstände<br />
in Produkten bereits aus.<br />
Für das Inverkehrbringen und Anwenden von PFOS hat die Europäische Union<br />
seit Juni 2008 ein Verbot ausgesprochen (Richtlinie 2006/122/EG). Einige<br />
Anwendungen sind davon ausgenommen wie in der Halbleiterindustrie, für<br />
die es derzeit noch keine geeigneten Ersatzstoffe gibt. Hinsichtlich PFOA hat<br />
36
das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium, in Zusammenarbeit mit Behörden und Industrie,<br />
ein Pilotvorhaben gestartet, um die von PFOA ausgehenden Risiken<br />
zu bewerten. Außerdem setzt sich Deutschland dafür ein, das PFOS in das<br />
POPs-Übereinkommen aufgenommen wird. Damit wäre ein weltweites Verbot<br />
verbunden.<br />
Wie PFT in den Körper gelangen, <strong>ist</strong> nicht bekannt. Hier <strong>ist</strong> noch Aufklärungsarbeit<br />
notwendig, um wirksame Maßnahmen zum Schutz von Gesundheit<br />
und Umwelt ableiten zu können. Zur Ermittlung der entscheidenden<br />
Aufnahmewege und zur Beurteilung des gesundheitlichen Risikos sind Rückstände<br />
in verschiedenen Produkten und das Ausmaß der Kontamination des<br />
Trinkwassers und der Lebensmittel zu bestimmen.<br />
Gegenwärtig lässt das Umweltbundesamt Messungen in Innenräumen und<br />
an verbrauchernahen Produkten durchführen. Vom Bundesamt für Verbraucherschutz<br />
und Lebensmittelsicherheit wurde mit der Untersuchung bestimmter<br />
Lebensmittel begonnen (siehe auch Kapitel 3 Gesunde Ernährung<br />
<strong>ist</strong> wichtig). Um zu überprüfen, ob freiwillige Maßnahmen wirksam sind und<br />
ausreichen, untersucht das Umweltbundesamt Blutproben aus der Umweltprobenbank.<br />
Die Ergebnisse werden das weitere Vorgehen zum Schutz der<br />
Gesundheit und der Umwelt bestimmen.<br />
37
2 chemiKAliensicheRheit<br />
2.4 biozide nicht bedenkenlos einsetzen<br />
Bioziden sind Verbraucherinnen und Verbraucher im Haushalt in relativ hohem<br />
Maße sowohl freiwillig als auch unfreiwillig ausgesetzt.<br />
Biozide dienen dazu, Schadorganismen zu bekämpfen. Sie sollen je nach Produktart<br />
Schädigungen von Lebensmitteln, Bedarfsgegenständen, Baumaterialien<br />
(Holz) und anderen Produkten verhindern sowie Menschen und Haustiere<br />
vor Schädlingsbefall schützen.<br />
38<br />
Wie wirken Biozide?<br />
biozidhaltige Produkte sind dazu bestimmt, auf chemischem oder biologischem Wege<br />
Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, Schädigungen<br />
durch sie zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen (Definition nach Chemikaliengesetz).<br />
wirkstoffe, die in Biozidprodukten eingesetzt werden, können auch in Pflanzenschutzmitteln<br />
enthalten sein. Ob ein bestimmtes Produkt/Mittel dem Pflanzenschutzgesetz<br />
oder dem Biozidrecht unterfällt, richtet sich nach dem vorgesehenen Anwendungsbereich<br />
bzw. dem Einsatzzweck.<br />
Ein Mittel gegen Mücken im Wohnbereich <strong>ist</strong> z.B. ein Biozidprodukt, ein Mittel gegen<br />
Blattläuse an Zimmerpflanzen dagegen ein Pflanzenschutzmittel. Für den privaten Endverbraucher<br />
ergibt sich durch diese unterschiedliche Einordnung jedoch kein Unterschied:<br />
Beide Rechtsbereiche sichern aufgrund eines strengen Zulassungsverfahrens<br />
den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher auf hohem Niveau.<br />
Die Eigenschaften von Bioziden, lebende Organismen zu bekämpfen, bergen<br />
jedoch auch das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen für Mensch und<br />
Umwelt. Daher wurde durch die europäische Biozid-Richtlinie (98/8/EG) vorgeschrieben,<br />
dass Biozidprodukte erst dann gehandelt und verwendet werden<br />
dürfen, wenn sie zugelassen worden sind. Dies gilt seit dem Jahr 2002.<br />
Für bereits auf dem Markt befindliche „alte“ Produkte gelten Übergangs-
fr<strong>ist</strong>en. Sie dürfen vorläufig auf dem Markt bleiben – längstens bis 2010; bis<br />
dahin werden sie einer Prüfung unterzogen: Wenn diese Prüfung ein unannehmbares<br />
Risiko für Gesundheit und Umwelt zeigt, müssen diese Wirkstoffe<br />
und Produkte vom Markt genommen werden.<br />
Das europäische Biozidrecht wurde in das deutsche Chemikaliengesetz übernommen.<br />
Erste geprüfte und zugelassene Produkte werden etwa 2010 auf<br />
den Markt kommen. Bis dahin gelten die Übergangsvorschriften. Aber auch<br />
jetzt müssen Biozidprodukte schon richtig gekennzeichnet und auch gegebenenfalls<br />
mit Warnhinweisen versehen werden. Die vom Hersteller angegebenen<br />
Anwendungsvorschriften sind auf jeden Fall zu beachten, um Risiken für<br />
die eigene Gesundheit, von unbeteiligten Dritten und für die Umwelt zu vermeiden.<br />
39
2 chemiKAliensicheRheit<br />
40<br />
Was schreibt das Biozidrecht unter anderem vor?<br />
Das in das Chemikaliengesetz integrierte Biozidrecht schreibt vor, dass Biozide erst<br />
dann gehandelt und verwendet werden dürfen, wenn sie von der dafür zuständigen Behörde<br />
zugelassen worden sind.<br />
Ein Biozidprodukt darf nur dann eine Zulassung erhalten, wenn es nachweislich keine<br />
unannehmbaren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat. Außerdem sollte es hinreichend<br />
wirksam sein. Es darf, wenn es gegen Tiere, wie Ratten und Mäuse, eingesetzt<br />
werden soll, deren Tod nicht quälerisch herbeiführen. Und es sollte nicht dazu führen,<br />
dass sich unempfindliche Schädlinge entwickeln.<br />
Biozidprodukte, die besonders bedenkliche Eigenschaften haben, sind per se für den<br />
privaten Endverbrauch verboten: Dazu zählen hohe Giftigkeit und insbesondere die Eigenschaft,<br />
Krebs zu erzeugen, das Erbgut zu verändern oder den Kinderwunsch zu beeinträchtigen.<br />
In Deutschland wurde die zulassungsstelle bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />
Arbeitsmedizin eingerichtet. Die Zulassungsstelle <strong>ist</strong> auch der allgemeine Ansprechpartner<br />
für alle Fragen zu Bioziden und zum Biozidrecht.<br />
Biozide spielen eine nicht unerhebliche Rolle bei Vergiftungen. Seit 1990<br />
müssen Ärzte und Ärztinnen auf der Grundlage des Chemikaliengesetzes<br />
Gesundheitsstörungen, Vergiftungen und Verdachtsfälle auf Vergiftungen<br />
in Verbindung mit Chemikalien bei Kindern und Erwachsenen im privaten<br />
Bereich an das Bundesinstitut für Risikobewertung melden. Bis Ende 2007<br />
wurden dort rund 8.300 ärztliche Mitteilungen reg<strong>ist</strong>riert und ausgewertet.<br />
Etwa 13 Prozent der Meldungen standen im Zusammenhang mit Bioziden<br />
und Pflanzenschutzmitteln.<br />
biozide früher und heute<br />
In der Vergangenheit war hauptsächlich die Verwendung von Bioziden zur<br />
Schädlingsbekämpfung, als Schutzmittel für Holz, Schiffsrümpfe oder Mauerwerk<br />
sowie zu Desinfektionszwecken bekannt. Seit einiger Zeit setzt die Industrie<br />
Biozide vermehrt in Produkten des täglichen Bedarfs ein und stellt<br />
diesen Einsatz in der Produktwerbung ausdrücklich im Sinne einer Verkaufsförderung<br />
heraus. Dadurch hat in den vergangenen Jahren die Vermarktung<br />
biozidhaltiger Produkte für den häuslichen Gebrauch stark zugenommen.
Biozidhaltige Produkte, die im Haushalt verwendet werden, sind zum Beispiel<br />
Insektensprays und Mottenkugeln, aber auch Schimmelpilzwachstum<br />
verhindernde Wandfarben für Bad oder Küche, antibakterielle Haushaltsreiniger<br />
und die nicht direkt als solche erkennbaren Konservierungsmittel<br />
in Wasch- und Reinigungsmitteln, Kosmetika, Bauprodukten und Spielzeug<br />
(Knetgummi und Fingerfarben). Außerdem sind viele Gegenstände im Wohnbereich<br />
mit Bioziden versetzt, was an der Bezeichnung „ausgerüstet“ oder<br />
„sanitized“ zu erkennen <strong>ist</strong>. Dazu gehören vor allem Teppiche, die gegen<br />
Motten- und Käferbefall ausgerüstet sind, aber neuerdings auch „sanitized“<br />
Badegarnituren und ähnliches. Auch Strümpfe, Funktionsunterwäsche und<br />
Sport-Shirts sind heute oft „sanitized“ und werden damit beworben.<br />
Eine Marktrecherche, die im Rahmen einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes<br />
2004/2005 durchgeführt wurde, ergab Informationen zu biozidhaltigen<br />
Produkten des täglichen Bedarfs und den darin enthaltenen bioziden<br />
Wirkstoffen. 20 Wirkstoffe wurden für eine eingehende Betrachtung<br />
ausgewählt: 15 Wirkstoffe wurden als Desinfektionsmittel angewendet und<br />
fünf als Insektizide und Repellentien (Mittel zur Abschreckung von Insekten).<br />
Die Hälfte der Stoffe kann zu Reizwirkungen auf Haut und Schleimhäuten sowie<br />
zur Sensibilisierung führen. Dazu gehören beispielsweise Formaldehyd,<br />
Isothiazolinone, Glutaraldehyd und Triclosan.<br />
41
2 chemiKAliensicheRheit<br />
desinfektion – wozu?<br />
Der Einsatz von desinfizierenden Stoffen im Privatbereich, wie Triclosan, <strong>ist</strong><br />
als besonders bedenklich anzusehen. Das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium sieht<br />
zum einen einen solchen Einsatz im Normalfall als überflüssig an. Zum anderen<br />
kann ein solcher überflüssiger Einsatz auch noch dazu führen, dass<br />
eine an anderer Stelle wichtige Waffe stumpf wird: Triclosan wird nämlich<br />
auch im ärztlichen Bereich eingesetzt und dort wirklich benötigt. Dennoch<br />
findet es beliebigen Einsatz in Haushaltsreinigern, Textilien und anderen Gegenständen<br />
des täglichen Bedarfs, außerdem in Seifen und Kosmetika, die<br />
aber nicht dem Chemikaliengesetz unterliegen. Diese breite Verwendung<br />
könnte die Res<strong>ist</strong>enzbildung von Bakterien fördern. Dann werden Desinfektionsmittel<br />
in Krankenhäusern und Arztpraxen sowie Behandlungstherapien<br />
für Mensch und Tier wirkungslos. Das Bundesinstitut für Risikobewertung<br />
empfiehlt, aus Vorsorgegründen den Einsatz von Triclosan auf das unbedingt<br />
notwendige Maß im ärztlichen Bereich zu beschränken.<br />
42<br />
Wodurch wird die Res<strong>ist</strong>enzentwicklung bei Bakterien<br />
begünstigt?<br />
Biozide wirken in Abhängigkeit von ihrer Konzentration, weshalb die richtige Dosierung<br />
und sachgerechte Anwendung entscheidend <strong>ist</strong>.<br />
Triclosan wird zur Desinfektion im ärztlichen Bereich so dosiert, dass es Bakterien abtötet.<br />
Dagegen kann es speziell in den sachfremden Bereichen nur in niedriger Konzentration<br />
zum Einsatz kommen. Diese niedrige Dosierung tötet die Erreger nicht ab, kann<br />
aber zur Res<strong>ist</strong>enzbildung führen. Ob diese Res<strong>ist</strong>enzentwicklung auch mit einer Antibiotikares<strong>ist</strong>enzentwicklung<br />
einhergeht, <strong>ist</strong> noch nicht abschließend geklärt.<br />
Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt daher, Triclosan auf das unbedingt<br />
notwendige Maß im ärztlichen Bereich zu beschränken.<br />
Quelle: Stellungnahme Nr. 030/2006 des Bundesinstituts für Risikobewertung<br />
vom 8. Mai 2007: Triclosan nur im ärztlichen Bereich anwenden, um<br />
Res<strong>ist</strong>enzbildung vorzubeugen
iozide in Reinigungsmitteln ….<br />
Wenn Biozide in Flüssigkeiten wie Haushaltsreinigern eingesetzt werden, <strong>ist</strong><br />
ein Kontakt mit der Haut nicht auszuschließen. Außerdem können Dämpfe<br />
entstehen, die eingeatmet werden. Besonders gesundheitsgefährdend <strong>ist</strong><br />
auch das Versprühen von Biozidprodukten, vor allem von Insektiziden und<br />
Desinfektionsmitteln, da hier das Einatmen vorprogrammiert <strong>ist</strong>. Beim Versprühen<br />
kann zudem ein Aerosol entstehen, das noch längere Zeit in der<br />
Raumluft schwebt und nicht nur eingeatmet, sondern auch über die Haut<br />
aufgenommen werden kann. Mit der Zeit lagern sich die Aerosoltröpfchen<br />
an Oberflächen von Einrichtungsgegenständen und im Staub an. Auch aus<br />
während der Herstellung behandelten Materialien können Biozide über sehr<br />
lange Zeit ausgasen, wenn auch in geringen Konzentrationen und in Abhängigkeit<br />
von der Raumtemperatur. Sie lagern sich ebenfalls im Hausstaub ab.<br />
Ob und welche Biozide in der Wohnung angewendet oder über das Mobiliar<br />
eingebracht wurden, kann zum Beispiel durch die Untersuchung von Hausstaub<br />
festgestellt werden (siehe Kapitel 6 „Dicke Luft“ zu Hause?).<br />
43
2 chemiKAliensicheRheit<br />
... und nun auch in textilien<br />
Zunehmend werden auch körpernah getragene Textilien, wie Sport- und<br />
Freizeitkleidung, antibakteriell ausgerüstet. Damit wird der Zweck verfolgt,<br />
die Zersetzung von Schweiß durch Bakterien zu verhindern und der Geruchsbildung<br />
entgegenzuwirken. Zur Anwendung kommen beispielsweise Silberionen,<br />
Isothiazoline und Triclosan. Das größte Problem bei antibakteriell<br />
ausgerüsteten Textilien stellt neben möglichen allergischen Reaktionen eine<br />
mögliche Beeinträchtigung der hauteigenen, für die Hautgesundheit wichtigen<br />
Bakterienflora und die Umweltbelastung durch den Waschvorgang insbesondere<br />
die Res<strong>ist</strong>enzbildung dar. Hier müssen die Verbraucherinnen und<br />
Verbraucher selbst hinterfragen, ob ein derart ausgerüstetes Produkt überhaupt<br />
sinnvoll <strong>ist</strong>: Denn schließlich gibt es bei regelmäßiger Textilpflege<br />
durch Waschen keinen Bakterienbefall, der bekämpft werden müsste.<br />
biozide in haushalten mit Kindern<br />
Da Biozidprodukte teilweise biologisch sehr wirksame Stoffe enthalten, kann<br />
der unsachgemäße oder nicht bestimmungsgemäße Umgang mit ihnen die<br />
menschliche Gesundheit – besonders die der Kinder – gefährden. Dies gilt<br />
im Übrigen auch dann, wenn ein Biozidprodukt von der Zulassungsstelle<br />
zugelassen worden <strong>ist</strong>. Auch dann bleibt ein Biozidprodukt, wenn es gegen<br />
Schadorganismen wirksam sein soll, potenziell gefährlich. Wie groß diese<br />
Gefährdung <strong>ist</strong>, hängt ab von Art und Konzentration der Biozide in den<br />
Produkten und von der Dauer und der Art der Exposition – wie Haut- und<br />
Schleimhautkontakt.<br />
Doch auch in Haushalten mit Kindern werden verschiedene Mittel zur<br />
Schädlingsbekämpfung verwendet. Einen Überblick verschafft Tabelle 2-1.<br />
Sie <strong>ist</strong> das Ergebnis der Elternbefragung, die im Rahmen des Kinder-Umwelt-Surveys<br />
(siehe Kapitel 1 Was unsere Gesundheit beeinflusst) zur Erfassung<br />
belastungsrelevanter Verhaltensweisen durchgeführt wurde. In 35 Prozent<br />
wurde eins der aufgeführten Schädlingsbekämpfungsmittel verwendet,<br />
in weiteren 29 Prozent zwei und mehrere dieser Produkte und nur in 36<br />
Prozent keines. Kinder sollten sich auf keinen Fall in Räumen während und<br />
auch nach dem Versprühen oder Verdampfen von biozidhaltigen Produkten<br />
aufhalten. Erst nach ausgiebigem Lüften kann dies wieder geschehen.<br />
44
Da Kinder gerne mit Haustieren kuscheln, stellt eine Parasitenbekämpfung<br />
ein besonderes gesundheitliches Risiko dar, wenn Eltern oder andere Betreuungspersonen<br />
nicht die vom Hersteller angegebenen Karenzzeiten beachten.<br />
Diesem Risiko könnten möglicherweise knapp 20 Prozent der Kinder ausgesetzt<br />
gewesen sein. Es gilt die Regel, dass jeglicher Kontakt mit den vierbeinigen<br />
oder gefiederten Freunden, wenn sie mit Mitteln gegen Flöhe, Milben<br />
oder andere Schadorganismen behandelt worden sind, zu vermeiden <strong>ist</strong>. Entsprechende<br />
Angaben des Herstellers sind zu beachten.<br />
Tabelle 2-1<br />
Anwendung von Bioziden in Haushalten mit Kindern 2003<br />
bis 2006<br />
Antwort auf die Frage: Werden in dieser Wohnung/diesem Haus folgende chemische<br />
Schädlingsbekämpfungsmittel verwendet?<br />
Interviewfragen Zahl der<br />
Haushalte %<br />
Zum Vorratsschutz<br />
Ja Nein<br />
Zahl der<br />
Haushalte %<br />
(z.B. vor Ameisen, Schaben) 285 15,9 1.504 84,1<br />
Zur Insektenvernichtung<br />
(z.B. Elektroverdampfer, Insektenspray) 273 15,2 1.516 84,8<br />
Gegen Schimmelbefall 265 14,8 1.523 85,2<br />
Zum Textilschutz (z.B. Mottenkugeln) 256 14,3 1.532 85,7<br />
Zum Vorratsschutz vor Ratten, Mäuse 33 1,8 1.757 98,2<br />
Zum Körperschutz (z.B. gegen Kopfläuse) 266 14,8 1.524 85,2<br />
Zur Tierpflege ( z.B. gegen Flöhe, Zecken) 333 18,6 1.456 81,4<br />
Zum Pflanzenschutz (z.B. gegen Blattläuse) 184 10,3 1.606 89,7<br />
Die im Interview erfragten Mittel fallen nicht alle unter die Regelungen<br />
für Biozide. Die Mittel gegen Parasiten beim Menschen sind Arzneimittel,<br />
die bei Tieren Tierarzneimittel und die zum Pflanzenschutz Pflanzenschutzmittel.<br />
45
GesUnde eRnähRUnG<br />
<strong>ist</strong> wichtiG<br />
46
3 GesUnde eRnähRUnG <strong>ist</strong> wichtiG<br />
Viele Menschen fühlen sich durch die Medienberichterstattung über Pestizide<br />
in Obst und Gemüse, Dioxine in Eiern, Gammelfleischskandale und ähnliches<br />
verunsichert. Umfrageergebnissen zufolge sieht ein Fünftel der Deutschen<br />
für sich selber eine starke Gesundheitsbelastung durch Schadstoffe in<br />
Lebensmitteln. Gegenüber 2004 haben die Bedenken sogar zugenommen.<br />
Das geht aus der vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Repräsentativumfrage<br />
2006 „Umweltbewusstsein in Deutschland“ hervor.<br />
Die folgenden Kapitel veranschaulichen die Situation in Deutschland. Sicher<br />
<strong>ist</strong>: Falsches Essverhalten „zu viel, zu fett, zu süß“ stellt nach wie vor<br />
das größte nahrungsbedingte Risiko dar, gefolgt von Infektionen und Vergiftungen<br />
durch mangelnde Hygiene beim Umgang mit Lebensmitteln beziehungsweise<br />
durch natürliche Giftstoffe wie Schimmelpilze in Lebensmitteln.<br />
Gesundheitsschäden durch Umwelteinflüsse auf Lebensmittel (nachfolgend<br />
als Umweltkontaminanten bezeichnet), sind in Deutschland eher die Ausnahme.<br />
48
Kontaminanten in Lebensmitteln<br />
Umweltkontaminanten sind ungewollte Verunreinigungen, die aus dem Boden, dem Wasser<br />
oder der Luft stammen. Sie können geogenen (natürlich in der Umwelt vorkommend)<br />
oder anthropogenen (durch den Menschen in die Umwelt eingebracht) Ursprungs sein.<br />
