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Thema: Bilingualer Politikunterricht.

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Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten<br />

Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien im Fach<br />

Politik und Wirtschaft,<br />

Verfasser:<br />

eingereicht dem Amt für Lehrerbildung<br />

-Prüfungsstelle Marburg-<br />

<strong>Thema</strong>:<br />

<strong>Bilingualer</strong> <strong>Politikunterricht</strong>.<br />

Vorteile und Probleme aus politikdidaktischer<br />

Perspektive.<br />

Jens Peter Künkel<br />

I


INHALTSVERZEICHNIS<br />

1. Einleitung 1<br />

2. Geschichte und aktuelle Situation bilingualen Sachfachunterrichts in der BRD 3<br />

3. Definitionen, Vorbemerkungen und Abgrenzungen 8<br />

4. Der Idealfall 18<br />

5. Stand der empirischen Forschung 18<br />

6. Didaktisch-theoretische Betrachtung des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s 22<br />

6.1 Politikdidaktische Zielsetzungen und Prinzipien<br />

6.1.1 Mündigkeit als Kernziel politischer Bildung 24<br />

6.1.2 Der Beutelsbacher Konsens 26<br />

6.1.3 Ein politikdidaktisches Kompetenzmodell 27<br />

6.1.4 Wissen im <strong>Politikunterricht</strong> 33<br />

6.2 Didaktik des bilingualen Sachfachunterrichts<br />

6.2.1 Zielsetzungen von bilingualem Sachfachunterricht 38<br />

6.2.2 Bi-, Multi- und Interkulturelle Kompetenz 42<br />

6.2.3 Wissen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> 45<br />

6.2.4 Vereinbarkeit von Zielen und Prinzipien 48<br />

6.3 Didaktische Überlegungen zu Sprache im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> 49<br />

6.3.1 Kommunikative Kompetenzen<br />

6.3.1.1 Lexikalische Kompetenz 54<br />

6.3.1.2 Grammatische Kompetenz 59<br />

6.3.1.3 Semantische Kompetenz, orthographische Kompetenz und Aussprache 60<br />

6.3.1.4 Soziolinguistische Kompetenzen 61<br />

6.3.1.5 Pragmatische Kompetenzen 61<br />

6.3.2 Kommunikative Sprachaktivitäten 63<br />

6.3.2.1 Produktive Sprachaktivitäten 63<br />

6.3.2.2 Rezeptive Sprachaktivitäten 65<br />

6.3.2.3 Interaktion und Mediation 70<br />

6.3.3 Genügt der GeR für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>? 71<br />

7. Emotion und sprachliche Schwächen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> 73<br />

8. Fazit 77<br />

Quellen 81<br />

Eidesstattliche Erklärung 91<br />

II


1. Einleitung<br />

<strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht ist sachfachlicher Unterricht, der zu einem bestimmten Teil in einer<br />

Fremdsprache stattfindet. Diese Unterrichtsform breitet sich seit Jahrzehnten immer weiter aus,<br />

wird aber in der Politikdidaktik bislang kaum beachtet.<br />

In der einschlägigen Literatur wird Sachfachunterricht in der Regel als Sammelbegriff verwendet,<br />

der keine Rücksicht auf die Heterogenität der Sachfächer nimmt. Dort werden häufig nur<br />

sprachliche Ziele betont, während implizit angenommen wird, das sachfachliche Lernen bleibe<br />

von den geänderten Rahmenbedingungen unberührt.<br />

Die Gleichsetzung aller Sachfächer und die sprachdidaktische Schwerpunktsetzung der Diskussion<br />

um bilingualen Sachfachunterricht können aus politikdidaktischer Sicht kaum wünschenswert<br />

sein. Die Tatsache, dass bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> anstelle des normalen <strong>Politikunterricht</strong>s<br />

stattfindet und ausdrücklich auch sachfachliche Ziele erfüllen soll, macht eine genauere<br />

Untersuchung dieser Art von Unterricht aus politikdidaktischer Sicht notwendig.<br />

Die Annahme, eine bilinguale Unterrichtskonzeption würde zu verbesserten sprachlichen<br />

Fähigkeiten führen, ohne das politische Lernen zu beeinflussen, wird in dieser Arbeit nicht geteilt.<br />

Geänderte Rahmenbedingungen im <strong>Politikunterricht</strong> dürften Auswirkungen auf die politische<br />

Bildung haben. Die zentrale Frage ist, welcher Art diese Auswirkungen sind:<br />

Welche Vorteile und welche Probleme können aus der Verwendung einer Fremdsprache als<br />

Unterrichtssprache im <strong>Politikunterricht</strong> für das politische Lernen resultieren?<br />

Um diese Frage zu beantworten werden zunächst in Kapitel 2 Geschichte und aktuelle Situation<br />

des bilingualen Sachfachunterrichts in der BRD beleuchtet, um einige Ziele des bilingualen<br />

Sachfachunterrichts und die Ausgangslage für diese Unterrichtsform besser zu verstehen.<br />

Daraufhin wird in Kapitel 3 (Definitionen, Begriffsklärungen und Vorbemerkungen) das genaue<br />

Feld der Arbeit eingegrenzt, wofür unter anderem der bilinguale Sachfachunterricht gegen den<br />

rein fremdsprachlichen Sachfachunterricht abgegrenzt wird.<br />

Letzterer stellt ein populäres Konzept dar, bei dessen konsequenter Umsetzung erhebliche<br />

Nachteile für das sachfachliche Lernen zu erwarten sind. Die Beliebtheit des fremdsprachlichen<br />

Sachfachunterrichts geht zum Teil auf utopienähnlich konstruierte Idealfälle zurück, die<br />

wiederholt propagiert und in Kapitel 4 (Der Idealfall) skizziert werden.<br />

Die dort ausgebreiteten Annahmen werden anschließend an dem aktuellen Stand der<br />

empirischen Forschung (Kapitel 5) gemessen.<br />

1


Da die Ergebnisse dieser Studien, wie gezeigt werden wird, jedoch durchaus kritisch gesehen<br />

werden können und außerdem keine umfangreichen Untersuchungen vorliegen, die sich gezielt<br />

mit dem bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> auseinandersetzen, werden die Vorteile und Probleme<br />

dieser speziellen Unterrichtsform im Folgenden aus einem didaktisch-theoretischen Blickwinkel<br />

diskutiert (Kapitel 6 Didaktisch-theoretische Diskussion des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s). Zu<br />

diesem Zweck werden zunächst möglichst konsensfähige Ziele und Prinzipien des<br />

<strong>Politikunterricht</strong>s herausgearbeitet (Kapitel 6.2 Politikdidaktische Zielsetzungen und Prinzipien),<br />

an denen sich die Zielsetzungen des bilingualen Sachfachunterrichts (Kapitel 6.3 Didaktik des<br />

bilingualen Sachfachunterrichts) messen lassen müssen und die als Richtlinie für<br />

sprachdidaktische Überlegungen für diese Unterrichtsform dienen (Kapitel 6.4 Didaktische<br />

Überlegungen zu Sprache im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>).<br />

Vor dem Fazit (Kapitel 8) werden abschließend noch zwei weitere Problemfelder angesprochen,<br />

die keinem der vorherigen Bereiche klar zugeordnet werden können. Diese möglichen<br />

Problemfelder betreffen Emotionen auf der einen und mögliche Probleme für sprachlich<br />

schwächere Schülerinnen und Schüler auf der anderen Seite (Kapitel 7).<br />

2


2. Geschichte und aktuelle Situation bilingualen Sachfachunterrichts in der BRD<br />

<strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht ist kein junges Unterrichtskonzept. Schon vor 5000 Jahren<br />

kombinierten die Akkadier fremdsprachlichen und sachfachlichen Unterricht. In der von ihnen<br />

eroberten Region des heutigen Irak sollte der eigene Nachwuchs die Sprache der Einheimischen,<br />

Sumerisch, lernen, indem diese als Unterrichtssprache in unterschiedlichen Fächern wie<br />

Theologie, Botanik oder Zoologie genutzt wurde (Mehisto et al. 2008, 9).<br />

Die ältesten Belege für fremdsprachlichen Sachfachunterricht auf dem europäischen Kontinent<br />

sind etwas jünger. Im Rom der Cäsaren war neben Latein auch Griechisch Unterrichtssprache<br />

(Amini-Renken 1999, 11). An europäischen Universitäten war später Latein primäre Lehrsprache<br />

in Jura, Medizin, Theologie, Philosophie und den Naturwissenschaften (Mehisto et al. 2008, 9). Im<br />

18. Jahrhundert wurde Latein als Sprache der Bildung schließlich von Französisch abgelöst (Amini-<br />

Renken 1999, 12), es wurde also eine andere Fremdsprache 1 als Medium zur Vermittlung<br />

fachlicher Inhalte genutzt. Reichere Familien engagierten fremdsprachig aufgewachsene<br />

Angestellte oder schickten ihre Kinder auf Privatschulen in fremdsprachlichen Ländern, damit<br />

diese durch die Kommunikation mit Muttersprachlern über unterschiedliche Themenbereiche die<br />

flüssige Anwendung der Zielsprache erlernen konnten (Mehisto et al. 2008, 9).<br />

Auffällig ist bei all diesen Beispielen, dass die Motivation für bilingualen/fremdsprachlichen<br />

Sachfachunterricht primär sprachlicher oder politischer Art war, während die Auswirkungen auf<br />

das sachfachliche Lernen eher von zweitrangiger Bedeutung gewesen zu sein scheinen. Der<br />

Ursprung des bilingualen Sachfachunterrichts in der BRD bildet keine Ausnahme. Er geht zurück<br />

auf den Élysée-Vertrag (Ministerium 2011), in dem 1963 die „wesentliche Bedeutung“ von<br />

Sprachkenntnissen für die deutsch-französische Zusammenarbeit betont und Maßnahmen<br />

gefordert wurden, „um die Zahl der deutschen Schüler, die Französisch lernen, und die der<br />

französischen Schüler, die Deutsch lernen, zu erhöhen“ (Französische Botschaft 2003, 3). Zu<br />

diesen Maßnahmen zählte auch die Einrichtung der ersten bilingualen deutsch-französischen Züge<br />

an nordrhein-westfälischen Gymnasien Anfang der siebziger Jahre (Amini-Renken 1999, 11).<br />

Offizielles Ziel war neben der Stärkung der französischen Sprache gegenüber dem Englischen die<br />

Wahrnehmung des Französischen als Partnersprache des europäischen Nachbarn zur Förderung<br />

von Verstehen und Verständigung zwischen beiden Ländern (Wegner 2011, 161) 2 . Bis in die<br />

1<br />

Der Begriff Fremdsprache wird in dieser Arbeit synonym mit dem Begriff Zweitsprache verwendet, um<br />

eine von der Muttersprache verschiedene Sprache zu beschreiben, die in einem gesteuerten Prozess<br />

erworben wird. Eine Unterscheidung zwischen Zweit-, Dritt- und Viertsprachen wird dabei nicht<br />

vorgenommen (so u.a. auch bei Ellis 1994, 11).<br />

2<br />

Mögliche Vorteile oder Probleme für das sachfachliche Lernen spielten in dieser Diskussion keine Rolle.<br />

3


1970er und 1980er Jahre war Französisch die meistverbreitete Zielsprache des bilingualen<br />

Sachfachunterrichts in Deutschland. In dieser Anfangsphase wurden bevorzugt Politik und andere<br />

sozialwissenschaftliche Fächer sowie Geographie für bilinguale Angebote gewählt, die ihre<br />

dominante Stellung im bilingualen Curriculum bis heute bewahrt haben. Was sich hingegen<br />

seitdem deutlich geändert hat, ist die dominante Zielsprache (Schocker-von Ditfurth/Müller-<br />

Hartmann 2004, 151). Mit ausgelöst durch die Verabschiedung des Vertrags von Maastricht im<br />

Jahre 1992 (Werner 2007, 21), in dem erstmals in einem EU-Vertrag Aspekte des Bildungsbereichs<br />

behandelt wurden, wurde dem Englischen als Arbeitssprache ein höherer Stellenwert zugebilligt<br />

(ebd., 21ff.). 1998 war Englisch an 250 von 366 Schulen mit bilingualen Zügen Zielsprache,<br />

Französisch an 84 (Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 151). Aus- und<br />

Fortbildungsangebote beziehen sich inzwischen ebenfalls überwiegend auf Englisch als<br />

Zielsprache (Bosenius/Donnerstag/Rohde 2007, viii). Eines der ursprünglichen Ziele, die Stärkung<br />

der französischen gegenüber der englischen Sprache im schulischen Kontext, wurde also nicht<br />

erreicht, was sicher mit der stetigen Bedeutungszunahme des Englischen als lingua franca des<br />

20sten Jahrhunderts zusammenhängt (Amini-Renken 1999, 12). Englisch hat sich zu der Sprache<br />

internationaler Konferenzen und Publikationen entwickelt und ist inzwischen auch im tertiären<br />

Bildungssektor nicht-englischsprachiger Staaten stark verbreitet (Schaller-Schwaner 2005, 74). Mit<br />

ebendieser Rolle als Sprache, die „nicht nur als Sprache der Wissenschaft und Forschung<br />

unerlässlich“ geworden zu sein scheint, werden englisch-deutsche Züge begründet, während<br />

französisch-deutsche Züge nach wie vor darauf abzielen, die „Sprache des Partners“ zu vermitteln<br />

und tiefer in dessen Kultur einzudringen (Werner 2007, 22).<br />

Die Dominanz des Englischen bedeutet jedoch nicht, dass es neben Französisch zur alleinigen<br />

Sprache in diesem Bereich geworden wäre. Im Laufe der Zeit kamen Angebote in acht weiteren<br />

Sprachen (vgl. Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 151) hinzu, und nahezu alle Fächer<br />

wurden bilingual unterrichtet (Wegner 2011, 192). Dieses vielfältiger werdende Spektrum<br />

bilingualen Sachfachunterrichts verbreitete sich in allen Bundesländern (ebd., 162) und erfasste<br />

auch nichtgymnasiale Schulformen. Seit Anfang der 90er Jahre gibt es bilinguale Züge auch an<br />

Realschulen, Hauptschulen (Amini-Renken 1999, 11) sowie an kooperativen- und integrativen<br />

Gesamtschulen 3 (Wegner 2011, 192). Inzwischen gibt es sogar Versuche, kombiniertes Sachfach-<br />

und Sprachfachlernen an Grundschulen zu etablieren (vgl. Fuchs 2005, 149ff.).<br />

3<br />

Hier insbesondere mit starkem Fokus auf Englisch als internationaler Arbeitssprache mit fachlichem<br />

Schwerpunkt Wirtschaftslehre („Bilingual Economics“/“Biconomics“), um wirtschaftliche Zusammenhänge<br />

zu erschließen und die Schülerinnen und Schüler auf das Berufsleben vorzubereiten (Wegner 2011, 184).<br />

4


Trotz der immer größeren Verbreitung bilingualer Angebote werden bilinguale Züge in den<br />

Schulstatistiken des Statistischen Bundesamtes nicht erfasst. Zwar veröffentlicht die KMK in<br />

unregelmäßigen Abständen Übersichten über die quantitative Entwicklung bilingualen<br />

Sachfachunterrichts, die jedoch schnell überholt sind, da jedes Jahr neue Schulen mit bilingualen<br />

Angeboten hinzukommen (Werner 2007, 19). Der letzte Bericht dieser Art stammt aus dem Jahr<br />

2006 (vgl. KMK 2012) und berücksichtigt weder die unterschiedlichen verwendeten Sprachen<br />

noch die Verteilung auf die Schulformen. Stattdessen werden für manche Bundesländer auch<br />

sogenannte bilinguale Module, also zeitlich kürzere Formen bilingualen Unterrichts, mit<br />

aufgelistet, die in einigen Bundesländern überhaupt nicht (vgl. KMK 2006, 14ff.) und in anderen<br />

Bundesländern nur teilweise erfasst werden, da für ihre Einrichtung keine administrative<br />

Genehmigung nötig ist (Werner 2007, 20). Ebenfalls nicht einsehbar ist die Verteilung nach<br />

Fächern. Demzufolge gibt es keine genauen Zahlen darüber, wie viele Schulen bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> anbieten. Allerdings ist bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> gemessen an der Zahl der<br />

Bundesländer, in denen diese Unterrichtsform angeboten wird, nach bilingualem Erdkunde- und<br />

Geschichtsunterricht die dritthäufigste Art bilingualen Unterrichts. Lediglich in Mecklenburg-<br />

Vorpommern und Niedersachsen gibt es keine solchen Unterrichtsangebote (vgl. KMK 2006, 17).<br />

Eine zumindest etwas genauere Übersicht wurde von Werner (2007) erarbeitet, die sich auf eine<br />

auf schriftliche Befragungen der statistischen Landesämter und der KMK beruft. Dieser Befragung<br />

zufolge verteilten sich 2005 bilinguale Züge wie folgt auf das Bundesgebiet (nach Werner 2007,<br />

26f., eigene Darstellung) 4 :<br />

Gymnasien Gesamtschulen Realschulen Grundschulen Gesamt<br />

Deutsch-Französisch 84 2 13 20 119<br />

Deutsch-Englisch 349 75 70 5 499<br />

Deutsch-Italienisch 6 2 1 12 21<br />

Deutsch-Spanisch 4 2 - 4 10<br />

Deutsch-Polnisch 2 1 - 1 4<br />

Deutsch-Türkisch - 1 - 2 3<br />

Deutsch-<br />

Niederländisch<br />

2 - 4 - 6<br />

Deutsch-<br />

Portugiesisch<br />

1 1 1 2 5<br />

Deutsch-<br />

Neugriechisch<br />

3 1 1 2 7<br />

Deutsch-Tschechisch 1 - - - 1<br />

Deutsch-Russisch 1 1 - 3 5<br />

Gesamt 453 86 90 51 680<br />

4<br />

Zusätzlich zu den genannten Zahlen gibt es inzwischen auch an einigen Haupt- und Berufsschulen<br />

bilinguale Angebote (Werner 2007, 23). Genaue Zahlen zum bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> fehlen leider auch<br />

bei Werner.<br />

5


Auch wenn hierfür noch keine bundesweiten Daten vorliegen, deuten Informationen aus<br />

einzelnen Bundesländern darauf hin, dass sich diese Zahlen bundesweit nochmals stark erhöht<br />

haben dürften.<br />

So wurden in der Zusammenstellung "Zweisprachige Bildungsangebote an hessischen Schulen"<br />

des Hessischen Kultusministeriums vom 7.9.2011 62 Gymnasien mit deutsch-englischen Zügen<br />

gezählt, was im Vergleich mit 44 solcher Züge in 2008 eine deutliche Steigerung darstellt (Machui<br />

2012). Diese zunehmende Ausbreitung von bilingualen Unterrichtsformen ist kein deutscher<br />

Sonderweg, sondern findet auch in vielen anderen europäischen Ländern statt. In den<br />

Niederlanden bieten beispielsweise über 100 Schulen bilinguale Programme an. Diese Verbreitung<br />

bilingualer Lehrangebote wird nationenübergreifend von einer breiten Front aus Eltern, Lehrern<br />

und Politik mit dem Ziel vorangetrieben, die nachwachsende Generation besser auf die<br />

Anforderungen der Zukunft vorzubereiten (Dale/van der Es/Tanner 2010, 11).<br />

Während bilingualer Sachfachunterricht in der schulischen Praxis zu einer sehr vielfältigen und<br />

weit verbreiteten Bewegung herangewachsen ist, hat die akademische Theoriebildung erst vor<br />

kurzem begonnen (Wegner 2011, 162f.). Bislang ist diese Unterrichtsform fachdidaktisch nur<br />

wenig reflektiert (Hasberg 2007, 37). Abgesehen von ersten und noch experimentellen Ansätzen<br />

existiert für den bilingualen Sachfachunterricht in Deutschland noch keine geschlossene Theorie<br />

des Lehrens und Lernens und auch die Didaktik ist bisher über „erste experimentierende Versuche<br />

noch nicht hinaus“ (Wolff, zit. nach Wegner 2011, 162). So fußt der heutige bilinguale<br />

Sachfachunterricht in der Praxis noch stark auf traditionellen didaktisch-methodischen<br />

Vorstellungen für die Sprach- und Sachfächer. Eine geschlossene Theorie für das bilinguale<br />

Konzept, das sich mit den Fragen beschäftigt, was für den bilingualen Sachfachunterricht<br />

lerntheoretisch und pädagogisch sinnvoll sowie für die Erreichung spezifischer Ziele förderlich ist,<br />

fehlt bisher (Wegner 2011, 162f.) 5 .<br />

Neben der mangelnden Theoriebildung wird auch die Lehrerausbildung in der BRD häufig kritisiert<br />

(so etwa in Barricelli/Schmieder 2007, 207). Trotz steigendem Bedarf bieten bisher nur<br />

verhältnismäßig wenige Universitäten eine speziell auf den bilingualen Sachfachunterricht<br />

zugeschnittene Lehrerausbildung an (Schocker-von Ditfurth/ Müller-Hartmann 2004, 161). Trotz<br />

zusätzlicher Fortbildungsmöglichkeiten, wie etwa dem Zusatzstudium „bilinguales Lernen“ an<br />

einigen Universitäten und an manchen Studienseminaren während der zweiten Phase der<br />

Lehrerausbildung (Ministerium 2011), kann von flächendeckenden Fortbildungsangeboten derzeit<br />

5<br />

Obwohl eine geschlossene Theorie fehlt, gibt es einige Versuche, eine eigenständige Theorie des<br />

bilingualen Sachfachunterrichts zu etablieren. Diese Ansätze wählen, wie etwa Hallets bilingual triangle,<br />

entweder einen eigenständigen Zugang aus Sicht des bilingualen Sachfachunterrichts oder schlagen<br />

Richtlinien für die erfolgreiche Kombination von Sprach- und Sachfachlernen vor (vgl. Roddert 2008, 31ff.).<br />

6


keine Rede sein. Ohne gezielte Lehrerausbildung müssen für monolingualen Unterricht<br />

ausgebildete Lehrkräfte weiterhin durch „trial and error“ lernen, wie bilingualer<br />

Sachfachunterricht gestaltet werden kann (Garcia 2009, 150). Da dieses Problem jedoch auch<br />

außerhalb Deutschlands weit verbreitet ist (ebd., 213), ist die Ausgangslage in der BRD trotz der<br />

geringen Verbreitung solcher Studiengänge im internationalen Vergleich herausragend.<br />

Anders als in den meisten anderen Lehrerausbildungssystemen weltweit werden Lehrerinnen<br />

und Lehrer in Deutschland mit dem Ziel ausgebildet, mindestens zwei Fächer unterrichten zu<br />

können. Viele wählen die Kombination von Sach-und Sprachfach 6 . Mit Ausnahme Österreichs gibt<br />

es kein anderes Lehrerausbildungssystem, das ähnliche Grundlagen für bilingualen<br />

Sachfachunterricht schafft (Garcia 2009, 213). Die gleichzeitige sprach- und sachfachdidaktische<br />

Ausbildung bilingual unterrichtender Lehrkräfte bringt außerdem einige Vorteile mit sich, die in<br />

der BRD teilweise als Voraussetzung für die Lehre im bilingualen Sachfachunterricht angesehen<br />

werden (Ministerium 2011). Diese Art der Lehrerausbildung erleichtert die Organisation<br />

bilingualer Züge im Vergleich zu vielen anderen Ländern, in denen Lehrer nur ein Fach<br />

unterrichten, erheblich (Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 152). So sinken<br />

beispielsweise bei der Einführung von bilingualen Zügen die kooperativen Anforderungen und der<br />

Arbeitsaufwand für ein Lehrerkollegium. In Systemen, in denen Lehrerinnen und Lehrer nur in<br />

einem Fach ausgebildet werden, gibt es auf Seiten der Sachfachlehrer/innen häufig Probleme bei<br />

der Begleitung von Sprachlernprozessen 7 , während es für reine Sprachfachlehrer/innen eine<br />

Schwierigkeit darstellt, sachfachliches Lernen zu unterstützen. Ohne Lehrkräfte, die sowohl über<br />

sprach- als auch sachfachdidaktische Kompetenz verfügen, erfordert die Ausarbeitung einer<br />

gemeinsamen Lehr- und Lernstrategien viel Zeit und Kraft (Mehisto et al. 2008,27).<br />

Trotz der angesprochenen besseren Ausgangslage für bilingualen Sachfachunterricht in der BRD<br />

bleiben jedoch einige Probleme bestehen, die zum Teil aus der angesprochenen Begründung für<br />

bilingualen Sachfachunterricht resultieren. Der rein sprachdidaktische Charakter der<br />

Begründungen (vgl. auch Kultusminister NRW 1988, 6) für die Einführung bilingualen<br />

Sachfachunterrichts in Kombination mit dem konstatierten Theoriedefizit lässt befürchten, dass<br />

politikdidaktische Zielsetzungen in den Hintergrund geraten. Bevor auf dieses Problem genauer<br />

eingegangen wird, müssen allerdings einige Grundbegriffe und Positionen dieser Arbeit geklärt<br />

werden.<br />

6<br />

Im Wintersemester 2007 studieren in Marburg etwa 33% der Lehramtsstudenten mit Englisch eines der<br />

Kernfächer für bilingualen Sachfachunterricht. Unter den Lehramtsstudenten Politik und Wirtschaft<br />

studierten 2007 knapp 20% Englisch als zweites Fach (Machui 2011)<br />

7<br />

Eine solche Situation ist auch aus politikdidaktischer Perspektive problematisch, da auch die Förderung<br />

politischer Mündigkeit an sprachliche Voraussetzungen geknüpft ist (vgl. etwa Kapitel 6.3 in dieser Arbeit).<br />

7


3. Definitionen, Vorbemerkungen und Abgrenzungen<br />

An vorderster Stelle ist dabei die Bezeichnung der Unterrichtsform selbst zu erklären und zu<br />

rechtfertigen. In der Internationalen Diskussion ist schließlich ein anderer Begriff, nämlich Content<br />

and Language Integrated Learning (CLIL) dominant (Mehisto et al. 2008, 9), der auch in der<br />

deutschen Diskussion immer wieder verwendet wird.<br />

CLIL umschließt über ein Dutzend unterschiedliche Programme (Garcia 2009, 209) wie zum<br />

Beispiel Immersionslernen 8 , Language Showers 9 (Mehisto et al. 2008, 12) oder auch den hier<br />

behandelten bilingualen Sachfachunterricht. Trotz einer stellenweisen synonymen Nutzung der<br />

Begriffe CLIL und bilingualer Sachfachunterricht (Lepschy/ Rohde 2007, 1) wird der Begriff CLIL im<br />

Rahmen dieser Arbeit nicht verwendet. Durch die Integration zum Teil stark unterschiedlicher<br />

Konzeptionen (Wegner 2011, 161) würde eine Diskussion der Vorteile und Probleme aus<br />

politikdidaktischer Sicht sehr unscharf. Desweiteren legt CLIL einen Schwerpunkt auf den<br />

„content“, der den „subject areas“ von Fächern entnommen werden soll (Schocker-von<br />

Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 151). Im Zuge der stärker werdenden Output-Orientierung<br />

erscheint eine so dominante Fokussierung auf die Input-Ebene nicht mehr zeitgemäß 10 , zumal sich<br />

der content von <strong>Politikunterricht</strong>, anders als in einigen naturwissenschaftlichen Fächern, nicht mit<br />

einem einzigen subject area gleichsetzen lässt. Im <strong>Politikunterricht</strong> werden zum einen neben<br />

„domänenspezifischen“ auch fachübergreifende Kompetenzen gefördert, zum anderen beziehen<br />

sich die domänenspezifischen Kompetenzen nicht auf ein subject area, sondern auf gleich<br />

mehrere Bezugsdisziplinen, die jeweils selbst nicht widerspruchsfrei, sondern von einer inneren<br />

Heterogenität gekennzeichnet sind (Sander 2011, 12).<br />

Der Begriff des bilingualen Sachfachunterrichts ist präziser und als Basis für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> als Bezeichnung angemessener als CLIL. <strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht ist<br />

Sachfachunterricht unter Einbezug einer Fremdsprache, für den die Rahmenpläne des<br />

konventionellen Sachfachunterrichts gelten (Wegner 2011, 193). Schulen können ein bilinguales<br />

Unterrichtsangebot einrichten, wenn personelle, sachliche und unterrichtsorganisatorische<br />

Voraussetzungen gegeben sind (vgl. hierzu etwa die hessischen Vorgaben in VOBGM 2005: § 19,<br />

8<br />

Der Begriff des Immersionslernens stammt aus Kanada, wo von Immersion gesprochen wird, wenn über<br />

50% des gesamten Unterrichts an einer Schule in einer L2 abgehalten werden (Lepschy/Rohde 2007, 1).<br />

Dort wurde Immersionslernen in den 1970ern von englischsprachigen Eltern gefordert, um Nachteilen<br />

gegenüber französischen Muttersprachlern vorzubeugen. Das Ziel war also ein ausschließlich sprachliches,<br />

kein sachfachliches Ziel (Mehisto et al. 2008, 12). In Deutschland findet tatsächliches Immersionslernen<br />

lediglich an sogenannten Bilingual Schools statt, in denen SuS mit unterschiedlichen Muttersprachen<br />

gemeinsam lernen (Schocker-von Dithfurth/ Müller-Hartmann 2004, 152f.).<br />

9<br />

Bei Language Showers kommen meist jüngere SuS etwa 30 bis 40 Minuten pro Tag durchgängig in Form<br />

von Spielen, Liedern und ähnlichem mit einer Fremdsprache in Kontakt.<br />

10<br />

Dass in der Fachliteratur inzwischen auch die Outputdimension stärker berücksichtigt wird(vgl. etwa<br />

Mehisto et.al. 2008, 30), ändert nichts an der reinen Inputorientierung des Begriffs selbst.<br />

8


Abs. 1, Hessisches Amtsblatt 2005, 438), wobei zwischen bilingualen Zügen und bilingualen<br />

Unterrichtsangeboten unterschieden wird (ebd.).<br />

Bilinguale Unterrichtsangebote umschließen „bilingualen Sachunterricht über einen begrenzten<br />

Zeitraum, bilinguale Unterrichtseinheiten oder die Verwendung fremdsprachlich verfasster Texte<br />

im Unterricht“ (VOBGM, §19, Abs. 4, Hessisches Amtsblatt 2005, 438) im Rahmen von<br />

Wahlpflichtkursen, Projekten oder einzelnen Unterrichtseinheiten. Diese vielfältigen<br />

Unterrichtsangebote bedürfen, anders als bilinguale Züge, nicht der Zustimmung des staatlichen<br />

Schulamts und werden statistisch nicht erfasst (Wegner 2011, 192). In dieser Arbeit werden<br />

allerdings die längerfristig angelegten bilingualen Züge diskutiert.<br />

Solchen bilingualen Zügen sollte bereits in den Jahrgangsstufen 5 und 6 ein um bis zu zwei<br />

Wochenstunden erweiterter vorbereitender Fremdsprachenunterricht vorausgehen. Ab<br />

Jahrgangsstufe 7 wird anschließend bilingualer Sachfachunterricht in mindestens einem Sachfach<br />

(Deutsch und Fremdsprachen sind nicht gestattet) genutzt, wobei die Wochenstundenzahl für das<br />

entsprechende Fach um eine Wochenstunde erhöht werden kann (VOBGM, § 19, Abs. 2,<br />

Hessisches Amtsblatt 2005, 438), um den möglicherweise langsameren Lernfortschritt zu Beginn<br />

bilingualer Züge auszugleichen (Ministerium 2011). Die Erhöhung der Wochenstundenzahl um ein<br />

Drittel ist aus Sicht der Politischen Bildung als klarer Vorteil zu sehen.<br />

Im bilingualen Sachfachunterricht soll die Zielsprache in immer stärkerem Maße als<br />

Arbeitssprache verwendet werden (Wegner 2011, 192). Dieser Formulierung lässt zunächst offen,<br />

ob eine ausschließliche Verwendung der Fremdsprache oder ein funktionales Nebeneinander von<br />

Mutter- und Fremdsprache angestrebt wird. Da beide Arrangements besondere Eigenarten<br />

aufweisen, werden im folgenden bilingualer Sachfachunterricht, also Sachfachunterricht, in dem<br />

zumindest teilweise auch anderen Sprachen als der Zielsprache Anwendung finden (Garcia 2009,<br />

6), und fremdsprachlicher Sachfachunterricht, also Sachfachunterricht mit einer fremdsprachlich-<br />

monolingualen Zielvorstellung, als getrennte Begriffe verwendet 11 .<br />

Fremdsprachlicher Sachfachunterricht, der an einer strikten Trennung von Sprachen orientiert ist<br />

und monolingual fremdsprachlichen Unterricht als Ziel angibt, hat sich stellenweise als Idealbild<br />

etabliert (Wegner 2011, 480). Durch Ideen aus dem traditionellen Fremdsprachenlernen inspiriert<br />

(Garcia 2009, 6), sollen muttersprachliche Elemente so schnell wie möglich reduziert und<br />

11<br />

Einige Autoren, die zu fremdsprachlichem Sachfachunterrichts zitiert werden, bezeichnen ihre Konzepte<br />

als bilingual, während andere trotz der Einbindung von L1-Elementen von fremdsprachlichem<br />

Sachfachunterricht sprechen. Als Kriterium für die Einordnung im Rahmen dieser Arbeit wird der Inhalt, und<br />

nicht die Selbstbezeichnung der Ansätze, herangezogen.<br />

9


schließlich ganz aus dem Unterricht verdrängt werden (vgl. etwa Mehisto et al. 2008, 105). Die<br />

ausschließliche Verwendung der Fremdsprache gilt als „Idealfall“ (Lepschy/Rohde 2007, 1).<br />

Warum diese Einsprachigkeit ideal ist und ob dies auch aus sachfachlicher oder ausschließlich aus<br />

sprachfachlicher Sicht zutrifft, wird in der Regel allerdings nicht erläutert. Stellenweise kollidiert<br />

die Forderung nach Einsprachigkeit auch mit anderen Forderungen, wie jener nach einer<br />

„zumindest funktionale[n] Zweisprachigkeit“, die ebenfalls als Ziel fremdsprachlichen<br />

Sachfachunterrichts angegeben wird (ebd.). Wie in dieser Unterrichtskonzeption beispielsweise<br />

die zentralen muttersprachlichen Termini von Fachkonzepten erworben werden sollen, obwohl im<br />

