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Aichholzer N., Friedhuber, J.(2003) - Ludwig Boltzmann Institut für ...

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ein ernst zu nehmender Faktor, dem mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt werden<br />

muss. Insbesondere ist dabei die allgemeine Medienerziehung gefordert, die Distanz zu<br />

gezeigten Medienbildern erzeugen kann. Zugleich ist aber der Vorgang einer<br />

Raucherkarriere zu komplex, als dass er durch die Verbannung oder reflexive Brechung der<br />

Werbung allein gestoppt werden könnte.<br />

Das Modell (1) „Mangelnde Selbstsicherheit“ ist als Thema in Fokusgruppen nur sehr schwer<br />

behandelbar. Es würde entweder ein anderes, eher psychotherapeutisches oder<br />

gruppendynamisches Setting voraussetzen oder aber ein sehr hohes Reflexionswissen der<br />

Teilnehmer/innen über ihre tiefer liegenden Beweggründe. Es war daher nicht zu erwarten,<br />

dass die interviewten Jugendlichen von sich aus sagen würden: ja, wir rauchen, weil wir ein<br />

schwaches Ich und ein noch nicht voll zur Entfaltung gebrachtes Selbstbewusstsein haben.<br />

Schon eher konnte man annehmen, dass sie Meinungen darüber haben werden, inwieweit<br />

andere aus Mangel an Selbstsicherheit rauchen. Diesbezüglich hat sich aber eher so etwas<br />

wie eine Raucher-Solidarität gezeigt, nämlich die Haltung, über andere Raucher/innen nichts<br />

wirklich Abwertendes zu sagen.<br />

Wohl aber waren etliche Jugendliche in unseren Fokusgruppen bereit, <strong>für</strong> sich selbst und<br />

andere gelten zu lassen, dass sie auch deshalb rauchen, weil sie dadurch ein Stückchen<br />

Erwachsenheit erfahren. Wie immer man das psychodiagnostisch deuten mag, als Mangel<br />

oder nicht, es zeigt jedenfalls, dass das Rauchen von Zigaretten, da es in bestimmten, sehr<br />

genau strukturierten sozialen Situationen erfolgt, Erfahrungen vermitteln kann, die die<br />

Jugendlichen ansonsten entbehren müssen, nämlich sich ein bisschen erwachsen fühlen zu<br />

können und von anderen Signale zu empfangen, dass sie von diesen als ein bisschen<br />

erwachsen angenommen werden. Weniger als ein Mangel an Selbstsicherheit und<br />

Selbstbewusstsein ist das Rauchen daher sicherlich eine Folge des Mangels an Signalen der<br />

Erwachsenen, die zeigen würden, dass sie die Jugendlichen als vollwertige,<br />

vertrauenswürdige, respektable Personen zu nehmen bereit sind.<br />

Das Modell, das unseren Ergebnissen zufolge indessen den wesentlichsten<br />

Erklärungsbeitrag liefern kann, ist das Modell (5) „Problembewältigung“. Es ist in allen<br />

Raucherkarrieren das zentrale Erfahrungsmoment, an dem sich zwar nicht das primäre<br />

Interesse an der Zigarette, aber die Fähigkeit, ihre psychoaktiven Wirkungen zu empfinden,<br />

entwickelt.<br />

Das von uns in Anlehnung an Howard Becker (1966) entwickelte Karrieremodell sieht sechs<br />

Stufen vor, über die der Jugendliche sich vom absolut unbeleckten Anfänger zum geübten<br />

Raucher entwickelt, was durchaus als Lernprozess zu verstehen ist. Es wird damit eine<br />

Differenzierung des sozialen Prozesses des Rauchereinstiegs präsentiert und somit die<br />

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