Me<strong>ist</strong> handelt es sich um Schwermetalle und „langlebige“ (pers<strong>ist</strong>ente) chlororganische<br />
Verbindungen, wie z.B. Dioxine, die durch industrielle Prozesse in die Umwelt und damit<br />
in die Lebensmittel gelangen.<br />
Als industriekontaminanten bezeichnet man Verunreinigungen, die im Zuge der verschiedenen<br />
Verarbeitungsstufen von Lebensmitteln entstehen (z.B. Acrylamid in Pommes<br />
Frites) oder aus der Verpackung in Lebensmittel übertreten (z.B. Zinn bei Lebensmitteln<br />
in Dosen) können.<br />
Bei Rückständen handelt es sich um Reste von Stoffen, die im Zusammenhang mit der<br />
Produktion, Verarbeitung und Lagerung pflanzlicher oder tierischer Lebensmittel absichtlich<br />
wegen einer erwünschten Wirkung eingesetzt werden, wie Dünge-, Pflanzenschutzund<br />
Tierarzneimittel. Werden diese Stoffe oder deren Umwandlungsprodukte bis zum<br />
Verzehr der Pflanzen oder Tiere als Lebensmittel nicht vollständig abgebaut oder ausgeschieden,<br />
werden sie als Rückstände vom menschlichen Organismus aufgenommen.<br />
Neben dem Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
kümmert sich auch das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium um die<br />
Sicherheit von Lebensmitteln. Das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium <strong>ist</strong> dafür<br />
verantwortlich, dass von Umweltkontaminanten in Lebensmitteln keine gesundheitlichen<br />
Risiken ausgehen. Handelt es sich dagegen um Industriekontaminanten<br />
oder Rückstände (siehe Kasten 3-1), die ebenfalls gesundheitsschädlich<br />
sein können, <strong>ist</strong> das Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefordert.<br />
Das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium trägt darüber hinaus mit Sorge dafür, dass<br />
unser Tisch vielseitig gedeckt bleibt. Durch den Schutz der biologischen Vielfalt<br />
(Biodiversität) bleiben genetische Ressourcen erhalten, die erforderlich<br />
sind, um ein vielseitiges Nahrungsangebot langfr<strong>ist</strong>ig zu sichern.<br />
49
3 GesUnde eRnähRUnG <strong>ist</strong> wichtiG<br />
Auch der Klimaschutz, für den das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium federführend<br />
<strong>ist</strong>, steht im Zusammenhang mit der Sicherung gesunder Lebensmittel. Maßnahmen,<br />
die eine weitere Klimaerwärmung verlangsamen, dienen dem Erhalt<br />
von klimatischen Bedingungen, die eine ertragreiche und nachhaltige<br />
Pflanzen- und Tierproduktion sichern (siehe auch Kapitel 7 Klimawandel –<br />
wir tun was).<br />
3.1 die amtliche lebensmittelüberwachung<br />
bringt es an den tag<br />
<strong>Umweltschutz</strong> <strong>ist</strong> ein wichtiges Standbein der Lebensmittelsicherheit. Umweltrecht<br />
und Umwelttechnik tragen dazu bei, in Produktionsprozessen, bei<br />
der Energieerzeugung und bei der Entsorgung von Abfällen Verunreinigungen<br />
der Umwelt zu vermeiden beziehungsweise auf das unumgängliche Maß<br />
zu reduzieren. Umweltpolitik schafft damit wichtige Voraussetzungen für<br />
die Produktion gesunder, weitestgehend unbelasteter Lebensmittel. Was dennoch<br />
an Umweltkontaminanten in Lebensmitteln zu finden <strong>ist</strong>, wird von der<br />
amtlichen Lebensmittelüberwachung überprüft.<br />
Lebensmittel werden in Deutschland schon seit 130 Jahren überwacht. Heutzutage<br />
gilt das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch<br />
(LFBG). Danach <strong>ist</strong> es verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen<br />
oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich <strong>ist</strong>. Das<br />
LFBG sieht zudem Vorschriften vor, auf deren Grundlage die Lebensmittel<br />
amtlich untersucht werden. Die amtliche Lebensmittelüberwachung der Länder<br />
prüft risikoorientiert und anhand von Stichproben, ob die lebensmittelrechtlichen<br />
Anforderungen eingehalten werden. Die Prüfergebnisse werden<br />
im Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gesammelt<br />
und ausgewertet (mehr dazu unter www.bvl.bund.de/lebensmittelmonitoring).<br />
Die Ergebnisse des Lebensmittel-Monitorings aus dem Zeitraum 1995 bis<br />
2007 zeigen, dass die Verunreinigung der weit überwiegenden Mehrzahl<br />
von Lebensmitteln mit Umweltkontaminanten insgesamt gering <strong>ist</strong>. Die<br />
rechtsverbindlichen Höchstgehalte zur Begrenzung des Schadstoffgehalts<br />
werden bis auf wenige Ausnahmen nicht überschritten.<br />
50
Als Höchstgehalte oder Höchstmengen werden im Lebensmittelrecht üblicherweise<br />
die Grenzwerte bezeichnet, die im nationalen oder im EU-Recht<br />
für Kontaminanten verbindlich festgelegt wurden. So enthält zum Beispiel<br />
die EG-Kontaminantenverordnung ((EG) Nr. 1881/2006) EU-weit einheitliche<br />
Höchstgehalte für Blei, Cadmium, Quecksilber, Dioxine und dioxinähnliche<br />
PCB. Höchstgehalte vermeiden „Belastungsspitzen“ und tragen zur<br />
Verminderung der lebensmittelbedingten Aufnahme von schädlichen Kontaminanten<br />
bei. Das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium hat im Internet die geltenden<br />
europäischen und nationalen Rechtsvorschriften veröffentlicht (www.bmu.<br />
de/gesundheit_und_umwelt/lebensmittelsicherheit/gesetzgebung/doc/2431.php).<br />
51
3 GesUnde eRnähRUnG <strong>ist</strong> wichtiG<br />
3.2 belastung mit schwermetallen<br />
vorwiegend gering<br />
Die Schwermetalle Blei, Cadmium und Quecksilber gehören zu den Kontaminanten<br />
in Lebensmitteln, von denen je nach Gehalt gesundheitliche Gefahren<br />
für die Verbraucherinnen und Verbraucher ausgehen können. Blei kann<br />
beispielsweise die Intelligenzentwicklung bei Kindern beeinträchtigen, wenn<br />
sie dem Blei im Mutterleib über den Blutkreislauf der Mutter ausgesetzt waren.<br />
Cadmium und Quecksilber können unter anderem die Nieren schädigen.<br />
Schwermetalle kommen natürlicherweise in der Umwelt vor. Ihr Vorkommen<br />
rührt aber auch aus Eingriffen des Menschen in die Umwelt, <strong>ist</strong> also<br />
auch „hausgemacht“, Fachleute bezeichnen dies als anthropogen bedingt.<br />
Schwermetalle werden in nahezu allen Industriebereichen in vielfältiger<br />
Weise technisch genutzt.<br />
52<br />
Wo kommen die „hausgemachten“ Schwermetalle her?<br />
˘ Schwermetalle gelangen als Produktionsabfälle beim Erzbergbau, bei der Verhüttung,<br />
durch die metallverarbeitende Industrie sowie bei der Nutzung fossiler Brennstoffe in<br />
die Umwelt.<br />
Besondere Quellen für Umweltbelastungen:<br />
˘ blei: Glas- und Zementproduktion, Rostschutzmittel, Abrieb von Reifen, Bremsen und<br />
Straßenbelägen<br />
˘ cadmium: Metallgewinnung und -verarbeitung, mineralische Düngemittel, Klärschlamm,<br />
Abfälle<br />
˘ Quecksilber: Verhüttung, Zement- und Kunststoffproduktion, elektrische Apparate<br />
und Geräte, Klärschlamm, Abfälle
Die Gehalte an Blei und Cadmium in Lebensmitteln sind infolge einer ganzen<br />
Reihe umweltgesetzlicher Regelungen, wie zum Beispiel dem Verbot von<br />
verbleitem Kraftstoff und strengen Grenzwerten für den Ausstoß von Blei<br />
und Cadmium aus industriellen Anlagen, in den letzten 20 Jahren stark zurückgegangen.<br />
Deutlich <strong>ist</strong> der Rückgang bei Fleisch und Weizen zu erkennen.<br />
Im Weizen halbierte sich der mittlere Bleigehalt im Zeitraum von 1997<br />
bis 2006 auf etwa 0,02 Milligramm Blei pro Kilogramm Weizen.<br />
Fisch darf auf keinem teller fehlen<br />
Fisch enthält wichtige Nährstoffe und sollte deshalb ein fester Bestandteil<br />
unserer Ernährung sein. Je nach Verunreinigung des Gewässers, dem Alter<br />
und der Art der Fische können diese mehr oder weniger mit Quecksilber belastet<br />
sein. Im Regelfall geht vom Quecksilbergehalt in Fischen kein gesundheitliches<br />
Risiko für den Menschen aus.<br />
53
3 GesUnde eRnähRUnG <strong>ist</strong> wichtiG<br />
Das gilt jedoch nicht für besonders exponierte, langsam wachsende, am<br />
Ende der Nahrungskette stehende und ein hohes Lebensalter erreichende<br />
Fischarten. Insbesondere Raubfische sind allgemein höher mit Quecksilber<br />
belastet als Friedfische. Durch rechtliche Regelungen sind EU-weit Höchstgehalte<br />
für Quecksilber in Fischen und Fischereierzeugnissen festgelegt. Bei<br />
Einhaltung dieser Höchstgehalte, die durch die Lebensmittelüberwachung<br />
kontrolliert wird, <strong>ist</strong> eine gesundheitliche Gefährdung der Allgemeinbevölkerung<br />
bei den in Deutschland üblichen Verzehrgewohnheiten nicht zu erwarten.<br />
Allerdings gelten Schwangere und Stillende beziehungsweise deren<br />
Föten und Neugeborene als besondere Risikogruppe, wenn regelmäßig bestimmte<br />
Fische oder größere Mengen bestimmter Fische von den Müttern<br />
verzehrt werden.<br />
54<br />
Auf den Verzehr dieser Fischarten sollten Schwangere und<br />
Stillende verzichten<br />
Schwangere und Stillende sollten auf den Verzehr von Haifisch (als „Schillerlocken“ im<br />
Handel), Buttermakrele, Aal, Steinbeißer, Schwertfisch, Heilbutt, Hecht und Seeteufel sowie<br />
Thunfisch verzichten, da diese Raubfische und Erzeugnisse daraus potenziell höher<br />
mit Quecksilber belastet sein können.<br />
In Deutschland wurde der Eintrag von Quecksilber in die Umwelt bereits<br />
frühzeitig stark vermindert. Durch die Einführung quecksilberfreier Produktionsverfahren<br />
und spezieller Abgasreinigungstechniken wurde in<br />
Deutschland zwischen 1985 (154 Tonnen) und 1995 (31 Tonnen) eine Verringerung<br />
der Emissionen um 80 Prozent erreicht.<br />
Auf europäischer Ebene wurde 2005 die EU-Quecksilberstrategie geschaffen,<br />
mit der eine globale Verringerung der Quecksilberbelastung erreicht<br />
werden soll. In diesem Rahmen wurde 2007 die Richtlinie 2007/51/EG zur<br />
Beschränkung des Inverkehrbringens bestimmter quecksilberhaltiger Messinstrumente<br />
(wie Thermometer, Batterien) verabschiedet. Sie schränkt die Vermarktung<br />
dieser Produkte in der EU ein. Ergänzend dazu hat die EU im Mai<br />
2008 ein Exportverbot für Quecksilber aus der EU beschlossen, das ab 2011<br />
gelten wird. Außerdem sollen die Sicherheit der Lagerung von Produktionsüberschüssen<br />
verbessert und die nach dem Stand der Technik anerkannten<br />
Beseitigungsoptionen festgelegt werden. Darüber hinaus setzt sich Deutsch-
land beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) für ein weltweites<br />
Quecksilberverbot ein.<br />
3.3 Rückläufige entwicklung bei dioxinen und Pcb<br />
Dioxine und polychlorierte Biphenyle (PCB) haben gemeinsam, dass sie in<br />
der Umwelt schwer abbaubar (pers<strong>ist</strong>ent) sind. Die Kontamination von Pflanzen<br />
findet vorwiegend über anhaftende Bodenreste statt. Über Futtermittel<br />
gelangen diese Stoffe in den tierischen Organismus. Da diese Chemikalien<br />
fettlöslich sind, reichern sie sich im Fettgewebe von Tier und Mensch an.<br />
Während der Stillperiode gehen sie in die Muttermilch über. Wegen dieser<br />
Eigenschaften und ihrer Giftigkeit gehören Dioxine und PCB zu dem „dreckigen<br />
Dutzend“, den pers<strong>ist</strong>enten organischen Schadstoffen, die als „POPs“,<br />
weltweit geächtet sind (siehe Kapitel 2 Chemikaliensicherheit).<br />
Die Auswertung der Messwerte für Dioxine und PCB in den Umweltmedien<br />
Luft, Wasser und Boden zeigt, dass die auf den Weg gebrachten <strong>Umweltschutz</strong>maßnahmen<br />
erfolgreich sind. Die allgemeine Belastung der Umwelt<br />
mit diesen Stoffen, die so genannte Hintergrundbelastung, <strong>ist</strong> seit Jahren abnehmend<br />
und inzwischen sehr gering.<br />
55
3 gesunde ernährung <strong>ist</strong> wichtig<br />
Entsprechend gering <strong>ist</strong> deshalb auch das Belastungsniveau in den me<strong>ist</strong>en<br />
Lebensmitteln. Die Hintergrundbelastung der Umwelt führt heutzutage in aller<br />
Regel nicht zu Überschreitungen der zulässigen Grenzwerte für Dioxine<br />
und PCB in Lebensmitteln wie Milch, Fleisch oder Eiern sowie Obst, Gemüse<br />
und Getreide einschließlich Fertigmenüs für Säuglinge und Kleinkinder.<br />
Milch gehört zu den am umfangreichsten untersuchten Lebensmitteln. Untersuchungen<br />
belegen, dass die Dioxinbelastung zwischen 1987 und 2006<br />
um rund 80 Prozent von etwa 2,3 auf rund 0,4 Pikogramm Dioxinäquivalente<br />
je Gramm Milchfett zurückgegangen <strong>ist</strong> (Abbildung 3-1).<br />
56
Auch in Eiern werden in aller Regel keine nennenswerten Dioxingehalte festgestellt.<br />
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Haltungsformen die<br />
Eier stammen.<br />
In den Jahren 2004 bis 2006 wurden von den Ländern im Handel Eierproben<br />
von Hühnern aus den Haltungsformen „Freiland“, „Bodenhaltung“ und „Käfighaltung“<br />
entnommen. Die Proben wurden nicht repräsentativ erhoben,<br />
die Untersuchungen haben deshalb nur orientierenden Charakter. Die untersuchten<br />
Eier aus der Boden- oder Freilandhaltung enthielten durchschnittlich<br />
zwar geringfügig höhere Dioxingehalte als die Eier aus der Käfig- und<br />
Bodenhaltung, dennoch lagen die Gehalte in Eiern von Hühnern aus Freilandhaltung<br />
im Mittel deutlich unter dem EU-weit geltenden Höchstgehalt<br />
von 3 Pikogramm Dioxinäquivalenten pro Gramm Eifett. In allen Haltungsformen<br />
wurde der rechtsverbindliche Höchstgehalt nur gelegentlich geringfügig<br />
überschritten (siehe Tabelle 3-1).<br />
57
3 GesUnde eRnähRUnG <strong>ist</strong> wichtiG<br />
58
Tabelle 3-1<br />
Mittlere Dioxingehalte in Eiern von Hühnern in unterschiedlichen<br />
Haltungsformen für die Jahre 2004 bis 2006<br />
Jahr Anzahl Konzentration<br />
[pg/g]<br />
Käfighaltung Bodenhaltung Freiland<br />
Anzahl Konzentration<br />
[pg/g]<br />
Anzahl Konzentration<br />
[pg/g]<br />
2004 36 0,28 19 0,45 53 0,63<br />
2005 35 0,61 41 0,32 99 1,02<br />
2006 27 0,22 25 0,62 32 0,82<br />
Angegeben sind die Mittelwerte in pg WHO-PCDD/F-TEQ pro Gramm Eifett<br />
pg = Pikogramm, 1 billionstel Gramm<br />
Immer, wenn Meldungen über mit Dioxin oder PCB belastete Lebensmittel<br />
in Europa die Runde machten, waren dafür punktuelle Verunreinigungen<br />
in der Produktionskette verantwortlich. Das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium hat<br />
deshalb einen Leitfaden für Nutztierhalter<br />
veröffentlicht, mit dem sich die<br />
Quellen solcher Belastungen bei der Lebensmittelproduktion<br />
aufspüren lassen.<br />
Der Leitfaden gibt Hühner-, Rinder- und<br />
Schweinehaltern Hinweise, wie sie Dioxin-<br />
und PCB-Einträge bei der Produktion<br />
von Milch, Fleisch und Eiern erfolgreich<br />
verhindern können. Er enthält<br />
Fragebögen zur Betriebsanalyse, die als<br />
Grundlage für die möglichst vollständige<br />
und systematische Erfassung solcher<br />
Kontaminationsquellen (Schrottplätze,<br />
Abfallverbrennung, Einsatz von Reinigungs-<br />
und Desinfektionsmitteln) dienen<br />
sollen.<br />
59
3 GesUnde eRnähRUnG <strong>ist</strong> wichtiG<br />
Vorsicht bei „dorschleber in Öl“<br />
Seit Anfang Juli 2008 gilt EU-weit ein Höchstgehalt (Grenzwert) in Höhe von<br />
25 Pikogramm je Gramm Frischgewicht für die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen<br />
PCB in Fischleber und ihren Verarbeitungserzeugnissen. In<br />
Deutschland wird Fischleber üblicherweise als „Dorschleber in Öl“ verzehrt,<br />
die in Konserven auf den Markt gebracht wird. Nach Auffassung des Bundesumweltmin<strong>ist</strong>eriums<br />
<strong>ist</strong> der Schutz der Gesundheit der Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher bei regelmäßigem Konsum von Dorschleber in Öl nicht gewährle<strong>ist</strong>et,<br />
auch wenn dieses Produkt den oben genannten Grenzwert einhält.<br />
Überschreitungen der maximal tolerablen Aufnahmemenge für Dioxine<br />
und dioxinähnliche PCB können dann nicht ausgeschlossen werden. Aus<br />
Gründen des vorbeugenden <strong>Gesundheitsschutz</strong>es wird deshalb empfohlen,<br />
Dorschleber in Öl in der üblichen Portionsgröße von 150 Gramm höchstens<br />
alle 2 Monate zu verzehren.<br />
3.4 weitere Kontaminanten<br />
Unbearbeitete Lebensmittel enthalten mit wenigen Ausnahmen keine oder<br />
nur geringe Mengen an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen<br />
(PAK). PAK – einige von ihnen wie Benzo(a)pyren sind krebserzeugend – entstehen<br />
in der Regel erst bei der Zubereitung, zum Beispiel durch das Grillen,<br />
Rösten, Braten und Backen, aber auch bei der Herstellung und Verarbeitung<br />
durch Darren beziehungsweise Trocknen im direkten Kontakt mit<br />
offener Flamme oder Rauchgasen. Die Ablagerung von PAK auf Pflanzen aus<br />
der Luft durch die Abgase von Kraftfahrzeugen, Einzelfeuerungsanlagen und<br />
Heizungen <strong>ist</strong> im Hinblick auf einen Beitrag zur Kontamination von Lebensmitteln<br />
in ihrer Menge relativ unbedeutend. Die festgestellten PAK-Gehalte<br />
in Lebensmitteln hängen vielmehr entscheidend von der Weiterverarbeitung<br />
der Lebensmittel ab, vor allem von der Art der Konservierung sowie der Zubereitung.<br />
Bei den PAK handelt es sich also nicht in erster Linie um Umweltkontaminanten.<br />
Auf PAK wird daher nicht weiter eingegangen.<br />
60
PFt–neu im Programm<br />
Perfluorierte Tenside (PFT) machen erst seit einigen Jahren verstärkt auf<br />
sich aufmerksam. Zu dieser Gruppe gehören viele Verbindungen. Am besten<br />
untersucht sind Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroctansäure<br />
(PFOA). Sie sind in der Umwelt schwer abbaubare und bioakkumulierende<br />
Stoffe und stehen im Verdacht, gesundheitsschädliche Eigenschaften zu<br />
besitzen. In der Umwelt weit verbreitet, wurden sie inzwischen auch im<br />
menschlichen Blut nachgewiesen. Wie sie in die Umwelt und in den menschlichen<br />
Körper gelangen, <strong>ist</strong> weitestgehend noch unklar. Hierzu laufen derzeit<br />
verschiedene Untersuchungen. Tatsache <strong>ist</strong>, dass sie in vielen verbrauchernahen<br />
Produkten vorkommen (siehe Kapitel 2 Chemikaliensicherheit).<br />