Idealfall keine Muttersprache 12 verwendet wird, bleibt ungeklärt.<br />

Anders als im fremdsprachlichen Sachfachunterricht werden im bilingualen Unterricht nur „Teile<br />

des Fachunterrichts (…) in der Fremdsprache erteilt“ (Ministerium 2011). Grundsätzlich sollte im<br />

bilingualen Sachfachunterricht vermieden werden, eine Fremdsprache in einer Form zu fördern,<br />

welche die muttersprachlichen Fähigkeiten verringert (Muir et al. 2009, 390). Dies impliziert auch<br />

außerhalb der Anfangsphase des bilingualen Sachfachunterrichts, dass die Muttersprache nicht<br />

völlig aus dem Unterricht verdrängt wird. Allerdings sollte ihr Einsatz nicht ungezielt, sondern<br />

reflektiert und mit didaktischen Intentionen geschehen (Roddert 2008, 48).<br />

Ob bilingualer oder fremdsprachlicher Sachfachunterricht als wünschenswert betrachtet wird,<br />

hängt in entscheidendem Maße von der eingenommenen Position in Bezug auf das Verhältnis von<br />

sach- und sprachfachlichem Lernen im bilingualen oder fremdsprachlichen Sachfachunterricht ab.<br />

In diesem Feld können nach Lepschy und Rohde (2007, 2) drei Grundpositionen ausgemacht<br />

werden:<br />

1. <strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht als Erweiterung des L2-Lernens<br />

2. <strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht als Fachunterricht mit anderer Arbeitssprache<br />

3. <strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht zwischen inhaltlichem und sprachlichem Lernen<br />

Die erste Position wird insbesondere von Fremdsprachenlehrerinnen- und Lehrern und von<br />

Spracherwerbsforscherinnen und – forschern eingenommen (Lepschy/Rohde 2007, 2), die mit<br />

dem durch regulären Fremdsprachenunterricht erreichbaren sprachlichen Niveau nicht zufrieden<br />

sind. Dabei wird in Kauf genommen, dass die sprachlichen Fertigkeiten von Schülerinnen und<br />

Schülern 13 für das „Bewältigen“ des sachfachlichen Unterrichts möglicherweise nicht ausreichen<br />

12<br />

Nachfolgend wird stellenweise Muttersprache mit L1 (language 1) und Fremdsprache mit L2 (language 2)<br />

abgekürzt (so etwa auch bei Ellis 1994, 12). Die Landessprache wird dabei mit der Muttersprache der<br />

Schülerinnen und Schüler gleichgesetzt. <strong>Bilingualer</strong> Unterricht, der von Schülerinnen und Schülern mit einer<br />

anderen Muttersprache besucht wird, erfordert eine gesonderte Betrachtung und wird im Rahmen dieser<br />

Arbeit nicht behandelt.<br />

13<br />

Im Folgenden mit SuS abgekürzt.<br />

10


(ebd., 5). Allerdings ist bilingualer Sachfachunterricht in erster Linie Sachfachunterricht, auch<br />

wenn sie die Sprache der unterrichtlichen Kommunikation ändert (Barricelli/Schmieder 2007,<br />

205). Aus politikdidaktischer Perspektive ist diese Position aufgrund der einseitigen Zurückstellung<br />

politikdidaktischer Unterrichtsziele hinter jene der Fremdsprachendidaktik abzulehnen.<br />

Die zweite Grundposition fokussiert die sachfachlichen Ziele und duldet die Fremdsprache<br />

lediglich als Medium. Vertreter dieser Position betonen, dass kein expliziter Sprachunterricht im<br />

bilingualen Sachfachunterricht stattfinden sollte. So sollen die sachfachlichen Ziele in Bezug auf<br />

den muttersprachlichen Kulturraum wie im regulären Sachfachunterricht erreicht werden,<br />

während „die Ziele in Bezug auf zielsprachige Kulturen und Phänomene und Gegebenheiten von<br />

kulturübergreifender und kulturunabhängiger Bedeutung die Ergebnisse des konventionellen<br />

Sachfachunterrichts“ noch übertreffen sollen (ebd.,2). Auch bei dieser Form dürften sich die<br />

fremdsprachlichen Kompetenzen von SuS, wie bei bilingualem Unterricht im allgemeinen,<br />

unabhängig von der genauen Form, angenommen, verbessern (vgl. etwa Krampitz 2007, 133f.;<br />

Zydatiß 2007b, 161). Wie ohne expliziten Sprachunterricht jedoch kommunikative Probleme im<br />

bilingualen Sachfachunterricht behoben werden sollen, bleibt bei dieser Position ungeklärt. Auch<br />

die enge Verknüpfung von Lernen, Denken und Sprache sowie die Tatsache, dass „jedes Lernen<br />

(…) auch Sprachlernen“ ist (Vollmer, zit. nach Lepschy/Rohde 2007, 3) wird von dieser Position<br />

nicht berücksichtigt. Anzunehmen, man könne die Unterrichtssprache wechseln und ansonsten<br />

mit dem Unterricht unverändert fortfahren, wie in Grundposition zwei gefordert, ist ein<br />

Trugschluss, wie später gezeigt werden wird.<br />

Aus Sicht der dritten Position, von ihren Anhängern auch als der „Dritte Weg“ bezeichnet, nutzen<br />

die vorher genannten Ausrichtungen die Potentiale des bilingualen Sachfachunterrichts nicht, da<br />

sie versuchen, Sprache und Sache künstlich voneinander zu trennen. Stattdessen kann bilingualer<br />

Sachfachunterricht beide Sichtweisen integrieren, wofür Fremdsprache und Sachfach eine<br />

gleichberechtigte Position inne haben sollten (Lepschy/Rohde 2007, 3f.).<br />

Für diese Arbeit wird eine andere, sozusagen eine vierte, Position eingenommen.<br />

Hauptaugenmerk liegt auf den politikdidaktischen Zielen, sie steht somit im Widerspruch zu der<br />

Position des Dritten Weges. Da bilingualer Sachfachunterricht während der Unterrichtszeit des<br />

Sachfachs stattfindet und es keinen Beleg für ein bilinguales Sachfacharrangement gibt, durch das<br />

die fremdsprachlichen Kompetenzen nicht steigen, ist diese Forderung nicht unverhältnismäßig.<br />

Anders als in Position zwei sollte Sprachlernen jedoch integriert werden, wo es die Erreichung von<br />

sachfachlichen Zielen stützt oder fördert. Die Sprachdidaktik wird zum Hilfsmittel für die<br />

Gestaltung eines möglichst förderlichen bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s, in dem der Schwerpunkt<br />

auf politischer Bildung liegt.<br />

11


Zusätzlich zu dem Verhältnis von Sprach- und Sachfach muss auch das Verhältnis von Mutter- und<br />

Fremdsprache geklärt werden. Wie erwähnt erfreut sich der fremdsprachliche Sachfachunterricht,<br />

gestützt durch prominente Ansätze wie dem Immersionsmodell oder dem<br />

Vehikularsprachenmodell 14 stellenweise großer Beliebtheit und ist in Theorie und Praxis weit<br />

verbreitet (Wegner 2011, 163), sodass Einsprachigkeit kein selten genanntes Ziel ist (ebd., 412). In<br />

Literatur und staatlichen Vorgaben werden Lehrkräfte dazu aufgefordert, den SuS immer wieder<br />

vor Augen zu führen, dass der durchgängige Gebrauch der L2 das Ziel ist. Weicht ein Schüler oder<br />

eine Schülerin dennoch in die L1 aus, möglicherweise sogar obwohl die Lehrperson der Meinung<br />

ist, dass er oder sie über die nötigen Kompetenzen verfügt, den Beitrag auch in der Zielsprache zu<br />

formulieren, so werden Hilfsfragen vorgeschlagen, um zu Umschreibungen in der Fremdsprache<br />

zu ermutigen (so etwa in Mehisto et al. 2008, 49). Einmal geklärte Begriffe sollten nach<br />

Vorstellung einiger Didaktiker anschließend ausschließlich in der L2 verwendet werden<br />

(Butzkamm/Caldwell 2009, 35). Es wird sogar gefordert, die muttersprachlichen Begriffe nach<br />

einmaliger Nennung als Tabu zu erklären (ebd., 36). Dieses monolinguale Dogma ist auf mehrere<br />

Faktoren zurückzuführen, die sich grob in unterrichtspraktische, traditionelle und didaktische<br />

Aspekte unterteilen lassen.<br />

Für die Praxis des bilingualen Unterrichts hat beispielsweise die empirisch überprüfte<br />

Beobachtung große Relevanz, dass die Häufigkeit, mit der eine Lehrkraft im<br />

Fremdsprachenunterricht in der Zielsprache spricht, mit der Häufigkeit mit der die SuS diese<br />

Fremdsprache selbst nutzen, korreliert (Butzkamm/Caldwell 2009, 48). Darüber hinaus kann der<br />

Einsatz muttersprachlicher Elemente, beispielsweise bei der Wiederholung von Arbeitsaufträgen<br />

in der L1, zu einer Unterforderung von SuS führen (vgl. ebd., 35). Gerade wenn die Förderung der<br />

fremdsprachlichen Kompetenz das gesetzte Hauptziel ist, sind diese Aspekte sehr wichtig. Darüber<br />

hinaus gibt es kaum bilinguale Lehrbücher. Einer der Gründe hierfür ist, dass zum Beispiel die<br />

Produktion rein anglophoner Lehrbücher lukrativer ist als die Produktion vieler unterschiedlicher,<br />

auf verschiedene Regionen zugeschnittener zweisprachiger Lehrbücher (ebd., 22).<br />

Hinzu kommen traditionelle Gründe, wie der „monolinguale Habitus“ in der bundesdeutschen<br />

Schullandschaft, nach dem reine Einsprachigkeit im mutter- wie auch im fremdsprachlichen<br />

Unterricht als wünschenswert gilt (Wegner 2011, 183). Dieser Habitus, der auch in anderen<br />

14<br />

Der kanadische Immersionsansatz wurde bereits umrissen. Das Vehikularsprachenmodell geht, stark<br />

verkürzt, von der These aus, dass Sprache lediglich ein Vehikel, ein transportierendes Medium für<br />

Informationen ist. Vor diesem Hintergrund wird vor allem auf fachliche Inhalte und authentische<br />

Kommunikation wert gelegt. Fremdsprachliche Kompetenzen sollen automatisch und unbewusst als<br />

Nebenprodukt des Unterrichts durch die kontinuierliche Verwendung der Fremd- als Arbeitssprache im<br />

Sachfachunterricht weiterentwickelt werden, und zwar besser als durch konventionellen<br />

Fremdsprachenunterricht (Wegner 2011, 163).<br />

12


Ländern verbreitet ist und stellenweise als „crippling monolingual orthodoxy“ bezeichnet wird,<br />

wird durch Schulpolitik und Lehrerausbildung gestützt (Butzkamm/Caldwell 2009, 16). Wie in<br />

vielen anderen Staaten auch, empfehlen offizielle Richtlinien in der BRD, Unterricht so<br />

monolingual wie möglich zu gestalten und bei fremdsprachlichem Unterricht die L1 nur in<br />

Notfällen hinzuzuziehen (ebd., 18). Als Folge empfinden es viele Lehrinnen und Lehrer als Verrat<br />

an ihren SuS, deren Muttersprache im Unterricht zu gebrauchen (ebd., 16). Auch die SuS haben<br />

die Idealisierung von unterrichtlicher Einsprachigkeit so sehr verinnerlicht, dass sie sich häufig<br />

nicht „trauen“, ihre L1 zu verwenden (Barricelli/Schmieder 2007, 207). Der Ursprung für diese<br />

Einstellung gegenüber der Muttersprache ist einer historischen Entwicklung geschuldet. Gegen<br />

Ende des neunzehnten Jahrhunderts war die Grammatik-Übersetzungsmethode stark verbreitet,<br />

die häufig genutzt wurde, weil Lehrkräfte nicht über ausreichende sprachliche Kompetenzen<br />

verfügten, um den Unterricht flexibel in einer Fremdsprache zu halten (ebd., 23). Aufgrund<br />

sprachlicher Mängel auf Lehrerseite wurde der Druck auf die zukünftigen Lehrkräfte erhöht, die<br />

Sprache selbst möglichst gut zu beherrschen, statt Unterricht in ihrer Muttersprache zu halten.<br />

„English-only“ became a badge of honour among EFL teachers, and MT free lessons almost a<br />

religious principle for those who were capable of teaching in this way” (Butzkamm/Caldwell 2009,<br />

24). Diese Entwicklung wurde durch einen sich selbst verstärkenden Prozess unterstützt. Die<br />

besten Lehrkräfte unterrichten in der Regel unter den besten Lehr-Lern-Voraussetzungen an<br />

ausgewählten Schulen die besten und häufig bereits älteren Klassen, an denen monolingual-<br />

fremdsprachliches Unterrichten am einfachsten ist. Mit den hoch motivierten leistungsfähigsten<br />

SuS zeigte ihr Unterricht unter diesen Ausgangsbedingungen sehr gute Ergebnisse, und die<br />

Einbindung muttersprachlicher Elemente erschien irrelevant.<br />

Eben diese Lehrkräfte, „superior practioners“, wurden in der Regel zu den „profession’s leaders“,<br />

die in der Lehrerausbildung, als Schulinspektoren, als Fachkräfte für angewandte Linguistik, als<br />

Führungskräfte in Schulaufsichtsbehörden, als Mitarbeiter an Rahmenrichtlinien, als<br />

Führungsmitglieder in Lehrerverbänden, als Fortbildungs- und Workshopleiter, als Sprecher auf<br />

Konferenzen oder als Autoren von Büchern und Fachjournalartikeln einen enormen Einfluss<br />

ausübten und ausüben. So wird das an hervorragenden Schulen und an in der Regel<br />

überdurchschnittlich leistungsfähigen SuS bewährte monolinguale Modell massiv umworben,<br />

während die Einbindung muttersprachlicher Elemente abschätzig betrachtet wird (ebd.). Diese<br />

Perspektive wird stellenweise unreflektiert auf den bilingualen Sachfachunterricht übertragen. So<br />

führen etwa Lepschy und Rohde an, muttersprachliche Elemente könnten „nicht als Hilfsmittel<br />

akzeptiert werden“, da sie aufgrund mangelnder Akzeptanz von Schülerseite einer<br />

„Bankrotterklärung“ gleichkämen. Eine Quelle für diese Behauptung wird nicht genannt (vgl.<br />

Lepschy/ Rohde 2007, 4).<br />

13


Neben unterrichtspraktischen und historisch gewachsenen Begründungsstrukturen gibt es im<br />

Kontext fremdsprachlichen Sachfachunterrichts auch eine Argumentationslinie, die sich auf die<br />

„Natural Method“ beruft. Diese entstammt dem Wunsch, einen möglichst natürlichen<br />

Fremdsprachenerwerb zu imitieren (Butzkamm/Caldwell 2009, 26), indem Fremdsprachen<br />

möglichst direkt und natürlich, das heißt ohne Umwege über die Muttersprache erlernt werden<br />

(ebd., 17). Auch im Kontext fremdsprachlichen Sachfachunterrichts wird häufig formuliert, dass<br />

Sprachlernen dort natürlicher stattfinde und die erhöhte Kontaktzeit das natürliche<br />

Fremdsprachenlernen massiv unterstütze. Doch auch wenn die Zeit, in der SuS mit einer<br />

Fremdsprache in Kontakt kommen, zentral für das Erlernen dieser Sprache ist, gehen Ansätze, die<br />

die Schaffung einer möglichst natürlichen Sprachlernumgebung fordern, von falschen Prämissen<br />

aus (ebd., 29). Kinder sind in ihrer muttersprachlichen Umgebung etwa zehn Stunden am Tag und<br />

sieben Tage pro Woche sprachlichem Input ausgesetzt, wobei ihnen stets ein oder mehrere<br />

Muttersprachler zur Verfügung stehen. SuS verbringen fünf bis sechs Stunden pro Woche im<br />

Fremdsprachenunterricht und müssen sich eine Lehrkraft teilen. Auch ist die positive Verstärkung,<br />

die Eltern ihren sprachlernenden Kindern entgegenbringen, in der Regel emotionaler und<br />

intensiver als in einem Lehrer-Schüler-Verhältnis (ebd., 30). Fremdsprachendidaktische Ansätze,<br />

die behaupten, einen natürlichen Weg analog zum Erstsprachenerwerb zu beschreiten, verfolgen<br />

ein Ziel mit unerfüllbaren Anforderungen. Damit soll nicht behauptet werden, dass ein hoher<br />

Kontakt mit der Zielsprache insbesondere aus einer sprachdidaktischen Perspektive nicht<br />

wünschenswert wäre – schließlich wird eine Sprache nicht dadurch erlernt, dass man sie nicht<br />

benutzt – aber der Versuch, ein natürliches Umfeld zu imitieren, und die damit verbundene<br />

Verbannung der L1 entbehren jeder vernünftigen Grundlage (ebd., 31). Dennoch hat die<br />

Popularität der Natural Method ihren Teil dazu beigetragen, dass die Muttersprache häufig erst<br />

dann Einzug in den Unterricht findet, wenn alle anderen Mittel gescheitert sind (ebd., 17).<br />

Ein solcher „stubborn monolingualism” kann zu unbeabsichtigten nachteiligen Effekten führen<br />

(Butzkamm/Caldwell 2009, 36). Intrinsisch motiviertes Lernen ist bei der vollständigen<br />

Verbannung der Muttersprache kaum möglich (ebd., 74), und auch unter extrinsischem Druck<br />

wechseln SuS, insbesondere in der Anfangsphase, teilweise unfreiwillig und ohne es zu bemerken<br />

in die Muttersprache. Nur durch Erfahrung und verbesserte Kompetenzen kann dies nach und<br />

nach reduziert, aber nie völlig abgeschaltet werden (ebd., 85). Die Muttersprache ist im Stillen<br />

immer präsent, selbst wenn die Lehrer-Schüler-Kommunikation ausschließlich in der Zielsprache<br />

stattfindet (ebd., 74). Sie vollständig verbannen zu wollen ist eher eine Überreaktion, denn ein<br />

didaktisch reflektiertes Handeln (ebd., 26). Durch einen dogmatischen Bann können<br />

beispielsweise Lexisfragen untergehen, während die kommunikative Qualität von<br />

Unterrichtsgesprächen leidet (ebd., 36). Wird den SuS nicht bewusst gemacht, dass es wichtiger<br />

14


ist zu kommunizieren, als durchgängig und möglichst perfekt die Fremdsprache zu benutzen, dass<br />

die Muttersprache nichts Schlimmes ist, beteiligen sich viele SuS, insbesondere in der Anfangszeit,<br />

nicht (wie bei Schocker-von Ditfurth/ Müller-Hartmann 2004, 157 beschrieben). Allerdings muss<br />

die Verwendung der L1 in jedem Fall didaktisch begründbar sein (Krechel 2005, 13).<br />

Wird diese Forderung erfüllt, bieten sich aus sprach- und sachfachlicher Sicht Vorteile, die rein<br />

fremdsprachlicher Sachfachunterricht nicht bieten kann. Einer dieser Vorteile ist die Förderung<br />

von Kompetenzen, die auf eine funktionelle Zweisprachigkeit zuführen, bei der Sprecher beliebig<br />

und flexibel zwischen beiden Sprachen wechseln können (Garcia 2009, 298). Zentrales Element<br />

einer solchen funktionellen Zweisprachigkeit ist terminologische Zweisprachigkeit, die unter<br />

anderem auch vom Nordrhein-Westfälischen Ministerium für Schule und Weiterbildung (2011)<br />

gefordert wird. In der anglophonen Diskussion spiegelt sich diese Forderung im literacy-Konzept,<br />

das in die vier Kategorien monoliteracy, receptive biliteracy , partial biliteracy und full biliteracy<br />

unterteil werden kann (Garcia 2009, 153). Monoliteracy beschreibt eine sachfachliche<br />

Einsprachigkeit, wie sie überwiegend im konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> angestrebt wird 15 und<br />

wohl auch das Resultat eines rein fremdsprachlichen Sachfachunterrichts ist.<br />

Receptive Biliteracy beschreibt eine Art von Biliteralität, durch welche die fremdsprachliche<br />

Fachsprache zwar verstanden, aber nicht selbst produziert werden kann. Im Falle von Partial<br />

Biliteracy werden zwar sowohl produktive als auch rezeptive Fähigkeiten gefördert, wobei jedoch<br />

eine muttersprachliche Kompetenz nur in einer von beiden Sprachen erwartet wird. Full Biliteracy<br />

schließlich beschreibt das wohl utopische Ziel vieler bilingualer Programme, nämlich eine<br />

muttersprachengleiche sachfachliche Ausdrucksfähigkeit in beiden Sprachen (Garcia 2009, 153).<br />

Zwar gibt es aus der Praxis viele Berichte über positive Ergebnisse bei der Verwendung bilingualer<br />

Techniken (Butzkamm/Caldwell 2009, 18), aber die Absicht, eine muttersprachengleiche<br />

politische Kommunikationskompetenz in L1 und L2 gleichermaßen zu erzielen, erscheint doch<br />

sehr hoch gesteckt.<br />

Realistisch erscheint eine Orientierung an der Partial Biliteracy. Um diese zu erreichen, ist eine<br />

bewusste Verwendung der L1 im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> „unbedingt notwendig“ (Krechel<br />

2005, 13).<br />

Die Muttersprache ist also kein reiner Störfaktor und potentielle Ursache fremdsprachlicher<br />

Fehler. Im Gegenteil ist sie eine der größten pädagogisch nutzbaren Ressourcen für den<br />

Fremdsprachenerwerb (Butzkamm/Caldwell 2009, 18) und Lernen im Allgemeinen. Auf den<br />

erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten von SuS aufzubauen, ist sinnvolle pädagogische<br />

15<br />

Auch hier gibt es jedoch Abweichungen, etwa wenn in der Analyse zwischen policy, polity und politics<br />

unterschieden- oder Smith’s Begriff der invisible hand nicht eingedeutscht wird.<br />

15


Praxis.In der Regel werden SuS jahrelang durch muttersprachlichen Input geprägt, bevor sie mit<br />

Fremdsprachen in Kontakt kommen. Dabei haben sie sich viel Wissen, auch über Sprachen,<br />

bereits angeeignet. Sie haben gelernt, ihre Welt in Konzepte zu fassen, Sprache symbolisch zu<br />

nutzen, mit anderen zu kommunizieren, ihre Stimme zu gebrauchen, um zu sprechen, haben sich<br />

ein intuitives Verständnis von Grammatik angeeignet und können lesen und schreiben. Diese, in<br />

der L1 erworbenen Kompetenzen stellen ein unersetzliches „Language Acquisition Support<br />

System“ dar (Butzkamm/Caldwell 2009, 66). Auch aus politikdidaktischer Sicht ist die L1 nicht zu<br />

unterschätzen. Wird die L1 aus dem bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> verbannt, können SuS nur noch<br />

eingeschränkt auf all jene Konzepte zurückgreifen, die sie ausschließlich in ihrer L1 erworben<br />

haben, können also ihr erworbenes Fachwissen möglicherweise in der L1, (noch) nicht aber in der<br />

L2 formulieren (Lepschy/ Rohde 2007, 4). Im fremdsprachlichen <strong>Politikunterricht</strong> besteht zudem<br />

die Gefahr, faux amis nicht zu erkennen (Butzkam/Caldwell 2009, 86). Monolingual<br />

fremdsprachlich unterrichtete SuS laufen Gefahr, Begriffe in ihrer Muttersprache falsch zu<br />

verwenden, weil sie auf Basis ihrer Kenntnisse über das Konzept und die passenden Begriffe in der<br />

Fremdsprache ähnlich erscheinende Begriffe in der Muttersprache wählen (Wegner 2011, 163).<br />

Einwände, die Einbindung muttersprachlicher Elemente senke den Anspruch zu stark und mache<br />

bilingualen Sachfachunterricht für SuS zu langweilig, sind nicht zutreffend. Tatsächlich senken<br />

muttersprachliche Hilfen für SuS den Schwierigkeitsgrad des Unterrichts nicht, da sie<br />

fremdsprachliche Kommunikation auf hohem Niveau erlauben, statt sie immer wieder zu<br />

unterbrechen oder gar vollständig zu unterbinden (Butzkamm/Caldwell 2009, 38).<br />

So kann die L1 beispielsweise eingesetzt werden, „wenn die fremdsprachliche Kompetenz<br />

besonders bei komplexeren, abstrakteren Zusammenhängen nicht ausreicht“, SuS partiell durch<br />

das sprachliche Niveau überfordert sind, mangelnde Präzision zu befürchten ist oder der<br />

Zeitaufwand für fremdsprachliche Erklärungen zu hoch wäre (Krechel 2005, 13).<br />

Eine bilinguale Unterrichtsgestaltung hilft jedoch nicht nur auf diesem Wege, Probleme, die aus<br />

der Verwendung der Fremdsprache für das sachfachliche Lernen resultieren, abzuschwächen,<br />

sondern kann durchaus auch für die politische Bildung Vorteile gegenüber einem monolingual<br />

muttersprachlichen Unterricht haben.<br />

Politische Bildung sollte sich auch mit pluralen Auffassungen über Begriffe und ebenso über „das<br />

Politische“ selbst auseinandersetzen (Hedtke 2011, 60). Eine solche Auseinandersetzung kann<br />

gewinnen, wenn sie sich nicht auf den muttersprachlichen Rahmen beschränkt. So kann der Blick<br />

auf Auffassungen und Begriffe des Politischen geschärft werden, wenn der Gebrauch von<br />

Begriffen wie zum Beispiel Kommunismus im deutschsprachigen Raum mit dem Gebrauch in der<br />

politischen Diskussion in den USA (etwa im Kontext der Health-Care Reform Obamas) verglichen<br />

16


wird. Abgesehen von der gelegentlichen Einstreuung muttersprachlicher Elemente in den<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>, können einige Sachverhalte auch im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

ausschließlich in der L1 diskutiert werden. Das Grundgesetz und das politische System<br />

Deutschlands in Grundzügen zu begreifen kann wichtig für die politische Mündigkeit von SuS<br />

sein 16 . Eine Auseinandersetzung mit diesen Bereichen in der Fremdsprache wäre künstlich, die<br />

Übersetzung des Grundgesetzes vor einer Auseinandersetzung stellenweise problematisch – denn<br />

Übersetzungen sind (beispielsweise nach Bühler 2002) immer auch Interpretationen. Wer nur<br />

bereits interpretierte Texte nutzt, gebraucht seinen Verstand streng genommen nicht ohne<br />

Leitung eines anderen.<br />

Dieser Problematik trägt das Nordrhein-Westfälische Ministerium für Schule und Weiterbildung<br />

(2011) in seinen Ausführungen Rechnung, wenn dort festgestellt wird, es könne<br />

„Unterrichtsphasen geben, die den bewussten Einsatz deutschsprachiger Unterrichtsmaterialien<br />

und auch Deutsch als Arbeitssprache verlangen.“ Auch dieser Aspekt sollte in Bezug auf den<br />

populären und weit verbreiteten Ausspruch „So viel in der Partnersprache wie möglich, so viel in<br />

der Muttersprache wie nötig“ (Mäsch zit. nach Wegner 2011, 163) beachtet werden. Er wird im<br />

Kontext dieser Arbeit so interpretiert, dass die Einbindung muttersprachlicher Elemente immer<br />

dann erfolgen sollte, wenn sachfachliche Ziele und Prinzipien durch eine monolingual-<br />

fremdsprachliche Ausrichtung gefährdet würden. Positiv formuliert wird angenommen, dass eine<br />

„planvolle Mitbenutzung der Muttersprache“ (Butzkamm 2005, zit. nach Wegner 2011, 163) dem<br />

Erreichen politikdidaktischer Zielsetzungen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> förderlich ist.<br />

Die genaue Unterrichtsform, die im Rahmen dieser Arbeit diskutiert wird, ist also bilingualer<br />

Sachfachunterricht im Rahmen bilingualer Züge. Im Gegensatz zum fremdsprachlichen<br />

Sachfachunterricht ist er tatsächlich bilingual, bindet also auch Elemente der L1 ein. Der<br />

Schwerpunkt liegt auf der Erfüllung sachfachlicher Ziele wobei allerdings die Sprache nicht als<br />

störender Nebenkriegsschauplatz, sondern als wichtige Ressource betrachtet wird.<br />

Dementsprechend werden sprachdidaktische Überlegungen mit aufgenommen. Aus<br />

sachfachlicher Perspektive unbedingt positiv ist zudem die zusätzliche Unterrichtszeit. Wenn die<br />

Wochenstundenzahl im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> um eine Stunde erhöht wird, ist dies bei zwei<br />

bis drei Wochenstunden als Ausgangslage zeitlich immerhin ein Viertel bis ein Drittel mehr<br />

Unterrichtszeit für den <strong>Politikunterricht</strong>.<br />

16<br />

Hier besteht in der Tat eine Gefahr, entsprechende Kenntnisse nicht zu vermitteln und somit die<br />

Entwicklung politischer Mündigkeit zu behindern.<br />

Aus dem bilingualen Geschichtsunterricht diagnostizieren sich einige SuS Defizite bezüglich ihrer Kenntnisse<br />

über die Geschichte ihres eigenen Landes (Barricelli/Schmieder 2007, 123).<br />

17


4. Der Idealfall<br />

Unabhängig davon, ob diese spezielle oder eine andere Variante bilingualen Sachfachunterrichts<br />

oder CLIL diskutiert wird, bekommt der Leser bei manchen Abhandlungen den Eindruck, eine<br />

Utopie vor sich zu haben. <strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht wird teilweise als „euphorisch<br />

kommentiert“ (Barricelli/Schmieder 2007, 205) und als überlegene Unterrichtsform beschrieben,<br />

die gegenüber dem konventionellen Unterricht zahlreiche Vor-, aber keinerlei Nachteile aufweist.<br />

So findet sich häufig die Aussage, dass die sachfachlichen Leistungen von bilingual unterrichteten<br />

SuS denen im muttersprachlichen Sachfachunterricht „mindestens entsprechen“ (Wegner 2011,<br />

163). Aus fremdsprachlicher Perspektive wird es als Gewinn betrachtet, dass die Zielsprache im<br />

Unterricht zu tatsächlichen kommunikativen Zwecken und nicht nur künstlich gezielt zum<br />

Sprachlernen verwendet wird. Die Sprachumgebung wird so natürlicher (Gass/Selinker 2008, 3).<br />

Sobald die Lernenden anfangen, sich selbstbewusst in der Zielsprache auszudrücken, so die<br />

Annahme, verbessern sich lexikalische und grammatikalische Kompetenzen von selbst (Schocker-<br />

von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 157). Dabei könnten metalinguistische Kompetenzen, die<br />

Fähigkeit zur bewussten und reflektierten Sprachnutzung, automatisch mitgefördert werden. Bei<br />

bilingual aufwachsenden Kindern ist in der Tat zu beobachten, dass sie bessere sprachanalytische<br />

Fähigkeiten entwickeln als monolingual aufwachsende Kinder – ein Effekt, den man sich auch für<br />

den bilingualen Sachfachunterricht erhofft (Garcia 2009, 95). Träte dieser Effekt ein hätte dies<br />

auch positive Auswirkungen auf Bereiche wie Analyse- oder Diskurskompetenz, die für die<br />

politische Bildung von großer Bedeutung sind.<br />

Zusammengefasst verbreiten radikale Befürworter bilingualen Sachfachunterrichts die Position,<br />

bilingualer Sachfachunterricht fördere die fremdsprachlichen Kompetenzen von SuS, während die<br />

sachfachlichen Ziele problemlos erreicht werden und manchmal sogar die Leistungen von<br />

monolingual-muttersprachlich unterrichteten SuS hinter sich lassen. In der Tat gibt es Studien, die<br />

dies zu belegen scheinen.<br />

5. Stand der empirischen Forschung<br />

Obwohl der bilinguale Sachfachunterricht erst in den letzten Jahren in den Blick der empirischen<br />

Bildungsforschung geraten ist (Breidbach/Viebrock 2007, 111; Fehling 2007, 51) und es in<br />

Deutschland bisher nur wenige größere Studien über dieses Unterrichtsarrangement gibt, scheint<br />

der aktuelle Stand der empirischen Forschung zu bilingualem Sachfachunterricht die utopischen<br />

18


Hoffnungen zu bestätigen. Im Folgenden werden diese Ergebnisse hauptsächlich anhand von drei<br />

Studien, nämlich dem Kieler Projekt Immersion und bilingualer Unterricht, dem DGF-Projekt<br />

Fachlernen und (Fremd-) Sprachlichkeit bei bilingualen und monolingualen Lernern:<br />

aufgabenbasierte Kognition, Kooperation, Kommunikation und DEZIBEL (Deutsch-Englische Züge<br />

in Berlin) diskutiert. Trotz unterschiedlicher Designs und Forschungsschwerpunkte kamen alle<br />

dieser Studien zu positiven Beurteilungen.<br />

In dem seit Beginn der 1990er Jahre unter Leitung von Henning Wode bestehenden Kieler Projekt<br />

Immersion und bilingualer Unterricht wurde der Schwerpunkt auf die Erforschung der<br />

Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Modelle bilingualen Sachfachunterrichts gelegt. Das<br />

Hauptaugenmerk des Projekts lag auf der Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit der SuS in<br />

der Fremdsprache, und tatsächlich wurden in Ergebnissen mündlicher Tests im 7. Und 10.<br />

Jahrgang in den Bereichen Lexikon, Syntax und Diskurs Leistungszuwächse festgestellt. SuS<br />

monolingualer Vergleichsklassen verfügten über einen weniger umfangreichen und<br />

differenzierten Wortschatz, während SuS aus bilingualen Zügen in Syntaxanalysen<br />

Leistungszuwächse bei der Produktion einfacher und komplexer Sätze zeigten (Wegner 2011,<br />

195). Solche positiven Auswirkungen im fremdsprachlichen Bereich werden inzwischen teilweise<br />

schon als selbstverständlich angesehen. So konstatierte etwa auch die DESI-Studie 17 bilingual<br />

unterrichteten SuS „einen sehr deutlichen Kompetenzvorsprung in allen Bereichen“ (Hallet 2007,<br />

31).<br />

Auch die DEZIBEL-Studie von 2007, ein vergleichendes schul- und sachfachübergreifendes<br />

Evaluationsprojekt zum bilingualen Sachfachunterricht in der zweiten Hälfte des 10. Schuljahres<br />

an drei Berliner Gymnasien, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. 50-60% der untersuchten<br />

bilingual unterrichteten SuS verfügen über höchstsignifikant bessere linguistische und<br />

kommunikative Kompetenzen als die SuS der Regelklassen (Zydatiß 2007a, 228). Ihre mündliche<br />

