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Was Kindern nach der Trennung bleibt, sind Vater und Mutter als ...

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Der Verlust des <strong>Vater</strong>s ist nicht nur durch die Eltern verschuldet, son<strong>der</strong>n wird auch durch die Gesellschaft mitproduziert<br />

Die Sorge für das Kind wird immer noch <strong>als</strong> Sinn des mütterlichen<br />

Lebens <strong>und</strong> die finanzielle Sicherung für Kind <strong>und</strong><br />

Familie <strong>als</strong> Sinn <strong>der</strong> väterlichen Erwerbsarbeit rekonstruiert,<br />

wodurch das Bild von <strong>der</strong> geschlechtsspezifischen Rollenverteilung<br />

weiter gefestigt wird. Die Vorstellung des ›Familienernährers‹<br />

lässt sich immer noch in Gesetzen finden: Das<br />

Steuerrecht gewährt Ehepaaren Steuervorteile, <strong>der</strong>en Einkommen<br />

sehr unterschiedlich <strong>sind</strong>, weil er Vollzeit arbeitet <strong>und</strong><br />

sie nur Teilzeit o<strong>der</strong> gar nicht. Das Sozialversicherungsrecht<br />

lässt erwerbslose Ehefrauen die kostenlose Kranken- <strong>und</strong><br />

Pflegeversicherung ihrer Männer in Anspruch nehmen. Wolfgang<br />

Uchatius erläutert, dass die Hartz-Gesetze festlegen,<br />

dass »arbeitslose Frauen berufstätiger Männer keinen Anspruch<br />

auf Stellenangebote von <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit<br />

haben«, da sie mit ihren Männern Bedarfsgemeinschaften<br />

bilden. »Soll heißen: Er ernährt sie.« 108 Selbst in Tarifverträgen<br />

lässt sich diese Rollenvorstellung wie<strong>der</strong> finden, bemerkt<br />

die Sozialwissenschaftlerin Karin Tondorf. 109 Aus denselben<br />

Vorstellungen ergibt sich auch die schlechtere Bezahlung von<br />

Frauen meint Elke Holst, Ökonomin am Deutschen Institut für<br />

Wirtschaftsforschung in Berlin: »Ein Vorgesetzter, <strong>der</strong> glaubt,<br />

eine Frau habe sich in erster Linie um Haushalt <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> zu<br />

kümmern, während ein Mann die Familie ernähre, wird einer<br />

Frau immer ein niedrigeres Gehalt anbieten <strong>als</strong> einem Mann,<br />

denn sie ist in seinen Augen ja nur die Zuverdienerin.« 110<br />

Von <strong>der</strong> Partnerin getrennte Männer, die arbeitslos <strong>sind</strong>, bekommen<br />

durch das Beharren auf ihre Ernährerrolle oft das<br />

Gefühl, in ihrer ›Lebensaufgabe‹, ihre Familie zu versorgen,<br />

versagt zu haben. Diese Kombination aus materieller Not <strong>und</strong><br />

psychischer Belastung führt bei vielen fast zwangsläufig<br />

<strong>nach</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger kurzer Zeit zum Rückzug von <strong>der</strong><br />

Familie. Unterstützt <strong>und</strong> beschleunigt wird er durch Reaktionen<br />

<strong>der</strong> Umwelt, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Partnerin <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong>. »Ein<br />

<strong>Vater</strong>, <strong>der</strong> nicht zahlt <strong>und</strong> damit seine ›Hauptpflicht‹ nicht<br />

erfüllt, verwirkt seine Rechte.« 111<br />

Doch Kin<strong>der</strong> brauchen das Gefühl, dass sie ihre Beziehung<br />

zu beiden Eltern <strong>nach</strong> einer <strong>Trennung</strong> weiterhin ausreichend<br />

ausleben dürfen. Sie müssen erfahren, dass sie vom betreuenden<br />

Elternteil nicht am Kontakt zum an<strong>der</strong>en gehin<strong>der</strong>t <strong>und</strong><br />

vom an<strong>der</strong>en Elternteil nicht aufgegeben werden. Wenn Eltern<br />

lernen, ihre Sprachlosigkeit zu überwinden <strong>und</strong> die Paarebene<br />

von <strong>der</strong> Elternebene zu trennen, dann können sie über die direkte<br />

Kommunikation Fragen klären, die die Kin<strong>der</strong> betreffen,<br />

auf <strong>der</strong>en Probleme eingehen <strong>und</strong> ihnen Unterstützung bei<br />

<strong>der</strong> Bewältigung dieser Lebensverän<strong>der</strong>ung bieten. Da Kin<strong>der</strong><br />

jetzt erst recht emotional <strong>und</strong> real verfügbare Eltern benötigen,<br />

ist es von großer Bedeutung, dass Eltern trotz emotionaler<br />

Turbulenzen ihre Erziehungsfähigkeit nicht verlieren. So ist<br />

es wichtig für Kin<strong>der</strong>, dass von beiden Eltern realitätsnahe<br />

Bil<strong>der</strong> erhalten bleiben. Deshalb sollten keine Idealisierungen<br />

des einen o<strong>der</strong> Abwertungen des an<strong>der</strong>en Elternteils statt-<br />

finden. Des Weiteren brauchen Kin<strong>der</strong> klare Grenzen <strong>und</strong><br />

Regeln, altersgemäße For<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Aufgaben, die an die<br />

neue Situation angepasst <strong>sind</strong>. Ein liebevolles <strong>und</strong> verständnisvolles<br />

Eingehen auf die Kin<strong>der</strong> ist unabdingbar. 112 Es hilft<br />

<strong>Kin<strong>der</strong>n</strong> in dieser Situation sehr, wenn die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

ihrer Lebenswelt auf einen minimalen Teil beschränkt bleiben.<br />

So sollten Rituale bei Tisch o<strong>der</strong> beim Zubettgehen, die Spielsachen,<br />

<strong>der</strong> Kontakt zu Fre<strong>und</strong>en, <strong>der</strong> Tagesmutter, Kin<strong>der</strong>tageseinrichtung<br />

o<strong>der</strong> Schule, Sportverein o<strong>der</strong> Musikunterricht<br />

beibehalten werden. Ratsam wäre auch das Vermeiden eines<br />

Kin<strong>der</strong>garten- o<strong>der</strong> Schulwechsels. Es ist sinnvoll, die Kontakte<br />

zu den Großeltern o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en für das Kind bedeutsamen<br />

Personen weiterhin zu pflegen. Joop meint, dass Kin<strong>der</strong> auch<br />

»keine Fre<strong>und</strong>e o<strong>der</strong> Geschwister <strong>als</strong> Eltern wollen – die haben<br />

sie hoffentlich sowieso. Sie brauchen Eltern, mit denen sie sich<br />

auseinan<strong>der</strong>setzen können. Und: zu denen sie aufschauen <strong>und</strong><br />

welche sie respektieren können. Dafür ist es wichtig, dass<br />

Eltern ihre Probleme nicht vor den <strong>Kin<strong>der</strong>n</strong> austragen <strong>und</strong><br />

sich mit Respekt behandeln.« 113

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