In dem vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit<br />
koordinierten und 2007 begonnenen Programm PFT in bestimmten<br />
Lebensmitteln wird geprüft, in welchen Lebensmitteln die Chemikalien<br />
vorkommen. Untersucht wurden zunächst Wildschweinleber, Fische und<br />
Fischzuschnitte sowie Wurzelgemüse. Das weitere Vorgehen hängt von<br />
den Ergebnissen ab.<br />
61
wozU deR läRm?<br />
62
4 wozU deR läRm?<br />
Lärm <strong>ist</strong> jedes unerwünschte oder gesundheitsschädliche Geräusch. Das Ohr<br />
nimmt die Geräusche bewusst oder unbewusst auf – auch im Schlaf – und<br />
verarbeitet die darin enthaltenen Informationen.<br />
Geräusche entstehen durch Schwingungen und breiten sich in der Luft<br />
als Schallwellen aus. Die Stärke des Schalls, also die Lautstärke, kann man<br />
messen. Die Messgröße heißt Schalldruck, der angezeigte Messwert <strong>ist</strong> der<br />
Schalldruckpegel und wird in Dezibel angegeben. Das Lautstärkeempfinden<br />
eines Schallereignisses wird dabei grundsätzlich durch diesen Schalldruck<br />
und durch die Frequenz bestimmt. Die Frequenz bedingt die Tonhöhe. Je<br />
höher die Frequenz, desto höher wird der Ton (oder das Geräusch) wahrgenommen.<br />
64<br />
Frequenz und Schalldruckpegel<br />
Die Frequenz (Anzahl der Schwingungen pro Sekunde), gemessen in Hertz (Hz) bestimmt<br />
die Tonhöhe. Das menschliche Ohr vermag Töne zwischen 16 und 20.000 Hz zu<br />
reg<strong>ist</strong>rieren. Die beste Aufnahmefähigkeit liegt im Bereich zwischen 1.000 und 4.000 Hz.<br />
Die Intensität des Schalls wird durch den schalldruckpegel definiert – gemessen in<br />
Dezibel [dB(A)]. Der Zusatz „A“ zeigt an, dass eine Bewertung entsprechend der<br />
unterschiedlichen Gehörempfindlichkeit bei verschiedenen Frequenzen vorgenommen<br />
wurde.<br />
Zur Beurteilung der Geräuschbelastung werden nicht Einzelgeräusche, sondern<br />
mittelungspegel, die sich aus Einzelgeräuschen über einen bestimmten Zeitraum<br />
zusammensetzen, herangezogen.<br />
0 dB entspricht der normalen hörschwelle bei 2.000 Hz
Lärm beeinträchtigt nicht nur das menschliche Wohlbefinden, starke Lärmeinwirkungen<br />
oder dauerhafter Lärm können die Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit negativ<br />
beeinflussen oder sogar krank machen.<br />
Die Bekämpfung von Lärm <strong>ist</strong> daher ein Schwerpunktthema des <strong>Umweltschutz</strong>es.<br />
Auf der politischen Agenda steht vor allem der Verkehrslärm, dem<br />
Menschen in ihrem Wohnumfeld ausgesetzt sind.<br />
Die Broschüre gibt die Lärmbelastung der Bevölkerung in Deutschland an<br />
und stellt dar, welche gesundheitlichen Risiken beobachtet werden und wie<br />
dem Lärm begegnet wird.<br />
4.1 lärm <strong>ist</strong> schädlich<br />
Je stärker ein Geräusch <strong>ist</strong>, desto mehr Menschen empfinden es als unangenehm.<br />
Sie fühlen sich belästigt oder gestört, wenn Lärm das Befinden beeinträchtigt.<br />
Nicht unerheblich <strong>ist</strong> dabei die Einstellung zur Geräuschquelle und<br />
zum Verursacher. Geräusche, die man beispielsweise selbst durch die Benutzung<br />
von Geräten verursacht, werden me<strong>ist</strong>ens nicht als störend empfunden.<br />
65
4 wozU deR läRm?<br />
Tabelle 4-1 stellt einige Lärmwirkungen zusammen, die in Abhängigkeit von<br />
der Höhe des Schalldruckpegels auftreten können.<br />
Tabelle 4-1<br />
Lärmwirkungen, die bei verschiedenen Schalldruckpegeln<br />
auftreten können<br />
schalldruckpegel<br />
lärmwirkungen<br />
[db(A)<br />
0 Hörschwelle<br />
Ab 25 Konzentrations- und Schlafstörungen<br />
Ab 35 Bei Kindern: Behinderung der Sprachverständlichkeit und<br />
des Sprechenlernens<br />
Ab 55 Belästigung: Störung der sprachlichen Kommunikation,<br />
Behinderung von Entspannung, Einschlafen und Durchschlafen<br />
Ab 65 Gesundheitsrisiken bei Dauerbelastung am Tage:<br />
Schlafstörungen und Stresshormone führen langfr<strong>ist</strong>ig zu<br />
Bluthochdruck und Herzinfarkt<br />
Ab 85 Gehörschädigung (Hören lauter Musik, Maschinenlärm):<br />
Kurze Einwirkung: zeitweilige Hörverschiebung<br />
Lang dauernde Einwirkung: Schwerhörigkeit<br />
Über 120 Hörverlust schon bei kurzer Einwirkung<br />
120 - 130 Schmerzgrenze<br />
135 Gehörschäden schon bei einzelnen kurzen Schallspitzen<br />
(Impulslärm)<br />
Im Allgemeinen sind in der Wohnung gute Kommunikation und ungestörter<br />
Schlaf möglich, wenn die Geräuschpegel (Mittelungspegel) tagsüber außerhalb<br />
der Wohnung unter 50 dB(A) und nachts unter 40 dB(A) liegen.<br />
Der nachfolgende Kasten gibt eine Orientierung über die Intensität von Einzelgeräuschen,<br />
die im Alltag auftreten.<br />
66
Was <strong>ist</strong> wie laut?<br />
Blätter bei leichtem Wind 10 dB(A)<br />
Ticken einer Armbanduhr 20 dB(A)<br />
Flüstern 30 dB(A)<br />
Normales Gespräch 55 dB(A)<br />
Pkw-Vorbeifahrt im <strong>Stadt</strong>verkehr 75 dB(A)<br />
Lkw-Vorbeifahrt im <strong>Stadt</strong>verkehr 85 dB(A)<br />
lärm stört oder belästigt<br />
Unter den Umwelteinflüssen, durch die sich Menschen in ihrem Wohnumfeld<br />
gestört fühlen, steht der Verkehrslärm seit Jahren an der Spitze. Das <strong>ist</strong><br />
das Ergebnis der Repräsentativumfragen Umweltbewusstsein in Deutschland,<br />
die bei Erwachsenen im Auftrag des Umweltbundesamtes seit 1992<br />
durchgeführt werden (siehe Tabelle 4-2).<br />
Tabelle 4-2 Quelle: Umweltbundesamt, 2008<br />
Belästigung im Wohnumfeld 2000 bis 2006<br />
lärmquelle Jahr der erhebung<br />
2000 2002 2004 2006<br />
Straßenverkehr 37 37 32 34<br />
Nachbarn 17 18 19 20<br />
Flugverkehr 15 16 13 16<br />
Schienenverkehr 12 12 9 10<br />
Industrie und Gewerbe 12 12 8 11<br />
Anteil der Befragten in %, der sich durch die jeweilige Lärmquelle „gestört<br />
und belästigt“ fühlt (angegeben <strong>ist</strong> die Summe aus „äußerst“, „stark“ und<br />
„mittelmäßig“). Die Differenz zu 100 % fühlt sich „etwas“ oder „gar nicht“ gestört<br />
und belästigt.<br />
67
4 wozU deR läRm?<br />
Wie stark die Belästigung durch die jeweilige Lärmquelle werden kann,<br />
hängt von der Wohngegend ab. Während Anwohner viel befahrener<br />
Durchgangsstraßen erheblich unter Lärm zu leiden haben, sind die Anwohner<br />
ruhiger Wohnstraßen oder grüner <strong>Stadt</strong>randflächen kaum oder gar<br />
nicht von Lärm betroffen. Zum Vergleich: Bei der Erhebung 2004 wohnten<br />
nach Einschätzung der Interviewer acht Prozent der Befragten an einer stark<br />
befahrenen Hauptstraße und 48 Prozent in einer ruhigen Wohnstraße.<br />
Auch Kinder fühlen sich durch Lärm belästigt und können nachts schlecht<br />
schlafen. Das ergab die im Kinder-Umwelt-Survey (siehe Kapitel 1 Was unsere<br />
Gesundheit beeinflusst) erstmalig zu dieser Thematik im Zeitraum 2003<br />
bis 2006 durchgeführte repräsentative Befragung von 8- bis 14-Jährigen. Im<br />
Gegensatz zu der oben geschilderten Befragung der Erwachsenen war der<br />
Anteil der Kinder, der an stark befahrenen Haupt- oder Durchgangsstraßen<br />
wohnte, mit knapp 17 Prozent größer, aber nur rund die Hälfte von ihnen<br />
hatten ihr Kinderzimmer auch zu der Straße ausgerichtet. Anders als bei Erwachsenen<br />
störten sie am me<strong>ist</strong>en die von Familienmitgliedern und Nachbarn<br />
verursachten Geräusche. Verkehrslärm spielte nach eigener Einschätzung<br />
eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Auffällig war aber, dass bei<br />
wachsendem Verkehrsaufkommen der Anteil von Kindern deutlich anstieg,<br />
der auch im Sommer mit geschlossenem Fenster schlief. Kinder, die ganzjährig<br />
bei geschlossenem Fenster schliefen, berichteten signifikant häufiger<br />
über Durchschlafschwierigkeiten. Beide Aspekte, ein Mangel an frischer<br />
Luft und ein trotz geschlossener Fenster unzureichender Schallschutz, könnten<br />
dabei eine Rolle spielen.<br />
lärm macht krank<br />
Es gilt als sicher, dass Lärm über die Aktivierung unseres Nervensystems und<br />
die Ausschüttung von Stresshormonen Kreislauf- und Stoffwechselvorgänge<br />
ungünstig beeinflusst. Dies kann langfr<strong>ist</strong>ig zu gesundheitlichen Schäden<br />
führen. Körperliche Reaktionen treten unbewusst auch im Schlaf und<br />
bei Personen auf, die meinen, sich an Lärm gewöhnt zu haben. Schon Dauerschallbelastungen<br />
außerhalb der Wohnungen von 65 dB(A) können bei<br />
Bewohnern von Gebieten mit hoher Umweltlärmbelastung zu hohem Blutdruck<br />
und Herzinfarkt führen.<br />
68
Modellberechnungen für die alten Länder ergaben, dass die von Straßen-<br />
und Schienenverkehr verursachte Geräuschbelastung vielerorts zu hoch<br />
<strong>ist</strong>. Hierbei geht es um messbare Lärmpegel, während es sich bei der Belästigung<br />
um eine subjektive Einschätzung handelt. Tagsüber sind etwa 16 Prozent<br />
der Bevölkerung mehr als 65 dB (A) und knapp die Hälfte mehr als<br />
55 dB(A) ausgesetzt. Nachts <strong>ist</strong> es kaum besser. Denn rund 17 Prozent der Bevölkerung<br />
sind von Pegeln mit über 55 dB(A) betroffen.<br />
Die stärksten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Umweltlärm und<br />
erhöhten Herz-Kreislauferkrankungen zeigten sich nach einer Studie des Umweltbundesamtes<br />
für Straßenverkehrslärm und Herzinfarkt. Ausgewertet<br />
wurden in einer Meta-Analyse 61 internationale epidemiologische Studien.<br />
Danach steigt das Herzinfarkt-Risiko oberhalb von Tages-Immissionspegeln<br />
von 60 dB(A) an. Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes könnte der<br />
Herzinfarkt jährlich bei etwa 4.000 Patienten auf den Straßenverkehrslärm<br />
zurückzuführen sein.<br />
69
4 wozU deR läRm?<br />
In einer weiteren Studie des Umweltbundesamtes wurde im Umfeld eines<br />
deutschen Flughafens der Einfluss des nächtlichen Fluglärms auf die Gesundheit<br />
untersucht. Als Indikator wurde im Zeitraum 2002 bis 2005 die<br />
Arzneimittelverordnung durch niedergelassene Ärzte für mehr als 800.000<br />
Krankenversicherte (40 Prozent der Gesamtbevölkerung der betroffenen Region)<br />
herangezogen. Nächtlicher Fluglärm führte dazu, dass die Betroffenen<br />
häufiger den Arzt aufsuchten und die Ärzte mehr Herz-Kreislauf-Medikamente<br />
sowie Schlaf- und Beruhigungsmittel verschrieben. Die Ergebnisse stützen<br />
andere Untersuchungen, die ebenfalls darauf hinweisen, dass Fluglärm<br />
das Risiko für Bluthochdruck und Herz- und Kreislauferkrankungen erhöhen<br />
kann.<br />
lärm macht taub<br />
Auch das Gehör kann durch zu viel Schall Schädigungen davontragen.<br />
Bei Dauerschallpegeln von über 85 dB(A) kann nach wenigen Stunden eine<br />
Hörschwellenverschiebung auftreten, die Schmerzgrenze liegt bei 120 bis<br />
130 dB(A).<br />
70
Doch nicht nur Dauerlärm, auch einmalige Ereignisse mit hoher Schallintensität,<br />
beispielsweise Knalle und Explosionen durch Spielzeugp<strong>ist</strong>olen<br />
oder Feuerwerk, können unmittelbar zu dauerhaften Hörstörungen führen.<br />
Das reicht von Hörverlust bis hin zur Schwerhörigkeit. Zeitlich begrenzte<br />
oder dauerhafte Ohrgeräusche (Tinnitus) können ebenso die Folge zu hoher<br />
Schallbelastung sein. Ursache hierfür <strong>ist</strong>, dass die Haarzellen, die sich im Innenohr<br />
befinden und für die Schallwahrnehmung da sind, zerstört werden<br />
und nicht mehr nachwachsen.<br />
Hohe Schallpegel treten nicht nur im Arbeitsleben auf, sondern auch in der<br />
Freizeit, zum Beispiel durch laute Musik. Das Hören lauter Musik <strong>ist</strong> besonders<br />
bei Jugendlichen sehr beliebt. Nicht nur in Diskotheken und bei Musikveranstaltungen<br />
<strong>ist</strong> es häufig viel zu laut. Auch beim Hören von Musik per<br />
Kopfhörer werden immer wieder Lautstärken gewählt, die gesundheitlich<br />
bedenklich sind. Messungen in Diskotheken und unter Kopfhörern haben<br />
mittlere Schallpegel zwischen 90 und 110 dB(A) ergeben. Bei diesen Lautstärken<br />
sind Gehörschädigungen nicht auszuschließen. Die Techniker Krankenkasse<br />
in Baden-Württemberg geht davon aus, dass durch solche Musikhörgewohnheiten<br />
seit 1990 jährlich allein in Baden-Württemberg rund 10.000 bis<br />
15.000 Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren einen irreversiblen Hörschaden<br />
davongetragen haben.<br />
Bei der im Kinder-Umwelt-Survey untersuchten Altersgruppe standen Besuche<br />
von Diskotheken oder anderen Musikveranstaltungen nicht so sehr im<br />
Vordergrund, wohl aber das Musikhören über tragbare Audiogeräte. Knapp<br />
die Hälfte der 8- bis 10-Jährigen und etwa drei Viertel der 11- bis 14-Jährigen<br />
benutzten solche Geräte. Die tägliche Nutzungsdauer und die eingestellte<br />
Lautstärke ließen einen Zusammenhang mit dem sozioökonomischen Status<br />
der Familie erkennen. Auffällig war, dass mit abnehmendem sozioökonomischem<br />
Status länger und auch lauter Musik gehört wurde.<br />
Auch der Hörfähigkeit wurde nachgegangen. Bei rund elf Prozent der Kinder<br />
wurde ein Hörverlust von mehr als 20 Dezibel und bei zwei Prozent um<br />
mehr als 30 Dezibel im für lärmbedingte Hörschäden typischen Tonhöhenbereich<br />
(4.000 bis 6.000 Hertz) festgestellt. Jungen wiesen ein schlechteres<br />
Hörvermögen auf als Mädchen. Ein aggressiverer Umgang mit lauten Schallquellen<br />
könnte dabei eine Rolle spielen. Stat<strong>ist</strong>isch ließ sich ein Zusammenhang<br />
zwischen Hörfähigkeit und den Fragebogenangaben zum Umgang mit<br />
lauten Schallquellen aber nicht nachweisen. Möglicherweise waren die Lebens-Expositionszeiten<br />
noch zu gering.<br />
71
4 wozU deR läRm?<br />
Bisher gibt es keine Therapie zur Heilung einer lärmverursachten Innenohrschwerhörigkeit<br />
mit und ohne Tinnitus. Ein chronischer Hörverlust <strong>ist</strong> irreversibel.<br />
Insbesondere im Kindes- und Jugendalter erworbene Gehörschäden<br />
beeinträchtigen nicht nur die persönliche Entfaltung im Privatleben,<br />
sondern schränken auch die späteren Möglichkeiten der Berufswahl ein. Deshalb<br />
sind verstärkte Aufklärungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Minderung<br />
der Lärmbelastung in der Freizeit so wichtig.<br />
4.2 Kampf dem lärm<br />
Ein allgemeines Gesetz zum Schutz vor Lärm gibt es in Deutschland nicht.<br />
Auf der Grundlage des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen<br />
durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche<br />
Vorgänge (kurz Bundes-Immissionsschutzgesetz, BImschG) und von<br />
europäischen Richtlinien sind zum Schutz vor Umweltlärm mehr als 30 verschiedene<br />
Rechtsvorschriften erlassen worden, die das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium<br />
auf seiner Internetseite veröffentlicht hat. Sie betreffen den Verkehr,<br />
die Benutzung von Geräten und Maschinen sowie die Errichtung und den<br />
Betrieb von Anlagen. Me<strong>ist</strong> sind Verkehrsbehörden sowie Städte und Gemeinden<br />
für Vollzugsmaßnahmen zur Lärmminderung zuständig.<br />
lärmkartierung <strong>ist</strong> Pflicht<br />
Mit der Umsetzung der europäischen Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung<br />
und Bekämpfung von Umgebungslärm in deutsches Recht sind Lärmkarten<br />
von den Städten und Gemeinden zu erstellen und alle fünf Jahre zu<br />
aktualisieren. Über die Lärmkarten <strong>ist</strong> die Öffentlichkeit zu informieren – das<br />
kann auch in elektronischer Form erfolgen.<br />
Für die Lärmkarten wird der Lärm nicht gemessen, sondern berechnet. Die<br />
Berechnungsmethoden sind in der Verordnung über die Lärmkartierung<br />
(34. Bundes-Immissionschutzverordnung) festgelegt. Ermittelt wird der Lärmindex,<br />
der sich auf ein Kalenderjahr bezieht. Es werden zwei Lärmindizes<br />
berechnet: der Tag-Abend-Nacht-Lärmindex und der Nacht-Lärmindex.<br />
Abbildung 4-1 zeigt am Beispiel von Berlin, wie eine Strategische Lärmkarte<br />
für den Straßenverkehr aussieht. Solche Karten werden auch für den Schienenverkehr<br />
und den Luftverkehr sowie für Industrie und Gewerbe erstellt.<br />
72
Abbildung 4-1<br />
Quelle: Berlin, Senatsverwaltung für<br />
<strong>Stadt</strong>entwicklung, 2007 (www.stadtentwicklung.berlin.de)<br />
Strategische Lärmkarte von Berlin für den Straßenverkehr<br />
Links: Tag-Abend-Nacht-Lärmindex<br />
Rechts: Nacht-Lärmindex 22 – 6 Uhr<br />
Ocker: > 50 - 55 dB(A), orange: > 55 – 60 dB(A); rot: > 60 – 65 dB(A); braun:<br />
> 65 – 70 dB(A); violett: > 70 – 75 dB(A); blau: > 75 dB(A)<br />
Die beiden Karten lassen erkennen, dass viele Menschen in Berlin sowohl<br />
ganztägig als auch nachts einem hohen, durch Straßenverkehr verursachten<br />
Lärmpegel ausgesetzt sind. Hauptverkehrsstraßen und <strong>Stadt</strong>autobahn heben<br />
sich deutlich hervor.<br />
Lärmkarten sind die Grundlage für die Ausarbeitung von so genannten<br />
Lärmaktionsplänen, die unter Mitwirkung der Öffentlichkeit aufzustellen<br />
und ebenfalls alle fünf Jahre zu aktualisieren sind. Darin können technische<br />
und planerische Maßnahmen festgelegt werden, um Lärmwirkungen und<br />
Lärmprobleme zu vermindern.<br />
73
4 wozU deR läRm?<br />
Zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen sollten bei einem Tag-<br />
Abend-Nacht-Lärmindex ab 65 dB(A) und einem Nacht-Lärmindex ab<br />
55 dB(A) kurzfr<strong>ist</strong>ig Maßnahmen in der Aktionsplanung vorgesehen werden.<br />
Um auch erhebliche Belästigungen zu vermeiden, sollten die Vorsorgewerte<br />
der Weltgesundheitsorganisation, die bei 55 beziehungsweise 45 dB(A) liegen,<br />
angestrebt werden.<br />
was der einzelne tun kann<br />
Zum Lärmschutz kann jeder Einzelne beitragen. Oberstes Gebot <strong>ist</strong> hier gegenseitige<br />
Rücksichtnahme. Dadurch können zahlreiche Probleme vermieden<br />
werden. Im Straßenverkehr bedeutet dies zum Beispiel, unnötiges<br />
Laufenlassen von Motoren oder Hupen zu vermeiden und Geschwindigkeitsbegrenzungen<br />
zum Lärmschutz einzuhalten. Im Wohnumfeld bedeutet dies<br />
zum Beispiel, auf den Einsatz lauter Geräte und Maschinen möglichst zu<br />