Sprachkompetenz in dialogischer und monologischer Sprachproduktion waren weiter entwickelt<br />

und ihre Artikulationen flüssiger und lexikalisch differenzierter als jene der Regelschüler/-innen<br />

(ebd., 272). Ebenfalls getestet wurde die sachfachliche akademische Text- und Diskurskompetenz,<br />

wobei die Regelschüler Tests in deutscher Sprache erhielten. Auch hier wurden signifikante<br />

Unterschiede in den Bereichen Leseverstehen bei Sachtexten, der Auswertung sachrelevanter<br />

Materialien, Textinterpretation- und Produktion, Verständnis und Anwendung von Fachbegriffen<br />

festgestellt. In der Hälfte der Teil- und Unterskalen wurden den bilingual unterrichteten SuS<br />

bessere Fähigkeiten bescheinigt. Zusammengefasst kommt DEZIBEL zu dem Ergebnis, dass<br />

17 DESI steht für Deutsch-Englische Schülerleistungen International und befasste sich mit rezeptiven und<br />

produktiven Kompetenzen in Deutsch und Englisch (DIPF 2011).<br />

19


ilingual unterrichtete SuS nicht hinter die sachfachrelevante muttersprachliche<br />

Diskurskompetenz von Regelschülern zurückfallen und dass sachfachbezogene Leistungen beider<br />

Gruppen vergleichbar sind (ebd., 376ff.).<br />

Auch laut dem DGF-Projekt Fachlernen und (Fremd-)Sprachlichkeit bei bilingualen und<br />

monolingualen Lernern: aufgabenbasierte Kognition, Kooperation, Kommunikation erzielen SuS<br />

trotz Fremdsprachengebrauchs vergleichbare Leistungen im Bereich sachfachlichen Wissens, der<br />

Diskursfähigkeit und der Methodenkompetenz wie Regelschüler. Sprachliche Unsicherheiten<br />

scheinen durch eine tiefere semantische Verarbeitung und höhere mentale Flexibilität<br />

ausgeglichen zu werden, die auf einem stärkeren Reflektieren über die eigenen Aussagen im<br />

bilingualen Sachfachunterricht zurückzuführen sein könnten (Wegner 2011, 198).<br />

Zwar zeigen sich im Bereich der akademischen Sprache und in der „Strukturierung<br />

fachspezifischer Antworten“ Schwächen, doch sind diese auch bei den Regelschüler/-innen zu<br />

beobachten. Aussagen sind häufig wenig präzise, wenig differenziert und an Alltagsvorstellungen<br />

und Alltagssprache gekoppelt. Mono- und bilingual unterrichtete SuS scheitern mehr oder<br />

weniger, wenn es um „neue Herausforderungen und unbekannte Formen des Vergleichs<br />

verschiedener Informationsquellen“ geht (Wegner 2011, 198). Trotz dieser gemeinsamen<br />

Schwierigkeiten wurden für die bilingual unterrichteten SuS bessere Leistungen in den Bereichen<br />

Lexikon, Syntax und Diskurs festgestellt. Sie verfügten über einen umfangreicheren,<br />

differenzierteren Wortschatz und demonstrierten Leistungsvorsprünge bei der Produktion<br />

einfacher und komplexer Sätze, zeigten eine höhere linguistische und kommunikative Kompetenz<br />

in dialogischer und monologischer Sprachproduktion sowie flüssigeren und differenzierteren<br />

mündlichen Ausdruck, ein besseres binationales/bikulturelles Verständnis und knüpften mehr<br />

internationale Kontakte als Regelschüler. Dabei erlitten sie keine Nachteile in den Bereichen<br />

sachfachliches Wissen, Diskurskompetenz und Methodenkompetenz (ebd., 204).<br />

In Bezug auf die sachfachlichen Leistungen kommen auch Studien aus dem nicht-<br />

deutschsprachigen Raum zu ähnlichen Ergebnissen. Stellenweise scheinen die sachfachlichen<br />

Fähigkeiten sogar besser zu sein als jene der monolingual unterrichteten SuS (Muir et al. 2009,<br />

391). Diese positiven Ergebnisse werden auf eine Förderung des metalinguistischen Bewusstseins<br />

(Mehisto et al. 2008, 391) und aus der Verwendung mehrerer Sprachen im Unterricht<br />

resultierender kognitiver Vorteile (Muir et al. 2009, 391) zurückgeführt. <strong>Bilingualer</strong><br />

Sachfachunterricht scheint die Fähigkeiten von SuS zu verbessern, Sprache zu analysieren,<br />

passende Worte zu wählen, diese dem Inhalt ihrer Aussage anzupassen und zu überprüfen, ob die<br />

Botschaft in der Form, wie vom Sender intendiert, vom Empfänger aufgenommen wird. Auch<br />

20


scheinen ihre Fähigkeiten zur Bedeutungserschließung aus Kontexten ebenso stärker ausgeprägt<br />

zu sein wie ihre allgemeinen Sprachkompetenzen (Mehisto et al. 2008, 20).<br />

Allerdings bezieht sich keine dieser Studien auf die politische Bildung. Für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> liegen „bislang weder fächerübergreifende noch fachspezifische empirische<br />

Studien“ (Wegner 2011, 204), sondern lediglich eine Einzelstundenanalyse durch Frauke Hübner,<br />

Tilmann Grammes und Andrea Stork sowie eine qualitative Untersuchung von zwei bilingual<br />

unterrichteten Klassen der Jahrgangsstufen 7 und 9 durch Anke Wegner (2011) vor. Dieser<br />

Stundenanalyse zufolge ist nicht festzustellen, dass das politisch-historische Lernen zugunsten von<br />

sprachfachlichem Lernen in den Hintergrund tritt oder die Komplexität von Darstellungen oder<br />

Beurteilungen reduziert wird. Zudem sei ein Ausschluss von SuS mit geringerer fremdsprachlicher<br />

Kompetenz nicht zu beobachten gewesen. Die beobachtete Beteiligung wurde als ausgewogen,<br />

differenziert, ausführlich und auf fachlich hohem Niveau eingeschätzt (Wegner 2011, 204). Diese<br />

Aussagen stellen allerdings Pionierarbeit dar, die keine verallgemeinerbaren Schlüsse zulässt. Die<br />

empirische Erforschung bilingualen Lernens und Lehrens steht noch am Anfang (ebd., 207).<br />

So gibt es beispielsweise bislang keine empirischen Untersuchungen, die sich mit der Frage<br />

beschäftigen, ob sachfachspezifische Kompetenzen von bilingual unterrichteten SuS gegenüber<br />

anderen SuS in Regelzügen leiden, oder nicht (Osterhage 2007, 41) 18 .<br />

Abgesehen von bislang fehlenden Untersuchungen zu bilingualem <strong>Politikunterricht</strong> und der<br />

Entwicklung von sachfachlichen Kompetenzen gibt es einen weiteren Grund, angesichts der oben<br />

genannten Studienergebnisse nicht in blinde Euphorie zu verfallen, denn der Einfluss von<br />

Drittfaktoren auf die Ergebnisse dürfte nicht zu unterschätzen sein.<br />

Der verstärkte Fremdsprachenunterricht im Vorfeld bilingualer Züge spielt bei der Entwicklung der<br />

stärkeren sprachlichen Kompetenzen bilingual unterrichteter SuS eine wichtige Rolle (Zydatiß<br />

2007b, 170). Diese zählen zudem häufig zu den Jahrgangsbesten, obwohl in Studien bestätigt<br />

wurde, dass diese Unterrichtsform nicht nur für Ausnahmeschüler geeignet ist (Mehisto et al.<br />

2008, 23). Durch die weit verbreitete Praxis, nur die besten SuS für den bilingualen<br />

Sachfachunterricht auszuwählen, besteht die Gefahr von massiven Fehleinschätzungen. Wenn die<br />

leistungsstärksten SuS in einem Kurs zusammengefasst werden, müssen bessere Leistungen nicht<br />

ausschließlich mit der Art des Unterrichts in diesem Kurs zusammenhängen (Wegner 2011, 196) 19 .<br />

In der Regel sind SuS aus bilingualen Zügen auch in den anderen Fächern besser als andere SuS<br />

und zeichnen sich, unter anderem, durch ein überdurchschnittliches Interesse und Engagement<br />

18<br />

Eine Ausnahme bildet die DEZIBEL-Studie, die zumindest sachfachbezogene Diskurskompetenzen<br />

untersucht (Zydatiß 2007a, 273ff.), sich aber nicht mit bilingualem <strong>Politikunterricht</strong> beschäftigt.<br />

19<br />

Fehling (2007, 59f.) macht beispielsweise darauf aufmerksam, dass bessere Leistungen der bilingual<br />

unterrichteten SuS bereits zu Beginn des bilingualen Unterrichts festzustellen sind.<br />

21


aus. Dieses Umfeld wirkt auch für bilingual unterrichtende Lehrkräfte motivierend<br />

(Caspari/Werner/Zydatiß 2007, 226). „Lernzuwächse im kognitiven Bereich“ sind nicht nur auf<br />

bilingualen Sachfachunterricht zurückzuführen, „sondern vor allem auch auf die<br />

Ausgangsbedingungen im Bereich der personalen Faktoren“ (Fehling 2007, 60).<br />

Abgesehen davon könnten einige Vorteile von bilingualem Sachfachunterricht, wie etwa bessere<br />

globale Sprachkompetenz oder besseres Leseverstehen auch auf die im Vergleich zu Regelklassen<br />

erhöhte Unterrichtszeit für den bilingualen Sachfachunterricht und in den fremdsprachlichen<br />

Vorbereitungskursen zurückzuführen sein (Wegner 2011, 196).<br />

Die extrem positiven empirischen Ergebnisse können also stellenweise angezweifelt werden. Es ist<br />

möglich, dass bilingualer Sachfachunterricht zahlreiche Vorteile hat, doch empirisch eindeutig<br />

belegt sind die Ergebnisse nicht. Da eine klare Einschätzung des bilingualen Sachfachunterrichts<br />

über empirische Erhebungen derzeit nicht möglich ist, scheint eine theoretische<br />

Herangehensweise an das Themenfeld bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s angebracht.<br />

6. Didaktisch-theoretische Betrachtung des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s<br />

Eine theoretische Herangehensweise an das Themenfeld bilingualen Sachfachunterrichts steht vor<br />

dem Problem, dass die didaktische Reflexion und Diskussion derzeit häufig von wenig<br />

differenzierten und ungenau ausgeführten Zielvorstellungen geprägt ist (Wegner 2011, 212), was<br />

damit zusammenhängen mag, dass die Theorieentwicklung in Bezug auf die Integration<br />

sprachlicher und sachfachlicher Bildung erst wenige Jahre alt ist. Gerade zu Beginn wurden dabei<br />

fast ausschließlich sprachfachliche Schwerpunkte gesetzt, während sachfachliche Aspekte<br />

weitgehend ausgeblendet wurden (ebd., 195). Erschwerend kommt hinzu, dass in dieser Debatte<br />

(Sach-)Fachdidaktik in der Regel als „Kollektivsingular“ verwendet wird. Ob bilingualer<br />

Mathematik-, Biologie-, Musik- oder <strong>Politikunterricht</strong> stattfindet, sollte in den didaktischen<br />

Überlegungen allerdings durchaus eine Rolle spielen. Für jedes Sachfach muss ein eigenes<br />

Integrationskonzept erarbeitet werden (Hasberg 2007, 55), da allgemeine Konzeptionen aus Sicht<br />

der einzelnen Fachdidaktiken unbefriedigend bleiben.<br />

Auch die neuentwickelten Bildungsstandards bieten hier keine Hilfe an. Weder die<br />

sprachfachlichen, noch die sachfachlichen Standards weisen einen Bezug zu fremdsprachlicher<br />

Bildung im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> auf. Viele Kompetenzen, die im bilingualen<br />

Sachfachunterricht entwickelt werden, sind in Bildungsstandards „weder abgebildet noch<br />

verlangt“ (Hallet 2007, 17). Wird bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> doch erwähnt, findet dies eher am<br />

22


Rande statt. So etwa im hessischen Kerncurriculum für Politik und Wirtschaft, wo ihm, inklusive<br />

Definition sowie einem kurzen Hinweis, welche Materialien zu verwenden seien, lediglich sieben<br />

Zeilen gewidmet werden. An speziellen Zielsetzungen wird lediglich genannt, bilingualer<br />

<strong>Politikunterricht</strong> solle auf den „fachsprachlichen Diskurs mit Menschen aus anderen Ländern“<br />

vorbereiten (vgl. HKM 2011b, 14).<br />

Aufgrund dieser Mangelsituation bleibt es die anspruchsvolle Aufgabe der Praktiker,<br />

sachfachliche, sprachfachliche und lernkompetenzbezogene Ziele miteinander zu verknüpfen. Im<br />

Kern steht dabei das Bemühen, die Qualität des Sachfachs unter keinen Umständen unter zu<br />

schwach ausgeprägten sprachlichen Kompetenzen leiden zu lassen. Um diesem Anspruch gerecht<br />

werden zu können, ist es entscheidend, aus den sprach- und sachfachlichen Zielsetzungen eine<br />

Quintessenz herauszuarbeiten und auf Nichtessentielles zu verzichten (Mehisto et al. 2008, 102).<br />

Da bilingualer Sachfachunterricht, wie gezeigt werden wird, komplexere Ziele 20 verfolgt, als<br />

einsprachiger Sachfachunterricht, kann bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> ohne eine solche Fokussierung<br />

schnell überfrachtet werden.<br />

Die Diskussion der Verknüpfung von sprach- und sachfachlichen Zielsetzungen miteinander und<br />

mit Zielsetzungen des bilingualen Sachfachunterrichts wird vor diesem Hintergrund wie folgt<br />

aufgebaut: Zunächst wird versucht, die Quintessenz, das heißt die zentralen Aspekte<br />

politikdidaktischer Ziele und Prinzipien herauszuarbeiten. Da in der Literatur zum bilingualen<br />

Sachfachunterricht grundsätzlich angenommen und gefordert wird, dass die sachfachlichen Ziele<br />

erreicht werden sollen (vgl. Wegner 2011, 156; Ministerium 2011; Kultusminister NRW 1988, 64),<br />

ist es logisch für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> zunächst die sachfachlichen Kernziele und -<br />

prinzipien zu erarbeiten. Unterbleibt dies, läuft bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> Gefahr, in<br />

inhaltsleeren Begriffen wie etwa dem „PoWi-Ansatz“ (aus einem Lehrerinterview in Wegner<br />

2011, 457) zu verharren. Ohne benannte Kernziele ist es zudem nicht möglich, Ziele des<br />

bilingualen Sachfachunterrichts daraufhin zu überprüfen, ob sie sachfachliche Zielsetzungen<br />

unterstützen, additiv neben ihnen stehen, oder ihre Erreichung behindern können. Diese<br />

notwendige Analyse erfolgt im Anschluss an das Unterkapitel zu politikdidaktischen Zielen und<br />

Prinzipien.<br />

Eine separate Analyse sprachdidaktischer Ziele wird nicht als nötig erachtet, da die Sprachdidaktik<br />

die Entwicklung bilingualen Sachfachunterrichts über weite Strecken dominiert und<br />

20<br />

„Komplex“ meint hier, dass zusätzliche Zielsetzungen zu den Zielsetzungen des konventionellen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> hinzukommen und zudem einige Faktoren berücksichtigt werden müssen, die im<br />

konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> nicht vorkommen und aus der Verwendung einer weiteren<br />

Unterrichtssprache resultieren.<br />

23


sprachdidaktische Zielsetzungen bereits in den Zielen vorhanden sind, die in der Diskussion um<br />

bilingualen Sachfachunterricht formuliert werden (Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004,<br />

155). Stattdessen werden sprachfachliche Ansätze 21 instrumentalisiert und als Hilfsmittel zur<br />

Erreichung der zuvor formulierten Ziele bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s diskutiert.<br />

6.1 Politikdidaktische Zielsetzungen und Prinzipien<br />

6.1.1 Mündigkeit als Kernziel politischer Bildung<br />

Die Ziele von bilingualem <strong>Politikunterricht</strong> sind, wie alle Ziele von Bildungsprozessen, durch<br />

historische Kontexte und Ideologien geprägt. Bildungsziele sind daher „in ihrer konkreten Gestalt<br />

immer Ergebnis gesellschaftlicher Entscheidungen und sozialer Machtlagen“. Schule wird aus<br />

einer an Bildungszielen orientierten Perspektive als ein Ort betrachtet, an dem die<br />

nachwachsende Generation bestimmte Normen, Ziele, Haltungen und Fähigkeiten erwerben soll,<br />

die für die Gesellschaft wünschenswert erscheinen (Bundesministerium 2003, 58). Laut Artikel 1<br />

des Grundgesetzes der Bundesrepublik bildet die Würde des Menschen das Fundament der<br />

demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung der BRD. Freiheit, also die Möglichkeit, ein<br />

selbstbestimmtes Leben zu führen (Breit/Weißeno 2004, 50), an Gesellschaft, Politik und Kultur<br />

sowie an der Gestaltung der eigenen Lebensumwelt teilhaben zu können (Bundesministerium<br />

2003, 63) und seine Persönlichkeit frei zu entfalten, ist wesentlicher Bestandteil der menschlichen<br />

Würde (Breit/Weißeno 2004, 50). Mündigkeit ist die Voraussetzung von Freiheit (ebd., 51) und<br />

das Ziel von schulischer Bildung im Allgemeinen (Breit/Frech 2004, XIV), wobei die politische<br />

Bildung gezielt politische Mündigkeit anstrebt (Breit 2007, 22). Zwar wird politische Mündigkeit<br />

nicht nur durch die politische Bildung gefördert und kann als eine der zentralen Aufgaben von<br />

Schule und Unterricht insgesamt angesehen werden (Wegner 2007, 29), doch wird sie im<br />

<strong>Politikunterricht</strong> als zentrales Bildungsziel angestrebt. Für das Individuum ist politische<br />

Mündigkeit die Voraussetzung für erfolgreiche Partizipation. Für eine demokratische Gesellschaft<br />

ist die politische Mündigkeit ihrer Bürger für den Erhalt und die Weiterentwicklung des politischen<br />

Systems unerlässlich (GPJE 2004, 9). Ohne eine große Zahl politisch mündiger und<br />

interventionsfähiger Bürgerinnen und Bürger ist eine stabile funktionierende Demokratie nicht<br />

möglich (Breit/Frech 2004, XIV).<br />

21 Genutzt werden hier insbesondere Ansätze aus der Didaktik des Englischunterrichts sowie der<br />

gemeinsame europäische Referenzrahmen für Fremdsprachen (GeR).<br />

24


Die Förderung der politischen Mündigkeit ist somit der Beitrag der Politischen Bildung zur<br />

allgemeinen Bildung von SuS (Besand et al. 2011a, 163). Politische Bildung richtet sich also direkt<br />

gegen Unmündigkeit und verfolgt somit eine aufklärerische Zielsetzung.<br />

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.<br />

Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu<br />

bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am<br />

Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne<br />

Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eignen<br />

Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung“ (Kant 1784, 481).<br />

<strong>Politikunterricht</strong> sollte die SuS mittels des Erwerbs von Fähigkeiten und Wissen dazu befähigen,<br />

selbstständig politisch zu denken und zu handeln (Breit/Weißeno 2004, 51), sollte also ihren<br />

politischen „Verstand“ schulen. Würde allerdings nur der politische Verstand geschult, ohne dass<br />

sich SuS in den politischen Prozess einbringen, hätte <strong>Politikunterricht</strong> lediglich den Übergang von<br />

einer unverschuldeten in eine selbstverschuldete Unmündigkeit erreicht.<br />

Diese Problemlage, die Auseinandersetzung mit der Frage, wann die selbstverschuldete<br />

Unmündigkeit überwunden ist, führte zu der Herausbildung unterschiedlicher Bürgerleitbilder in<br />

der politischen Bildung. Mit den Leitbildern des Aktivbürgers, des reflektierenden Zuschauers und<br />

des interventionsfähigen Bürgers lassen sich drei Grundkonzepte herausstellen. Das Ideal des<br />

Aktivbürgers zielt auf eine dauerhafte aktive Beteiligung an politischen Prozessen ab, die über die<br />

Beteiligung an Wahlen hinausgeht. Abgesehen von Berufspolitikern oder führenden Mitgliedern<br />

von sozialen Bewegungen und Interessengruppen erreichen jedoch nur die wenigsten Bürger<br />

dieses Idealbild. Eine weniger anspruchsvolle Zielsetzung ist der reflektierende Zuschauer, der das<br />

politische Geschehen kritisch verfolgt. Das dritte Leitbild, der interventionsfähige Bürger, ist ein<br />

hybrides Leitbild. Es ist eine Art reflektierender Zuschauer, der jedoch in der Lage ist zu<br />

intervenieren, wenn er dies als notwendig erachtet (Breit/Weißeno 2004, 52f.). Im Rahmen dieser<br />

Arbeit wird dieses dritte Bürgerleitbild angenommen – wobei SuS die Wahl bleibt, in welcher<br />

Form sie ihre Bürgerrolle später wahrnehmen. Ihnen vorzuschreiben, in welcher Art und Weise sie<br />

ihre Bürgerrolle wahrzunehmen hätten, wäre nichts anderes als eine Einschränkung ihrer<br />

Mündigkeit.<br />

Der Versuch, die Förderung der politischen Mündigkeit einzuschränken, würde auch dann<br />

unternommen, wenn das Kernziel politischer Mündigkeit zugunsten anderer Ziele, etwa der<br />

Vermittlung von in der Arbeitswelt besonders gefragten Kenntnissen und Fähigkeiten wie zum<br />

Beispiel höherer Fremdsprachenkompetenz, aufgegeben würde. SuS besser auf ihr späteres<br />

25


Berufsleben vorzubereiten, ist zwar wünschenswert, doch wiegt aus Sicht der politischen Bildung<br />

das Ziel politischer Mündigkeit schwerer als die optimale Nutzbarmachung von Nachwuchskräften<br />

(Breit/ Frech 2004, XIV). An bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> muss also die Frage gerichtet werden, ob<br />

diese Form von Unterricht Vorteile oder Probleme für die Entwicklung von politischer Mündigkeit<br />

schafft.<br />

Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst geklärt werden, wie politische Mündigkeit durch<br />

Politikdidaktik gefördert werden soll. Dabei gibt es nicht nur eine einzige richtige Antwort,<br />

sondern eine „hohe Variabilität von Vorgehensweisen und Lernmodellen“ (Reinhardt 2011, 155).<br />

Die im Folgenden dargestellten Ansätze stellen größtenteils eine Option unter vielen dar, wobei<br />

nach Möglichkeit Konsensmodelle kombiniert wurden, die stellenweise in der Politikdidaktik<br />

existieren. Als unumstrittener Konsens in der Politikdidaktik kann insbesondere der Beutelsbacher<br />

Konsens bezeichnet werden.<br />

6.1.2 Der Beutelsbacher Konsens<br />

Der Beutelsbacher Konsens ist in der Politikdidaktik ähnlich unumstritten wie das Leitziel der<br />

politischen Mündigkeit (GPJE 2004, 12). Jeder angehende Politiklehrer und jede angehende<br />

Politiklehrerin lernt ihn im Laufe von Studium und Referendariat kennen (Breit 2007, 28). Er soll<br />

sicherstellen, dass SuS als Menschen angesehen werden, denen Gelegenheit zu<br />

selbstbestimmtem politischem Denken und Handeln zusteht, statt als, nach staatlichen Vorgaben<br />

zu beeinflussende, Objekte betrachtet zu werden (Breit/Frech 2004, XIV). Der Konsens besteht<br />

aus drei Prinzipien, mit deren Hilfe Güte und Qualität von Bildungsprozessen beurteilt werden<br />

können (Besand 2011, 134).<br />

1. Überwältigungsverbot. SuS dürfen nicht zu Lasten der Gewinnung selbstständiger Urteile<br />

manipuliert werden. Indoktrination hindert SuS an der Entwicklung ihrer Mündigkeit und ist<br />

mit der Lehrerrolle in einer demokratischen Gesellschaft unvereinbar (Breit 2007, 21).<br />

Neben dem Verbot, selbst zu indoktrinieren, müssen Lehrerinnen und Lehrer auch<br />

verhindern, dass „Druckausübung von außen“ stattfindet, um eine bestimmte Position<br />

durchzusetzen (ebd., 28).<br />

2. Kontroversitätsgebot. Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im<br />

Unterricht kontrovers behandelt werden.<br />

3. Schülerorientierung. SuS sollen dazu befähigt werden, ihre Interessen in politische Abläufe<br />

einzubringen und ihre eigene politische Situation und Interessenlage zu analysieren (Besand<br />

2011, 134).<br />

26


SuS sollen eigene Meinungen und Interessen entwickeln und gegenüber anderen SuS und dem<br />

Lehrer oder der Lehrerin verteidigen können. Eine faire und respektvolle Atmosphäre, in der nach<br />

Möglichkeit „auch die schüchternen bzw. weniger redegewandten Unterrichtsteilnehmer zu Wort<br />

kommen und ernst genommen werden“, ist hierfür unerlässlich (Breit 2007 22f.).<br />

Der Beutelsbacher Konsens beeinflusst nahezu alle Bereiche des <strong>Politikunterricht</strong>s, so etwa die<br />

Wahl passender Medien und Methoden (Besand 2011, 134). Auch für den Wissenserwerb in der<br />

politischen Bildung lassen Vorgaben ableiten. Würden lediglich Kenntnisse vermittelt und als<br />

alternativlose Wahrheiten dargestellt, wäre der Konsens verletzt. Gleiches geschähe, wenn „alle<br />

möglichen Inhalte…, nur nicht Politik“ (Breit 2007, 28) behandelt würden.<br />

Letztlich beinhaltet der Beutelsbacher Konsens auch Leitlinien für die Ausgestaltung von<br />

Kompetenzmodellen, die politische Analyse-, Urteils- und Handlungskompetenzen beinhalten<br />

sollten, um ihm zu entsprechen (ebd., 22f.). Ein solches Modell wird nun folgend diskutiert.<br />

6.1.3 Ein politikdidaktisches Kompetenzmodell<br />

Die Entwicklung von Kompetenzmodellen wurde durch Reaktionen auf das relativ schlechte<br />

Abschneiden Deutschlands bei TIMSS 22 und PISA 23 angestoßen, die in Didaktik und Schulpolitik<br />

eine Wende weg von der Inputorientierung hin zu einer stärkeren Outputorientierung auslösten.<br />

„Outputs“ beschreiben im schulischen Kontext neben der Vergabe von Zertifikaten auch<br />

“Kompetenzen, Qualifikationen, Wissensstrukturen, Einstellungen, Werthaltungen – also (…)<br />

Persönlichkeitsmerkmale“, die als Basis „für ein lebenslanges Lernen zur persönlichen<br />

Weiterentwicklung und gesellschaftlichen Beteiligung“ dienen sollen (Bundesministerium 2003,<br />

12). Im Zuge dieser Wende wandten sich allgemeine Didaktik und Politikdidaktik verstärkt<br />

Bildungsstandards zu (Sander 2011, 9), in denen Kompetenzmodelle 24 beschrieben<br />

(Bundesministerium 2003, 24) und Bildungsziele konkretisiert werden sollen (Weißeno 2007,<br />

176). Diese Modelle sollen die Frage beantworten, welche Kompetenzen zur Erreichung von<br />

22<br />

Die, in der BRD erstmals 1995 durchgeführte, „Trends in International Mathematics and Science Study“ ist<br />

ein Schulleistungsvergleich in naturwissenschaftlichen und mathematischen Fächern (Max-Planck-<br />

Gesellschaft 2007).<br />

23<br />

Das „Programme for International Student Assessment“ wird seit dem Jahr 2000 alle drei Jahre<br />

durchgeführt und untersucht Leistungen, Lernmotivation, Selbsteinschätzungen und Lernstrategien von 15jährigen<br />

SuS. Erfasst werden Lese-, naturwissenschaftliche und mathematische Kompetenz (OECD 2012).<br />

24<br />

In der Praxis wird mit den Begriffen „Kompetenz“ und „Kompetenzmodell“ „recht unterschiedlich und<br />

unsicher“ umgegangen. Über die Frage, welche Bereiche als Kompetenzen, als Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

oder als Schlüsselqualifikationen zu bezeichnen sind, herrscht Streit (Bundesministerium 2003, 134). Die<br />

hier getroffenen Aussagen und Definitionen stellen lediglich Beispiele einer speziellen Auffassung von<br />

diesen Bereichen ohne Anspruch auf universelle Gültigkeit dar.<br />

27


Bildungszielen erworben werden müssen und wie diese geordnet werden können (ebd, 21), um<br />

eine Orientierung an den Lernprozessen und Lernergebnissen von SuS zu erleichtern.<br />

Die derzeit existierenden bildungstheoretisch begründeten (ebd., 175ff.) Kompetenzmodelle<br />

weisen zum Teil stark unterschiedliche Grundkonzeptionen auf (Vollmer 2008, 35) und bieten<br />

vielfältige Antworten auf die Frage, was „Kompetenzorientierung für Theorie und Praxis der<br />

politischen Bildung“ bedeuten kann und soll (Autorengruppe 2011b, 7). Diese Vielfalt deutet auf<br />

zahlreiche ungeklärte Fragen, unterschiedliche Perspektiven und verdeckte Konflikte hin, etwa<br />

darüber, ob sich die Fachdidaktiken erziehungs- oder fachwissenschaftlich orientieren, wie die<br />

Gewichtung zwischen pädagogischer Freiheit und Kontrolle gesetzt werden oder welches<br />

Leistungsverständnis als Maßstab gesehen werden soll (Sander 2011, 9).<br />

Bereits in der Frage, welcher Kompetenzbegriff verwendet werden soll, besteht in einigen Details<br />

Uneinigkeit. Allerdings herrscht Konsens darüber, dass Kompetenzen grundsätzlich eine<br />

Verbindung zwischen Wissen und Können 25 herstellen, zur Bewältigung von Situationen und<br />

Aufgaben dienen (Bundesministerium 2003, 74) und dass es für die Erarbeitung eines<br />

Kompetenzmodells der Bestimmung der „Kernideen der Fächer“ bedarf, zu denen „grundlegende<br />

Begriffsvorstellungen (…), die damit verbundenen Denkoperationen (…), Verfahren und (…)<br />

Grundlagenwissen“ gehören (ebd., 26). Für <strong>Politikunterricht</strong> sollte demzufolge politische<br />

Mündigkeit als Hauptbildungsziel durch ein Kompetenzmodell angestrebt werden, das auf die<br />

zentralen Aspekte politischer Bildung in der Schule fokussiert ist. Ein Kompetenzmodell mit eben<br />

diesem Anspruch wurde in den „Anforderungen an Nationale Bildungsstandards für den<br />

Fachunterricht in der Politischen Bildung an Schulen“ der Gesellschaft für Politikdidaktik und<br />

politische Jugend- und Erwachsenenbildung (GPJE 2004) präsentiert. Dieses Modell beruft sich<br />

ausdrücklich auf die im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Bildung erarbeitete<br />

Klieme-Expertise (GPJE 2004, 7), die als Konsensvorschlag konzipiert wurde (Sander 2011, 9).<br />

Allerdings werden im GPJE-Modell zahlreiche Aspekte der Klieme-Expertise modifiziert, was zu<br />

begrüßen ist, da die Arbeitsergebnisse dieser Expertise teilweise von praktisch-politischen<br />

Überlegungen geleitet wurden, die viele nicht-zwingende Entscheidungen begünstigten (ebd., 10).<br />

Der GPJE-Entwurf ist ein Versuch, sich dem Kern des politikdidaktischen Diskurses so weit wie<br />

möglich anzunähern, um ein konsensfähiges Modell zu erarbeiten (Sander 2011, 18). Er<br />

verwendet einen umfassenden Politikbegriff, der sich auf die Regelung von grundlegenden Fragen<br />

und Problemen in Politik im engeren Sinne, Wirtschaft, Recht und gesellschaftlichem<br />

Zusammenleben bezieht (GPJE 2004, 10). Die einzelnen Bereiche werden dabei als<br />

25<br />

Bestrebungen, „Fachwissen“ als eigenen Kompetenzbereich zu etablieren, werden im Rahmen dieser<br />

Arbeit nicht berücksichtigt. Kompetenzen verknüpfen immer Wissen und Können (Sander 2011, 21).<br />

28


zusammenhängend betrachtet und in ihren wechselseitigen Verhältnissen untersucht (ebd., 11).<br />

Passend zu einem Politikbegriff, der mehrere interdependente Bereiche umschließt, wird<br />

<strong>Politikunterricht</strong> in zweifacher Hinsicht als fächerübergreifendes Gebiet verstanden. Zum einen<br />

bezieht er sich auf mehrere akademische Disziplinen, zum anderen sollen im <strong>Politikunterricht</strong> die<br />

Beiträge anderer Fächer für die Politische Bildung zusammengefügt, systematisiert und<br />

weitergeführt werden (ebd., 9). Neben diesen die Fachgrenzen überschreitenden Faktoren hat<br />

auch die außerschulische Lebenswelt von SuS einen erheblichen Einfluss auf ihre politische<br />

Bildung. SuS haben bereits politische Einstellungen, Deutungsmuster und Wissen zu<br />

unterschiedlichsten Problemen erworben, bevor diese im <strong>Politikunterricht</strong> thematisiert werden<br />

(ebd., 13). Die nötigen Kompetenzzuwächse können nicht allein in der Schule erworben werden<br />

(Detjen 2007, 436). Das Kompetenzmodell der GPJE fasst die erworbenen Fähigkeiten von SuS in<br />

drei Kompetenzbereichen zusammen, nämlich politische Urteilsfähigkeit, politische<br />

Handlungsfähigkeit und methodische Fähigkeiten, die in wechselseitigen Zusammenhängen<br />

stehen. Hinzu kommt konzeptuelles Deutungswissen, das die Kompetenzbereiche durchdringt<br />

(GPJE 2004, 13). Das GPJE-Modell dient im Folgenden als Basis, wird aber in zwei Punkten<br />

modifiziert. Dies betrifft den Bereich des Wissens, der durch konzeptuelles Deutungswissen nur<br />

unvollständig abgebildet ist 26 , sowie die drei Kompetenzbereiche des GPJE-Entwurfs, die um einen<br />

vierten Kompetenzbereich, die Analysekompetenz, ergänzt werden.<br />

Damit soll nicht ausgedrückt werden, dass die Kompetenzbereiche des GPJE-Entwurfs nicht mit<br />

dem „bisherigen Konsens im Fach“ kompatibel wären. Der Entwurf umfasst alle von der<br />

