Jakob Kindinger
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„Liebe Mitbürger!<br />
Wir stehen in diesem Jahr vor einer Kommunalwahl. Sie findet am 22. Oktober statt. Zum ersten Mal<br />
kandidieren in Bensheim wieder Kommunisten zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung.<br />
Vielen älteren Bürgern ist noch die Tätigkeit der Kommunisten in Erinnerung; das Wort `Kanalpartei´ ist<br />
für viele noch ein Begriff. Sie haben die Erfahrung gemacht, daß sich die Bevölkerung auf die<br />
Kommunisten verlassen kann, daß die Kommunisten die Interessen der werktätigen Bevölkerung<br />
vertreten.<br />
Von damals bis heute ist die Entwicklung allerdings nicht zugunsten der arbeitenden Bevölkerung<br />
verlaufen. Unter der Regierung der CDU wurde eine Politik betrieben, deren Folgen heute noch für alle<br />
spürbar sind. Die demokratischen Rechte wurden ausgehöhlt, die Macht der Konzernherren hat sich<br />
verstärkt. Durch ihre Rüstungs- und Kalte-Krieg-Politik hat es die CDU erreicht, daß ein Großteil unserer<br />
Steuern in die Taschen einiger weniger fließt. Ihre Wirtschafts- und Steuerpolitik begünstigte das<br />
Profitstreben der Großunternehmer.<br />
Diese an den Profitinteressen des Großkapitals orientierte CDU/CSU-Politik war die Ursache für die<br />
laufende Entwertung unseres Geldes. Diese inflationäre Entwicklung begann schon 1950. Der<br />
Lebensstandard, den sich die Arbeiter mit ihren Gewerkschaften erkämpften, wird durch ständige<br />
Preissteigerungen dauernd gefährdet.<br />
Diese Entwicklung traf und trifft nicht nur die Arbeiter und Angestellten, sondern auch die Handwerker,<br />
den Mittelstand und die Bauern. Wenn sich heute die Herren der CDU über die Inflation aufregen und<br />
sich für den `kleinen Mann´ stark machen, dann ist das einfach Heuchelei.<br />
Auch die katastrophale Lage der Städte und Gemeinden ist das Ergebnis einer 20jährigen<br />
gemeindefeindlichen CDU/CSU-Regierungspolitik.<br />
Leider wird auch unter der SPD-Koalition der Kurs fortgesetzt, der die Gemeinden immer tiefer in die<br />
Misere treibt. Die Wähler aus der arbeitenden Bevölkerung erwarten von der Regierung Brandt/Scheel,<br />
diese verhängnisvolle Politik der Vergangenheit zu ändern und nicht fortzusetzen.<br />
Die Städte und Gemeinden tragen nahezu zwei Drittel aller zivilen Investitionen, erhalten aber nur 11 %<br />
des G e s a m t s t e u e r aufkommens. Daher spitzt sich der Widerspruch zwischen den wachsenden<br />
Verpflichtungen der Gemeinden und ihren begrenzten finanziellen Möglichkeiten zu.<br />
Die Finanznot der Städte und Gemeinden hat nichts mit angeblich überhöhten Ansprüchen der<br />
arbeitenden Bevölkerung zu tun. Sie geht auch nicht auf angeblich zu hohe Löhne und Gehälter der<br />
kommunalen Bediensteten zurück. Sie läßt sich nicht mit Steuer- und Tariferhöhungen und anderen<br />
Belastungen, die die werktätigen Massen treffen, beheben. Die Finanznot der Städte und Gemeinden<br />
kann nur behoben werden, wenn der Rüstungsetat gekürzt und die Monopolgewinne durch<br />
Sondersteuer zur Lösung örtlicher Aufgaben herangezogen werden.<br />
Diese Erkenntnis muß ausgesprochen werden. Sie wird von den Kommunisten formuliert, weil sie<br />
weder auf die Ansprüche des Groß- und Rüstungskapitals noch auf die Verwaltungsbürokratie<br />
Rücksicht nehmen.<br />
Die in unserer Stadt lebende Bevölkerung braucht eine konsequente Vertretung im Bensheimer<br />
Parlament. Das sind die Kommunisten, darum kandidiert die DKP. Kommunisten im Bensheimer<br />
Parlament würden die Interessenpositionen der Arbeiter und Angestellten und unserer Jugend um<br />
vieles verstärken.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ihr <strong>Jakob</strong> <strong>Kindinger</strong>“ 364<br />
„Liebe Bürger Bensheims,<br />
vielen von Ihnen ist noch die Zeit bekannt, in der es auch kommunistische Stadtverordnete im<br />
Bensheimer Rathaus gab. Darunter auch ich. Die Bezeichnung `Kanal´-Partei steht zum Beispiel für die<br />
damalig Betroffenen im Einklang mit der Partei, die konsequent die Interessen der Bensheimer Bürger<br />
364 Das Sprachrohr. Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei – Nr. 3/72 S. 3.<br />
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