verzichten und die Bestimmungen über Ruhezeiten einzuhalten. Diese sind<br />
nicht ganz einheitlich. Aber die Nachtruhe beginnt üblicherweise um 22 Uhr.<br />
Für die Benutzung von Geräten und Maschinen im Freien in Wohn- und Erholungsgebieten<br />
gelten besondere Regeln, die leider nicht immer beachtet<br />
werden.<br />
Einhaltung von Ruhezeiten beim Betreiben von bestimmten,<br />
im Freien betriebenen Geräten<br />
Werktags 20.00 bis 7.00 Uhr<br />
Zusätzlich sind für Freischneider, Graskantenschneider,<br />
Laubbläser und Laubsammler folgende Ruhezeiten einzuhalten 7.00 bis 9.00 Uhr<br />
13.00 bis 15.00 Uhr<br />
17.00 bis 20.00 Uhr<br />
Sonn- und Feiertage ganztägig<br />
Geräte- und Maschinenschutzverordnung vom 29.8.2002<br />
74
Beim Lärm geht es aber auch darum, sich selbst zu schützen. Hier <strong>ist</strong> jede/r<br />
Einzelne gefordert. Untersuchungen zum Diskothekenbesuch von Jugendlichen<br />
zeigen, dass rund zehn Prozent von ihnen als Risikogruppe für die Entwicklung<br />
eines messbaren Gehörschadens zu betrachten sind. Nimmt man<br />
die Kopfhörerbeschallung hinzu, dürfte der Anteil der gefährdeten Personen<br />
noch höher ausfallen. Aus gesundheitlicher Sicht <strong>ist</strong> deshalb eine Minderung<br />
der Musiklautstärke in Diskotheken, bei Konzertveranstaltungen und anderen<br />
Beschallungssituationen erforderlich. In Deutschland ex<strong>ist</strong>ieren – anders<br />
als in einigen europäischen Ländern – hierzu keine übergeordneten verbindlichen<br />
Regelungen, was unter anderem mit den komplizierten Regelungen<br />
zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes beziehungsweise der Länder zusammenhängt.<br />
Für Musikwiedergabegeräte sind in technischen Regelwerken<br />
Höchstwerte formuliert. Diese besitzen in Deutschland jedoch keine verbindliche<br />
Gesetzeskraft.<br />
Normen zur Einhaltung von Schalldruckpegeln<br />
europäische norm en 50332-1 für tragbare musikwiedergabegeräte: Durch die Einhaltung<br />
dieser Norm soll ein Langzeitmittelwert von 90 dB nicht überschritten werden.<br />
din 15905, teil 5 zum schutz des Publikums in theatern und mehrzweckhallen<br />
enthält technische Angaben zur Reduzierung des Schalldruckpegels bei der Lautsprecherwiedergabe.<br />
europäische norm en 71-1 sicherheit von spielzeug: Sie enthält Regelungen zur<br />
Reduzierung des Schallpegels von Kinderspielzeugen.<br />
Um einen verantwortungsbewussten Umgang mit lauten Schallquellen herbeizuführen,<br />
<strong>ist</strong> eine angemessene Aufklärung sowohl für Diskjockeys und<br />
Beschallungstechniker als auch für die „Musikkonsumenten“ notwendig. Dies<br />
kann unter anderem in berufsgruppenspezifischen Fortbildungsveranstaltungen<br />
und in Schulen, beispielsweise im Physik- oder Biologieunterricht, erfolgen.<br />
Geeignete Unterrichtsmaterialien, die sowohl von der Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung wie auch vom Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium<br />
(siehe www.bmu.de, Suchbegriff Bildungsservice) erarbeitet wurden, liegen<br />
seit langem vor.<br />
75
nUn AUch noch<br />
FeinstAUb<br />
76
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten schon sehr viel auf dem Gebiet<br />
der Luftreinhaltung erreicht. Der Himmel über Deutschland <strong>ist</strong> auch über<br />
den Ballungszentren wieder blau, die Autos haben ihre stinkenden Abgasfahnen<br />
weitgehend verloren und aus den me<strong>ist</strong>en Industrieschornsteinen<br />
kommen keine grauen Rauchfahnen mehr. Zahlreiche emissionsmindernde<br />
Maßnahmen, die auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes<br />
sowie von Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union durchgesetzt<br />
wurden, haben ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass unsere Luft<br />
sauberer geworden <strong>ist</strong>. Das belegen die langjährigen Messungen der Konzentrationen<br />
vor allem von Staub, Schwefeldioxid und Blei, die bundesweit an<br />
rund 400 Messstellen des Bundes und der Länder durchgeführt werden.<br />
78
Ist Luftverschmutzung deshalb kein Thema mehr? Weit gefehlt! Feinstaub,<br />
Stickstoffdioxid und Ozon geben keinen Anlass zur Entwarnung. Ganz im Gegenteil.<br />
Unter den vielfältigen Belastungen aus der Umwelt gilt Feinstaub als<br />
das Gesundheitsrisiko Nr. 1.<br />
Die wichtigste Quelle für Luftschadstoffe im Nahbereich <strong>ist</strong> in Deutschland<br />
der Verkehr. Luftschadstoffe aus Industrieanlagen oder Hausbrand breiten<br />
sich auch über Ländergrenzen hinweg aus. Selbst der Wüstensand aus der<br />
Sahara findet seinen Weg nach Deutschland. Für den Transport und die Verteilung<br />
sind meteorologische Bedingungen verantwortlich. Geringe Windgeschwindigkeiten<br />
und Hochdruckwetterlagen führen zur Anreicherung in<br />
den unteren Luftschichten, Niederschläge haben einen „Auswasch“-Effekt,<br />
das heißt die Luft wird sauberer. Das Umweltbundesamt informiert in Zusammenarbeit<br />
mit den Ländern stundenaktuell und deutschlandweit im Internet<br />
über die Belastung der Luft mit Schadstoffen (www.env-it.de/umweltbundesamt/luftdaten/index.html).<br />
79
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
5.1 belastung der luft mit Feinstaub …<br />
Ein großer Teil der gesundheitsschädlichen Wirkungen der Luftverschmutzung<br />
<strong>ist</strong> der Staubbelastung zuzuschreiben. Die Verbesserungen der Feuerungs-<br />
und Filtertechniken und die Umstellung der Kohlefeuerung in den<br />
Haushalten auf moderne Heiztechnik – besonders in den neuen Ländern –<br />
haben zu einer erheblichen Verminderung der Gesamtstaubbelastung geführt.<br />
Gleichzeitig hat sich aber der Anteil der kleineren Staubteilchen im<br />
Schwebstaub deutlich erhöht. Immer kleinere Staubteilchen werden in immer<br />
größeren Mengen in die Luft geblasen, von wo sie ihren Weg in den<br />
menschlichen Organismus finden. Dazu hat unter anderem der zunehmende<br />
Anteil der Sprit sparenden Dieselfahrzeuge auf deutschen Straßen beigetragen.<br />
Die Ruß-Emissionen aus Diesel-PKW und Diesel-LKW tragen erheblich<br />
zur Feinstaubproblematik bei.<br />
Üblicherweise unterscheidet man zwischen anthropogenen – von Menschen<br />
verursachten – und natürlichen Quellen, aus denen die primären Staubteilchen<br />
freigesetzt werden. Sekundäre Staubteilchen bilden sich in der Atmosphäre<br />
unter anderem aus Gasen. Hier sind insbesondere Stickstoffoxide,<br />
Schwefeloxide und Ammoniak zu erwähnen.<br />
80<br />
Beispiele für anthropogene und natürliche Staubquellen<br />
Anthropogene<br />
herkunft<br />
natürliche<br />
herkunft<br />
Primäre Quellen:<br />
Verbrennungsanlagen zur Energieversorgung und zur Gebäudeheizung,<br />
Industrieprozesse und Schüttgutumschlag.<br />
Straßenverkehr: Diesel-Lkw und Diesel-Pkw, Abrieb von Reifen und<br />
Bremsbelägen, Aufwirbelung von Straßenstaub<br />
sekundäre Quellen:<br />
Stickstoffoxide, Schwefeloxide, Ammoniak, flüchtige Nichtmethankohlenwasserstoffe<br />
Primäre Quellen:<br />
Vulkane, Meere (salzhaltige Luft in Küstenregionen), Bodenerosion<br />
(Mineralstäube), Wald- und Buschbrände, Pollen<br />
sekundäre Quellen:<br />
Methan aus Feuchtgebieten, D<strong>ist</strong>ickstoffoxid aus Böden durch biologische<br />
Aktivität, Gase aus Vulkanen
Als Feinstaub wird die Fraktion des Staubes bezeichnet, dessen Korngröße<br />
kleiner als 10 Mikrometer (das sind 10 millionstel Meter) <strong>ist</strong>. Zum Teil wird<br />
darunter aber auch nur der Staub verstanden, der kleiner als 2,5 Mikrometer<br />
<strong>ist</strong>. Welche gesundheitlichen Wirkungen Feinstaub hat, hängt maßgeblich<br />
von seiner Größe, seiner chemischen Zusammensetzung sowie seiner Oberfläche<br />
und Struktur ab.<br />
Die Teilchengröße bestimmt, wie tief der Staub in die Atemwege und den<br />
Organismus vordringen kann.<br />
Einteilung des Staubes nach der Größe (PM)<br />
Grobstaub > 10 µm: wird weitgehend im Nasenrachenraum<br />
zurückgehalten<br />
< 10 µm (PM10) kann den Kehlkopf passieren und<br />
erreicht die Atemwege im Brustkorb<br />
Feinstaub < 2,5 µm (PM2,5) kann bis in die Lungenbläschen<br />
(Alveolen) vordringen<br />
Ultrafeinstaub < 0,1 µm (PM0,1) gelangt in die Blutbahn, von dort ins<br />
Gewebe und in praktisch alle Organe<br />
µm = Mikrometer, ein tausendstel Millimeter, PM, aus dem Englischen für<br />
particulate matter<br />
Staubteilchen, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind, dringen bis in die Lungenbläschen<br />
vor, während Teilchen unter 0,1 Mikrometer (der so genannte<br />
Ultrafeinstaub) sogar in die Blutbahn gelangen und über den gesamten Körper<br />
verteilt werden.<br />
Welche gesundheitlichen Wirkungen Feinstaub und insbesondere der Ultrafeinstaub<br />
hat, <strong>ist</strong> Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten im In- und Ausland.<br />
Es steht zweifelsfrei fest, dass hohe Feinstaub-Konzentrationen krank<br />
machen, im Organismus Entzündungsreaktionen hervorrufen und insgesamt<br />
die Sterblichkeit erhöhen.<br />
81
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
Vor allem im Hinblick auf Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen<br />
stellt Feinstaub ein gesundheitliches Risiko dar. Besonders gefährdet sind<br />
Kleinkinder, Menschen mit geschwächter Immunabwehr, ältere Menschen,<br />
Asthmatiker und Menschen mit bestehenden Atemwegserkrankungen und<br />
Herz-Kreislaufproblemen. Dies <strong>ist</strong> durch viele Studien belegt. Außerdem steht<br />
Feinstaub im Verdacht, krebserzeugend zu sein. An die Oberfläche der<br />
Staubteilchen können sich Schadstoffe wie Schwermetalle anlagern. Sie verstärken<br />
die gesundheitsschädlichen Wirkungen des Staubes. Forschungen legen<br />
darüber hinaus die Vermutung nahe, dass Feinstaubbelastungen die Entstehung<br />
von Mittelohrentzündungen bei Kleinkindern, von Allergien und<br />
von Alzheimer begünstigen.<br />
Die Lebenserwartung aller Deutschen sinkt nach neueren Schätzungen wegen<br />
der Feinstaubbelastung um neun Monate. Ein bis drei Monate dieser verkürzten<br />
Lebenserwartung werden dem Dieselruß zugerechnet.<br />
Der Feinstaub aus Verbrennungsprozessen hat deutlich größere gesundheitliche<br />
Konsequenzen als andere Feinstaubarten. Rußpartikel sind besonders<br />
in den Abgasen von Dieselfahrzeugen enthalten. Im Jahr 2007 waren in<br />
Deutschland rund 53 Millionen Kraftfahrzeuge für den Straßenverkehr zugelassen.<br />
Darunter befanden sich über 11 Millionen Diesel-Pkw. Alle Dieselfahrzeuge<br />
zusammen genommen emittierten schätzungsweise 16.000 Tonnen<br />
Feinstaub.<br />
82
Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge sterben jährlich 10.000 bis 19.000<br />
Menschen vorzeitig durch Rußabgase aus Dieselfahrzeugen – das sind mehr<br />
als doppelt soviel Tote wie durch Unfälle im Straßenverkehr. Deshalb <strong>ist</strong> der<br />
flächendeckende Einsatz von Dieselrußfiltern von ganz erheblicher Bedeutung<br />
für die Gesundheit der Menschen in Deutschland. Ihr nachträglicher<br />
Einbau in Diesel-PKW wird seit 2007 staatlich gefördert.<br />
Kaminöfen und andere Holzfeuerungsanlagen sind eine weitere wichtige<br />
Feinstaubquelle. Mehr als 90 Prozent des Gesamtstaubs aus Kaminen und<br />
Öfen bestehen aus dem gesundheitlich besonders bedenklichen Feinstaub.<br />
In Deutschland gibt es in Haushalten und im Kleingewerbe schätzungsweise<br />
14 Millionen solcher Feuerungsanlagen (Stand Dezember 2007), die mittlerweile<br />
so viel Feinstaub freisetzen wie die Motoren aller in Deutschland zugelassenen<br />
Pkw, Lkw und Motorräder zusammen.<br />
Das Heizen mit Holz dient dem Klimaschutz, da beim Verbrennen nur<br />
so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie vorher beim Pflanzenwachstum<br />
gebunden wurde. Obendrein schont die Holzfeuerung fossile Ressourcen.<br />
Doch der Klimaschutz muss mit dem Schutz der Gesundheit in Einklang gebracht<br />
werden. Deshalb sieht der Entwurf des Bundesumweltmin<strong>ist</strong>eriums<br />
für eine Novelle der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen<br />
(1. BImSchV) eine Verschärfung der Grenzwerte vor.<br />
83
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
Beim Kauf eines neuen Ofens sollte auf die vom Hersteller angegebenen<br />
Werte geachtet werden und die Entscheidung zugunsten eines möglichst<br />
emissionsarmen Modells ausfallen. Besonders emissionsarm sind Pelletöfen<br />
und Pelletheizkessel, die mit dem Blauen Engel (siehe www.blauer-engel.de)<br />
gekennzeichnet sind. Sie verwenden Pellets, also kleine Holzpresslinge. Die<br />
Feinstaubemissionen sind zwar immer noch deutlich höher als bei Gas- oder<br />
Ölheizkesseln, aber geringer als bei anderen Holz- und Kohlefeuerungen.<br />
Messungen von Feinstaub in der Korngröße PM 10 und kleiner in der Außenluft<br />
liegen in Deutschland ab 1999 vor. Seit Januar 2005 gelten EU-weit<br />
Grenzwerte, die auch in der 22. Bundes-Immissionsschutzverordnung festgelegt<br />
sind. So darf der Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter<br />
Außenluft nicht überschritten werden. Außerdem darf der PM 10 -Tagesmittelwert<br />
nicht öfter als 35-mal über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen.<br />
84
Abbildung 5-1 veranschaulicht die Entwicklung der PM 10 -Jahresmittelwerte<br />
im ländlichen, städtischen und verkehrsnahen städtischen Bereich seit 2000.<br />
Meteorologische Bedingungen haben im Jahr 2007 maßgeblich dazu beigetragen,<br />
dass die Luftbelastung mit Schwebstaub niedriger ausfiel als in den<br />
Vorjahren: Es fehlten windschwache Hochdrucklagen und es gab überdurchschnittlich<br />
viel Niederschlag.<br />
Lokale Überschreitungen besonders der PM 10 -Tagesmittelwerte treten vor<br />
allem an verkehrsreichen Straßen auf. Hierzu tragen nicht nur die Fahrzeuge<br />
selbst durch den Partikelausstoß aus dem Auspuff oder durch Reifenabrieb<br />
bei, sondern – infolge der Fahrbewegung – auch durch die Aufwirbelung<br />
des Straßenstaubes. Doch diese Staubteilchen sind etwa 1.000-mal größer als<br />
jene aus dem Auspuff.<br />
85
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
5.2 … und mit gesundheitsschädlichen Gasen<br />
Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO 2 ) entstehen bei Verbrennungsprozessen<br />
vor allem im Straßenverkehr, da die Emissionen aus Kraftwerken<br />
durch Änderung der Verbrennungsprozesse und Einführung der<br />
Rauchgasreinigung stark reduziert werden konnten. Die Summe aus NO und<br />
NO 2 wird auch als NO X (Stickstoffoxide) bezeichnet. In der Außenluft sind<br />
Stickstoffoxide an der Bildung von Feinstaub und bodennahem Ozon beteiligt.<br />
Stickstoffdioxid zählt neben Feinstaub und den mit den Kraftstoffen in Verbindungen<br />
stehenden flüchtigen organischen Verbindungen zu den wichtigsten<br />
verkehrsbedingten Schadstoffen. Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren<br />
emittieren im Vergleich zu solchen mit einem Benzinmotor und geregeltem<br />
Katalysator ein Mehrfaches an Stickstoffdioxid.<br />
86
Stickstoffdioxid <strong>ist</strong> in geringen Konzentrationen kaum wahrnehmbar. Es<br />
führt aber zu Reizungen der Atemwege, beeinträchtigt die Lungenfunktion<br />
und erhöht die Infektanfälligkeit. Langandauernde Exposition kann zu chronischer<br />
Bronchitis führen.<br />
Im Vergleich zu Feinstaub zeigen die NO 2 -Jahresmittelwerte im Zeitraum<br />
von 2000 bis 2007 kaum jährliche Schwankungen (siehe Abbildung 5-2). An<br />
verkehrsnahen Standorten liegt der Jahresmittelwert oberhalb von 40 Mikrogramm<br />
pro Kubikmeter Luft. Das <strong>ist</strong> der ab 2010 einzuhaltende Grenzwert.<br />
Teilweise nehmen die NO 2 -Konzentrationen sogar zu.<br />
Überschreitungen gibt es auch bei den NO 2 -Ein-Stunden-Mittelwerten. Der<br />
Verkehr hat einen wichtigen Anteil an dieser Entwicklung. Insbesondere die<br />
Zunahme von modernen Diesel-Pkw, die hohe NO 2 -Emissionen haben, trägt<br />
dazu bei. Ab 2010 darf ein Ein-Stunden-Mittelwert von 200 Mikrogramm pro<br />
Kubikmeter Luft nicht öfter als 18-mal im Jahr überschritten werden. Beide<br />
Grenzwerte wurden schon 1999 als Mindestanforderungen zum Schutz der<br />
menschlichen Gesundheit festgelegt.<br />
87
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
Hier besteht Handlungsbedarf zur weiteren Reduktion der NO x - und NO 2 -<br />
Emissionen, um die Luftqualitätsgrenzwerte 2010 einzuhalten. Möglichst<br />
schnell müssen Fahrzeuge mit den neuesten Umweltstandards (EURO 5 und<br />
EURO 6) auf den Markt kommen.<br />
Ozon spielt in der Erdatmosphäre eine Doppelrolle. In den Luftschichten<br />
oberhalb von zehn Kilometern (Stratosphäre) hat Ozon die lebenswichtige<br />
Funktion eines Filters zum Schutz vor dem schädlichen ultravioletten Anteil<br />
der Sonnenstrahlen. In dieser Luftschicht wird Ozon durch Fluorkohlenwasserstoffe<br />
(FCKW) zerstört. Daher dürfen diese Chemikalien, die umgangssprachlich<br />
auch als Ozonkiller bezeichnet werden, seit Ende 1995 weltweit<br />
nicht mehr hergestellt und verwendet werden.<br />
In Bodennähe kommt Ozon ebenfalls natürlich vor, wird aber zusätzlich aus<br />
Sauerstoff und Luftverunreinigungen gebildet. Bodennahes Ozon wirkt als<br />
starkes Reizgas. Es wird nicht direkt emittiert, sondern bildet sich im Sommer<br />
unter intensiver Sonneneinstrahlung aus Vorläufersubstanzen, zu denen<br />
vor allem Stickstoffoxide und flüchtige organische Kohlenwasserstoffe gehören.<br />
Diese Vorläufersubstanzen stammen in unseren Breiten hauptsächlich<br />
aus vom Menschen verursachten Quellen.<br />
88
Wichtige Quellen für die Vorläufersubstanzen von Ozon<br />
stickstoffoxide<br />
Flüchtige<br />
organische<br />
Verbindungen<br />
Etwa jeweils zur Hälfte aus dem Verkehrsbereich<br />
und aus stationären Feuerungsanlagen<br />
natürliche Quellen: überdüngte Böden<br />
Etwa zur Hälfte bei der Verwendung von lösemittelhaltigen<br />