Autorengruppe Fachdidaktik genannten und im Beutelsbacher Konsens implizierten zentralen<br />

Kompetenzbereiche, nämlich die „des politischen Analysierens, Urteilens und Handelns“<br />

(Autorengruppe 2011a, 164). Allerdings werden Analysieren und Urteilen in politischer<br />

Urteilsfähigkeit zusammengefasst, obwohl die GPJE selbst Unterschiede zwischen beiden<br />

Aspekten sieht (vgl. GPJE 2004, 13) 27 . Einem Verständnis folgend, wie es sich unter anderem auch<br />

im hessischen Kerncurriculum 28 für Politik und Wirtschaft findet (vgl. HKM 2011b, 15ff.), werden<br />

im Rahmen dieser Arbeit Analysekompetenz und Urteilskompetenz als voneinander zu<br />

26<br />

Konzeptuelles Deutungswissen ist nur ein Teilbereich von politischem Deutungswissen (vgl.Kapitel 6.1.4).<br />

27<br />

Die Trennung von politischer Analyse und politischem Urteil wird in den Beschreibungen zu politischer<br />

Urteilsfähigkeit beschrieben. Als Ziel der Kompetenzentwicklung der politischen Urteilsfähigkeit wird dort<br />

genannt, „Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden und den Sachverhalt strukturiert<br />

wiedergeben zu können sowie das Urteil auf eine politische Analyse zu gründen“ (GPJE 2004, 13).<br />

28<br />

Der Begriff des „Kerncurriculums“ ist nicht eindeutig normiert (Bundesministerium 2003, 94). Er<br />

überlappt und ergänzt sich mit dem Begriff der Bildungsstandards. Kerncurricula werden zum Teil als<br />

stärker inputorientiert, Bildungsstandards eher outputorientiert eingeschätzt. Ihren Schnittbereich bilden<br />

die bildungstheoretischen Leitideen und Kompetenzmodelle (ebd. 2003, 95).<br />

29


unterscheidende Kompetenzbereiche verstanden, die zwar miteinander und mit den anderen<br />

Kompetenzbereichen eng verknüpft, aber nicht identisch sind.<br />

Analysekompetenz beschreibt die Fähigkeit, problemorientierte Fragen zu stellen, von denen aus<br />

Teilaspekte eines Sachverhalts identifiziert und mit fachlichem Vorwissen verknüpft werden.<br />

Dabei werden Beschreibungen und Sachverhalte auf der einen sowie Meinungen, Wertungen,<br />

legitimierende Begründungen und Argumentationen auf der anderen Seite unterschieden und auf<br />

ihre sachliche Richtigkeit hin überprüft. Unterschiedliche Perspektiven müssen erkannt und auf<br />

unterschiedliche Interessen und Einflussmöglichkeiten auf den politischen, wirtschaftlichen und<br />

gesellschaftlichen Prozess hin analysiert werden. Hierbei sind fachspezifische Begriffe korrekt<br />

anzuwenden. Darüber hinaus betrifft Analysekompetenz die Fähigkeit, Ursachen<br />

gesellschaftspolitischer Phänomene herauszuarbeiten und zu unterscheiden (HKM 2011b, 16).<br />

Auf Basis der Analyse eines Problems werden mögliche Positionierungen überdacht und geprüft,<br />

bevor ein Urteil gefällt wird. Für diesen Entscheidungsfindungsprozess ist die Urteilskompetenz<br />

essentiell, deren Förderung zu den zentralen Zielen der politischen Bildung gehört (Juchler 2005,<br />

63ff.). Eine urteilskompetente Person kann zwischen politischer Zweckrationalität/Effizienz und<br />

politischer Wertrationalität/Legitimität unterscheiden und auf Basis einer so strukturierten<br />

Reflexion politische Sach- und Werturteile fällen. Sachurteile geben die Ergebnisse einer<br />

politischen Analyse möglichst strukturiert wieder, sind in ihrer Begründung differenziert und auf<br />

sozialwissenschaftliche Deutungsmuster und Theorien bezogen, wohingegen in qualitativ-<br />

normativen Werturteilen Fragen, Ereignisse und Probleme aus einer ethisch-moralischen<br />

Perspektive beurteilt werden. Sach- und Werturteile sind häufig miteinander verknüpft und<br />

beinhalten Handlungs- oder Unterlassungsaufforderungen (GPJE 2004, 15 f.). Eine<br />

urteilskompetente Person sollte sich dabei dessen bewusst sein, dass alle Urteile unter den<br />

Bedingungen unvollständigen Wissens gefällt werden (Sander 2011, 24).<br />

Kompetenzzuwächse im Bereich politischer Urteilskompetenz können unter Berücksichtigung des<br />

Beutelsbacher Konsenses lediglich in Bezug auf formale Anforderungen wie die Komplexität der<br />

Argumentation oder innere Widerspruchsfreiheit beurteilt werden. Die Beurteilung darf sich aber<br />

nicht auf die inhaltliche Dimension beziehen (GPJE 2004, 15), da bei politischen Urteilen<br />

„subjektive Deutungen und Bedeutungszuschreibungen eine Rolle [spielen], die in abstrakten und<br />

normativen Modellen keine echte Berücksichtigung finden können“ (Wegner 2011, 154).<br />

Allerdings werden in der politikdidaktischen Konzeption häufig nur zwei Kriterien für Urteile als<br />

legitim erachtet, nämlich effizente/zweckrationale, und legitime/wertrationale Urteile<br />

(Breit/Weißeno 2004, 25). Auffällig an dieser Position ist, dass die Terminologie aus Max Webers<br />

30


Handlungstheorie genutzt wird, wobei jedoch zwei von vier Handlungsarten des Modells<br />

ausgespart bleiben. Affektuelle, also rein auf aktuellen Gefühlslagen beruhende, sowie<br />

traditionale, also rein auf Gewohnheit beruhende, Urteile (vgl. Weber 2002, 673) stellen demnach<br />

aus politikdidaktischer Sicht kein zufriedenstellendes Ergebnis dar. Allerdings ist zu<br />

berücksichtigen, dass dieses Modell nur eine mögliche Kategorisierung darstellt. „Präferentielle<br />

Rationalität und Wohlergehen“, die von Henkenborg (1997, 113f.) als mögliche Urteilskategorien<br />

genannt werden, beinhaltet die Orientierung an dem „was für den einzelnen vorzuziehen ist,<br />

welche Art des Lebens für ihn am besten ist“ (Sell, zit. nach Henkenborg 1997, 113), worunter<br />

durchaus auch traditionale Begründungsmuster fallen können. Das Verbot von Minaretten in der<br />

Schweiz wäre mit einer solchen präferentiellen Begründung rational, wenn aus individueller<br />

Perspektive Kirchtürme, nicht aber muslimische Minarette erwünscht sind.<br />

Auch Übergang von wertrationalen und affektuellen Urteilen ist fließend (Weber 2002, 674),<br />

weswegen Urteile mit emotionaler Komponente nicht zu vorschnell abgelehnt werden sollten.<br />

Kompetenzentwicklung im Bereich politischer Urteilskompetenz sollte zu einer verstärkt zweck-<br />

und wertrationalen Urteilsfindung führen, bei der affektuelle und traditionale Urteile stärker<br />

reflektiert und hinterfragt werden um irrationale Urteilen zu überwinden (vgl. Knütter 1991, 30).<br />

Hierbei knüpft politische Bildung an die bereits existierenden politischen Urteilen von SuS an und<br />

konfrontiert sie mit unterschiedlichen Perspektiven, sozialwissenschaftlichen Theorien und<br />

Forschungsergebnissen. So sollen individuelle politische Urteile differenzierter und in ihrer<br />

Begründung komplexer werden (GPJE 2004, 15f.). Die Entwicklung politischer Urteilskompetenz<br />

erfolgt dabei nicht linear. Sie kann nicht durch einen instruktionsorientierten und auf Tests<br />

ausgerichteten Unterricht gefördert werden (Sander 2011, 24).<br />

Politische Handlungsfähigkeit/politische Handlungskompetenz bezieht sich als dritter<br />

Kompetenzbereich auf „praktische Fähigkeiten (…), die für die Teilnahme an der politischen<br />

Öffentlichkeit sowie für eine aktive selbstbewusste Teilnahme am Wirtschaftsleben und für<br />

sicheres Auftreten in unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen erforderlich sind“ (GPJE 2004,<br />

17). Politische Handlungskompetenz schließt viele Felder mit ein, so etwa das Formulieren von<br />

Ideen, Konzeptentwicklung, Planungsfähigkeiten oder organisatorische Fähigkeiten (Detjen 2007,<br />

436). Ohne Bürger mit politischer Handlungskompetenz ist eine lebendige Demokratie nicht<br />

möglich, da nur politisch handlungsfähige Menschen an der politischen Öffentlichkeit teilnehmen<br />

können. Politische Handlungsfähigkeit ist eng mit Wissen über Teilnahmerechte und<br />

Mitwirkungsmöglichkeiten verknüpft (Detjen 2007, 435).<br />

Der vierte Kompetenzbereich, die Methodenkompetenzen, bezieht sich auf die<br />

fächerübergreifenden Bereiche „Lesekompetenz, Zeitplanung und Selbstorganisation, die<br />

31


Fähigkeit, unterschiedliche Sozialformen (…) und Arbeitstechniken (z.B. Schaubilder und<br />

Karikaturen interpretieren, Präsentationstechniken, oder (Netz-)Recherche) zu nutzen sowie die<br />

Fähigkeit zur Planung und Realisierung komplexer, projektartiger Arbeitsvorhaben in Gruppen<br />

oder die generelle Fähigkeit zur gezielten Nutzung von Medien“ (GPJE 2004, 18).<br />

Methodenkompetenzen sind eher allgemeiner Natur, müssen aber für eine effektive<br />

Kompetenzförderung in der Anwendung mit Inhalten verknüpft werden (Weißeno 2007, 179).<br />

Die vier Kompetenzbereiche (Analysekompetenz, Urteilskompetenz, Handlungskompetenz und<br />

Methodenkompetenz) werden in der unterrichtlichen Praxis in drei unterschiedlichen<br />

Anforderungsbereichen gefördert, die als Orientierung für den üblichen Leistungsrahmen von SuS<br />

dienen sollen (GPJE 2004, 29). Anforderungsbereich I bezieht sich auf die Anwendung von bereits<br />

bekanntem inhaltlichem und methodischem Wissen bei der Lösung von Aufgaben. In diesem<br />

Anforderungsbereich werden eigene Meinungen artikuliert. Anforderungsbereich II betrifft<br />

Erkenntnisgewinne durch das Strukturieren, Einordnen und Analysieren von Informationen.<br />

Bekannte Ansätze werden auf neue Probleme übertragen. Neben die Artikulation eigener<br />

Meinung tritt die angemessene Auseinandersetzung mit anderen Meinungen.<br />

Anforderungsbereich III betrifft das selbstständig reflektierte politische Argumentieren, Urteilen<br />

und Handeln. Dieser Anforderungsbereich verlangt bei eigener Lernorganisation ein<br />

„methodenbewusstes Vorgehen“ sowie „sicheres, situationsangemessenes Verhalten in der<br />

Öffentlichkeit“ (ebd., 30).<br />

Neben den Anforderungsbereichen wird der Schwierigkeitsgrad des Unterrichts durch<br />

unterschiedlich komplexe Aufgabenstellungen, die Abstraktheit des Problems, Anforderungen an<br />

Wissen von- und Methodeneinsatz durch SuS, fachsprachliche Anforderungen sowie den Umfang<br />

und die Differenziertheit ihrer Urteilsbegründung beeinflusst (GPJE 2004, 29). In diesem<br />

Zusammenhang unterteilt die GPJE drei unterschiedlich komplexe Arten von Problemen nach<br />

dem Grad ihrer Allgemeinheit in aktuelle politische Ereignisse, Probleme und Konflikte, „mittel-<br />

und langfristige Problemlagen“ sowie „grundlegende Vorstellungen vom Zusammenleben der<br />

Menschen in der Gesellschaft und in der Welt“ (GPJE 2004, 11).<br />

Zusammengefasst bietet das hier vorgestellte Kompetenzmodell vier Kompetenzbereiche, die in<br />

drei unterschiedlichen Anforderungsbereichen mittels Aufgabenstellungen in drei<br />

unterschiedlichen Abstraktionsgraden behandelt werden.<br />

Im <strong>Politikunterricht</strong> wird darüber hinaus politisches Deutungswissen vermittelt. Wissen ist ein<br />

Kernelement politischer Bildung und durchdringt alle politischen Kompetenzbereiche.<br />

32


6.1.4 Wissen im <strong>Politikunterricht</strong><br />

Angesichts der engen Verzahnung von Wissen und Können in Kompetenzmodellen wurde die<br />

Kontroverse über Wissen in der Politischen Bildung wiederbelebt (GPJE 2004, 12). Kompetenzen<br />

setzen Wissen voraus (Weißeno 2007, 178), und die Verbesserung von Kompetenzen erfordert in<br />

der Regel auch eine Erweiterung und Vertiefung von Wissen. Umgekehrt muss<br />

Wissensvermittlung der politischen Bildung immer auf die Kompetenzförderung bezogen sein<br />

(GPJE 2004, 12).<br />

Wissen beschreibt Inhalte, die strukturiert und anwendungsfähig für die Lösung realer Handlungs-<br />

, Entscheidungs- und Aufgabensituationen relativ dauerhaft im Langzeitgedächtnis gespeichert<br />

werden. Wissenserwerb ist dabei immer eine individuelle Konstruktionsleistung, durch die neu<br />

erworbene Sachkenntnisse „in eine kognitive Gesamtstruktur eingebettet, verarbeitet und mit<br />

vorhandenem Wissen vernetzt werden“ können (Henkenborg 2011, 114). Im Kontext politischer<br />

Bildung setzt sich politisches Deutungswissen aus den vier Dimensionen von Faktenwissen,<br />

Konzeptwissen, Anwendungswissen und metakognitivem Wissen zusammen (ebd. , 120).<br />

Politisches Faktenwissen sollte auch außerhalb der Lernsituation angewendet werden können<br />

(Bundesministerium 2003, 78) und umfasst Kenntnisse über gesellschaftliche, politische und<br />

ökonomische Sachverhalte. Als Unterkategorien können empirisches Faktenwissen (Beispiele aus<br />

der Realität) und begriffliches Faktenwissen (Definitionen und Wortbedeutungen) bestimmt<br />

werden. Faktenwissen bildet eine Grundlage für politisches Konzeptwissen (Henkeborg 2011,<br />

117), also strukturiertes und vernetztes begriffliches Wissen, das in Individualkonzepte,<br />

Fachkonzepte, Leitideen/Kategorien und Modelle/Theorien unterteilt werden kann (ebd., 119) 29 .<br />

Konzepte stellen abstrahierende, strukturierende und kategorisierende Zusammenfassungen von<br />

Informationen dar, durch welche die kategorisierte Speicherung von Faktenwissen im<br />

Langzeitgedächtnis ermöglicht wird (ebd., 114f.). Allerdings sind Konzepte nicht als klare<br />

Definitionen, sondern eher als Oberbegriffe für unterschiedliche Deutungen zu verstehen. Macht<br />

etwa ist kein klares Konzept, sondern beinhaltet unterschiedliche Theorien und subjektive<br />

Vorstellungen von Macht (Autorengruppe 2011a, 166f.).<br />

Die dritte Wissensdimension, Anwendungswissen, umschließt Kenntnisse über „Prozeduren zur<br />

Lösung von Problemen und Aufgaben“, worunter Methodenwissen (Welche Verfahren, Techniken,<br />

29<br />

Der GPJE-Entwurf beinhaltet lediglich Fachkonzepte. Die anderen Bereiche von Konzeptwissen werden<br />

dort ebensowenig berücksichtigt wie die anderen Dimensionen politischen Wissens (Henkenborg 2011,<br />

120).<br />

33


Methoden gibt es?), Orientierungswissen (Welche Ziele haben bestimmte Problemlösungen?) und<br />

Verfügungswissen (Wann kann wie politisch gehandelt werden?) zu zählen sind. Die letzte<br />

Wissensdimension schließlich ist metakognitives politisches Wissen, also „Wissen über die<br />

eigenen politischen Denk-, Wahrnehmungs- und Verstehensprozesse“ (Henkenborg 2011, 118).<br />

Dieser Bereich betrifft selbstreflexives Wissen über die Relevanz von Lerngegenständen für die<br />

eigene Bildung in Form von wissenschaftspropädeutischem Wissen, Wissen über<br />

sozialwissenschaftliche Perspektiven, Möglichkeiten, Grenzen und Prinzipien sowie<br />

metakognitives Wissen über das eigene Lernen (ebd., 118f.).<br />

Aus diesen Wissensbereichen setzt sich ein Netz von Vorstellungen und Begriffen zusammen, das<br />

durch die Konfrontation von Vorwissen mit neuem Wissen stetig erweitert wird (GPJE 2004, 12)<br />

und für jedes Verständnis des Politischen zentral ist. In der Politikdidaktik wird diskutiert, ob<br />

dieses Vorstellungs- und Begriffsnetz besser durch ein Paradigma der kategorialen Bildung oder<br />

durch ein Paradigma der Basiskonzepte gefördert werden kann (Henkenborg 2011, 111f.).<br />

Kategorien sind „Wirklichkeit erschließende Grundbegriffe“ (Klafki, zit. nach Henkenborg 2011,<br />

113), die SuS benötigen, um die politische Wirklichkeit zu analysieren, zu strukturieren und zu<br />

reflektieren (Breit/Weißeno 2004, 58), indem Fragen gebildet werden, die zum „Kern des<br />

Politischen“ führen sollen (ebd., 59). Kategorien sollten stets mit Konzepten verknüpft werden, da<br />

Kategorien andernfalls gegenstandslos und leer bleiben, während Konzepte ohne Kategorien blind<br />

und zu wenig abstrahiert sind. Kategoriale Bildung muss konkrete Konzepte mit abstrakteren<br />

Kategorien verbinden, gleichzeitig an Vorwissen anknüpfen und dieses transformieren<br />

(Henkenborg 2011, 116).<br />

Diesem Prozess zu Grunde liegt die Annahme eines engen Zusammenhangs von Bildung und<br />

Wissen im kategorialen Paradigma. SuS eignen sich im Unterricht Wissen an, das durch die<br />

„Klärung politischer Sachverhalte“ ihre politische Mündigkeit fördert (ebd., 112). In der<br />

„Auseinandersetzung mit der Welt“ entsteht in ihrem Denken eine kategoriale Ordnung ihrer<br />

Vorstellungen, die durch politische Kategorien und Schlüsselfragen gebildet und durch die<br />

verallgemeinerbaren Aspekte von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft im Unterricht erkenn-, lehr-<br />

und lernbar werden. Fachdidaktische Kategorien sind nach diesem Verständnis eine Sammlung<br />

von Fragen, die zum Aufschließen des Verallgemeinerbaren und Exemplarischen gestellt werden<br />

müssen. Kategoriale Bildung sollte also nicht die Kategorien sondern ein „Politik-befragen-lernen“<br />

in den Mittelpunkt stellen, wobei eine Beziehung zwischen grundlegenden fachlichen Kategorien<br />

(Objektseite) und Vorstellungsbildern und Konzepten von SuS (Subjektseite) andererseits<br />

hergestellt werden sollte, die sich immer in einem Spannungsverhältnis „ von Subjekt und Objekt,<br />

von Kind und Sache, von Wissenschaft und Lebenswelt, von Unterricht und alltäglicher Praxis oder<br />

von Lernen und Lehren“ bewegt (Henkenborg 2011, 113). Bei diesem Spannungsfeld ist zu<br />

34


eachten, dass die Antworten auf kategoriale Fragen immer offen sind und von SuS selbstständig<br />

gesucht werden sollten. Damit dies möglich und somit eine Überwältigung unwahrscheinlich wird,<br />

„müssen im Unterricht immer mehrere Analyse- und Urteilsergebnisse möglich sein“<br />

(Breit/Weißeno 2004, 59).<br />

Im Unterschied zum Konzept der kategorialen Bildung ist der Begriff der Basiskonzepte aus den<br />

naturwissenschaftlichen Fachdidaktiken entlehnt und bezieht sich auf Kernideen von Fächern<br />

oder Fächergruppen. Basiskonzepte beschreiben Konzeptwissen, für das es auch alternative<br />

Beschreibungen gibt. Sie sind strukturell vernetzte Begriffe und Theorien, die in den Fächern<br />

historisch aus dem Versuch gewachsen sind, elementare Phänomene und Prozesse zu<br />

beschreiben. In der fachdidaktischen Auseinandersetzung müssen diese Basiskonzepte für<br />

unterrichtliche Zwecke mit dem Ziel aufbereitet werden, grundlegende und für die jeweilige<br />

Lerngruppe nachvollziehbare Ausschnitte für SuS zu schaffen. Wissenschaftliche Konzepte müssen<br />

für den schulischen Unterricht eingegrenzt werden und den SuS eine Sicht auf die Welt aus<br />

Perspektive des Schulfachs bieten (Henkenborg 2011, 121). Solche fachlichen Konzepte sind<br />

„Einheiten von komplexen Vorstellungswelten, die zum Verständnis von Sachgebieten aufgebaut<br />

werden“ (Lange 2011, 95). Wie bereits erwähnt, ist dieses Sachgebiet für die politische Bildung<br />

Politik im engeren Sinne, Wirtschaft, Recht und gesellschaftliches Zusammenleben (GPJE 2004,<br />

10). Fachliche Konzepte zu diesen Bereichen existieren in subjektiver Form als Alltagskonzepte<br />

(Lange 2011, 95), werden aber auch in objektivierbarer Form in den Sozialwissenschaften erzeugt.<br />

Beide Wissensformen unterscheiden sich „graduell, aber nicht substantiell“ (ebd., 96).<br />

In Bezug auf den Diskurs um Basiskonzepte und kategoriale Bildung stellt sich grundlegend die<br />

Frage, ob der bestehende Disput notwendig ist, da sich Basiskonzepte und Kategorien in vielerlei<br />

Hinsicht stark gleichen. Beide werden aus den Fachwissenschaften abgeleitet und didaktisch<br />

begründet rekonstruiert (Henkenborg 2011, 121f.). Die diskutierten Modelle bewegen sich<br />

gleichermaßen auf einer Ebene der fundamentalen Begriffe, welche die Komplexität der Realität<br />

reduzieren und ordnen sollen. Diese Begriffe sind sollen nicht die Vorstellungswelt von SuS<br />

strukturieren, sondern sind als Ordnungshilfe für Politikdidaktiker und Politikdidaktikerinnen<br />

gedacht (Henkenborg 2011, 126). Die Wissensinhalte, die aus diesem Ordnungsversuch<br />

resultieren, erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit (Breit/Weißeno 2004, 59).<br />

Eine zu starke inhaltliche Festlegung würde im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> auch zu großen<br />

Problemen führen. So kann ein zu eng gesteckter Rahmen Lernenden die Gelegenheit nehmen,<br />

eigene Deutungen, Interessen und Entwicklungsziele in den Unterricht einzubringen (Wegner<br />

2011, 103). Zudem schließt die pluralistische Vielfalt wissenschaftlicher Perspektiven durch die<br />

Vielzahl an alternativen Strukturierungsmöglichkeiten einen fixen Stoffkanon aus (Schuon 1988,<br />

35


60). Die Sinnhaftigkeit eines solchen Kanons ist auch angesichts der Tatsache einer stetig<br />

sinkenden Halbwertszeit von Wissen und einer fortschreitenden Verschiebung des Verhältnisses<br />

von Wissen und Nichtwissen in Richtung des Nichtwissens anzuzweifeln (Grammes 2011, 31 f.).<br />

Die Behauptung, man wisse, was die SuS für ihre Zukunft wissen oder können müssten, trifft<br />

immer weniger zu (Wegner 2011, 103).<br />

Darüber hinaus ist eine strikte inhaltliche Festlegung auch deshalb abzulehnen, weil fehlende<br />

Freiräume den <strong>Politikunterricht</strong> der Möglichkeit berauben, die Interessen der SuS mit in die<br />

Gestaltung des Unterrichts einzubeziehen und „Unterrichtskommunikation als dialogischen<br />

Verständigungsprozess“ zu konzipieren (Grammes 2011, 39).<br />

Die Lebens- und Vorstellungswelt sollte in den <strong>Politikunterricht</strong> mit einbezogen werden, um von<br />

diesem Punkt aus Politikbereiche exemplarisch zu behandeln (Breit/Weißeno 2004, 59).<br />

Obwohl sowohl kategoriale Bildung als auch Basiskonzepte durch dieses Vorgehen einen<br />

fachspezifischen Blick auf die Welt ermöglichen wollen, besteht, anders als in den<br />

naturwissenschaftlichen Fachdidaktiken, das Problem, dass in der Politikdidaktik kein Konsens<br />

über bestimmte Basiskonzepte oder Kategorien herrscht (Henkenborg 2011, 121f.).<br />

Sozialwissenschaftliches Wissen kann grundsätzlich nicht eindeutig verifiziert werden (ebd. 125),<br />

sozialwissenschaftliche Kategorien lassen sich definitorisch kaum festlegen, sind hoch umstritten<br />

(ebd., 124) und lassen sich nicht scharf abgrenzen. Dass sich die politische Bildung außerdem auf<br />

verschiedene Bezugsdisziplinen bezieht und verschiedene Konzepte zur Analyse eines Problems<br />

heranzieht erhöht die Komplexität der Situation abermals (ebd., 125). Dieser Umstand resultiert<br />

in einem Spannungsfeld zwischen Ansprüchen an Pluralität einerseits und Praktikabilität in Form<br />

einer Reduktion der Komplexität andererseits (Autorengruppe 2011a, 168).<br />

Da es in diesem Spannungsfeld wie erwähnt kein geteiltes Konzept gibt, wird ein Entwurf zur<br />

Strukturierung von Wissen im <strong>Politikunterricht</strong> verwendet, der sich selbst als Konsensvorschlag<br />

versteht. Die im Folgenden genannten sechs Basiskonzepte System, Akteure, Bedürfnisse,<br />

Grundorientierungen, Macht und Wandel stellen eher kontextübergreifende und auf mehrere<br />

Sozialwissenschaften verweisende Formulierungen als enge Definitionen dar. Der Bereich System<br />

beschreibt den systemischen Handlungsrahmen, die Institutionen und Rechtsgrundlagen einer<br />

Herrschaftsordnung. Auch wirtschaftliche und lebensweltliche Teilsysteme fallen hierunter. Der<br />

Bereich Akteure betrifft die Partizipations- und Integrationsmöglichkeiten und die Motivation<br />

unterschiedlicher politisch relevanter Akteure im lebensweltlichen öffentlichen,<br />

wissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Bereich. Der Bereich Bedürfnisse befasst sich mit<br />

der Auseinandersetzung um die Befriedigung materieller Bedürfnisse, die durch<br />

Ressourcenknappheit ausgelöst wird, sowie mit den daraus resultierenden<br />

36


Koordinationsproblemen und Verteilungskonflikten. Der Bereich Grundorientierungen<br />

berücksichtigt die unterschiedlichen Werte und Sinnvorstellungen, die sich als inhaltlicher<br />

Wertekonflikt entlang gesellschaftlicher Spannungslinien sowie als Perspektivenkonflikt zwischen<br />

„individuelle[n] Sinnbilder[n]“ und „sozialwissenschaftliche[n] Theorien“ entfalten (ebd., 169). Der<br />

Bereich Macht beschreibt die „soziokulturellen Auseinandersetzungsprozesse zur Durchsetzung<br />

allgemeiner Verbindlichkeiten“ mit unterschiedlichen Machtmitteln und Strategien. Der Bereich<br />

Wandel schließlich bezieht sich auf „Historizität, Gewordenheit und Zukunftunsicherheit“ in, von<br />

Stabilität und Wandel geprägten, (Teil-)Systemen (Autorengruppe 2011a, 170)<br />

Diesen Basiskonzepten werden außerdem Teilkonzepte zugeordnet, die nicht ausschließlich an<br />

diesem orientiert sind, sondern auch für andere Basiskonzepte relevant sein können. Die im<br />

Folgenden genannten Basiskonzepte und Teilkonzepte sind als Orientierungshilfen zu verstehen,<br />

deren Funktion es ist, den „analytischen Blick für gemeinsame Foci verschiedener<br />

sozialwissenschaftlicher Zugänge zu öffnen und diese koordinieren zu helfen“ (Autorengruppe<br />

2011a, 169). Das Modell wird von den Autoren in einer Übersichtsgrafik zusammengefasst.<br />

(Autorengruppe 2011a, 170)<br />

37


Auch angesichts einer solchen Sammlung von Basis- und Teilkonzepten sollte nicht vergessen<br />

werden, dass <strong>Politikunterricht</strong> in erster Linie auf die Förderung eigenständigen Denken und<br />

Handelns und nicht auf den Wissenserwerb ausgerichtet ist 30 . Mehr als eine exemplarische<br />

Behandlung einzelner Bereiche ist ohnehin nicht möglich (Breit/Weißeno 2004, 59).<br />

6.2 Didaktik des bilingualen Sachfachunterrichts<br />

6.2.1 Zielsetzungen von bilingualem Sachfachunterricht<br />

An den genannten Zielen und Prinzipien des <strong>Politikunterricht</strong>s müssen sich die Ziele des<br />

bilingualen Sachfachunterrichts messen lassen.<br />

Letztere ergeben sich häufig nicht aus dem Sachfach selbst, sodass diese Unterrichtsform als von<br />

außen an die Sachfächer herangetragenes Prinzip betrachtet werden kann (Hasberg 2007, 47).<br />

Auch die Publikationen zu bilingualem Sachfachunterricht stammen überwiegend aus der<br />

Sprachdidaktik, während „das Sachfach in der derzeitigen Diskussion über biliSFU immer noch<br />

eine Nebenrolle einzunehmen“ scheint (Osterhage 2007, 41). Das bedeutet jedoch nicht, dass die<br />

Kombination von politikdidaktischen Zielen und Prinzipien mit Zielen aus der Diskussion um<br />

bilingualen Sachfachunterricht in jedem Fall problematisch ist. Insbesondere drei zentrale<br />

Konstanten, die sich aus dieser Diskussion herausdestillieren lassen und als zentral für dieses<br />

Konzept betrachtet werden können, sind gut mit politikdidaktischen Zielen und Prinzipien<br />

vereinbar. Diese sind „die Ausprägung einer fremdsprachlichen Kommunikations- und<br />

Diskursfähigkeit im Sachfach“, „die Entwicklung fachlicher Konzepte im Medium der<br />

Fremdsprache“ sowie „die Ausbildung einer Methodenkompetenz in den Sachfächern und in der<br />

Fremdsprache“ (Bosenius/Donnerstag/Rohde 2007, viii).<br />

Das erstgenannte Konsenselement, die sachfachliche Kommunikations- und Diskursfähigkeit in<br />

einer Fremdsprache, kann als Erweiterung der politischen Handlungskompetenz verstanden<br />

werden. Sie ermöglicht es, auch in einer fremdsprachigen Umgebung aktiv an der politischen<br />

Öffentlichkeit teilzuhaben, und erweitert die sozialen Zusammenhänge, in denen ein sicheres<br />

Auftreten möglich ist. Laut Pedersen führt Monolingualismus unter Zuhilfenahme von<br />

Übersetzungen leicht zu Missverständnissen und ist zudem nicht ausreichend, da nicht alles, was<br />

in einer Sprache ausgedrückt wird, in einer anderen auch adäquat wiedergegeben werden kann<br />

(Pedersen 2009, 32).<br />

30 Zudem sind, wie zuvor erläutert, neben Konzeptwissen auch Fakten-, Anwendungs- und metakognitives<br />

Wissen zu berücksichtigen.<br />

38


Die zweite Komponente, die Entwicklung fachlicher Konzepte im Medium der Fremdsprache,<br />

spielt als Aspekt politischen Wissens bei der Förderung aller politischer Kompetenzen eine Rolle.<br />

So lange im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> Wissen nicht nur als Konzeptwissen verstanden wird und<br />

Faktenwissen, Anwendungswissen und metakognitives Wissen berücksichtigt werden, lässt sich<br />

diese Forderung gut mit politikdidaktischen Zielsetzungen vereinbaren.<br />

Auch der dritte genannte Bereich, die Förderung sachfachlicher Methodenkompetenz, kann recht<br />

einfach von muttersprachlichen Zielsetzungen im regulären <strong>Politikunterricht</strong> auf bilinguale<br />

Zielsetzungen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> ausgeweitet werden.<br />

Damit die Erreichung politikdidaktischer Ziele, die im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> Kernanliegen<br />

bleibt (vgl. etwa Ministerium 2011), nicht gefährdet wird, darf diese Ausweitung nicht mit<br />

Einschränkungen der politischen Mündigkeit von SuS in ihrem muttersprachlichen Umfeld<br />

einhergehen. Aus diesem Grund muss darauf geachtet werden, dass tatsächlich bilingualer<br />

<strong>Politikunterricht</strong> stattfindet. Ein rein fremdsprachlicher <strong>Politikunterricht</strong> läuft Gefahr, die<br />

Anwendung der im <strong>Politikunterricht</strong> erworbenen Kompetenzen im muttersprachlichen Umfeld zu<br />

erschweren oder gar zu verhindern, statt das selbstständige politisch mündige Handeln in zwei<br />

Sprachräumen zu ermöglichen.<br />

Um diesem Ziel möglichst nahe zu kommen, ist es nötig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen<br />

ob und wann die Verwendung muttersprachliche Elemente oder sogar längere muttersprachliche<br />

Phasen und Einheiten sinnvoll ist (vgl. hierzu Kultusminister NRW 1988, 65) und wann und in<br />

welcher Form sprachliche Fähigkeiten zu fördern sind 31 .<br />

In der Diskussion um bilingualen Sachfachunterricht werden, neben diesen drei Bereichen und der<br />

Erreichung sachfachlicher Ziele, erhöhte fremdsprachliche Kompetenzen häufig als Primärziel von<br />

bilingualem Sachfachunterricht genannt (vgl. etwa Ministerium 2011). Die konkreten<br />

sprachlichen Ziele variieren jedoch stark. Sie reichen von einer Förderung fremdsprachlicher<br />

Fähigkeiten, etwa in Form einer bilingualen „Sachfachliteralität“ und Diskurskompetenz (Vollmer,<br />

zit. nach Wegner 2011, 491), bis hin zu einer „annähernden Zweisprachigkeit“, also einer beinahe<br />

muttersprachlichen Kompetenz in beiden Sprachen (Kronenberg, zit. nach Wegner 2011, 491). Ob<br />

es der schulische Rahmen überhaupt erlaubt eine annähernd muttersprachliche Kompetenz in<br />

einer Fremdsprache zu erwerben ist fraglich (Roddert 2008, 19). Fest steht jedoch, dass eine<br />

