Jakob Kindinger
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7. <strong>Kindinger</strong> als Politiker und Gewerkschafter in der Nachkriegszeit<br />
Am 11. Juni 1945 wandte sich die KPD als erste Partei nach Kriegsende an die Öffentlichkeit. Sie wolle<br />
keine Sowjetisierung Deutschlands, sondern die Sache der bürgerlich-demokratischen Umbildung, die<br />
1848 begonnen habe, zu Ende führen. Dieses Programm solle von einem „Block der antifaschistischen<br />
demokratischen Parteien“ verwirklicht werden.<br />
Die KPD war mit Ausnahme von Schleswig-Holstein und Württemberg-Hohenzollern bis zum Jahre<br />
1947, teilweise bis zum Frühjahr 1948, an allen Landesregierungen beteiligt. 1945 begann die Partei<br />
auch eine umfangreiche Arbeit in Betrieben und Gewerkschaften. Angebote an die SPD zur Schaffung<br />
einer Einheitsfront scheiterten in den Westzonen. Spätestens 1948 begannen alle übrigen Parteien sich<br />
gegen die KPD zu verbünden.<br />
Auf der Herner Konferenz vom 28. April 1948 wurde die KPD als eigene Organisation formell von der<br />
SED getrennt. Die Partei änderte ihre Strategie und rief das Volk dazu auf, sich gegen die anderen<br />
Institutionen zu erheben. Da die SPD ihre Politik den Plänen der großkapitalistischen Kräfte und der<br />
internationalen Reaktion untergeordnet habe, wurde die Einheitsfront von unten proklamiert. Auf Orts-,<br />
Kreis-, Betriebs- und Gewerkschaftsebene sollten Kommunisten mit Sozialdemokraten zusammen<br />
arbeiten. Im Jahre 1948 legte sich die KPD bedingungslos auf die Vorgaben der KPdSU fest. Zugleich<br />
wurde ihre auf der Herner Konferenz beschlossene Linie bekräftigt. Die KPD vertrat außerdem die<br />
These, dass der wirtschaftliche Wiederaufbau in Westdeutschland auf die Ausplünderung durch die<br />
westlichen Besatzungsmächte, besonders durch die USA gleichsam einem Kolonialsystem hinaus<br />
laufe.<br />
Diese 1948 formulierte Politik hielt die KPD in ihrer Grundstruktur bei, bis sie 1956 Folgerungen aus<br />
dem XX. Parteitag der KPdSU zu ziehen anfing. Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik traten in der<br />
tagespolitischen Arbeit der Partei zurück zu Gunsten der Fragen der Wiedervereinigung und der<br />
Remilitarisierung.<br />
Im Parlamentarischen Rat lehnte die KPD die Bildung eines westdeutschen Separatstaates ab und der<br />
Regierung Adenauer bestritt die Partei von Anfang an die nationale Legitimation. Auf dem „Münchener<br />
Parteitag“ (der in Weimar stattfand) vom 3. bis 5. März 1951 stellte die KPD den Kampf gegen die<br />
Remilitarisierung in den Mittelpunkt ihrer Politik.<br />
Nach der Ratifizierung der Generalverträge und des EVG-Vertrages erließ die KPD am 23. März 1953<br />
einen Aufruf „zur Verhinderung der Kriegsverträge“. Der Hamburger Parteitag vom 28. bis 30.<br />
Dezember 1954 setzte keine neuen Akzente. Auch nach Inkrafttreten der Pariser Verträge im Mai 1955<br />
hielt die KPD an ihrer Politik fest. Vier Tage nach Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in die NATO<br />
bekannte sie sich zum Widerstandsrecht: „Mehr denn je ist heute Widerstand gegen verfassungswidrig<br />
ausgeübte Gewalt jedermanns Recht und Pflicht. Heute, wo die Entscheidung zwischen Einheit und<br />
Spaltung, zwischen Frieden und Krieg auf der Tagesordnung steht, ist das Volk in erster Linie der<br />
berufene Sprecher für die Wahrung der Interessen der Nation. Das Volk selbst muß sein Schicksal in<br />
die Hand nehmen.“ 300<br />
Die politische Programmatik änderte die Partei erst nach dem XX. Parteitag der KPdSU, der vom 14. bis<br />
25. Februar 1956 stattfand. Dieser proklamierte das Prinzip der „friedlichen Koexistenz“ zwischen<br />
sozialistischem und kapitalistischem Lager. In ihren „Folgerungen“ vom 18. März 1956 hieß es nun,<br />
dass die KPD vom Boden der Demokratie ausgehe und von Anfang an auf dem Boden der<br />
verfassungsmäßigen Grundrechte und Freiheiten stehe, die sie entschlossen gegen Verfassungsbruch<br />
und autoritäre Willkür verteidige. Neu war auch, dass die KPD auf eine Mehrheit im Bundestag zu<br />
setzen begann.<br />
Die KPD verlor bis 1956 kontinuierlich an Mitgliedern. In den ersten Nachkriegsjahren hatte sie mit etwa<br />
300 000 einen Höchststand erreicht. Zum Zeitpunkt der Auflösung 1956 war die Mitgliederzahl auf<br />
knapp 70 000 geschrumpft.<br />
300 Zit. n. Brünneck, Alexander von: Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1968.<br />
Frankfurt/Main 1978, S. 33.<br />
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