Produkten, die in Industrie, Gewerbe und Haushalten zum Einsatz<br />
kommen (Farben, Lacke, Klebstoffe, Reinigungsmittel)<br />
Zunehmende Bedeutung von Motorrädern, mobilen Kleingeräten<br />
(Kettensägen, Rasenmäher)<br />
natürliche Quellen: Laub- und Nadelbäume<br />
Ozon <strong>ist</strong> die wichtigste Komponente des so genannten Sommersmogs, da es<br />
der Bestandteil mit der höchsten Konzentration und auch von der Wirkung<br />
her der wichtigste Stoff des Gemischs <strong>ist</strong>. Sommersmog führt zu Augenbrennen<br />
und Reizungen der Atemwege, verursacht Husten, beeinträchtigt die<br />
Lungenfunktion und schränkt die körperliche Le<strong>ist</strong>ungsfähigkeit ein. Hinzu<br />
kommt, dass Ozon infolge seiner starken Reizwirkung bei Anwesenheit von<br />
krebserzeugenden Chemikalien die Krebsentstehung fördern kann. Aus Vorsorgegründen<br />
müssen Säuglinge und Kleinkinder als Risikogruppe eingestuft<br />
werden, da sie, bezogen auf ihre Körpergröße, ein relativ erhöhtes Atemvolumen<br />
haben.<br />
Die Ozonbelastung in Deutschland wird an rund 300 Messstationen des<br />
Bundes und der Länder überprüft. Abbildung 5-3 veranschaulicht die Messergebnisse<br />
für den Zeitraum 1990 bis 2007. Zur Beurteilung wird der bis<br />
2020 zu erreichende Zielwert und die Zahl der Tage, an denen dieser Wert<br />
überschritten wurde, herangezogen. Dieser Zielwert konnte in all den Jahren<br />
nicht flächendeckend eingehalten werden.<br />
89
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
Zum Schutz der menschlichen Gesundheit wurde von der Europäischen Union<br />
mit der Richtlinie 2002/3/EG ein Zielwert für die Ozon-Konzentration<br />
festgelegt, der in der 33. Bundes-Immissionsschutzverordnung in deutsches<br />
Recht umgesetzt worden <strong>ist</strong>. Er liegt bei 120 Mikrogramm pro Kubikmeter<br />
Luft (Acht-Stunden-Mittelwert eines Tages) und darf ab 2010 innerhalb eines<br />
Jahres höchstens 25-mal (im Mittel über drei Jahre) überschritten werden.<br />
Infolge der konsequenten Luftreinhaltepolitik gehen seit 1990 die Ozonspitzenwerte<br />
zurück. Überschreitungen treten aber örtlich immer noch auf. Ab<br />
einem Ein-Stunden-Mittelwert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter (Informationsschwelle)<br />
<strong>ist</strong> die Unterrichtung der Bevölkerung vorgeschrieben (Radio,<br />
Fernsehen, Tageszeitung). Bei Überschreiten dieses Wertes sind besonders<br />
empfindliche Menschen, ob Jung oder Alt, gefährdet. Ihnen wird von körperlicher<br />
Anstrengung im Freien abgeraten. Bei Überschreiten der Alarmschwelle,<br />
die bei einem Ein-Stunden-Mittelwert von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter<br />
liegt, besteht ein Gesundheitsrisiko für die Gesamtbevölkerung. Die für<br />
diesen Fall vorgehaltenen Aktionspläne sind kurzfr<strong>ist</strong>ig umzusetzen.<br />
90
Wie kann der Einzelne zur Reduktion der Ozonbildung<br />
beitragen?<br />
˘ Öffentliche Verkehrsmittel oder Fahrrad benutzen<br />
˘ Unnötige Autofahrten vermeiden<br />
˘ Lösemittelfreie oder -arme Farben, Lasuren, Reinigungsmittel, Kleber verwenden<br />
˘ Im Hobby- und Gartenbereich elektrische Geräte benutzen statt Geräte, die mit<br />
einem Benzinmotor betrieben werden. Falls es unumgänglich <strong>ist</strong>, ein Gerät mit Viertaktmotor<br />
wählen.<br />
91
5 nUn AUch noch FeinstAUb<br />
5.3 luftreinhalte- und Aktionspläne<br />
sichern die einhaltung der Grenzwerte<br />
Nach den Vorgaben der Europäischen Union haben die zuständigen Behörden<br />
Luftreinhaltepläne zu erstellen, die Maßnahmen zur Einhaltung von EUweit<br />
geltenden Grenzwerten für die oben genannten Schadstoffe enthalten.<br />
Ist zu befürchten, dass ein bestimmter Schadstoff in einem Gebiet einen bereits<br />
in Kraft getretenen Grenzwert überschreitet, muss die zuständige Behörde<br />
zusätzlich einen Aktionsplan erstellen. Er beinhaltet Maßnahmen zur<br />
Verringerung der Dauer und Höhe der Grenzwertüberschreitung. Der Europäische<br />
Gerichtshof (EuGH) hat im Juli 2008 entschieden, dass die Bürgerinnen<br />
und Bürger die Erstellung eines Aktionsplans auch gerichtlich erzwingen<br />
können.<br />
In Deutschland sind die Länder für Luftreinhalte- und Aktionspläne zuständig.<br />
Eine L<strong>ist</strong>e der Luftreinhalte- und Aktionspläne hat das Umweltbundesamt<br />
unter http://osiris.uba.de/Website/umweltzonen/lrp.php zusammengestellt.<br />
Wenig erfreulich <strong>ist</strong>, dass die für Feinstaub und Stickstoffdioxid gemessenen<br />
Werte besonders in verkehrsreichen Gebieten sehr hoch sind. Ohne eine<br />
Reduktion der Emissionen wird nicht nur Feinstaub, sondern ab 2010 auch<br />
Stickstoffdioxid öfter die Grenzwerte überschreiten. Im Jahr 2008 haben bereits<br />
einige Großstädte begonnen, innerstädtische Umweltzonen einzurichten,<br />
in die nur emissionsarme Fahrzeuge mit Plakette fahren dürfen. Die<br />
Plakette wird auf der Grundlage der Kennzeichnungsverordnung für Kraftfahrzeuge<br />
– kurz Plakettenverordnung – vergeben.<br />
Das allein wird nicht reichen. Das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium setzt sich daher<br />
auch für die Entwicklung verbesserter und alternativer Antriebe und<br />
Kraftstoffe ein und unterstützt eine neue Verkehrspolitik zur Entlastung des<br />
Straßenverkehrs. Ziel <strong>ist</strong> die Verlagerung des Personen- und Güterverkehrs<br />
auf die Schiene und beim Gütertransport auch auf den Wasserweg.<br />
92
Um den Zielwert für Ozon einzuhalten, sind die Emissionen der Vorläuferschadstoffe<br />
noch weiter zu reduzieren. Da Ozon über weite Strecken transportiert<br />
wird, lässt sich das Ozonproblem mit lokalen und kurzfr<strong>ist</strong>igen Maßnahmen<br />
allein nicht lösen. Die Bundesregierung hat hierzu ihr Nationales<br />
Programm zur Ozonminderung aus dem Jahr 2002 überprüft und 2007 erneut<br />
verkündet. Die Bundesregierung hält ihr erstes Nationales Programm<br />
zur Ozonminderung für aktuell und verlieh ihm noch mehr Nachdruck,<br />
indem weitere mittel- und langfr<strong>ist</strong>ig wirkende Maßnahmen aufgestellt wurden.<br />
Ihr Ziel <strong>ist</strong> die Senkung der Emissionen von Stickstoffoxiden und flüchtigen<br />
organischen Verbindungen aus mobilen und stationären Quellen.<br />
93
„dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
94
6 „dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
Für eine gesunde Lebensführung spielt auch die gute Qualität der Innenraumluft,<br />
egal ob zu Hause oder am Arbeitsplatz, eine wichtige Rolle. Denn<br />
immerhin 80 bis 90 Prozent des Tages verbringen die Menschen in Deutschland<br />
in geschlossenen Gebäuden.<br />
Die Luft in Innenräumen kann oftmals stärker mit Verunreinigungen belastet<br />
sein, als die Außenluft. Dort haben die gesetzlichen Regelungen und<br />
Auflagen bei der Genehmigung von Anlagen dazu geführt, dass die Außenluft<br />
heute in Deutschland um ein Vielfaches besser <strong>ist</strong>, als noch vor 20 oder<br />
30 Jahren. In Innenräumen <strong>ist</strong> dies nicht unbedingt so. Die Gründe dafür<br />
sind vielfältig. Die Innenraumluftqualität hängt nicht nur davon ab, wie und<br />
wie oft die Bewohner lüften, was sie in den Räumen tun und welche Haus-<br />
96
haltschemikalien sie anwenden. Auch Ausgasungen aus Einrichtungsgegenständen,<br />
wie Teppiche und Möbel oder die zu den Bauprodukten zählenden<br />
Bodenbeläge und Wandfarben, können die Qualität der Raumluft nachteilig<br />
beeinflussen. Beim Kochen mit Gas oder Heizen mit Kohle (heute wieder im<br />
Kommen angesichts der hohen Energiekosten für Öl und Gas) oder Holz können<br />
Verunreinigungen in die Innenraumluft gelangen.<br />
Die Hauptquelle für Innenraumbelastungen <strong>ist</strong> jedoch der Tabakrauch. Alle<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen greifen wenig,<br />
wenn gleichzeitig darin geraucht wird. Wie bekannt, <strong>ist</strong> dabei nicht<br />
nur das aktive Rauchen schädlich, sondern auch der Passivrauch, also das<br />
Inhalieren der Tabakrauchdämpfe durch alle Anwesenden im Raum. In der<br />
Gastronomie gelten seit kurzem Rauchverbote. Grundlage sind die Nichtraucherschutzgesetze<br />
der Länder, bei denen in diesem Fall die Gesetzgebungskompetenz<br />
liegt.<br />
Innenraumluftverunreinigungen (außer zum Beispiel Tabakrauch) können<br />
manchmal unbemerkt bleiben, aber dennoch schädlich für die Gesundheit<br />
sein. Richtig unbehaglich wird es bei zu hoher Luftfeuchtigkeit und zu viel<br />
Wärme, die obendrein noch das Wachstum von Schimmelpilzen fördern<br />
können. Das kann dann zu Gesundheitsproblemen führen. Einige Probleme,<br />
wie das Schimmelpilzwachstum, sind nicht neu, gewinnen aktuell aber wieder<br />
an Bedeutung.<br />
Während die Qualität der Außenluft Gegenstand einer ganzen Reihe von<br />
gesetzlichen Regelungen <strong>ist</strong> (siehe Kapitel 5 Nun auch noch Feinstaub), ex<strong>ist</strong>iert<br />
ein solches Regelwerk für Wohninnenräume nicht. Die einzige Ausnahme<br />
<strong>ist</strong> der Grenzwert für Tetrachlorethen in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
von chemischen Textilreinigungen, der nicht überschritten werden darf.<br />
Hinzu kommen Regelungen zur Innenraumluftbelastung durch bestimmte<br />
Bauprodukte. Die Erarbeitung weitergehender Regelungen <strong>ist</strong> nicht zuletzt<br />
auch deshalb so schwierig, weil die Privatsphäre betroffen <strong>ist</strong>. Und diese sollte<br />
möglichst vor Eingriffen durch den Staat geschützt sein.<br />
Im Folgenden werden einige problematische Luftverunreinigungen sowie<br />
ihre Belastungsquellen dargestellt. Ferner werden die Gremien genannt, die<br />
sich um eine gute Luftqualität in Gebäuden kümmern. Hierbei geht es auch<br />
um Regelungen und Vorschriften, die das „Übel bei der Wurzel“ packen, damit<br />
im Innenraum erst gar keine oder nur wenige gesundheitsschädliche<br />
Stoffe entstehen.<br />
97
6 „dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
6.1 es liegt was in der luft<br />
Flüchtige organische Verbindungen, die als VOC (englisch für Volatile Organic<br />
Compounds) abgekürzt werden, finden sich heutzutage in fast jeder<br />
Wohnung. Besonders nach Renovierungsarbeiten und in den ersten Monaten<br />
in Neubauten können die VOC-Konzentrationen erhöht sein. Es handelt<br />
sich hierbei um eine Vielzahl von synthetischen und natürlichen Verbindungen,<br />
die bereits bei Zimmertemperatur aus verschiedenen Produkten ausgasen.<br />
VOC-Gruppen in der Innenraumluft (Auswahl)<br />
˘ Kettenförmige Kohlenwasserstoffe, wie Alkane oder Alkene, die als Fettlöser eingesetzt<br />
werden und in Haushaltsprodukten enthalten sein können<br />
˘ Aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Toluol und Xylole, die in einigen Klebstoffen, Lacken<br />
und frischen Druckerzeugnissen als Lösemittel vorkommen<br />
˘ Terpene aus Holzverkleidungen, aus Bio-Farben oder Wasch- und Reinigungsmitteln<br />
und Kosmetika<br />
Höhere VOC-Konzentrationen führen schon nach kurzer Zeit zu Geruchsempfindungen<br />
oder Reizungen der Augenbindehaut sowie der Schleimhaut<br />
von Nase und Rachen oder auch zu Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und<br />
Müdigkeit. Bei geringen VOC-Konzentrationen <strong>ist</strong> die Einschätzung des gesundheitlichen<br />
Risikos schwierig. Oft <strong>ist</strong> eine Zuordnung von bestimmten Beschwerden<br />
zu bestimmten chemischen Verbindungen nicht möglich.<br />
Für die Beurteilung der Qualität der Innenraumluft gibt es für einzelne<br />
Schadstoffe Richtwerte. Sie werden von einer Arbeitsgruppe festgelegt, die<br />
sich aus Mitgliedern der Innenraumlufthygiene-Kommission und der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden zusammensetzt<br />
(mehr dazu unter www.umweltbundesamt.de, Suchbegriff IRK).<br />
Diese Richtwerte sind rechtlich nicht verbindlich, haben aber in der Praxis<br />
mittlerweile eine große Bedeutung erlangt. Werden sie überschritten, <strong>ist</strong><br />
Handlungsbedarf angezeigt.<br />
98
Zunehmend gelangen auch schwer flüchtige Verbindungen – so genannte<br />
SVOC (englisch für Semi Volatile Organic Compounds) – in die Raumluft. Sie<br />
gasen sehr viel langsamer aus, dafür aber über einen längeren Zeitraum. Zu<br />
den SVOC gehören zum Beispiel Weichmacher, die in Lacken, Dispersionswandfarben,<br />
Vinyltapeten und in PVC-Fußbodenbelägen sowie Fußbodenklebern<br />
enthalten sein können. Nach Renovierungsarbeiten kann manchmal<br />
das Phänomen Schwarze Wohnungen beobachtet werden, das, wie man<br />
heute weiß, ursächlich mit der Emission von SVOC in die Raumluft zusammenhängt.<br />
An Zimmerdecken und -wänden lagern sich schwarze schmierige<br />
Beläge ab. Sie sind ein ästhetisches Problem, eine Gesundheitsgefahr besteht<br />
nach gegenwärtigem Kenntnisstand nicht. Abwaschen oder Überstreichen<br />
hilft nicht, die Ursache muss beseitigt werden.<br />
99
6 „dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
Tabakrauch gehört, wie erwähnt, mit zu den gefährlichsten Verunreinigungen<br />
der Innenraumluft und enthält viele krebserzeugende Verbindungen.<br />
Etwa 90 Prozent der Lungenkrebserkrankungen bei Männern und 66 Prozent<br />
bei Frauen sind auf das Rauchen zurückzuführen. Auch das passive Mitrauchen<br />
<strong>ist</strong> krebserzeugend. Besonders Kinder sind durch Passivrauchen gefährdet.<br />
Es erhöht die Infektanfälligkeit, führt zu Bronchitis, verschlimmert<br />
Asthma und kann bei Säuglingen zum plötzlichen Kindstod führen.<br />
Offensichtlich sind sich viele Eltern des Risikos durch Tabakrauch nicht bewusst<br />
oder sie sind nicht gewillt, auf das Rauchen in Anwesenheit ihrer Kinder<br />
zu verzichten. Nach den von 2003 bis 2006 durchgeführten Erhebungen<br />
zum Kinder-Umwelt-Survey (siehe Kapitel 1 Was unsere Gesundheit beeinflusst)<br />
lebt knapp die Hälfte der rund 1.700 untersuchten 3- bis 14-jährigen<br />
Kinder in Raucherhaushalten und hat Tabakrauch eingeatmet. Einige der<br />
Kinder haben auch schon selbst zur Zigarette gegriffen. Wird Tabakrauch<br />
eingeatmet, lässt sich das anhand von Cotinin-Untersuchungen im Urin feststellen.<br />
Cotinin <strong>ist</strong> ein Stoffwechselprodukt von Nikotin. Leider hat sich die<br />
Situation im Vergleich zu 1990/1992 nicht verbessert. Bei diesen früheren Erhebungen<br />
zum Umwelt-Survey wurden 6- bis 14-jährige Kinder untersucht.<br />
Je nach Sozialstatus der Eltern war die Belastung der Kinder unterschiedlich<br />
100
hoch. Lebten Kinder in Familien mit niedrigem Sozialstatus, betrug der Anteil<br />
der belasteten Kinder etwa 75 Prozent. Hier sind mehr Kinder einem gesundheitlichen<br />
Risiko ausgesetzt.<br />
Über die Gefahren des Rauchens und des Passivrauchens wird seit vielen Jahren<br />
informiert. Seit dem Jahr 2000 führen das Deutsche Krebsforschungszentrum<br />
und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung alle zwei Jahre<br />
die bundesweite Nichtraucherkampagnen „Rauchfrei“ durch. Doch viele rauchende<br />
Eltern fühlen sich offenbar nicht angesprochen, da sich der Anteil<br />
der Kinder in Raucherhaushalten nicht verändert hat.<br />
Wer das Rauchen nicht aufgeben kann, sollte zum Rauchen nach draußen<br />
gehen oder in einem Raum rauchen, in dem sich keine Kinder aufhalten.<br />
6.2 staub ohne ende<br />
Ständig setzt sich Staub ab, besonders sichtbar auf glänzenden und dunklen<br />
Oberflächen. Man spricht von Sedimentationsstaub. Es handelt sich dabei<br />
um eine Mischung unterschiedlicher anorganischer und organischer Stoffe.<br />
Sie stammen aus der Wohnung und von den Bewohnern sowie aus der Wohnungsumgebung.<br />
Sie gelangen in die Wohnung durch Lüften. Auch mit den<br />
Schuhen oder durch die Kleidung eingebrachte Staubpartikel gehören dazu.<br />
Die Zusammensetzung des Staubes <strong>ist</strong> vielfältig. Abrieb von natürlichen und<br />
künstlichen Fasern von Kleidung und Wohnraumtextilien, Schuppen und<br />
Haare der Bewohner, gegebenenfalls auch von Haustieren, Verbrennungsrückstände<br />
von Kerzen, Heizung, Kfz und Industrie, Reifenabrieb, Sand, Blütenstaub,<br />
Sporen von Schimmelpilzen, Staubfreisetzungen beim Heimwerken<br />
etc. Lagern sich Fasern und Haare zu größeren Gebilden zusammen, bilden<br />
sich Staubknäuel, die sich me<strong>ist</strong> unter Bettgestellen und Schränken oder in<br />
Zimmerecken ansammeln.<br />
Kleine Staubteilchen (Feinstaub) entstehen bei Verbrennungsprozessen, wie<br />
beim Kochen, Heizen oder Tabakrauchen und bei brennenden Kerzen und<br />
Öllampen. Sie besitzen wenig Masse und setzen sich nicht sogleich auf Flächen<br />
ab. Sie schweben längere Zeit in der Luft – man spricht daher auch von<br />
Schwebstaub. Ist der Feinstaub kleiner als 2,5 Mikrometer, kann dieser bis<br />
in die Lunge eindringen und gesundheitliche Schäden verursachen (siehe<br />
Kapitel 5 Nun auch noch Feinstaub).<br />
101
6 „dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
Hausstaub <strong>ist</strong> ein guter Indikator für Chemikalien, die im Innenraum –<br />
auch lange zurückliegend – angewendet wurden. Dies gilt auch dann, wenn<br />
der Staub regelmäßig mit dem Staubsauger entfernt wird. Verbleiben die<br />
behandelten Materialien, wie Teppiche oder Holzpaneele, in der Wohnung,<br />
so gasen ständig geringe Konzentrationen der verwendeten Mittel in die<br />
Raumluft aus und lagern sich am Hausstaub an. Hausstaubuntersuchungen<br />
des Umweltbundesamtes belegen nach wie vor Belastungen mit Chemikalien,<br />
die seit vielen Jahren verboten sind, auch wenn diese Belastungen immer<br />
weiter zurückgehen. Ein Beispiel <strong>ist</strong> der Jahrzehnte lang eingesetzte Holzschutzmittelwirkstoff<br />
Pentachlorphenol (PCP). PCP wurde noch bis Ende der<br />
1970er Jahre in Wohnungen angewendet. Seit 1989 <strong>ist</strong> es in Deutschland wegen<br />