Fremdsprache, die als Medium im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> verwendet wird, in jedem Fall<br />

gefördert wird (Garcia 2009, 314), da sprachliches und fachliches Lernen interdependent sind<br />

31<br />

Die Frage, welche zielsprachigen Kompetenzen für einen, aus politikdidaktischer Sicht, erfolgreichen<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> nötig sind und wie diese gefördert werden können, wird in Kapitel 6.3<br />

Didaktische Überlegungen zu Sprache im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> diskutiert.<br />

39


(Mehisto et al. 2008, 142). Wie stark die allgemeine Fremdsprachenkompetenz von SuS zunimmt<br />

ist aus politikdidaktischer Perspektive eher zweitrangig.<br />

Dieser Sachverhalt sollte jedoch nicht zu dem Schluss führen, dass eine gezielte Förderung<br />

zielsprachiger Fähigkeiten im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> unwichtig wäre. Zentrale Begriffe,<br />

Strukturen, Sprachfunktionen und Unterrichtsgegenstände des Sachfachs müssen in zwei statt nur<br />

einer Sprache beherrscht werden. Ebenso müssen die rezeptiven und produktiven Fähigkeiten<br />

von SuS in der Fremdsprache bis zu einem Grad gefördert werden, bei dem es im Vergleich zum<br />

muttersprachlichen <strong>Politikunterricht</strong> zu möglichst geringen Einschränkungen in Bezug auf die<br />

Komplexität und Freiheit der unterrichtlichen Kommunikation kommt. Da dies nur durch eine<br />

systematische Integration von fremdsprachlichem und sachfachlichem Lernen möglich ist<br />

(Wegner 2011, 164), liegt die aktive Förderung (fremd-)sprachlicher Fähigkeiten im bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> auch im Interesse der Politikdidaktik. Hierfür ist eine fächerübergreifende<br />

Kooperation zwischen Fremdsprachenunterricht und bilingualem <strong>Politikunterricht</strong> hilfreich.<br />

Fremdsprachlicher Unterricht sollte den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> gezielt unterstützen und<br />

entlasten (vgl. Ministerium 2011). Sachfach- und Sprachfachlehrer sind Partner, die die SuS mit<br />

sich ergänzenden Lernmöglichkeiten versorgen. Während die SuS im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

ihre allgemeinen sprachlichen Fähigkeiten verbessern, werden im Fremdsprachenunterricht<br />

gezielt solche Kompetenzen gefördert, die für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> von Bedeutung<br />

sind. Zudem können die im Sprachfachunterricht verwendeten Materialien in Kooperation<br />

ausgewählt und statt des regulären Textbuches verwendet werden (Mehisto et al. 2008, 112).<br />

Zusätzlich zu den bisher genannten Zielsetzungen werden dem bilingualen Sachfachunterricht in<br />

oftmals „fast überbordender Weise“ weitere Ziele zugeschrieben (Wegner 2011, 191), deren<br />

enorme Vielfalt aus der Pluralität der unterschiedlichen Perspektiven auf diese Unterrichtsform<br />

resultiert (Roddert 2008, 18). Diese Zielsetzungen sind an der Bildung des Bürgers, des EU-Bürgers<br />

oder des Weltbürgers orientiert (Wegner 2011, 191) und „in ihrer Allgemeinheit kaum greifbar“<br />

(ebd., 490). Unter ihnen finden sich jedoch auch zahlreiche Zielsetzungen, die sich problemlos in<br />

den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> integrieren.<br />

Obwohl die Bezeichnung anderes vermuten lässt, ist die „Entwicklung einer interkulturell<br />

geprägten Fachkultur“ (Wegner 2011, 166) zu diesen gut zu integrierenden Zielen zu zählen, da<br />

hierunter bereits der Einbezug von Literatur aus nicht-deutschsprachigen Räumen in den<br />

Unterricht gefasst wird (so etwa Hallet 2007, 28) und sich die Formulierung somit nicht auf<br />

Unterschiede in akademischen Diskursen unterschiedlicher Staaten bezieht. Die Verwendung von<br />

Quellen aus dem zielsprachigen Raum ist ohnehin zentraler Bestandteil des bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong>s, sodass aus dieser Richtung keine Gefahr einer inhaltlichen Überlastung droht.<br />

40


Bei der Entwicklung einer interkulturell geprägten Fachkultur sollen bereits durch die Verwendung<br />

einer anderen Sprache inhaltlich neue Perspektiven eröffnet werden (Garcia 2009, 101), indem<br />

etwa die Erkenntnis gefördert wird, dass viele Entscheidungen mit Einfluss auf unterschiedliche<br />

Lebensbereiche nicht mehr im nationalen, sondern im europäischen oder internationalen Rahmen<br />

getroffen werden (Wegner 2011, 178).<br />

Anders liegt der Fall bei einigen Zielsetzungen in Bezug auf die Persönlichkeits- und<br />

Identitätsbildung. Wenn etwa eine Erziehung zu Bürgerinnen und Bürgern der EU (vgl. Wegner<br />

2011, 172) gefordert wird, ist dies mit dem Überwältigungsverbot unvereinbar. Ob sich ein<br />

Heranwachsender als Bürger einer Stadt, eines Bundeslandes, einer Region, seines Staats, der<br />

Europäischen Union, eines anderen Staates, als Weltbürger, oder als etwas gänzlich anderes<br />

empfindet, sollte seine freie Entscheidung bleiben.<br />

Für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> eher geeignet sind Positionen, die darauf abzielen, sich<br />

zunächst auf „Volk, Nation und Bikultur, dann aber auch auf die europäische und schließlich die<br />

globale Dimension [zu] beziehen“ (Wegner 2011, 168), um so ein reflexives Selbst- und<br />

Weltverständnis zu fördern (ebd., 491).<br />

Fest mit solchen Forderungen verknüpft wird in den Diskussionen um bilingualen<br />

Sachfachunterricht die Förderung von Toleranz, Frieden (Wegner 2011, 179) und globaler<br />

Verantwortung (ebd., 491), was durch eine verbesserte Fähigkeit im Umgang mit pluralen und<br />

kontroversen Weltverständnissen erzielt werden soll (ebd., 179). Diese Zielsetzungen finden sich<br />

auch in der Politikdidaktik (vgl. etwa Wegner 2007, 30) und lassen sich hervorragend mit<br />

politikdidaktischen Forderungen in Bezug auf politische Urteilskompetenz verknüpfen, die unter<br />

anderem auf die Förderung der Fähigkeit abzielen, politische Entscheidungen und<br />

Entscheidungsalternativen auch „außerhalb des politischen Systems (….) insbesondere mit dem<br />

wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeld auf nationaler, europäischer und globaler Ebene“<br />

(GPJE 2004, 16) zu sehen.<br />

Diese Fähigkeiten helfen bei der Erfüllung einer weiteren Forderung bilingualen<br />

Sachfachunterrichts, nämlich jener, einen Beitrag zu europäischer Verständigung und Integration<br />

zu leisten (vgl. Wegner 2011, 173). Damit dieses Ziel erreicht werden kann und SuS als<br />

Mediatoren und Kulturmittler im europäischen und internationalen Ausland agieren können<br />

(Ministerium 2011), ist ein weiteres Feld interessant. Im Rahmen interkultureller Konzepte wird<br />

die sprachliche Ebene häufig nicht berücksichtigt, die bei der Interaktion mit zielsprachig<br />

aufgewachsenen Menschen eine wichtige Rolle spielt. In Interaktion mit Menschen mit anderer<br />

Muttersprache ist das Entstehen von stereotypen Bildern aufgrund bestimmter Sprachmuster<br />

nicht unüblich. Jeder Mensch geht von bestimmten Formulierungsmustern, Intonationsarten und<br />

41


weiteren Eigenarten aus, die er mit dem Erwerb seiner Muttersprache verinnerlicht hat. Werden<br />

diese unreflektiert auf eine Fremdsprache übertragen, können die Muster der fremden Sprache<br />

leicht Missverständnisse wie etwa den Eindruck von Unhöflichkeit auslösen – obwohl dieser<br />

überhaupt nicht intendiert war (Gass/Selinker 2008, 4).<br />

Dieses Wissen dürfte auch für den nächstgenannte Bereich von Bedeutung sein, der zu den am<br />

häufigsten genannten Zielen bilingualen Sachfachunterricht zählt und aufgrund seiner starken<br />

inneren Heterogenität im Folgenden separat behandelt wird.<br />

6.2.2 Bi-, Multi- und Interkulturelle Kompetenz<br />

In der Diskussion um bilingualen Sachfachunterricht wird einer der am häufigsten genannten<br />

Zielbereiche mit so vielfältigen Bezeichnungen wie interkulturelles Lernen (Bosenius/Donnerstag/<br />

Rohde 2007, viii), Aneignung von interkultureller (Hallet 2007, 18) oder bikultureller Kompetenz<br />

(Wegner 2011, 170), multilingualism and –culturalism in a European context (Schocker-von<br />

Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 153), Kulturkunde, Landeskunde, Cultural Studies, Intercultural<br />

Learning oder auch Intercultural Communicative Competence (ebd., 109) umschrieben.<br />

Ähnliche Konzepte gibt es auch in der Politikdidaktik, doch gehen diese von einer anderen<br />

Perspektive aus. Sie stellen eine „Reaktion auf den Einwanderungstatbestand“ dar und verweisen<br />

auf „die Diversität einer pluriformen und multiethnischen Gesellschaft“ (Fischer 2007, 48). Im<br />

bilingualen Sachfachunterricht hingegen liegt der Ursprung dieses Bereichs in der Beschäftigung<br />

mit der Landessprache und den Bürgern in anderen Nationalstaaten.<br />

Die Ziele der einzelnen Konzepte unterscheiden sich teils stark. In Anlehnung an Fischer (2007, 49)<br />

werden diese im Folgenden in bi-, multi- und interkulturelle Konzepte unterteilt 32 .<br />

Im Bereich bikultureller Konzepte liegt der Schwerpunkt von Konzeptionen des bilingualen<br />

Sachfachunterrichts nicht, wie in einigen politikdidaktischen Ansätzen, bei der<br />

Identitätsentwicklung von SuS mit Migrationshintergrund (Fischer 2007, 49), sondern im Rahmen<br />

eines „Partnerkonzepts“ (Wegner 2007, 31) bei der Aneignung von Kenntnissen über „Sprache,<br />

Volk (…), Nation und Kultur“ des „jeweiligen Kulturkreises“ (Wegner 2011, 170) eines bestimmten<br />

„Partnerlandes“ (ebd., 171). Diese Forderung entstammt dem deutsch-französischen<br />

32<br />

Diese politikdidaktische Unterteilung findet sich ähnlich bei Wegner, die bikulturelle und europäische<br />

Identitätsbildung sowie, „vor dem Hintergrund pluraler Gesellschaften“ die Herausbildung eines<br />

individuellen Selbstkonzeptes im souveränen Umgang mit Pluralität unterscheidet (vgl. Wegner 2007, 31f.).<br />

42


Kooperationsvertrag von 1963 und hatte die Überwindung der Erbfeindschaft zum Ziel (ebd.,<br />

170), was heute eher anachronistisch anmutet 33 .<br />

Nichtsdestotrotz wird weiterhin gefordert, SuS sollten „die Perspektive des Partnerlandes<br />

einnehmen“ (Ministerium 2011). Diese Position wirkt in Bezug auf jedes „Partnerland“, das eine<br />

Demokratie oder eine andere Staatsform mit einer mehr oder minder offenen Opposition<br />

hervorgebracht hat, befremdlich. Vorteile für den Sachfachunterricht im Allgemeinen oder den<br />

<strong>Politikunterricht</strong> im Speziellen werden bei Forderungen bikultureller Konzepte nicht genannt.<br />

Multikulturelle Konzepte greifen etwas weiter und betonen das Nebeneinander von Kulturen<br />

(Fischer 2007, 49). Zwar wird die Fokussierung auf nur ein Partnerland überwunden, doch bleibt<br />

bei multikulturellen Ansätzen die Tatsache, dass der „Zusammenschluß zu einem<br />

Volk…ungeachtet der Tatsache ganz heterogener Herkunft geschehen“ kann (Schefold 1998, 59),<br />

häufig unberücksichtigt. Für Nationalstaaten ist es nützlich, eine einheitliche Sprache und eine als<br />

gemeinsam empfundene Kultur anzunehmen (Pedersen 2009, 31), da diese durch die Vorstellung<br />

einer inneren Homogenität den Zusammenhalt stärken (Uerlings/Patrut 2008, 9) und so für den<br />

Selbsterhalt von Nationalstaaten als „imagined political communities“ dienlich sind (Anderson, zit.<br />

nach Pedersen 2009, 31). Aus der Vorstellung von Homogenität erwächst die „funktionsfähige<br />

Fiktion“ einer homogenen Nation (Uerlings/Patrut 2008, 15).<br />

Der Wunsch nach einer einheitlichen Sprache und Kultur bedeutet allerdings nicht, dass alle<br />

Mitglieder eines Nationalstaats oder ‚Volkes‘ tatsächlich eine identische Sprache und Kultur<br />

besitzen. Die Mehrheit der Weltbevölkerung ist multilingual, und monolinguale Nationalstaaten<br />

stellen eher Ausnahmeerscheinungen als die Regel dar (Pedersen 2009, 32). Auch eine eindeutige<br />

Bestimmung von kulturellen Grenzen ist nicht möglich, da Kulturen ineinander überfließen und es<br />

innerhalb jedes größeren Raumes zahlreiche Subkulturen (etwa Jugendkulturen oder religiöse<br />

Kulturen) gibt (Hillmann 1994, 460). In der Diskussion um bilingualen Sachfachunterricht wird<br />

dieses Problem umgangen, indem der Kulturbegriff nicht klar definiert wird (Wegner 2011, 166)<br />

und so unterschiedlichste Bereiche unter bi- oder multikulturelle Kompetenz gefasst werden<br />

können. Multikulturelle Ansätze stützen durch die Forderung, „die“ eigene Sprache und Kultur<br />

und „die“ fremde Sprache und Kultur zu vergleichen, wobei Sprach- und Kulturraum scheinbar<br />

33 „Dies klingt heute bereits wie eine Geschichte aus einer längst vergangenen Zeit. Auch dies ist eine der<br />

großen Leistungen, die der deutsch-französische Freundschaftsvertrag, der Elysée-Vertrag, erbracht hat: die<br />

Selbstverständlichkeit“ (Fischer 2003). Die deutsch-französische Freundschaft gilt inzwischen als „gutes<br />

Beispiel“, das Vorbildcharakter für die Überwindung von „Erbfeindschaften“ hat (Hegasy/Moll 2011). Selbst<br />

in der Hauptströmung des Rechtsextremismus in der BRD, bei jener politischen Gesinnungen also, die am<br />

ehesten auf einem Konzept der Erbfeindschaft beharren könnte, beruft man sich inzwischen auf die Idee<br />

des „Ethnopluralismus“ der französischen Nouvelle Droite (Klärner/Kohlstruck 2006, 21f.).<br />

43


gleichgesetzt werden (vgl. Schocker- von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 155), die Illusion<br />

homogener Kulturen und halten sich darin hartnäckig.<br />

Dieser Sachverhalt ist logisch nur schwer nachvollziehbar. In der Sprachdidaktik wird immer<br />

wieder davon gesprochen, dass dort inzwischen ein konstruktivistischer Standpunkt dominant sei<br />

(so etwa Langner 2005, 110), während zugleich von Nationalstaaten ausgegangen wird, deren<br />

Grenzen mit einheitlichen Kultur- und Sprachräumen identisch sein sollen. Ein Beispiel für solche<br />

Stereotypisierungen zeigt sich, wenn von der Integration “into a monolingiual (USA) or bilingual<br />

culture (Canada) by learning a second language” (Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004,<br />

151) gesprochen wird. Hier wird nicht nur eine einheitliche Kollektivkultur für alle Staatsbürger<br />

angenommen, sondern darüber hinaus die offizielle Landessprache mit der Sprache der<br />

Bevölkerung gleichgesetzt. Diese Stereotypisierung, die auf den oben genannten ideologischen<br />

Wurzeln beruht, ignoriert, um bei dem Beispiel der als monolinguale Kultur bezeichneten USA zu<br />

bleiben, knapp 18% der US-amerikanischen Bevölkerung, die laut CIA im Jahr 2000 eine andere<br />

Muttersprache als Englisch sprachen. Im Falle von Kanada werden sogar 19,6% der Bevölkerung,<br />

deren Muttersprache weder Französisch noch Englisch ist, unterschlagen (vgl. CIA 2012).<br />

Eine solche Auffassung kann auch dann für bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> problematisch werden,<br />

wenn alternative Sichtweisen auf ein Ereignis eröffnet werden sollen, indem die Positionen von<br />

Regierungen zu ebendiesem dargestellt und als Perspektive der anderen Kultur gedeutet<br />

werden 34 .<br />

Eine Gleichsetzung von Nationalstaat, Kultur und der Position der Regierenden ist für den<br />

Vergleich von Demokratien bestenfalls irritierend. Statt weiterhin „oft kollektive zielkulturelle und<br />

eigenkulturelle Perspektiven“ zu fixieren (Wegner 2011, 176), sollte das Kontroversitätsgebot des<br />

Beutelsbacher Konsens auch bei der Beschäftigung mit zielsprachigen Staaten im bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> beachtet werden.<br />

Statt Stereotype zu verbreiten, sollten Verständnis und Akzeptanz dafür vermittelt werden, dass<br />

Wertvorstellungen und Interessen auch innerhalb anderer Gesellschaften und Länder<br />

unterschiedlich ausgeprägt sein können (Wegner 2011, 27).<br />

Hierfür müssen „die Grenzen einer (…) dualistischen Pädagogik“, in der ein „wir“ und ein „ihr“<br />

propagiert werden „durch obliques Denken, wo man das Andere als das eigene Andere erkennt“<br />

überschritten werden (Grammes 1991, 108). Zu diesem Zweck kann die, in der Politikdidaktik<br />

beispielsweise in Form neuerer soziologischer Theorien, die Gesellschaft als „Resultat von<br />

34<br />

So etwa in einem Beispiel von Schocker-von Ditfurth und Müller-Hartmann (2004, 154f.), in dem<br />

Positionen der deutschen und britischen Regierung zu der Hinrichtung Saddam Husseins als Beispiel für<br />

einen möglichen Vergleich der Unterschiede von deutscher und britischer Kultur für ein besseres<br />

Verständnis von letzterer dienen sollen.<br />

44


eständigen Informations-, Sinngebungs- und Definitionsprozessen“ ihrer Mitglieder begreifen<br />

(Henkenborg 1997, 99) bereits vorhandene Förderung des kritischen Umgangs mit der eigenen<br />

Lebenswirklichkeit durch (unter anderem) Komparation, Kontrast und Perspektivenwechsel mit<br />

Bezug auf Positionen und Personen aus anderen Staaten (Wegner 2011, 14) ergänzt werden. SuS<br />

können auf diesem Wege bei der Entwicklung ihrer, hier als interkulturell bezeichneten,<br />

Kompetenz unterstützt werden, die künstliche Konstrukte, wie sie im Rahmen von bi- und<br />

mutlikulturellen Konzepten vertreten werden, überwindet.<br />

Wenn tatsächliches interkulturelles Lernen gefördert und stereotypische Vorurteile abgebaut<br />

werden sollen, muss Kultur als diskursiv ausgehandeltes narrativ-konstruktivistisches Konzept und<br />

nicht als homogenes und klar umrissenes Gebilde begriffen werden (Wegner 2011, 166).<br />

Geschieht dies nicht, läuft bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> Gefahr, in binären Deutungsmustern zu<br />

verharren und die Welt pauschal in Eigenes und Fremdes einzuteilen (vgl. Fischer 2007, 52).<br />

<strong>Bilingualer</strong> Sachfachunterricht ist für die Entwicklung interkultureller Kompetenz besonders<br />

geeignet, da die Fremdheitserfahrung, der die SuS ausgesetzt sind, eine doppelte ist, da sie mit<br />

bislang unbekannten Weltsichten in einer von ihrer Muttersprache verschiedenen und daher<br />

‚fremden‘ Sprache konfrontiert werden. Diese doppelte Fremdheit verspricht eine starke<br />

Förderung bei der Bildung einer europäischen oder sogar globalen Perspektive (Wegner 2011,<br />

158f.) sowie eine gute Förderung von Perspektivübernahme und multiperspektivischem Denken<br />

im Allgemeinen (vgl. Barricelli/Schmieder 2007, 218).<br />

Durch eine solche Förderung interkultureller Kompetenz wird auch politische<br />

Handlungskompetenz gefördert, die auch verbesserte Fähigkeiten im reflektierten Umgang „mit<br />

kulturellen, sozialen und geschlechtsspezifischen Differenzen“ umfasst, was „Toleranz und<br />

Offenheit, aber auch kritische Auseinandersetzung einschließen kann“ (GPJE 2004, 17).<br />

6.2.3 Wissen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

Die Diskussion um die Ausgestaltung der verbleibenden Freiräume in Bezug auf Wissen im<br />

bilingualen Sachfachunterricht 35 gruppiert sich im wesentlichen um vier Positionen, die teilweise<br />

mit jenen verwandt sind, die in Bezug auf die Förderung einer bi-, multi- oder interkulturellen<br />

Kompetenz erläutert wurden. Diese sind eine möglichst starke Fokussierung auf die unmittelbare<br />

Lebenswelt von SuS, eine doppelte/binationale/bikulturelle Orientierung oder Perspektive, eine<br />

europäische Orientierung sowie eine interkulturelle Orientierung des behandelten Wissens.<br />

35<br />

Die Betonung liegt dabei auf Sachfachunterricht als pseudohomogener Bereich. Auf die<br />

Lehrpläne/Kerncurricula der einzelnen Fächer wird in der Regel nicht eingegangen.<br />

45


Mit einer möglichst starken Fokussierung auf die unmittelbare Lebenswelt von SuS ist in der<br />

Debatte um bilingualen Unterricht die Konzentration auf die SuS sowie deren Familien, ihre<br />

Schule und die Gemeinde, später auch auf lokale Themen, Schulereignisse, Umwelt oder<br />

Lebensstile gemeint. Hauptziel ist die Behandlung von für die SuS interessanten und relevanten<br />

Themen, um das Interesse am sprachfördernden Unterricht möglichst hoch zu halten (Mehisto et<br />

al. 2008, 107). Zwar gibt es auch in der Politikdidaktik Stimmen, die sich dafür aussprechen, von<br />

der Lebens- und Vorstellungswelt der SuS auszugehen, allerdings wird hier nicht für ein Verharren<br />

auf dieser Ebene plädiert (Breit/Weißeno 2004, 59). Eine Beschränkung auf diesen Bereich kann<br />

aus politikdidaktischer Perspektive nicht wünschenswert sein, sondern muss als Basis für<br />

politisches Lernen auf einer abstrakteren Lernebene genutzt werden (Breit 1991, 64).<br />

Zudem wird nicht berücksichtigt, dass das schülerseitige Interesse möglicherweise auch außerhalb<br />

ihres Naherlebnisbereichs liegen könnte. Schlussendlich fehlt außerdem eine Begründung, warum<br />

bilingualer Unterricht bei einer solchen Fokussierung einer monolingual-muttersprachlichen<br />

Unterrichtsform überlegen sein sollte.<br />

Auch die Überwindung einer wahrgenommene nationale Orientierung 36 durch eine binationale/<br />

bikulturelle Orientierung oder Perspektivierung erscheint demgegenüber nicht viel geeigneter.<br />

Schwerpunktmäßig sollten aus dieser Perspektive Themen behandelt werden, die einen starken<br />

Bezug zur „Zielkultur oder zum Partnerland und zum eigenen Kulturkreis aufweisen“ (Wegner<br />

2011, 165). Diese Perspektive fußt in der bereits erwähnten Überwindung der Erbfeindschaft<br />

zwischen Deutschen und Franzosen. Kritik an einer bikulturellen Ausrichtung wurde bereits<br />

vorgebracht und soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Doch auch thematisch erscheint<br />

eine solche Schwerpunktsetzung eher hinderlich. Lediglich Quellen von Menschen mit einer von<br />

zwei bestimmten Staatsbürgerschaften könnten genutzt werden, ausschließlich Themenfelder aus<br />

zwei bestimmten Staaten diskutiert werden.<br />

Etwas weiter gefasst als diese binationale/bikulturelle Orientierung ist eine europäische, bei der<br />

die Herausbildung eines „europäischen“ Bewusstseins als Identitätsentwurf ins Spiel gebracht<br />

wird (Wegner 2011, 166). Allerdings fehlt bei dieser Forderung eine Begründung, warum ein<br />

europäisches Bewusstsein einem nationalen Identitätsentwurf überlegen sein soll. Schließlich<br />

handelt es sich auch bei einem europäischen Kulturentwurf um ein „narrativ-konstruktivistisches<br />

Konzept“, welches im Sinne „diskursiver Ereignisse“ erfahren wird (Hu, zit. nach Wegner 2011,<br />

36<br />

Belege für eine solche nationale Orientierung werden in der gesichteten Literatur nicht angeführt.<br />

Zudem sind die Bezugdisziplinen von <strong>Politikunterricht</strong> wie alle Wissenschaften international und<br />

transkulturell (vgl. hierzu Hallet 2007, 28). Allerdings finden sich in der Politikdidaktik in der Tat vereinzelt<br />

Strömungen, die „weder internationale Bezüge, noch Referenzen in andere deutschsprachige Länder“<br />

nennen (Grammes 2011, 44), sodass zumindest die Gefahr einer Fokussierung auf die eigene Nation im<br />

Unterricht nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist.<br />

46


166). Wie bereits bei den vorherigen Konzepten fehlt darüber hinaus auch hier eine schlüssige<br />

Begründung, warum Wissen eine bestimmte, hier europäische, Ebene nicht überschreiten sollte.<br />

Eine gezielte interkulturelle Orientierung dürfte besser als die zuvor genannten Vorschläge<br />

geeignet sein, um durch eine multiperspektivische Kontroverse das persönlichkeitsbildende<br />

Moment zu fördern (vgl. Wegner 2011, 150). Stärker als eine reginonale, binationale oder<br />

europäische Perspektivierung kann eine interkulturelle Orientierung im mehrsprachlichen Kontext<br />

bei der Überwindung einer nationalen Perspektive, der Kritik an Konstrukten wie<br />

Nationalidentität oder eigener und fremder Kultur und insbesondere von Stereotypen helfen<br />

(Wegner 2011, 166). „Bildung als Selbstbildung im Sinne der diskursiven Herstellung eines<br />

reflexiven Verhältnisses zum Selbst und zur Welt und als Anerkennung, Offenhalten und<br />

Ermöglichung von Widerstreit“ einschließlich des Verständnisses bei bleibender Fremdheit und<br />

Andersseins (Wegner 2011, 94) wird durch eine interkulturelle Ausrichtung des vermittelten<br />

Wissens gezielt unterstützt.<br />

Die thematische Orientierung dieser interkulturellen Perspektive wohnt dem <strong>Politikunterricht</strong><br />

ohnehin inne. Auch im muttersprachlichen <strong>Politikunterricht</strong> spielt die Beschäftigung mit<br />

multikulturellen Gesellschaften, globalen Phänomenen, Gegenbenheiten und Sachverhalten eine<br />

große Rolle. Zusätzliche Forderungen, etwa nach sprachlichen Fremdheitserfahrungen oder<br />

(fremdsprachlichen) fachlichen Diskursen sind ohnehin unausweichliche Bestandteile bilingualen<br />

Sachfachunterrichts (Wegner 2011, 166). Im Vergleich zum konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> hat<br />

die Nutzung zielsprachiger Quellen anstelle von Übersetzungen neben der höheren<br />

Fremdheitserfahrung den Vorteil, dass diese Arbeit präziser ist als die Arbeit mit Übersetzungen,<br />

da jede Übersetzung auch eine Interpretation des Originals darstellt (vgl. Bühler 2002, 56).<br />

Auch angesichts solcher möglicher Vorteile ist es jedoch entscheidend, eine ausschließliche<br />

Fixierung auf Wissen aus dem zielsprachigen Raum zu verhindern, um Problemen für die<br />

Förderung der politischen Mündigkeit von SuS vorzubeugen.<br />

Politische Handlungsfähigkeit ist eng mit Wissen über Teilnahmerechte und<br />

Mitwirkungsmöglichkeiten verknüpft (Detjen 2007, 435) und da SuS auch in den Staat, in dem sie<br />

die Schule besuchen, politisch handlungsfähig sein sollten, ist entsprechendes Wissen zu<br />

vermitteln. Hierzu zählt unter anderem die Kenntnis von unterschiedlichen „Möglichkeiten der<br />

Interesssenwahrnehmung in unterschiedlichen sozialen Zusammenhängen“ (GPJE 2004, 17), die<br />

auch für das Leitbild des interventionsfähigen Bürgers (Breit/Weißeno 2004, 52f.), wie es auch im<br />

Rahmen dieser Arbeit angenommen wird, zentral ist.<br />

Die Förderung politischer Kompetenzen geht immer einher mit Wissensvermittlung und der<br />

Erwerb von neuem Wissen immer auch mit sprachlicher Weiterentwicklung. Kognitive und<br />

47


sprachliche Entwicklung sind untrennbar miteinander verknüpft (Garcia 2009, 314). Die ständige<br />

Begegnung mit dem Andersartigen durch eine andere Unterrichtssprache hat Auswirkungen auf<br />

das sachfachliche Lernen (Mehisto et al. 2008, 142). Diese Interdependenz muss bei der<br />

Vermittlung von Wissen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> berücksichtigt werden, um zu<br />

gewährleisten, dass sachfachbezogene Zielsetzungen nicht unter zu schwach ausgeprägten<br />

sprachlichen Kompetenzen leiden. In doppelter, das heißt sprachlicher und sachfachlicher<br />

Hinsicht sollten SuS dabei im Idealfall mit einem Niveau konfrontiert werden, das ihre Fähigkeiten<br />

minimal übersteigt. SuS mit Stärken im sachfachlichen Bereich können<br />

Verständnisschwierigkeiten, die aus unzureichenden fremdsprachlichen Kompetenzen resultieren,<br />

bis zu einem gewissen Grade ausgleichen (Dale/van der Es/Tanner 2010, 48).<br />

Stellenweise kann es nötig sein, auch den Schwierigkeitsgrad und den Umfang sachfachlicher<br />

Ansprüche zu reduzieren, um eine problematische Überfrachtung des bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong>s zu vermeiden (Mehisto et al. 2008, 102). In der unterrichtlichen Praxis schlägt<br />

sich dies in einer Reduktion des Umfangs des vermittelten Wissens nieder, wie österreichische<br />

Studien gezeigt haben. Statt der Vermittlung möglichst vieler Inhalte wird ein stärkerer Fokus auf<br />

exemplarisches Lernen gesetzt (Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 161). Dieses<br />

Vorgehen ist auch im <strong>Politikunterricht</strong> üblich (vgl. etwa Breit/Weißeno 2004, 59). Die Reduzierung<br />

der Quantität des vermittelten Wissens wird zugunsten einer intensiveren Beschäftigung mit<br />

einzelnen Wissensbereichen (Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 161) ist für<br />

<strong>Politikunterricht</strong> auch in der L1 unausweichlich, da wie erwähnt ein fixer Stoffkanon für die<br />

politische Bildung nicht praktikabel ist (vgl.Schuon 1988, 60 sowie Kapitel 6.1.4 in dieser Arbeit).<br />

Im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> kann die Qualität des vermittelten Wissens sogar steigen, da die<br />

Notwendigkeit besteht, immer wieder zu überprüfen, ob die unterrichtliche Kommunikation<br />

erfolgreich war, was zu einer im Vergleich zum muttersprachlichen Unterricht intensiveren<br />

Lehrer-Schüler-Kommunikation führt, durch die Verständnisprobleme eher aufgedeckt werden<br />

können (Garcia 2009, 212).<br />

6.2.4 Vereinbarkeit von Zielen und Prinzipien<br />

Obwohl sich die Ziele bilingualen Sachfachunterrichts nicht aus Zielen des <strong>Politikunterricht</strong>s<br />

ergeben, lassen sich beide Strömungen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> stellenweise problemlos<br />

kombinieren. So können beispielsweise das Erschließen von Fachkonzepten durch die Zielsprache<br />

sowie eine erhöhte sachfachliche Kommunikations-, Diskurs- und Methodenkompetenz in dieser<br />

Sprache als Aspekte der politischen Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenz<br />

48


gesehen werden. Auch der vereinfachte Zugriff auf Positionen und Quellen aus dem<br />

zielsprachigen Raum dürfte sich förderlich auf die politische Mündigkeit der SuS auswirken.<br />

Zwar ergeben sich gegenüber dem konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> einige veränderte<br />

Schwerpunktsetzungen, die jedoch nicht als problematisch gesehen werden müssen.<br />

Interkulturelle Kompetenz wird gezielter gefördert, und auch das vermittelte Wissen ist im<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> stärker interkulturell orientiert. Zudem nimmt die Quantität des<br />

vermittelten Wissens zugunsten einer verstärkt exemplarischen Wissensvermitlung ab.<br />

Einige weitere Ziele des bilingualen Sachfachunterrichts kollidieren aus dem einfachen Grund,<br />

dass sie durch das grundsätzliche Unterrichtskonzept selbst angestrebt werden, nicht mit<br />

politikdidaktischen Zielsetzungen. Dies ist beispielsweise bei der Förderung der Fähigkeiten von<br />

SuS, als Kulturmittler und Mediatoren agieren zu können, sowie der Entwicklung einer<br />

interkulturell geprägten Fachkultur der Fall.<br />

Einige andere Zielsetzungen aus der Diskussion um bilingualen Sachfachunterricht sind jedoch mit<br />

politikdidaktischen Zielen und Prinzipien nur schwer oder gar nicht vereinbar, sodass Probleme<br />

für das politische Lernen zu erwarten wären, wenn sie in den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> Einzug<br />

fänden. Solche problematischen Ziele sind etwa die Erziehung mit dem Ziel, eine bestimmte<br />

Identität und ein bestimmtes Zugehörigkeitsgefühl zu vermitteln, oder auch eine starke<br />

Einschränkung potentieller Wissensgebiete, etwa durch eine bikulturelle Orientierung oder eine<br />

Fokussierung auf den Naherlebnisbereich. Darüber hinaus ist die Überbetonung sprachlicher<br />

Zielsetzung, etwa jene einer annähernden Zweisprachigkeit, abzulehnen, da bei einer solchen<br />

Schwerpunktsetzung das politische Lernen zu stark in den Hintergrund gedrängt würde.<br />

Zusammengefasst lassen sich die meisten Ziele des bilingualen Sachfachunterrichts gut mit jenen<br />

des <strong>Politikunterricht</strong>s kombinieren, so lange einige Strömungen des bilingualen<br />

Sachfachunterrichts gemieden werden, die aus politikdidaktischer Sicht problematisch sind.<br />

Damit aus dem bilingualen Unterrichtsarrangement trotz dieser guten Kompatibilität keine<br />

Nachteile für das politische Lernen resultieren, müssen jedoch zusätzlich gezielt sprachdidaktische<br />

Überlegungen mit einbezogen werden.<br />

6.3 Didaktische Überlegungen zu Sprache im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

„Der Sachorientierung wie der Handlungsorientierung“ sind im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

„durch die Begrenztheit der Kompetenz in der Partnersprache“ Grenzen gesetzt (Kultusminister<br />

NRW 1988, 10). Wenn fremdsprachliche Fähigkeiten im bilingualen Sachfachunterricht nicht<br />

gezielt gefördert werden, können Probleme für das sachfachliche Lernen entstehen (Garcia 2009,<br />

49


321), zumal im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> andere sprachliche Fähigkeiten benötigt werden, als<br />

bei „Interaktionen des Alltagslebens“, mit denen sich fremdsprachlicher Unterricht<br />

schwerpunktmäßig beschäftigt (Dalton-Puffer 2997, 67) 37 . Wenn die sprachlichen Fähigkeiten von<br />

SuS so hinter ihren kognitiven Fähigkeiten im sachfachlichen Bereich zurückbleiben, sind sie nicht<br />

in der Lage, ihre Gedanken im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> adäquat auszudrücken (Schocker-von<br />

Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 155). Außerdem kann langfristig auch ihre kognitive Entwicklung<br />

im sachfachlichen Bereich unter einer solchen Situation leiden, da Denken und Sprache so eng<br />

verzahnt sind, dass „höhere kognitive Funktionen ohne Sprache schwer vorstellbar sind“ (Dalton-<br />

Puffer 2007, 69).<br />

Obwohl sprachliche Probleme durch den Einbezug sprachdidaktischer Überlegungen verhindert<br />

oder zumindest abgemildert werden können (vgl. Garcia 2009, 321), werden diese in der Praxis<br />

des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s häufig nicht berücksichtigt. Sprachliche Unterstützung und<br />

Korrekturen werden unterlassen, teilweise werden sogar unbekannte Vokabeln in Texten<br />

ignoriert, was zu einer Simplifizierung der diskutierten Unterrichtsgegenstände führen kann<br />

(Wegner 2011, 480). Um solche Probleme zu vermeiden, sollten sprachdidaktische Überlegungen<br />

berücksichtigt und Sprache im bilingualen Sachfachunterricht nicht nur als Medium zur<br />

Wissensvermittlung, sondern selbst als Gegenstand des Unterrichts betrachtet werden (Hasberg<br />

2007, 51).<br />

Vorschläge hierfür finden sich in politididaktischen Bildungsstandards, Kompetenzmodellen und<br />

Kerncurricula jedoch nicht. Im Abschnitt zu bilingualem <strong>Politikunterricht</strong> im hessischen<br />

Kerncurriculum Politik und Wirtschaft etwa finden sprachdidaktische Überlegungen keine<br />

Berücksichtigung (vgl. HKM 2011b, 14) 38 . Auch fremdsprachliche Standards geben keine Auskunft<br />

darüber, welche Kompetenzen für den bilingualen Sachfachunterricht, geschweige denn für den<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>, erworben werden müssen. So wird der bilinguale Sachfachunterricht<br />

im europäischen Referenzrahmen für Fremdsprachen zwar als Mittel zur Sprachförderung<br />

empfohlen, ohne jedoch konkrete weiterführende Angaben zu Sprache in dieser Unterrichtsart zu<br />

machen (vgl. Council of Europe 2001, 172).<br />

37<br />

Diese Unterschiede finden ihren Niederschlag in einer Unterscheidung von BICS (Basic Interpersonal<br />

Communication Skills, alltagssprachlichen Kompetenzen) und CALP (Cognitive Academic Language<br />

Proficiency, sprachliche Kompetenzen für fachliche Kommunikation) (Dalton-Puffer 67). Stellenweise<br />

werden BICS dem konventionellen Fremdsprachenunterricht und CALP dem bilingualen Sachfachunterricht<br />

zugeordnet (Roddert 2008, 23). Obwohl die Unterscheidung zwischen BICS und CALP in der Diskussion um<br />

bilingualen Sachfachunterricht immer wieder angesprochen wird, geht diese Arbeit nicht näher darauf ein,<br />

da der europäische Referenzrahmen ausreichende Möglichkeiten bietet, um die sprachlichen<br />

Anforderungen bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s zu analysieren. Eine weitere Unterteilung sprachlicher<br />

Kompetenzbereiche erscheint im Rahmen dieser Arbeit nicht zielführend.<br />

38<br />

Da in anderen Konzeptionen wie dem GPJE-Entwurf bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> überhaupt nicht<br />

angesprochen wird (vgl. GPJE 2004), finden sich auch zu diesem Bereich keine Vermerke.<br />

50


Ein Vorschlag für geeignetes sprachliches Lernen im Sachfachunterricht stammt von Wolfgang<br />

Hallet, der die Vorgaben von fremdsprachlichen Standards lediglich als Fundament für die<br />

Entwicklung fremdsprachlicher Kommunikation im bilingualen Sachfachunterricht sieht (Hallet<br />

2007, 17) und als Ergänzung vorschlägt, sprachliche Anforderungen aus den sachfachlichen<br />

Richtlinien, die für den muttersprachlichen Bereich gedacht sind, fremd- oder mehrsprachig zu<br />

rekonzeptualisieren (ebd., 24 sowie 2004, 32).<br />

Allerdings finden sich auch in den Bildungsstandards für den <strong>Politikunterricht</strong> nicht immer<br />

muttersprachliche Ziele, die über allgemeine Formulierungen hinausgehen. Im hessischen<br />

Kerncurriculum etwa werden Sprachkompetenzen unter den Bereich überfachlicher Kompetenzen<br />

gezählt und somit nicht konkret auf das Sachfach bezogen. Zur Sprachkompetenz werden dort<br />

Lese-, Schreib- und Kommunikationskompetenz gezählt (vgl. HKM 2011b, 8 und 10) 39 . Zwar<br />

werden später einige weitere Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit genannt, die<br />

jedoch über allgemeine Formulierungen nicht hinausgehen.<br />

So wird beispielsweise gefordert, die SuS sollten am Ende des vierten Jahres ihres<br />

<strong>Politikunterricht</strong>s im Bereich Kommunikation ihre „Interessen wahrnehmen und artikulieren“<br />

können oder „Beobachtungen, Vermutungen, Erkenntnisse und Empfindungen als solche<br />

Versprachlichen“, ohne dabei die genauen sprachlichen Fähigkeiten zu nennen, die hierfür nötig<br />

wären (vgl. HKM 2011b, 30).<br />

Auch die sachfachlichen Anforderungen an Sprache im <strong>Politikunterricht</strong> bewegen sich also,<br />

bezogen auf die explizite Nennung im hessischen Kerncurriculum, auf dem von Hallet kritisierten<br />

allgemeinen und nicht-sachfachbezogenen Niveau, welches er lediglich als Fundament für<br />

sprachliche Aspekte des bilingualen Sachfachunterrichts betrachtet. Ob eine ablehnende Haltung<br />

gerechtfertigt ist, bleibt jedoch noch zu klären. Hierfür bedarf es zunächst einer Definition von<br />

Kommunikationskompetenz, Lesekompetenz und Schreibkompetenz, die präziser ist als zum<br />

Beispiel jene des hessischen Kerncurriculums.<br />

Eine solche detailliertere Beschreibung findet sich in dem gemeinsamen europäischen<br />

Referenzrahmen (GeR). Dort wird der Versuch unternommen, Parameter, die das Lernen von<br />

Sprachen beeinflussen, zu erfassen, darzustellen und zu systematisieren (Quetz 2001, 555). Die im<br />

GeR festgehaltenen Dimensionen sind „im nationalen wie im transnationalen Diskurs breit<br />

verankert, theoretisch plausibel und konsensfähig“ (Bundesministerium 2003, 149). Die<br />

39<br />

In GPJE-Entwurf und hessischem Kerncurriculum finden sich verstreut sprachliche Forderungen, die<br />

jedoch nicht ausdrücklich als solche betitelt werden und nur für muttersprachlichen Unterricht konzipiert<br />

sind. Im Vergleich zu den sprachlichen Kompetenzen im GeR sind sie äußerst ungenau gehalten, wodurch<br />

sie für die Förderung von relevanten fremdsprachlichen Kompetenzen kaum genutzt werden können.<br />

51


Betrachtung des GeR im Rahmen dieser Arbeit beschränkt sich jedoch auf die oben genannten<br />

Bereiche von Lese-, Schreib- und Kommunikationskompetenz. Die im Referenzrahmen ebenfalls<br />

behandelten allgemeinen Kompetenzen, die deklaratives Weltwissen, allgemeine praktische<br />

Fähigkeiten und prozedurale Kompetenzen sowie persönlichkeitsbezogene Kompetenzen und die<br />

Lernfähigkeit umfassen (vgl. ebd., 148), werden ausgespart.<br />

Der GeR schlüsselt Kommunikationskompetenz in drei Kompetenzfelder auf, während Lesen und<br />

Schreiben als Teil der kommunikativen Sprachaktivitäten betrachtet werden, über welche die<br />

Kommunikationskompetenz erst beobachtbar wird (Council of Europe 2001, 9f.). Dieser<br />

Unterteilung liegt ein Modell zu Grunde, das zwischen Kompetenz und Performanz unterscheidet.<br />

Diese Unterscheidung geht auf den Linguisten Noam Chomsky zurück, der Kompetenz als etwas<br />

Implizites versteht, das nicht direkt analysiert werden kann, sondern erst durch einen<br />

kommunikativen Akt beobachtbar wird. Kompetenz kann aus dieser Perspektive also nur indirekt,<br />

durch einen Umweg über Performanz beobachtet oder überprüft werden. Je nach Art der<br />

Überprüfung ist es zudem möglich, bei gleicher Kompetenz unterschiedliche Performanzen zu<br />

beobachten (vgl. Ellis 1994, 12f.).<br />

Der GeR ordnet und strukturiert Lesen, Schreiben und Kommunikationskompetenz wie folgt:<br />

Kommunikative<br />

Kompetenzen<br />

Kommunikative<br />

Sprachaktivitäten<br />

(vgl. CoE 2001, 10)<br />

Linguistische<br />

Kompetenzen<br />

(vgl. CoE 2001, 109)<br />

Lexikalische Kompetenz<br />

Grammatische Kompetenz<br />

Semantische Kompetenz<br />

Phonologische Kompetenz<br />

Orthoepic Competence<br />

Orthographische Kompetenz<br />

Soziolinguistische Kompetenzen: Soziokulturelle Aspekte des<br />

Sprachgebrauchs wie beispielsweise sprachliche Rituale oder Normen im<br />

Umgang mit Geschlecht, Alter oder Klasse (vgl. 2001, 13)<br />

Pragmatische<br />

Kompetenzen<br />

(vgl. CoE 2001, 123)<br />

Sprachrezeption<br />

(Hören und Lesen)<br />

Sprachproduktion<br />

(Sprechen und Schreiben)<br />

Mediation/ Sprachmittlung<br />

Interaktion<br />

Diskurskompetenz<br />

Funktionale Kompetenz<br />

Schemakompetenz<br />

(Eigene Darstellung. Übersetzung der Begriffe ist an die des Goethe-Instituts (2001) angelehnt)<br />

52


Die einzelnen Dimensionen des Referenzrahmens werden weiter nach Referenzniveaus unterteilt,<br />

die „im Grunde die klassische Aufteilung in Grund- Mittel- und Oberstufe“ wiederspiegeln, indem<br />

drei grundsätzliche Niveaus unterschieden werden (Quetz 2001, 557). Diese Niveaustufen sind A,<br />

„Elementare Sprachverwendung“, B, „Selbstständige Sprachverwendung“, und C, „Kompetente<br />

Sprachverwendung“ und weisen eine weitere Unterteilung in ein etwas niedrigeres (1) und<br />

höheres (2) Kompetenzniveau auf. Folglich unterscheidet der GeR die 6 Niveaustufen A1, A2, B1,<br />

B2, C1 und C2 (Bundesministerium 2003, 150).<br />

Nach dem hessischen Kerncurriculum für neue Fremdsprachen sollten SuS an Gymnasien erst am<br />

Ende der Jahrgangsstufen 9/10 das Niveau B1 erreicht haben (HKM 2011b, 18). Angesichts der<br />

erhöhten Wochenstundenzahl in der entsprechenden Fremdsprache während der<br />

Vorbereitungszeit auf den bilingualen Sachfachunterricht ist davon auszugehen, dass dieses<br />

Niveau bereits etwas früher erreicht werden kann, insbesondere dann, wenn sich der<br />

vorbereitende Sprachunterricht auf jene Bereiche konzentriert, die für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> entscheidend sind. Die einzelnen Bereiche werden daraufhin zu überprüfen sein,<br />

ob die auf Niveau A2 beschriebenen sprachlichen Kompetenzen für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> ausreichend sind oder weiterer Förderung bedürfen.<br />

Das sprachliche Niveau bei regulärem Abschluss der Sekundarstufe I scheint im Regelfall für die<br />

Anforderungen des bilingualen Sachfachunterrichts nicht ausreichend zu sein (Hallet 2007, 19).<br />

Politische Mündigkeit zu fördern, wenn das sprachliche Niveau der SuS in zentralen sprachlichen<br />

Kompetenzen zur „Selbstständigen Sprachverwendung“ (dem Niveau B1) nicht ausreicht, dürfte<br />

sich als kaum möglich erweisen.<br />

Zudem ist zu prüfen, ob die von Hallet (2007, 23f.) vorgebrachte Kritik zutrifft und durch die<br />

Bildungsstandards für die erste Fremdsprache tatsächlich, von den grundlegenden skills Lesen,<br />

Sprechen, Hören und Schreiben abgesehen, kaum Kompetenzen gefördert werden, die für den<br />

bilingualen Sachfachunterricht genutzt werden können.<br />

53


6.3.1 Kommunikative Kompetenzen<br />

6.3.1.1 Lexikalische Kompetenz<br />

Lexikalische Kompetenz umfasst laut GeR lexikalische und grammatische Elemente 40 .<br />

Grammatische Elemente umfassen Lexiseinheiten mit grammatischen Funktionen wie etwa<br />

Artikel, Präpositionen oder Personalpronomen (Council of Europe 2001, 111). Lexikalische<br />

Kompetenz betrifft sowohl den Gebrauch einzelner Wörter als auch feste Wortfolgen wie<br />

Sprichwörter, Idiome und Metaphern (vgl. ebd., 110f.). Lexis ist untrennbar mit allen anderen<br />

Bereichen von Sprache verknüpft (vgl. Scrivener 2005, 27ff.), was auch die unterrichtliche<br />

Kommunikation mit einschließt.<br />

Die Aneignung zielsprachiger Fachtermini ist eines der Hauptanliegen von Lernenden in<br />

bilingualen Unterrichtsarrangements (Schaller-Schwanner 2005, 82). Auch aus didaktischer Sicht<br />

ist dieser Bereich eines der Schlüsselelemente bilingualen Sachfachunterrichts und sollte<br />

systematisch in den Unterricht integriert werden (Garcia 2009, 322).<br />

Aus politikdidaktischer Sicht kann lexikalische Kompetenz in etwa mit begrifflichem Faktenwissen<br />

gleichgesetzt werden, das (gemeinsam mit empirischem Faktenwissen) die Grundlage für<br />

politisches Konzeptwissen in der politischen Bildung darstellt (vgl. Kapitel 6.1.4 in dieser Arbeit).<br />

Werden entsprechende Fachbegriffe und Konzepte im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> nicht<br />

erworben, führt dies zu einer sachfachlichen Unterforderung. In diesem Fall stagniert der<br />

Unterricht in alltäglicher Sprache und erfahrungsweltlichen Deutungsmustern (Wegner 2011,<br />

212), während komplexe Zusammenhänge nicht angegangen werden (ebd., 422).<br />

Zudem vermeiden SuS Äußerungen, wenn diese Begriffe beinhalten würden, die ihnen nicht<br />

bekannt sind oder „als nicht verstehbar aufgefasst“ werden (Wegner 2011, 422). In manchen<br />

Fällen bringen SuS stattdessen auch inhaltlich beliebige Beiträge in den Unterricht ein (ebd. 334),<br />

wodurch bilinguale <strong>Politikunterricht</strong> zu einem „Laberfach“ zu werden droht, in dem „über Gott<br />

und die Welt“ gesprochen wird (ebd., 213).<br />

Nur durch den kontinuierlichen Ausbau des zielsprachigen Wortschatzes kann eine Fremdsprache<br />

allmählich zur Unterrichtssprache werden (Ministerium 2011). Dass dieser für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> unbedingt erforderlich ist, zeigt sich bei Betrachten der lexisbezogenen<br />

Zielbereiche des GeR. Niveau B1 in Bezug auf vocabulary range, das, wie erwähnt, nach den<br />

40<br />

Dieser Bereich beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Lexis und Grammatik. Im GeR wird argumentiert,<br />

dass vieles, was als Grammatik wahrgenommen wird, tatsächlich nur aus zahlreichen Wortverknüpfungen<br />

besteht (vgl. Barcroft 2004, 201). Da diese Diskussion für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> jedoch eher<br />

uninteressant ist – mit der Relevanz von Grammatikkompetenz für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

beschäftigt sich das nächste Unterkapitel –, wird dieser Bereich hier ausgespart bleiben.<br />

54


Vorstellungen des Kerncurriculums für die neuen Fremdsprachen am Ende der Jahrgangsstufen 9<br />

und 10 erreicht werden soll, umschließt lediglich Vokabular, mit dem Alltags- und<br />

Routinesituationen bewältigt werden können (vgl. Council of Europe 2001, 112). Ein „good range<br />

of vocabulary for matters connected to his/ her field“ wird erst auf Niveau B2 erreicht (ebd.).<br />

Auch im Bereich der vocabulary control erscheint das Niveau B1 für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> nicht ausreichend, da auf diesem Niveau schwere Fehler erwartet werden, wenn<br />

SuS komplexe Gedanken ausdrücken oder sich mit unbekannten Feldern und Situationen<br />

beschäftigen (Council of Europe 2001, 112). Erst auf Niveau B2 ist die Kontrolle über das eigene<br />

Vokabular so gut, dass die inkorrekte Wortwahl eine erfolgreiche Kommunikation lediglich be-,<br />

nicht aber verhindert (ebd.). Für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> kann es somit nicht als<br />

zufriedenstellend betrachtet werden, dem konventionellen Sprachfachunterricht allein Lexisarbeit<br />

zu überlassen. Lehrerinnen und Lehrer, die Politik bilingual unterrichten, müssen mit<br />

Fremdsprachenlehrerinnen- und lehrern grundsätzlich zusammenarbeiten (vgl. etwa Mehisto et<br />

al. 2008, 112). Ohne eine solche Kooperation wird es SuS erschwert, ein lexikalisches Niveau zu<br />

erreichen, das einen bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> ermöglicht, in dem politische Kompetenzen<br />

effektiv gefördert werden können.<br />

Neben der Vermittlung von Vokabeln ist für eine möglichst effektive Entwicklung des<br />

Lexisbereichs die Weiterentwicklung der lexisbezogenen Lernkompetenz entscheidend, die den<br />

SuS zudem Fähigkeiten zum selbstständigen Lernen vermitteln soll. Sheerin (2005, 36ff.) nennt in<br />

diesem Kontext drei zu fördernde sprachliche skills, nämlich den bewussten Umgang mit<br />

Kollokationen, den Umgang mit Wörterbüchern sowie systematisches Aufzeichnen, Wiederholen<br />

und Erinnern von neuem Vokabular.<br />

Der bewusst Umgang mit Kollokationen, also häufig auftauchenden Wortkonstellationen wie<br />

beispielsweise register to vote oder election fundraising, kann SuS helfen, ihr produktives und<br />

rezeptives Potential zu vergrößern. Sie lernen etwa, welche Wörter zusammen mit einem<br />

bestimmten Verb oder Subjekt verwendet werden oder ob ein Wort auch in unterschiedlichen<br />

Wortklassen verwendet werden darf (Sheerin 1995, 36). Eng verwandt ist das Erkennen<br />

semantischer Verknüpfungen zwischen neuen und bereits bekannten Wörtern, was ebenfalls<br />

lernfördernd wirken kann (Barcroft 2004, 202).<br />

Der Gebrauch von Wörterbüchern spielt insbesondere beim selbstständigen Arbeiten an<br />

fremdsprachigen Texten eine große Rolle. Zu den Fähigkeiten in diesem Bereich gehört auch, das<br />

richtige Wörterbuch für das jeweilige Ziel wählen zu können. Die Kenntnis der Vor- und Nachteile<br />

von einsprachigen, bilingualen, enzyklopädischen, idiomatischen Wörterbüchern oder auch von<br />

55


Fachwörterbüchern 41 kann den SuS in ihren Lernprozessen eine große Hilfe sein. Wichtig ist dabei<br />

auch ein bewusster Umgang mit dem Problem, dass Wörterbücher zwar gut dafür geeignet sind,<br />

die Bedeutung von Wörtern herauszufinden, jedoch häufig nicht die Informationen enthalten, die<br />

SuS benötigen, um Sprache zu produzieren (Sheerin 1995, 38). Für den Fall, dass<br />

Lexissammlungen für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> selbst zusammengestellt werden, ist zudem<br />

darauf zu achten, dass fremdsprachige Fachwörterbücher häufig ungeeignet sind, da die dort zu<br />

findenden Definitionen zu komplex und zu spezialisiert sind (Schaller-Schwanner 2005, 84).<br />

Wörterbücher, die in Kooperation mit der Lehrkraft durch die SuS selbst erstellt werden, sind<br />

häufig sinnvoller. Im Optimalfall wird hierfür kursübergreifend ein einheitliches System genutzt,<br />

das nicht nur Wortlisten, sondern auch Definitionen, Beispiele und Beispielsätze beinhaltet. Diese<br />

von den SuS selbst erstellten Einträge bilden ein Kompendium von Fachbegriffen, die im<br />

Unterricht aktiv genutzt werden können und sollen (Dale/van der Es/Tanner 2010, 54).<br />

Häufig werden neue Vokabeln unsystematisch oder lernhemmend, etwa in Form einer<br />

alphabetischen Wortliste, niedergeschrieben. Lexiseinheiten werden im mentalen Lexikon jedoch<br />

nicht in alphabetischen Listen, sondern in miteinander verwobenen Verbindungen und<br />

Netzwerken gespeichert (Sheerin 1995, 37). Eine solche Organisation von Begriffen entspricht<br />

zudem stärker dem Lernen im <strong>Politikunterricht</strong>. Auch das „Netz von Vorstellungen und Begriffen“<br />

(Bergsträßer, zit. nach Henkenborg 2011, 111), das für das Verstehen und Erkennen des<br />

Politischen zentral ist, wird nicht alphabetisch, sondern entlang von Kategorien oder Konzepten<br />

organisiert.<br />

Werden diese nicht erlernt und zu einer Struktur verknüpft, kann ein fachlich differenzierter<br />

Diskurs im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> nicht gelingen (Wegner 2011, 396). Das gemeinsame<br />

Erarbeiten von Wörterbüchern für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> unterstützt also nicht nur das<br />

sprachliche Lernen, ohne das politisches Lernen im bilingualen Unterrichtsarrangement behindert<br />

würde, sondern unterstützt außerdem die Aneignung von politischem Wissen und den Aufbau<br />

eines Vorstellungs- und Begriffsnetzes. Insbesondere begriffliches Faktenwissen und<br />

Konzeptwissen können gut mit der Förderung lexikalischer Kompetenz verbunden werden.<br />

Mit der Erstellung solcher Wörterbücher hängt der Bereich des systematischen Aufzeichnens,<br />

Wiederholens und Erinnerns von neuem Vokabular zusammen (Sheerin 1995, 37). Erfolgreiche<br />

Vokabellerner nutzen ein variantenreiches Repertoire an Lernstrategien (Barcroft 2004, 202).<br />

Sofern ein solches nicht vorhanden ist, sollten entsprechende Fähigkeiten der SuS angesichts der<br />

hohen Relevanz von lexikalischer Kompetenz für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> gefördert<br />

werden.<br />

41 Dieser Liste sind Medienkompetenzen im Umgang mit Online-Nachschlagewerken hinzuzufügen.<br />

56


Im Kontext des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s ist weiterhin darauf zu achten, dass politische<br />

Konzepte oder Kategorien mit Begriffen in beiden Sprachen verknüpft werden, da andernfalls das<br />

Niveau einer der beiden verwendeten Sprachen auf einer alltagssprachlichen Ebene verharrt.<br />

Gerade mit Blick auf kommunikative Handlungen außerhalb des schulischen Unterrichts ist eine<br />

terminologische Zweisprachigkeit zentral, wie das folgende Zitat exemplarisch zeigt:<br />

„Eine ruhige, aber angestrengt aufmerksame Studentin gab in einem Seminar zur<br />

Weimarer Republik eine Hausarbeit ab, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Begrifflichkeit<br />

schwer verständlich war. (….) Daraufhin angesprochen erklärte mir die Studentin, dass sie<br />

in ihrer Schulzeit Geschichtsunterricht auf Englisch gehabt und deshalb in ihrem Studium<br />

mit erheblichen Verstehensproblemen zu kämpfen hätte. Bei Diskussionen könne sie sich<br />

kaum beteiligen, weil ihr die Begriffe fehlten...“<br />

(Alavi zit. nach Hasberg 2007, 39) 42<br />

Trotz negativer Auswirkungen bei der Entwicklung von lexikalischer Kompetenz in nur einer<br />

Sprache des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s wird die Entwicklung eines muttersprachlichen<br />

Sachfachwortschatzes in der Fachliteratur zu bilingualem Sachfachunterricht vergleichsweise<br />

wenig diskutiert.<br />

In Bezug auf bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> ist sie jedoch zentral. Die politische Handlungs-, Analyse-<br />

und Urteilskompetenz in dem Staat, in dem die SuS aufwachsen, ist auch von der Kenntnis<br />

entsprechender Begriffe in der Landessprache abhängig. Wie etwa sollte sonst die politische<br />

Handlungskompetenz von SuS gegen Ende der gymnasialen Oberstufe erreicht werden, wie sie<br />

von der GPJE (2004, 25f.) formuliert wird, die voraussetzt, „verschiedene Formen politischen<br />

Engagements für eine konkrete politische Situation vorschlagen“ zu können und in diesem<br />

Kontext muttersprachliche Begriffe wie „Verbände“, „Bürgerinitiativen“,<br />

„Bürger-/Volksentscheide“ oder „Klagerechte“ zu erlernen?<br />

Da die Bedeutung dieser Begriffe SuS häufig auch in ihrer Muttersprache noch nicht bekannt ist,<br />

muss im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> grundsätzlich ein doppelter Fokus auf die Bedeutung und<br />

auf die Form der Wörter gelegt werden (Garcia 2009, 322). Abstrakte Konzepte, die häufig<br />

außerhalb ihrer Erfahrungswelt liegen oder einen kulturspezifischen Rahmen aufweisen, der<br />

ihnen nicht vertraut ist, in einer Fremdsprache zu erlernen und mit Begriffen in gleich zwei<br />

Sprachen zu verknüpfen, ist für SuS im bilingualen Sachfachunterricht eine anspruchsvolle<br />

Aufgabe (Dale/van der Es/Tanner 2010, 53). Angesichts dieser komplexen Anforderungen kann es<br />

42<br />

Ob diese Anekdote als repräsentativ für die Auswirkungen von fremdsprachlichem Sachfachunterrichts<br />

gesehen werden kann, bleibt derzeit reine Spekulation, da entsprechende empirische Befunde zur<br />

Durchführung und zu den Wirkungen dieser Unterrichtsform nicht vorliegen (vgl. Hasberg 2007, 38).<br />

57


nicht verwundern, dass viele SuS den Umfang des zu lernenden Vokabulars im bilingualen<br />

Sachfachunterricht zum Teil als zu hoch einschätzen (vgl. Wegner 2011, 357). Um eine mögliche<br />

Überforderung durch eine „stoffliche Überfrachtung“ zu vermeiden muss gezielt analysiert<br />

werden, welches fachspezifische und themenübergreifende Vokabular für das Erreichen jeweiliger<br />

Zielsetzungen in einer Unterrichtseinheit benötigt wird (Kultusminister NRW 1988, 67). Eine<br />

Fokussierung auf unterrichtsrelevante Sprache ist hierbei entscheidend (Mehisto et al. 2008, 104).<br />

SuS können jedoch trotz einer solchen Fokussierung das Erlernen von Fachbegriffen in der<br />

Fremdsprache als schwere Hürde empfinden (vgl. Wegner 2011, 357). Die angesprochene<br />

doppelte Fremdheit nehmen die SuS auch selbst wahr. In den Augen mancher SuS werden im<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> teilweise „Fremdwörter“ (vgl. Wegner 2011, 396). verwendet, die sie<br />

„auch schon manchmal auf deutsch nicht verstehen“ können und deren Übersetzung sie als<br />

„nochmal schwerer“ einschätzen (Wegner 2011, 422). Ob dieses Problem primär ein Problem der<br />

Wortschatzarbeit, also ein sprachdidaktisches, oder aber primär eines des Konzeptbildung und<br />

somit ein fachdidaktisches Problem darstellt, lässt sich kaum beantworten (ebd., 396).<br />

Sicher ist nur, dass dieses Problem gemeistert werden muss, um eine partial biliteracy, also eine<br />

annähernde Zweisprachigkeit in Bezug auf die im <strong>Politikunterricht</strong> behandelten Bereiche zu<br />

ermöglichen (vgl. Garcia 2009, 153). Dies bedeutet nicht, dass jedes Konzept zweimal erlernt<br />

werden müsste. Im sensorischen Sprachzentrum ist das konzeptuelle System unterschiedlicher<br />

Sprachen nicht getrennt, sodass ein einmal verstandenes Konzept mit einem zusätzlichen Begriff<br />

in einer anderen Sprache verknüpft werden kann (Butzkamm/Caldwell 2009, 75). Dieser<br />

Sachverhalt ist für die Förderung politischer Kompetenz in beiden Sprachen essentiell, da<br />

fachliches Wissen um zentrale Begriffe strukturiert ist (Wegner 2011, 478). SuS verfügen in der<br />

Regel bereits über zahlreiche für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> relevante Konzepte, haben sie<br />

aber noch nicht mit einem fremdsprachlichen Begriff verknüpft, sodass ihre Ausdrucksfähigkeit in<br />

der L2 zu Beginn des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s hinter ihren kognitiven Möglichkeiten<br />

zurückbleibt (Lepschy/Rohde 2007, 4). Um eine sachfachliche Unterforderung zu vermeiden, ist es<br />

im bilingualen Sachfachunterricht günstig, bereits in der Aktivierungsphase die L1 zu verwenden<br />

um zu überprüfen, welche Konzepte und Termini den SuS bereits in ihrer Muttersprache bekannt<br />

sind (Dale/van der Es/Tanner 2010, 19). Wenn SuS in der Zielsprache weder ihre eigene Meinung<br />

noch erworbenes Fachwissen artikulieren können, obwohl sie muttersprachlich dazu in der Lage<br />

wären (Lepschy/Rohde 2007, 4), ist dies aus politikdidaktischer Sicht ein Problem. Ähnlich<br />

problematisch ist es, wenn SuS Wissen ausschließlich in der Fremdsprache erwerben und aus<br />

diesem Grund nicht in der Lage sind, die korrekten Begriffe in ihrer Muttersprache zu verwenden,<br />

weil diese im streng monolingual fremdsprachlichen Sachfachunterricht nicht erlernt wurden.<br />

58


Werden diese Probleme jedoch durch gezielte Förderung der lexikalischen Kompetenz bekämpft,<br />

können nicht nur Nachteile ausgeglichen, sondern sogar Vorteile erreicht werden. Bestehen<br />

Verknüpfungen zwischen den Begriffen von und für Konzepte in beiden Sprachen, werden bei<br />

dem Verstehen und Produzieren von Fremdsprachen Informationen der L1 mit aktiviert. Durch<br />

dieses unbewusste Training verbessern sich bei Gebrauch der Fremdsprache auch die<br />

muttersprachlichen Kompetenzen. So nennen beispielsweise fortgeschrittene bilinguale Sprecher<br />

Wörter in der L1 schneller als andere Muttersprachler, die gerade erst mit dem Erlernen einer<br />

Fremdsprache begonnen haben (Barcroft 2004, 202).<br />

6.3.1.2 Grammatische Kompetenz<br />

Grammatische Kompetenz bezeichnet das Wissen über- und die Fähigkeit des Gebrauchs von<br />

grammatischen Elementen, um korrekt gebildete Sätze zu produzieren und zu verstehen.<br />

Grammatik wird dabei als Regelwerk verstanden, das die Organisation einzelner Wörter zu<br />

bedeutungshaltigen Sätzen ermöglicht (Council of Europe 2001, 112). Als Beispiel für die<br />

Einschätzung grammatischer Kompetenz ist im GeR eine Skala für „Grammatical Accuracy“<br />

angeführt (ebd., 113). Obwohl auch in diesem Bereich Niveau B2 (Fehler sind selten und<br />

verhindern das Verstehen von Aussagen nicht) vorteilhaft für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

wäre, scheint für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> bereits Niveau A2 ausreichend. Auf diesem<br />

Niveau können einfache grammatische Strukturen genutzt werden. Fehler treten zwar häufig auf,<br />

doch ist es in der Regel klar, was ausgedrückt werden soll (vgl. ebd., 114).<br />

SuS werden in der Regel durch mangelnde Lexis-, nicht aber durch mangelnde<br />

Grammatikkenntnisse von der aktiven Beteiligung am Unterricht abgehalten (Schocker-von<br />

Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 157). Schwächen bei der grammatischen Kompetenz können das<br />

Verständnis von Botschaften zwar erschweren, verhindern deren Übermittlung aber nicht<br />

vollständig (Barcroft 2004, 201). Eine perfekte Grammatik ist im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

somit von eher zweitrangiger Bedeutung.<br />

Im bilingualen Sachfachunterricht sollte im Vordergrund stehen, dass die SuS tatsächlich<br />

kommunizieren. Das schließt positive Verstärkung für richtige Aussprache, Wortschatz- und<br />

Grammatikgebrauch zwar ebenso wenig aus wie gelegentliche Einheiten zu deren gezielter<br />

Förderung (Mehisto et al. 2008, 107), doch sollten diese selten und mit Bedacht eingesetzt<br />

werden (vgl. Garcia 2009, 214). Der Ausspruch “you can correct a child until you get a silence that<br />

is grammatically perfect” (Baetens/Beardsmore 2007, zit. nach Garcia 2009, 322) sollte als<br />

59


Warnung vor möglichen Problemen für die politische Bildung im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> ernst<br />

genommen werden.<br />

Die stellenweise geäußerte Forderung, Grammatikunterricht in den bilingualen<br />

Sachfachunterricht zu integrieren (so etwa Roddert 2008, 21) wird demnach nicht geteilt.<br />

„Hauptsächlich auf grammatische Punkte“ bezogenes Sprachlernen (ebd.) sollte im bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> nicht stattfinden, wenn politikdidaktische Zielsetzungen im Vordergrund stehen.<br />

6.3.1.3 Semantische Kompetenz, orthographische Kompetenz und Aussprache<br />

Semantische Kompetenz betrifft Bewusstsein und Kontrolle über die Organisation von<br />

Botschaften. Hierunter werden vielfältige Bereiche, wie lexical semantics (das Verhältnis eines<br />

Wortes zum Kontext), interlexical relations (unter anderem Synonyme, Antonyme oder<br />

Kollokationen) (Council of Europe 2001, 115), grammatical semantics (die Bedeutung<br />

grammatikalischer Elemente, Kategorien, Strukturen und Prozesse) sowie pragmatic semantics<br />

(die logischen Relationen zwischen einzelnen Elementen wie etwa Implikationen) (ebd., 116),<br />

gezählt. Für den Bereich der semantischen Kompetenz liegen im GeR keine Niveaustufen vor,<br />

sodass es rein spekulativ wäre, anhand der vorliegenden Informationen Vermutungen zu der<br />

Bedeutung von semantischer Kompetenz für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> anstellen zu wollen.<br />

Gleiches gilt für die orthoepic competence, die Fähigkeit, Texte vorzutragen (vgl. ebd., 117).<br />

Die unterschiedlichen Niveaus von phonologischer Kompetenz werden im GeR zwar dargestellt,<br />

doch bereits A2 scheint für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> ausreichend zu sein. Auf dieser Stufe<br />

ist ein Sprecher in der Lage, sich in der Zielsprache so deutlich auszudrücken, dass er, bei<br />

gelegentlichem Nachfragen, verstanden wird (vgl. Council of Europe 2001, 116f.). Wie stark der<br />

Akzent des Sprechers ist, spielt für sachfachliche Lernziele eine eher untergeordnete Rolle, so<br />

lange die Beiträge auch von den anderen SuS verstanden werden können (vgl. Wegner 2011, 357).<br />

Orthographische Kompetenz beinhaltet Wissen und Fähigkeiten über die Produktion und<br />

Rezeption von Symbolen geschriebener Texte. Hierunter fallen etwa unterschiedliche Schriftarten,<br />

Punktuation oder korrekte Rechtschreibung, auch in Bezug auf Abkürzungen. Erst auf Niveau B1<br />

ist die orthographische Kompetenz weit genug ausgeprägt, um Rechtschreibung, Punktuation und<br />

Layout so zu gestalten, dass ein Leser dem Text weitestgehend folgen kann (Council of Europe<br />

2001, 118).<br />

60


6.3.1.4 Soziolinguistische Kompetenzen<br />

Soziolinguistische Kompetenzen verweisen auf die soziokulturellen Bedingungen des<br />

Sprachgebrauchs, wie zum Beispiel Höflichkeitsfloskeln oder sprachliche Rituale. Obwohl sich<br />

Sprechende dessen häufig nicht bewusst sind, betrifft die soziolinguistische Komponente jegliche<br />

Kommunikation (Council of Europe 2001, 13). Soziolinguistische Kompetenz umschließt Bereiche<br />

wie Höflichkeitskonventionen, „folk wisdom“ (Sprichwörter, sprachtypische Idiome, verbreitete<br />

Weisheiten aus dem dominanten Glauben etc.), oder Unterschiede zwischen unterschiedlichen<br />

umfeldabhängigen Sprachvariationen (etwa formelle und informelle Sprache) (ebd., 118ff.).<br />

Da beide Bereiche eng verwandt sind, sei hier auf den Abschnitt zu bi-, multi- und interkultureller<br />

Kompetenz zurückverwiesen. Abgesehen von den dortigen Aussagen sind die meisten Bereiche<br />

soziolinguistischer Kompetenzen hauptsächlich für den Fremdsprachenunterricht, nicht jedoch für<br />

den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> interessant. Sprachkonventionen können durchaus eine Rolle für<br />

die Effektivität des politisch mündigen Handelns im zielsprachigen Raum spielen, doch ist bereits<br />

auf Niveau A2 die Möglichkeit zum Austausch von Meinungen und Einstellungen, wenn auch auf<br />

eine sprachlich einfache Art und Weise, gegeben (vgl. Council of Europe 2001, 122). Die höhere<br />

Entwicklung dieses Kompetenzbereichs kann dementsprechend weiterhin dem konventionellen<br />

Fremdsprachenunterricht überlassen werden.<br />

6.3.1.5 Pragmatische Kompetenzen<br />

Pragmatische Kompetenzen beschäftigen sich nach dem Verständnis des GeR mit der<br />

funktionalen Nutzung sprachlicher Ressourcen (Council of Europe 2001, 13), genauer gesagt mit<br />

den Bereichen Diskurskompetenz, funktionale Kompetenz und Schemakompetenz (ebd., 123).<br />

Diskurskompetenz ist die Fähigkeit, Sätze so aneinander zu reihen, dass ein sinnvoll<br />

zusammenhängendes Gebilde entsteht, das die Gestaltungskonventionen der<br />

Sprachgemeinschaft berücksichtigt. Neben der Organisation von Beiträgen nach bestimmten<br />

Kriterien, wie einem bestimmten inhaltlichen Fokus oder einer zeitlichen Organisation, beinhaltet<br />

dieser Kompetenzbereich auch die Fähigkeit, Diskurse zu strukturieren und zu steuern. Auch das<br />

Kooperationsprinzip nach Grice wird in diesem Bereich angeführt. Dort werden vier Kriterien<br />

genannt, die für eine effiziente Kommunikation vorteilhaft sind und nur aus besonderen Gründen,<br />

jedoch nicht aus Unfähigkeit, verletzt werden sollten. Diese sind:<br />

61


1. Qualitätskriterium – der Beitrag sollte inhaltlich korrekt sein.<br />

2. Quantitätskriterium – der Informationsgehalt sollte in Bezug auf die Beitragslänge<br />

möglichst hoch sein.<br />

3. Relevanzkrierium – der Beitrag sollte nichts Irrelevantes enthalten.<br />

4. Kriterium der Art und Weise – der Beitrag sollte möglichst kurz und klar sein und keine<br />

Widersprüche und Unklarheiten enthalten (Council of Europe 2001, 123).<br />

Auch die Anwendung von Kommunikationsregeln die bereits in der Politikdidaktik gebraucht<br />

werden, etwa jene nach Habermas oder Cohen (vgl. Henkenborg 1997, 108), fallen bei dieser<br />

Zuordnung unter pragmatischer Kompetenzen.<br />

Diskurskompetenz ist ein wichtiger Bestandteil von politischer Handlungskompetenz, die unter<br />

anderem das Formulieren von Ideen beinhaltet (vgl. hierzu Detjen 2007, 436), sodass durch die<br />

Förderung dieser Kompetenzen sowohl sprach- als auch politikdidaktische Ziele gleichzeitig<br />

gefördert werden.<br />

Funktionale Kompetenz als zweiter Bereich der pragmatischen Kompetenzen ist der Gebrauch von<br />

Sprache und Schrift für einen bestimmten funktionalen Zweck und setzt sich aus den Bereichen<br />

der Mikrofunktionen, Makrofunktionen und Schemata zusammen (Council of Europe 2001, 125).<br />

Mikrofunktionen befassen sich mit der Suche nach und der Vermittlung von Informationen, dem<br />

Ausdrücken und Finden eigener Einstellungen, der Beeinflussung anderer, mit sozialen Aspekten,<br />

strukturierenden Funktionen sowie korrigierenden Maßnahmen im Falle fehlgeschlagener<br />

Kommunikation (Council of Europe 2001, 126). Viele dieser Aspekte spielen auch bei der<br />

politischen Analysekompetenz (etwa Identifizieren und Nachfragen) und Urteilskompetenz (so das<br />

Finden eigener Einstellungen) sowie der politischen Handlungskompetenz (beispielsweise das<br />

Beeinflussen anderer) eine Rolle (vgl. Kapitel 6.1.3. Ein politikdidaktisches Kompetenzmodell).<br />

Makrofunktionen sind die Funktionen von Sprach- und Textsequenzen, wie Kommentaren,<br />

Demonstrationen, Erklärungen oder Narrationen (Council of Europe 2001, 126).<br />

Schemata schließlich sind bestimmter Muster von sozialer Interaktion, welche die Makro- und<br />

Mikrofunktionen immer durchdringen (ebd., 125), wie beispielsweise Frage Antwort oder<br />

Aussage Zustimmung/ Ablehnung. Solche kurzen Schemata sind dabei üblicherweise in längere<br />

Interaktionsketten eingebunden (ebd., 127). Schemata spielen für kommunikative<br />

Sprachaktivitäten eine entscheidende Rolle. Sie erleichtern beispielsweise das Planen eigener-<br />

und das Verständnis fremder Redebeiträge.<br />

Pragmatische Kompetenzen werden auch im konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> gefördert und<br />

betreffen zentrale Bereiche politischer Mündigkeit. Sie bedürfen während des erweiterten<br />

Fremdsprachenunterrichts besonderer Aufmerksamkeit, da ein sprachliches Niveau A2 für die<br />

62


Förderung politischer Mündigkeit nicht ausreichend sein dürfte. Erst auf Niveau B1 sind SuS<br />

beispielsweise in der Lage, eigene Bedürfnisse auszudrücken und sich an Diskussionen über<br />

bekannte Themen zu beteiligen (vgl. Council of Europe 2001, 124f.).<br />

6.3.2 Kommunikative Sprachaktivitäten<br />

Kommunikative Sprachaktivitäten sind für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> zentral, da sie die<br />

politische Auseinandersetzung in Form eines rationalen Diskurses ermöglichen.<br />

Da an einem solchen Diskurs „am besten jene SuS teilnehmen [können], die der Sprache<br />

besonders mächtig sind und ungefähr abschätzen können, was ankommt“ (George 1991, 150)<br />

sind die kommunikativen Sprachaktivitäten in der L2 für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> von<br />

besonderer Bedeutung. Sie sind zudem Voraussetzung für ein „sicheres, situationsangemessenes<br />

Verhalten in der Öffentlichkeit“ (GPJE 2004, 30), sodass ihre Entwicklung notwendig ist, um den<br />

höchsten Anforderungsbereich des GPJE-Modells zu erfüllen.<br />

Zu den kommunikativen Sprachaktivitäten werden im GeR Sprachrezeption, Sprachproduktion,<br />

Interaktion und Mediation gezählt. Mündliche und schriftliche Sprachproduktion und -rezeption<br />

stechen aus diesem Feld heraus, da sie Interaktion und Mediation überhaupt erst ermöglichen.<br />

Interaktion bezeichnet einen Austausch von zwei oder mehr Menschen, bei dem sich<br />

Sprachrezeption und -produktion abwechseln oder teils überlappen können. Mediation hingegen<br />

betrifft nicht die direkte Kommunikation sondern die Sprachmittlung zwischen zwei Personen, die<br />

nicht direkt miteinander kommunizieren können, durch eine dritte Person (Council of Europe<br />

2001, 14). Häufig kommen Sprachproduktion, Sprachrezeption, Interaktion und Mediation nicht<br />

isoliert, sondern in Kombination vor (ebd., 57).<br />

6.3.2.1 Produktive Sprachaktivitäten<br />

Sprachproduktion bezieht sich auf die Produktion von Sprache durch Schrift und Stimme (Council<br />

of Europe 2001, 57f.) 43 und ist für die politische Bildung von Bedeutung, so lange nicht nur das<br />

Ideal des reflektierenden Zuschauers, sondern jenes des interventionsfähigen Bürgers angestrebt<br />

wird. Für eine Beteiligung an politischen Prozessen über Wahlen hinaus ist sind Fähigkeiten im<br />

Bereich des Sprachproduktion unentbehrlich. Beiträge zu politischen Diskussionen im<br />

Bekanntenkreis, Schreiben an Abgeordnete, oder öffentliche Reden zählen zur Sprachproduktion.<br />

Darüber hinaus ist Sprachproduktion auch für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> von<br />

entscheidender Bedeutung, da die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem <strong>Thema</strong> im<br />

43<br />

Auf Seite 58ff. (Council of Europe 2001) wird die mündliche Sprachproduktion in einigen Niveauskalen<br />

detaillierter ausgeführt. Niveauskalen für die schriftliche Sprachproduktion finden sich (ebd.) auf Seite 65ff.<br />

63


ilingualen Sachfachunterricht stark von den Artikulationsfähigkeiten der SuS in der<br />

Fremdsprache abhängt (Wegner 2011, 395). Es kann vorkommen, dass Fachwissen von SuS nicht<br />

eingebracht wird, weil es in der Fremdsprache nicht kommuniziert werden kann oder sie<br />

zumindest den subjektiven Eindruck haben, dazu nicht in der Lage zu sein. Dieses Problem kann<br />

dazu führen, dass eine Abstraktion nicht stattfindet und sich die SuS stattdessen weiterhin im<br />

alltagssprachlichen und auch inhaltlich alltäglichen Bereich bewegen, in dem sie sprachlich<br />

sicherer sind. Eine mögliche negative Konsequenz daraus ist, dass statt dem Erkennen fachlicher<br />

Zusammenhänge und der Bildung von Fachkonzepten vereinfachende alltagsweltliche Konzepte<br />

verwendet werden, was die fachliche Bildung massiv erschwert (Wegner 2011, 397). Solche<br />

Situationen, in denen das sprachliche Niveau nicht ausreicht, um die eigenen Gedanken<br />

angemessen auszudrücken, kommen insbesondere in der Anfangsphase bilingualen<br />

Sachfachunterrichts vor. Viele SuS neigen dazu, sich in diesen Fällen aus dem Unterricht<br />

zurückzuziehen (Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 158).<br />

Alternativ kann sich ein Sprecher oder eine Sprecherin auch dazu entschließen, das, was er oder<br />

sie ausdrücken wollte, zu vereinfachen oder sprachliche Ausweichstrategien zu nutzen (Council of<br />

Europe 2001, 63). Die Anpassung der Aussage an die sprachlichen Ressourcen werden auch als<br />

avoidance strategies bezeichnet, während der Gebrauch sprachlicher Ausweichstrategien zwecks<br />

Übermittlung einer gewünschten Botschaft als achievement strategies bezeichnet wird. Zu<br />

achievement strategies sind etwa Generalisierungen, Paraphrasierungen, Umschreibungen oder<br />

die Integration von Begriffen aus der L1, die an die L2 angepasst werden, zu zählen (ebd., 63).<br />

Um negative Auswirkungen für die politische Bildung zu verhindern, sollten die SuS möglichst<br />

rasch an achievement strategies gewöhnt werden. Sprachliche Richtigkeit ist, wie zu Beginn dieser<br />

Arbeit erwähnt, weniger wichtig als eine möglichst effektive Förderung der politischen Mündigkeit<br />

von SuS.<br />

Im bilingualen Sachfachunterricht ist zusätzlich zu den oben genannten achievement strategies<br />

außerdem der Gebrauch von code-switching-Strategien, der Wechsel zwischen L1 und L2, legitim.<br />

Da die sprachlichen Anforderungen im bilingualen Sachfachunterricht häufig die<br />

fremdsprachlichen Kompetenzen der SuS übersteigen (Butzkamm/Caldwell 2009, 34), wäre die<br />

Alternative zur Verwendung muttersprachlicher Elemente ein zwischenzeitiger Abbruch der<br />

Kommunikation (ebd., 26). Zwar ist eine ungeplante oder inflationäre Verwendung der L1, etwa<br />

um Anweisungen zu geben, oder um die SuS zur Aufmerksamkeit zu ermahnen, zu vermeiden<br />

(Garcia 2009, 298), doch lässt eine erzwungene sprachliche Korrektheit SuS im bilingualen<br />

Sachfachunterricht häufig schweigen (Garcia 2009, 298). Die Einbindung der L1 kann ein wichtiges<br />

vermittelndes Element für bedeutungsvolle Kommunikation sein, welches botschaftenorientierte<br />

64


Diskussionen aufrechterhält, statt sie zu unterbrechen (Butzkamm/Caldwell 2009, 26). Die Frage,<br />

ob solche code-switching-Strategien jedoch lediglich in der Anfangsphase bilingualen<br />

Sachfachunterrichts notwendig sind (vgl. etwa Schocker-von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004,<br />

158), oder auch zu späteren Zeitpunkten ihre Berechtigung haben, wird noch immer kontrovers<br />

diskutiert.<br />

Aus sachfachlicher Sicht sollten L1-Elemente auch nach einer Anfangsphase nicht vollständig aus<br />

dem bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> verdrängt werden, da der unterrichtliche Fokus auf<br />

bedeutungsvolle Kommunikation und nicht auf die korrekte fremdsprachliche Form gerichtet ist<br />

(Butzkamm/Caldwell 2009, 26). Ein strikt fremdsprachlicher und sehr auf korrekte Sprache<br />

bedachter Unterricht erhöht bei SuS die Hemmschwelle, sich überhaupt zu beteiligen(Wegner<br />

2011, 357), während durch einen gezielten Einsatz muttersprachlicher Elemente für SuS die<br />

Chance steigt, tatsächlich eigene Gedanken in die Fremdsprache zu übertragen, statt lediglich<br />

bekannte Strukturen zu manipulieren. An die Stelle von inhaltsleerer kann so gehaltvolle<br />

unterrichtliche Kommunikation treten. Wird die Muttersprache nicht tabuisiert, hat dies zudem<br />

den Effekt, das Intonation, Mimik und Gestik natürlicher werden (Butzkamm/Caldwell 2009, 139)<br />

und die Verbindung zwischen L1 und L2 gestärkt wird (Garcia 2009, 299).<br />

6.3.2.2 Rezeptive Sprachaktivitäten<br />

Auch für eine erfolgreiche Sprachrezeption kann die Integration der L1 im bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> sinnvoll sein. Sprachrezeption bezieht sich auf die Bereiche Hören (Council of<br />

Europe 2001, 65) und Lesen (ebd., 68), ergänzt um den Bereich der Rezeptionsstrategien (ebd.,<br />

72) 44 . Gute Fähigkeiten in diesem Bereich sind zentral für einen erfolgreichen bilingualen<br />

Sachfachunterricht. Immer wieder kommt es vor, dass fremdsprachliche Äußerungen anderer SuS<br />

oder auch der Lehrkraft ebenso wie Wörter oder Textpassagen nicht oder falsch verstanden<br />

werden (vgl. Wegner 2011, 362), was insbesondere dann zu Problemen führen kann, wenn solche<br />

Missverständnisse unentdeckt bleiben (Butzkamm/Caldwell 2009, 76).<br />

Die rezeptiven Sprachaktivitäten sollten im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> unterstützt werden, um<br />

diese Probleme zu reduzieren. Grundsätzlich bieten sich hierbei zwei Möglichkeiten an, nämlich<br />

die Förderung von Rezeptionsstrategien und die gezielte Einbindung von L1-Elementen.<br />

Rezeptionsstrategien dienen dazu, Kontext und Weltwissen in die Rezeption zu integrieren,<br />

linguistische und nichtlinguistische Verstehenshinweise effektiv zu nutzen und passende<br />

44 Die einzelnen Skalen, welche die relevanten Fähigkeiten genauer aufschlüsseln, und Stufen finden sich im<br />

GeR (Council of Europe 2001) auf den Seiten 67 ff.<br />

65


Schemata zu aktivieren. Diese Schemata erzeugen wiederum Erwartungen an den nachfolgenden<br />

Input. Im Laufe der Textrezeption erschließt sich die Bedeutung, während zugleich Hypothesen<br />

über die Absicht des Senders gebildet werden. Außerdem werden im Zuge dieses Prozesses<br />

Verstehenslücken ausgefüllt (infering), die durch linguistische Beschränkungen, mangelndes<br />

Wissen oder eine falsche Wahrnehmung der Botschaft (Lesefehler, falsches Verstehen<br />

undeutlicher Aussprache) verursacht werden können.<br />

Die hergeleiteten Bedeutungen und angenommenen Intentionen des Senders werden während<br />

des Rezeptionsprozesses immer wieder mit neuem Input abgeglichen. Widersprechen sich neue<br />

und alte Annahmen, können framing-Strategien genutzt werden, um nach alternativen Schemata<br />

zu suchen, die für eine Erklärung der wahrgenommenen Botschaft besser geeignet scheinen<br />

(Council of Europe 2001, 72). Der Rezeptionsvorgang stellt sich nach dem GeR wie folgt dar:<br />

(vgl. Council of Europe 2001, 72, eigene Darstellung)<br />

Auf der ersten Stufe der Textrezeption ist im Rahmen bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s zu beachten,<br />

dass Lesen (sowie das Hören authentischer Quellen) immer auch ein interaktiver Vorgang ist, bei<br />

dem die unterschiedlichen Kulturen von Sender und Empfänger eine Rolle spielen (Kornienko<br />

2000, 331). Auch bei „vermeintlich gleichen Inhalten werden über die Sprachen kulturelle<br />

Färbungen transportiert“, die im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> transparent gemacht werden sollten<br />

(Barricelli/Schmieder 2007, 212). Neben der Sprache spielen auch typische Konventionen bei der<br />

Textrezeption eine Rolle. Ist eine Person mit üblichen Konventionen einer Textgattung vertraut,<br />

werden diese häufig als rational und natürlich empfunden (ebd., 337). Dieses Empfinden muss<br />

jedoch von anderen Menschen nicht zwangsläufig geteilt werden. Je unterschiedlicher die<br />

Kulturen von Sender und Empfänger sind, desto kognitiv anspruchsvoller wird das Verstehen<br />

eines Textes (ebd., 331), und die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Kommunikation sinkt.<br />

Dies gilt insbesondere dann, wenn der Entstehungskontext eines Textes nicht berücksichtigt wird<br />

(ebd., 335). Auf der anderen Seite können gut entwickelte sachfachliche Schemata dazu<br />

beitragen, schwächere sprachliche Kompetenzen zu kompensieren (Kornienko 2000, 339). Je<br />

vertrauter die SuS mit fachtypischen Argumentationsmustern und politischen Analyse- und<br />

Theoriemodellen werden, desto wahrscheinlicher wird die erfolgreiche Sprachrezeption im<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>.<br />

Planung: Erwartungen und Schemata werden aktiviert<br />

Ausführung: Textliche Hinweise werden identifiziert, Lücken durch infering geschlossen<br />

Evaluation: Hypothesen werden getestet, passende textliche Hinweise Schemata zugeordnet<br />

Reparatur: Gebildete Hypothesen werden nach der Evaluation gegebenenfalls revidiert<br />

66


In der zweiten Phase, der Ausführungsphase (sowie in den nachfolgenden Phasen Evaluation und<br />

Reparatur), spielen Strategien für den Umgang mit unbekannten Wörter eine zentrale Rolle. Der<br />

Rezipient hat die Möglichkeit, diese Wörter zu ignorieren (ignore) oder zu versuchen, deren<br />

Bedeutung zu erschließen. Zu diesem Zweck kann entweder eine andere Person (beispielsweise<br />

andere SuS, Lehrer…) oder eine andere Quelle (Wörterbücher, Onlinequellen…) konsultiert<br />

(consult) oder der Versuch unternommen werden, die Wortbedeutung auf Basis von<br />

linguistischen und kontextuellen Hinweisen zu erschließen (infer) (Fraser 1999, 226). Durch die<br />

inference- und consult-Strategien erschlossene Begriffe werden teilweise auch langfristig gelernt,<br />

wobei die Wahrscheinlichkeit für den Erfolg eines solchen Lernprozesses bei der kombinierten<br />

Nutzung beider Strategien steigt (ebd., 235). Insbesondere wenn die consult-Strategie genutzt<br />

wird, um eine vorherige inference zu bestätigen, sind die Lernerfolge sehr hoch (ebd., 239). In<br />

einer Studie von Carol Fraser nutzten die Lernenden in etwa zwei Drittel aller Fälle Strategien zur<br />

Bedeutungserschließung, 70% davon als Einzelstrategie, 30% als kombinierte Strategie von infer<br />

und consult (Fraser 1999, 229). Dabei waren 78% der consult und 52% der inference-Versuche<br />

erfolgreich. Weitere 20% der inferences mündeten in teilweisem Wortverstehen (ebd., 231).<br />

Allerdings wurde in ebendieser Studie auch beobachtet, dass die ignore-Strategie in erheblichem<br />

Maße Verwendung fand. In etwa einem Viertel der Fälle wurden unbekannte Wörter zwar als<br />

solche wahrgenommen, aber ignoriert. In 5% der Fälle fanden solche Wörter überhaupt keine<br />

Beachtung bei den Lesern (ebd., 229). Für das Lernen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> stellt es ein<br />

Problem dar, wenn fast ein Drittel der nicht bekannten Wörter in Texten ignoriert wird und somit<br />

weder sprachliches noch politisches Lernen stattfindet.<br />

Der Anteil der ignore-Strategie im Umgang mit unbekannten Wörtern sollte also reduziert<br />

werden, was durchaus möglich ist, wenn die SuS mit den Alternativen, der inference- und der<br />

consult-Strategie, vertrauter werden (Fraser 1999, 226).<br />

Inference ist ein schneller, häufig unbewusster und datengesteuerter Vorgang, bei dem die Form<br />

des unbekannten Wortes eine L1 oder L2 Assoziation im mentalen Lexikon aktiviert (Fraser 1999,<br />

231). Allerdings ist inference auch ein kommunikativer Vorgang, bei dem Hypothesen zu<br />

Wortbedeutungen gebildet und getestet werden (ebd., 226) 45 . Diese Strategie findet bei der<br />

Rezeption von fremdsprachlichem Input ebenso Anwendung wie bei muttersprachlichem, wobei<br />

die Erfolgschance von inference in der L1 deutlich höher ist als in einer Fremdsprache (ebd., 232).<br />

Eine hohe Vertrautheit mit dem jeweiligen <strong>Thema</strong> und dem textlichen und außertextlichen<br />

45<br />

Darüber, ob der thematische Kontext nur eine untergeordnete Rolle spielt (Fraser 1999, 231) oder einen<br />

größeren Einfluss auf das Verstehen hat als linguistische Komplexität (Kornienko 2000, 338), herrscht keine<br />

Einigkeit. Hier wird daher angenommen, dass sowohl linguistische als auch kontextuelle Faktoren bei dem<br />

Verständnis unbekannter Wörter und Botschaften eine wichtige Rolle spielen.<br />

67


Kontext kann das Erschließen unbekannter Wörter erleichtern (Barcroft 2004, 202) und später als<br />

„cognitive hook“ für das Erinnern von Wörtern dienen (ebd., 226). Allerdings können<br />

kontextreiche und somit komplexe Texte inference-Prozesse ebenso behindern, etwa wenn<br />

Hinweise fehlgedeutet werden (Fraser 1999, 226). Ob viel Kontext das Verständnis einer Botschaft<br />

erleichtert oder erschwert, hängt mit dem Weltverständnis und dem Vorwissen des Rezipienten<br />

zusammen. Wenn ein Text bereits bekanntes Wissen beinhaltet, wird das Textverstehen<br />

erleichtert, während mangelndes Hintergrundwissen über das Umfeld eines Senders und die<br />

Entstehung eines Textes das Verständnis erschwert (Kornienko 2000, 338). Für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> spielt inference eine wichtige Rolle, da ein „nicht unbeträchtlicher Teil des<br />

Fachvokabulars“ in den „westlichen Kultursprachen“ im „morphologischen Kern überein[stimmt]“<br />

(Kultusminister 1988, 67).<br />

Selbst wenn die Erfolgsrate durch gutes sachfachliches Wissen und Hintergrundwissen gesteigert<br />

wird, ist inference jedoch, wie auch die genannte Studie von Fraser (1999, 231) zeigte, kein<br />

sicherer Weg, um die Bedeutung unbekannter Wörter zu erschließen. Es kann für den bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> in vielen Fällen nicht als ausreichend betrachtet werden, wenn SuS nur die<br />

ungefähre Bedeutung eines Textes erfassen.<br />

Sogar bei Lehnwörtern kommt es häufig zu Fehlinterpretationen (Butzkamm/Caldwell 2009, 76),<br />

die, selbst wenn sie entdeckt werden, Lernprozesse behindern (Barcroft 2004, 202). Zudem<br />

bedeutet auch der Idealfall, wenn also nach gründlicher Reflexion die Bedeutung eines Wortes<br />

erschlossen werden kann, nichts anderes, als dass ein passendes muttersprachliches Wort<br />

erinnert wird (Butzkamm/Caldwell 2009, 79). Da inferences trotz dieser Probleme nicht zu<br />

vermeiden sind und durchaus nützlich sein können, sollten sie in das Bewusstsein der SuS gerückt<br />

und trainiert werden. Der Anteil erfolgreicher inferences kann durch Training erhöht werden<br />

(Fraser 1999, 233). So ist etwa eine bewusste Nutzung von Wortbildungsregeln für erfolgreiche<br />

inferences zentral (Schocker-von Ditfurth/ Müller-Hartmann 2004, 159). Auch eine bewusste<br />

Textauswahl erleichtert erfolgreiche inferences, etwa wenn ein Wort wiederholt in<br />

unterschiedlichen Kontexten in einem Text auftaucht oder einzelne Wörter durch Randnotizen<br />

detaillierter erläutert werden (Barcroft 2004, 202).<br />

Doch auch bei gezielter Förderung der infer-Strategie bleibt die consult-Strategie präziser. Das<br />

Nachschlagen in einem passenden Wörterbuch vermeidet Probleme, die durch inference<br />

entstehen können, wird aber von den SuS zum Teil mit dem Gedanken unterlassen, dass dies<br />

hauptsächlich den Unterrichtsfluss stören würde (Wegner 2011, 321). Stattdessen weichen sie<br />

(zumindest den Beobachtungen und Interviews Wegners zu folge) auf die deutsche Sprache aus,<br />

auch wenn ihnen bewusst ist, dass sie damit die Entwicklung ihrer sprachlichen Kompetenzen<br />

68


verlangsamen (Wegner 2011, 362). Eine Integration muttersprachlicher Elemente durch andere<br />

SuS oder die Lehrperson sollte nicht pauschal verurteilt werden, da ein solches Vorgehen in der<br />

Regel präzisere Ergebnisse verspricht als die Nutzung von monolingualen Ersatztechniken wie<br />

Umschreibungen, Illustrationen (Fraser 1999, 233), Tafelbilder und andere Hilfsmittel, die häufig<br />

zu kaum vorhersehbaren Missverständnissen führen können (Butzkamm/Caldwell 2009, 78).<br />

Werden solche Ersatztechniken verwendet, behindert dies aus Schülersicht sowohl die<br />

Sprachproduktion als auch die Sprachrezeption (Wegner 2011, 322). Zudem kann es zu<br />

Motivationseinbußen und dem unvollständigen oder falschen Verstehen von Inhalten führen<br />

(Butzkamm/Caldwell 2009, 75), sodass ein Ausweichen in die L1 aus sachfachlicher Sicht nicht<br />

vorschnell negativ beurteilt werden sollte.<br />

Eine sichere Vermittlung von Wortbedeutungen ist in manchen Fällen nur durch Erläuterungen in<br />

der L1 oder unter Mitbenutzung derselben möglich (Butzkamm/Caldwell 2009, 78) und kann dazu<br />

beitragen, den Kommunikationsfluss aufrecht zu erhalten, indem etwa direkte Vokabelfragen<br />

erlaubt und unter Mitbenutzung der L1 beantwortet werden (ebd., 34). Die Integration von L1-<br />

Elementen kann es erleichtern, die Zielsprache durchgängig als Arbeitssprache zu verwenden und<br />

authentischer und botschaftenorientierter zu kommunizieren. SuS bekommen ein größeres<br />

Selbstbewusstsein und scheinen paradoxerweise weniger auf ihre L1 angewiesen zu sein. Die<br />

Integration kurzer Elemente in der L1 hilft, ohne den Kommunikationsfluss zu unterbrechen<br />

(Butzkamm/Caldwell 2009, 80). Dafür, dass Ausweichstrategien hierdurch zu wenig gefördert<br />

würden, wodurch die SuS für den Ernstfall nicht gewappnet wären und nicht ohne Hilfe zurecht<br />

kämen, gibt es keine belastbaren Belege (ebd., 38).<br />

Darüber hinaus erlaubt es die Integration muttersprachlicher Elemente, ergiebigere authentische<br />

Texte früher zu verwenden und ein umfangreicheres Vokabular zu nutzen. Statt banaler und<br />

sachfachlich unergiebiger Texte können so eher auch inhaltlich anspruchsvollere Texte genutzt<br />

werden (Butzkam/Caldwell 2009, 82), die die momentanen sprachlichen Fähigkeiten der SuS<br />

stellenweise überschreiten, indem etwa einzelne Passagen durch Übersetzungen und<br />

Hilfestellungen verständlich gemacht werden (ebd., 184). Solche Hilfestellungen sollten jedoch<br />

nicht darin münden, jedes unbekannte Wort in der Muttersprache anzubieten.<br />

Es ist nicht nötig, alle Wörter eines Textes zu kennen, um diesen zu verstehen (Barcroft 2004,<br />

202), und SuS sollten bereits relativ früh darauf hingewiesen werden, dass „a certain level<br />

ambiguity” völlig normal ist (Mehisto et al. 2008, 49).<br />

Außerdem erleichtert bei längerer Beschäftigung mit einem Wissensbereich das Incidental<br />

Vocabulary Learning die Textrezeption. SuS eignen sich unbewusst neues Vokabular durch Lektüre<br />

69


an (vgl. Barcroft 2004, 202) 46 , und mit fortschreitenden sprachlichen Kompetenzen nimmt der<br />

Bedarf an muttersprachlichen Einsprengseln mehr und mehr ab (Butzkamm/Caldwell 2009, 80).<br />

6.3.2.3 Interaktion und Mediation<br />

Die Bereiche Interaktion und Mediation werden in diesem Kapital gemeinsam behandelt, da beide<br />

letztlich eine Anwendung von produktiven und rezeptiven Sprachaktivitäten darstellen.<br />

Bei Mediation fungiert der Handelnde als Mittler zwischen zwei Menschen, die nicht in der Lage<br />

sind, direkt zu kommunizieren, etwa weil sie unterschiedliche Sprachen sprechen (Council of<br />

Europe 2001, 87). Hierunter fallen Bereiche wie Übersetzungen, Textinterpretationen,<br />

Paraphrasierungen, Zusammenfassungen und weitere Möglichkeiten, durch die eine Quelle<br />

reformuliert und Anderen zur Verfügung gestellt werden kann. Mediation ist einer der zentralen<br />

kommunikativen Prozesse unserer Gesellschaft (ebd., 14). Für den bilingualen Sachfachunterricht<br />

eignen sich insbesondere schriftliche Übersetzungsaufgaben, da auf diese Weise gleichzeitig der<br />

Wortschatz erweitert und ein Text sehr detailliert analysiert wird (vgl. Barcroft 2004, 202).<br />

Während des Übersetzungsprozesses wird Wissen aus einem Text internalisiert<br />

(Butzkamm/Caldwell 2009, 186).<br />

SuS müssen sich bei dieser Aufgabe bewusst mit fast jedem Wort auseinandersetzen, was etwa<br />

für die Arbeit an Definitionen von Vorteil sein kann, da Einzelaspekte schwerer überlesen werden<br />

können als bei der monolingualen Textarbeit.<br />

Auch gesprochene und schriftliche Interaktion 47 spielt im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> eine<br />

zentrale Rolle.<br />

Während mündlicher Interaktionsprozesse wechseln sich rezeptive und produktive Aktivitäten<br />

ständig ab. Außerdem beinhaltet Interaktion bestimmte Interaktionsstrategien, wie etwa die<br />

Kontrolle des Gesprächsverlaufs, ein Zusammenfassen von bisher diskutierten Aspekten oder<br />

Vermittlungsarbeit in einem Konflikt 48 (Council of Europe 2001, 73).<br />

Schriftliche Interaktion umfasst kurze Nachrichten oder Memos, Korrespondenz, textliches<br />

Verhandeln sowie schriftliche Online- oder Computerkonferenzen 49 (ebd., 82).<br />

46<br />

Darüber, ob diese Art des Vokabellernens positiv oder negativ zu bewerten ist, herrscht jedoch in der<br />

sprachfachlichen Diskussion Uneinigkeit (Fraser 1999, 225).<br />

47<br />

Bereiche wie nonverbale Interaktion (Council of Europe 2001, 88) werden im Rahmen dieser Arbeit nicht<br />

behandelt.<br />

48<br />

Für Niveauskalen bezüglich mündlicher Interaktion siehe Council of Europe 2001, 74ff. Für mündliche<br />

Interaktion sollte Niveau B1 für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> ausreichend sein. A2 kann in einigen<br />

Situationen ungenügend sein, da SuS auf diesem Niveau in Freiheit und Flexibilität ihrer Sprachproduktion<br />

noch stark eingeschränkt sind (vgl. ebd.).<br />

70


Mündliche Interaktion beinhaltet auch das kollektive Herstellen von Bedeutung durch einen<br />

gemeinsamen mentalen Kontext, die Identifikation der Kommunikationspartner sowie Annahmen<br />

darüber, welches Wissen als gegeben betrachtet werden kann. In mündlicher Interaktion werden<br />

Erwartungshaltungen und Schemata aktiviert und die weitere Gesprächsstrategie geplant und<br />

angepasst. Rezeptive und produktive Interaktionsstrategien fließen ineinander über (ebd., 84).<br />

6.3.3 Genügt der GeR für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>?<br />

Der GeR als fremdsprachlicher Standard würde, von produktiven und rezeptiven Sprachaktivitäten<br />

abgesehen, keine Fähigkeiten fördern, die für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> von Relevanz sind,<br />

wenn Hallets Befürchtungen zuträfen (vgl. Hallet 2007, 23f.). Sein Lösungsvorschlag, sprachliche<br />

Anforderungen aus den sachfachlichen Standards zu entlehnen und auf zweisprachiges Lernen<br />

auszudehnen (ebd., 17, 14 sowie 2004, 32), ist für den <strong>Politikunterricht</strong> jedoch nicht praktikabel,<br />

da die sprachlichen Kompetenzen dort zu allgemein formuliert sind und nicht alle Bereiche<br />

umfassen, die für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> relevant sind 50 .<br />

Für die sprachdidaktische Ebene des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s wurde der europäische<br />

Referenzrahmen herangezogen 51 und durch weitere Aspekte aus bilingualer und<br />

fremdsprachlicher Didaktik ergänzt, um die im hessischen Kerncurriculum für Politik und<br />

Wirtschaft genannten sprachlichen Kompetenzbereiche angemessen zu diskutieren. Die Frage, ob<br />

dieses Konstrukt für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> ausreichend oder ungenügend ist, kann an<br />

den typischen sprachlichen Problemen im bilingualen Sachfachunterricht untersucht werden.<br />

Zumindest die häufigsten Problemgebiete bilingualen Sachfachunterrichts scheint dieses Modell<br />

abzudecken.<br />

So können etwa der Erwerb von Fachbegriffen und Konzeptbildung (Wegner 2011, 422), Probleme<br />

mit unbekannten Vokabeln bei der Textrezeption, Verstehen der Aussagen fremdsprachlicher<br />

Texte, sowie Schwierigkeiten mit Vokabeln, die in ihrer fachlichen Bedeutung von ihrer<br />

alltagssprachlichen Bedeutung abweichen (z.B. „depression“) (Dale/van der Es/Tanner 2010, 52f.),<br />

dem Bereich lexikalischer Kompetenz zugeordnet werden.<br />

49 Niveauskalen für Bereiche schriftlicher Interaktion finden sich ebd., 83f. Im Bereich mündlicher und<br />

schriftlicher Interkation ist ebenfalls Niveau B1 angebracht, da zuvor z.B. eine schriftliche Verständigung<br />

über abstrakte Themen nicht möglich ist. Erst auf Niveau B2 sind SuS dazu in der Lage, schriftlich Bezug auf<br />

andere Position zu nehmen.<br />

50 Darunter fallen zentrale Aspekte wie Hören und Sprechen aus den Bereichen der Sprachproduktion und<br />

-rezeption oder auch lexikalische Kompetenz, die nur am Rande erwähnt werden und sich nicht einfach vom<br />

muttersprachlichen auf das zweisprachige Lernen übertragen lassen.<br />

51 Einige „sprachliche“ Kompetenzbereiche des GeR überschneiden sich mit „sachfachlichen“, so etwa die<br />

Bereiche Lexiskompetenz und politisches Faktenwissen.<br />

71


Die Förderung fachspezifischer Aushandlungsfähigkeiten (Hallet 2007, 19) findet ihre<br />

Entsprechung in pragmatischer Kompetenz und kommunikativen Sprachaktivitäten wie<br />

Interaktion und Mediation. Das Verstehen von kulturspezifischen Referenzen (Dale/van der Es/<br />

Tanner 2010, 53) wird durch die soziolinguistischen Kompetenzen abgedeckt. Im europäischen<br />

Referenzrahmen werden also zumindest die häufigsten Problemfelder bilingualen<br />

Sachfachunterrichts berücksichtigt.<br />

Der oben genannte Entwurf auf Basis des europäischen Referenzrahmens scheint durchaus für<br />

sprachdidaktische Überlegungen bezüglich des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s geeignet zu sein. Im<br />

Vergleich zu, für den bilingualen Unterricht rekonstruierten, sprachlichen Anforderungen aus<br />

Konzepten, die für muttersprachlichen <strong>Politikunterricht</strong> entworfen wurden, ist er detaillierter und<br />

besser als Basis für didaktische Überlegungen für fremd- und zweisprachiges Lernen geeignet.<br />

Darüber hinaus erlauben es die Niveauskalen des GeR, sowohl den erweiterten<br />

Fremdsprachenunterricht zur Vorbereitung passgenauer zuzuschneiden als auch einzuschätzen,<br />

ob SuS für bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> geeignet sind oder durch diese Unterrichtsform in der<br />

Entwicklung ihrer politischen Mündigkeit eingeschränkt würden. Zur besseren Übersicht werden<br />

obige Einschätzungen nun kurz in Form einer Tabelle wiederholt:<br />

Sprachlicher<br />

Kompetenzbereich<br />

Erforderliches<br />

Niveau<br />

Anmerkungen<br />

Lexikalische K. B2 und höher Besondere Vorbereitung im Vorfeld und stetige weitere<br />

Förderung im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> nötig 52 .<br />

Grammatische K. A2 Weitere gezielte Förderung im Fremdsprachenunterricht.<br />

Phonologische K. A2 Weitere gezielte Förderung im Fremdsprachenunterricht.<br />

Orthographische K. B1 Besondere Förderung im Vorfeld nötig, weitere gezielte<br />

Förderung im Fremdsprachenunterricht.<br />

Semantische K. ? Keine Niveauskalen im GeR vorhanden.<br />

Orthoecpic C. ? Keine Niveauskalen im GeR vorhanden.<br />

Soziolinguistische K. A2 Weitere gezielte Förderung im Fremdsprachenunterricht.<br />

Pragmatische K. B1 Gezielte Förderung im Vorfeld nötig. Werden auch im<br />

konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> gefördert.<br />

Produktive und<br />

rezeptive<br />

Sprachaktivitäten<br />

Interaktion und<br />

Mediation<br />

B1 und höher Förderung im Vorfeld nötig. V.a. Ausweichstrategien und<br />

Rezeptionsstrategien sollten gefördert werden. Werden<br />

durch kommunikative Unterrichtsarrangements trainiert.<br />

B1 und höher Förderung im Vorfeld nötig. Werden durch kommunikative<br />

Unterrichtsarrangements trainiert.<br />

52<br />

Förderungen der SuS in sprachlichen Bereichen werden im Rahmen des bilingualen Sachfachunterrichts<br />

von den Lehrenden selbst häufig nicht als Spracharbeit verstanden, da sprachliches und fachliches Lernen<br />

aufs Engste verknüpft sind (Krampitz 2007, 145).<br />

72


7 Emotionen und sprachliche Schwächen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

Zwei weitere sprachbezogene Problemfelder des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s finden im<br />

europäischen Referenzrahmen jedoch keine Entsprechung und lassen sich keinem der zuvor<br />

genannten Bereiche klar zuordnen. Diese betreffen die Fragen, ob bilingualer Sachfachunterricht<br />

fremdsprachlich leistungsschwächere SuS benachteiligt und welche Rolle Emotionen im<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> spielen. Im Vergleich zum konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> und<br />

Fremdsprachenunterricht gilt es hier einige Besonderheiten zu beachten.<br />

Die Rolle von Emotionen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> geht weit über die Herstellung von<br />

Betroffenheit hinaus.<br />

Gerade in der Anfangsphase empfinden es einige SuS als fremdartig, sich in einem Sachfach<br />

fremdsprachlich auszudrücken. Diese Phase lässt sich nicht vermeiden, sondern allenfalls zeitlich<br />

verkürzen (Mehisto et al. 2008, 175f.). Auch später können Gefühle wie Angst oder Scham über<br />

eine als schlecht empfundene sprachliche Kompetenz SuS mit etwas schwächerem<br />

Selbstbewusstsein daran hindern, sich mündlich in den Unterricht einzubringen (ebd., 105). Bei<br />

der Lösung dieses Problems kann neben der bereits mehrfach hervorgehobenen Lockerung des<br />

monolingualen Dogmas (vgl. Wegner 2011, 400) auch das Schaffen einer Umgebung, in der sich<br />

die SuS wohlfühlen und die frei von Lächerlichmachung, Sarkasmus und Aggression ist, helfen<br />

(Mehisto et al. 2008, 105). Wie auch im konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> ist eine angstfreie<br />

Kommunikation, welche die Möglichkeit für gegenseitige Bestätigung und Selbstverwirklichung<br />

bietet, zentral für die Lernmotivation (vgl. Hilligen 1991, 51). Alle SuS sollten in einer fairen und<br />

Respektvollen Atmosphäre unabhängig von ihren sprachlichen Fähigkeiten die Möglichkeit haben,<br />

sich am Unterricht zu beteiligen und dabei ernst genommen werden (Breit 2007, 22f.). Im<br />

bilingualen Unterricht, wo Sprechakte wegen der fremden Verkehrssprache ohnehin mit<br />

Unsicherheit verbunden sind, sollten SuS dazu angehalten werden, eigene Kommentare, verbale<br />

und nonverbale Reaktionen und Verhaltensweisen selbstreflexiv zu überprüfen, was zur<br />

Herstellung einer solchen Lernumgebung beiträgt und zudem die kommunikativen und sozialen<br />

Kompetenzen fördert (vgl. Mehisto et al. 2008, 105).<br />

Auch über die Atmosphäre im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> hinaus sind in Bezug auf Emotionen im<br />

Vergleich zum konventionellen Unterricht einige Besonderheiten zu beachten.<br />

Ein Vorteil des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s ist, dass eine emotionale Distanz zu einem stark mit<br />

Emotionen beladenen Problem geschaffen werden kann, indem ein Beispiel aus dem<br />

zielsprachigen Raum gewählt wird, zu dem die SuS weniger stark vorgeprägt sind. Über die<br />

neutralere Behandlung von Fällen aus anderen Regionen auch Problematiken in Deutschland<br />

73


esser verstanden und beurteilt werden können (Wegner 2011, 180). Eine so differenzierte<br />

Diskussion kann jedoch insbesondere zu Beginn des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s dadurch<br />

behindert werden, dass sprachliche Kontrollmechanismen bei Gebrauch der L2, im Vergleich zur<br />

Muttersprache, weniger stark vorgeprägt sind (Mehisto et al. 2008, 184). Barrieren, die<br />

Emotionen in muttersprachlichen Beiträgen eher filtern, sind in der L2 in der Regel gerade zu<br />

Beginn nicht sehr ausgeprägt, sodass Kommunikation im emotionalen Bereich „often less<br />

sophisticated“ ist. Emotionen fließen über das gesprochene fremdsprachliche Wort schneller in<br />

den Unterricht ein als gewöhnlich, während zusätzlicher Stress durch die Anforderung entsteht,<br />

die eigenen Gedanken in einer Fremdsprache auszudrücken und neue Ausdrucksmöglichkeiten zu<br />

erforschen (Mehisto et al. 2008, 184). Diese Ausgangslage des bilingualen Sachfachunterrichts<br />

trifft auf eine politische Sprache, die insbesondere in Kontroversen stark emotional besetzt ist<br />

(Sutor 1991, 155). Als Konsequenz könnte im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> eine, von Breit und<br />

Weißeno (2004, 85) als wünschenswert gesehene, stärkere emotionale Beteiligung der SuS am<br />

Unterrichtsgeschehen beobachtet werden.<br />

Eine so gesteigerte Emotionalität begünstigt jedoch affektuelle und traditionale<br />

Urteilsäußerungen, die, wie erwähnt, kein zufriedenstellendes Niveau politischer<br />

Urteilskompetenz darstellen. 53<br />

Jeder Mensch muss lernen, Triebe und Emotionen durch Rationalität zu kontrollieren (Knütter<br />

1991, 31). Dieser Prozess, der im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> in Bezug auf Kommunikation über<br />

politische Themen in einer Fremdsprache zum Teil erneut durchlaufen werden muss, spiegelt die<br />

Entwicklung von Kommunikation in liberal-parlamentarischen Demokratien wieder.<br />

Auch dort müssen emotionsgeladene Interessenkonflikte durch Regelungen in geordnete Bahnen<br />

gelenkt werden, um die Lösung von Problemen zu ermöglichen (Sutor 1991, 157).<br />

Im bilingualen wie im konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> sollten Einstellungen und Emotionen zu<br />

politischen Problemen bewusst gemacht werden, da sie nur so kontrollierbar sind (vgl. ebd., 167).<br />

Hierfür müssen sie jedoch zunächst „allmählich sprachfähig werden“ (Roth, zit. nach Sutor 1991,<br />

167). Um Emotionen in Bezug auf politische Probleme in einer Fremdsprache angemessen zu<br />

versprachlichen, benötigen SuS hohe sprachliche Kompetenzen. Verfügen einzelne SuS nicht<br />

darüber, wird ihnen diese Entwicklung ebenso erschwert wie die allgemeine Partizipation und<br />

Kompetenzentwicklung im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>.<br />

Selbst wenn vorrangig nach den sachfachlichen Leistungen bewertet werden soll (so etwa<br />

Ministerium 2011), ist zu befürchten, dass innerhalb einer bilingual unterrichteten Klasse 54 die<br />

53 Vgl. hierzu den Abschnitt zu zweckrationalen, wertrationalen, affektuellen und traditionalen Urteilen in<br />

Kapitel 6.2.3 „Ein politikdidaktisches Kompetenzmodell“<br />

74


Fremdsprache zu einem selektierenden Faktor wird, der im konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> nicht<br />

existiert. Während ein Teil der SuS bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> als motivierende Herausforderung<br />

begreift, könnten andere frustriert und vom Diskussions- und Unterrichtsgeschehen<br />

ausgeschlossen bleiben (vgl. hierzu die Beobachtungen von Wegner 2011, 448). Für die erste<br />

Gruppe dürfte bilingualer Sachfachunterricht zusätzlich zu sonstigen möglichen Vorteilen die<br />

Chance bieten, „eigene Fähigkeiten zu zeigen, bzw. die Chance zu Entspannung und<br />

Selbstbestätigung zugleich“ sein (ebd.), während für die zweite Gruppe Nachteile im politischen<br />

Lernen zu befürchten sind.<br />

Dieser Besorgnis begegnen Befürworter des bilingualen Sachfachunterrichts mit Studien, die<br />

belegen sollen, dass SuS mit mittelmäßigen Noten im bilingualen Sachfachunterricht weiterhin<br />

mittelmäßige Noten erhalten, aber zusätzlich Kompetenzen in einer weiteren Sprache erlernen,<br />

„that will enrich their professional and personal lifes“ (Mehisto et al. 2008, 21) 55 . Allerdings<br />

stellen Noten keinen validen Beweis dafür dar, dass durchschnittliche oder schwächere SuS in<br />

ihrem sachfachlichen Lernen im Vergleich zu konventionellem Unterricht keine Nachteile erleiden.<br />

Zwar ist diese Annahme aufgrund mangelnder empirischer Studie rein spekulativ, aber angesichts<br />

der im vorherigen Abschnitt dieser Arbeit diskutierten sprachdidaktischen Überlegungen zu<br />

bilingualem <strong>Politikunterricht</strong> erscheint es unwahrscheinlich, dass sprachlich schwächere SuS keine<br />

Nachteile in ihrem sachfachlichen Lernen erleiden. Ein denkbarer Grund für die unveränderten<br />

Noten ist etwa, dass die sachfachlichen Leistungen angesichts der zusätzlichen fremdsprachigen<br />

Anforderungen milder benotet werden.<br />

In der Realität kommt es durchaus vor, dass die sachfachlichen Leistungen unter zu schwach<br />

ausgeprägten sprachlichen Kompetenzen leiden (vgl. etwa Wegner 2011, 362). Selbst wenn<br />

sprachliche Aspekte nicht in die Note einfließen so lange eine Verständigung möglich ist (so<br />

vorgeschlagen etwa von Mehisto et al. 2008, 49f.), können gerade schwächere SuS unter<br />

bilingualem <strong>Politikunterricht</strong> leiden.<br />

Sind auch ihre sachfachlichen Kompetenzen schwächer ausgeprägt, wird es diesen SuS zusätzlich<br />

erschwert, dem Unterricht zu folgen. Fachlich starke SuS können demgegenüber sprachliche<br />

Schwächen leichter ausgleichen (Schocker- von Ditfurth/Müller-Hartmann 2004, 161).<br />

Um Nachteile für sprachlich schwächere SuS zu vermeiden, kann der Referenzrahmen vor Beginn<br />

des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> zur Einschätzung der sprachlichen Kompetenzen von SuS<br />

54 In dieser Arbeit nicht behandelt werden die Auswirkungen auf das Verhältnis bilingual und nicht bilingual<br />

unterrichteter Klassen. Für konventionell unterrichtete Klassen können die erhöhten fremdsprachlichen<br />

Kompetenzen und eine mögliche Selektion in der Auswahl der SuS, die zu dieser Unterrichtsform zugelassen<br />

werden, frustrierend und demotivierend wirken.<br />

55 Die von Mehisto et al. angesprochenen Studien werden leider nicht genannt, sodass ihr Aufbau und ihre<br />

Ergebnisse an dieser Stelle nicht diskutiert werden können.<br />

75


herangezogen werden. Dabei sollten jedoch fachlich starke SuS nicht vorschnell abgelehnt<br />

werden, da gut ausgebildete sachfachliche Kompetenzen durchaus genutzt werden können, um<br />

Schwächen bei der sprachlichen Performanz auszugleichen 56 .<br />

56 Vgl. Kapitel 6.4.3.3 zu Sprachrezeption.<br />

76


8 Fazit<br />

Die Frage nach Vorteilen und Problemen für die Förderung der politischen Mündigkeit von SuS,<br />

die aus der Nutzung einer Fremdsprache im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> resultieren, spielt in der<br />

theoretischen Diskussion, ebenso wie bei der Einrichtung solcher Unterrichtsangebote, häufig<br />

eine untergeordnete Rolle.<br />

Dies mag damit zusammenhängen, dass einige Studien zum bilingualen Sachfachunterricht, bei<br />

oberflächlicher Betrachtung, Befürchtungen über mögliche Probleme fast gänzlich zerstreuen. Sie<br />

stellen bilingualen Sachfachunterricht als überlegenes Konzept dar, in dem sprachliche<br />

Kompetenzen von SuS stark gefördert werden, während die sachfachlichen Standards wie<br />

gewohnt erreicht oder sogar übertroffen werden. Allerdings beziehen sich keine der größeren<br />

Studien, sondern lediglich wenige stichprobenartige qualitative Untersuchungen, direkt auf den<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>. Darüber hinaus wird in der Diskussion dieser positiven Ergebnisse<br />

häufig außer acht gelassen, dass in der Regel eine selektierte Gruppe der stärksten SuS eines<br />

Jahrgangs am bilingualen Sachfachunterricht teilnimmt. Die Verallgemeinerbarkeit dieser Studien<br />

kann also durchaus angezweifelt werden.<br />

Gesichert ist hingegen, dass sich bilingualer Sachfachunterricht inzwischen weit verbreitet hat.<br />

Jedes Schuljahr kommen zahlreiche weitere bilinguale Züge hinzu. Da ihre Einführung in der Regel<br />

von sprachlichen Zielsetzungen geleitet ist, läuft der bilinguale <strong>Politikunterricht</strong> Gefahr, zum<br />

erweiterten Fremdsprachenunterricht zu werden.<br />

Paradoxerweise hat sich als Reaktion auf diese Gefahr eine Position entwickelt, die für die<br />

Erreichung politikdidaktischer Ziele zum Problem wird, obwohl eigentlich der Schutz<br />

sachfachlicher Interessen intendiert ist. Sprachdidaktische Überlegungen und die gezielte<br />

Förderung fremdsprachlicher Kompetenzen sollen aus dieser Perspektive keinen Platz im<br />

bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> finden. Dabei wird ignoriert, dass schlechte sprachliche Kompetenzen<br />

die Entwicklung politischer Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenz im bilingualen<br />

<strong>Politikunterricht</strong> bremsen oder sogar verhindern können. Schlechte sachfachliche und sprachliche<br />

Kompetenzen erschweren gerade das Verständnis zielsprachiger Texte und Aussagen stark. SuS<br />

mit Schwächen im Politik- und im Sprachunterricht können unter bilingualem <strong>Politikunterricht</strong><br />

doppelt leiden. Bereits im Vorfeld bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s sind sprachdidaktische<br />

Überlegungen sinnvoll, um SuS mit fehlenden sprachlichen Kompetenzen empfehlen zu können,<br />

konventionellen <strong>Politikunterricht</strong> zu besuchen, da sie dort ihre politische Mündigkeit besser<br />

entwickeln können.<br />

77


Bedenklicher als die Einbindung sprachdidaktischer Elemente sind einige Konsequenzen, welche<br />

die Verwendung des Begriffs Sachfachunterricht als Kollektivsingular nach sich zieht, da in der<br />

Diskussion um billingualen Sachfachunterricht folglich nicht auf die spezifischen Ziele der<br />

einzelnen Sachfächer eingegangen wird. Sie läuft daher Gefahr, problematische Zielsetzungen<br />

hervorzubringen. Tatsächlich haben im Zuge der Diskussion um bilingualen Sachfachunterricht<br />

einige Positionen eine recht große Verbreitung erfahren, die negative Auswirkungen auf die<br />

Förderung von politischer Mündigkeit im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> haben dürften.<br />

Hierunter sind etwa bi- oder multikulturelle Konzepte oder die Fokussierung auf den<br />

Naherlebnisbereich zu zählen, die aus den allgemeinen Debatten um Ziele des bilingualen<br />

Sachfachunterrichts stammen. Wie gezeigt wurde, ist demgegenüber eine interkulturelle<br />

Orientierung im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> vorzuziehen, die zahlreiche mögliche Probleme der<br />

zuvor genannten Unterrichtsformen umgeht und Vorteile für die Persönlichkeitsbildung<br />

verspricht. Durch die doppelte (inhaltliche und sprachliche) Fremdheitserfahrung ist eine<br />

interkulturelle Orientierung des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s besonders gut zur Überwindung von<br />

Vorurteilen und rein nationalen Perspektiven geeignet und fördert darüber hinaus die Fähigkeit<br />

zur Perspektivenübernahme. Zudem lassen sich politische Probleme an Beispielen aus anderen<br />

Staaten distanzierter und somit sachlicher und differenzierter behandeln.<br />

<strong>Bilingualer</strong> <strong>Politikunterricht</strong> muss sprach- und politikdidaktische Überlegungen in sich vereinen,<br />

statt beide Ansätze als unvereinbare und konkurrierende Gegensätze zu verstehen. Diese<br />

Kombination wird dadurch erschwert, dass Kerncurricula und Bildungsstandards keine<br />

Überlegungen zur Sprache im <strong>Politikunterricht</strong> bieten, die für ein solches Unterrichtsdesign unter<br />

Einbindung einer Fremdsprache ausreichend wären.<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wurde zur Lösung dieses Problems ein Modell auf Basis des<br />

gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Fremdsprachen herangezogen und um weitere<br />

Überlegungen aus der Fremdsprachendidaktik und der Diskussion um bilingualen<br />

Sachfachunterricht ergänzt. Wie gezeigt wurde, kann dieses Modell als nützliches Werkzeug für<br />

den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> dienen.<br />

In Kooperation mit dem Sprachfachlehrer des Kurses können nicht nur aktuelle Probleme<br />

diagnostiziert und behandelt werden. Innerhalb des erweiterten Fremdsprachenunterrichts im<br />

Vorfeld des bilingualen <strong>Politikunterricht</strong>s lassen sich darüber hinaus präventiv gezielt jene<br />

sprachlichen Bereiche fördern, die für den bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> besonders gut ausgeprägt<br />

sein sollten. Sogar die Vermittlung von politikspezifischem Vokabular während des<br />

vorbereitenden Fremdsprachenunterrichts ist möglich, um die Übergangsphase zu Beginn von<br />

bilingualen Zügen zu verkürzen und zu erleichter.<br />

78


Ferner kann unter Einbezug sprachdidaktischer Überlegungen abgeschätzt werden, welche<br />

sprachlichen Kompetenzen im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> weiter gefördert werden sollten, und<br />

welche nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass Probleme durch unzureichende zielsprachige<br />

Kompetenzen, oder eine unnötig umfangreiche Sprachförderung im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong><br />

auftreten, kann so gesenkt werden.<br />

Ein weiteres zentrales Element von bilingualem <strong>Politikunterricht</strong>, das möglichen Problemen für<br />

die politische Bildung vorbeugt, ist eine bilinguale Unterrichtsgestaltung. Noch immer ist ein<br />

monolingual-fremdsprachliches Dogma populär, das seinen Niederschlag auch in staatlichen<br />

Vorgaben gefunden hat.<br />

Im Vergleich mit einem streng monolingual-fremdsprachlichen <strong>Politikunterricht</strong> bietet die<br />

Einbindung der Muttersprache jedoch zahlreiche Vorteile. Die Hemmschwelle zur Beteiligung am<br />

bilingualen Unterricht sinkt, wenn die Verwendung der L1 im Falle sprachlicher Probleme im<br />

Beitrag gestattet ist.<br />

Auch die Gefahr von Missverständnissen, die weitere Lernprozesse behindern können, wenn sie<br />

etwa nach einer falschen Herleitung von Begriffen unerkannt bleiben, kann so reduziert werden,<br />

da die Genauigkeit der Unterrichtskommunikation steigt.<br />

Muttersprachliche Hilfen senken den Schwierigkeitsgrad der unterrichtlichen Kommunikation<br />

dabei nicht, da sie fremdsprachliche Kommunikation auf hohem Niveau erlauben, statt diese<br />

immer wieder zu unterbrechen und zu vereinfachen. Insbesondere bei komplexen<br />

Zusammenhängen, bei denen die SuS (fremd-)sprachlich überfordert sind, kann sie Zeit sparen<br />

und Vereinfachungen vorbeugen.<br />

Anders als monolingual-fremdsprachlicher Sachfachunterricht bietet eine solche bilinguale<br />

Unterrichtsgestaltung die Möglichkeit, die politische Mündigkeit in zwei Sprachen zu fördern.<br />

Ohne Einbindung der L1 sind Nachteile für die politische Mündigkeit von SuS in ihrem<br />

muttersprachlichen Umfeld zu erwarten, da politische Handlungsfähigkeit mit dem Wissen über<br />

Teilnahmerechte und -möglichkeiten verknüpft ist, das wiederum auch von politischem<br />

Faktenwissen abhängt. Ein fremdsprachlich konzipierter <strong>Politikunterricht</strong>, der es nicht wagt, auch<br />

Themen aus dem muttersprachlichen Lebensraum von SuS, gegebenenfalls auch in deren<br />

Muttersprache, zu behandeln, kann zum Problem für die Entwicklung ihrer politischen Mündigkeit<br />

werden.<br />

Im Optimalfall sollte die politische Mündigkeit von SuS in ihrem Umfeld nicht eingeschränkt,<br />

sondern auf weitere Gebiete ausgedehnt werden, nämlich jene, in denen die Zielsprache<br />

gesprochen wird.<br />

79


Das Wissen, das SuS zu interventionsfähigen Bürgerinnen und Bürgern macht, ist immer auch mit<br />

lexikalischer Kompetenz verknüpft. Wird diese im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> nicht gefördert,<br />

sind die SuS gezwungen, in alltagsweltlicher Sprache und alltagsweltlichen Deutungsmustern zu<br />

verharren. <strong>Bilingualer</strong> <strong>Politikunterricht</strong> sollte sich also neben der Vermittlung von Konzepten oder<br />

Kategorien auch gezielt mit den entsprechenden Lexiseinheiten sowie lexisbezogenen<br />

Lernkompetenzen auseinandersetzen. Die bewusste Auswahl von zu lernender Lexis, bessere<br />

Fähigkeiten im eigenständigen Umgang mit Nachschlagewerken und die Erstellung von<br />

Lexissammlungen, in denen Konzepte und Begriffe thematisch geordnet aufgezeichnet werden, ist<br />

eine Möglichkeit, sprachliches und politisches Lernen zum beiderseitigen Vorteil zu verknüpfen.<br />

Für die politische Bildung liegt der Vorteil in einer bilingualen Sachfachliteralität und dem<br />

effektiveren Aufbau eines Netzes von Begriffen und Konzepten. Dabei besteht jedoch im<br />

Hintergrund stets das Problem einer möglichen Überforderung von SuS durch zu umfangreiche<br />

Anforderungen in Bezug auf das zu lernende Vokabular.<br />

Zusammenfassend finden sich in der theoretischen Diskussion zahlreiche Positionen, die<br />

Probleme für die politische Bildung im bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> auslösen können. Allerdings ist<br />

nicht sicher, welche dieser Positionen in der Praxis verbreitet sind. Angesichts nicht ausreichender<br />

Aus- und Fortbildungsangebote bleibt Praktikern häufig nur ein „trial and error“- Prozess, wenn<br />

sie die anspruchsvolle Aufgabe wagen, sprach- und sachfachdidaktische Ideen und Konzepte<br />

miteinander zu verknüpfen.<br />

Eine solche Verknüpfung ist für bilingualen <strong>Politikunterricht</strong> praktikabel, da sich die Ziele von<br />

bilingualem Sachfachunterricht und Politikdidaktik in vielen Aspekten stark ähneln. So lange<br />

einige problematische Ausrichtungen bewusst gemieden werden, dürfte bilingualer<br />

<strong>Politikunterricht</strong> die Entwicklung der politischen Mündigkeit von SuS ähnlich gut fördern wie<br />

konventioneller <strong>Politikunterricht</strong>.<br />

In diesem Fall kann die politische Bildung durchaus Vorteile aus diesem Unterrichtsarrangement<br />

schöpfen. Die wöchentliche Unterrichtszeit wird erhöht, Quelltexte aus anderen Sprachräumen<br />

können im Original behandelt werden und die politische Mündigkeit von SuS wird nicht nur in<br />

einem, sondern in zwei Sprachräumen gefördert. Zudem eignen sich die SuS durch die Förderung<br />

des metalinguistischen Bewusstseins auch in der Muttersprache bessere sprachliche<br />

Kompetenzen an.<br />

Zumindest theoretisch ist bilingualer <strong>Politikunterricht</strong> eine Unterrichtsform, deren Probleme<br />

beherrschbar sind. So lange einige Strömungen gemieden und sprachdidaktische Überlegungen<br />

nicht ignoriert werden verspricht bilingualer <strong>Politikunterricht</strong>, nicht nur für die Entwicklung<br />

fremdsprachlicher Kompetenzen, sondern auch für die politische Bildung, einige Vorteile.<br />

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