Jakob Kindinger
Befreiung vom Faschismus Jakob Kindinger und andere Bensheimer Antifaschisten in einer
Gedenkstunde ausdrücklich zu ehren, was allerdings vom Stadtparlament abgelehnt worden sei. Für die
Gewerkschaft IG Bau – Steine – Erden sprach Arthur Hintze. Der Ehrenvorsitzende Jakob Kindinger
habe die Gewerkschaftsarbeit entscheidend mitgeprägt und sich großer Autorität und Beliebtheit erfreut.
Sein Name „geht in die Geschichte der Gewerkschaft“ ein. Emil Carlebach, Mitglied des
Bezirksvorstandes der DKP und des Präsidiums der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, sagte
über seinen Lebensretter: „Er kapitulierte nicht vor Morddrohungen, vor Peitschenhieben oder
Gewehrläufen. Er fühlte sich als Teil der deutschen Arbeiterklasse und kämpfte für eine friedliche Welt.“
Der damalige Bensheimer Bürgermeister Georg Stolle hob hervor, Kindinger habe alle, die mit ihm zu
tun hatten, durch seine Fairness und Hilfsbereitschaft beeindruckt. Zum Schluss bedankte sich ein
Angehöriger der Familie Kindinger aus Reichenbach für die Gedenkfeier. 382 Der „Bergsträßer Anzeiger“
weigerte sich, eine Traueranzeige mit einem gemeinsamen Nachruf der IG Bau – Steine – Erden, der
VVN/BdA und der DKP abzudrucken. Die nächsten Angehörigen wollten die Trauerfeier der oben
genannten Organisationen verhindern, weil sie diese als geschäftsschädigend ansahen. Der
vorgesehene Nachruf hatte folgenden Wortlaut:
„Der Gewerkschafter, Antifaschist und Kommunist Jakob Kindinger ist im Alter von 81 Jahren nach
langer Krankheit gestorben. Seit 1924 war Jakob Kindinger Mitglied der Gewerkschaft. Seine
Gewerkschaft, die BSE, wählte ihn mehrere Jahre zum 1. Vorsitzenden des Ortsverbandes Bensheim
und ernannte ihn zum Ehrenvorsitzenden. 1931 trat er der KPD bei und war seit 1968 Mitglied der DKP.
Der VVN gehörte er seit Gründung an. Im antifaschistischen Widerstand stand er unerschütterlich und
zuverlässig an der Seite seiner Freunde. Als er nach der Befreiung 1945 aus dem Konzentrationslager
Buchenwald nach Hause zurückkehrte, stellte er sich dem demokratischen Neuaufbau zur Verfügung.
Als Antifaschist wurde er in der Bürgerrat gerufen und als KPD-Stadtverordneter in Bensheim gewählt.
Fast gleichzeitig als der Bürgermeister ihm offiziell für seine Verdienste zum Wohle der Bürger dankte,
traf ihn als einen der ersten Berufsverbotsopfer der sogenannte Adenauer-Erlaß. Aber unbeirrt wirkte er
weiter für die Sache der arbeitenden Menschen, solange es ihm seine Gesundheit erlaubte. Für seine
Standhaftigkeit bleibt Jakob Kindinger unser Vorbild im Kampf für Frieden, Arbeit und Demokratie.“ 383
In der „Deutschen Volkszeitung“ vom 28. November 1986 erschien folgender Nachruf:
„Am 17. November 1986 starb in Bensheim an der Bergstraße unser Freund und Kamerad Jakob
Kindinger im Alter von 81 Jahren.
Von frühester Jugend an war er ein Streiter für die Sache der Arbeiterbewegung, ein Kämpfer gegen
Faschismus und Krieg. Im antifaschistischen Widerstand stand Jakob Kindinger unerschütterlich und
zuverlässig an der Seite seiner Freunde. Gefängnis und KZ konnten sein Verhalten nicht ändern: Im KZ
Buchenwald fügte er sich schnell in die von Jahr zu Jahr bis zur Selbstbefreiung immer stärker
werdende Widerstandsorganisation ein. Immer wieder und noch in den letzten Tagen bei der Hilfe für
die 46 zur Exekution bestimmten Kameraden setzte er das eigene Leben ein.
Seine noch lebenden Kameraden und Freunde werden ihn nicht vergessen. Sein Name ist in den
Dokumenten des internationalen Widerstandes verewigt.
VVN-Bund der Antifaschisten
Kreis Bergstraße und Land Hessen
Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora
in der Bundesrepublik Deutschland“ 384
382 Das Sprachrohr. Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei für Bensheim, Dezember 1986.
383 Ebd.
384 In einem weiteren Nachruf auf Jakob Kindinger heißt es:
„Zum Gedenken an den jüngst verstorbenen Antifaschisten und Widerstandskämpfer Jakob Kindinger kamen rund 60
Teilnehmer in den Bensheimer Dalberger Hof zu einer Trauerfeier, organisiert von der DKP Bergstraße, der Jakob Kindinger
seit ihrer Neukonstituierung 1968 angehört hatte.“
Jakob Kindinger habe einen langen Atem gehabt, wenn es um die Widerstandsarbeit gegangen sei. Dies sei der Grund,
seine Arbeit zu würdigen und Kindinger als Vorbild zu bezeichnen. Seine solidarischen Tätigkeiten, wie zum Beispiel die
165