nachteiliger gesundheitlicher Wirkungen verboten. Auch die Gehalte an<br />
Lindan, das ebenfalls seit 1989 verboten <strong>ist</strong>, sind seither deutlich zurückgegangen.<br />
Anders verhält es sich bei den Pyrethroiden. Sie werden heute zur Bekämpfung<br />
von Schädlingen bei Zimmerpflanzen oder zum Schutz vor Mottenfraß<br />
bei Teppichen verwendet. Permethrin, ein Vertreter dieser Stoffgruppe,<br />
kann unverändert im Hausstaub nachgewiesen werden. Da in den letzten<br />
Jahren immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, ob der Abrieb<br />
von Wollteppichen, die mit Permethrin ausgerüstet sind, gesundheitsschädlich<br />
<strong>ist</strong>, ging das Bundesinstitut für Risikobewertung dieser Frage in einem<br />
Verbundforschungsvorhaben nach. Ergebnis <strong>ist</strong>: keine gesundheitlichen Risiken<br />
bei fachgerechter Ausrüstung.<br />
102
6.3 schimmel auf dem Vormarsch<br />
Schimmelpilze kommen überall in der Umwelt vor. Es gibt unzählige Arten,<br />
die hauptsächlich im Boden leben. Sie spielen eine wichtige Rolle im Stoffkreislauf<br />
und besiedeln und zersetzen totes organisches Material. Sie bilden<br />
mikroskopisch kleine Sporen als Dauerformen, die über die Luft verbreitet<br />
und beim Lüften in die Wohnung geweht werden.<br />
Finden sie günstige Bedingungen wie hohe Feuchtigkeit und Wärme vor –<br />
das Nahrungsangebot <strong>ist</strong> in der Wohnung in Form von Tapeten, Holz, Textilien<br />
oder Lebensmittelresten groß – entwickeln sich aus den kleinen unsichtbaren<br />
Sporen sichtbare Schimmelpilzkolonien, die auf den Materialien als<br />
Verfärbungen auffallen. Auch Biomüll <strong>ist</strong> eine ausgezeichnete Nahrungsquelle<br />
für Schimmelpilze. Er sollte daher nur kurzfr<strong>ist</strong>ig in der Wohnung gesammelt<br />
und möglichst bald in die Biotonne auf dem Hof gebracht werden.<br />
Schimmel benötigt zum Wachsen immer Feuchtigkeit. Diese kann durch die<br />
Bewohner selbst in die Raumluft gelangen (beim Duschen, Kochen, Schwitzen)<br />
oder durch Feuchteschäden im Gebäude. Besonders feuchte Außenwände<br />
sind hier fatal. Kann die vorbe<strong>ist</strong>römende Luft die Wandoberfläche nicht<br />
abtrocknen, wie es hinter Schrankwänden oder Betten, die an die Außenwand<br />
gestellt wurden, vorkommt, verschimmelt die Wand. Schimmelpilze<br />
können auch im Verborgenen wachsen, etwa in Hohlräumen im Fußboden<br />
oder hohlen Wänden. Diesen Befall sieht man nicht. Er macht sich me<strong>ist</strong> erst<br />
durch einen modrigen Geruch bemerkbar.<br />
Hohe Luftfeuchtigkeit kann durch eine massive Durchfeuchtung des Mauerwerkes<br />
hervorgerufen werden. Ursache sind zum einen Havarien wie Rohrbrüche<br />
oder Überschwemmungen, zum anderen Baufehler, wie fehlende<br />
Abdichtungen gegenüber dem Grundwasser oder gegenüber Schlagregen.<br />
Auch die Bildung von Kondens- oder „Schwitzwasser“ an der Innenseite von<br />
Außenwänden durch Wärmebrücken oder unzureichende Wärmedämmung<br />
und nicht zuletzt zu geringes Lüften sowie unzureichendes Heizen der Bewohner<br />
können die Feuchtigkeit begünstigen.<br />
Feuchte Wohnungen sind offenbar gar nicht so selten. Die im Kinder-Umwelt-Survey<br />
erfolgte Befragung der Eltern ergab, dass in etwa 13 Prozent der<br />
Wohnungen feuchte Wände und in 15 Prozent Schimmel vorhanden waren.<br />
Schimmel führt nicht nur zu erheblichen Materialschäden, sondern <strong>ist</strong> auch<br />
gesundheitsschädlich. Es sind vor allem die Sporen, die, selbst wenn sie bereits<br />
abgetötet sind, bei den Bewohnern Haut- und Schleimhautreizungen,<br />
103
6 „dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
grippeähnliche Symptome, Allergien und Asthma auslösen können. Gelegentlich<br />
können vermehrungsfähige Sporen zu Pilzerkrankungen der Haut<br />
oder von Fuß- oder Fingernägeln führen. Zum Glück geschieht dies nicht bei<br />
jedem Bewohner gleichermaßen und auch nicht bei nur geringem Befall.<br />
Dennoch gehört Schimmel nicht in Wohnungen und stellt ein hygienisches<br />
Risiko dar. Das Umweltbundesamt fordert in seinen „Schimmelleitfäden“ aus<br />
den Jahren 2002 und 2005 daher auch die rasche Beseitigung des Befalls sowie<br />
die Klärung und Beseitigung der Ursachen.<br />
Im Kinder-Umwelt-Survey konnte in orientierenden Untersuchungen nachgewiesen<br />
werden, dass rund acht Prozent der Kinder gegenüber mindestens<br />
einem innenraumtypischen Schimmelpilz sensibilisiert sind. Die höchste<br />
Sensibilisierungsrate mit fünf Prozent wurde gegenüber einem Pinselschimmel<br />
(Penicillium chrysogenum), der wegen seiner Form so bezeichnet<br />
wird, beobachtet. Zum Vergleich: Die Sensibilisierungsraten gegenüber<br />
Katzen- oder Hundeallergenen lagen mit jeweils etwa sieben Prozent in vergleichbarer<br />
Höhe, während die Sensibilisierungsraten gegenüber den beiden<br />
104
getesteten Milbenallergenen (jeweils etwa 19 Prozent) deutlich höher waren.<br />
Die Sensibilisierung wird durch den Nachweis von IgG-E-Antikörpern gegen<br />
spezifische Allergene im Blut der Kinder festgestellt. Diese Antikörper haben<br />
für sich alleine betrachtet keinen Krankheitswert. Sie geben lediglich darüber<br />
Auskunft, dass sich das Immunsystem mit diesem Allergen auseinandergesetzt<br />
hat. Eine Sensibilisierung <strong>ist</strong> aber die Voraussetzung zur Entwicklung<br />
einer Allergie, die mit Krankheitszeichen wie Schleimhautreizungen und<br />
Asthma einhergehen kann.<br />
6.4 Auf gute luftqualität kommt es an<br />
Einige Probleme in Innenräumen haben sich seit der im Jahr 2002 in Kraft<br />
getretenen Energieeinsparverordnung verbessert, andere leider nicht. Bessere<br />
Wärmedämmung an den Fassaden sowie dicht schließende Fenster und<br />
Türen helfen, Energie einzusparen und „kalte“ Außenwände, an denen Wasserdampf<br />
aus der Luft kondensieren kann, zu vermeiden. Die Luftdichtheit<br />
führt aber auch dazu, dass sich Stoffe, die im Innenraum freigesetzt werden,<br />
in der Raumluft anreichern können. Begegnen kann man diesem Problem<br />
nur dadurch, dass emissionsarme Bauprodukte beim Renovieren oder beim<br />
Neubau eingesetzt werden und dass das Lüftungsverhalten geändert wird.<br />
Auch das richtige Heizen spielt eine wichtige Rolle.<br />
105
6 „dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
Wie lüftet und wie heizt man richtig?<br />
˘ Stoßlüftung mindestens zweimal täglich 5 bis 10 Minuten, am besten durch Öffnen<br />
gegenüberliegender Fenster; im Sommer länger lüften als im Winter<br />
˘ Immer lüften, wenn Wasserdampf entsteht (beim Kochen, nach dem Duschen)<br />
˘ Beim Wäschetrocknen lüften<br />
˘ Arbeiten mit geruchsintensiven Stoffen, Lösemitteln usw. nur bei gleichzeitiger<br />
guter Lüftung durchführen<br />
˘ Auf kontinuierlichen Luftaustausch beim Kochen mit Gas oder beim Gebrauch von<br />
Kaminöfen achten<br />
˘ Auch selten benutzte Räume regelmäßig lüften<br />
˘ Alle Räume ausreichend heizen (mindestens 17 oC, Flure 15 oC) ˘ Türen zu weniger beheizten Räumen schließen<br />
˘ Heizkörper bei geöffnetem Fenster abdrehen<br />
˘ Heizung nur nachts drosseln; tagsüber auf konstanter Temperatur belassen<br />
106
Auch der Handel kommt Verbraucherinnen und Verbrauchern entgegen,<br />
wenn es darum geht, neue Möbel anzuschaffen oder Wandfarben und Bodenbeläge<br />
für die Renovierung der Wohnung zu kaufen. Es gibt zahlreiche<br />
emissionsarme Produkte, die mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ gekennzeichnet<br />
und in allen Baumärkten zu finden sind. Einige tragen auch<br />
das Umweltzeichen der Europäischen Union, die „Euro-Margerite“ (mehr<br />
dazu unter ec.europa.eu/environment/ecolabel/index_en.htm).<br />
Der Blaue Engel <strong>ist</strong> das älteste offizielle Umweltzeichen<br />
in Deutschland. Zeicheninhaber <strong>ist</strong><br />
das Bundesumweltmin<strong>ist</strong>erium. Bereits 1978<br />
verabschiedete die aus Vertretern verschiedener<br />
gesellschaftlicher Gruppen zusammengesetzte<br />
Jury Umweltzeichen die ersten sechs<br />
Vergabegrundlagen. Heute tragen rund 10.000<br />
Produkte und Dienstle<strong>ist</strong>ungen in 80 Produktkategorien<br />
den Blauen Engel. Von dem Label<br />
geht ein Anreiz aus, umwelt- und gesundheitsverträglichere<br />
Produkte zu entwickeln.<br />
Einige Anforderungen an emissionsarme Wandfarben, die<br />
das Umweltzeichen RAL-UZ 102 tragen<br />
RAL-UZ 102 kann auf Antrag des Herstellers erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen<br />
erfüllt werden:<br />
˘ besonders arm an Lösemitteln und Formaldehyd<br />
˘ Anteil an Weichmachern unter 1 %<br />
˘ Konservierungsstoffe auf ein Minimum begrenzt<br />
˘ keine krebserzeugenden, erbgutverändernden, fortpflanzungsgefährdenden, sehr<br />
giftigen und giftigen Stoffe zugesetzt<br />
˘ individuelle Beratung für Allergiker wird angeboten<br />
www.blauer-engel.de<br />
107
6 „dicKe lUFt“ zU hAUse?<br />
Die Kriterien werden vom Umweltbundesamt in Kooperation mit Herstellern,<br />
Prüfinstituten, weiteren Fachleuten und Verbrauchervertretern erarbeitet.<br />
Die Jury Umweltzeichen prüft und beschließt die Vergabegrundlagen.<br />
Die Vergabe erfolgt durch RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und<br />
Kennzeichnung e.V.<br />
Auf der Grundlage der europäischen Bauproduktenrichtlinie (89/106/EWG)<br />
und den Vorschriften des deutschen Bauproduktengesetzes dürfen Bauprodukte,<br />
zu denen beispielsweise Gips-Karton- und Spanplatten, Bodenbeläge,<br />
Wandfarben und vieles mehr gehören, nur dann verwendet werden, wenn<br />
von ihnen keine gesundheitlichen Risiken ausgehen. Der Ausschuss für die<br />
gesundheitliche Bewertung von Bauprodukten (AgBB) hat 1997 ein Schema<br />
zur Bewertung der Emissionen flüchtiger und schwer flüchtiger organischer<br />
Verbindungen erarbeitet (mehr dazu unter www.umweltbundesamt.de,<br />
Suchbegriff AgBB). Nur wenn die Anforderungen nach dem AgBB-Schema<br />
erfüllt werden, soll ein neu auf den Markt gelangendes Produkt künftig die<br />
Zulassung erhalten. Für Bodenbeläge wurden die AgBB-Prüfkriterien bereits<br />
eingeführt. Andere Bauprodukte folgen. Die Anforderungen sollen gewährle<strong>ist</strong>en,<br />
dass die neu auf den Markt kommenden Bauprodukte frei von Gesundheitsgefährdungen<br />
für die Bewohner sind.<br />
108
Das AgBB-Schema <strong>ist</strong> Bestandteil der Grundsätze zur gesundheitlichen Bewertung<br />
von Bauprodukten in Innenräumen, die dem Deutschen Institut<br />
für Bautechnik als Beurteilungsgrundlage für die Erteilung allgemeiner bauaufsichtlicher<br />
Zulassungen dienen. Zugelassene Produkte tragen das Übereinstimmungszeichen<br />
(Ü-Zeichen). An dem zusätzlichen Hinweis Emissionsgeprüft<br />
nach DIBt-Grundsätzen <strong>ist</strong> zu erkennen, dass eine Untersuchung<br />
nach dem AgBB-Schema erfolgt <strong>ist</strong>.<br />
Ein weiterer rechtlicher Rahmen wird durch das neue europäische Regelwerk<br />
REACH geschaffen (siehe Kapitel 2 Chemikaliensicherheit). Durch<br />
REACH wird der Kenntnisstand über für Gesundheit und Umwelt schädliche<br />
Stoffe verbessert, von denen mehr als eine Tonne pro Jahr von einem Hersteller<br />
produziert und in Verkehr gebracht wird. Das wird sich langfr<strong>ist</strong>ig positiv<br />
auf den Gesundheits- und <strong>Umweltschutz</strong> verbrauchernaher Produkte auswirken.<br />
109
KlimAwAndel —<br />
wiR tUn wAs<br />
110
111
7 KlimAwAndel – wiR tUn wAs<br />
Schmelzende Gletscher, längere Trockenperioden, stärkere Regenfälle und<br />
zerstörerische Stürme sprechen nach Ansicht der me<strong>ist</strong>en Klimaforscher eine<br />
klare Sprache: Das Klima ändert sich weltweit. Auch Deutschland bleibt davon<br />
nicht verschont. Die erwarteten schnellen Veränderungen des Klimas<br />
gefährden die natürlichen Lebensgrundlagen für Menschen, Tiere und Pflanzen<br />
und fordern voraussichtlich die Anpassungsfähigkeit vieler Arten heraus.<br />
112<br />
Was <strong>ist</strong> Klima?<br />
Unter Klima werden für einen Ort oder eine Region die langjährigen Mittelwerte oder<br />
prozentualen Häufigkeiten der reg<strong>ist</strong>rierten Zustände des Wetters, einschließlich der<br />
mittleren Tages-, Monats- und Jahresschwankungen, zusammengefasst, das wetter <strong>ist</strong><br />
also das Einzelereignis.<br />
Durch Medienberichte über die wachsende Zahl von Unwetterkatastrophen<br />
und über schmelzende Gletscher rückt der globale Klimawandel verstärkt in<br />
das öffentliche Bewusstsein, und das Thema <strong>Umweltschutz</strong> wird für die Menschen<br />
wieder wichtiger. Das <strong>ist</strong> das Ergebnis der Repräsentativumfrage „Umweltbewusstsein<br />
in Deutschland“, die im Auftrag des Umweltbundesamtes<br />
seit 1992 durchgeführt wird. Bei der Erhebung 2006 forderten zwei Drittel<br />
der Befragten, dass Deutschland in der internationalen Klimaschutzpolitik<br />
eine Vorreiterrolle übernehmen soll. Allerdings glaubte eine Mehrheit der<br />
Befragten schon nicht mehr, dass die Folgen des Klimawandels noch bewältigt<br />
werden können.<br />
Für die Umweltpolitik <strong>ist</strong> der Klimawandel eine neue Herausforderung und<br />
damit zugleich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb muss alles unternommen<br />
werden, um das Ausmaß des Klimawandels zu begrenzen. Die<br />
vorliegende Broschüre informiert an Beispielen über Klimaänderungen, die<br />
wir schon jetzt beobachten können, über erste Anzeichen gesundheitlicher<br />
Risiken und über Anpassungsmaßnahmen, die in vielen Fällen bereits zur<br />
Verfügung stehen.
7.1 Globale erwärmung steigt<br />
An dem natürlichen Treibhauseffekt sind die Sonneneinstrahlung und so genannte<br />
Klima- oder Treibhausgase beteiligt. Dazu gehören Wasserdampf<br />
und atmosphärische Spurengase wie Kohlendioxid, D<strong>ist</strong>ickstoffoxid (Lachgas),<br />
Methan und Ozon, die den Erdball wie einen Schutzschild umgeben<br />
und verhindern, dass die von der Erde kommende Wärme ins All entweicht.<br />
Dadurch herrscht auf unserem Planeten eine durchschnittliche Temperatur<br />
von 15 Grad Celsius. Sonst wäre es um etwa 33 Grad Celsius kälter und Leben<br />
wäre nicht möglich.<br />
Menschliche Aktivitäten, auch als anthropogen bezeichnet, führen zu zusätzlicher<br />
Freisetzung von Treibhausgasen, insbesondere Kohlendioxid. Sie verstärken<br />
den natürlichen Treibhauseffekt.<br />
Seit 1861, dem Beginn der systematischen meteorologischen Aufzeichnungen,<br />
wird weltweit eine Erwärmung im globalen Mittel um etwa 0,7 Grad<br />
Celsius beobachtet. Mit der Temperaturerhöhung ging auch eine Änderung<br />
der Niederschlagstätigkeit einher. So erhöhten sich in Nordeuropa die Niederschläge<br />
um 10 bis 40 Prozent, während einige Gebiete Südeuropas um bis<br />
zu 20 Prozent trockener wurden. Weltweit stieg der Meeresspiegel in den<br />
letzten 100 Jahren um 10 bis 20 Zentimeter.<br />
Der Klimawandel veranlasste die Vereinten Nationen 1988, den Klimarat,<br />
kurz IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), einzuberufen. Er<br />
hat unter anderem die Aufgabe, die Auswirkungen des Klimawandels auf<br />
sozioökonomische und ökologische Systeme abzuschätzen und Maßnahmen<br />
zur Eindämmung des Klimawandels vorzuschlagen.<br />
Klimawandel in europa<br />
Auch in Europa sind bereits Folgen des Klimawandels erkennbar. Sie werden<br />
in der 2004 von der Europäischen Umweltagentur unter dem Titel<br />
„Impacts of Europe’s changing climate. An indicator-based assessment“ veröffentlichten<br />
Studie, an der auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
aus Deutschland mitgearbeitet haben, zusammengestellt und analysiert.<br />
Darüber hinaus zeigt die Studie, wie auch der 2007 veröffentlichte Sachstandsbericht<br />
des Weltklimarates (IPCC), mögliche künftige Veränderungen<br />
mit seinen nachteiligen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft auf.<br />
113
7 KlimAwAndel - wiR tUn wAs<br />
114<br />
Einige Beispiele aus der Studie „Impacts of Europe’s<br />
changing climate. An indicator-based assessment“<br />
Klima: Extreme Wetterereignisse, wie Stürme, Hitzewellen und Überschwemmungen,<br />
haben zugenommen, während die Anzahl der Frosttage zurückgegangen <strong>ist</strong>.<br />
menschliche Gesundheit: In den letzten zehn Jahren haben die nachteiligen Wirkungen<br />
von Hitzewellen und Überschwemmungen sowie durch von Zecken übertragene Krankheiten<br />
zugenommen.<br />
Gletscher: Die Alpen verloren ein Drittel der mit Gletschern bedeckten Fläche. Der zur<br />
Gletscherbildung beitragende Schneefall <strong>ist</strong> an Umfang und Dauer zurückgegangen.<br />
terrestrische (auf dem Festland befindliche) systeme und biodiversität: Die Dauer<br />
der Vegetationsperiode hat sich 1962 bis 1995 um zehn Tage verlängert. Verschiedene<br />
Zugvögel überwintern. Durch die Einwanderung von Pflanzen in nördliche Regionen hat<br />
sich die Artenvielfalt in Nordwesteuropa erhöht, während sie in anderen Teilen Europas<br />
zurückging.<br />
marine systeme: Die steigende Wassertemperatur in der Nord- und Ostsee hat in Verbindung<br />
mit einem Nährstoffeintrag über Flüsse und Abwassereinleitungen zu einer erhöhten<br />
Biomasseproduktion von Phytoplankton und zu einer Nordwärtswanderung von Zooplankton<br />
geführt.<br />
Klimawandel in deutschland<br />
In Deutschland sind ebenso deutliche Klimaänderungen sichtbar (mehr<br />
dazu unter www.dwd.de). Seit 1901 sind die Jahresmitteltemperaturen um<br />
0,9 Grad Celsius gestiegen (siehe Abbildung 7-1). Das lag besonders an den<br />
häufig sehr warmen Sommermonaten seit 1990, die ihren bisherigen Spitzenwert<br />
im „Jahrhundertsommer“ 2003 fanden. Aber auch die Winter waren<br />
seit 1990 öfter milde.<br />
Die jährlichen Niederschlagshöhen zeigen seit 1901 ebenfalls einen leichten<br />
Anstieg. Dies <strong>ist</strong> besonders auf eine Zunahme der Winterniederschläge<br />
zurückzuführen.
Erste Wirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt sind zu erkennen. Beispielsweise<br />
blühen Schneeglöckchen und Apfelbäume fast fünf Tage pro<br />
Jahrzehnt früher. Die Aufenthaltsdauer vieler Singvögel liegt fast einen<br />
Monat über der des Jahres 1970.<br />
Inwieweit klimatische Veränderungen auch die Ausbreitung von Tieren, die<br />
Infektionskrankheiten auf den Menschen übertragen können, begünstigt haben,<br />
kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht mit Bestimmtheit beantwortet<br />
werden. Aber es gibt erste Hinweise, dass sich beispielsweise Zecken,<br />
Mücken und Mäuse in neue Gebiete ausbreiten (siehe dazu Abschnitt<br />
Erste Anzeichen für gesundheitsschädliche Auswirkungen).<br />
Für Deutschland gehen Risiken vor allem von Hochwasser, Stürmen und extremer<br />
Trockenheit aus. Die Schäden durch extreme Wetterereignisse der<br />
vergangenen zehn Jahre belaufen sich auf 16,5 Milliarden Euro, Tendenz<br />
steigend.<br />
Derzeit besitzen der Südwesten Deutschlands, die zentralen Teile Ostdeutschlands<br />
und die Alpen die höchste Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel.<br />
Gefährdet sind vor allem die menschliche Gesundheit und der regionale<br />
Tourismus, der auf Wintersport setzt.<br />
115
7 KlimAwAndel - wiR tUn wAs<br />
Starkniederschläge im Einzugsgebiet großer Flüsse führten in jüngster Vergangenheit<br />
zu Hochwasser mit Überschwemmungen weiter Landstriche.<br />
Tausende Menschen wurden obdachlos. Im Dezember 1993 und Januar 1995<br />
wurden in kurzer Folge zwei Jahrhunderthochwasser des Mittel- und des<br />
Niederrheins beobachtet. Das Oderhochwasser, auch als Oderflut bezeichnet,<br />
trat im Juli und August 1997 auf. Die Elbe überflutete im August 2002<br />
weite Teile in Tschechien und Deutschland. Ein weiteres Mal führte sie im<br />
März und April 2006 Hochwasser. Die Marke der Jahrhundertflut von 2002<br />
wurde an einigen Orten erreicht oder sogar übertroffen.<br />
Bei Hochwasser bergen vor allem Heizöl- und Flüssiggastanks und auch chemische<br />
Anlagen Risiken für die Gesundheit und die Umwelt. Auch mit der<br />
Durchfeuchtung des Mauerwerkes können die Menschen noch lange, nachdem<br />
die Überschwemmung wieder zurückgegangen <strong>ist</strong>, zu tun haben.<br />
Denn die Feuchtigkeit begünstigt das Wachstum von Schimmelpilzen in der<br />
Wohnung. Das schafft zusätzliche Probleme (siehe Kapitel 6 „Dicke Luft“ zu<br />
Hause?).<br />
116
7.2 erste Anzeichen für gesundheitsschädliche<br />
Auswirkungen<br />
Unser gesundheitliches Wohlbefinden <strong>ist</strong> von einer Reihe von Klimafaktoren<br />
abhängig. Nicht nur bei wetterfühligen Menschen kann das Allgemeinbefinden<br />
gestört sein, wenn Wetteränderungen bevorstehen. Vielen sind die<br />
Anpassungsschwierigkeiten bei mit Klimawechsel verbundenen Urlaubsaufenthalten<br />
bekannt, insbesondere dann, wenn sie mit einem schnellen Temperaturwechsel<br />
verbunden sind. Die Umstellung kann beispielsweise mit<br />
Schlaflosigkeit oder Kopfschmerzen verbunden sein.<br />
Auf diese „normalen“ gesundheitlichen Auswirkungen von Wetterumschwung<br />
und Klimawechsel soll hier nicht weiter eingegangen werden. Im<br />
Mittelpunkt stehen solche gesundheitlichen Auswirkungen, für die es Hinweise<br />
gibt, dass sie mit der Klimaerwärmung in Deutschland in Verbindung<br />
stehen.<br />
extremwetterereignisse<br />
Extremwetterereignisse haben direkte Folgen für die menschliche Gesundheit.<br />
Sie können zu Verletzungen und Erkrankungen, unter Umständen mit<br />
Todesfolge führen. Ein anschauliches Beispiel <strong>ist</strong> die Hitzewelle 2003. Hochrechnungen<br />
zufolge kam es in Deutschland zu ca. 7.000 zusätzlichen Todesfällen<br />
durch Herzinfarkt, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, der<br />
Nieren und der Atemwege. Dies sind mehr Personen als jährlich durch Verkehrsunfälle<br />
sterben.<br />
Der Oberrheingraben von der schweizerischen Grenze bis nach Frankfurt gehört<br />
in Deutschland zu den wärmsten Regionen. Aber auch andere Gegenden<br />
mit großstädtischen Ballungsräumen – besonders in Kessellagen – sind<br />
gefährdet. Zu den thermischen Effekten kommen hier im Vergleich zu ländlichen<br />
Gebieten auch noch gesundheitsschädliche Luftschadstoffe hinzu. Vor<br />
allem ältere Menschen sind gefährdet, die me<strong>ist</strong> zu wenig trinken, und Menschen<br />
mit Vorerkrankungen, wie Zuckerkrankheit oder Herz-Kreislauferkrankungen.<br />
117
7 KlimAwAndel - wiR tUn wAs<br />
Verbreitung von Krankheitserregern und Allergien<br />
Während ein Zusammenhang zwischen Extremwetterereignissen und gesundheitlichen<br />
Beeinträchtigungen auch für Laien erkennbar <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> dies bei<br />
den indirekten gesundheitlichen Wirkungen der Klimaerwärmung auch für<br />
Experten schon schwieriger. Dabei geht es um die Verbreitung von Krankheitserregern<br />
und um das vermehrte Auftreten von Pflanzen, die Allergien<br />
auslösen können.<br />
Das Klima <strong>ist</strong> nicht nur für das Überleben und die Verbreitung von Krankheitserregern<br />
mitverantwortlich, sondern auch für die Verbreitung von<br />
bestimmten Wirtstieren, die eine ständige Quelle von Krankheitserregern<br />
darstellen (Erregerreservoir) sowie von Mücken und Zecken, die die Krankheitserreger<br />
von dem infizierten Wirtstier auf den Menschen übertragen. Sie<br />
werden als Überträger oder Vektoren bezeichnet.<br />
Mit dem Klimawandel steigt das Risiko, dass neue und teilweise gefährliche<br />
Krankheiten in Deutschland heimisch werden. Im Freiland lebende Überträger<br />
und Wirtstiere werden über globale Transportwege nach Deutschland<br />
und Europa eingeschleppt. Treffen Mücken oder Zecken am Ankunftsort auf<br />
für sie passende klimatische Bedingungen, Biotope und Wirte, so können sie<br />
sich hier vermehren und verbreiten. Darüber hinaus begünstigen Extremereignisse,<br />
wie Überschwemmungen oder starke Niederschläge, die Ausbreitung<br />
bekannter und neuer Stechmückenarten.<br />
Die Schildzecke, auch gemeiner Holzbock genannt (Ixodes ricinus, siehe<br />
Bild), <strong>ist</strong> Überträger der Lyme-Borreliose und der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis<br />
(FSME). Die Schildzecke nimmt den Krankheitserreger während einer<br />
Blutmahlzeit bei einem infizierten Wirt auf. In Europa sind das me<strong>ist</strong> Nagetiere,<br />
Reh- und Rotwild, bei der FSME auch Vögel.<br />
Zecken lieben es warm und feucht. Typische Lebensräume sind hohes Gras<br />
und lichte Laubwälder mit Büschen, wo sie von ihren Wirten als so genannte<br />
„Wegelagerer“ von Blättern und Zweigen abgestreift werden. Die häufig auftretende<br />
Meinung, dass sich Zecken von Bäumen oder Sträuchern auf Menschen<br />
oder Tiere herabfallen lassen, <strong>ist</strong> dagegen ein Irrglaube. Einmal auf<br />
einem menschlichen Körper angelangt, sucht sich die Zecke me<strong>ist</strong>ens einen<br />
feuchten Ort zum Blutsaugen, wie Achselhöhlen oder Kniekehlen.<br />
118
Die Lyme-Borreliose <strong>ist</strong> eine bakterielle Infektionskrankheit. In den gemäßigten<br />
Klimazonen, zu denen große Teile Europas gehören, <strong>ist</strong> sie die am<br />
häufigsten durch Zecken übertragene Infektionskrankheit. Eine Übertragung<br />
von Mensch zu Mensch erfolgt nicht. Antibiotika helfen in der Frühphase,<br />
eine Impfung gibt es jedoch noch nicht.<br />
Die Bakterien können jedes Organ, das Nervensystem und die Gelenke befallen.<br />
Die Symptome sind daher sehr vielfältig, das macht die Diagnose<br />
so schwierig. Eines der wenigen charakter<strong>ist</strong>ischen Symptome <strong>ist</strong> die Wanderröte<br />
(Erythema migrans), die von Abgeschlagenheit, Fieber- und Kopfschmerzen<br />
begleitet sein kann. Die Hautrötung kann einige Tage bis Wochen<br />
nach einem Zeckenstich rund um die Einstichstelle beobachtet werden.<br />
Sie tritt aber nicht bei allen Patienten auf. Im weiteren Verlauf können<br />
Schmerzen, Hirnhautentzündung, Herzbeschwerden und im Spätstadium Gelenkentzündungen<br />
auftreten.<br />
Obwohl das Infektionsschutzgesetz, das seit 2001 in Kraft <strong>ist</strong>, keine Meldepflicht<br />
für die Lyme-Borreliose vorsieht, haben sich die ostdeutschen Bundesländer,<br />
einschließlich Berlin, zu einer Ausweitung der Meldepflicht auf Borreliose<br />
entschlossen.<br />
119
7 KlimAwAndel - wiR tUn wAs<br />
Erkrankungsdaten liegen seit 2002 vor. Bis 2007 wurden dem Robert Koch-<br />
Institut, das für die bundesweite Erfassung von meldepflichtigen Erkrankungen<br />
zuständig <strong>ist</strong>, 29.110 Erkrankungsfälle übermittelt.<br />
Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis, auch FSME, <strong>ist</strong> eine Viruserkrankung,<br />
die vor allem in Mittel- und Osteuropa, Russland und Asien verbreitet<br />
<strong>ist</strong>. Eine Therapie gibt es nicht, aber es <strong>ist</strong> ein wirksamer Impfstoff verfügbar.<br />
Die FSME tritt, wie es der Name sagt, im Frühjahr und Sommer auf.<br />
Ein Großteil der Infektionen verläuft stumm, das heißt ohne irgendwelche<br />
Krankheitszeichen. Erkrankte Personen sind nicht ansteckend. Bei einem<br />
Drittel der Infizierten treten grippale Symptome auf, die me<strong>ist</strong> wieder abklingen.<br />
In einigen Fällen kann es allerdings zur Beteiligung des zentralen<br />
Nervensystems mit einer Hirnhaut- und Gehirnentzündung kommen. Je älter<br />
die infizierte Person <strong>ist</strong>, umso schlimmer kann die FSME verlaufen und unter<br />
Umständen auch tödlich enden. Seit 2001 besteht Meldepflicht bei Virusnachweis.<br />
Dadurch stehen bundesweit Erkrankungsdaten zur Verfügung.<br />
Von 2001 bis 2007 wurden dem Robert Koch-Institut 1.479 Erkrankungen gemeldet.<br />
Weitere Viren machen von sich Reden: die Hantaviren. Sie sind weltweit<br />
verbreitet. In Europa verursachen sie leichte bis schwere Nierenerkrankungen.<br />
Die wichtigste Infektionsquelle <strong>ist</strong> in Deutschland die me<strong>ist</strong> im Wald lebende<br />
Rötelmaus. Die Viren, die sie mit Speichel und Exkrementen ausscheidet,<br />
gelangen in den Staub. Wird dieser beim Wandern oder auch durch<br />
Reinigungs- und Aufräumarbeiten in Schuppen oder auf Dachböden, wohin<br />
sich die Mäuse gelegentlich zurückziehen, aufgewirbelt, gelangen die Krankheitserreger<br />
mit dem Staub über die Atemwege in den menschlichen Körper.<br />
Die me<strong>ist</strong>en Infektionen bleiben unbemerkt oder verlaufen als fiebrige Erkrankung<br />
ohne auffällige Symptome – doch die Zahl der bekannt gewordenen<br />
Krankheitsfälle mit Nierensymptomen <strong>ist</strong> in den letzten Jahren deutlich<br />
angestiegen. Eine spezifische Therapie oder Impfung gibt es noch nicht. Der<br />
Erregernachweis <strong>ist</strong> in Deutschland seit 2001 meldepflichtig. Mit 1.687 gemeldeten<br />
Fällen gehörten Hantavirus-Infektionen im Jahr 2007 zu den fünf<br />
häufigsten meldepflichtigen Viruserkrankungen in Deutschland. Besonders<br />
im Süden und Westen Deutschlands traten Krankheitshäufungen auf, während<br />
im Norden die üblichen Einzelfälle gemeldet wurden. Die Ausbrüche<br />
gingen mit einer ausgeprägten Zunahme der Population der Rötelmaus<br />
einher. Der Virusnachweis bei vielen Rötelmäusen bestätigte einen hohen<br />
Durchseuchungsgrad.<br />
120
Weder bei der Lyme-Borreliose noch bei der FSME sind die Gründe für den<br />
beobachteten Anstieg bekannt. Sicherlich sind ein verbessertes Meldeverhalten<br />
der behandelnden Ärzte und gewachsene Aufmerksamkeit betroffener<br />
Personen bedeutsam. Es <strong>ist</strong> aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass<br />
milde Winter die Überlebenschance sowie wärmere Temperaturen und erhöhte<br />
Feuchtigkeit allgemein die Lebensbedingungen für Zecken und Wirtstiere<br />
verbessert haben könnten. So wurde zum Beispiel die Zunahme der<br />
Populationsdichte bei Rötelmäusen durch das gute Nahrungsangebot an<br />
Bucheckern im Herbst 2006 und den milden Winter 2006/2007 begünstigt.<br />
Allergische Erkrankungen nehmen immer mehr zu. Nach dem Gesundheitssurvey,<br />
der 2003/2004 vom Robert Koch-Institut durchgeführt wurde,<br />
leiden 17 Prozent der Ostdeutschen und 22 Prozent der Westdeutschen an<br />
einer Pollenallergie. Die Verlängerung der Vegetationsperiode hat sich<br />
auch auf die Pollensaison ausgewirkt und die Leidensperiode der Betroffenen<br />
ebenso verlängert. Eine Auswertung aller Pollenflugdaten der Jahre<br />
2000 bis 2007 zeigt für Deutschland, dass im Vergleich zu den vergangenen<br />
Jahren der Pollenflug heutzutage nicht nur früher auftritt (zum Beispiel<br />
Baumpollen), sondern auch länger dauert (zum Beispiel Kräuterpollen) (siehe<br />
Abbildung 7-2).<br />
121
7 KlimAwAndel - wiR tUn wAs<br />
In den letzten Jahren kam eine neue Pflanze – die beifußblättrige Ambrosia,<br />
auch Traubenkraut genannt – hinzu. Sie blüht im Spätsommer. Ihre Pollen<br />
zählen zu den stärksten Allergie-Auslösern. Sie können zu schweren heuschnupfenartigen<br />
Symptomen oder zu Asthma führen. Bei sensibilisierten<br />
Personen kann durch Berührung der Blätter eine Kontaktallergie entstehen.<br />
Gegenwärtig <strong>ist</strong> in Deutschland noch wenig über das Ausmaß der durch Ambrosia<br />
verursachten Allergien bekannt. Die Pflanze stammt aus Nordamerika<br />
und breitet sich in weiten Teilen Europas und zunehmend auch in Deutschland<br />
rasch aus. Möglicherweise stecken dahinter günstiger gewordene klimatische<br />
Bedingungen. Eingeschleppt wurde die Pflanze vorwiegend in verunreinigtem<br />
importiertem Vogelfutter. Solche eingewanderten Pflanzen<br />
werden auch als Neophyten bezeichnet.<br />
122
Eine vermehrte Belastung von Gewässern durch Blaualgen (Cyanobakterien)<br />
kann sich nachteilig auf die Trinkwassergewinnung und die Aufbereitungskosten<br />
auswirken sowie die Qualität der Badegewässer einschränken. Blaualgen<br />
bilden Toxine und Allergene, daher kann der äußerliche Kontakt mit<br />
verunreinigtem Wasser zu Hautausschlag und Bindehautentzündung führen.<br />
Wird das Wasser getrunken, so können Magen- und Darmstörungen sowie<br />
bei langandauernder Aufnahme eine Leberschädigung die Folge sein. Im<br />
Hitzesommer 2003 wurden an der Ostsee wegen vermehrter Blaualgenblüte<br />
zahlreiche Strände gesperrt.<br />
Einige bakterielle Krankheitserreger, wie zum Beispiel Salmonellen, die auf<br />
ein optimales Wachstum bei 37 Grad Celsius eingestellt sind, finden bei höheren<br />
Außentemperaturen „Brutschrankbedingungen“ vor und vermehren<br />
sich in Lebensmitteln wesentlich besser. Dies erklärt neben anderen Faktoren<br />
den beobachteten Zusammenhang zwischen erhöhter Außentemperatur und<br />
dem Anstieg der Erkrankungszahlen an häufig mit Brechdurchfall einhergehender<br />
Salmonellose beim Menschen.<br />
123
7 KlimAwAndel - wiR tUn wAs<br />
7.3 maßnahmen zum schutz der Gesundheit<br />
Um die menschliche Gesundheit zu schützen und wirtschaftliche Schäden<br />
gering zu halten, <strong>ist</strong> es dringend erforderlich, sich bereits heute auf Klimaveränderungen<br />
einzustellen. Einige Maßnahmen sind bereits etabliert, andere<br />
sind noch zu entwickeln.<br />
beispiele für bereits eingeleitete maßnahmen<br />
Die Hitzewelle 2003 wurde zum Anlass genommen, ein Hitzewarnsystem<br />
beim Deutschen Wetterdienst einzurichten (www.dwd.de/hitzewarnung). Es<br />
informiert die Bundesländer über bevorstehende Hitzeperioden, damit sich<br />
beispielsweise das Gesundheitswesen rechtzeitig durch verstärkte Bereitschaftsdienste<br />
darauf einstellen kann. Zu den besonders gefährdeten Personen<br />
gehören ältere, pflegebedürftige oder kranke Menschen sowie Säuglinge<br />
und Kleinkinder. Das Augenmerk richtet sich daher auch auf Krankenhäuser,<br />
Senioren- und Pflegeheime sowie auf Schulen und Kindertagesstätten.<br />
Das Umweltbundesamt und verschiedene Bundesländer haben zur Aufklärung<br />
der Bevölkerung Informationsmaterialien veröffentlicht. Das vom<br />
Umweltbundesamt gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst erarbeitete<br />
Hintergrundpapier „Klimawandel und Gesundheit“ beispielsweise gibt Privatpersonen<br />
Tipps und Empfehlungen für Verhaltensweisen bei Hitze oder<br />
Hitzewellen.<br />
124<br />
Was kann der Einzelne bei Hitze tun?<br />
˘ Beschränkung der Aktivität im Freien<br />
˘ Vermeidung körperlicher Anstrengungen (auch Sport)<br />
˘ Aufenthalt im Schatten<br />
˘ Ausreichende Flüssigkeitszufuhr<br />
˘ Meiden von Alkohol und sehr kalten Getränken<br />
˘ Aufenthalt in möglichst kühlen Räumen<br />
˘ Nachts und morgens lüften, Räume tagsüber mit Rollläden und Vorhängen abdunkeln
Besonders gefährdet durch die von Zecken übertragenen Infektionskrankheiten<br />
Lyme-Borreliose und FSME sind Forstarbeiter und Personen, die sich<br />
in ihrer Freizeit beim Wandern oder Pilze- und Beerensammeln in Wald-<br />
und Wiesengebieten aufhalten. Anpassungs- und Vorsorgemaßnahmen sind<br />
bisher relativ beschränkt. Tipps zur Vorbeugung gibt zentral das Robert-<br />
Koch-Institut heraus. In Hochrisikogebieten veröffentlichen auch Landes-<br />
oder Kommunalgesundheitsbehörden regelmäßig Warnungen und Verhaltensregeln.<br />
In Gebieten mit hohem FSME-Risiko gehört die Empfehlung einer<br />
Impfung dazu.<br />
Wie kann der Einzelne sich vor Zeckenstichen schützen?<br />
˘ Tragen geschlossener Kleidung<br />
˘ Nach Aufenthalt im Freien (vor allem in Gebieten, wo Zecken vermehrt vorkommen<br />
könnten) den Körper absuchen<br />
˘ Cremes oder Sprays mit Duftstoffen auf Haut und Kleidung zum Abschrecken der<br />
Zecken anwenden<br />
˘ Hinweise beachten, in welchen Gebieten und zu welchen Jahreszeiten Personen besonders<br />
gegenüber infizierten Zecken oder anderen Gliedertieren gefährdet sein<br />
können.<br />
Durch Ambrosia drohen nicht nur Gefahren für die Gesundheit, sondern<br />
auch für die Landwirtschaft (Unkraut mit erheblicher Schadenswirkung) und<br />
für den Naturschutz (Verdrängung heimischer Pflanzen). Die 2007 am Julius-Kühn-Institut<br />
eingerichtete interdisziplinäre Arbeitsgruppe untersucht<br />
die Folgen der Ausbreitung und koordiniert das bundesweite Aktionsprogramm<br />
Ambrosia. Der <strong>Gesundheitsschutz</strong> profitiert unmittelbar davon, da<br />
durch Beobachtungen auch der Pollenflug erfasst wird (mehr dazu unter<br />
www.jki.bund.de/ambrosia).<br />
125
7 KlimAwAndel - wiR tUn wAs<br />
Das Aktionsprogramm Ambrosiabekämpfung in Bayern des Bayerischen<br />
Staatsmin<strong>ist</strong>eriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sieht unter<br />
anderem vor, dass Pflanzen noch vor der Blüte zu vernichten sind, um<br />
die Pollenemissionen sowie die Ausbreitung der eingewanderten Ambrosia<br />
zu minimieren (http://www.lzg-bayern.de/aktuell_wgt.htm). Eine Maßnahme,<br />
die gegebenenfalls bundesweit Anwendung finden könnte.<br />
Wird Ambrosia im heimischen Garten entdeckt, dürfen die Pflanzen nicht<br />
über die Biotonne entsorgt werden. Um ihre weitere Verbreitung zu verhindern,<br />
sollten sie – vor der Blüte! – dem Restmüll zugeführt werden.<br />
entwicklung einer deutschen Anpassungsstrategie<br />
Die Bundesregierung hat 2005 die Entwicklung eines nationalen Konzeptes<br />
zur Anpassung an den Klimawandel, die Deutsche Anpassungsstrategie, beschlossen.<br />
Diese wird zurzeit von den Bundesmin<strong>ist</strong>erien unter der Federführung<br />
des Bundesumweltmin<strong>ist</strong>eriums und in enger Zusammenarbeit mit den<br />
Ländern erarbeitet. Unterstützung le<strong>ist</strong>et dabei das Kompetenzzentrum Klimafolgen<br />
und Anpassung (KomPass, http://www.anpassung.net).<br />
Dabei geht es unter anderem darum, klimabedingte nationale und regionale<br />
Anfälligkeiten zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zum Schutz<br />
der Menschen und der Umwelt zu erarbeiten. Diese erstrecken sich beispielsweise<br />
auf das Gesundheitswesen, den Hochwasserschutz und die <strong>Stadt</strong>- und<br />
Landschaftsplanung, für die im Folgenden beispielhaft mögliche Anpassungsmaßnahmen<br />
erläutert werden.<br />
Zur Verbesserung des <strong>Gesundheitsschutz</strong>es <strong>ist</strong> neben den bereits eingeleiteten<br />
Maßnahmen auch die Überwachung der klimabedingten Ausbreitung<br />
von Krankheiten auszubauen. Gegenwärtig fehlen Kenntnisse über Art und<br />
Verbreitung der Vektoren und Wirtstiere. Sie sind aber notwendig für Risikoanalysen<br />
und für die Ableitung von geeigneten Gegenmaßnahmen. Ein<br />
wichtiger Beitrag wird daher von einer mit Mitteln des Bundesumweltmin<strong>ist</strong>eriums<br />
durchgeführten Studie erwartet, die die Auswirkungen des Klimas<br />
auf Vorkommen und Verbreitung krankheitsübertragender Schildzecken in<br />
Deutschland untersucht. Die Ergebnisse werden voraussichtlich 2011/2012<br />
vorliegen.<br />
Jüngste Hochwasserereignisse in Deutschland und Europa haben gezeigt,<br />
dass der Hochwasserschutz verbesserungswürdig <strong>ist</strong>. Das betrifft zum Bei-<br />
126
spiel den Erhalt der Deiche oder die Erweiterung der Überschwemmungsflächen,<br />
die den Flüssen in den vergangenen Jahrhunderten durch flussnahe<br />
Eindeichungen abgeschnitten wurden.<br />
Bei der Entwicklung neuer Konzepte der <strong>Stadt</strong>- und Landschaftsplanung<br />
sollten sich Großstädte an bevorstehende Hitzewellen anpassen und für innerstädtische<br />
Frischluftzufuhr Sorge tragen, gegebenenfalls durch Frischluftschneisen<br />
oder durch Vegetationszonen, wie Parks und Grünflächen.<br />
Bei Gebäuden <strong>ist</strong> für ausreichende Isolation zu sorgen, um eine Aufheizung<br />
der Innenräume bei Hitze zu verhindern. Ansonsten könnten vermehrt<br />
Schadstoffe aus Bauprodukten und Inventar in die Raumluft ausgasen. Dem<br />
kommen die von der Energieeinsparverordnung ausgelösten Sanierungen<br />
im Hinblick auf eine verbesserte Wärmedämmung ebenso wie die in diesem<br />
Zusammenhang diskutierten lüftungstechnischen Verbesserungen entgegen<br />
(siehe Kapitel 6 „Dicke Luft“ zu Hause?).<br />
Die vorhergesagten Klimafolgen, wie auch die jüngsten Hochwasserereignisse<br />
in Europa, haben die Notwendigkeit aufgezeigt, den Handlungsschwerpunkt<br />
von der akuten Katastrophenhilfe hin zu einem langfr<strong>ist</strong>igen Risikomanagement<br />
zu verschieben. In der Arbeitsgruppe Klimawandel und<br />
Bevölkerungsschutz arbeiten seit 2007 Umweltbundesamt, Deutscher Wetterdienst,<br />
Technisches Hilfswerk und Bundesamt für Bevölkerungsschutz und<br />
Katastrophenhilfe zusammen, um für bevölkerungs- und katastrophenschutzrelevante<br />
Extremereignisse durch klimatische Veränderungen gerüstet zu sein.<br />
127
AnhAnG<br />
Glossar<br />
AgBB Ausschuss für die gesundheitliche Bewertung von Bauprodukten;<br />
1997 von der Länderarbeitsgruppe Umweltbezogener<br />
<strong>Gesundheitsschutz</strong> (LAUG) und der Arbeitsgemeinschaft<br />
der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) gegründet;<br />
Geschäftsstelle beim Y UBA<br />
AgBB-Schema Die ausführliche Bezeichnung lautet: „Vorgehensweise bei<br />
der gesundheitlichen Bewertung von flüchtigen organischen<br />
Verbindungen (VOC) aus Bauprodukten“; die Notifizierung<br />
erfolgte im Jahr 2005; es <strong>ist</strong> Bestandteil der „Grundsätze für<br />
die gesundheitliche Bewertung von Bauprodukten in Innenräumen“,<br />
die die Basis für die Zulassung von Bauprodukten<br />
durch das dafür zuständige Deutsche Institut für Bautechnik<br />
sind; zugelassene Produkte erhalten das Übereinstimmungszeichen<br />
(Ü-Zeichen) mit dem zusätzlichen Hinweis „Emissionsgeprüft<br />
nach DIBt-Grundsätzen“<br />
APUG Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit; Geschäftsstelle<br />
im Y UBA; das APUG wurde der Öffentlichkeit 1999 vom<br />
Y BMU und Y BMG vorgestellt; seit 2002 wirkt auch das Y<br />
BMELV mit; die beteiligten Bundesoberbehörden sind das<br />
Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das Bundesinstitut für<br />
Risikobewertung (Y BfR), das Robert Koch-Institut (Y RKI)<br />
und das Umweltbundesamt (Y UBA)<br />
BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Behörde<br />
im Geschäftsbereich des Bundesmin<strong>ist</strong>eriums für Arbeit<br />
und Soziales<br />
BfR Bundesinstitut für Risikobewertung; Bundesoberbehörde im<br />
Geschäftsbereich des Y BMELV<br />
Biozide Biozidhaltige Produkte sind gemäß Definition des Biozidgesetzes<br />
dazu bestimmt, auf chemischem oder biologischem<br />
Wege Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich<br />
zu machen, Schädigungen durch sie zu verhindern<br />
oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Biozide sind<br />
auch in Pflanzenschutzmitteln enthalten. Sie fallen dann in<br />
den Geltungsbereich des Pflanzenschutzgesetzes.<br />
BImSchG Bundes-Immissionsschutzgesetz, die vollständige Bezeichnung<br />
lautet „Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen<br />
durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen<br />
und ähnliche Vorgänge“ (siehe auch Y BImSchV);<br />
128
1974 verabschiedet und seither in zahlreichen Änderungen<br />
den aktuellen Erfordernissen angepasst<br />
BImSchV Bundesimmissionsschutzverordnung; in den zum Y BImSchG<br />
erlassenen Verordnungen sind unter anderem Y Grenzwerte<br />
für Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und<br />
Umwelteinwirkungen festgelegt<br />
BMG Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Gesundheit<br />
BMU Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Umwelt, Naturschutz und<br />
Reaktorsicherheit<br />
BMELV Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Verbraucherschutz<br />
BVL Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit;<br />
Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Y BMELV<br />
DDT Dichlordiphenyltrichlorethan, ein Schädlingsbekämpfungsmittel;<br />
als Pflanzenschutzmittel seit 1972 in der Bundesrepublik<br />
verboten; bis 1989 in der DDR mit Anwendungsbeschränkungen<br />
in der Landwirtschaft eingesetzt; DDT <strong>ist</strong> in der Umwelt<br />
schwer abbaubar und reichert sich in der Nahrungskette<br />
an; steht auf der L<strong>ist</strong>e der Y POPs und darf nur noch zur<br />
Malariabekämpfung verwendet werden<br />
Dioxin äquivalente Um die Giftigkeit (Toxizität) der Dioxin-PCB-Gemische einzustufen,<br />
werden den Y Dioxinen und dioxinähnlichen Y PCB<br />
von der Y WHO festgesetzte Toxizitätsäquivalentfaktoren<br />
(TEF) zugeordnet, die diese Verbindungen gemäß ihrer Toxizität<br />
einstufen. Die Toxizität des giftigsten bekannten Dioxins<br />
Y TCDD wird mit 1 bewertet. Die anderen Dioxine sind im<br />
Verhältnis zu TCDD weniger giftig und erhalten deshalb niedrigere<br />
Werte. Die in einer Lebensmittel- oder Umweltprobe<br />
gemessenen Dioxine und dioxinähnlichen PCB werden als<br />
Dioxinäquivalente (WHO-PCDD/F-TEQ und WHO-PCB-TEQ) zu<br />
einem Wert – dem Gesamt-Dioxinäquivalent (WHO-PCDD/F-<br />
PCB-TEQ) – zusammengefasst und mit WHO-TEQ abgekürzt.<br />
Dioxine Kurzbezeichnung für polychlorierte Dibenzodioxine und -furane;<br />
diese toxischen Verbindungen entstehen unbeabsichtigt<br />
beim Herstellungsprozess anderer Substanzen und bei unvollständiger<br />
Verbrennung; sie gelangen mit Abgas oder Abwasser<br />
in die Umwelt, sind schwer abbaubar und reichern sich in<br />
der Nahrungskette an (siehe auch Y TCDD); stehen auf der<br />
L<strong>ist</strong>e der Y POPs; die Giftigkeit wird in Y Dioxinäquivalenten<br />
angegeben<br />
DWD Deutscher Wetterdienst, Anstalt im Geschäftsbereich des Bundesmin<strong>ist</strong>eriums<br />
für Verkehr, Bau und <strong>Stadt</strong>entwicklung<br />
Exposition Ausgesetztsein des Organismus gegenüber in Häufigkeit und<br />
Intensität unterschiedlichen krankheitsfördernden Y Noxen<br />
(Schadstoffe, Lärm, Krankheitserreger, Strahlen)<br />
129
GlossAR<br />
EG Europäische Gemeinschaft; hat den Begriff EWG (Europäische<br />
Wirtschaftsgemeinschaft) abgelöst<br />
EU Europäische Union<br />
Europäische<br />
Kommission<br />
130<br />
Im politischen System der Europäischen Union die Exekutive<br />
und als solche für die Umsetzung der Beschlüsse von Min<strong>ist</strong>errat<br />
und Parlament zuständig<br />
Grenzwert Gesetzlich festgelegter Wert, der nicht überschritten werden<br />
darf (im Lebensmittelrecht auch als Höchstmenge oder Y<br />
Höchstgehalt bezeichnet)<br />
Höchstgehalt Gesetzlich festgelegter Wert für Umweltkontaminanten und<br />
andere unerwünschte Stoffe in Lebensmitteln; der Wert darf<br />
nicht überschritten werden (siehe auch Y Grenzwert)<br />
JKI Julius-Kühn-Institut, zusätzliche Bezeichnung für das Bundesforschungsinstitut<br />
für Kulturpflanzen im Geschäftsbereich<br />
des Y BMELV<br />
Kanzerogenität Krebserzeugende Eigenschaft eines Stoffes; nach der europäischen<br />
Y Richtlinie 67/548/EWG werden drei Kategorien<br />
unterschieden (stark gekürzte Definitionen):<br />
• Stoffe der Kategorie 1 wirken beim Menschen bekanntermaßen<br />
krebserzeugend<br />
• Stoffe der Kategorie 2 sollten für den Menschen als krebserzeugend<br />
angesehen werden, da hinreichende Anhaltspunkte<br />
aus geeigneten Tierversuchen und sonstigen relevanten Informationen<br />
bestehen<br />
• Stoffe der Kategorie 3 geben wegen möglicher krebserzeugender<br />
Wirkung beim Menschen Anlass zur Besorgnis;<br />
aus geeigneten Tierversuchen liegen einige Anhaltspunkte<br />
vor, die jedoch nicht ausreichen, um den Stoff in Kategorie 2<br />
einzustufen<br />
Kontamination Verunreinigung von Luft, Lebensmitteln oder Trinkwasser,<br />
Boden, Oberflächen- und Grundwasser mit unerwünschten<br />
Stoffen<br />
Mutagenität Erbgutverändernde Eigenschaft eines Stoffes; er kann zu<br />
vererbbaren genetischen Schäden führen; nach der europäischen<br />
Y Richtlinie 67/548/EWG werden drei Kategorien<br />
unterschieden (stark gekürzte Definitionen):<br />
• Stoffe der Kategorie 1 wirken beim Menschen bekanntermaßen<br />
erbgutverändernd<br />
• Stoffe der Kategorie 2 sollten für den Menschen als erbgutverändernd<br />
angesehen werden, da hinreichende Anhaltspunkte<br />
aus geeigneten Tierversuchen und sonstigen relevanten<br />
Informationen bestehen<br />
• Stoffe der Kategorie 3 geben wegen möglicher erbgutverändernder<br />
Wirkungen auf den Menschen Anlass zur Besorg-
nis; aus geeigneten Mutagenitätsversuchen liegen einige<br />
Anhaltspunkte vor, die jedoch nicht ausreichen, um den<br />
Stoff in Kategorie 2 einzustufen<br />
Noxe Krankheits- oder Schädigungsursache, die biologischer/<br />
mikrobiologischer, chemischer oder physikalischer (zum<br />
Beispiel Lärm) Natur sein kann<br />
PCB Polychlorierte Biphenyle, ein technisches Gemisch von<br />
Verbindungen mit unterschiedlichem Chlorierungsgrad<br />
(Kongenere); in der Vergangenheit vielseitig eingesetzter<br />
Werkstoff, der seit 1989 in Deutschland verboten <strong>ist</strong>; PCB<br />
sind in der Umwelt schwer abbaubar und reichern sich in<br />
der Nahrungskette an; stehen auf der L<strong>ist</strong>e der Y POPs;<br />
einige PCB-Kongenere verhalten sich in ihrer Giftigkeit wie<br />
Y Dioxine und werden daher als dioxinähnliche PCB bezeichnet<br />
POPs Pers<strong>ist</strong>ent Organic Pollutants; englische Bezeichnung für<br />
pers<strong>ist</strong>ente organische Schadstoffe; mit dem Stockholmer<br />
Übereinkommen, das im Mai 2004 in Kraft getreten <strong>ist</strong><br />
und von 156 Vertragsstaaten unterzeichnet wurde, werden<br />
weltweit zunächst 12 der besonders gefährlichen POPs verboten;<br />
dazu gehören eine Reihe von Pflanzenschutzmitteln,<br />
Y PCB und Y Dioxine und Furane<br />
REACH Reg<strong>ist</strong>ration, Evaluation, Authorisation and Restriction of<br />
Chemicals; englische Bezeichnung für die Reg<strong>ist</strong>rierung,<br />
Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien;<br />
es handelt sich um die EU-Chemikalienverordnung (EG) Nr.<br />
1907/2006, die am 1. Juni 2007 in Kraft getreten <strong>ist</strong> und die<br />
vorherige Chemikaliengesetzgebung in der Europäischen<br />
Union vereinfacht und verbessert<br />
Reproduktions-<br />
toxizität<br />
Fortpflanzungsgefährdende Eigenschaft eines Stoffes; nach<br />
der europäischen Richtlinie 67/548/EWG werden drei Kategorien<br />
unterschieden (stark gekürzte Definitionen):<br />
• Stoffe der Kategorie 1 beeinträchtigen beim Menschen<br />
bekanntermaßen die Fortpflanzungsfähigkeit (Fruchtbarkeit)<br />
oder sie wirken beim Menschen bekanntermaßen<br />
fruchtschädigend (entwicklungsschädigend)<br />
• Stoffe der Kategorie 2 sollten als beeinträchtigend für<br />
die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen oder fruchtschädigend<br />
für den Menschen angesehen werden, da hinreichende<br />
Anhaltspunkte aus eindeutigen tierexperimentellen<br />
Nachweisen oder sonstigen relevanten Informationen bestehen<br />
• Stoffe der Kategorie 3 geben wegen möglicher Beeinträchtigung<br />
der Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen<br />
oder wegen möglicher fruchtschädigender Wirkungen beim<br />
Menschen Anlass zu Besorgnis, da jeweils hinreichende<br />
131
GlossAR<br />
Richtlinie<br />
67/548/EWG<br />
132<br />
Anhaltspunkte für den starken Verdacht aus geeigneten Tierversuchen<br />
oder sonstigen relevanten Informationen bestehen; die<br />
Befunde reichen aber nicht für eine Einstufung des Stoffes in Kategorie<br />
2 aus<br />
Europäische Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften<br />
für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung<br />
gefährlicher Stoffe vom 27. Juni 1967; inzwischen<br />
gibt es mehrere Änderungen und Anpassungen; die derzeit<br />
letzte Fortschreibungen von Einstufungen (Stand August 2008)<br />
sind veröffentlicht in der Richtlinie 2004/73/EG der Kommission<br />
vom 29. April 2004 zur neunundzwanzigsten Anpassung der<br />
Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsund<br />
Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung<br />
und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen<br />
Fortschritt<br />
Richtwerte Haben im Unterschied zu Y Grenzwerten orientierenden Charakter;<br />
die Richtwerte für Schadstoffe in der Innenraumluft sind<br />
im Rahmen von Einzelstoffbetrachtungen toxikologisch begründet<br />
und werden von der Ad-hoc-Arbeitsgruppe aus Mitgliedern<br />
der Innenraumlufthygiene-Kommission (IRK) des Y UBA und<br />
der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Gesundheitsbehörden<br />
der Länder (AOLG) erarbeitet:<br />
• Wird der Richtwert II (RW II) erreicht oder überschritten,<br />
besteht unverzüglicher Handlungsbedarf – zum Beispiel im<br />
Hinblick auf Sanierungsentscheidungen zur Verringerung der<br />
Exposition, da diese Konzentration für empfindliche Personen<br />
bei Daueraufenthalt in den Räumen eine gesundheitliche Gefährdung<br />
darstellt<br />
• Der Richtwert I (RW I) gibt die Konzentration eines Stoffes an,<br />
bei der nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch bei lebenslanger<br />
Exposition keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu<br />
erwarten <strong>ist</strong>; eine Überschreitung <strong>ist</strong> mit einer über das übliche<br />
Maß hinausgehenden, hygienisch unerwünschten Belastung<br />
verbunden; aus Y Vorsorgegründen besteht auch im Konzentrationsbereich<br />
zwischen RW I und RW II Handlungsbedarf;<br />
der RW I wird vom RW II durch Einführen eines zusätzlichen<br />
Faktors (in der Regel 10) abgeleitet; RW I kann als Sanierungszielwert<br />
dienen, er soll nicht ausgeschöpft, sondern nach Möglichkeit<br />
unterschritten werden
RKI Robert Koch-Institut; Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich<br />
des Y BMG<br />
SVOC Semi-Volatile Organic Compounds, englische Bezeichnung<br />
für schwerflüchtige organische Verbindungen; sie haben<br />
einen höheren Siedebereich als Y VOC; SVOC (Beispiel<br />
Weichmacher) werden bei Zimmertemperatur in geringen<br />
Konzentrationen über einen längeren Zeitraum freigesetzt<br />
als VOC<br />
TCDD Tetrachlordibenzo-p-dioxin; oft auch speziell für 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin<br />
verwendet, Leitsubstanz der Y<br />
Dioxine, die zugleich am giftigsten <strong>ist</strong>; sie wurde bei der Katastrophe<br />
im italienischen Seveso 1976 freigesetzt und wird<br />
seither umgangssprachlich als „Seveso-Dioxin“ bezeichnet<br />
UBA Umweltbundesamt; Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich<br />
des Y BMU<br />
Umwelt-<br />
kontaminanten<br />
Ungewollte Verunreinigungen in Lebensmitteln, die aus<br />
dem Boden, dem Wasser oder der Luft stammen; me<strong>ist</strong> handelt<br />
es sich um Schwermetalle und „langlebige“ (pers<strong>ist</strong>ente)<br />
chlororganische Verbindungen, die zum Beispiel durch industrielle<br />
Prozesse in die Umwelt gelangen<br />
VOC Volatile Organic Compounds, englische Bezeichnung für<br />
organische Verbindungen; bei Zimmertemperatur werden<br />
sie in höheren Konzentrationen als Y SVOC freigesetzt<br />
WHO World Health Organization, englische Bezeichnung für<br />
Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen<br />
133
wichtige Adressen<br />
Weitere Informationen sind von den aufgeführten Bundesmin<strong>ist</strong>erien, Bundeseinrichtungen<br />
und unter den aufgeführten Internetadressen erhältlich.<br />
Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)<br />
Dienstsitz Bonn: Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn<br />
Telefon: 0228 99 305-0 Telefax: 0228 99 305-3225<br />
Dienstsitz Berlin: Alexanderstraße 3, 10178 Berlin<br />
Telefon: 030 18 305-0 Telefax: 030 18 305-4375<br />
Internet: www.bmu.de E-Mail: service@bmu.bund.de<br />
Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Gesundheit (BMG)<br />
Dienstsitz Bonn: Rochusstraße 1, 53123 Bonn<br />
Telefon: 0228 99 441-0 Telefax: 0228 99 305-3225<br />
Dienstsitz Berlin: Friedrichstraße 108, 10117 Berlin<br />
Telefon: 030 18 305-0 Telefax: 030 18 305-4375<br />
Internet: www.bmg.bund.de E-Mail: poststelle@bmg.bund.de<br />
Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft<br />
(BMELV)<br />
Dienstsitz Berlin: Mauerstr. 29-32, 10117 Berlin<br />
Dienstsitz Bonn: Rochusstr. 1, 53123 Bonn<br />
Telefon: 030/18529-0<br />
Internet: www.bmelv.de E-Mail: Formular im Internet<br />
Umweltbundesamt (UBA)<br />
Wörlitzer Platz 1<br />
06844 Dessau-Roßlau<br />
Telefon: 0340 2103-0 Telefax: 0340 2103-2285<br />
Internet: www.umweltbundesamt.de<br />
E-Mail: info@umweltbundesamt.de<br />
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)<br />
Thielallee 88–92<br />
14195 Berlin<br />
Telefon: 030 8412-0 Telefax: 030 8412-4741<br />
Internet: www.bfr.bund.de E-Mail: poststelle@bfr.bund.de<br />
134
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)<br />
Bundesallee 50, Gebäude 247<br />
38116 Braunschweig<br />
Telefon: 0531 21497-0 Telefax :0531 21497-299<br />
Internet: www.bvl.bund.de E-Mail: poststelle@bvl.bund.de<br />
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)<br />
Friedrich-Henkel-Weg 1-25<br />
44149 Dortmund<br />
Telefon: 0231 9071-0 Telefax: 0231 9071-2454<br />
Internet: www.baua.de E-Mail: poststelle@baua.bund.de<br />
Bundesamt für Naturschutz (BfN)<br />
Konstantinstraße 110<br />
53179 Bonn<br />
Telefon: 0228 8491-0 Telefax: 0228 8491-9999<br />
Internet: www.bfn.de E-Mail: pbox-bfn@bfn.de<br />
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)<br />
Ostmerheimer Str. 220<br />
51109 Köln<br />
Telefon: 0221 8992-0 Telefax: 0221 8992-300<br />
Internet: www.bzga.de E-Mail: poststelle@bzga.de<br />
Deutscher Wetterdienst (DWD)<br />
Frankfurter Straße 135<br />
63067 Offenbach<br />
Telefon: 069 80 62-0 Telefax: 069 80 62-4484<br />
Internet: www.dwd.de E-Mail: info@dwd.de<br />
Robert Koch-Institut (RKI)<br />
Nordufer 20<br />
13353 Berlin<br />
Telefon: 030 18754-0 Telefax: 030 18754-2328<br />
Internet: www.rki.de E-Mail: Formular im Internet<br />
135
„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen<br />
Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen …“<br />
Grundgesetz, Artikel 20 a<br />
BESTELLUNG VON PUBLIKATIONEN:<br />
Bundesmin<strong>ist</strong>erium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)<br />
Postfach 30 03 61<br />
53183 Bonn<br />
Tel.: 0228 99 305-33 55<br />
Fax: 0228 99 305-33 56<br />
E-Mail: bmu@broschuerenversand.de<br />
Internet: www.bmu.de<br />
Diese Publikation <strong>ist</strong> Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesmin<strong>ist</strong>eriums für Umwelt,<br />
Naturschutz und Reaktorsicherheit. Sie wird kostenlos abgegeben und <strong>ist</strong> nicht zum<br />
Verkauf bestimmt. Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier.