bewältigung reduzie- ren, doch die Vergan - eBook.de
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ooks – das Magazin <strong>de</strong>r Orell Füssli Buchhandlungen – September 2010<br />
« Das Mor<strong>de</strong>n<br />
macht mir<br />
Spass – und es<br />
tut mir leid »<br />
Interview mit Ingrid Noll<br />
Auf <strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s<br />
letzten Lichts<br />
Der neue Roman von Rolf Lappert<br />
Der letzte Tabubruch<br />
Interaktive Bücher<br />
Aus <strong>de</strong>m Schatten <strong>de</strong>s<br />
Wahnsinns<br />
Argentinien erzählt<br />
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Book<br />
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o<strong>de</strong>r in je<strong>de</strong>r Orell Füssli Buchhandlung
9<br />
Inhalt<br />
Die nächste Ausgabe von books, <strong>de</strong>m Magazin <strong>de</strong>r Orell-<br />
Füssli-Buchhandlungen, erscheint am 19. November 2010.<br />
Sie erhalten books kostenlos in je<strong>de</strong>r Filiale. Bestellungen nehmen<br />
wir gern entgegen über www.books.ch, or<strong>de</strong>rs@books.ch<br />
und Telefon 0848 849 848. Buchhandlungen von Orell Füssli<br />
fin<strong>de</strong>n Sie in Bern, Frauenfeld, Luzern, St. Gallen, Winterthur<br />
und Zürich.<br />
© Annette Pohnert/Carl Hanser Verlag<br />
16<br />
29<br />
4 Notizen<br />
9 Gespräch mit Rolf Lappert<br />
12 Schwerpunkt: Der Tod und <strong>die</strong> Frauen<br />
16 Interview mit Ingrid Noll<br />
24 Der letzte Tabubruch: Interaktive Bücher<br />
28 Mein Buch<br />
29 Aus <strong>de</strong>m Schatten <strong>de</strong>s Wahnsinns: Bücher aus Argentinien<br />
32 Interview mit <strong>de</strong>m neuen CEO von Orell Füssli<br />
34 Fantastisch!: Fantasy-Neuerscheinungen<br />
38 Kaffeepause: Die Buchhändlerinnen-Debatte<br />
42 Kochbücher: Den Sommer verlängern<br />
47 «Ein Scheidungsratgeber – sofort!»<br />
48 Veranstaltungskalen<strong>de</strong>r<br />
49 Kreuzworträtsel<br />
50 Kolumne: So schreibe ich<br />
ImpreSSum<br />
Herausgeber:<br />
Orell Füssli Buchhandlungs AG<br />
Dietzingerstrasse 3<br />
Postfach<br />
8036 Zürich<br />
Gesamtherstellung:<br />
Media Tune AG, Zürich<br />
Redaktion:<br />
Die Blattmacher GmbH, Zürich<br />
Gestaltung:<br />
Strichpunkt GmbH, Winterthur<br />
Foto Cover:<br />
dpa Picture-Alliance GmbH<br />
Alle so gekennzeichneten Bücher sind auch als <strong>eBook</strong> auf www.books.ch erhältlich.<br />
© Heiner H. Schmitt Jr.<br />
Fiktion und<br />
Realität<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
In <strong>die</strong>ser Ausgabe von «books» leisten<br />
wir uns <strong>de</strong>n Luxus, in <strong>die</strong> menschlichen<br />
Abgrün<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Verbrechens ein-<br />
zutauchen. In <strong>de</strong>r Sicherheit unseres<br />
zivilisierten Lebens geniessen wir mit<br />
Krimis grosse Gefühle, Spannung und<br />
Unterhaltung. Daran ist gewiss nichts<br />
falsch, zumal auch Krimis längst<br />
anspruchsvolle Literatur sind – das<br />
belegen Autorinnen wie Ruth Ren<strong>de</strong>ll,<br />
Donna Leon o<strong>de</strong>r Ingrid Noll. Dem<br />
Erfolg <strong>die</strong>ser und weiterer Krimi-<br />
Ladys haben wir gleich zwei Beiträge<br />
gewidmet.<br />
Welche realen Auswirkungen <strong>die</strong><br />
Gewalt auf Menschen und Gesellschaft<br />
hat, lässt sich lesend genauso<br />
eindrücklich erfah<strong>ren</strong>. Heute setzen<br />
sich Schreiben<strong>de</strong> in Argentinien mit<br />
<strong>de</strong>r blutigen Geschichte ihres Lan<strong>de</strong>s<br />
auseinan<strong>de</strong>r. Die Ergebnisse <strong>die</strong>ser<br />
<strong>Vergan</strong>genheits<strong>bewältigung</strong> sind vielseitig<br />
und berüh<strong>ren</strong>d. Weil Argentinien<br />
in <strong>die</strong>sem Herbst Eh<strong>ren</strong>gast <strong>de</strong>r<br />
Frankfurter Buchmesse ist, sind jetzt<br />
viele grossartige Bücher auch auf<br />
Deutsch erschienen – mehr dazu ab<br />
Seite 29.<br />
Übrigens: «books» liegt jetzt auch am<br />
Flughafen Zürich auf. Nehmen Sie<br />
ein Exemplar mit – und <strong>die</strong> Reisezeit<br />
vergeht wie im Flug!<br />
Ihr András Németh<br />
Mitglied <strong>de</strong>r Geschäftsleitung
Notizen<br />
Je<strong>de</strong>s Jahr erscheint so viel Neues, dass man kaum dazu<br />
kommt, auch <strong>die</strong> guten alten Bücher zu lesen – obwohl für<br />
einen gebil<strong>de</strong>ten Menschen eigentlich kein Weg an <strong>de</strong>n<br />
Klassikern vorbeiführt. Eine unterhaltsame Lösung für<br />
das Zeit-Dilemma bietet das Taschenbuch «Weltliteratur<br />
für eilige». Der Schwe<strong>de</strong> Henrik Lange fasst darin 186<br />
Klassiker zusammen, von «Romeo und Julia» bis «Der<br />
grosse Schlaf». Je<strong>de</strong>s Werk wird in genau drei Bil<strong>de</strong>rn<br />
abgehan<strong>de</strong>lt – kürzer geht es nun wirklich nicht. Dabei<br />
gelingt Lange auch noch das Kunststück, <strong>die</strong> jeweilige<br />
Handlung witzig zu kommentie<strong>ren</strong>. Also: Die Ausre<strong>de</strong>,<br />
man habe keine Zeit gehabt, <strong>die</strong> Klassiker kennenzulernen,<br />
gilt ab sofort nicht mehr.<br />
Notizen<br />
Der Basler Hansjörg Schnei<strong>de</strong>r ist einer<br />
<strong>de</strong>r meistgespielten <strong>de</strong>utschsprachigen<br />
Theaterauto<strong>ren</strong>. Sein grösstes Publikum<br />
fin<strong>de</strong>t er aber mit Krimis um <strong>de</strong>n<br />
Kommissär Peter Hunkeler. Soeben ist<br />
<strong>de</strong>r neueste Band mit <strong>die</strong>ser Hauptfigur<br />
erschienen: «Hunkeler und <strong>die</strong> Augen<br />
<strong>de</strong>s Ödipus». Für einmal verbin<strong>de</strong>t<br />
Schnei<strong>de</strong>r darin sein Theater- mit seinem<br />
Krimischaffen: Der Roman spielt<br />
im Theatermilieu. Der Basler Theaterintendant<br />
Bernhard Vetter wird tot aus<br />
<strong>de</strong>m Rhein gefischt. Ihm wur<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Au-<br />
gen ausgestochen. Hat <strong>de</strong>r Fall mit<br />
einer umstrittenen Inszenierung <strong>de</strong>s<br />
«Ödipus» zu tun? Der griechische König<br />
sticht sich in Sophokles’ Drama<br />
schliesslich auch <strong>die</strong> Augen aus. Hunkeler<br />
übernimmt <strong>de</strong>n Fall nicht, weil<br />
seine Pensionierung vor <strong>de</strong>r Tür steht<br />
– aber er trägt <strong>de</strong>nnoch zur Aufklärung<br />
bei ...<br />
Wie<strong>de</strong>r legt Hansjörg Schnei<strong>de</strong>r einen<br />
Roman in bester Maigret-Tradition<br />
vor: Sein Kommissär lässt sich treiben,<br />
macht sich vertraut mit <strong>de</strong>m Milieu,<br />
spürt einer Fährte nach, <strong>die</strong> immer<br />
<strong>de</strong>utlicher wird. Nebenbei<br />
erlaubt sich Schnei<strong>de</strong>r<br />
einen sarkastischen Blick<br />
auf das aktuelle Theater-<br />
schaffen, das oft am Pu-<br />
blikum vorbei produziert<br />
und darauf erst<br />
noch stolz ist.<br />
4 – books – September 2010<br />
© Maki Galimberti<br />
Die Thriller von John Grisham kann je<strong>de</strong>r<br />
lesen, <strong>de</strong>nn sie sind zwar raffiniert gebaut,<br />
aber einfach geschrieben. Das hat dazu geführt,<br />
dass <strong>de</strong>r US-Amerikaner bislang sagenhafte<br />
250 Millionen Bücher verkaufte,<br />
<strong>die</strong> Feuilletons aber eher <strong>die</strong> Nase rümpften<br />
über sein Werk: Wer so viel Erfolg beim<br />
Volk hat, <strong>de</strong>n kann man schliesslich nicht<br />
ernst nehmen!<br />
Das neuste Buch von Grisham macht es <strong>de</strong>n<br />
Kritikern jetzt aber schwer, ihn weiterhin<br />
ganz aus <strong>de</strong>r Literatenecke fernzuhalten.<br />
«Das Gesetz» ist <strong>de</strong>r erste Erzählband <strong>de</strong>s<br />
Romanciers. Er enthält sieben Geschichten,<br />
<strong>die</strong> alle in <strong>de</strong>r fiktiven Kleinstadt Ford<br />
County in Mississippi spielen. Sie han<strong>de</strong>ln<br />
vom ganz Grossen wie <strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sstrafe und<br />
vom ganz Kleinen wie <strong>de</strong>m Alltag im Sü<strong>de</strong>n.<br />
Die Schnörkellosigkeit <strong>de</strong>r Geschichten<br />
ist gera<strong>de</strong>zu kunstvoll, <strong>die</strong> Sprache entwickelt<br />
eine grosse erzählerische Kraft. In<br />
<strong>de</strong>n USA wa<strong>ren</strong> sich <strong>die</strong> meisten Kritiker<br />
einig: Grisham überrascht. Für Fans ist das<br />
Buch natürlich ein Muss – und für alle an<strong>de</strong><strong>ren</strong><br />
<strong>die</strong> Gelegenheit, sich einmal an <strong>de</strong>n<br />
Rand <strong>de</strong>s Grisham-Universum zu wagen.<br />
Müsste man ein Beispiel für einen<br />
kreativen Menschen nennen, träfe<br />
man mit <strong>de</strong>m<br />
Namen Franz<br />
Hohler sicher<br />
keine schlechte<br />
Wahl: Aus <strong>de</strong>m<br />
67-jährigen<br />
Zürcher spru-<br />
<strong>de</strong>ln <strong>die</strong> I<strong>de</strong>en schon seit Jahrzehnten<br />
ohne Unterlass. Sie sind so<br />
zahlreich, dass sie noch nie in einer<br />
einzigen Schubla<strong>de</strong> Platz fan<strong>de</strong>n –<br />
Hohler ist Kabarettist, Regisseur,<br />
Lie<strong>de</strong>rmacher, Kin<strong>de</strong>rbuchautor,<br />
Fernsehstar, x-fach preisgekrönter<br />
Schriftsteller, engagierter Zeitge-<br />
nosse und noch vieles mehr. Seine<br />
aktuelle Neuerscheinung heisst<br />
«Das Kurze. Das einfache. Das<br />
Kindliche.» und ist eine Sammlung<br />
ganz verschie<strong>de</strong>ner Hohler-Texte<br />
aus <strong>de</strong>n letzten Jah<strong>ren</strong>: Zeitungsartikel<br />
stehen neben Re<strong>de</strong>n und<br />
Vorlesungen. Ihnen allen ist gemein,<br />
dass sie i<strong>de</strong>al zum Titel passen,<br />
<strong>de</strong>nn sie sind kurz, lesen sich auf<br />
eindrückliche Weise leicht – und sie<br />
belegen, dass sich Franz Hohler eine<br />
gewisse Kindlichkeit erhalten konnte.<br />
Von je<strong>de</strong>r Seite blinzelt einem<br />
ein neugieriger, begeisterungsfähiger<br />
und sehr offener Autor entgegen.<br />
Die eindrücklichsten Texte sind drei<br />
Poetik-Vorlesungen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Autor<br />
an <strong>de</strong>r Universität Zürich hielt. Er<br />
beschäftigt sich darin auf vergnügliche<br />
und ganz und gar unaka<strong>de</strong>mische<br />
Weise mit <strong>de</strong>m Schreiben,<br />
zitiert seine Lieblingsauto<strong>ren</strong> und<br />
seine eigenen Werke,<br />
erzählt vom Schriftstellerdasein<br />
– und<br />
präsentiert Briefe<br />
und Geschichten,<br />
<strong>die</strong> ihm <strong>die</strong> Leserinnen<br />
und Leser<br />
zugestellt haben.
Der Schweizer Daniel Ammann ist so etwas<br />
wie ein Akrobat unter <strong>de</strong>n Journalisten:<br />
Er vollbringt überraschen<strong>de</strong> Kunststücke.<br />
Als einzigem Autor <strong>de</strong>r Welt gelang es ihm,<br />
<strong>de</strong>n extrem me<strong>die</strong>nscheuen Multimilliardär<br />
Marc Rich zu ausführlichen Interviews zu<br />
bewegen. Rund 30 Stun<strong>de</strong>n lang stand ihm<br />
<strong>de</strong>r berühmt-berüchtigte Rohstoffhändler<br />
Red und Anwort – in seinem Büro in Zug<br />
o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Skipisten in St. Moritz. Das allein<br />
wäre schon eine Sensation, wirklich beeindruckend<br />
aber ist, wie offen Marc Rich<br />
über seinen Aufstieg, seinen jahrzehntelangen<br />
Zoff mit <strong>de</strong>r US-Regierung, sein Privatleben<br />
und seine Geschäftsphilosophie plau<strong>de</strong>rte.<br />
Laut Daniel Ammann verän<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r<br />
Unternehmer kein Komma am Manuskript<br />
– <strong>die</strong> Biographie «King<br />
of Oil» wur<strong>de</strong> von Marc<br />
Rich zwar persönlich<br />
auf Herz und Nie<strong>ren</strong> geprüft,<br />
sie ist aber keine<br />
«autorisierte» Schönfärberei,<br />
son<strong>de</strong>rn ein<br />
kritisch-sachlicher<br />
psychologischer<br />
Thriller. Das dicke<br />
Buch ist ein gutes<br />
Beispiel dafür, wie<br />
man heute eine Biographie<br />
schreibt – und erst noch packen<strong>de</strong>s<br />
Anschauungsmaterial für alle, <strong>die</strong> wissen<br />
möchten, wie Hochfinanz und Weltpolitik<br />
funktionie<strong>ren</strong>.<br />
Die riesige Fangemein<strong>de</strong><br />
von Isabel<br />
Allen<strong>de</strong> kann sich<br />
freuen: Der neue<br />
Roman <strong>de</strong>r chilenischenErfolgsautorin<br />
ist ein über<br />
550 Seiten dickes<br />
Epos, in das man tief eintauchen kann. In<br />
«Die Insel unter <strong>de</strong>m meer» erzählt Allen<strong>de</strong><br />
eine hochemotionale Saga um <strong>die</strong> junge<br />
Sklavin Téte, <strong>die</strong> im 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt lebt.<br />
Die Geschichte führt von <strong>de</strong>n Zuckerrohrplantagen<br />
auf Saint-Domingue, <strong>de</strong>m heutigen<br />
Haiti, über Kuba ins pulsie<strong>ren</strong><strong>de</strong> New<br />
Orleans <strong>de</strong>s frühen 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Der<br />
Entstehungsprozess <strong>de</strong>s Romans sei sehr<br />
hart gewesen, befand Allen<strong>de</strong> in einem Interview.<br />
«Ich bekam eine Ahnung davon, wie<br />
weit <strong>die</strong> Gräueltaten von Menschen gehen<br />
können.» Mit <strong>de</strong>m Thema <strong>de</strong>s Buchs wolle<br />
sie darauf hinweisen, dass <strong>die</strong> Sklaverei auch<br />
heute vielerorts noch ein Problem darstelle,<br />
«wenn auch oft<br />
mit an<strong>de</strong><strong>ren</strong> Vor-<br />
zeichen als damals».<br />
Als Redaktor eines Büchermagazins fragt man sich immer wie<strong>de</strong>r: Welche Neuerscheinung<br />
könnte <strong>de</strong>r nächste Bestseller wer<strong>de</strong>n? Den möchte man natürlich nicht verpassen,<br />
son<strong>de</strong>rn möglichst vor allen an<strong>de</strong><strong>ren</strong> vorstellen. Also: Ein durchschlagen<strong>de</strong>r Erfolg könnte<br />
in <strong>die</strong>sem Herbst «Die Landkarte <strong>de</strong>r Zeit» wer<strong>de</strong>n. In Spanien hat das dicke Buch <strong>de</strong>s<br />
Werbetexters und Autors Félix J. palma <strong>de</strong>rart eingeschlagen, dass es jetzt in 30 weite<strong>ren</strong><br />
Län<strong>de</strong>rn erscheint. Palma erzählt ein turbulentes Epos, das im London von 1896<br />
beginnt: Andrew will sich das Leben nehmen, weil er über <strong>de</strong>n Verlust seiner Geliebten<br />
nicht hinwegkommt – <strong>die</strong> Prostituierte Marie wur<strong>de</strong> ein Opfer von Jack the Ripper. Doch<br />
dann erfährt Andrew, dass man neuerdings auch Zeitreisen machen kann. Gibt es eine<br />
Möglichkeit, Marie zu retten? Gleichzeitig verliebt sich eine Zeitgenossin von Andrew in<br />
einen Herrn aus <strong>de</strong>r Zukunft. Und Inspektor Garrett wird mit Mor<strong>de</strong>n konfrontiert, bei<br />
<strong>de</strong>nen Waffen im Spiel wa<strong>ren</strong>, <strong>die</strong> es noch gar nicht gibt …<br />
Palma katapultiert seine Leser in immer schnellere Zeitspiralen und -loopings – und bringt<br />
erst noch das Kunststück fertig, <strong>die</strong> atemberauben<strong>de</strong> Geschichte mit ruhigem Schalk zu<br />
erzählen.<br />
DIE NEUE<br />
ANNE TYLER!<br />
Roman, gebun<strong>de</strong>n, 304 Seiten<br />
ISBN 978-3-0369-5571-1<br />
€ 19.90, SFr. 29.90<br />
»Klug und<br />
anrüh<strong>ren</strong>d.«<br />
Cosmopolitan<br />
Ein weiser, humorvoller<br />
und äußerst einfühlsamer<br />
Roman über einen Mann,<br />
<strong>de</strong>r verlo<strong>ren</strong>en Erinnerungen<br />
hinterherjagt und dabei<br />
<strong>die</strong> Liebe fi n<strong>de</strong>t.<br />
»Anne Tyler ist nicht bloß<br />
gut, sie ist teufl isch gut.«<br />
John Updike<br />
books – September 2010 – 5<br />
KEIN & ABER<br />
Foto: Diana Walker
Notizen<br />
«Zettel’s Traum» von Arno Schmidt (1914 – 1979) ist ein in je<strong>de</strong>r<br />
Hinsicht monumentales Werk: Es umfasst über 1300 DIN-A3-Seiten,<br />
<strong>die</strong> mehrspaltig mit Schreibmaschine und von Hand beschrieben<br />
wur<strong>de</strong>n. Das Riesenbuch behan<strong>de</strong>lt einen Tag im Leben<br />
von Daniel Pagenstecher. Der altern<strong>de</strong> Schriftsteller bekommt<br />
Besuch von einem Übersetzerehepaar und <strong>de</strong>ssen<br />
16-jähriger Tochter, <strong>die</strong> unendlich in ihn verliebt<br />
ist. Die vier Leute unterhalten sich einen Tag lang<br />
intensiv über Edgar Allan Poe, über Literatur, über<br />
Ereignisse im nahen Dorf, über Sigmund Freud, über<br />
Gott und <strong>die</strong> Welt. Ausgangsmaterial für das hochkomplexe<br />
Gedankenlabyrinth war Schmidts legendärer<br />
Zettelkasten: Auf 120’000 Kärtchen hatte<br />
<strong>de</strong>r Autor Stichworte und Einfälle gesammelt.<br />
Schmidts Manuskript hatte eine so vertrackte<br />
Struktur, dass es sich nicht mehr setzen liess –<br />
es erschien daher 1970 als Faksimile, mitsamt<br />
2010 ist gleich in doppelter Hinsicht ein Kurt-Tucholsky-Jahr:<br />
Der grösste Satiriker <strong>de</strong>r Weimarer Republik kam vor 120 Jah<strong>ren</strong><br />
zur Welt – und starb vor 75 Jah<strong>ren</strong>. Dazwischen lagen Jahre enormer<br />
Produktivität. Tucholsky schrieb über 3000 Artikel, Gedichte<br />
und Erzählungen. Die meisten seiner Arbeiten erschienen in<br />
<strong>de</strong>r legendä<strong>ren</strong> Zeitschrift «Die Weltbühne», einer<br />
<strong>de</strong>r wichtigsten gesellschaftskritischen Publikationen<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Geschichte.<br />
Eigentlich war Kurt Tucholsky, <strong>de</strong>r aus einer<br />
recht vermögen<strong>de</strong>n jüdischen Familie<br />
stammte, Jurist; das Schreiben und <strong>die</strong><br />
Politik hatten es ihm aber schon früh<br />
angetan, <strong>de</strong>shalb liess er <strong>die</strong> vielversprechen<strong>de</strong><br />
Karriere als Anwalt sausen und<br />
wetzte fortan seine Fe<strong>de</strong>r gegen Militarismus<br />
und Engstirnigkeit. Seine Vielseitigkeit<br />
als Autor war so gross, dass er zu<br />
je<strong>de</strong>r Rubrik <strong>de</strong>r «Weltbühne» etwas beisteuern<br />
konnte. Damit das Heft nicht als reine<br />
Tucholsky-Textsammlung daherkam, legte<br />
sich <strong>de</strong>r Autor eine ganze Reihe von Pseudonymen<br />
zu: Ignaz Wrobel, Theobald Tiger, Peter Panter, Kaspar<br />
Hauser, Paulus Bünzly o<strong>de</strong>r Theobald Körner. Sein vielleicht<br />
schönstes Werk, <strong>die</strong> leichte Sommernovelle «Schloss Gripsholm»,<br />
veröffentlichte Tucholsky aber unter eigenem Namen. Liest man<br />
<strong>die</strong>se Erzählung, staunt man, wie frisch und unbekümmert Tucholskys<br />
Sprache noch immer wirkt. Sie hat <strong>die</strong> Zeit überstan<strong>de</strong>n,<br />
ohne Staub anzusetzen – das ist bei vergnüglichen Texten selten,<br />
Humor und Satire altern in <strong>de</strong>r Regel schlecht.<br />
Tucholskys elegante Vielschreiberei half in<strong>de</strong>ssen wenig, <strong>die</strong> realen<br />
Verhältnisse zu verän<strong>de</strong>rn. Deutschland radikalisierte sich, 1933<br />
kamen <strong>die</strong> Nazis an <strong>die</strong> Macht; sie verboten <strong>die</strong> «Weltbühne»,<br />
verbrannten Tucholskys Bücher und bürgerten <strong>de</strong>n Schriftsteller<br />
6 – books – September 2010<br />
Jubiläen<br />
handschriftlichen Korrektu<strong>ren</strong> und Streichungen. Schmidt selber<br />
vermutete, auf <strong>de</strong>r ganzen Welt wür<strong>de</strong>n nur etwa 400 Menschen<br />
sein Werk verstehen. Doch <strong>die</strong> Begeisterung, <strong>die</strong> «Zettel’s Traum»<br />
in Intellektuellenkreisen auslöste, war so gewaltig, dass<br />
schliesslich sogar günstige Raubdrucke publiziert wur<strong>de</strong>n.<br />
Zum 40-Jahr-Jubiläum <strong>de</strong>r Erstveröffentlichung erscheint<br />
«Zettel’s Traum» nun endlich gesetzt – als<br />
Abschluss einer Gesamtausgabe <strong>de</strong>r Werke von Arno<br />
Schmidt. Das komplexe Layout wur<strong>de</strong> in jahrelanger<br />
Detailarbeit in einen lesefreundlichen Schriftsatz<br />
überführt, ohne dass <strong>de</strong>r Charakter <strong>de</strong>s Buchs darunter<br />
gelitten hätte. Der sieben Kilogramm schwere Brocken<br />
aus <strong>de</strong>m Hause Suhrkamp kostet zwar ein kleines Vermögen<br />
– nämlich 474 Franken –, aber wahre Literaturfreun<strong>de</strong> leisten<br />
sich natürlich lieber <strong>die</strong>sen Klassiker <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne als zwei Paar<br />
schicke Schuhe!<br />
aus. Der war allerdings schon in <strong>de</strong>n 1920er-Jah<strong>ren</strong> angeekelt nach<br />
Schwe<strong>de</strong>n ausgewan<strong>de</strong>rt. Ob er sich im Exil 1935 das Leben nahm,<br />
wie lange vermutet wur<strong>de</strong>, o<strong>de</strong>r ob er aus Versehen eine Überdosis<br />
Schlafmittel schluckte, wird man wohl nie wissen.<br />
Zahlreiche Neuerscheinungen ermöglichen uns Heutigen,<br />
das grosse Werk <strong>de</strong>s «kleinen dicken Berliners» (Erich<br />
Kästner) noch einmal Revue passie<strong>ren</strong> zu lassen.<br />
«Gute Laune mit Kurt Tucholsky» verbreitet<br />
genau das, was <strong>de</strong>r Titel verspricht. Der<br />
Feuilletonist Fritz J. Raddatz hat <strong>die</strong> neue<br />
Biographie «Tucholsky» verfasst. Und etwas<br />
später im Jahr erscheint dann auch<br />
noch «Weihnachten mit Kurt Tucholsky»,<br />
eine unsentimentale Festtagsbegleitung.<br />
Eine ganz beson<strong>de</strong>re Empfehlung<br />
ist schon etwas älter: Der schöne<br />
Band «Augen in <strong>de</strong>r Grossstadt» <strong>de</strong>r<br />
Edition Büchergil<strong>de</strong> präsentiert <strong>die</strong> besten<br />
Gedichte, Aphorismen und Artikel, alles kongenial<br />
illustriert von<br />
Hans Ticha. Als amuse<br />
bouche ein kleines Müsterchen<br />
vom Meister:<br />
Wenn ich jetzt sterben müsste, wür<strong>de</strong><br />
ich sagen: «Das war alles?» Und: «Ich<br />
habe es nicht so richtig verstan<strong>de</strong>n.»<br />
Und: «Es war ein bisschen laut.»<br />
© MaxEhlert_SV
Oft ist <strong>die</strong> letzte Seite eines Buchs jene, <strong>die</strong><br />
man am wenigsten gern liest – weil man<br />
nicht möchte, dass das Buch schon zu<br />
En<strong>de</strong> ist. Glücklicherweise können einem<br />
Fachleute in solchen Momenten weiterhelfen<br />
und einem Bücher mit vergleichba<strong>ren</strong><br />
Qualitäten empfehlen. Heute macht das<br />
Susanna Beusch; sie ist seit 33 Jah<strong>ren</strong><br />
Buchhändlerin und arbeitet seit sechs Jah<strong>ren</strong><br />
bei Orell Füssli in Winterthur.<br />
«Wem <strong>de</strong>r Grosserfolg ‚Die eleganz <strong>de</strong>s<br />
Igels’ von muriel Barbery gefiel, wird sicher<br />
auch viel Freu<strong>de</strong> haben an ‚Das Labyrinth<br />
<strong>de</strong>r Wörter’ von marie-Sabine<br />
roger. Bei<strong>de</strong>s sind richtige Herzensbücher.<br />
In ‚Die Eleganz <strong>de</strong>s Igels’ geht es um <strong>die</strong><br />
Begegnung zweier Seelenverwandter: einer<br />
zurückhalten<strong>de</strong>n Concierge mit einem<br />
schwierigen Mädchen aus <strong>de</strong>r Oberschicht.<br />
In ‚Das Labyrinth <strong>de</strong>r Wörter’ trifft nun ein<br />
40-jähriger ungebil<strong>de</strong>ter Son<strong>de</strong>rling auf eine<br />
bezaubern<strong>de</strong> alte Dame, eine Aka<strong>de</strong>mikerin,<br />
<strong>die</strong> ihm <strong>die</strong> Welt <strong>de</strong>r Literatur öffnet. Bei<strong>de</strong><br />
Bücher sind berüh<strong>ren</strong>d, eindrücklich und<br />
tragikomisch.<br />
Fans von Donna Leon fiebern <strong>de</strong>m nächsten<br />
Brunetti-Fall meistens sehnsüchtig entgegen.<br />
Abkürzen können sie <strong>die</strong> Wartezeit<br />
mit <strong>de</strong>n Krimis von martin Walker. Die<br />
Was lesen Sie gera<strong>de</strong> ?<br />
michael von <strong>de</strong>r Hei<strong>de</strong>, Sänger, Zürich:<br />
«Im Moment lese ich ‚Juni’. Autor Gerbrand Bakker erzählt<br />
von einem Dorf im Nor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n, von<br />
seinen Bewohnern und von <strong>de</strong>r Familie Kaan, <strong>die</strong> auf einem<br />
alten Bauernhof lebt. Alles verläuft ruhig und gemächlich, im Grun<strong>de</strong> geschieht nicht<br />
viel. Doch an einen Sommertag vor 40 Jah<strong>ren</strong> erinnern sich noch alle gut. Damals kam<br />
<strong>die</strong> Königin zu Besuch. Und damals ereignete sich ein schrecklicher Unfall ...<br />
Gerbrand Bakker erzählt in einer unprätentiösen, berüh<strong>ren</strong><strong>de</strong>n Sprache von einem<br />
Dorf und einem Hof. Vor allem aber von einer Familie, <strong>de</strong><strong>ren</strong> Mitglie<strong>de</strong>r alle auf ihre<br />
Weise versuchen, mit Verdrängung, Trauerarbeit und Erinnerung umzugehen. Dieses<br />
elegische und melancholische Buch empfehle ich gern weiter.»<br />
Leute, <strong>die</strong> das mögen, mögen auch...<br />
Orell Füssli setzt auf Ökostrom<br />
Parallelen zwischen Walker und Donna<br />
Leon sind ein<strong>de</strong>utig: Bei<strong>de</strong> Auto<strong>ren</strong> stammen<br />
aus <strong>de</strong>m angelsächsischen Raum und<br />
haben Schauplätze in lateinischen Län<strong>de</strong>rn<br />
gewählt. Was Venedig für Donna Leon ist,<br />
ist das Périgord für Martin Walker. Bei<strong>de</strong><br />
Auto<strong>ren</strong> schreiben auf vergleichbarem Niveau,<br />
lassen etwas Gesellschaftskritik in ihre<br />
Bücher einfliessen und arbeiten mit festem<br />
Personal. Walkers Hauptfigur Bruno Chef<br />
<strong>de</strong> Police wird wohl so viele Fans gewinnen,<br />
wie sie Commissario Brunetti schon hat –<br />
<strong>de</strong>nn ich bin sicher: Wer Donna Leon liebt,<br />
wird auch Martin Walker lieben!»<br />
Kundinnen und Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Elektrizitätswerks <strong>de</strong>r Stadt Zürich (EWZ) können etwas für<br />
eine nachhaltige Stromversorgung tun: Sie zahlen einen etwas höhe<strong>ren</strong> Preis für Stromlieferungen<br />
– und das EWZ speist dafür <strong>die</strong> entsprechen<strong>de</strong> Menge ökologisch produzierten<br />
Stroms ins Netz ein. Die Orell Füssli Buchhandlungs AG hat sich entschie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n<br />
gesamten Strombedarf ihrer Standorte in <strong>de</strong>r Stadt Zürich mit Ökostrom zu <strong>de</strong>cken<br />
GROSSE<br />
AUTOREN,<br />
perfekte<br />
STIMMEN<br />
15 CD | 54,00 sFr<br />
Gelesen von Ulrich Matthes<br />
6 CD | 39,90 sFr<br />
Gelesen von Matthias Koeberlin<br />
8 CD | 39,90 sFr<br />
Gelesen von Astrid Meyerfeldt<br />
und Simone Kabst<br />
books – September 2010 – 7
Notizen<br />
re<strong>de</strong>n Sie mit auf<br />
booksblog.ch<br />
www.books.ch ist <strong>de</strong>r Shop von Orell<br />
Füssli – und booksblog.ch <strong>de</strong>r Blog. Vor<br />
wenigen Wochen wur<strong>de</strong> er aufgeschaltet,<br />
und bereits haben sich Hun<strong>de</strong>rte<br />
von Teilnehmen<strong>de</strong>n für <strong>die</strong> Facebook-<br />
Applikation angemel<strong>de</strong>t. booksblog.ch<br />
ist sozusagen das schnelle und von <strong>de</strong>n<br />
Leserinnen und Lesern mitgestaltete<br />
Online-Büchermagazin von Orell Füssli:<br />
Auf <strong>de</strong>r Website fin<strong>de</strong>n Sie aktuelle<br />
Rezensionen, süffige Kommentare und<br />
persönliche Empfehlungen, dazu viele<br />
Vi<strong>de</strong>os rund ums Buch.<br />
Alle Bücherfreundinnen und -freun<strong>de</strong><br />
fin<strong>de</strong>n jetzt auf booksblog.ch eine beson<strong>de</strong>re<br />
Aktion: Wer<strong>de</strong>n Sie Orell-Füssli-Fan<br />
auf Facebook und sagen Sie uns,<br />
wie Sie zur gentechnischen Verän<strong>de</strong>rung<br />
von Organismen stehen. Die zehn besten<br />
Kommentare wer<strong>de</strong>n mit je einem<br />
Exemplar <strong>de</strong>s Gentech-Thrillers «Die<br />
Saat» verdankt. Mehr zu <strong>die</strong>sem Buch<br />
auf Seite 18.<br />
Seit 2005 publiziert <strong>die</strong> «Schweizer Familie»<br />
<strong>die</strong> Fotoreportagen-Serie «Stille<br />
Orte». In ausdrucksvollen, aber nie pathetischen<br />
Bil<strong>de</strong>rn und gefühlvollen, aber nie<br />
prätentiösen Texten fängt Heinz Storrer<br />
<strong>de</strong>n Zauber von Orten ein, <strong>die</strong> man zwar<br />
kennt, aber noch nie so betrachtet hat.<br />
Die schönsten <strong>de</strong>r umfangreichen Reportagen<br />
kann man<br />
jetzt noch einmal in<br />
Buchform geniessen:<br />
«Stille Orte<br />
<strong>de</strong>r Schweiz» ist<br />
ein Geschenk, das<br />
man sich selber<br />
machen kann.<br />
8 – books – September 2010<br />
Die Leseausrüstung: 3. Folge<br />
Seit <strong>die</strong> Orell-Füssli-Filialen einen frischen Auftritt haben,<br />
erhalten Kundinnen und Kun<strong>de</strong>n auch neu gestaltete<br />
Plastiksäcke – darin lassen sich Einkäufe stilvoll durch<br />
<strong>die</strong> Stadt und nach Hause tragen. Wer es noch ein wenig<br />
hochwertiger liebt – und erst noch etwas nachhaltiger –,<br />
fin<strong>de</strong>t bei Orell Füssli aber auch Alternativen für <strong>de</strong>n<br />
Büchertransport. Zum Beispiel <strong>de</strong>n modischen und ökologischen<br />
Einkaufsbeutel <strong>de</strong>r australischen Designer von<br />
envirosax. Die t<strong>ren</strong>dige und sehr stabile Tasche lässt sich<br />
auf <strong>die</strong> Grösse eines Sushi-Stücks zusammenfalten und<br />
wiegt nur 40 Gramm. So kann<br />
man sie immer bei sich tragen und<br />
wie<strong>de</strong>r und wie<strong>de</strong>r verwen<strong>de</strong>n.<br />
Seit es envirosax gibt, sind schon<br />
Millionen von Einkaufstüten auf<br />
<strong>de</strong>r ganzen Welt eingespart<br />
wor<strong>de</strong>n – das ist Umweltschutz,<br />
<strong>de</strong>r erst noch gut aussieht!<br />
einkaufsbeutel<br />
CHF 13.90<br />
envirosax<br />
Wettbewerbs-<br />
Gewinner<br />
In <strong>de</strong>r letzten Ausgabe von books<br />
verlosten wir Büchergutscheine.<br />
Gewonnen haben:<br />
1. preis: Christine Gerlach, Wetzikon<br />
2. preis: Ines Kühne, Fahrwangen<br />
3. preis: Eva Horvath, Winterthur<br />
Herzliche Gratulation!<br />
Die Gewinnerinnen und Gewinner<br />
<strong>de</strong>r Preise 4 bis 10 wer<strong>de</strong>n schriftlich<br />
benachrichtigt.<br />
Aus <strong>de</strong>m Leben einer Buchhändlerin<br />
Kundin: «Ich suche ein Buch über<br />
Pilze.»<br />
Buchhändlerin: «Das fin<strong>de</strong>n Sie bei uns<br />
im 2. Stock, dort sind alle Pilzführer.»<br />
Kundin: «Was, so etwas gibt es? Und<br />
das heisst auch noch ‚Pilzführer’? Nein,<br />
so etwas!»<br />
Buchhändlerin (verunsichert): «Also...<br />
Sie meinen schon Waldpilze und so?<br />
Steinpilze, Goldröhrlinge...»<br />
Kundin: «Neiiin, <strong>doch</strong> nicht Waldpilze,<br />
ich habe einen Fusspilz!»<br />
(Dialoge in <strong>die</strong>ser Rubrik sind authentisch und<br />
wur<strong>de</strong>n in einer Filiale von Orell Füssli geführt.)<br />
Alle Notizen von marius Leutenegger
« Entwe<strong>de</strong>r man<br />
mag meinen Sound<br />
o<strong>de</strong>r nicht »<br />
Zwei Geschwister auf <strong>de</strong>r Suche nach einan<strong>de</strong>r und nach sich selbst; eine Insel<br />
irgendwo im Nirgendwo, auf <strong>de</strong>r seltsame Dinge vor sich gehen; ein Affe, <strong>de</strong>r mit<br />
menschen kommunizie<strong>ren</strong> kann; Forscher, <strong>die</strong> nicht sind, was sie scheinen –<br />
rolf Lapperts neuer roman «Auf <strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s letzten Lichts» ist ein Genuss für<br />
alle, <strong>die</strong> das Aussergewöhnliche mögen.<br />
Schwerpunkt<br />
Text: Erik Brühlmann – Foto: Annette Pohnert /Carl Hanser Verlag<br />
books – September 2010 – 9
Schwerpunkt<br />
© Gerard Clifford<br />
rolf Lappert<br />
Gebo<strong>ren</strong> 1958 in Zürich, absolvierte Rolf Lappert<br />
zunächst eine Lehre als Grafiker. «Schon<br />
zu <strong>die</strong>ser Zeit wusste ich, dass ich Schriftsteller<br />
wer<strong>de</strong>n wollte», verrät er. «Ich hätte <strong>die</strong><br />
Lehre auch beinahe abgebrochen, weil ich es<br />
romantisch fand, einfach abzuhauen, am besten<br />
ins Ausland. Zur Erleichterung meine Eltern<br />
been<strong>de</strong>te ich <strong>die</strong> Lehre dann aber <strong>doch</strong>.»<br />
Schon drei Jahre später erschienen sein Erstlingswerk<br />
«Folgen<strong>de</strong> Tage» und <strong>de</strong>r Gedichtband<br />
«Die Erotik <strong>de</strong>r Hotelzimmer». «Ich wur<strong>de</strong><br />
auch vom Kuratorium <strong>de</strong>s Kantons Aargau<br />
unterstützt – wobei mir da weniger das Geld<br />
wichtig war als <strong>die</strong> Anerkennung, mit meiner<br />
Schriftstellerei wahrgenommen zu wer<strong>de</strong>n.»<br />
Rolf Lappert war schon immer ein Rastloser<br />
und verbrachte neben <strong>de</strong>m Schreiben viel Zeit<br />
damit, durch <strong>die</strong> Welt zu reisen und Neues<br />
auszuprobie<strong>ren</strong>. So grün<strong>de</strong>te er Anfang <strong>de</strong>r<br />
1990er-Jahre gemeinsam mit einem Freund in<br />
Aarburg einen Jazzklub, fand je<strong>doch</strong> mit <strong>de</strong>n<br />
ersten bei<strong>de</strong>n Teilen seiner Amerika-Trilogie –<br />
«Der Himmel <strong>de</strong>s perfekten Poeten» (1994) und<br />
«Die Gesänge <strong>de</strong>r Verlierer» – wie<strong>de</strong>r kurzzeitig<br />
zur Schriftstellerei zurück. Zwischen 1997 und<br />
2004 arbeitete Lappert als Drehbuchautor fürs<br />
Schweizer Fernsehen und entwickelte unter<br />
an<strong>de</strong>rem <strong>die</strong> Serie «Mannezimmer». Für seinen<br />
nächsten, bisher erfolgreichsten Roman «Nach<br />
Hause schwimmen» erhielt Rolf Lappert 2008<br />
<strong>de</strong>n ersten Schweizer Buchpreis und wur<strong>de</strong> er<br />
für <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Buchpreis nominiert.<br />
10 – books – September 2010<br />
Der vorletzte Roman von Rolf Lappert erschien<br />
1995 – <strong>de</strong>r letzte 2008. Der gebürtige<br />
Zürcher ist offenbar einer, <strong>de</strong>r sich Zeit<br />
lässt beim Schreiben. Diesmal allerdings hat<br />
es keine kleine Ewigkeit bis zum nächsten<br />
Buch gedauert: «Auf <strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s letzten<br />
Lichts» erscheint bereits zwei Jahre nach<br />
<strong>de</strong>m Erfolgsroman «Nach Hause schwimmen».<br />
Der Grund dafür ist einfach: «Ich<br />
hatte mit <strong>de</strong>m Verlag einen Abgabetermin<br />
ausgehan<strong>de</strong>lt, und <strong>de</strong>n musste ich natürlich<br />
einhalten», erklärt Rolf Lappert. «Deshalb<br />
schrieb ich auch über Monate hinweg je<strong>de</strong>n<br />
Tag an ‚Auf <strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s letzten Lichts‘.<br />
Das war zwar oft sehr anst<strong>ren</strong>gend und ermü<strong>de</strong>nd,<br />
<strong>doch</strong> es hatte auch etwas Positives:<br />
Ich war immer in <strong>de</strong>r Geschichte drin.»<br />
Aber kann man von einem Schriftsteller er-<br />
warten, je<strong>de</strong>n Tag kreativ zu sein? Was,<br />
wenn ihn <strong>die</strong> Muse einmal partout nicht<br />
küsst? «Das gehört dazu, damit kann ich<br />
umgehen. Früher wäre ich noch spazie<strong>ren</strong><br />
gegangen o<strong>de</strong>r hätte mich sonst irgendwie<br />
abgelenkt; <strong>die</strong>smal blieb ich einfach dran<br />
und wartete, bis <strong>de</strong>r Knoten platzt. Die berühmte<br />
Schreibblocka<strong>de</strong>, bei <strong>de</strong>r einem gar<br />
nichts einfällt o<strong>de</strong>r man überhaupt nicht<br />
mehr weiterkommt, kenne ich zum Glück<br />
nicht.»<br />
Beinahe filmisch<br />
Mit 544 Seiten ist «Auf <strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s<br />
letzten Lichts» ein umfangreiches Werk gewor<strong>de</strong>n<br />
– «obwohl ich mir nur 400 Seiten<br />
vorgenommen hatte», wie Lappert gesteht.<br />
«Jetzt sind es halt ein paar mehr gewor<strong>de</strong>n.»<br />
Das liegt unter an<strong>de</strong>rem auch daran, dass<br />
<strong>de</strong>r Roman vor atmosphärischen Beschreibungen<br />
nur so strotzt. So ist zum Beispiel<br />
ein Laken nicht einfach schmutzig, son<strong>de</strong>rn<br />
es ist ein Laken, «<strong>de</strong>ssen Farbe vor lauter<br />
Krümeln und Asche, unbenutzten Teebeuteln,<br />
zerknüllten Notizzetteln und Papiertaschentüchern,<br />
Büchern, Bonbons, Keksen,<br />
Streichholzschachteln, Stiften, Spielkarten,<br />
Zeitungsfetzen und zahllosen an<strong>de</strong><strong>ren</strong> Din-<br />
gen nur schwer als Weiss zu erkennen war».<br />
«Ich höre immer wie<strong>de</strong>r, dass <strong>die</strong> Leser <strong>die</strong><br />
Atmosphäre, das Tempo und das beinahe<br />
Filmische eines solchen Textes schätzen und<br />
sich dafür auch entsprechend Zeit nehmen»,<br />
erzählt <strong>de</strong>r Autor. «Das ist eben mein<br />
‚Sound‘ – entwe<strong>de</strong>r mag man ihn o<strong>de</strong>r<br />
nicht.» Die Literaturkritiker mögen ihn;<br />
einige vergleichen Lappert gar mit John<br />
Irving. Für Lappert selbst ist <strong>die</strong>ser Vergleich<br />
nahe liegend: «Das kommt daher,<br />
dass ich früher alles von Irving verschlang –<br />
jetzt fliessen wohl auch Elemente von ihm<br />
in mein Schreiben ein. Mittlerweile mag ich<br />
Irvings Bücher aber nicht mehr. Sie sind mir<br />
zu langatmig, zu verschroben und sperrig.»<br />
Ein weit grösseres Kompliment sei für ihn,<br />
dass Kritiker seine Bücher in <strong>de</strong>r amerikanischen<br />
Erzähltradition sähen. «Auch<br />
wenn mir klar ist, dass mich das in <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschsprachigen Literatur zum Exoten<br />
macht.»<br />
«Die berühmte<br />
Schreibblocka<strong>de</strong>, bei<br />
<strong>de</strong>r einem gar nichts<br />
einfällt o<strong>de</strong>r man<br />
überhaupt nicht mehr<br />
weiterkommt, kenne<br />
ich zum Glück nicht.»<br />
einfacher, als es scheint<br />
Bei so viel Detailreichtum, einem Grossaufgebot<br />
an Personal, Haupt- und Nebensträngen<br />
muss das Planen einer Geschichte<br />
ziemlich aufwändig sein, möchte man meinen.<br />
Doch Rolf Lappert verneint: «Ich plane<br />
nicht alles von A bis Z, und ich lege mir<br />
auch keine Sammlung von Notizzetteln an.<br />
Ich weiss in etwa, wo es lang gehen soll,<br />
und dann schreibe ich <strong>die</strong> Geschichte, wie<br />
sie im Buch erscheint.» Das ist insofern erstaunlich,<br />
als dass in <strong>de</strong>n Hauptstrang um<br />
<strong>die</strong> Geschwister Tobey und Megan unzählige<br />
Nebengeschichten verwoben sind: jene<br />
um <strong>de</strong>n undurchsichtigen, aber trotz<strong>de</strong>m<br />
sympathischen Tanvir; jene <strong>de</strong>s Bonobo-<br />
Affen Montgomery; jene um <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n<br />
philippinischen Inseln, auf <strong>die</strong> es Tobey auf<br />
seiner Suche nach Megan verschlägt, und<br />
noch einige mehr. Alles zusammen ergibt<br />
einen Roman, <strong>de</strong>r ... Ja, welchem Genre soll<br />
man ihn eigentlich zuordnen? «Ich habe<br />
im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Buch schon<br />
‚Robinsona<strong>de</strong>‘ gehört, aber auch ‚Abenteuerroman‘.<br />
Im Grun<strong>de</strong> ist es gut, wenn<br />
man ihn nicht <strong>de</strong>finitiv einordnen kann»,<br />
sagt Lappert. Für ihn selbst sei «Auf <strong>de</strong>n<br />
Inseln <strong>de</strong>s letzten Lichts» vor allem an<strong>de</strong><strong>ren</strong><br />
<strong>die</strong> Charakterstu<strong>die</strong> <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Hauptfigu<strong>ren</strong><br />
Megan und Tobey. «Ich hätte aber<br />
kein Problem damit, wür<strong>de</strong> das Buch als<br />
Abenteuerroman angepriesen – auch wenn
ich fin<strong>de</strong>, dass dafür zu wenig Action in <strong>de</strong>r<br />
Geschichte steckt.»<br />
«Megan ist eigentlich<br />
<strong>die</strong> erste Figur, <strong>die</strong><br />
mir stark ähnelt. Wie<br />
sie bin auch ich Vegetarier,<br />
weil ich Mitleid<br />
mit <strong>de</strong>n Tie<strong>ren</strong><br />
habe. Wie sie bin ich<br />
nicht irgendwo verwurzelt,<br />
wusste lange<br />
Zeit nicht, wo ich zu<br />
Hause sein will. »<br />
Wo Lappert draufsteht ...<br />
Der Roman lebt von <strong>de</strong>n und durch <strong>die</strong><br />
starken Figu<strong>ren</strong>. Mit Hel<strong>de</strong>n wartet er je<strong>doch</strong><br />
nicht auf. «Die hat man im Leben<br />
schliesslich auch nicht», argumentiert Lappert.<br />
«Deshalb bevorzuge ich Figu<strong>ren</strong> mit<br />
einer gebrochenen Biografie o<strong>de</strong>r zwiespältigem<br />
Charakter.» Das spürt man auch bei<br />
<strong>de</strong>n Hauptfigu<strong>ren</strong> Tobey und Megan. «Ich<br />
wusste von Anfang an sehr genau, wie <strong>die</strong><br />
bei<strong>de</strong>n sein sollen. Dass zum Beispiel Megan<br />
sehr tierlieb ist, aber in ihrer Tierliebe<br />
auch sehr weit geht, sich dadurch aus<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft ausg<strong>ren</strong>zt und einsam ist.<br />
Tobey dagegen ist ein Trotzkopf, eher verschlossen.»<br />
Dass man als Autor seine Figu<strong>ren</strong><br />
irgendwann in- und auswendig kenne,<br />
sei immer das Ziel. Bei Tobey und Megan<br />
sei es ihm gelungen, beson<strong>de</strong>rs schnell mit<br />
ihnen «intim» zu sein – weil in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
vielleicht beson<strong>de</strong>rs viel von ihrem Schöpfer<br />
steckt? Rolf Lappert bejaht: «Megan ist<br />
eigentlich <strong>die</strong> erste Figur, <strong>die</strong> mir stark ähnelt.<br />
Wie sie bin auch ich Vegetarier, mittlerweile<br />
seit etwa zwanzig Jah<strong>ren</strong>, weil ich<br />
Mitleid mit <strong>de</strong>n Tie<strong>ren</strong> habe. Wie sie bin<br />
ich nicht irgendwo verwurzelt, wusste lange<br />
Zeit nicht, wo ich zu Hause sein will.<br />
Und auch ich habe – wie Megan, nur nicht<br />
so ausgeprägt – meine Phasen, in <strong>de</strong>nen ich<br />
melancholisch bin, mich zurückziehe und<br />
<strong>die</strong> Gesellschaft an<strong>de</strong>rer mei<strong>de</strong>.»<br />
Der Künstler, <strong>de</strong>r egoist<br />
Der Autor gesteht, dass solche Phasen auch<br />
mit Egoismus zu tun hätten. «Ich bin gern<br />
unter Leuten, aber ich möchte selbst bestimmen<br />
können, wann ich sie treffe. An<br />
<strong>de</strong>r Einsamkeit lei<strong>de</strong> ich nicht – ich schreibe<br />
dann einfach. Und das kann ich am besten,<br />
wenn nicht ständig irgendwelche Verpflichtungen<br />
und Erwartungen an mich herangetragen<br />
wer<strong>de</strong>n.» Kunst ohne Egoismus<br />
gebe es nicht, so Lappert, gera<strong>de</strong> im Fall<br />
<strong>de</strong>r Schriftstellerei. «Man entschei<strong>de</strong>t sich,<br />
<strong>die</strong>sen Weg zu gehen, und weiss dabei, dass<br />
man auf einiges verzichtet, was für an<strong>de</strong>re<br />
Menschen selbstverständlich ist: Familie,<br />
Kin<strong>de</strong>r und so weiter.» Man könne <strong>die</strong> Alternativen<br />
aber auch nicht gegeneinan<strong>de</strong>r<br />
aufwiegen, und er wisse, dass für ihn ein<br />
an<strong>de</strong>rer Weg nicht funktioniert hätte. Seine<br />
Kin<strong>de</strong>r existie<strong>ren</strong> eben in Buchform, und sie<br />
sind <strong>de</strong>r ganze Stolz ihres «Vaters»: «‚Auf<br />
<strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s letzten Lichts‘ ist genau jenes<br />
Buch gewor<strong>de</strong>n, das ich schreiben wollte.»<br />
Mehr kann ein Schriftsteller nicht von sich<br />
verlangen.<br />
Auf <strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s letzten Lichts<br />
540 Seiten<br />
CHF 35.90<br />
Hanser<br />
Die romane von<br />
rolf Lappert<br />
Schwerpunkt<br />
Nach Hause schwimmen<br />
603 Seiten<br />
CHF 19.90<br />
dtv<br />
Wilbur hatte keine glückliche Kindheit und<br />
bislang kein glückliches Leben – wenn er<br />
<strong>de</strong>nn überhaupt eines hatte. Doch dann<br />
kommt jemand, <strong>de</strong>r alles än<strong>de</strong>rn möchte.<br />
Ausgezeichnet mit <strong>de</strong>m Schweizer Buchpreis<br />
2008.<br />
Der Himmel <strong>de</strong>r perfekten<br />
poeten<br />
352 Seiten<br />
CHF 16.90<br />
dtv<br />
Vier Schriftsteller versuchen in einem abgelegenen<br />
Motel in Arizona, an ih<strong>ren</strong> Projekten zu<br />
arbeiten. Schon bald liegen sie nicht nur mit<br />
<strong>de</strong>r Hitze im Clinch.<br />
Die Gesänge <strong>de</strong>r Verlierer<br />
410 Seiten<br />
CHF 16.90<br />
dtv<br />
Tyler, <strong>de</strong>r Manager einer Rockband, reist<br />
quer durch <strong>de</strong>n Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r USA. Am Anfang<br />
sucht er <strong>de</strong>n verschwun<strong>de</strong>nen Sänger <strong>de</strong>r<br />
Band – <strong>doch</strong> <strong>die</strong> Reise führt ihn viel weiter.<br />
books – September 2010 – 11
Schwerpunkt<br />
Der Tod und<br />
<strong>die</strong> Frauen<br />
Krimiautorinnen haben sich rund um <strong>de</strong>n Globus einen festen platz im Genre<br />
erkämpft. Zunächst schrieben sie klassische rätselkrimis, eine zweite Generation<br />
interessierte sich beson<strong>de</strong>rs für <strong>die</strong> psychologischen Aspekte von Verbrechen.<br />
Heute schreiben Frauen immer häufiger auch Thriller.<br />
Text: Benjamin Gygax<br />
12 – books – September 2010<br />
Die alte Dame auf <strong>de</strong>r vergilbten Fotografie<br />
blickt mit melancholischen Augen auf ein<br />
Buch. Sie hat <strong>die</strong> weissen Haare hochgesteckt<br />
und sieht so aus, wie man sich sein<br />
Grosi wünscht. Doch <strong>die</strong> Frau hat’s in sich<br />
– <strong>de</strong>nn sie ist sozusagen <strong>die</strong> Mutter aller<br />
Mor<strong>de</strong>. Auguste Groner wur<strong>de</strong> 1850 in<br />
Wien gebo<strong>ren</strong>, war mit <strong>de</strong>m Journalisten<br />
Richard Groner verheiratet, arbeitete als<br />
Lehrerin und lebte bis 1929 im Wien <strong>de</strong>r<br />
k.u.k.-Monarchie. Die Österreicherin schuf<br />
mit Joseph Müller <strong>de</strong>n ersten Polizei<strong>de</strong>tektiv<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigen Literatur. Er<br />
zog seine Leserschaft in einer Serie von 13<br />
kürze<strong>ren</strong> und länge<strong>ren</strong> Geschichten in <strong>de</strong>n<br />
Bann. Diese Geschichten machten Auguste<br />
Groner zur bekannten Krimiautorin; ihre<br />
Geschichten wur<strong>de</strong>n ins Englische übersetzt,<br />
erschienen in Skandinavien und sollen<br />
in <strong>de</strong>n Anfängen von Hollywoods Filmindustrie<br />
sogar verfilmt wor<strong>de</strong>n sein. Heute<br />
ist Auguste Groner wie<strong>de</strong>r weitgehend unbekannt.<br />
Ihr bleibt aber <strong>die</strong> Ehre, als Ahnmutter<br />
aller Krimiautorinnen zu gelten.<br />
Sherlock Holmes’ Kollege<br />
Die Abenteuer <strong>de</strong>s Detektivs Joseph Müller<br />
heissen «Die gol<strong>de</strong>ne Kugel», «Der Brief<br />
aus <strong>de</strong>m Jenseits» o<strong>de</strong>r «Der Mann mit<br />
<strong>de</strong>n vielen Namen». Wer bei <strong>die</strong>sen Titeln<br />
an Arthur Conan Doyle <strong>de</strong>nkt, liegt nicht<br />
falsch. Auguste Groner veröffentlichte ihre<br />
erste Kriminalgeschichte 1889 – noch bevor<br />
Conan Doyles Werke auf Deutsch übersetzt<br />
wa<strong>ren</strong>. Doch sie teilte mit <strong>de</strong>m etwas jünge<strong>ren</strong>,<br />
aber viel bekannte<strong>ren</strong> Doyle das Interesse<br />
für rätselhafte Fälle, in <strong>de</strong>nen zunächst<br />
übersinnliche Kräfte am Werk scheinen,<br />
<strong>die</strong> sich unter <strong>de</strong>n wachen Augen <strong>de</strong>s Detektivs<br />
aber bald rational erklä<strong>ren</strong> lassen.<br />
Sherlock Holmes und Joseph Müller verbin<strong>de</strong>n<br />
das methodische Vorgehen mit <strong>de</strong>m<br />
Scharfsinn. Und bei<strong>de</strong> haben ihr dunkles<br />
Geheimnis: Sherlock Holmes füllt <strong>die</strong> Zeit<br />
zwischen seinen Fällen mit Morphium, Kokain<br />
und Geigenspiel, Müller sass schon<br />
einmal selbst im Gefängnis. Vielleicht ist es<br />
<strong>die</strong>se <strong>Vergan</strong>genheit, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n unauffälligen<br />
Mann empfänglich macht für <strong>die</strong> Schicksale<br />
von Opfern und Tätern. Auf je<strong>de</strong>n Fall<br />
interessiert sich Müller im Gegensatz zum<br />
intellektuellen Dandy Holmes mehr für <strong>die</strong><br />
Die mutter aller mor<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schriftstellerinnen:<br />
Die Österreicherin Auguste Groner.
sozialen Umstän<strong>de</strong> und vertraut dagegen<br />
seltener auf wissenschaftlich-fo<strong>ren</strong>sische<br />
Technik.<br />
Von <strong>de</strong>r Pionierin <strong>de</strong>r Kriminalliteratur sind<br />
lei<strong>de</strong>r nur noch englischsprachige Übersetzungen<br />
verfügbar. Wer keine Sprachbarrie<strong>ren</strong><br />
scheut, fin<strong>de</strong>t im Buchhan<strong>de</strong>l Neuauflagen<br />
von fünf geheimnisvollen Fällen <strong>de</strong>s<br />
k.u.k.-Polizei<strong>de</strong>tektivs Joseph Müller.<br />
Frauen auf <strong>de</strong>m Vormarsch<br />
Auf Groner folgte eine ganze Reihe von<br />
Krimiautorinnen, <strong>die</strong> ihre Bekanntheit behielten<br />
o<strong>de</strong>r <strong>die</strong> heute noch sehr erfolgreich<br />
schreiben. Die bekannteste Crime-Lady ist<br />
sicher <strong>die</strong> 1890 gebo<strong>ren</strong>e Agatha Christie<br />
mit ih<strong>ren</strong> rund 70 «Whodunit»- o<strong>de</strong>r Rätselkrimis.<br />
1928 erweiterte sie das Krimi-<br />
Genre mit einer Beson<strong>de</strong>rheit: einer Ermittlerin.<br />
Als Vorbild für <strong>die</strong> schrullige, aber<br />
einfühlsame Privat<strong>de</strong>tektivin Miss Jane<br />
Marple <strong>die</strong>nte Agatha Christie ihre eigene<br />
Grossmutter.<br />
Inzwischen haben sich Frauen ih<strong>ren</strong> festen<br />
Platz in <strong>de</strong>r Kriminalliteratur erarbeitet.<br />
Dabei fällt auf, dass viele <strong>de</strong>r ganz grossen<br />
Namen bis vor wenigen Jah<strong>ren</strong> vorwiegend<br />
aus <strong>de</strong>m englischsprachigen Raum stammten.<br />
patricia Highsmith und Donna Leon<br />
sind Amerikanerinnen, magdalen Nabb<br />
und ruth <strong>ren</strong><strong>de</strong>ll, <strong>die</strong> seit 1984 auch Psychothriller<br />
unter <strong>de</strong>m Pseudonym Barbara<br />
Vine verfasst, stammen wie Christie aus<br />
England. Heute sind Frauen aber auch für<br />
<strong>de</strong>n skandinavischen Krimiboom mitverant-<br />
wortlich, und es gibt erfolgreiche Autorinnen<br />
in allen Sprachen.<br />
Schicksale und Abgrün<strong>de</strong><br />
Alle genannten Autorinnen sind Meisterinnen<br />
darin, in dunkle Ecken <strong>de</strong>r <strong>Vergan</strong>genheit<br />
zu leuchten und das Schicksal ihrer<br />
Figu<strong>ren</strong> plastisch zu beschreiben. So auch<br />
ruth <strong>ren</strong><strong>de</strong>ll in ihrem neuesten Werk<br />
«Die unschuld <strong>de</strong>s Wassers». Ismay verlor<br />
im Alter von 15 Jah<strong>ren</strong> ih<strong>ren</strong> Stiefvater,<br />
mit <strong>de</strong>m sie ein Techtelmechtel hatte.<br />
Er ertrank nach einer schwe<strong>ren</strong> Grippe in<br />
<strong>de</strong>r Ba<strong>de</strong>wanne – <strong>die</strong> Mutter glitt vor Trauer<br />
in <strong>de</strong>n Wahnsinn. Ismay ist sich nach<br />
<strong>die</strong>sem schlimmen Ereignis nie sicher, ob<br />
nicht ihre jüngere Schwester Heather nachgeholfen<br />
hatte im Glauben, sie müsse ihre<br />
Schwester vor <strong>de</strong>m Stiefvater beschützen.<br />
Erst als bei<strong>de</strong> Schwestern erwachsen sind<br />
und in Beziehungen leben, bricht das Tabu<br />
– und <strong>die</strong> schreckliche Wahrheit drängt ans<br />
Tageslicht. Auch wenn <strong>die</strong> ganze Anlage<br />
<strong>de</strong>r Geschichte etwas stark vom Reissbrett<br />
stammt, fesselt einen von <strong>de</strong>r ersten bis zur<br />
letzten Seite, wie Ren<strong>de</strong>ll ihre Figu<strong>ren</strong> und<br />
<strong>de</strong><strong>ren</strong> Innenleben beschreibt.<br />
Etwas weniger empathisch schil<strong>de</strong>rt mary<br />
Higgins Clark <strong>die</strong> Gefühle und Gedanken<br />
ihrer Protagonistinnen in «Flieh in <strong>die</strong> dunkle<br />
Nacht». Doch <strong>de</strong>r dicke Wälzer bietet<br />
beste Unterhaltung mit einem Schuss Spannung<br />
und Romantik. Der jungen Kin<strong>de</strong>r-<br />
ärztin Monica Farrell ist nicht bewusst, dass<br />
sie in grosser Gefahr schwebt. Sie ist nämlich<br />
<strong>die</strong> Erbin <strong>de</strong>r steinreichen 82-jährigen<br />
Olivia Morrow. Weil das bisher nur sehr<br />
wenige Menschen wissen, besteht immer<br />
noch <strong>die</strong> Chance, <strong>die</strong> alte Dame und ihre<br />
Enkelin aus <strong>de</strong>m Weg zu räumen und <strong>de</strong>n<br />
letzten Willen <strong>de</strong>r Millionärin zu umgehen.<br />
Noch ist Olivia Morrow auch nicht<br />
sicher, ob sie <strong>de</strong>r jungen Ärztin von ihrer<br />
Erbschaft erzählen soll, <strong>de</strong>nn dazu<br />
müsste sie einen Schwur brechen und<br />
ein Geheimnis enthüllen, das ihre Cousine<br />
vor einigen Jah<strong>ren</strong> mit ins Grab<br />
nahm. Noch bevor Monica Farrell sich<br />
<strong>de</strong>r Gefahr bewusst wird, naht auch schon<br />
Rettung.<br />
Die letzte männerbastion fällt<br />
Lange Zeit wa<strong>ren</strong> Krimiautorinnen vor<br />
allem im Genre <strong>de</strong>r psychologisch anspruchsvollen<br />
Krimis daheim. Blutige o<strong>de</strong>r<br />
actiongela<strong>de</strong>ne Geschichten blieben bis vor<br />
wenigen Jah<strong>ren</strong> Männern wie James Ellroy<br />
o<strong>de</strong>r Jo Nesbø vorbehalten. Dass es auch<br />
Frauen ganz schön knallen lassen können,<br />
zeigen einige jüngere Autorinnen, unter ihnen<br />
Karin Slaughter. Wo Slaughter drauf<br />
steht, da steckt auch Schlächterei drin. Alle<br />
Fans <strong>de</strong>r erfolgreichen Thrillerautorin wissen,<br />
dass es in <strong>de</strong><strong>ren</strong> Büchern ziemlich hart<br />
zur Sache geht – dafür ist auch Hochspannung<br />
garantiert. «Gewalt interessiert <strong>die</strong><br />
Menschen nun mal, beson<strong>de</strong>rs Frauen», ist<br />
<strong>die</strong> Autorin überzeugt. «Als ich aufwuchs,<br />
lasen meine Mutter und meine Grossmutter<br />
ein Magazin namens ‚True Crime’ über<br />
all <strong>die</strong>se schrecklichen Verbrechen.» Karin<br />
Slaughter – <strong>die</strong> Frau heisst übrigens wirklich<br />
so – meint zur Gewalt in ih<strong>ren</strong> Büchern:<br />
«Auf meinen Buchumschlägen sind<br />
keine Kätzchen abgebil<strong>de</strong>t – <strong>die</strong> Leser wissen<br />
schon, was sie erwartet.»<br />
Die Gesamtauflage Slaughters beträgt mittlerweile<br />
über 17 Millionen; damit ist sie<br />
<strong>de</strong>m weltweiten Überraschungserfolg von<br />
Sehr traurig.<br />
Sehr komisch.<br />
Sehr Tropper.<br />
»Ich liebe meine Familie. Je<strong>de</strong>n<br />
einzelnen. Aber ich liebe sie mehr, wenn<br />
sie nicht in meiner Nähe sind.«<br />
Judd Foxman hat es momentan nicht<br />
leicht: Vor kurzem hat er seine Frau<br />
in fl agranti mit seinem Boss erwischt,<br />
nun ist sein Vater gestorben, und <strong>die</strong><br />
Familie soll für ihn <strong>die</strong> traditionelle<br />
jüdische Totenwache halten. Für Judd<br />
be<strong>de</strong>utet das, dass er es sieben Tage<br />
mit all seinen Lieben im selben Raum<br />
aushalten muss ...<br />
Lernen Sie <strong>die</strong> Foxmans kennen auf<br />
www.knaur.<strong>de</strong>/tropper<br />
books – September 2010 – 13<br />
448 Seiten | CHF 28.90 | ISBN 978-3-426-66273-1
Buchtipps<br />
Sommerlügen<br />
Bernhard Schlink<br />
Was wäre das Leben ohne Lebenslügen? Lebensentwürfe, Liebeshoffnungen,<br />
Alterseinsichten – was davon ist real, was nur Illusion? Was<br />
bleibt, wenn eine Illusion zerplatzt wie eine Seifenblase? Flüchtet man einfach<br />
in <strong>die</strong> nächste Lüge, weil das einfacher ist, als <strong>de</strong>r Wahrheit ins Auge<br />
zu sehen? In sieben bewegen<strong>de</strong>n Geschichten<br />
erzählt Bernhard Schlink, wie<br />
das Leben und <strong>die</strong> Lüge Hand in Hand<br />
gehen – manchmal absichtlich, manchmal<br />
als Selbstbetrug. Wie bei <strong>de</strong>r Frau,<br />
<strong>die</strong> plötzlich merkt, dass ihr Leben auf<br />
ganz falschen Pfeilern beruht. Die Geschichten<br />
verurteilen nicht, sie <strong>de</strong>cken<br />
auf; feinfühlig und verständnisvoll. Denn<br />
wenn wir ehrlich sind, ist niemand frei<br />
von Lügen.<br />
288 Seiten<br />
CHF 32.90<br />
Diogenes<br />
ISBN 978-3-257-06753-8<br />
Purgatorio<br />
Tomás Eloy Martínez<br />
Eine Frau kann nicht glauben, dass eine To<strong>de</strong>sschwadron ih<strong>ren</strong> Mann<br />
umgebracht hat. Sie folgt Spu<strong>ren</strong> und Hinweisen, <strong>die</strong> sie von Buenos<br />
Aires nach Rio <strong>de</strong> Janeiro und von Nicaragua bis nach Mexiko füh<strong>ren</strong>.<br />
Erst in New Jersey fin<strong>de</strong>t sie <strong>de</strong>n verschollenen Gatten endlich wie<strong>de</strong>r.<br />
Ist es Zufall, Spürsinn – o<strong>de</strong>r hat sie ihn<br />
einfach herbeigeliebt?<br />
Der Roman erzählt sinnlich und abgründig<br />
von einer Liebe zwischen Terror<br />
und Exil. Der mittlerweile verstorbene<br />
argentinische Schriftsteller Tomás Eloy<br />
Martínez lebte selbst zwanzig Jahre<br />
lang im Exil, nach<strong>de</strong>m er in <strong>de</strong>r Heimat<br />
mit <strong>de</strong>m Tod bedroht wor<strong>de</strong>n war. Ganz<br />
Südamerika war und ist begeistert von<br />
seinen Werken.<br />
304 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
S. Fischer<br />
ISBN 978-3-10-048925-8<br />
14 – books – September 2010<br />
Thesen über <strong>die</strong> Existenz<br />
<strong>de</strong>r Liebe Torben Guldberg<br />
Die Liebe ist <strong>die</strong> grösste Kraft – <strong>doch</strong> was genau ist sie? Die Suche nach<br />
<strong>de</strong>r Antwort aller Antworten treibt <strong>de</strong>n Erzähler durch fünf Jahrhun<strong>de</strong>rte,<br />
rund um <strong>die</strong> Welt. Er sammelt in Amsterdam, Berlin und New York Liebesgeschichten:<br />
lei<strong>de</strong>nschaftliche, zärtliche, zerstörerische, rebellische.<br />
Er versucht sogar, <strong>die</strong> Liebe mit einem<br />
gigantischen Fernrohr zu bün<strong>de</strong>ln – und<br />
macht mit seinem wahnwitzigen Experiment<br />
eine ganze Stadt <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n<br />
gleich. Die Liebe ist eben nicht fassbar,<br />
nicht ergründbar, nicht kontrollierbar. Sie<br />
ist ein allumfassen<strong>de</strong>s Gefühl, wie eine<br />
Vibration im Weltall – und ein Gefühl,<br />
von <strong>de</strong>m wir nie aufhö<strong>ren</strong> wer<strong>de</strong>n zu<br />
erzählen.<br />
464 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
S. Fischer<br />
ISBN 978-3-10-027038-2<br />
Unsichtbar<br />
Paul Auster<br />
New York, 1967: Der hochsensible Adam Walker will Dichter wer<strong>de</strong>n.<br />
Eines Abends bietet ihm auf einer Party ein reicher Franzose namens<br />
Rudolf Born Geld zur Gründung einer Literaturzeitschrift an. Walker hält<br />
das zunächst für eine Schnapsi<strong>de</strong>e, <strong>doch</strong> als Born ihm einige Tage später<br />
bei einem Essen <strong>de</strong>n Scheck überreicht,<br />
verflüchtigen sich <strong>die</strong> Be<strong>de</strong>nken. Allerdings<br />
ist Born nicht einfach ein grossherziger<br />
Gutmensch, <strong>de</strong>nn er will Walker<br />
zum Eingeständnis nötigen, er begehre<br />
Borns Freundin Margot – was auch <strong>de</strong>r<br />
Wahrheit entspricht. Als Born verreist,<br />
beginnt zwischen Margot und Walker<br />
tatsächlich eine amour fou. Doch Born<br />
ist einer, <strong>de</strong>r über Leichen geht.<br />
320 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
rowohlt<br />
ISBN 978-3-498-00081-3
Stieg Larsson eng auf <strong>de</strong>n Fersen. Jetzt<br />
kommt ihr neues Werk «entsetzen» in<br />
<strong>die</strong> Buchhandlungen. Abigail sitzt in ihrem<br />
gol<strong>de</strong>nen Käfig, ha<strong>de</strong>rt mit <strong>de</strong>r Untreue<br />
ihres Mannes und hat das Gefühl, es könne<br />
nicht mehr schlimmer kommen. Doch<br />
dann überrascht sie im eigenen Haus einen<br />
Einbrecher, <strong>de</strong>r vermeintlich ihre fast<br />
erwachsene Tochter erstochen hat. In Notwehr<br />
erwürgt sie <strong>de</strong>n Mör<strong>de</strong>r ihres Kin<strong>de</strong>s,<br />
und damit scheint <strong>de</strong>r Alptraum perfekt ...<br />
Doch es stellt sich heraus, dass <strong>die</strong> tote junge<br />
Frau nicht ihre Tochter, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong><strong>ren</strong><br />
Freundin ist. Die Tochter dagegen wur<strong>de</strong><br />
entführt. Special Agent Will T<strong>ren</strong>t und seine<br />
neue Partnerin Faith Mitchell stehen unter<br />
Zeitdruck, wollen sie <strong>de</strong>m sadistischen<br />
Täter <strong>doch</strong> noch das Handwerk legen.<br />
Die schwangere ermittlerin<br />
So direkt wie Slaughter geht auch Tania<br />
Carver zur Sache. Die sü<strong>de</strong>nglische Autorin<br />
hat mit «entrissen» ih<strong>ren</strong> ersten<br />
Krimi veröffentlicht. Obwohl es sich um<br />
einen Erstling han<strong>de</strong>lt, führt <strong>die</strong> Autorin<br />
routiniert und zielsicher durch <strong>die</strong> spannen<strong>de</strong><br />
Handlung. Detective Inspector Phil<br />
B<strong>ren</strong>nan ist im beschaulichen Essex mit<br />
einer Serie beson<strong>de</strong>rs scheusslicher Mor<strong>de</strong><br />
konfrontiert. Jemand bringt schwangere<br />
Frauen um, von <strong>de</strong><strong>ren</strong> Kin<strong>de</strong>rn fehlt je<strong>de</strong><br />
Spur. Die Psychologin und Profilerin Marina<br />
Esposito soll <strong>die</strong> Polizei unterstützen.<br />
Ihr Täterprofil ergibt, dass eine Frau mit<br />
verzweifeltem Kin<strong>de</strong>rwunsch hinter <strong>de</strong>n<br />
Taten stehen könnte. Noch ahnt sie nicht,<br />
dass auch sie selbst ein Ziel abgeben könnte<br />
– <strong>de</strong>nn auch sie ist schwanger …<br />
The Case of the Gol<strong>de</strong>n Bullet<br />
Auguste Groner<br />
68 Seiten<br />
CHF 21.90<br />
Europäischer Hochschulverlag<br />
mord im pfarrhaus<br />
Agatha Christie<br />
389 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Fischer<br />
Die unschuld <strong>de</strong>s Wassers<br />
Ruth Ren<strong>de</strong>ll<br />
380 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
S. Fischer<br />
Flieh in <strong>die</strong> dunkle Nacht<br />
Mary Higgins Clark<br />
432 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
Heyne<br />
entsetzen<br />
Karin Slaughter<br />
512 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
Blanvalet<br />
entrissen<br />
Tania Carver<br />
489 Seiten<br />
CHF 26.90<br />
List<br />
Anz Oksanen, Orell Füssli:Anz Bronsky 17.08.2010 14:30 Uhr Seite 1<br />
© Toni Härkönen<br />
Das international<br />
gefeierte Meisterwerk<br />
über Liebe, Verrat<br />
und Unterdrückung<br />
Frauen mor<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rs<br />
bgy. Frauen haben sich einen festen Platz als<br />
Krimiautorinnen erworben und mor<strong>de</strong>n auf<br />
<strong>de</strong>m Papier min<strong>de</strong>stens so erfolgreich wie ihre<br />
Kollegen. Im Leben sind Mör<strong>de</strong>rinnen immer<br />
noch eine Seltenheit. Schweizer Kriminologen<br />
haben erhoben, dass <strong>de</strong>r Anteil vorsätzlicher<br />
Tötungen, <strong>die</strong> von Frauen begangen wer<strong>de</strong>n,<br />
ziemlich konstant bei 10 Prozent liegt. Begeht<br />
aber eine Frau einen Mord, wird sie schnell<br />
zur Berühmtheit und trifft sie <strong>die</strong> volle Wucht<br />
<strong>de</strong>r öffentlichen Verachtung. Zu<strong>de</strong>m mor<strong>de</strong>n<br />
Frauen an<strong>de</strong>rs als Männer: Sie han<strong>de</strong>ln seltener<br />
aus materiellen Motiven o<strong>de</strong>r im akuten<br />
Streit. Häufiger sind dagegen Verzweiflungstaten<br />
und Beziehungs<strong>de</strong>likte.<br />
Der Kriminalhauptkommissar <strong>de</strong>r Düsseldorfer<br />
Polizei Stephan Harbort geht in seinem<br />
eben erschienenen Buch «Wenn Frauen<br />
mor<strong>de</strong>n» einigen spektakulä<strong>ren</strong> Fällen nach,<br />
<strong>die</strong> sich in Deutschland seit Mitte <strong>de</strong>s letzten<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts ereignet haben. Er schil<strong>de</strong>rt<br />
sachlich, aber einfühlsam, wie eine Frau drei<br />
Ehemänner mit Pflanzengift ermor<strong>de</strong>t, wie<br />
eine Mutter neun Babys zur Welt bringt und<br />
sterben lässt, o<strong>de</strong>r wie eine Pflegerin reihenweise<br />
Patienten umbringt. Die geschil<strong>de</strong>rten<br />
Fälle zeichnen ein plastisches Bild <strong>de</strong>s jeweiligen<br />
Milieus und schälen <strong>die</strong> typischen<br />
Merkmale weiblicher Tötungs<strong>de</strong>likte <strong>de</strong>utlich<br />
heraus. Dem Autor, <strong>de</strong>r auch als Berater für<br />
Film- und Fernsehproduzenten tätig ist, gelingt<br />
es ausgezeichnet, <strong>die</strong> wichtigsten Aspekte<br />
<strong>de</strong>s Themas leicht lesbar zu beleuchten.<br />
Deutsch von Angela Plöger<br />
Gebun<strong>de</strong>n. 400 Seiten. sFr 31,90<br />
Wenn Frauen mor<strong>de</strong>n<br />
Stephan Harbort<br />
207 Seiten<br />
CHF 16.90<br />
Piper<br />
Schwerpunkt<br />
books – September 2010 – 15<br />
www.kiwi-verlag.<strong>de</strong>
Interview<br />
Text: Marius Leutenegger Fotos: Heiner H. Schmitt Jr.<br />
16 – books – September 2010<br />
«Das Mor<strong>de</strong>n<br />
macht mir<br />
Spass – und es<br />
tut mir leid»
Es gibt viele Grün<strong>de</strong>, Ingrid Noll<br />
zu interviewen: Eben ist ihr neuester<br />
Roman erschienen, in <strong>die</strong>sem<br />
Jahr feiert <strong>die</strong> erfolgreichste<br />
<strong>de</strong>utschsprachige Krimiautorin<br />
ih<strong>ren</strong> 75. Geburtstag, ausser<strong>de</strong>m<br />
jährt sich <strong>die</strong> Publikation ihres<br />
legendä<strong>ren</strong> Erstlings «Der Hahn<br />
ist tot» bald zum 20. Mal. Der<br />
beste Grund für ein Interview ist<br />
aber Ingrid Noll selbst: Es macht<br />
viel Spass, mir ihr zu sprechen.<br />
books: Frau Noll, welche Frage wird Ihnen<br />
am häufigsten gestellt?<br />
Ingrid Noll: Weshalb ich in Shanghai zur<br />
Welt kam.<br />
Und warum kamen Sie in Shanghai zur<br />
Welt?<br />
Mein Vater absolvierte seine Facharzt-Ausbildung<br />
in Genf. Dort lernte er einen Chinesen<br />
kennen, <strong>de</strong>r ihm riet, nach China zu<br />
gehen, wo man Ärzte brauche. Meine Mutter<br />
fand <strong>die</strong> I<strong>de</strong>e toll und sagte: Lass uns gehen,<br />
wir ver<strong>die</strong>nen dort einen Haufen Geld<br />
und keh<strong>ren</strong> dann wie<strong>de</strong>r nach Deutschland<br />
zurück. Lei<strong>de</strong>r kam alles ein wenig an<strong>de</strong>rs.<br />
Geld ver<strong>die</strong>nen war in China auch nicht<br />
immer einfach, und nach Deutschland<br />
wollten sie unter <strong>de</strong>n gegebenen Umstän<strong>de</strong>n<br />
nicht mehr zurück – das war damals ja<br />
eine finstere Zeit.<br />
Ich hatte <strong>de</strong>n Eindruck, <strong>die</strong> häufigste Frage,<br />
<strong>die</strong> man Ihnen stelle, laute: Wie kommt<br />
eine so freundliche Dame dazu, so böse<br />
Geschichten zu schreiben?<br />
Ja, das wer<strong>de</strong> ich tatsächlich oft gefragt. Ich<br />
selber bin ja ein betont friedlicher Mensch,<br />
das fällt schon auf. An<strong>de</strong>rerseits habe ich<br />
festgestellt, dass <strong>die</strong> Krimiwelt meistens<br />
aus friedlichen, sozialen Menschen besteht<br />
– das gilt für meine Kolleginnen und Kollegen,<br />
<strong>die</strong> Krimis schreiben, ebenso wie für<br />
unsere Leserinnen und Leser.<br />
Wie erklä<strong>ren</strong> Sie sich das?<br />
Vielleicht keh<strong>ren</strong> wir Konflikte im Alltag<br />
eher unter <strong>de</strong>n Teppich und sind dann froh,<br />
wenn wir in einem Buch einmal or<strong>de</strong>ntlich<br />
draufhauen dürfen.<br />
Das heisst: Sie haben in Ih<strong>ren</strong> Büchern<br />
auch schon einmal einen Feind aus <strong>de</strong>m<br />
richtigen Leben um <strong>die</strong> Ecke gebracht?<br />
Ich habe gar keine Fein<strong>de</strong> – o<strong>de</strong>r besser<br />
gesagt: Mir ist nicht bewusst, dass ich Fein<strong>de</strong><br />
hätte. Und es ist ja auch nicht so, dass<br />
ich <strong>die</strong> Personen in meinen Büchern gern<br />
um <strong>die</strong> Ecke bringe. Ich versuche immer,<br />
mich in je<strong>de</strong> Figur hineinzufühlen und sie<br />
zu verstehen. Empathie ist ganz wichtig,<br />
wenn man <strong>die</strong> Charaktere glaubwürdig gestalten<br />
möchte.<br />
Aber wenn Sie mit Ih<strong>ren</strong> Figu<strong>ren</strong> <strong>de</strong>rart<br />
mitfühlen – wie können Sie sie dann sterben<br />
lassen?<br />
Ich fin<strong>de</strong> es tatsächlich schlimm, wenn sie<br />
sterben müssen. Meistens tut mir das wahn-<br />
sinnig leid, ich bin dann ganz nie<strong>de</strong>rgeschlagen.<br />
Aber es muss lei<strong>de</strong>r sein.<br />
Warum?<br />
Aus dramaturgischen Grün<strong>de</strong>n! Der Mord<br />
ist in meinen Büchern zwar nicht das Wichtigste,<br />
mich interessiert hauptsächlich <strong>die</strong><br />
Entwicklung einer Person, ihre Verhaltensweise.<br />
Ich möchte ein Psychogramm erstellen.<br />
Aber <strong>de</strong>r Mord ist das Sahnehäubchen<br />
obendrauf.<br />
Sie lächeln – so schlimm ist es also <strong>doch</strong><br />
nicht, eine Figur umzubringen.<br />
Es macht mir Spass. Und es tut mir leid.<br />
In Ih<strong>ren</strong> letzten bei<strong>de</strong>n Büchern gibt es auch<br />
gar keine richtigen Mor<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn eher<br />
Unfälle o<strong>de</strong>r Missgeschicke mit tödlichen<br />
Folgen. Trotz<strong>de</strong>m gelten Sie weiterhin als<br />
Krimiautorin. In welche Schubla<strong>de</strong> gehö<strong>ren</strong><br />
Sie tatsächlich?<br />
Ich habe nichts dagegen, als Krimiautorin<br />
zu gelten, <strong>de</strong>nn es ist mir eigentlich egal,<br />
wo man mich hinsteckt. Ich sehe mich<br />
nicht in einer Schubla<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn bin wohl<br />
eine ganze Kommo<strong>de</strong>.<br />
Aber warum schreiben Sie nicht einfach<br />
einmal einen schönen Liebesroman, bei<br />
<strong>de</strong>m niemand stirbt?<br />
Die Liebe kommt in meinen Romanen ja<br />
immer vor, sie ist eine sehr starke Emotion<br />
und liefert gute Motive. Aber einen reinen<br />
Liebesroman? Ich bin nun einmal nicht <strong>die</strong><br />
Pilcher, ich kann nur so schreiben, wie ich<br />
es kann.<br />
Interview<br />
Als Leserin und Leser ten<strong>die</strong>rt man dazu,<br />
Werke autobiografisch zu lesen. Ihr neuester<br />
Roman «Eh<strong>ren</strong>wort» han<strong>de</strong>lt vom<br />
Greis Willy Knobel, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Familie<br />
seines Sohnes aufgenommen wird, damit er<br />
<strong>die</strong> letzten Lebenstage nicht im Heim verbringen<br />
muss. Sie selber haben Ihre Mutter<br />
ebenfalls bei sich aufgenommen und bis<br />
zu ihrem Tod gepflegt – sie starb mit 106<br />
Jah<strong>ren</strong>. Wie viel von Ihrer Mutter steckt in<br />
Willy Knobel?<br />
Natürlich verwen<strong>de</strong> ich eigene Erfahrungen,<br />
das machen alle Schriftsteller. Zu viele Parallelen<br />
sollte man <strong>de</strong>nnoch nicht in meine<br />
Bücher hineinlesen. Meine Mutter war sehr<br />
zurückhaltend, was man von Willy Knobel<br />
nun wirklich nicht behaupten kann. Aber<br />
selbstverständlich kenne ich <strong>die</strong> ambivalenten<br />
Gefühle, <strong>die</strong> man hat, wenn man einen<br />
Elternteil pflegt. Ich habe meine Mutter sehr<br />
geliebt, aber manchmal hatte ich auch genug<br />
von <strong>de</strong>r Situation – so, wie eine Mutter<br />
auch einmal genug hat von ihrem Kind.<br />
Als Sie Ihre Mutter pflegten, dachten Sie<br />
da schon: Das könnte einmal ein Stoff für<br />
einen Roman wer<strong>de</strong>n?<br />
Nein, nie. Es vergingen ja auch zwei Jahre<br />
nach <strong>de</strong>m Tod meiner Mutter, ehe ich<br />
<strong>die</strong> Arbeit an «Eh<strong>ren</strong>wort» aufnahm. Ich<br />
brauchte <strong>die</strong>se Zeit.<br />
Wie fin<strong>de</strong>n Sie Ihre Stoffe? Wie gehen Sie<br />
vor, wenn Sie ein neues Buch beginnen?<br />
Alles beginnt mit einer wochenlangen<br />
Schwangerschaft, in <strong>de</strong>r ich mich frage:<br />
Über wen will ich schreiben? In <strong>die</strong>ser frühen<br />
Phase geht es nicht um eine Handlung,<br />
son<strong>de</strong>rn nur um <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> mich<br />
interessie<strong>ren</strong>. Bei meinem letzten Buch<br />
«Kuckuckskind» interessierte mich zum<br />
Beispiel eine Frau mit Depressionen und<br />
einem unerfüllten Kin<strong>de</strong>rwunsch. Dann<br />
kommen nach und nach weitere Personen<br />
hinzu – etwa eine Kollegin, <strong>die</strong> gleichzeitig<br />
<strong>die</strong> Konkur<strong>ren</strong>tin <strong>de</strong>r Hauptfigur ist. Ich<br />
versuche dann, wie eine Schauspielerin in<br />
<strong>die</strong>se Rolle hineinzuschlüpfen und sie nachzuempfin<strong>de</strong>n.<br />
Zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt machen Sie sich noch<br />
keine Gedanken über <strong>die</strong> Handlung?<br />
Nein. Aber wenn ich <strong>die</strong> Personen im Griff<br />
habe, hetze ich sie aufeinan<strong>de</strong>r – und gucke<br />
mal, was dabei herauskommt. Dass es<br />
zwischen <strong>die</strong>sen Leuten nicht gut ausgehen<br />
kann, ist ja klar. (Fortsetzung Seite 20)<br />
books – September 2010 – 17
Paris. In einem Labor wird ein<br />
Wissenschaftler grausam hingerichtet.<br />
Uganda. In einem Krankenhaus<br />
sterben Menschen an einer rätselhaften<br />
Gehirnkrankheit.<br />
Rouen. Im Gefängnis sagt eine<br />
Umweltaktivistin eine schreckliche<br />
Katastrophe voraus.<br />
All <strong>die</strong>s ist erst <strong>de</strong>r Anfang eines<br />
Geschehens, das das Leben auf <strong>de</strong>r<br />
Er<strong>de</strong> für immer verän<strong>de</strong>rn soll ...<br />
ISBN 978-3-404-16411-0 | sFr. 15,90
ACHTUNG!<br />
www.luebbe.<strong>de</strong>
Interview<br />
Ingrid Noll<br />
Ingrid Noll kam am 29. September 1935 in<br />
Shanghai zur Welt; ihr Vater arbeitete in China<br />
als Arzt. 1949 musste <strong>die</strong> Familie das Reich<br />
<strong>de</strong>r Mitte verlassen und kehrte nach Deutschland<br />
zurück. Ingrid Noll besuchte eine katholische<br />
Mädchenschule in Bad Go<strong>de</strong>sberg und<br />
machte 1954 das Abitur. Anschliessend stu<strong>die</strong>rte<br />
sie Germanistik und Kunstgeschichte.<br />
Sie brach <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>n aber ab, um mit <strong>de</strong>m<br />
Arzt Peter Gullatz eine Familie zu grün<strong>de</strong>n.<br />
Das Paar, das seit 1959 verheiratet ist und in<br />
Weinheim bei Hei<strong>de</strong>lberg lebt, hat drei Kin<strong>de</strong>r<br />
und vier Enkelkin<strong>de</strong>r.<br />
20 – books – September 2010<br />
© Heiner H. Schmitt Jr.<br />
Jahrzehntelang kümmerte sich Ingrid Noll um<br />
<strong>de</strong>n Haushalt und half in <strong>de</strong>r Praxis ihres Mannes<br />
mit – «ich tippte Rechnungen, Arztberichte<br />
und Gutachten». Als <strong>die</strong> Kin<strong>de</strong>r das Haus verlassen<br />
hatten, schrieb Ingrid Noll ih<strong>ren</strong> Roman-<br />
Erstling «Der Hahn ist tot»; da war sie bereits<br />
54 Jahre alt. Das Buch wur<strong>de</strong> ein riesiger Überraschungserfolg.<br />
Heute gilt Ingrid Noll als erfolgreichste<br />
<strong>de</strong>utsche Krimi-Autorin.<br />
Die Handlung ergibt sich einfach von<br />
selbst?<br />
Manchmal stockt <strong>de</strong>r Fluss natürlich, dann<br />
hole ich Dinge nach, <strong>die</strong> ich schon längst<br />
hätte tun sollen – <strong>die</strong> Gardinen waschen<br />
o<strong>de</strong>r so. Ich habe glücklicherweise keinen<br />
Druck. Mein Vorteil besteht darin, dass ich<br />
<strong>die</strong> I<strong>de</strong>e im Unterbewusstsein weiterarbeiten<br />
lassen kann. Irgendwann entsteht ein<br />
roter Fa<strong>de</strong>n. Wenn ich ihn habe, beginne<br />
ich mit <strong>de</strong>m Schreiben; <strong>die</strong> einzelnen Szenen<br />
entwickle ich dann am Computer.<br />
«Ich kriege keinen<br />
Nobelpreis und<br />
schwebe nicht in <strong>de</strong>n<br />
höchsten Sphä<strong>ren</strong>.<br />
Was ich produziere,<br />
ist Unterhaltung,<br />
und damit bin ich<br />
sehr zufrie<strong>de</strong>n.»<br />
Ih<strong>ren</strong> ersten Roman, «Der Hahn ist tot»,<br />
schrieben Sie ursprünglich in <strong>die</strong> ungenutzten<br />
Schulhefte Ihrer Kin<strong>de</strong>r. Hat <strong>de</strong>r<br />
Computer Ihr Schreiben verän<strong>de</strong>rt?<br />
Ja, er hat vieles vereinfacht. Ich habe zum<br />
Beispiel oft Probleme mit <strong>de</strong>n Namen. Einmal<br />
merkte ich etwas spät, dass ich einer<br />
Frau <strong>de</strong>n Namen meiner Cousine gegeben<br />
hatte. Die wäre tödlich beleidigt gewesen –<br />
am Computer konnte ich <strong>de</strong>n Namen mit <strong>de</strong>r<br />
Suchfunktion ganz einfach ersetzen. Dank<br />
<strong>de</strong>s Computers kann ich alles herumschieben,<br />
und ein Rechtschreibeprogramm ist<br />
natürlich etwas Wun<strong>de</strong>rbares. Ausser<strong>de</strong>m<br />
bin ich froh, dass ich im Internet recherchie<strong>ren</strong><br />
kann. In «Ladylike» beschrieb ich, wie<br />
Lore und Anneliese von einer Hei<strong>de</strong>lberger<br />
Brücke ins Wasser springen. Früher hätte<br />
ich nach Hei<strong>de</strong>lberg fah<strong>ren</strong> müssen, um<br />
nachzuschauen, ob das überhaupt geht –<br />
jetzt kann ich das auf einen Klick nachprüfen.<br />
Solche Sachen müssen stimmen,<br />
sonst kriegt man sofort Leserbriefe.<br />
Wie intensiv schreiben Sie, wenn Sie an<br />
einem Roman arbeiten?<br />
Vormittags etwa zwei Stun<strong>de</strong>n, manchmal<br />
auch noch am Nachmittag. Länger hat keinen<br />
Zweck bei mir, ich muss viel nach<strong>de</strong>n-<br />
ken über alles. Und wie gesagt, ich bin ja<br />
nie unter Druck. Ich muss nicht schreiben.<br />
Wie zufrie<strong>de</strong>n sind Sie mit Ih<strong>ren</strong> Werken?<br />
Ach, ich kenne meine G<strong>ren</strong>zen. Ich kriege<br />
keinen Nobelpreis und schwebe nicht in<br />
<strong>de</strong>n höchsten Sphä<strong>ren</strong>. Was ich produziere,<br />
ist Unterhaltung, und damit bin ich sehr<br />
zufrie<strong>de</strong>n.<br />
Gibt es kein Bedauern über <strong>die</strong>se G<strong>ren</strong>zen?<br />
Ich bin alt genug, um zu wissen: Es hilft<br />
nichts, wenn man lamentiert. Ich kann nun<br />
einmal nur so schreiben, wie ich bin.<br />
Gibt es ein Buch, auf das Sie beson<strong>de</strong>rs<br />
stolz sind – Ihr Lieblingswerk?<br />
Mein erstes Buch war für mich ein Meilenstein.<br />
Bei vielen Auto<strong>ren</strong> ist <strong>de</strong>r Erstling<br />
ja beson<strong>de</strong>rs geglückt, <strong>de</strong>nn da kann man<br />
ganz viel rauslassen, was einen schon lange<br />
beschäftigt hat.<br />
Ist für Sie das Schreiben seither schwieriger<br />
o<strong>de</strong>r einfacher gewor<strong>de</strong>n?<br />
Einfacher, weil ich mehr Lebenserfahrung<br />
habe – und schwieriger, weil ich lahmer gewor<strong>de</strong>n<br />
bin. Vieles, was mich früher überhaupt<br />
nicht anst<strong>ren</strong>gte, macht mich heute<br />
richtig fertig. Aber alles in allem ist Schreiben<br />
für mich noch immer ein Luxus.<br />
Sie haben einmal gesagt, Sie schrieben nicht<br />
mit Herzblut, son<strong>de</strong>rn mit lei<strong>de</strong>nschaftlichem<br />
Vergnügen. Wo liegt <strong>de</strong>r Unterschied?<br />
Es wäre lächerlich, wenn ich sagen wür<strong>de</strong>:<br />
Das habe ich mit Herzblut geschrieben,<br />
hier steckt mein Innerstes drin. Mein Herzblut<br />
fliesst nicht wie Tinte. Ich habe beim<br />
Schreiben vor allem viel Spass – ausser vielleicht,<br />
wenn ich einen Menschen beseitigen<br />
muss. Ich glaube, <strong>die</strong>ser Spass dringt auch<br />
durch, <strong>de</strong>nn bei vielen Lesungen lacht das<br />
Publikum.<br />
Wer ist eigentlich Ihr Publikum?<br />
Das sind sehr unterschiedliche Leute – vom<br />
16-jährigen Mädchen bis zur älte<strong>ren</strong> Dame,<br />
auch beruflich sind sie über das ganze Spektrum<br />
verteilt. Allerdings sind <strong>die</strong> Frauen bei<br />
meinen Lesungen <strong>de</strong>utlich in <strong>de</strong>r Überzahl;<br />
<strong>die</strong> Belletristik ist ja fest in Frauenhand.<br />
Meistens sind auch Ihre Hauptfigu<strong>ren</strong> weib-<br />
lich.<br />
Schreibe ich in <strong>de</strong>r Ich-Form, fällt es mir<br />
leichter, in eine weibliche Seele hineinzu-
schlüpfen. Die Männer sind dann oft das<br />
Opfer, das sterben muss. Das hat mir auch<br />
schon <strong>de</strong>n Vorwurf eingebracht, ich sei eine<br />
Männerhasserin, was natürlich Quatsch ist.<br />
Ich bin sogar schon gefragt wor<strong>de</strong>n, ob mein<br />
Mann vor mir zittere.<br />
Und?<br />
Zittern nicht alle Männer vor ih<strong>ren</strong> Frauen?<br />
Wir liegen da sicher in <strong>de</strong>r Norm.<br />
«Zuerst hatte ich mir<br />
ein richtiges Pseudonym<br />
überlegt: Charlotte<br />
Katzenmeier.<br />
Aber mein Verleger<br />
meinte, ich wolle als<br />
Autorin <strong>doch</strong> ernst<br />
genommen wer<strong>de</strong>n,<br />
und mit einem solchen<br />
Namen sei das<br />
unmöglich.»<br />
In einem Interview haben Sie einmal gesagt,<br />
Ihr Mann sei Ihr erster Leser. Wie<br />
wür<strong>de</strong> er sich verhalten, wenn ihm ein Text<br />
überhaupt nicht gefiele?<br />
Er ist vorsichtig mit Kritik, aber ich glaube<br />
nicht, dass er einen Text von mir überhaupt<br />
nicht mag. Wir sind schon so lange<br />
ein Team, da ist man nicht mehr so konträr.<br />
Ich bin je<strong>de</strong>nfalls dankbar, wenn er mich<br />
auf Dinge hinweist, <strong>die</strong> verbesserungswürdig<br />
sind. Vor allem mit <strong>de</strong>r Technik habe<br />
ich es nicht so.<br />
Sie sind seit 50 Jah<strong>ren</strong> mit Ihrem Mann<br />
verheiratet. Darin unterschei<strong>de</strong>n Sie sich<br />
von <strong>de</strong>n Frauen in Ih<strong>ren</strong> Büchern – <strong>die</strong> haben<br />
in <strong>de</strong>r Regel keine glückliche Hand bei<br />
<strong>de</strong>r Wahl ihrer Männer. Warum?<br />
Weil sie schwierige Menschen sind – und<br />
schwierige Menschen geraten eher an an<strong>de</strong>re<br />
Problemfälle.<br />
Wie kamen Sie eigentlich zum Schreiben?<br />
Schreiben und Lesen wa<strong>ren</strong> von Anfang an<br />
meine Freun<strong>de</strong> – und Mathe war mein<br />
Feind. Wie viele an<strong>de</strong>re Kin<strong>de</strong>r schrieb<br />
auch ich als kleines Mädchen Geschichten.<br />
Als ich selber Kin<strong>de</strong>r hatte, schrieb ich vor<br />
allem Briefe. Dann zogen <strong>die</strong> Kin<strong>de</strong>r aus<br />
und ich dachte: Jetzt probier ich mal aus,<br />
ob ich einen fiktiven Text schreiben kann.<br />
Zuerst verfasste ich Kin<strong>de</strong>rgeschichten,<br />
<strong>die</strong> teilweise veröffentlicht wur<strong>de</strong>n. «Der<br />
Hahn ist tot» war dann das erste richtige<br />
Buch, das ich schrieb.<br />
Darin geht es um <strong>die</strong> alleinstehen<strong>de</strong> Rosemarie<br />
Hirte. Sie verliebt sich – und räumt<br />
alle Hin<strong>de</strong>rnisse beiseite, <strong>die</strong> ihr Glück gefähr<strong>de</strong>n<br />
könnten. Woher nahmen Sie <strong>die</strong><br />
I<strong>de</strong>e zu <strong>die</strong>sem Buch?<br />
Bei einem Treffen meiner Schulklasse fiel<br />
mir auf, dass es zwei Gruppen gab: <strong>die</strong> kin<strong>de</strong>rlosen<br />
erfolgreichen Karrierefrauen und<br />
<strong>die</strong> Mütter. Bei<strong>de</strong> wa<strong>ren</strong> neidisch aufeinan<strong>de</strong>r.<br />
Damals fragte ich mich: Was wäre aus<br />
mir gewor<strong>de</strong>n, wenn ich seinerzeit nicht geheiratet<br />
hätte? Wäre ich dann zufrie<strong>de</strong>ner?<br />
O<strong>de</strong>r hätte ich auch eine solche Torschlusspanik<br />
wie Rosemarie? Diese Überlegungen<br />
stan<strong>de</strong>n am Anfang von «Der Hahn ist<br />
tot».<br />
Schon Ih<strong>ren</strong> Erstling veröffentlichten Sie<br />
unter Ihrem Mädchennamen. Warum haben<br />
Sie nicht Ih<strong>ren</strong> offiziellen Nachnamen<br />
Gullatz verwen<strong>de</strong>t?<br />
Der ist ein bisschen komplizierter, und ich<br />
wollte meine Familie aus allem heraushalten.<br />
Zuerst hatte ich mir übrigens ein richtiges<br />
Pseudonym überlegt: Charlotte Katzenmeier.<br />
Den Vornamen wählte ich, weil<br />
er leicht literarisch klingt, <strong>de</strong>n Nachnamen<br />
ent<strong>de</strong>ckte ich in einer To<strong>de</strong>sanzeige. Ich<br />
fand ihn richtig bo<strong>de</strong>nständig, und <strong>die</strong>se<br />
Kombination gefiel mir. Aber mein Verleger<br />
meinte, ich wolle als Autorin <strong>doch</strong> ernst<br />
genommen wer<strong>de</strong>n, und mit einem solchen<br />
Namen sei das unmöglich.<br />
Dieser Verleger war Daniel Keel vom Diogenes-Verlag<br />
in Zürich. Wie kam es dazu,<br />
dass er bis heute Ihre Bücher veröffentlicht?<br />
Ich sandte das Manuskript von «Der Hahn<br />
ist tot» an einen einzigen Verlag – meinen<br />
Lieblingsverlag Diogenes. Ich war zu faul<br />
und wohl auch zu geizig, um viele Kopien<br />
herumzuschicken. Eine Lektorin las das<br />
Manuskript, rief mich an und fragte mich,<br />
was ich bisher veröffentlicht hätte. Ich sagte,<br />
<strong>die</strong>s hier sei mein erster Roman. Sie war<br />
erstaunt und fand, <strong>de</strong>r Text sei absolut professionell<br />
geschrieben, sie wer<strong>de</strong> ihn <strong>de</strong>m<br />
Interview<br />
Praktische Führer<br />
66 smarte Geheimtipps<br />
NEU<br />
Claus Schweitzer<br />
Smart Basics Engadin<br />
einfach clever reisen<br />
essen · trinken · erleben ·erholen<br />
ISBN 978-3-85932-650-7<br />
CHF 25.90<br />
Natur und Entspannung pur<br />
NEU<br />
Jochen Ihle<br />
Wan<strong>de</strong>rwege<br />
zu Ba<strong>de</strong>welten<br />
Erlebnis, Entspannung und<br />
Erholung auf 22 Pfa<strong>de</strong>n zum Ba<strong>de</strong>n<br />
ISBN 978-3-85932-648-4<br />
CHF 33.90<br />
Ent<strong>de</strong>cken, erleben, geniessen<br />
NEU<br />
Luc Hagmann<br />
Wan<strong>de</strong>rungen im<br />
Weinland Schweiz<br />
Auf 25 Routen durch reizvolle<br />
Reblandschaften<br />
ISBN 978-3-85932-649-1<br />
CHF 33.90<br />
books – September 2010 – 21<br />
www.werdverlag.ch
Verleger weitergeben. Zehn Tage später<br />
rief mich Daniel Keel an und wollte alles<br />
von mir wissen. Seither ist er mein Verleger.<br />
Das heisst: Sie mussten nie <strong>die</strong> Ochsentour<br />
machen, <strong>die</strong> am Anfang <strong>de</strong>r meisten<br />
Schriftsteller-Karrie<strong>ren</strong> steht?<br />
Ich hatte riesiges Glück!<br />
Seither haben Sie acht weitere Romane und<br />
viele Erzählungen veröffentlicht. Auffallend<br />
ist, dass <strong>die</strong> Täterinnen in <strong>de</strong>n meisten<br />
Geschichten unent<strong>de</strong>ckt bleiben und für<br />
ihre Mor<strong>de</strong> nicht zur Rechenschaft gezogen<br />
wer<strong>de</strong>n. Interessiert Sie Gerechtigkeit nicht?<br />
Mich interessiert <strong>die</strong> Strafe nicht beson<strong>de</strong>rs,<br />
<strong>die</strong> Strafverfolgung ist ja auch nie das<br />
Thema meiner Bücher. Die Zukunft <strong>de</strong>r Täterinnen<br />
kann sich je<strong>de</strong>r selber ausmalen.<br />
Ausser<strong>de</strong>m bestrafen sich <strong>die</strong> Täterinnen<br />
oft selbst durch ihr rabiates Vorgehen – wie<br />
Rosemarie Hirte, <strong>de</strong><strong>ren</strong> Liebster am En<strong>de</strong><br />
im Rollstuhl sitzt.<br />
Der Tod kommt bei Ihnen manchmal eher<br />
als Ulk <strong>de</strong>nn als dunkle Bedrohung daher.<br />
Küchenpsychologisch könnte man das so<br />
interpretie<strong>ren</strong>: Sie geben <strong>de</strong>m Tod ein leichtes<br />
Gepräge, weil Sie ihn in Wirklichkeit<br />
fürchten.<br />
Vor <strong>de</strong>m Tod habe ich keine Angst, aber ich<br />
fürchte mich vor Schmerzen und vor langer<br />
Lei<strong>de</strong>nszeit. Nun gut, ein bisschen leben will<br />
ich natürlich schon noch.<br />
Sie wer<strong>de</strong>n am 29. September 75 Jahre alt.<br />
Wie stark beschäftigt Sie das Älterwer<strong>de</strong>n?<br />
Ich fin<strong>de</strong> es erstaunlich, dass das Leben<br />
immer schneller verläuft. Erst geht es sehr<br />
langsam <strong>de</strong>n Berg hinauf, dann beginnt das<br />
Rad zu rollen und gewinnt immer mehr an<br />
Fahrt. Ich spüre auch, dass <strong>die</strong> Sinnesorgane<br />
nachlassen. Das halte ich aber für normal<br />
– vielen geht es viel schlechter als mir.<br />
Wenn man mit Ihnen spricht, gewinnt man<br />
<strong>de</strong>n Eindruck, Sie hätten ein sehr sonniges<br />
Gemüt ...<br />
Ich bin nicht immer zufrie<strong>de</strong>n mit allem,<br />
aber ich habe wohl schon ein wohltemperiertes<br />
Temperament. Ich gräme mich nicht<br />
jahrelang über Dinge, <strong>die</strong> ich nicht än<strong>de</strong>rn<br />
kann. Und Fragen wie «Was wäre, wenn<br />
Sie bereits früher geschrieben hätten» mag<br />
ich überhaupt nicht. Man kann das Rad<br />
nicht zurückdrehen und soll nicht ha<strong>de</strong>rn<br />
mit <strong>de</strong>m, was vorbei ist!<br />
22 – books – September 2010<br />
Wir sitzen in Ihrem schönen Garten in<br />
einem Einfamilienhaus-Quartier. Wissen<br />
Ihre Nachbarn eigentlich, wer Sie sind?<br />
Die meisten schon, aber es kümmert sie<br />
nicht beson<strong>de</strong>rs. Man darf nie vergessen,<br />
dass es viele Leute gibt, <strong>die</strong> sich überhaupt<br />
nicht für Bücher interessie<strong>ren</strong>. Wenn ich<br />
mit <strong>de</strong>n Enkelkin<strong>de</strong>rn auf <strong>de</strong>n Spielplatz<br />
gehe, wer<strong>de</strong> ich je<strong>de</strong>nfalls nie um Autogramme<br />
angegangen.<br />
«Ich habe ein wohltemperiertesTemperament.<br />
Ich gräme<br />
mich nicht jahrelang<br />
über Dinge, <strong>die</strong> ich<br />
nicht än<strong>de</strong>rn kann.»<br />
Eh<strong>ren</strong>wort<br />
336 Seiten<br />
CHF 39.90<br />
Diogenes<br />
Die Romane von Ingrid Noll<br />
Der Hahn ist tot (1991)<br />
265 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Die Häupter meiner Lieben<br />
(1993)<br />
279 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Die Apothekerin (1994)<br />
248 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Kalt ist <strong>de</strong>r Abendhauch<br />
(1996)<br />
245 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Röslein rot (1998)<br />
272 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Selige Witwen (2001)<br />
269 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Rabenbrü<strong>de</strong>r (2003)<br />
288 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Ladylike (2006)<br />
336 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes<br />
Kuckuckskind (2008)<br />
352 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Diogenes
Endlich!<br />
Ildikó von Kürthy<br />
40 und zufrie<strong>de</strong>n sein – das ist für eine Frau zu viel verlangt. Ich habe<br />
versehentlich <strong>die</strong> Wahrheit über meine Ehe herausgefun<strong>de</strong>n: Ich wer<strong>de</strong><br />
betrogen! Ich brauche ein neues Ego. Ich beschatte meinen Mann, schlafe<br />
mit einem frem<strong>de</strong>n Mann, besuche das Seminar «Nackt besser aussehen».<br />
Ich lege mir sogar einen Personal<br />
Trainer zu, <strong>de</strong>nn ich will eine Frau wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong>die</strong> man nicht betrügt. Ich will meinen<br />
Mann und mein Leben zurück! Aber<br />
mein Personal Trainer meint: «Wahrheit<br />
o<strong>de</strong>r Glück, du kriegst niemals bei<strong>de</strong>s.»<br />
Und was bekomme ich zum Schluss?<br />
Genau das, was ich mir schon immer<br />
hätte wünschen sollen. Endlich!<br />
Ein schlauer Frauenroman <strong>de</strong>r Bestsellerautorin<br />
Ildikó von Kürthy.<br />
320 Seiten<br />
CHF 28.90<br />
Wun<strong>de</strong>rlich<br />
ISBN 978-3-8052-0898-7<br />
Zehn<br />
Franka Potente<br />
Was wird, wenn <strong>die</strong> schwangere Ikuko <strong>die</strong> Einzige in ihrer Familie ist, <strong>die</strong><br />
sich eine Tochter wünscht? Wo en<strong>de</strong>t es, wenn sich Miyu, <strong>die</strong> heimlich in<br />
einem Nachtclub tanzt, in einen schüchternen Polizisten verliebt? Was ist<br />
mit <strong>de</strong>m Stolz einer Zeichnerin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m peinlichen Missgeschick eines<br />
jungen Ehepaars?<br />
Die bekannte <strong>de</strong>utsche Schauspielerin<br />
Franka Potente gibt in ih<strong>ren</strong> Kurzgeschichten<br />
einen erstaunlichen Einblick<br />
in <strong>die</strong> japanische Kultur und eröffnet einen<br />
Zugang zu <strong>de</strong>n Menschen, <strong>de</strong>nen<br />
sie im Land <strong>de</strong>s Lächelns begegnet ist.<br />
Und sie lässt <strong>de</strong>n Leser auf bestechen<strong>de</strong><br />
Weise an <strong>de</strong>n Empfindungen und Gedanken<br />
ihrer unverwechselba<strong>ren</strong> Figu<strong>ren</strong><br />
teilhaben.<br />
168 Seiten<br />
CHF 26.90<br />
Piper<br />
ISBN 978-3-492-05423-2<br />
Buchtipps<br />
Der Pilot: Die Weisheit<br />
wartet über <strong>de</strong>n Wolken<br />
Richard Bach<br />
Jamie Forbes ist begeisterter Flieger und Fluglehrer. Doch ihn erwartet<br />
auf einem Überführungsflug eine Herausfor<strong>de</strong>rung, <strong>die</strong> für ihn nur schwer<br />
zu meistern ist. Per Funk kommt er in Kontakt mit Maria, <strong>de</strong><strong>ren</strong> Mann<br />
soeben einen Herzinfarkt erlitten hat –<br />
über <strong>de</strong>n Wolken! Maria kann selbst nicht<br />
fliegen, und so muss Jamie sie per Funk<br />
anleiten, damit sie das Flugzeug sicher<br />
zu Bo<strong>de</strong>n bringt. Der Zwischenfall ist<br />
gleichzeitig auch ein Wen<strong>de</strong>punkt in Jamies<br />
Leben, <strong>de</strong>nn von nun an beginnt für<br />
<strong>de</strong>n Piloten eine poetische Flugreise zu<br />
einem höhe<strong>ren</strong> Selbst.<br />
Der neue spirituelle Roman <strong>de</strong>s Autors<br />
von «Die Möwe Jonathan».<br />
192 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Allegria<br />
ISBN 978-3-7934-2195-5<br />
Shake Your Life<br />
Ralph Goldschmidt<br />
Work-Life-Balance ist das Zauberwort <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Gesellschaft. Aber<br />
<strong>die</strong> For<strong>de</strong>rung nach Ausgeglichenheit kann auch viel Stress mit sich bringen<br />
– schliesslich will man in allen Bereichen top sein, ob im Sport, im<br />
Beruf, im Bett o<strong>de</strong>r als Eltern. Es muss <strong>doch</strong> möglich sein, trotz allem <strong>die</strong><br />
Leichtigkeit <strong>de</strong>s Seins zu bewah<strong>ren</strong>! Das<br />
ist das Thema in <strong>de</strong>r Jangada Bar, wo<br />
Barmixer Hans seinen Gästen in sieben<br />
frechen Geschichten sieben Prinzipien<br />
für mehr Leistungskraft und Lebensglück<br />
vermittelt. Mit <strong>de</strong>n sieben hochprozentigen<br />
und süffigen Cocktails erfährt <strong>de</strong>r<br />
Leser auch, wie er seinen individuellen<br />
Lebensstil fin<strong>de</strong>n und dabei scheinbare<br />
Gegensätze integrie<strong>ren</strong> kann.<br />
224 Seiten<br />
CHF 44.90<br />
GABAL<br />
ISBN 978-3-86936-107-9<br />
books – September 2010 – 23
Interaktive Bücher<br />
Der letzte<br />
Tabubruch<br />
Sie lei<strong>de</strong>n, wenn ein Buch zu Bo<strong>de</strong>n<br />
fällt und sich dabei sichtbar verletzt?<br />
O<strong>de</strong>r wenn jemand eine Notiz in Ihr<br />
Buch gekritzelt hat? Höchste Zeit,<br />
dass Sie sich abhärten. Die richtige<br />
Medizin ist in <strong>die</strong>sem Fall eine Reihe<br />
von neuen Büchern, <strong>die</strong> Ihre Aktivität<br />
for<strong>de</strong>rn – und zuweilen auch Ihre Brutalität.<br />
Text: Marius Leutenegger<br />
Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir:<br />
Wäh<strong>ren</strong>d ich überhaupt keine Hemmungen<br />
habe, je<strong>de</strong> Woche einen dicken Haufen Magazine<br />
und Zeitungen zu verschnü<strong>ren</strong> und<br />
ins Altpapier zu schmeissen, bringe ich es<br />
nicht fertig, Bücher als Abfall zu betrachten.<br />
Eine Zeitschrift und ein Buch bestehen<br />
zwar bei<strong>de</strong> aus Papier, <strong>doch</strong> wäh<strong>ren</strong>d<br />
erstere das Zerfallsdatum quasi schon im<br />
Namen trägt, hat sich letzteres <strong>de</strong>n Nimbus<br />
<strong>de</strong>s Beständigen und Hochwertigen<br />
erhalten. Dabei wird es <strong>die</strong>sem Nimbus<br />
oft genug nicht gerecht. Vermutlich gibt<br />
es sogar wesentlich mehr schlechte Bücher<br />
als schlechte Zeitschriften – bei jährlich<br />
100‘000 <strong>de</strong>utschsprachigen Novitäten auf<br />
<strong>de</strong>m Buchmarkt ist das keine mutige Behauptung.<br />
Und trotz<strong>de</strong>m: Auch <strong>de</strong>n grössten<br />
Mist trage ich lieber ins Brockenhaus<br />
als auf <strong>de</strong>n Müll, wenn er zwischen zwei<br />
Mach <strong>die</strong>ses Buch fertig<br />
Keri Smith<br />
192 Seiten<br />
CHF 17.90<br />
Kunstmann<br />
24 – books – September 2010<br />
KeinBuch<br />
Keri Smith<br />
176 Seiten<br />
CHF 16.90<br />
mixtvision<br />
Buch<strong>de</strong>ckeln vor sich hindampft.<br />
Diese Beisshemmung erkläre ich mir küchenpsychologisch<br />
mit <strong>de</strong>r kulturellen Be<strong>de</strong>utung<br />
von Büchern: Diese wa<strong>ren</strong> einst<br />
nicht nur extrem teuer, son<strong>de</strong>rn auch <strong>die</strong><br />
exklusiven Träger <strong>de</strong>s Wissens <strong>die</strong>ser Welt.<br />
Am Anfang war das Wort, und wäh<strong>ren</strong>d<br />
langer Zeit gab es keinen an<strong>de</strong><strong>ren</strong> Worttresor<br />
als das Buch. Ihm musste man daher<br />
grösste Sorge tragen, sollte es mit <strong>de</strong>r Welt<br />
irgendwie vorwärts gehen.<br />
Offenbar hat sich das alles auf meine Gene<br />
ausgewirkt, <strong>de</strong>nn schon als Kind vermied<br />
ich es tunlichst, einem Buch ein Eselsohr zu<br />
verpassen. Ich weiss zwar bis heute nicht,<br />
was ein Falz mit <strong>de</strong>n Oh<strong>ren</strong> eines Esels zu<br />
tun hat, aber ich fand <strong>de</strong>n Namen schon<br />
passend: Wer ein Buch schän<strong>de</strong>t, ist ein<br />
Esel, <strong>de</strong>m <strong>die</strong> Oh<strong>ren</strong> langgezogen gehö<strong>ren</strong>!<br />
Walls<br />
Sherwood Forlee<br />
160 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Hoffmann und Campe<br />
«Vergiss alles, was du über <strong>de</strong>n Umgang<br />
mit Büchern gelernt hast»<br />
Doch dann kam ES. Dieses schwarze<br />
Büchlein, das aussieht wie ein Moleskine<br />
vom Wa<strong>ren</strong>posten. «Mach <strong>die</strong>ses Buch<br />
fertig», rief es mir vom Büchertisch im<br />
Kramhof entgegen. Untertitel: «Erschaffen<br />
ist Zerstö<strong>ren</strong>.» Ich wandte mich selbstverständlich<br />
angewi<strong>de</strong>rt von <strong>die</strong>sem «Werk»<br />
<strong>de</strong>r US-amerikanischen Grafikerin Keri<br />
Smith ab. Wäh<strong>ren</strong>d eines Aufenthalts in<br />
New York begegnete ich <strong>de</strong>m sinist<strong>ren</strong><br />
Buch allerdings wie<strong>de</strong>r: «Wreck this journal»,<br />
schrie es da. Ich fragte <strong>die</strong> Buchhändlerin,<br />
ob sich etwas <strong>de</strong>rart Unanständiges<br />
in <strong>de</strong>n stets korrekten USA überhaupt<br />
verkaufen liesse. Sie lächelte mich so charmant<br />
an, wie das Buchhändlerinnen in <strong>die</strong>sem<br />
Land zu tun pflegen: «Ja, grossartig!»<br />
Zurück in <strong>de</strong>r Schweiz konnte ich mich<br />
Das Telefon-Kritzel-Buch<br />
Andrew Pin<strong>de</strong>r<br />
168 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Knesebeck<br />
Kritzelblock für Pendler<br />
80 Seiten<br />
CHF 9.90<br />
Carlsen
dann nicht mehr zurückhalten: Ich erstand<br />
mir <strong>die</strong> sündige Publikation. Sie empfing<br />
mich auf Seite 4 mit einer Warnung: «Bei<br />
<strong>de</strong>r Arbeit an <strong>die</strong>sem Buch machst du dich<br />
möglicherweise schmutzig.» Iiiek! Schnell<br />
umblättern – und lesen: «Vergiss alles, was<br />
du über <strong>de</strong>n Umgang mit Büchern gelernt<br />
hast.» Man solle das Buch einfach irgendwo<br />
aufschlagen und <strong>die</strong> Anleitung befolgen,<br />
wur<strong>de</strong> einem da geraten.<br />
Viva la Revolución!<br />
Nun, ich gebe es zu: Ich tat fortan alles,<br />
was <strong>die</strong>ses Buch von mir verlangte. Wirklich<br />
alles. Es begann mit «Bohre mit einem<br />
Bleistift Löcher in <strong>die</strong>se Seite» – das verlangte<br />
zwar viel Überwindung, <strong>doch</strong> das<br />
Gefühl, wenn <strong>de</strong>r Stift durch das weiche<br />
Papier drang, erwies sich als erstaunlich<br />
angenehm. «Schütte, kleckere, tropfe, spucke,<br />
schmiere <strong>de</strong>inen Kaffee genau hier<br />
hin», hiess es an<strong>de</strong>rnorts. Wozu sollte ich<br />
so etwas tun? Ich tat’s, heimlich und etwas<br />
verschämt. Dann kamen <strong>die</strong> ganz harten<br />
Sachen. «Breche <strong>de</strong>n Buchrücken», «Setze<br />
<strong>die</strong>se Seite in Brand», «Reisse <strong>die</strong>se Seite<br />
raus, stecke sie in <strong>de</strong>ine Hosentasche, wasche<br />
sie mit, klebe sie wie<strong>de</strong>r hier ein». Ich<br />
tat’s, ich tat’s, ich wer<strong>de</strong> es tun. Denn nach<br />
<strong>de</strong>r ersten Überwindung machte das alles<br />
plötzlich viel Spass. Auch das lässt sich laienpsychologisch<br />
<strong>de</strong>uten: Ein Blatt Papier<br />
verb<strong>ren</strong>nen ist nicht lustig o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs<br />
spannend – aber eine Seite eines Buchs anzün<strong>de</strong>n,<br />
das ist eine echte Revolution, ein<br />
Tabubruch, ein Befreiungsschlag! Ich fühlte<br />
mich wie Daniel Cohn-Bendit im Sommer<br />
68. Was sonst gibt einem heute noch ein<br />
solches Gefühl, jetzt, wo je<strong>de</strong>r Banker ein<br />
Fussball-Fan und selbst manche Bun<strong>de</strong>srats-Gattin<br />
tätowiert ist?<br />
Wie je<strong>de</strong> Revolution hat sich übrigens auch<br />
jene von «Mach <strong>die</strong>ses Buch fertig» als Gesellschaftsereignis<br />
erwiesen. Das Internet<br />
ist voll von Blogs und Websites, auf <strong>de</strong>nen<br />
meine Mitrevolutionäre ihre manchmal<br />
überraschend schön gestalteten, oft aber<br />
ganz einfach übel zugerichteten Bücher<br />
präsentie<strong>ren</strong> (siehe zum Beispiel www.freeblog.in/WtJBlog/).<br />
Man ist wahrlich nicht<br />
allein, wenn man einem Buch Ungutes tut.<br />
Das Malbuch für Paare<br />
Claire Faÿ<br />
64 Seiten<br />
CHF 15.90<br />
Blanvalet<br />
Mein Buch für das Leben<br />
Yvonne Niewerth<br />
240 Seiten<br />
CHF 26.90<br />
Sanssouci<br />
Zumal es, wie immer bei Bestsellern, mittlerweile<br />
eine ganze Reihe ähnlicher Werke<br />
gibt. Sehr «schön» ist zum Beispiel auch<br />
«KeinBuch» von Sebastian Zembol, <strong>de</strong>m<br />
nach <strong>de</strong>m grossen Durchbruch – sprich <strong>de</strong>r<br />
grossen Zerstörung – «KeinBuch2» folgte.<br />
Die bei<strong>de</strong>n Bän<strong>de</strong> schreien ebenfalls nach<br />
möglichst mieser Behandlung und eignen<br />
sich offenbar sogar für Golfspiele mit überreifen<br />
Tomaten (siehe www.keinewebsite.<br />
<strong>de</strong>).<br />
«Ein Blatt Papier verb<strong>ren</strong>nen ist nicht<br />
lustig o<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs spannend – aber<br />
eine Seite eines Buchs anzün<strong>de</strong>n, das<br />
ist eine echte Revolution, ein<br />
Tabubruch, ein Befreiungsschlag!»<br />
Su<strong>de</strong>ln ist nicht schön, aber irgendwie<br />
schon<br />
Seit ich «Mach <strong>die</strong>ses Buch fertig» regelmässig<br />
fertig mache, habe ich zwar noch<br />
immer nicht aufgehört, Bücher zu lieben<br />
und sie meistens so sorgfältig wie Wertpapiere<br />
zu behan<strong>de</strong>ln – aber ich habe ent<strong>de</strong>ckt,<br />
dass man mit ihnen noch ganz viel<br />
an<strong>de</strong>res tun kann, als zu ihnen lieb zu sein.<br />
Man kann sie zum Beispiel vollsu<strong>de</strong>ln mit<br />
Notizen. «Walls» von Sherwood Forlee<br />
ist ein hübsches Fotobuch, das nichts als<br />
Mauern aus <strong>de</strong>r ganzen Welt zeigt – und<br />
<strong>die</strong>se Mauern darf man jetzt vollkritzeln,<br />
als wäre man ein Graffiti-Strolch. Man<br />
kann zwar meistens nicht genau lesen, was<br />
man auf <strong>die</strong> bunten Seiten hingeschmiert<br />
hat, aber was ist schon eine saubere Notiz<br />
gegen das Gefühl, so richtig über <strong>die</strong> Stränge<br />
zu schlagen und ein wil<strong>de</strong>r Kerl zu sein!<br />
Noch einfacher ist das Su<strong>de</strong>ln beim «Telefon-Kritzel-Buch»<br />
von Andrew Pin<strong>de</strong>r.<br />
Vielleicht gehö<strong>ren</strong> Sie auch zu jener Sorte<br />
Mensch, <strong>die</strong> beim Telefonie<strong>ren</strong> ständig<br />
Kunst produzie<strong>ren</strong> muss; Konrad Lo<strong>ren</strong>z<br />
hätte das wohl als Übersprungshandlung<br />
bezeichnet. Weil <strong>de</strong>r ehemalige Archäologe<br />
Pin<strong>de</strong>r offenbar viel Verständnis für <strong>die</strong>ses<br />
Fragebuch<br />
Mikael Krogerus und<br />
Roman Tschäppeler,<br />
175 Seiten<br />
CHF 28.90<br />
Kein & Aber<br />
Bücher über Männer<br />
obskure Verhalten hat, bietet er das i<strong>de</strong>ale<br />
Umfeld für Telefonkritzeleien: rund 200<br />
halbfertige Vorlagen, <strong>die</strong> Lust machen, sie<br />
so schnell wie möglich zu ergänzen o<strong>de</strong>r zu<br />
versauen. Der Kreativität wer<strong>de</strong>n hier nicht<br />
nur keine G<strong>ren</strong>zen gesetzt – ihr wer<strong>de</strong>n<br />
vielmehr ganze Stadtteile geöffnet. Gleiches<br />
gilt auch für <strong>die</strong> Serie <strong>de</strong>r «Kritzelblöcke»<br />
(fürs Studium, fürs Büro, fürs <strong>de</strong>n Ruhestand,<br />
für <strong>die</strong> Reise, für Pendler und so weiter)<br />
aus <strong>de</strong>m Carlsen-Verlag. Diese Bücher<br />
zerstört man zwar nicht, sie verlangen<br />
von Ihnen aber, dass Sie sich als Co-Autor<br />
schuldig machen: Verbin<strong>de</strong>n Sie Punkte,<br />
malen Sie aus, was Ihnen passt, fassen Sie<br />
Ihre Wut über Kollegen, Chef und Chefin<br />
in <strong>de</strong>rbste Zeichnungen!<br />
Stilles Lesen war einmal – jetzt wird<br />
mitgearbeitet<br />
«Interaktivität» – sie ist im Internet-Zeitalter<br />
das Mass aller Dinge. Da kann es nicht<br />
erstaunen, dass sie jetzt auch allmählich <strong>de</strong>n<br />
Buchmarkt erobert und wir in immer mehr<br />
Büchern aktiv mitarbeiten dürfen. In ihrem<br />
jüngsten Roman «Möchtegern» hat <strong>die</strong><br />
Autorin Milena Moser einige Seiten weiss<br />
gelassen, damit <strong>die</strong> Lesen<strong>de</strong>n ihre eigenen<br />
Reime auf <strong>die</strong> Geschichte nie<strong>de</strong>rschreiben<br />
können. Das ist zwar sehr nett von Frau<br />
Moser, überfor<strong>de</strong>rt aber vermutlich einige<br />
<strong>de</strong>r heutigen Interaktiven – <strong>die</strong> sind es<br />
sich schliesslich vor allem gewohnt, einen<br />
Link o<strong>de</strong>r ein paar Kästchen anzuklicken.<br />
Zu <strong>die</strong>sem Verhalten passen <strong>die</strong> Bücher<br />
<strong>de</strong>r französischen Nachwuchs-Grafikerin<br />
Claire Faÿ hervorragend. Da wird man<br />
je<strong>de</strong>rzeit angeleitet, was zu tun ist. «Das<br />
Malbuch für Paare» bietet einem <strong>die</strong> richtige<br />
Plattform, seinen Gefühlen mal richtig<br />
Luft zu machen: Die I<strong>de</strong>en zum Ausmalen,<br />
Zeichnen, Ausschnei<strong>de</strong>n, Zerknüllen und<br />
Zerreissen <strong>die</strong>nen <strong>de</strong>m Frustabbau o<strong>de</strong>r<br />
können <strong>die</strong> Vermittlung von Liebesgefühlen<br />
erleichtern. Claire Faÿ bietet übrigens Hilfe<br />
zur Selbsthilfe in je<strong>de</strong>r Lebenslage: Von ihr<br />
stammen auch «Das Malbuch für alle, <strong>de</strong>nen<br />
zum Aussteigen das Geld fehlt» (also<br />
für praktisch alle) und «Das Malbuch für<br />
alle, <strong>die</strong> sich im Büro langweilen» (dito).<br />
Es ist klar, dass sich <strong>die</strong>se Bän<strong>de</strong> – wie alle<br />
Tagebuch (rot):<br />
Wie war <strong>de</strong>in Tag?<br />
Doro Ottermann<br />
208 Seiten<br />
CHF 17.90<br />
Droemer Knaur<br />
books – September 2010 – 25
Interaktive Bücher<br />
hier vorgestellten – auch hervorragend als<br />
Geschenk eignen.<br />
«Die Fragen, <strong>die</strong> man beantworten<br />
darf/kann/soll, animie<strong>ren</strong> zu <strong>de</strong>rart<br />
persönlichen Stellungnahmen, dass man<br />
<strong>die</strong>sem Buch eigentlich ein dickes Vorhängeschloss<br />
wünschte.»<br />
Tagebuch für Schreibfaule<br />
«Mach <strong>die</strong>ses Buch fertig» o<strong>de</strong>r «Das Malbuch<br />
für Paare» wer<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n individuellen<br />
Gebrauch erst richtig flott. Ähnliche<br />
Bücher erhalten durch <strong>die</strong> persönliche<br />
Nutzung sogar <strong>de</strong>n Charakter regelrechter<br />
Visitenkarten. Das gilt zum Beispiel für<br />
«Mein Buch für das Leben» von Yvonne<br />
Niewerth. Laut Werbung han<strong>de</strong>lt es sich<br />
hier um ein «Eintragebuch» – was es <strong>doch</strong><br />
nicht alles gibt! Leserin und Leser wer<strong>de</strong>n<br />
aufgefor<strong>de</strong>rt, ihre Wünsche, Absichten<br />
und Meinungen festzuhalten. Die Fragen,<br />
<strong>die</strong> man beantworten darf/kann/soll, animie<strong>ren</strong><br />
zu <strong>de</strong>rart persönlichen Stellungnahmen,<br />
dass man <strong>die</strong>sem Buch eigentlich<br />
ein dickes Vorhängeschloss wünschte. Das<br />
gilt auch für das schön gemachte «Fragebuch»<br />
von Mikael Krogerus und Roman<br />
Tschäppeler, das im Stile <strong>de</strong>s legendä<strong>ren</strong><br />
Fragebogens von Max Frisch <strong>die</strong> Lesen<strong>de</strong>n<br />
zum Kern ihrer Gedanken führt.<br />
Doch was ist, wenn man gar nicht so viel<br />
nach<strong>de</strong>nken und arbeiten mag, aber <strong>de</strong>n-<br />
Parks_books:Layout 1 03.08.2010 17:09 Uhr Seite 1<br />
26 – books – September 2010<br />
368 Seiten, gebun<strong>de</strong>n mit Schutz umschlag<br />
CHF 38,90; ISBN 978-3-88897-680-3<br />
noch ein ganz persönliches Buch haben<br />
will? Dann gibt es zum Glück noch immer<br />
das «Tagebuch: Wie war <strong>de</strong>in Tag?» – eine<br />
Chronik für ganz Schnelle und Schreibfaule.<br />
Die Autorin Doro Ottermann hat ein<br />
Multiple-Choice-Verfah<strong>ren</strong> entwickelt, mit<br />
<strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Alltag in Sekun<strong>de</strong>nschnelle<br />
erfassen kann. Aufklappen, ankreuzen, zuklappen,<br />
fertig. So schreibt man heute Tagebuch.<br />
Und wenn <strong>die</strong> Kreuzchen-Analyse<br />
Ihres Tags ergibt, dass es Ihnen eigentlich<br />
ganz dreckig geht, dann ist es vielleicht<br />
höchste Zeit für ein entspannen<strong>de</strong>s kleines<br />
Buch-Massaker – und damit beginnt unsere<br />
Geschichte wie<strong>de</strong>r von vorn.<br />
»In unserer von billigen<br />
Selbstenthüllungen und<br />
Quacksalber-Ratgebern<br />
dominierten Welt ist<br />
<strong>die</strong>ses Buch das einzig<br />
Wahre!«<br />
will self, the times<br />
Tim Parks’ persönlichstes Buch:<br />
eine Krankheitsgeschichte mit<br />
»happy end«, klug und unglaublich<br />
unterhaltsam. Die meisten von uns<br />
wer<strong>de</strong>n irgendwann krank; aber nur<br />
wenige können darüber mit solch<br />
einer brillanten Intelligenz erzählen<br />
wie Tim Parks.<br />
Mehr unter: www.tim-parks.com<br />
Ein Klassiker und sein Nachfolger<br />
für Kin<strong>de</strong>r<br />
ml. Mitmachbücher treten heute in auffallend<br />
grosser Zahl auf – <strong>doch</strong> es gibt sie<br />
schon länger. Einer <strong>de</strong>r Ahnher<strong>ren</strong> <strong>de</strong>s Genres<br />
dürfte <strong>de</strong>r 1972 erschienene Band «Die<br />
Kronenklauer» <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Satiriker Friedrich<br />
Karl Waechter und Bernd Eilert sein. Die berühmten<br />
Vertreter <strong>de</strong>r so genannten «Neuen<br />
Frankfurter Schule» la<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r mit ihrem<br />
übermütigen Buch in eine fröhlich-verkehrte<br />
Welt ein – und for<strong>de</strong>rn <strong>die</strong> kleinen Lesen<strong>de</strong>n<br />
zum Falzen, Raten, Reimen, Puzzlen,<br />
Malen o<strong>de</strong>r Singen auf. Zu<strong>de</strong>m dürfen <strong>die</strong><br />
Buben und Mädchen «Die Kronenklauer»<br />
mit <strong>de</strong>r Schere traktie<strong>ren</strong>. In <strong>de</strong>r Nachfolge<br />
zu <strong>die</strong>sem Klassiker steht das soeben erschienene<br />
«Kin<strong>de</strong>r Künstler Mitmach Buch».<br />
Es ähnelt in <strong>de</strong>r Machart sehr «Mach <strong>die</strong>ses<br />
Buch fertig», ist aber durch und durch Kindgerecht<br />
und beson<strong>de</strong>rs liebevoll. Die schönste<br />
Doppelseite: Links darf man «Kritzel krakeln»,<br />
recht «Kraken kritzeln».<br />
Die Kronenklauer<br />
Friedrich Karl Waechter,<br />
Bernd Eilert<br />
188 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
Diogenes<br />
Kin<strong>de</strong>r Künstler Mitmach<br />
Buch<br />
Labor Ateliergemeinschaft<br />
Ca. 200 Seiten<br />
CHF 16.90<br />
Beltz & Gelberg<br />
verlag antje<br />
kunstmann<br />
www.kunstmann.<strong>de</strong>
Eh<strong>ren</strong>wort<br />
Ingrid Noll<br />
Drei Generationen unter einem Dach: Da ist Ärger vorprogrammiert. Das<br />
merken auch Harald und Petra, als sie Haralds hochbetagten Vater Willy<br />
zur Pflege bei sich aufnehmen. Es soll ja nicht mehr lange mit ihm gehen,<br />
sagen <strong>die</strong> Ärzte. Doch Stu<strong>de</strong>nt Max schafft es, <strong>de</strong>n Grossvater wie<strong>de</strong>r<br />
aufzupäppeln und gleichzeitig das<br />
Leben <strong>de</strong>r Eltern in <strong>de</strong>n Grundfesten zu<br />
erschüttern. Wäh<strong>ren</strong>d Harald und Petra<br />
überlegen, wie sie <strong>de</strong>n Stö<strong>ren</strong>fried Willy<br />
möglichst elegant wie<strong>de</strong>r loswer<strong>de</strong>n,<br />
ban<strong>de</strong>lt Max mit <strong>de</strong>r Pflegerin Jenny an.<br />
Er weiss je<strong>doch</strong> nicht, dass sie ein dunkles<br />
Geheimnis hat ...<br />
Eine bitterböse Kriminalkomö<strong>die</strong>, in <strong>de</strong>r<br />
Ingrid Noll zeigt, dass es we<strong>de</strong>r heile<br />
noch heilige Familien gibt.<br />
336 Seiten<br />
CHF 39.90<br />
Diogenes<br />
ISBN 978-3-257-06760-6<br />
Die Perspektive <strong>de</strong>s<br />
Gärtners Håkan Nesser<br />
Vor vierzehn Monaten verschwand <strong>die</strong> vierjährige Tochter von Erik und<br />
Winnie Steinbeck spurlos. Es gibt keinen Erpresserbrief, keine Hinweise<br />
auf <strong>de</strong>n Täter. Um Abstand zu gewinnen, beschliessen <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n,<br />
nach New York zu ziehen. Anfangs scheint <strong>die</strong>s <strong>die</strong> retten<strong>de</strong> I<strong>de</strong>e: Winnie<br />
beginnt wie<strong>de</strong>r zu malen, Erik geht je<strong>de</strong>n<br />
Tag in <strong>die</strong> Bibliothek, um zu schreiben.<br />
Doch dann behauptet Winnie zu wissen,<br />
dass Tochter Sara noch lebt. Sie<br />
malt sogar ein Bild <strong>de</strong>r Entführung –<br />
aber ohne das Gesicht <strong>de</strong>s Entführers.<br />
Als Erik ent<strong>de</strong>ckt, dass Winnie heimlich<br />
aus <strong>de</strong>m Haus geht, wenn er nicht da ist,<br />
wird ihm langsam klar, dass sie ihm nicht<br />
<strong>die</strong> ganze Wahrheit über sich und ihre<br />
<strong>Vergan</strong>genheit erzählt hat.<br />
320 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
btb<br />
ISBN 978-3-442-75173-0<br />
Sechseläuten<br />
Michael Theurillat<br />
Buchtipps<br />
Ein Mord am Zürcher Sechseläuten ruft Kommissar Eschenbach auf <strong>de</strong>n<br />
Plan. Die Spur führt <strong>de</strong>n Ermittler zum Weltfussballverband FIFA, wo <strong>die</strong><br />
Ermor<strong>de</strong>te im Sekretariat gearbeitet hat. Doch dort scheint sich niemand<br />
für <strong>de</strong>n Fall zu interessie<strong>ren</strong>. Lei<strong>de</strong>r schweigt auch <strong>de</strong>r Junge, <strong>de</strong>n man<br />
neben <strong>de</strong>r Leiche fand. Als er endlich<br />
zu re<strong>de</strong>n beginnt, wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Rätsel nur<br />
noch grösser, <strong>de</strong>nn er spricht <strong>die</strong> Sprache<br />
<strong>de</strong>r Jenischen. Eschenbach muss<br />
sich plötzlich mit alten Akten <strong>de</strong>r Pro Juventute<br />
befassen. Bald ent<strong>de</strong>ckt er eine<br />
hoch geheime Liste, auf <strong>de</strong>r Namen von<br />
Kin<strong>de</strong>rn verzeichnet sind – von jenischen<br />
Kin<strong>de</strong>rn, <strong>die</strong> bis 1972 aus ih<strong>ren</strong> Familien<br />
«entfernt» wor<strong>de</strong>n wa<strong>ren</strong> ...<br />
326 Seiten<br />
CHF 17.90<br />
List<br />
ISBN 978-3-548-60944-7<br />
Entsetzen<br />
Karin Slaughter<br />
Als Abigail Campano nach Hause kommt, erwartet sie das nackte Grauen:<br />
Glasscherben auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n, ein blutiger Fussabdruck, ein Mann,<br />
<strong>de</strong>r sich über <strong>de</strong>n leblosen Körper ihrer Tochter beugt. Abigail stürzt sich<br />
auf <strong>de</strong>n Unbekannten, ringt ihn nie<strong>de</strong>r und erwürgt ihn in einem erbitterten<br />
Kampf auf Leben und Tod. Erst dann<br />
sieht sie, dass das tote Mädchen nicht<br />
ihre Tochter Emma ist, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong><strong>ren</strong><br />
beste Freundin Kayla. Sie wur<strong>de</strong> brutal<br />
erschlagen, ihr Körper ist mit Prellungen<br />
und Bisswun<strong>de</strong>n übersät. Doch wo ist<br />
Emma? Special Agent Will T<strong>ren</strong>t macht<br />
Abigail wenig Hoffnung, das Mädchen<br />
lebend wie<strong>de</strong>rzufin<strong>de</strong>n.<br />
Der zweite Fall für Will T<strong>ren</strong>t, <strong>die</strong>smal<br />
ermittelt er mit seiner neuen Partnerin<br />
Faith Mitchell.<br />
512 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
Blanvalet<br />
ISBN 978-3-7645-0344-4<br />
books – September 2010 – 27
Mein Buch<br />
«Nicht schöngefärbt»<br />
Wir möchten von Orell-Füssli-Kundinnen<br />
und -Kun<strong>de</strong>n wissen: Welches ist<br />
Ihr liebstes Buch? Heute antwortet<br />
Kathi Menziger aus Zürich. Sie ehrt<br />
heimisches Schaffen.<br />
Aufzeichnung: Susanne Loacker<br />
Kathi Menziger ist diplomierte Architektin<br />
ETH und betreibt zusammen mit ihrem<br />
Mann ein eigenes Architekturbüro. Die<br />
46-jährige Mutter zweier Buben wohnt<br />
am Stadtrand von Zürich und<br />
liest fast täglich – am liebsten<br />
am Abend vor <strong>de</strong>m Einschlafen<br />
o<strong>de</strong>r im Sommer<br />
in <strong>de</strong>r Badi. «Lesen ist<br />
für mich entspannend»,<br />
sagt sie, «dabei muss es<br />
nicht immer hochstehen<strong>de</strong><br />
Literatur sein. Es gibt<br />
viele Bücher, <strong>die</strong> ich zur<br />
Unterhaltung lese und dann<br />
bald wie<strong>de</strong>r vergesse – sie sind<br />
sozusagen nicht nachhaltig. Bei <strong>die</strong>sen Büchern<br />
ist mir <strong>die</strong> Geschichte wichtiger als<br />
<strong>die</strong> Sprache.»<br />
Es gibt aber auch viele Bücher, <strong>die</strong> Kathi<br />
Menziger mehrmals liest. «Bei Büchern,<br />
<strong>die</strong> ich mehr als einmal lese o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st<br />
gern wie<strong>de</strong>r einmal lesen wür<strong>de</strong>, sind mir<br />
sowohl <strong>die</strong> Sprache als auch <strong>die</strong> Geschich-<br />
te wichtig», sagt sie. Im Moment gehö<strong>ren</strong><br />
Jane Austen, «Jim Knopf» – <strong>de</strong>n sie auch<br />
ih<strong>ren</strong> Buben vorgelesen hat – und «Wassermusik»<br />
von T.C. Boyle zu ih<strong>ren</strong> Lieblingen.<br />
Auf <strong>die</strong> sprichwörtliche einsame Insel<br />
nähme sie aber drei an<strong>de</strong>re Bücher mit:<br />
«Den ‚Brockhaus’, ‚Tristram Shandy‘ von<br />
Lau<strong>ren</strong>ce Stern, weil <strong>die</strong>s <strong>de</strong>r nächste Titel<br />
auf meiner Leseliste ist, und dann ‚Melnitz‘<br />
von Charles Lewinksy.»<br />
Diesen letzten Titel wür<strong>de</strong> <strong>die</strong> Architektin<br />
<strong>de</strong>nn auch als ihr Lieblingsbuch<br />
bezeichnen. In <strong>die</strong>sem<br />
Roman erzählt <strong>de</strong>r Zürcher<br />
Autor Charles Lewinsky<br />
<strong>die</strong> Geschichte <strong>de</strong>r jüdischen<br />
Familie Meijer vor<br />
<strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r geschichtlichen<br />
Ereignisse in<br />
<strong>de</strong>r Schweiz zwischen 1871<br />
und 1945. «Ich mag Bücher,<br />
<strong>die</strong> mehrere Generationen umspannen»,<br />
erklärt Kathi Menziger.<br />
«Das Buch gefällt mir sprachlich, ausser<strong>de</strong>m<br />
spielt es in einer Gegend, <strong>die</strong> ich kenne:<br />
Als Kind war ich oft im Aargau in <strong>de</strong>n<br />
Ferien.» Auch <strong>die</strong> Personen <strong>de</strong>r Geschichte<br />
machen Kathi Menziger Eindruck, vor<br />
allem <strong>die</strong> Adoptivtocher Chanele Meijer:<br />
«Die Figu<strong>ren</strong> sind spannend, nicht einfach<br />
schöngefärbt.»<br />
Biographien, 28 – books Romane, – September Erzählungen, 2010 Gedichte, Ratgeber, Sachbücher u.a.<br />
Kurze Beiträge passen vielleicht in unsere hochwertigen Anthologien.<br />
Neben «Melnitz» hat Kathi Menziger bisher<br />
keine Bücher von Charles Lewinsky gelesen,<br />
obwohl ihr sein Stil sowohl inhaltlich<br />
als auch sprachlich sehr gefällt.<br />
Bücher kauft Kathi Menziger am liebsten<br />
im Geschäft. «Dort kann ich ein Buch in<br />
<strong>die</strong> Hand nehmen, darin blättern und lesen.<br />
Online bestelle ich auch, dann aber gezielt,<br />
zum Beispiel aufgrund einer Empfehlung<br />
von Freun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Presse. Müsste ich<br />
mich für eine Variante entschie<strong>de</strong>n, wür<strong>de</strong><br />
ich immer das Fachgeschäft bevorzugen.»<br />
Melnitz<br />
Charles Lewinsky<br />
772 Seiten<br />
CHF 19.90<br />
dtv<br />
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Aus <strong>de</strong>m<br />
Schatten<br />
<strong>de</strong>s Wahnsinns<br />
Argentinien feiert sein zweihun<strong>de</strong>rtjähriges<br />
Jubiläum – und ist <strong>die</strong>sjähriger<br />
Eh<strong>ren</strong>gast an <strong>de</strong>r Frankfurter<br />
Buchmesse. Aus <strong>die</strong>sem Anlass stellt<br />
«books» einige <strong>de</strong>r vielen Neuerscheinungen<br />
aus <strong>de</strong>m Land <strong>de</strong>r Gauchos<br />
vor.<br />
Text: Benjamin Gygax<br />
Die Frankfurter Buchmesse hat eine Liste mit<br />
über 100 <strong>de</strong>utschsprachigen Neuerscheinungen<br />
aus Argentinien zusammengestellt. Sie<br />
zeugen vom regen literarischen Schaffen im<br />
südamerikanischen Land. Kaum ein Buch ist<br />
<strong>de</strong>r Staatsgründung gewidmet, <strong>die</strong> sich 2010<br />
jährt. Viel öfter beschäftigt <strong>die</strong> Autorinnen<br />
und Auto<strong>ren</strong> <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s dagegen <strong>die</strong> bleierne<br />
Zeit <strong>de</strong>r Militärdiktatur. Sie begann 1976, als<br />
<strong>die</strong> Militärs mit einem Putsch <strong>die</strong> Macht im<br />
krisengeschüttelten Land übernahmen. Unter<br />
<strong>de</strong>m euphemistischen Titel «Prozess <strong>de</strong>r Nationalen<br />
Reorganisation» errichtete <strong>die</strong> Militärjunta<br />
<strong>de</strong>r «Monteneros» eine konservative<br />
Diktatur und tötete in ihrem «schmutzigen<br />
Krieg» gegen oppositionelle Guerilleros etwa<br />
2300 Menschen, bis zu 30’000 weitere verschwan<strong>de</strong>n<br />
für immer. 1983 brach <strong>die</strong> argentinische<br />
Militärdiktatur unter <strong>de</strong>r Last einer<br />
Wirtschaftskrise und <strong>de</strong>s verlo<strong>ren</strong>en Falklandkriegs<br />
zusammen.<br />
«Nationale Reorganisation» als<br />
kollektives Trauma<br />
Das Schicksal <strong>de</strong>r «Desaparecidos», <strong>de</strong>r vielen<br />
Verschwun<strong>de</strong>nen, verfolgt Argentinien<br />
bis heute. Sinnlich und berüh<strong>ren</strong>d umkreist<br />
<strong>de</strong>r kürzlich mit 76 Jah<strong>ren</strong> verstorbene Altmeister<br />
Tomás Eloy Martínez das Thema<br />
in seinem letzten Werk «Purgatorio». Das<br />
Purgatorium o<strong>de</strong>r Fegefeuer ist nach katholischem<br />
Glauben jener Ort, wo <strong>die</strong> Unreinen<br />
bis zur Aufnahme in <strong>de</strong>n Himmel geläutert<br />
wer<strong>de</strong>n. Die Qual <strong>de</strong>r Verstorbenen besteht<br />
darin, dass sie zwar <strong>die</strong> Gegenwart und Liebe<br />
Gottes spü<strong>ren</strong>, sich <strong>die</strong>ser Liebe aber wegen<br />
ihrer Sün<strong>de</strong>n nicht würdig fühlen. Martínez<br />
schil<strong>de</strong>rt eine irdische Form <strong>de</strong>s Fegefeuers:<br />
Emilias Ehemann verschwin<strong>de</strong>t kurz nach<br />
<strong>de</strong>r Hochzeit in einem Polizeigefängnis. Zeugen<br />
berichten später von seinem Tod, <strong>doch</strong><br />
Emilia wird ihr Leben lang auf <strong>de</strong>r Suche<br />
nach ihrem Símon von Ort zu Ort getrieben.<br />
Nach Jahrzehnten glaubt sie, ihm in New<br />
Jersey wie<strong>de</strong>r zu begegnen.<br />
Verschwin<strong>de</strong>n, um aufzufallen?<br />
Der vielschichtige Roman ist eine scharfe politische<br />
Abrechnung mit <strong>de</strong>r argentinischen<br />
Diktatur und zugleich eine herzzerreissen<strong>de</strong><br />
Geschichte über eine Familie, über unerfüllte<br />
Liebe und übers Älterwer<strong>de</strong>n. «Vielen Leuten<br />
ist je<strong>de</strong>s Mittel recht, um aufzufallen,<br />
und sie verschwin<strong>de</strong>n einzig und allein, da-<br />
Saison<br />
mit man sie nicht vergisst», kommentiert <strong>de</strong>r<br />
Aal – gemeint ist Militärdiktator Vi<strong>de</strong>la – Símons<br />
Verschwin<strong>de</strong>n. Damit verdreht er das<br />
Schicksal <strong>de</strong>r Desaparecidos grotesk – und<br />
spricht <strong>doch</strong> etwas Wahres aus. Emilia bleibt<br />
gefangen in <strong>de</strong>r gemeinsamen <strong>Vergan</strong>genheit<br />
mit Símon, weil ihr <strong>die</strong> Wahrheit und ein Abschied<br />
verwehrt bleiben.<br />
Ähnliche Themen berührt auch «Die blin<strong>de</strong><br />
Küste» von Carlos María Domínguez. In<br />
poetischer Sprache beschreibt er das Aufeinan<strong>de</strong>rtreffen<br />
<strong>de</strong>s 50-jährigen Arturo Balz mit<br />
<strong>de</strong>r jungen Tramperin Camboya. Sie tasten<br />
sich im Gespräch an eine <strong>Vergan</strong>genheit heran,<br />
<strong>die</strong> bei<strong>de</strong> verbin<strong>de</strong>t.<br />
Schreiben im Exil und gegen das<br />
Vergessen<br />
Die argentinische Literatur versteht sich<br />
zwar als Teil <strong>de</strong>s gemeinsamen mittel- und<br />
südamerikanischen kulturellen Erbes. Das<br />
Einwan<strong>de</strong>rungsland hat aber traditionell<br />
eine enge Bindung zu Europa – vor allem zu<br />
Frankreich. Weil viele Auto<strong>ren</strong> wäh<strong>ren</strong>d <strong>de</strong>r<br />
Diktatur im französischen Exil lebten, sind<br />
<strong>die</strong> Bezüge noch stärker gewor<strong>de</strong>n. Auch<br />
Laura Alcoba floh mit ihrer Mutter im Al-<br />
books – September 2010 – 29
Saison<br />
ter von zehn Jah<strong>ren</strong> vor <strong>de</strong>r Diktatur nach<br />
Paris. In ihrem kurzen biografischen Roman<br />
«Das Kaninchenhaus» schil<strong>de</strong>rt sie das Leben<br />
im Untergrund aus <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>s<br />
Mädchens. Lange hatte Laura Alcoba <strong>die</strong><br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit ihrer <strong>Vergan</strong>genheit<br />
gescheut und aufs Alter verschoben. Doch<br />
plötzlich hielt sie das Warten nicht mehr<br />
aus. «Ich wer<strong>de</strong> von <strong>die</strong>sem argentinischen<br />
Wahnsinn schreiben und von <strong>de</strong>n Menschen,<br />
<strong>die</strong> durch seine Gewalt zerstört wor<strong>de</strong>n<br />
sind», schreibt Alcoba. Sie schil<strong>de</strong>rt ihre<br />
Erinnerungen so lakonisch wie eindringlich:<br />
<strong>die</strong> Besuche bei ihrem Vater im Gefängnis,<br />
das konspirative Leben im Untergrund, das<br />
Ringen um einen normalen Kin<strong>de</strong>ralltag,<br />
das tragische En<strong>de</strong> ihrer Schicksalsgefährten.<br />
Die Erzählung <strong>de</strong>s kleinen Mädchens zeigt<br />
drastisch, wie schnell Kin<strong>de</strong>r sich an so unmenschliche<br />
Lebensbedingungen anpassen –<br />
und wie sehr sie gleichzeitig damit überfor<strong>de</strong>rt<br />
sind.<br />
Generation ohne Eltern<br />
«76» nennt Félix Bruzzone seine zweite<br />
grössere Publikation nach <strong>de</strong>m viel beachteten<br />
Erstling «Los topos». Der karge Titel be-<br />
zieht sich zugleich auf das Datum <strong>de</strong>r Machtergreifung<br />
und das Geburtsjahr <strong>de</strong>s Autors.<br />
Félix Bruzzone steht für eine Generation von<br />
jungen Argentiniern, <strong>die</strong> ohne Eltern aufgewachsen<br />
sind; auch <strong>die</strong> Eltern <strong>de</strong>s Primarlehrers<br />
und Literaturwissenschaftlers sind «Verschwun<strong>de</strong>ne».<br />
In «76» verbin<strong>de</strong>t Bruzzone<br />
acht Erzählungen. Präzis und eindrücklich,<br />
aber unprätentiös schil<strong>de</strong>rt er Kindheitserinnerungen,<br />
Anekdoten aus <strong>de</strong>r Jugend und<br />
Alltagsszenen. Sie han<strong>de</strong>ln von Kin<strong>de</strong>rn, ih<strong>ren</strong><br />
Grosseltern, von Jugendfreun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />
Lastwagenfahrern – und eines verbin<strong>de</strong>t sie<br />
alle: Mütter und Väter fehlen. So spannt<br />
Félix Bruzzone unaufdringlich <strong>die</strong> tragische<br />
<strong>Vergan</strong>genheit als gemeinsamen Hintergrund<br />
für seine Geschichten auf.<br />
Die <strong>Vergan</strong>genheit als Thriller<br />
Zur gleichen jungen Generation wie Alcoba<br />
und Bruzzone gehört auch Marcelo Figueras.<br />
Er nähert sich <strong>de</strong>r <strong>Vergan</strong>genheit je<strong>doch</strong><br />
viel unbeschwerter an. Schon nach wenigen<br />
Seiten wird offensichtlich, dass <strong>de</strong>r Verfasser<br />
von «Der Spion <strong>de</strong>r Zeit» auch als Drehbuchautor<br />
arbeitet. Wenn sich in <strong>de</strong>r fiktiven<br />
ehemaligen Militärdiktatur Trinidad ein<br />
NEU<br />
Weggesperrt —<br />
Warum Tausen<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Schweiz<br />
unschuldig hinter Gittern sassen<br />
144 Seiten, 1. Auflage September 2010<br />
«Argentinische Literatur<br />
lässt sich nicht<br />
auf <strong>Vergan</strong>genheits<strong>bewältigung</strong><strong>reduzie</strong><strong>ren</strong>,<br />
<strong>doch</strong> <strong>die</strong> <strong>Vergan</strong>genheit<br />
durchzieht<br />
<strong>die</strong> meisten Veröffentlichungen.»<br />
Beobachter-Buchverlag, Postfach, 8021, Zürich<br />
www.beobachter.ch/buchshop<br />
30 Auch – books in Ihrer – September Buchhandlung 2010 erhältlich! Wissen, was wichtig ist.<br />
Täter grausam an <strong>de</strong>n fünf Generälen rächt,<br />
klingt <strong>die</strong>se I<strong>de</strong>e ein bisschen nach «Inglorious<br />
Basterds»; und das Vorgehen <strong>de</strong>s Täters<br />
erinnert an <strong>de</strong>n düste<strong>ren</strong> Thriller «Seven».<br />
Kommissar Van Upp, <strong>die</strong> Hauptfigur <strong>de</strong>s<br />
Buchs, verbrachte <strong>die</strong> Zeit <strong>de</strong>r Diktatur in<br />
einer psychiatrischen Klinik. Der scharfsinnige<br />
Shakespeare-Liebhaber wird jetzt zwar<br />
als Son<strong>de</strong>rling argwöhnisch beäugt, dafür<br />
hat ihm <strong>de</strong>r Klinikaufenthalt das gefährliche<br />
Lavie<strong>ren</strong> zwischen <strong>de</strong>n Erwartungen <strong>de</strong>r<br />
Machthaber und seinem Gewissen erspart.<br />
Als Van Upp zum Chefermittler im Mordfall<br />
Soeben erschienen!<br />
Unschuldig hinter Gittern<br />
Wer nicht «recht tat», wur<strong>de</strong> eingesperrt —<br />
ohne Gerichtsurteil. Das neue Beobachter-Werk<br />
folgt <strong>de</strong>n Spu<strong>ren</strong> <strong>de</strong>r administrativ Versorgten.<br />
«Weggesperrt» schil<strong>de</strong>rt eindrücklich, warum<br />
unschuldige junge Menschen in <strong>de</strong>r Schweiz<br />
wie Straftäter behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n. Beobachter-<br />
Redaktor Dominique Strebel bringt Licht in ein<br />
dunkles Kapitel Schweizer Geschichte.
zweier Junta-Mitglie<strong>de</strong>r gemacht wird, weiss<br />
niemand so richtig, ob man ihm wegen seiner<br />
siche<strong>ren</strong> Spürnase vertraut o<strong>de</strong>r ob er schon<br />
mal als Sün<strong>de</strong>nbock für erfolglose Ermittlungen<br />
in Position gebracht wird. Figueras<br />
verbin<strong>de</strong>t seinen scharfen Blick auf <strong>die</strong> politische<br />
Geschichte Argentiniens mit packen<strong>de</strong>n<br />
Charakterisierungen und unterhält auf kluge<br />
Weise.<br />
Sich erinnern, um zu vergessen<br />
Argentinische Literatur lässt sich sicher nicht<br />
auf <strong>Vergan</strong>genheits<strong>bewältigung</strong> <strong>reduzie</strong><strong>ren</strong>;<br />
und wer bei argentinischen Autorinnen und<br />
Auto<strong>ren</strong> an<strong>de</strong>re Themen als <strong>die</strong> Militärdiktatur<br />
sucht, wird sie fin<strong>de</strong>n. Doch <strong>die</strong> <strong>Vergan</strong>genheit<br />
durchzieht <strong>die</strong> meisten Veröffentlichungen<br />
<strong>de</strong>r Literaturschaffen<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m<br />
lateinamerikanischen Land. Laura Alcoba<br />
bringt ihr persönliches Motiv dafür in <strong>de</strong>r<br />
Einleitung zum «Kaninchenhaus» auf <strong>de</strong>n<br />
Punkt: «Wenn ich jetzt mein Gedächtnis<br />
anst<strong>ren</strong>ge, um vom Argentinien <strong>de</strong>r Monteneros<br />
zu sprechen, von <strong>de</strong>r Diktatur und<br />
<strong>de</strong>m Terror, und das alles aus <strong>de</strong>r Sicht eines<br />
Kin<strong>de</strong>s, dann geht es mir weniger darum,<br />
mich zu erinnern, als herauszufin<strong>de</strong>n, ob ich<br />
danach anfangen kann zu vergessen.» Damit<br />
dürfte sie auch für viele an<strong>de</strong>re sprechen.<br />
Purgatorio<br />
Tomás Eloy Martínez<br />
297 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
S. Fischer<br />
Die blin<strong>de</strong> Küste<br />
Carlos María Domínguez<br />
137 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Suhrkamp<br />
Das Kaninchenhaus<br />
Laura Alcoba<br />
118 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Insel<br />
76<br />
Felix Bruzzone<br />
160 Seiten<br />
CHF 25.90<br />
Be<strong>ren</strong>berg<br />
Der Spion <strong>de</strong>r Zeit<br />
Marcelo Figueras<br />
281 Seiten<br />
CHF 29.90<br />
Nagel & Kimche<br />
Die Liste <strong>de</strong>r 100 Neuerscheinungen aus Argentinien<br />
kann herunter gela<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n unter www.buchmesse.<strong>de</strong>/eh<strong>ren</strong>gast.<br />
Facetten von Argentinien<br />
bgy. Wer Argentinien nicht nur aus Büchern erfah<strong>ren</strong><br />
will, son<strong>de</strong>rn eine Reise dorthin plant,<br />
<strong>de</strong>m sei <strong>die</strong> «Gebrauchsanweisung für Argentinien»<br />
von Christian Thiele empfohlen. Wie<br />
alle Bücher aus <strong>die</strong>ser Reihe bietet auch jenes<br />
über Argentinien keine konkreten Reiseinformationen,<br />
son<strong>de</strong>rn vielfältige Eindrücke: aus<br />
<strong>de</strong>r Weite Patagoniens, aus <strong>de</strong>r Pampa o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Metropole Buenos Aires, zum lateinamerikanischen<br />
Temperament und zu europäischen<br />
Einflüssen. Thiele berichtet über Maradona,<br />
über <strong>de</strong>n Grabwächter von Evita Perón, einen<br />
Rin<strong>de</strong>rauktionator und eine jener bekannten<br />
Mütter vom Plaza <strong>de</strong> Mayo, <strong>die</strong> unermüdlich<br />
nach <strong>de</strong>m Verbleib ihrer verschwun<strong>de</strong>nen Söhne<br />
fragen. Die Schil<strong>de</strong>rungen sind so vielseitig<br />
und lebendig, dass sie bestens auf einen Besuch<br />
<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s vorbereiten – und auch jene<br />
unterhalten, <strong>die</strong> jetzt nicht nach Argentinien<br />
reisen können.<br />
Gebrauchsanweisung<br />
Argentinien<br />
Christian Thiele<br />
224 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
Piper<br />
Saison<br />
books – September 2010 – 31
Orell Füssli<br />
«Wir wollen <strong>die</strong><br />
Kun<strong>de</strong>n gezielter<br />
ansprechen»<br />
Die Orell Füssli Holding hat seit Mai <strong>die</strong>ses Jahres einen neuen CEO: Michel<br />
Kunz. Der 51-Jährige war zuvor Konzernleiter <strong>de</strong>r Post. Im Gespräch mit books<br />
verrät er, was <strong>die</strong> Kundinnen und Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Orell-Füssli-Buchhandlungen von<br />
ihm erwarten dürfen.<br />
Interview: Marius Leutenegger und Benjamin Gygax<br />
books: Michel Kunz, in wenigen Wort: Wer<br />
sind Sie?<br />
Michel Kunz: Nun, ich bin ein sehr aktiver<br />
Mensch. Meist habe ich zu wenig Zeit<br />
für meine Interessen und muss <strong>de</strong>shalb Prioritäten<br />
setzen; dann bin ich vor allem in<br />
<strong>de</strong>r Natur, als Ausgleich zu meiner Bürotätigkeit.<br />
Sie wa<strong>ren</strong> Chef <strong>de</strong>r Post, eines Unternehmens<br />
mit 58‘000 Mitarbeiten<strong>de</strong>n. Jetzt<br />
sind Sie Chef <strong>de</strong>r Orell Füssli Holding mit<br />
rund 1100 Mitarbeiten<strong>de</strong>n. Was hat Sie an<br />
<strong>de</strong>r neuen Aufgabe gereizt?<br />
Die Grösse eines Unternehmens ist natürlich<br />
nicht das einzige Kriterium, wie spannend<br />
eine Arbeit ist. Meine unternehmerische<br />
Verantwortung bei Orell Füssli ergibt<br />
einen grösse<strong>ren</strong> Handlungsspielraum, als<br />
<strong>die</strong>s bei <strong>de</strong>r Post <strong>de</strong>r Fall war.<br />
Spielt es für einen Manager überhaupt eine<br />
Rolle, in welcher Branche er tätig ist?<br />
Ich bin überzeugt: Man muss an <strong>de</strong>r Branche,<br />
in <strong>de</strong>r man arbeitet, Freu<strong>de</strong> haben. Es<br />
braucht eine gewisse Affinität. Bei mir ist sie<br />
hinsichtlich Buchhan<strong>de</strong>l auf je<strong>de</strong>n Fall gegeben:<br />
Ich lese viel und gehe gern und oft in<br />
Buchhandlungen, um ein wenig zu stöbern.<br />
Weiss ich hingegen genau, was ich will,<br />
bestelle ich <strong>de</strong>n Titel häufig im Internet.<br />
Was lesen Sie am liebsten?<br />
Bücher müssen mir einen Mehrwert bringen.<br />
Bei Sachbüchern besteht er in Wissen,<br />
bei Romanen in <strong>de</strong>r Unterhaltung. Seit ich<br />
bei Orell Füssli arbeite, lese ich vor allem<br />
Bücher, <strong>die</strong> wir selbst verlegen. Jetzt habe<br />
ich gera<strong>de</strong> mit «Eudora» von Urs Jäggi be-<br />
32 – books – September 2010<br />
gonnen, das mir gut gefällt. Ausser<strong>de</strong>m interessie<strong>ren</strong><br />
mich Sachbücher, im Moment<br />
vor allem solche über <strong>die</strong> Entstehung <strong>de</strong>r<br />
Er<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n Klimawan<strong>de</strong>l.<br />
Wer<strong>de</strong>n Sie als CEO auch Einfluss nehmen<br />
auf das Programm <strong>de</strong>s Orell-Füssli-Verlags –<br />
und Bücher zu Ih<strong>ren</strong> Lieblingsthemen vorschlagen?<br />
Ich gehe davon aus, dass mir eine gewisse<br />
Einflussnahme zugestan<strong>de</strong>n wird. Als CEO<br />
erhalte ich ja auch viele Anfragen von Auto<strong>ren</strong>.<br />
Die Titel müssten natürlich ins Programm<br />
passen.<br />
«Bücher wer<strong>de</strong>n auch<br />
künftig primär in<br />
gedruckter Form verlangt<br />
wer<strong>de</strong>n – aber<br />
wir wer<strong>de</strong>n sie in<br />
zunehmen<strong>de</strong>m Mass<br />
auch digital anbieten.»<br />
Wofür steht Orell Füssli?<br />
Ich habe mich umgehört: Die Marke Orell<br />
Füssli ist sehr positiv besetzt. Es gibt aber<br />
grosse regionale Unterschie<strong>de</strong>. In Bern<br />
wird Orell Füssli vor allem als Druckerei<br />
<strong>de</strong>s Schweizer Gel<strong>de</strong>s wahrgenommen, in<br />
Zürich bringt man das Unternehmen vorwiegend<br />
mit <strong>de</strong>m Buchhan<strong>de</strong>l und <strong>de</strong>m<br />
Verlag in Verbindung. Gewisse Aktivitäten<br />
von uns sind in <strong>de</strong>r Schweiz kaum bekannt<br />
– etwa unsere Division Atlantic Zeiser, <strong>die</strong><br />
weltweit industrielle Anlagen und Technologien<br />
zur digitalen Ko<strong>die</strong>rung und Beschriftung<br />
liefert.<br />
Ist <strong>die</strong> starke Diversifizierung <strong>de</strong>r Orell-<br />
Füssli-Gruppe – vom Buchverlag über <strong>de</strong>n<br />
Buchhan<strong>de</strong>l und <strong>de</strong>n Sicherheitsdruck bis<br />
zu <strong>de</strong>n Industrietätigkeiten mit Atlantic<br />
Zeiser – eigentlich ein Vor- o<strong>de</strong>r ein Nachteil?<br />
Analysten schätzen <strong>die</strong>ses Mo<strong>de</strong>ll nicht<br />
sehr, weil es <strong>die</strong> Bewertung <strong>de</strong>r Zukunftsaussichten<br />
unseres Unternehmens erschwert.<br />
Ich fin<strong>de</strong> unsere Diversifizierung<br />
aber gut, wir sind damit breit abgestützt<br />
und verteilen <strong>die</strong> Risiken. In <strong>de</strong>r aktuellen<br />
Wirtschaftsflaute ist es <strong>de</strong>m Buchhan<strong>de</strong>l<br />
zum Beispiel immer noch recht gut gegangen.<br />
Was ist von Ihnen als CEO <strong>de</strong>r Orell Füssli<br />
Holding zu erwarten?<br />
Ich bin wohl Ingenieur, handle aber als<br />
Unternehmer, <strong>de</strong>r alle wesentlichen Geschäftstätigkeiten<br />
weite<strong>ren</strong>twickeln wird.<br />
Der Buchhan<strong>de</strong>l hat für Orell Füssli auch<br />
in Zukunft eine sehr grosse Be<strong>de</strong>utung.<br />
Der Buchhan<strong>de</strong>l steht allerdings vor gewaltigen<br />
Umwälzungen: Die digitale Revolution<br />
verän<strong>de</strong>rt das Verhalten <strong>de</strong>r Kundinnen<br />
und Kun<strong>de</strong>n, es gibt klare Konzentrationsten<strong>de</strong>nzen.<br />
Auf <strong>die</strong> Fragen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Umwälzungen<br />
aufwerfen, müssen wir natürlich passen<strong>de</strong><br />
Antworten fin<strong>de</strong>n. Dank meinen frühe<strong>ren</strong><br />
Tätigkeiten bei <strong>de</strong>r Post habe ich viel Erfahrung<br />
mit <strong>de</strong>r Logistik – mit Einkauf und<br />
Wa<strong>ren</strong>flüssen. Ich <strong>de</strong>nke, in <strong>die</strong>sen Bereichen<br />
gibt es bei uns ein gewisses Optimierungspotenzial,<br />
das uns auch im Preiswettbewerb<br />
nützt. Ein sehr wichtiges Thema ist<br />
<strong>de</strong>r Zugewinn <strong>de</strong>s Internets als Verkaufskanal<br />
auf Kosten <strong>de</strong>s Flächenbuchhan<strong>de</strong>ls;<br />
damit beschäftige ich mich intensiv.<br />
Welche Zukunft erwarten Sie?<br />
Bei <strong>de</strong>r Post hörten wir schon vor zehn<br />
Jah<strong>ren</strong>, <strong>die</strong> Zeit <strong>de</strong>s Briefs sei vorbei, <strong>die</strong><br />
elektronische Post wer<strong>de</strong> unsere Dienstleistungen<br />
obsolet machen. Tatsächlich<br />
hat sich viel verän<strong>de</strong>rt – aber nicht in <strong>de</strong>m<br />
Ausmass, das man erwartete. Auch bei <strong>de</strong>n<br />
Zeitungen spricht man schon lange davon,<br />
sie wür<strong>de</strong>n verschwin<strong>de</strong>n, <strong>doch</strong> sie existie-
en noch immer. Diese bei<strong>de</strong>n Fälle zeigen<br />
mir, dass es kein «Entwe<strong>de</strong>r-o<strong>de</strong>r» gibt,<br />
son<strong>de</strong>rn ein «Sowohl-als-auch». Bücher<br />
wer<strong>de</strong>n auch künftig in gedruckter Form<br />
verlangt wer<strong>de</strong>n – aber wir wer<strong>de</strong>n sie in<br />
zunehmen<strong>de</strong>m Mass auch digital anbieten.<br />
In fünf bis zehn Jah<strong>ren</strong> wer<strong>de</strong>n Autorinnen<br />
und Auto<strong>ren</strong> wohl auch multimediale Bücher<br />
verfassen, Lesetexte zum Beispiel mit<br />
Vi<strong>de</strong>os anreichen und so weiter. Ich <strong>de</strong>nke,<br />
<strong>de</strong>r neue iPad wird <strong>die</strong> Welt <strong>de</strong>r eRea<strong>de</strong>r<br />
nicht nur auf <strong>de</strong>n Kopf stellen, son<strong>de</strong>rn<br />
auch massgeblich erweitern.<br />
Zu welchen Strategien führt <strong>die</strong>se Entwicklung<br />
bei Orell Füssli?<br />
Wir bauen unser digitales Angebot aus. Gemeinsam<br />
mit <strong>de</strong>n grossen Me<strong>die</strong>nhäusern<br />
<strong>de</strong>r Schweiz und mit <strong>de</strong>r Swisscom sind wir<br />
dabei, einen digitalen Kiosk zu entwickeln;<br />
<strong>de</strong>r Internetauftritt <strong>de</strong>r Orell-Füssli-Buchhandlungen<br />
wird stark weite<strong>ren</strong>twickelt,<br />
damit <strong>die</strong> Kundinnen und Kun<strong>de</strong>n mehr<br />
Nutzen davon haben.<br />
Was be<strong>de</strong>utet <strong>die</strong> Entwicklung fürs Filialnetz?<br />
Die Statistik zeigt: Wer eine Buchhandlung<br />
betritt, gibt im La<strong>de</strong>n etwa gleich viel<br />
Geld aus wie früher. Das Problem ist also<br />
<strong>die</strong> Besucherfrequenz: Wie bringen wir<br />
genügend Kundinnen und Kun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />
La<strong>de</strong>n? Rentabel betreiben kann man eine<br />
Buchhandlung eigentlich nur an einer Fre-<br />
quenzlage. Doch gute Lagen wer<strong>de</strong>n immer<br />
teurer, <strong>die</strong> Mieten sind in <strong>de</strong>n letzten Jah<strong>ren</strong><br />
exponentiell gestiegen. Daher sind wir stärker<br />
als früher zu Reaktionen gezwungen,<br />
wenn es irgendwo nicht so gut läuft.<br />
«In Luzern wür<strong>de</strong>n<br />
wir gern einen guten<br />
Standort fin<strong>de</strong>n.»<br />
Gibt es umgekehrt Pläne, das Filialnetz zu<br />
erweitern?<br />
In Luzern wür<strong>de</strong>n wir gern einen guten<br />
Standort fin<strong>de</strong>n. Und selbstverständlich<br />
prüfen wir Möglichkeiten, bestehen<strong>de</strong> Anbieter<br />
an guten Lagen zu übernehmen –<br />
<strong>de</strong>nn mit solchen Übernahmen haben wir<br />
eigentlich nie negative Überraschungen<br />
erlebt.<br />
Wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Kundinnen und Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Orell-Füssli-Filialen überhaupt spü<strong>ren</strong>,<br />
dass <strong>die</strong> Holding einen neuen CEO hat?<br />
Was ich auf je<strong>de</strong>n Fall för<strong>de</strong>rn wer<strong>de</strong>, ist <strong>die</strong><br />
individuelle Kun<strong>de</strong>nansprache mit Marketingmassnahmen.<br />
Wir wollen unsere Kun<strong>de</strong>n<br />
gezielt auf neue Angebote aufmerksam<br />
machen, <strong>die</strong> ih<strong>ren</strong> Interessen entsprechen.<br />
Die Holding, <strong>die</strong> Sie jetzt leiten, geht zurück<br />
auf eine Zürcher Druckerei mit Jahr-<br />
Der neue CEO von<br />
Orell Füssli<br />
Orell Füssli<br />
Michel Kunz stu<strong>die</strong>rte an <strong>de</strong>r ETH Zürich Elektrotechnik<br />
und besitzt <strong>de</strong>n Master in Business<br />
Administration. Er arbeitete bei <strong>de</strong>r damaligen<br />
BBC, bei Schweizer Electronics und bei<br />
Ascom. National bekannt machte ihn seine<br />
Tätigkeit bei <strong>de</strong>r Post: Er war Leiter Systementwicklung<br />
bei PostFinance, Leiter <strong>de</strong>r Informatik<br />
<strong>de</strong>r Post, Leiter <strong>de</strong>r PaketPost, Leiter<br />
Post Logistics und PostMail. 2009 war er als<br />
Nachfolger von Ulrich Gygi acht Monate lang<br />
Konzernleiter <strong>de</strong>r Post; ein Zerwürfnis mit <strong>de</strong>m<br />
(inzwischen ausgewechselten) VR-Präsi<strong>de</strong>nten<br />
führte zu seiner Absetzung. Michel Kunz lebt in<br />
<strong>de</strong>r Nähe von Bern, ist verheiratet und Vater<br />
zweier erwachsener Töchter. Als seine Hobbys<br />
bezeichnet er Wan<strong>de</strong>rn, Fitness und <strong>die</strong> Natur.<br />
gang 1519. Was be<strong>de</strong>utet es, einem so alten<br />
Unternehmen vorzustehen?<br />
Ein Manager hat immer nur eine Verantwortung<br />
auf Zeit. Es wäre daher völlig<br />
falsch, etwas zu zerschlagen, was seit Jah<strong>ren</strong><br />
aufgebaut wur<strong>de</strong>, nur weil man sich<br />
profilie<strong>ren</strong> will. Ich plane keine Abenteuer,<br />
je<strong>de</strong>r Schritt muss wohlüberlegt erfolgen.<br />
books – September 2010 – 33
Fantastisch!<br />
Ein junge Orell-Füssli-Mitarbeiterin<br />
präsentiert Neuerscheinungen und<br />
Geheimtipps aus <strong>de</strong>m Fantasy-Genre:<br />
Bücher für alle, <strong>die</strong> sich gern in frem<strong>de</strong><br />
Welten entfüh<strong>ren</strong> lassen.<br />
Aufzeichnung: Marius Leutenegger<br />
«Noch ist <strong>die</strong> Vampir-Welle in <strong>de</strong>r Fantasy-<br />
Welt nicht abgeflaut – und bereits kündigt<br />
sich <strong>die</strong> nächste Welle an: Sie beschert uns<br />
Engel als Hauptfigu<strong>ren</strong>. Ein eindrücklicher<br />
Vertreter <strong>de</strong>s neuen T<strong>ren</strong>ds ist ‚Engelsnacht‘<br />
von Lau<strong>ren</strong> Kate. Der Roman han<strong>de</strong>lt von<br />
<strong>de</strong>r 17-jährigen Luce, <strong>die</strong> in eine Erziehungsanstalt<br />
eingewiesen wird. Sie ist eigentlich ein<br />
braves Mädchen, aber sie wur<strong>de</strong> für einen<br />
Brand an ihrer frühe<strong>ren</strong> Schule verantwortlich<br />
gemacht. Als sie in <strong>die</strong> Erziehungsanstalt<br />
kommt, ist Luce sehr verunsichert – kein<br />
Wun<strong>de</strong>r, viele <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen<br />
wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Lehrern regelrecht gequält.<br />
Allmählich lernt sie aber neue Freundinnen<br />
kennen. Und schliesslich begegnet sie Daniel,<br />
einem umwerfen<strong>de</strong>n, geheimnisvollen<br />
34 – books – September 2010<br />
Jungen. Er hält sich allerdings auf auffällige<br />
Weise von ihr fern. Im Laufe <strong>de</strong>r Geschichte<br />
gerät Luce immer wie<strong>de</strong>r in gefährliche Situationen,<br />
in <strong>de</strong>nen ihr Daniel aus <strong>de</strong>r Patsche<br />
hilft. Schliesslich beginnt Luce nachzuforschen,<br />
was mit Daniel nicht stimmt; bei <strong>de</strong>r<br />
letzten Rettung hatte sie nämlich das Gefühl,<br />
er flöge mit ihr durch <strong>die</strong> Luft. Schliesslich<br />
kommt es zum grossen, actiongela<strong>de</strong>nen Finale<br />
– und zu einer mehr als überraschen<strong>de</strong>n<br />
Auflösung.<br />
Ich habe in letzter Zeit viele Bücher über<br />
Engel gelesen, <strong>die</strong> meisten davon fand ich<br />
seicht und nichtssagend. ‚Engelsnacht‘ gefiel<br />
mir hingegen sehr: Das Buch ist spannend<br />
geschrieben, man kann <strong>die</strong> Handlung nicht<br />
ständig erahnen, <strong>die</strong> Personenbeschreibungen<br />
fin<strong>de</strong> ich sehr einfühlsam. Die Atmosphäre<br />
ist allerdings recht düster und zuweilen<br />
hoffnungslos, das muss man natürlich<br />
mögen, damit einem das Buch gefällt. Interessant<br />
fin<strong>de</strong> ich, dass Engel in vielen Fantasy-<br />
Büchern ähnlich dargestellt wer<strong>de</strong>n wie Vampire:<br />
als Wesen, <strong>die</strong> eben auch nur Menschen<br />
sind. Wäh<strong>ren</strong>d <strong>die</strong> Vampire aber durch gute<br />
Seiten überraschen, zeigen <strong>die</strong> Engel jetzt<br />
einige schwierige Charakterzüge. Die Fantasy-Engel<br />
sind übrigens gleich wie <strong>die</strong> biblischen<br />
Engel. ‚Engelsnacht’ ist <strong>de</strong>nnoch kein<br />
religiöses Buch, auch wenn sich <strong>die</strong> Autorin<br />
gelegentlich auf biblische Engelsgeschichten<br />
bezieht. Ich bin überzeugt, dass <strong>die</strong>ses Erstlingswerk<br />
<strong>de</strong>r New Yorkerin Lau<strong>ren</strong> Kate ein<br />
grosser Erfolg wird – und dass <strong>die</strong> Fortsetzung<br />
nicht lange auf sich warten lässt.<br />
Keinen zweiten Band wird es vom nächsten<br />
Buch geben, das ich Ihnen ans Herz lege: ‚Urbat<br />
– Die dunkle Gabe’ von Bree Despain<br />
ist eine abgeschlossene Geschichte. Die<br />
16-jährige Grace Divine, Tochter eines Dorfpastors,<br />
führt ein ganz normales Leben in<br />
einer typischen US-amerikanischen Vorstadt.<br />
Eines Tages kommt sie in <strong>die</strong> Schule – und<br />
begegnet Daniel. Ja, <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n männlichen<br />
Hauptfigu<strong>ren</strong> meiner Empfehlungen heissen<br />
genau gleich. Dieser Daniel hier war <strong>die</strong> erste<br />
grosse Liebe von Grace. Rückblen<strong>de</strong>: Man<br />
erfährt, dass Daniel einst <strong>de</strong>r Nachbarsjunge
Katharina Iten<br />
Katharina Iten, 23, arbeitet am Kun<strong>de</strong>n<strong>die</strong>nst<br />
bei Orell Füssli Kramhof an <strong>de</strong>r Zürcher Bahnhofstrasse.<br />
Sie lebt in Dübendorf. Fantasy-<br />
Bücher liebt sie, weil «<strong>die</strong> Geschichten in einer<br />
an<strong>de</strong><strong>ren</strong> Welt spielen, aber meistens sehr<br />
realistisch klingen – und weil sie fast immer<br />
ein Happyend haben». Darüber hinaus ist sie<br />
süchtig nach Filmen und TV-Serien. «Als ich<br />
<strong>die</strong> letzte Staffel von ‚Veronica Mars’ in <strong>die</strong><br />
Hän<strong>de</strong> bekam, hatte ich nachher viereckige<br />
Augen», erinnert sich <strong>die</strong> ehemalige Eiskunstläuferin.<br />
von Graces Familie war und von seinem Vater<br />
ständig misshan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. Er verbrachte<br />
viel Zeit mit Graces Familie und freun<strong>de</strong>te<br />
sich mit ihrem Bru<strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong> an. Als Daniel<br />
schliesslich bei Graces Familie einzog, verän<strong>de</strong>rte<br />
sich sein Charakter, er verlor immer<br />
häufiger <strong>die</strong> Kontrolle über sich selbst. Eines<br />
Nachts lag dann Ju<strong>de</strong> blutüberströmt auf <strong>de</strong>r<br />
Veranda – und Daniel war verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Ju<strong>de</strong> erfährt, dass Daniel wie<strong>de</strong>r aufgetaucht<br />
ist. Er nimmt seiner Schwester das Versprechen<br />
ab, dass sie sich nicht mit Daniel trifft.<br />
Sie verspricht es, spürt aber, dass sie noch<br />
immer in Daniel verliebt ist und dass sie ihr<br />
Versprechen nicht wird halten können. Dann<br />
geschehen seltsame Dinge. Eine alte Dame<br />
wird tot auf <strong>de</strong>r Veranda aufgefun<strong>de</strong>n; sie<br />
weist Bissspu<strong>ren</strong> auf, als wäre sie von einem<br />
wil<strong>de</strong>n Tier angeknabbert wor<strong>de</strong>n. Und dann<br />
wird auch noch <strong>de</strong>r kleinere Bru<strong>de</strong>r von Grace<br />
aus seinem Kin<strong>de</strong>rzimmer entführt. Grace<br />
wen<strong>de</strong>t sich an Daniel und geht mit ihm in<br />
<strong>de</strong>n nächtlichen Wald, um <strong>de</strong>n kleinen Bru<strong>de</strong>r<br />
zu suchen. Dort merkt sie, dass Daniel<br />
<strong>die</strong> Witterung <strong>de</strong>s Buben aufnimmt ...<br />
Mehr möchte ich nicht verraten. Nur so viel:<br />
Es geht um eine grosse Liebe, um einen bösen<br />
Fluch, um Erlösung – und, Sie haben es<br />
vielleicht gemerkt, um Werwölfe. Als Leserin<br />
o<strong>de</strong>r Leser erkennt man <strong>de</strong>n Dreh <strong>de</strong>r Geschichte<br />
lange nicht, man wird regelrecht auf<br />
<strong>die</strong> Folter gespannt. Mit hat <strong>de</strong>r Gegensatz<br />
zwischen <strong>de</strong>r unschuldigen und naiven Grace<br />
und <strong>de</strong>m verzweifelten Daniel gut gefallen.<br />
Überhaupt sind <strong>die</strong> Beziehungen zwischen<br />
<strong>de</strong>n Figu<strong>ren</strong> interessant: Da gibt es eine neurotische<br />
Mutter, einen sehr verschlossenen<br />
Bru<strong>de</strong>r und einen immer nur positiven und<br />
sehr religiösen Vater. Die Geschichte wird<br />
flüssig erzählt; viele Fantasy-Romane weisen<br />
ja gewisse Durststrecken auf, bei <strong>de</strong>nen<br />
man etwas durchhalten muss, aber ‚Urbat’<br />
ist von vorn bis hinten spannend. Ich <strong>de</strong>nke<br />
allerdings, dass sich <strong>die</strong>ses Buch eher für ein<br />
weibliches Publikum eignet, <strong>de</strong>nn im Zentrum<br />
steht <strong>die</strong> scheinbar unerreichbare und<br />
auf je<strong>de</strong>n Fall gefährliche Liebe zwischen<br />
Grace und Daniel. Das Buch wird gleichzeitig<br />
in 13 Län<strong>de</strong>rn veröffentlicht und stark<br />
beworben – man kann davon ausgehen, dass<br />
es <strong>de</strong>n Erfolg erzielt, <strong>de</strong>n es auch ver<strong>die</strong>nt.<br />
Kommen wir noch zu zwei nicht ganz neuen<br />
Empfehlungen. ‚Silberlicht’ von Laura<br />
Withcomb lässt sich nicht so leicht zusammenfassen.<br />
Die Hauptfigur Helen ist seit 130<br />
Jah<strong>ren</strong> tot; bei ihrem Tod war sie um <strong>die</strong> 20<br />
Jahre alt. Jetzt schwebt sie als Lichtgestalt<br />
durch <strong>die</strong> Welt und fungiert als Muse; momentan<br />
hat sie sich an einen Lehrer gehängt.<br />
In <strong>de</strong>ssen Schule lernt sie <strong>de</strong>n Schüler James<br />
kennen, <strong>de</strong>r sie zu sehen scheint. Es stellt sich<br />
heraus, dass auch er eine Lichtgestalt ist. Ihm<br />
ist es gelungen, <strong>de</strong>n Körper eines Jungen zu<br />
nutzen, <strong>de</strong>ssen Seele sich verabschie<strong>de</strong>t hat.<br />
Auch Helen fin<strong>de</strong>t einen Körper, in <strong>de</strong>m sie<br />
wie<strong>de</strong>r richtig leben und lieben kann. Doch<br />
dann erkennen <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n Lichtgestalten,<br />
dass sie <strong>die</strong> ursprünglichen Besitzer ihrer<br />
Körper retten müssen. Das alles klingt jetzt<br />
vielleicht alles ein wenig verwir<strong>ren</strong>d, das<br />
Buch ist aber wun<strong>de</strong>rschön geschrieben, fein<br />
und gemächlich wie ein guter Traum. Es gibt<br />
kaum Action, aber sehr viele Stellen, an <strong>de</strong>nen<br />
ich gedacht habe: Ja, genau so ist es, genau<br />
so fühlt es sich an!<br />
Die ‚Biss’-Romane von Stephenie Meyer haben<br />
unzählige Nachahmer gefun<strong>de</strong>n. Wussten<br />
Sie aber, dass <strong>die</strong> Serie auch so etwas wie<br />
einen Vorgänger hat? Laurell K. Hamilton<br />
brachte noch vor ‚Biss’ <strong>die</strong> Anita-Blake-Serie<br />
Fantastisch!<br />
auf <strong>de</strong>n Markt, <strong>die</strong> erste grosse Vampirserie.<br />
Der erste Band heisst ‚Bittersüsse To<strong>de</strong>’.<br />
Erstmals begegnen wir <strong>de</strong>r Hauptfigur Anita<br />
Blake. Die junge, gutaussehen<strong>de</strong> und knallharte<br />
Frau ist eine so genannte Animatorin<br />
– sie erweckt Tote vorübergehend, damit<br />
<strong>die</strong> Verstorbenen zum Beispiel noch einmal<br />
sagen können, wie man ihr Testament interpretie<strong>ren</strong><br />
soll. Im Nebenjob ist Anita Blake<br />
Vampirhenkerin und hilft <strong>de</strong>r Polizei, übernatürliche<br />
Verbrechen aufzu<strong>de</strong>cken. Im ersten<br />
Band wird sie vom Obervampir von St.<br />
Louis engagiert, eine Reihe von mysteriösen<br />
Mordfällen an Vampi<strong>ren</strong> aufzuklä<strong>ren</strong>. Natürlich<br />
löst Anita Blake <strong>de</strong>n Fall – mit spitzer<br />
Zunge und vielen guten Sprüchen. Das Buch<br />
ist sehr rasant und witzig geschrieben. In <strong>de</strong>n<br />
USA hat Laurell K. Hamilton damit einen<br />
riesigen Erfolg erzielt – inzwischen liegen bereits<br />
acht Anita-Blake-Romane vor. Sie alle<br />
bieten beste Unterhaltung!»<br />
Engelsnacht<br />
Lau<strong>ren</strong> Kate<br />
446 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Bertelsmann<br />
Urbat – Die dunkle Gabe<br />
Bree Despain<br />
Bree Despain<br />
431 Seiten<br />
CHF 26.90<br />
Aufbau<br />
Silberlicht<br />
Laura Withcomb<br />
310 Seiten<br />
CHF 24.90<br />
Droemer Knaur<br />
Bittersüsse To<strong>de</strong><br />
Laurell K. Hamilton<br />
397 Seiten<br />
CHF 13.90<br />
Lübbe<br />
books – September 2010 – 35
Fantastisch!<br />
Junge Mitarbeiten<strong>de</strong> von Orell Füssli geben weitere Tipps:<br />
Janine Dübendorfer, 17, arbeitet im ersten<br />
Lehrjahr in <strong>de</strong>r Filiale Zürich-Bellevue. Sie<br />
lebt in Zürich und liest regelmässig Fantasy-<br />
Bücher, weil «mir erfun<strong>de</strong>ne Welten und Geschöpfe<br />
Abwechslung zum Alltag bieten». Ihr<br />
Tipp: «Gegen das Sommerlicht» von Melissa<br />
Marr. «Seit ihrer Geburt besitzt Ashlyn <strong>die</strong><br />
Gabe, Elfen zu sehen, <strong>die</strong> sich frei unter <strong>de</strong>n<br />
Menschen bewegen. Als sich ein Elf plötzlich<br />
für sie zu interessie<strong>ren</strong> scheint, kriegt sie es<br />
mit <strong>de</strong>r Angst zu tun – zumal es sich bei ihm<br />
erst noch um <strong>de</strong>n Sommerkönig han<strong>de</strong>lt. Er<br />
umwirbt sie mit allen Mitteln und verspricht<br />
ihr ein Leben als Königin. Nur sie allein könne<br />
<strong>die</strong> Welt vor <strong>de</strong>r eisigen Wut <strong>de</strong>r Winterkönigin<br />
retten. Ashlyn spürt <strong>die</strong> drohen<strong>de</strong> Gefahr,<br />
<strong>doch</strong> es ist schon zu spät, um sich noch aus<br />
<strong>de</strong>r Affäre ziehen zu können ... Die Autorin<br />
Melissa Marr versteht es, <strong>die</strong> Realität mit <strong>de</strong>r<br />
Fantasie zu vermischen – am En<strong>de</strong> glaubt<br />
man selbst, von unsichtba<strong>ren</strong> Elfen umgeben<br />
zu sein!»<br />
Gegen das Sommerlicht<br />
Melissa Marr<br />
346 Seiten<br />
CHF 17.90<br />
Carlsen<br />
36 – books – September 2010<br />
Fernando Obieta, 20, hat gera<strong>de</strong> seine Buchhändler-Lehre<br />
abgeschlossen. Als Kind bekam<br />
er von seinem Vater <strong>die</strong> Science-fiction-<br />
Romane von Isaac Asimov vorgesetzt. Er<br />
empfiehlt daher für einmal einen Sciencefiction-Titel:<br />
«Das Orakel vom Berge» von<br />
Philip K. Dick. «Der Autor ist eine sehr interessante<br />
Figur: Er schrieb fast nur für <strong>die</strong><br />
Schubla<strong>de</strong> und wur<strong>de</strong> erst nach seinem Tod<br />
1982 zu einem <strong>de</strong>r wichtigsten Science-fiction-<br />
Schriftsteller; auf seinen Büchern basie<strong>ren</strong> zum<br />
Beispiel <strong>die</strong> Filme ‚Bla<strong>de</strong> Runner’, ‚Total Recall’<br />
und ‚Minority Report’. ‚Das Orakel vom Berge’<br />
ist ein Was-wäre-wenn-Roman: Die Deutschen<br />
und <strong>die</strong> Japaner haben <strong>de</strong>n Zweiten Weltkrieg<br />
gewonnen und <strong>die</strong> USA unter sich aufgeteilt.<br />
Die vier Hauptfigu<strong>ren</strong> versuchen nun, <strong>de</strong>n Dritten<br />
Weltkrieg zu verhin<strong>de</strong>rn. Das alles ist sehr<br />
düster – und sehr faszinie<strong>ren</strong>d. Die Lesen<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n dazu animiert, über ihre eigenes Verständnis<br />
von richtig o<strong>de</strong>r falsch nachzu<strong>de</strong>nken.»<br />
Das Orakel vom Berge<br />
Philip K. Dick<br />
348 Seiten<br />
CHF 18.90<br />
Heyne<br />
Amos König, 18, arbeitet im zweiten Lehrjahr in<br />
<strong>de</strong>r Filiale Kramhof Zürich. Er ist ein enthusiastischer<br />
Leser fantastischer Geschichten. Sein<br />
aktueller Tipp: «Der Elbenschlächter» von<br />
Jens Schumacher und Jens Lossau. «Mord<br />
im Fantasyland! Wenn <strong>die</strong> Stadtwache in Nophelet<br />
nicht mehr weiter weiss, dann kommen<br />
<strong>die</strong> Ermittler <strong>de</strong>s IAIT – <strong>de</strong>s Instituts für angewandte<br />
investigative Thaumaturgie. Sie sind<br />
sozusagen <strong>die</strong> CSI <strong>de</strong>r viktorianisch-fantastisch<br />
anmuten<strong>de</strong>n Stadt. Im Fokus <strong>de</strong>s Buchs<br />
steht das Ermittlerduo Hippolit und Jorge. Die<br />
bei<strong>de</strong>n könnten ungleicher nicht sein. Hippolit<br />
ist ein altehrwürdiger Meister <strong>de</strong>r Magie,<br />
<strong>de</strong>r schon arkane Verbrechen löste, als Jorge<br />
noch in <strong>de</strong>n Win<strong>de</strong>ln steckte. Die fehlen<strong>de</strong><br />
Erfahrung in <strong>de</strong>r hohen Kunst <strong>de</strong>r Thaumaturgie<br />
macht Jorge aber durch sein ‚Feingefühl’<br />
vor Ort wett; er ist sozusagen <strong>de</strong>r ‚Hutch’ <strong>de</strong>s<br />
Duos und provoziert aus investigativen Grün<strong>de</strong>n<br />
auch mal eine Kneipenschlägerei. Wer<br />
etwas Neues ausprobie<strong>ren</strong> möchte und sich<br />
von einer fantastischen Multikulti-Metropole<br />
samt Vampyrghettos, Elbenstrichern und sozialen<br />
Unruhen in <strong>de</strong>n Zwergenminen nicht<br />
abschrecken lässt, bekommt mit <strong>de</strong>m ‚Elbenschlächter’<br />
eine erfrischend dreckige, <strong>doch</strong><br />
humorvolle Alternative.»<br />
Der Elbenschlächter<br />
Jens Schumacher, Jens Lossau<br />
315 Seiten<br />
CHF 19.90<br />
Egmont
Sax<br />
Adolf Muschg<br />
Die drei jungen Rechtsanwälte, <strong>die</strong> in <strong>die</strong> Dachwohnung im Haus «zum<br />
eisernen Zeit» in Münsterburg einziehen, scheinen regelrechte Magneten<br />
für Wie<strong>de</strong>rgänger zu sein. Das beginnt mit <strong>de</strong>m Freiherrn von Sax und<br />
seiner tödlichen Schä<strong>de</strong>lwun<strong>de</strong> und en<strong>de</strong>t mit ... ja, noch nicht einmal<br />
mit <strong>de</strong>m Gespenst <strong>de</strong>s Kommunismus<br />
und <strong>de</strong>n bösen Geistern <strong>de</strong>s 19. und<br />
20. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Und dann ist da auch<br />
noch <strong>die</strong> berühmteste Minnehandschrift<br />
<strong>de</strong>s Mittelalters, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Freiherr einst<br />
als Kriegsbeute mitgehen liess. Die<br />
Handschrift lebt: Wer sie öffnet, wird mit<br />
Haut und Haar hineingezogen.<br />
Spannend, hoch erotisch und visionär:<br />
das Leseabenteuer einer Geisterbeschwörung<br />
à la Adolf Muschg.<br />
459 Seiten<br />
CHF 35.90<br />
C.H. Beck<br />
ISBN 978-3-406-60517-8<br />
Fillory – Die Zauberer<br />
Lev Grossman<br />
Quentin Coldwater steht kurz vor <strong>de</strong>m Abschluss <strong>de</strong>r Highschool. Er ist<br />
hochintelligent, aber vom Alltag gelangweilt. Deshalb flüchtet er sich am<br />
liebsten in <strong>die</strong> fantastischen Romane rund um das magische Land Fillory.<br />
Und plötzlich fin<strong>de</strong>t er sich in einem geheimen College ausserhalb von<br />
New York wie<strong>de</strong>r; sein Verständnis von<br />
Realität und Fantasie wird auf <strong>de</strong>n Kopf<br />
gestellt. Er beginnt, mo<strong>de</strong>rne Zauberei<br />
zu stu<strong>die</strong><strong>ren</strong>, schliesst Freundschaften<br />
– und fin<strong>de</strong>t heraus, dass es Fillory<br />
tatsächlich gibt. Allerdings ist das magische<br />
Land düsterer, als er es sich vorstellte.<br />
Und <strong>die</strong> Reise dorthin, <strong>die</strong> Quentin<br />
und seine neuen Freun<strong>de</strong> machen,<br />
gerät zu einem gefährlichen Abenteuer.<br />
624 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Fischer FJB<br />
ISBN 978-3-8414-2100-5<br />
Buchtipps<br />
Das Haus zur beson<strong>de</strong><strong>ren</strong><br />
Verwendung John Boyne<br />
Russland 1915: Der Bauernjunge Georgi verhin<strong>de</strong>rt in einem Dorf ein Attentat<br />
auf ein Mitglied <strong>de</strong>r Za<strong>ren</strong>familie. Als Dank beruft ihn Zar Nikolaus II.<br />
nach Sankt Petersburg und macht ihn zum Leibwächter seines Sohnes.<br />
Schutzperson und Leibwächter wer<strong>de</strong>n schon bald Freun<strong>de</strong>. Die Za<strong>ren</strong>tochter<br />
Anastasia hingegen wird mehr<br />
als nur ein Freund: Georgi verliebt sich<br />
in sie, wohl wissend, dass <strong>die</strong>se Liebe<br />
verboten ist. Doch dann erhebt sich das<br />
Volk, und Russland gerät in <strong>de</strong>n Sog <strong>de</strong>r<br />
Revolution. Anastasia und <strong>die</strong> Za<strong>ren</strong>familie<br />
wer<strong>de</strong>n an einen geheimen Ort<br />
verschleppt – ins «Haus zur beson<strong>de</strong><strong>ren</strong><br />
Verwendung».<br />
Der Nachfolgeroman zum Bestseller<br />
«Der Junge im gestreiften Pyjama».<br />
560 Seiten<br />
CHF 42.90<br />
Arche Literatur Verlag<br />
ISBN 978-3-7160-2642-7<br />
Schuld<br />
Ferdinand von Schirach<br />
Neue Fälle aus <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>s Strafverteidigers von Schirach: Ein Mann<br />
bekommt zu Weihnachten neue Zähne statt Gefängnis; ein Junge wird<br />
im Namen <strong>de</strong>r Illuminaten fast zu To<strong>de</strong> gefoltert; <strong>die</strong> neun Bie<strong>de</strong>rmänner<br />
einer Blaskapelle zerstö<strong>ren</strong> das Leben eines Mädchens, und keiner von<br />
ihnen muss dafür büssen. Mit boh<strong>ren</strong><strong>de</strong>r<br />
Intensität und seiner unvergleichlichen<br />
knappen Sprache stellt <strong>de</strong>r Autor<br />
Ferdinand von Schirach <strong>die</strong> ewige Frage<br />
nach Gut und Böse, Schuld und Unschuld.<br />
Niemals aufdringlich, aber sehr<br />
bestimmt beschäftigt sich von Schirach<br />
mit <strong>de</strong>r moralischen Verantwortung von<br />
uns allen.<br />
Das Nachfolgewerk von «Verbrechen»,<br />
gespickt mit schier unglaublichen Geschichten.<br />
208 Seiten<br />
CHF 28.90<br />
Piper<br />
ISBN 978-3-492-05422-5<br />
books – September 2010 – 37
Kaffeepause<br />
2 Frauen<br />
und<br />
3 Bücher<br />
Was machen zwei Buchhändlerinnen<br />
in <strong>de</strong>r Kaffee pause? Sie trinken Kaffee<br />
– und plau<strong>de</strong>rn über Bücher. books hat<br />
sich im «Starbucks» <strong>de</strong>r Filiale Bellevue<br />
zu <strong>de</strong>n Orell-Füssli-Mitarbeiterinnen<br />
Patrizia Melaugh und Barbara Imbo<strong>de</strong>n<br />
gesetzt.<br />
Aufzeichnung: Marius Leutenegger<br />
books: Barbara, du wolltest heute über<br />
«Ruhestörung» <strong>de</strong>s US-Amerikaners Richard<br />
Yates re<strong>de</strong>n. Worum geht’s?<br />
Barbara Imbo<strong>de</strong>n (B.I.): Das Buch spielt<br />
in <strong>de</strong>n 1960er-Jah<strong>ren</strong> und erzählt vom<br />
erfolgreichen Geschäftsmann John Wil<strong>de</strong>r,<br />
<strong>de</strong>r einen Zusammenbruch erlei<strong>de</strong>t:<br />
Er kehrt zurück von einer Geschäftsreise,<br />
ruft aus einer Bar seine Frau an und teilt<br />
ihr mit, er könne nicht nach Hause kommen.<br />
Wil<strong>de</strong>r ist sturzbetrunken und fürchtet,<br />
er wer<strong>de</strong> seine Frau umbringen. Sein<br />
bester Freund spürt ihn auf und bringt ihn<br />
in eine psychiatrische Klinik. Wil<strong>de</strong>r wird<br />
in <strong>die</strong> schlimmste geschlossene Abteilung<br />
gesteckt und kommt erst nach fünf Tagen<br />
wie<strong>de</strong>r raus. Die Ärzte raten ihm, <strong>de</strong>n Alkoholkonsum<br />
zu drosseln, <strong>doch</strong> Wil<strong>de</strong>r<br />
38 – books – September 2010<br />
säuft weiter. Er tut so, als träfe er sich mit<br />
<strong>de</strong>n Anonymen Alkoholikern, statt<strong>de</strong>ssen<br />
geht er in <strong>die</strong> Bar o<strong>de</strong>r zu seiner Geliebten.<br />
Diese Geliebte verfällt dann auf <strong>die</strong> I<strong>de</strong>e,<br />
einen Film über Wil<strong>de</strong>rs Tage in <strong>de</strong>r Psychiatrie<br />
zu drehen. Eine Stu<strong>de</strong>ntengruppe<br />
nimmt sich <strong>die</strong>ses Projekts an, aber <strong>die</strong><br />
Sache kommt nie richtig in <strong>die</strong> Gänge. Am<br />
En<strong>de</strong> zerbricht Wil<strong>de</strong>r am Alkoholkonsum<br />
und wird wie<strong>de</strong>r psychotisch.<br />
Patrizia Melaugh (P.M.): Das ist eine<br />
furchtbare Geschichte! Sie beschreibt <strong>de</strong>n<br />
Abstieg eines Alkoholikers und zeigt auf,<br />
wie er sein Leben zerstört.<br />
B.I.: Das ist typisch Yates.<br />
P.M: Der Autor, <strong>de</strong>r 1982 starb, wird heute<br />
ja richtig hochgejubelt. Seine Bücher erscheinen<br />
nach und nach auch auf Deutsch.<br />
Ich habe noch nichts an<strong>de</strong>res von ihm gelesen,<br />
aber ich hoffe, dass <strong>die</strong> an<strong>de</strong><strong>ren</strong> Bücher<br />
etwas weniger <strong>de</strong>primie<strong>ren</strong>d sind.<br />
B.I.: Die an<strong>de</strong><strong>ren</strong> Romane sind fast noch<br />
schlimmer. Man hat bei Yates immer das<br />
Gefühl, das Leben <strong>de</strong>r Figu<strong>ren</strong> komme jetzt<br />
wie<strong>de</strong>r ins Gleichgewicht – <strong>doch</strong> dann wird<br />
alles nur noch grässlicher.<br />
P.M: Eines hat mich irritiert: Yates beschreibt<br />
zwar genau, was geschieht, aber<br />
seine Hauptfigur macht sich überhaupt kei-<br />
ne Gedanken zu <strong>de</strong>n Vorgängen. Nie fragt<br />
sich Wil<strong>de</strong>r zum Beispiel, was aus seiner<br />
Frau wird, <strong>die</strong> er verlassen hat.<br />
B.I.: Das interessiert ihn halt nicht. Er hat<br />
zu jung und ohne grosse Gefühle geheiratet<br />
und sich immer mehr genervt über sie.<br />
Mir als Leserin ging sie mit <strong>de</strong>r Zeit mit<br />
ihrem Kontrollbedürfnis auch ziemlich auf<br />
<strong>die</strong> Nerven.<br />
P.M: Aber mich hätte es interessiert, was<br />
aus ihr wird! Ich erfahre nichts über das<br />
Innenleben <strong>de</strong>r Figur, das ganze Buch ist in<br />
einem <strong>de</strong>rart nüchternen Ton geschrieben.<br />
books: Barbara, du hast <strong>die</strong>ses Buch für<br />
das heutige Treffen ausgesucht. Patrizia<br />
scheint davon nicht so angetan. Was hat<br />
dir <strong>de</strong>nn gefallen an «Ruhestörung»?<br />
B.I.: Yates ist mein Lieblingsautor. Sprachlich<br />
gehört er zu <strong>de</strong>n ganz Grossen. Ich<br />
habe <strong>die</strong> Bücher satt, in <strong>de</strong>nen es immer<br />
um das Innenleben <strong>de</strong>r Figu<strong>ren</strong> geht. Yates<br />
kümmert sich nicht darum, er erzählt einfach<br />
eine Geschichte – und seine Stärke ist<br />
eben, dass er nur durch reines Erzählen das<br />
Innenleben übermitteln kann. Das ist genau<br />
das, was mich an ihm fasziniert: Ohne<br />
viele Worte kann er aufzeigen, wie sich <strong>die</strong>se<br />
Menschen fühlen.<br />
P.M: Ich mag es auch, wenn in einem Buch<br />
nicht zu viel gere<strong>de</strong>t wird, wenn man allein<br />
durch <strong>die</strong> Handlung erkennt, was in <strong>de</strong>n<br />
Personen vorgeht. Doch hier habe ich <strong>die</strong><br />
Erzählweise flach gefun<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> Dinge erklä<strong>ren</strong><br />
sich nicht von selbst. Mir hat eine<br />
Ebene gefehlt.<br />
B.I.: Bei Yates steht sehr viel zwischen <strong>de</strong>n<br />
Zeilen. Ich kenne keinen Autor, <strong>de</strong>r das<br />
Abgründige so gut erfasst wie er. Faszinie<strong>ren</strong>d<br />
fin<strong>de</strong> ich, was zurück bleibt, wenn<br />
man Yates gelesen hat: Es beschäftigt einen<br />
wirklich. Und das geht ja nicht nur mir<br />
so. Ich habe <strong>die</strong>ses Buch schon fünf Kundinnen<br />
und Kun<strong>de</strong>n empfohlen, <strong>die</strong> Yates<br />
zuvor nicht kannten – und sie alle wa<strong>ren</strong><br />
begeistert.<br />
books: Warum ist das Buch eigentlich erst<br />
jetzt auf Deutsch erhältlich? Geschrieben<br />
wur<strong>de</strong> es ja bereits 1975 ...<br />
B.I.: Es spielt in <strong>de</strong>n 1960er-Jah<strong>ren</strong>, und<br />
das interessierte <strong>die</strong> Menschen damals<br />
wohl nicht beson<strong>de</strong>rs – daher war das<br />
Buch auch nicht erfolgreich. Spätestens seit<br />
<strong>de</strong>r Verfilmung seines Romans «Zeiten <strong>de</strong>s<br />
Aufruhrs» ist das Interesse an Richard Yates<br />
aber riesig.
Patrizia Melaugh (rechts), 58, lebt in Schaffhausen und arbeitet in <strong>de</strong>r Abteilung Belletristik <strong>de</strong>r Filiale<br />
Kramhof. Sie mag vor allem Bücher aus <strong>de</strong>m englischen Sprachraum. Ihre zwei Kin<strong>de</strong>r sind bereits<br />
erwachsen.<br />
books: Für wen eignet sich «Ruhestörung»?<br />
B.I.: Für alle literarisch Interessierten. Ich<br />
empfehle Yates, wenn jemand ein Buch<br />
mit guter Sprache sucht und auch einen<br />
etwas düstere<strong>ren</strong> Text mag. Bis jetzt habe<br />
ich noch nie eine negative Rückmeldung<br />
erhalten.<br />
P.M.: Wenn <strong>die</strong> Begeisterung so gross ist,<br />
muss mir wohl etwas verborgen geblieben<br />
sein. Dieses Buch hilft mir je<strong>de</strong>nfalls nicht,<br />
<strong>die</strong> Menschheit besser zu verstehen. Ich erfahre<br />
nichts Neues.<br />
B.I.: Aber Yates beschreibt <strong>die</strong> grauenhafte<br />
Situation, in <strong>de</strong>r ein Mensch stecken kann,<br />
<strong>doch</strong> so eindrücklich!<br />
P.M.: Mich hat einfach irritiert, dass sich<br />
<strong>die</strong>se Hauptfigur so wenig Gedanken<br />
macht.<br />
books: Es ist anzunehmen, dass dir «Brooklyn»<br />
<strong>de</strong>s I<strong>ren</strong> Colm Tóibín besser gefallen<br />
hat – du hast <strong>die</strong>ses Buch für unsere Run<strong>de</strong><br />
empfohlen.<br />
P.M.: Tatsächlich: «Brooklyn» fin<strong>de</strong> ich eines<br />
<strong>de</strong>r besten Bücher <strong>de</strong>r letzten Jahre. Es<br />
spielt im Irland <strong>de</strong>r 1950er-Jahre. Die junge<br />
Eilis, <strong>die</strong> mit ihrer Mutter und ihrer älte<strong>ren</strong><br />
Schwester zusammenlebt, fin<strong>de</strong>t daheim<br />
keine Arbeit. Ein Pfarrer, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n USA<br />
tätig ist, kommt auf Besuch und meint, in<br />
Amerika wür<strong>de</strong> Eilis sofort angestellt. Die<br />
Schwester und <strong>de</strong>r Pfarrer leiten darauf<br />
alles in <strong>die</strong> Wege, damit Eilis in <strong>die</strong> USA<br />
gehen kann – ob sie auch gehen will, wird<br />
nicht gefragt. Eilis lan<strong>de</strong>t in Brooklyn und<br />
fin<strong>de</strong>t eine Anstellung in einem Wa<strong>ren</strong>haus,<br />
hat aber starkes Heimweh. Der Pfarrer rät<br />
ihr, einen Abendkurs in Buchhaltung zu<br />
machen, damit sich ihre Berufschancen<br />
verbessern und sie nicht ständig allein daheim<br />
sitzt. Tatsächlich gewöhnt sich Eilis<br />
allmählich ans Leben in New York. Dann<br />
lernt sie einen jungen Mann kennen. Ihrer<br />
Gefühle ihm gegenüber ist sie sich allerdings<br />
nicht so sicher. Liebt sie ihn? Aus<br />
familiä<strong>ren</strong> Grün<strong>de</strong>n muss sie wie<strong>de</strong>r nach<br />
Irland zurückkeh<strong>ren</strong>. Eilis ist eine anständige<br />
junge Frau, <strong>die</strong> alles richtig machen<br />
möchte. Sie hört nicht auf sich selbst und<br />
beugt sich ständig äusserem Druck – das<br />
hat natürlich viel mit <strong>de</strong>r Zeit zu tun, in<br />
<strong>de</strong>r sie lebt.<br />
books: Mehr über <strong>die</strong> Handlung sollten wir<br />
nicht verraten. Wie fan<strong>de</strong>st du <strong>de</strong>nn <strong>die</strong>ses<br />
Buch, Barbara?<br />
B.I.: Mir war es etwas zu absehbar. Man<br />
kann <strong>die</strong>ses Buch sicher vielen empfehlen,<br />
es bietet gute Unterhaltung, man kann es<br />
regelrecht verschlingen – aber mir steckt<br />
am En<strong>de</strong> einfach zu wenig drin. Ich habe<br />
immer auf etwas gewartet, das nie kam.<br />
P.M.: Für mich war es viel mehr als nur Unterhaltung,<br />
es wirft zum Beispiel <strong>die</strong> Frage<br />
auf, wie wichtige Entscheidungen im Leben<br />
getroffen wer<strong>de</strong>n. Es hat mich überrascht,<br />
dass sich ein männlicher Autor so gut in<br />
eine junge Frau in <strong>de</strong>n 1950er-Jah<strong>ren</strong> ein-<br />
Ruhestörung<br />
Richard Yates<br />
315 Seiten<br />
CHF 34.90<br />
Dva<br />
Brooklyn<br />
Colm Tóibín<br />
304 Seiten<br />
CHF 33.90<br />
Hanser<br />
Sommerlügen<br />
Bernhard Schlink<br />
288 Seiten<br />
CHF 32.90<br />
Diogenes<br />
Kaffeepause<br />
fühlen kann. Alles ist sehr subtil beschrieben:<br />
Wie Eilis nach Brooklyn kommt, sich<br />
fremd fühlt, nicht weiss, zu welcher Gruppe<br />
sie gehört. O<strong>de</strong>r <strong>die</strong> inne<strong>ren</strong> Konflikte,<br />
<strong>die</strong> sie wegen <strong>de</strong>s jungen Mannes durchlebt:<br />
Er ist ihr sympathisch, aber sie weiss<br />
nicht, ob das genug ist für ein gemeinsames<br />
Leben. Mir gefiel natürlich auch das Irische<br />
an <strong>die</strong>sem Roman, weil ich das kenne. Ja,<br />
für mich ist «Brooklyn» eines <strong>die</strong>ser ganz<br />
kostba<strong>ren</strong> Bücher, <strong>die</strong> für immer in meinem<br />
Büchergestell bleiben dürfen.<br />
books: Hat <strong>die</strong>se Begeisterung vielleicht<br />
auch damit zu tun, dass es dir leicht fällt,<br />
dich mit Eilis zu i<strong>de</strong>ntifizie<strong>ren</strong> – leichter als<br />
mit John Wil<strong>de</strong>r?<br />
P.M.: Vielleicht schon, ich kann mir <strong>die</strong>se<br />
Frau sehr gut vorstellen.<br />
B.I.: Das ist mir ähnlich ergangen. Trotz<strong>de</strong>m<br />
war ich nicht so begeistert. Ich bin<br />
aber sicher, dass <strong>die</strong>ses Buch gut ankommen<br />
wird – solche Frauenschicksale interessie<strong>ren</strong><br />
viele Leute.<br />
books: Als drittes Buch für unser heutige<br />
Kaffeepause haben wir «Sommerlügen»<br />
von Bernhard Schlink gewählt – eine<br />
Sammlung von Erzählungen<br />
P.M.: Auch <strong>die</strong>ses Buch hat mir sehr gut gefallen.<br />
Der Band enthält sieben Erzählungen,<br />
in <strong>de</strong>nen es eigentlich immer um zwischenmenschliche<br />
Beziehungen geht: um<br />
<strong>die</strong> Beziehung eines Paars, zwischen Sohn<br />
books – September 2010 – 39
Kaffeepause<br />
Barbara Imbo<strong>de</strong>n, 25,lebt in Luzern und arbeitet in <strong>de</strong>r Abteilung Belletristik <strong>de</strong>r Filiale Bellevue. Sie<br />
liest selber viel Belletristik, Krimis und Bücher über <strong>de</strong>n Zweiten Weltkrieg.<br />
und Vater, zwischen einer Mutter und ih<strong>ren</strong><br />
Kin<strong>de</strong>rn. Alle <strong>die</strong>se Beziehungen kamen<br />
mir vor wie ein Tanz, bei <strong>de</strong>m <strong>die</strong> Partner<br />
leicht aus <strong>de</strong>m Gleichschritt geraten sind.<br />
Als ich das Buch zu lesen begann, fand ich<br />
sofort: Das ist toll! Erzählungen mag ich<br />
eigentlich sonst nicht so sehr, sie haben<br />
immer etwas Flüchtiges, oft kann ich mich<br />
schon bald nicht mehr an <strong>die</strong> einzelnen Geschichten<br />
erinnern.<br />
B.I.: Die Qualität <strong>de</strong>r Geschichten ist allerdings<br />
recht unterschiedlich. Die ersten<br />
bei<strong>de</strong>n Geschichten fand ich ausgezeichnet,<br />
später musste ich mich auch einmal durchkämpfen.<br />
Ich war schon vom letzten Buch<br />
von Bernhard Schlink, <strong>de</strong>r zuvor mit «Der<br />
40 – books – September 2010<br />
ihnen <strong>de</strong>n<br />
weltbesten<br />
kaffee<br />
zu servie<strong>ren</strong> ist unsere lei<strong>de</strong>nschaft<br />
seit<br />
1971<br />
Eine Empfehlung <strong>de</strong>r Starbucks Coffeehouses in <strong>de</strong>n<br />
Orell Füssli Buchhandlungen im Westsi<strong>de</strong> (Bern),<br />
im Kramhof und am Sta<strong>de</strong>lhofen (Zürich).<br />
Vorleser» einen riesigen Hit gelan<strong>de</strong>t hatte,<br />
etwas enttäuscht – auch das war mir zu<br />
langatmig.<br />
P.M.: Mir gefällt «Sommerlügen», weil ich<br />
Geschichten mag, <strong>die</strong> sich mit <strong>de</strong>r Frage<br />
beschäftigen: Warum han<strong>de</strong>ln Menschen<br />
auf <strong>die</strong>se Weise? Ich will verstehen, warum<br />
Menschen etwas auf eine bestimmte Art<br />
tun. Das, was mir bei «Ruhestörung» gefehlt<br />
hat, bekomme ich hier. Die erste Geschichte<br />
...<br />
B.I.: ... <strong>die</strong> ist wirklich super ...<br />
P.M.: ... han<strong>de</strong>lt von einem Mann, <strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>n Ferien eine Frau kennen lernt. Sofort<br />
entwickelt sich zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n eine<br />
nahe Beziehung – so schnell, dass sich <strong>de</strong>r<br />
Mann gar nicht richtig überlegen kann, ob<br />
er sein bisheriges Leben wirklich aufgeben<br />
will. Der innere Zwiespalt ist sehr gut beschrieben.<br />
books: Warum legt Schlink einen Erzählband<br />
vor – und keinen Roman? Fehlt ihm<br />
<strong>die</strong> I<strong>de</strong>e für eine ganz grosse Geschichte?<br />
B.I.: Das müsste man ihn natürlich selber<br />
fragen, aber ich hatte eher <strong>de</strong>n Eindruck,<br />
dass er zu viele I<strong>de</strong>en hat. Einige Geschichten<br />
hätten sich leicht zu einem Roman ausbauen<br />
lassen. Erzählungen lassen sich zwar<br />
etwas schwerer verkaufen als Romane,<br />
aber eigentlich ist das eine tolle Form: Man<br />
kann das Buch auch einmal weglegen – und<br />
dann wie<strong>de</strong>r hervor nehmen, um <strong>die</strong> nächste<br />
Geschichte zu lesen.<br />
books: Wem wür<strong>de</strong>t ihr <strong>die</strong>ses Buch empfehlen?<br />
B.I.: Man muss es wohl kaum empfehlen –<br />
ein neuer Schlink verkauft sich von allein!<br />
P.M.: Ich wür<strong>de</strong> es jeman<strong>de</strong>m anbieten, <strong>de</strong>r<br />
gute Erzählungen sucht.<br />
B.I.: Auf je<strong>de</strong>n Fall. O<strong>de</strong>r wenn jemand ein<br />
Geschenk braucht. Mit <strong>die</strong>sem Buch kann<br />
man nichts falsch machen!<br />
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© 2010 Starbucks Coffee Company. All rights reserved. Printed in Germany.
Der Sinn <strong>de</strong>s Gebens<br />
Stefan Klein<br />
Den Egoisten gehört <strong>die</strong> Welt? Von wegen! Neueste wissenschaftliche<br />
Befun<strong>de</strong> beweisen das Gegenteil. Bestsellerautor Stefan Klein zieht<br />
einen faszinie<strong>ren</strong><strong>de</strong>n Querschnitt durch <strong>die</strong> aktuellen Ergebnisse <strong>de</strong>r<br />
Hirnforschung und <strong>de</strong>r Genetik, <strong>de</strong>r Wirtschaftswissenschaften und <strong>de</strong>r<br />
Sozialpsychologie. Er stellt dar, warum<br />
menschliches Miteinan<strong>de</strong>r und das<br />
Wohlergehen an<strong>de</strong>rer zu unse<strong>ren</strong> tiefsten<br />
Bedürfnissen gehö<strong>ren</strong>. Und er zeigt<br />
ebenso anschaulich wie fun<strong>die</strong>rt, warum<br />
selbstlose Menschen zufrie<strong>de</strong>ner,<br />
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ISBN 978-3-10-039614-3<br />
Die En<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Welt<br />
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Auf fünf Erdteilen war Roger Willemsen unterwegs, um seine ganz persönlichen<br />
En<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Welt zu fin<strong>de</strong>n. Manchmal wa<strong>ren</strong> es <strong>die</strong> großen geographischen:<br />
das Kap von Südafrika, Patagonien, <strong>de</strong>r Himalaja, <strong>die</strong> Südseeinseln<br />
von Tonga, <strong>de</strong>r Nordpol. Manchmal wa<strong>ren</strong> es aber auch ganz<br />
einzigartige, individuelle Endpunkte:<br />
eine Bahnstation in Birma, ein Bett in<br />
Minsk, ein Fresko <strong>de</strong>s Jüngsten Gerichts<br />
in Orvieto, eine Behör<strong>de</strong> im kriegszerrütteten<br />
Kongo. Immer aber geht es in<br />
<strong>die</strong>sen grandiosen literarischen Reisebil<strong>de</strong>rn<br />
auch um ein En<strong>de</strong>n in an<strong>de</strong>rem<br />
Sinn: um ein En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Liebe und <strong>de</strong>s<br />
Begeh<strong>ren</strong>s, <strong>de</strong>r Illusionen, <strong>de</strong>r Ordnung<br />
und Verständigung. Um das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Lebens – und um <strong>de</strong>n Neubeginn.<br />
544 Seiten<br />
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ISBN 978-3-10-092104-8<br />
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es im Leben ankommt<br />
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Soziale Verantwortung, Rücksicht, Fairness, Mitleid, Solidarität – alle<br />
<strong>die</strong>se grundlegen<strong>de</strong>n Werte scheinen <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Gesellschaft mehr<br />
und mehr abhan<strong>de</strong>n zu kommen. Judith Giovannelli-Blocher zeigt, wie<br />
<strong>die</strong> eigene Lebenserfahrung dabei helfen<br />
kann, gegenüber <strong>die</strong>ser sozial erkalten<strong>de</strong>n<br />
Welt Zuversicht und Gelassenheit<br />
zu entwickeln. Trotz aller Zumutungen,<br />
<strong>die</strong> tagtäglich auf einen einprasseln.<br />
In einfachen, verständlichen Geschichten<br />
erzählt sie von Freundschaft<br />
und Familiensinn, von Verantwortung<br />
und <strong>de</strong>r Fähigkeit, das Leben in <strong>die</strong> eigenen<br />
Hän<strong>de</strong> zu nehmen. Aber sie han<strong>de</strong>ln<br />
auch von <strong>de</strong>r Verunsicherung, <strong>die</strong><br />
wir alle bei <strong>de</strong>r Begegnung mit Frem<strong>de</strong>n<br />
verspü<strong>ren</strong>.<br />
Ein Ratgeber, <strong>de</strong>r Mut macht.<br />
176 Seiten<br />
CHF 27.90<br />
Nagel & Kimche Verlag<br />
ISBN 978-3-312-00459-1<br />
Cantinetta Antinori –<br />
Zu Tisch in <strong>de</strong>r Toskana<br />
Allegra Antinori, Herbert Lehmann, Carmen Wieser<br />
Die Toskana ist ein Para<strong>die</strong>s für Feinschmecker. Seit 26 Generationen<br />
bauen <strong>die</strong> Marchesi Antinori hier ihre weltberühmten Weine an. Der<br />
Stammsitz <strong>de</strong>r Familie, ein malerischer Renaissance-Palazzo im Herzen<br />
von Flo<strong>ren</strong>z, beherbergt auch <strong>die</strong><br />
berühmte Cantinetta Antinori. Dort können<br />
Gäste aus aller Welt <strong>die</strong> authentische<br />
Küche <strong>de</strong>r Toskana erleben; sie ist<br />
einfach und unverfälscht, kommt ohne<br />
schwere Saucen o<strong>de</strong>r übertriebene<br />
Gewürze aus und lässt <strong>de</strong>n Eigengeschmack<br />
<strong>de</strong>r Zutaten optimal zur Geltung<br />
kommen. Das vorliegen<strong>de</strong> Buch<br />
verrät <strong>die</strong> besten Rezepte, saisonal<br />
ausgewählt und lustvoll präsentiert. Natürlich<br />
dürfen <strong>die</strong> passen<strong>de</strong>n Weintipps<br />
nicht fehlen. Buon appetito!<br />
208 Seiten<br />
CHF 52.00<br />
Brandstätter<br />
ISBN 978-3-85033-451-8<br />
books – September 2010 – 41
Kochbücher<br />
Den Sommer verlängern<br />
Der Sommer ist vorbei – und damit<br />
auch <strong>die</strong> Ferienzeit. Kulinarisch kann<br />
man sich aber <strong>die</strong> Sommer- und Feriengefühle<br />
erhalten.<br />
Text: Benjamin Gygax<br />
Die Koffer sind wie<strong>de</strong>r im Estrich verstaut,<br />
<strong>die</strong> Pullover liegen im Schrank jetzt etwas<br />
weiter vorn und <strong>die</strong> Sonnenbrille gehört<br />
nicht mehr zur täglichen Ausstattung.<br />
Wer sich <strong>die</strong> unbeschwerte Sommerlaune<br />
und seine Ferienerinnerungen erhalten<br />
will, kann von Zeit zu Zeit Musik aus <strong>de</strong>r<br />
Reise<strong>de</strong>stination auflegen – o<strong>de</strong>r zu einem<br />
Kochbuch mit Rezepten aus fernen Län<strong>de</strong>rn<br />
greifen. Einige Neuerscheinungen sind<br />
ganz beson<strong>de</strong>rs dazu geeignet, Feriengefühle<br />
zu erhalten. Sie füh<strong>ren</strong> kreuz und quer<br />
durch Asien und seine vielseitige Küche<br />
– zum Beispiel «Currys, Currys, Currys»<br />
von Madhur Jaffrey. Die Kochbuchautorin<br />
und Schauspielerin gilt als Gran<strong>de</strong><br />
Dame <strong>de</strong>r indischen Küche. Sie hat 225<br />
gut nachzukochen<strong>de</strong> Rezepte für Currys<br />
zusammengestellt, <strong>die</strong>smal aber nicht ausschliesslich<br />
aus In<strong>die</strong>n, son<strong>de</strong>rn aus In<strong>die</strong>n,<br />
Indonesien, Thailand, Japan, Vietnam,<br />
Pakistan und sogar aus Südafrika, Kenia<br />
und Trinidad. Das Buch zeigt eindrücklich,<br />
wie vielseitig Currys sind – und wie beliebt<br />
rund um <strong>de</strong>n Globus.<br />
Ebenfalls in ganz Asien mag man Nu<strong>de</strong>lgerichte.<br />
Sie wer<strong>de</strong>n zum Frühstück, zu Mittag<br />
und Abend gegessen o<strong>de</strong>r als kleiner Snack<br />
vor <strong>de</strong>m Schlafengehen. Der Autor von<br />
«Noodles» heisst Vatcharin Bhumichitr,<br />
lebt seit über 30 Jah<strong>ren</strong> in England und<br />
hat sich als Koch und Autor über <strong>die</strong> thailändische<br />
Küche einen klingen<strong>de</strong>n Namen<br />
geschaffen. Bhumichitr präsentiert 100 Rezepte,<br />
<strong>die</strong> ihm beson<strong>de</strong>rs gefallen: Eier- und<br />
Reisnu<strong>de</strong>ln, chinesische Wan Tan, Soba-<br />
und Udon-Nu<strong>de</strong>ln aus Japan, koreanische<br />
Süsskartoffelnu<strong>de</strong>ln und thailändische Vermicelli<br />
aus Reismehl.<br />
42 – books – September 2010<br />
Drei weitere Bücher sind jeweils einen<br />
Land und seiner Küche gewidmet. Der Autor<br />
und Fotograf Thomas Ruhl reiste wäh<strong>ren</strong>d<br />
vieler Jahre durch China. Der Name<br />
seines Buchs «Chinatown» bezeichnet <strong>die</strong><br />
quirligen chinesischen Viertel in allen Städten<br />
<strong>de</strong>r Welt. Sie sind bunt, laut und voller<br />
exotischer Düfte und Genüsse. Das Kochbuch<br />
ist wun<strong>de</strong>rschön produziert, stellt typische<br />
chinesische Produkte vor und geht<br />
<strong>de</strong>r Frage nach, wie sich asiatische und<br />
europäische Küche gegenseitig beeinflussthaben.<br />
Wer immer dachte, chinesisch zu kochen sei<br />
kompliziert, kann sich jetzt vom alltagstauglichen<br />
Kochbuch <strong>de</strong>r Chinesin Ching-<br />
He Huang umstimmen lassen. In «Chinesisch<br />
kochen ganz easy» präsentiert<br />
sie 97 Rezepte, <strong>die</strong> auch Anfängern sicher<br />
gelingen. Ein Einführungskapitel in <strong>die</strong> chinesischen<br />
Kochtechniken und ein ausführliches<br />
Glossar helfen zusätzlich. Huangs<br />
frische, leichte und blitzschnelle chinesische<br />
Alltagsküche reicht von Klassikern<br />
wie Schweinefleisch süss-sauer o<strong>de</strong>r Poulet<br />
mit Cashewnüssen bis hin zu neuen Kreationen<br />
wie scharfes Pfefferhuhn o<strong>de</strong>r Rindfleisch<br />
nach Chongqing-Art. Die Rezepte<br />
wer<strong>de</strong>n mit 165 Fotos illustriert.<br />
«Wer immer dachte,<br />
chinesisch zu kochen<br />
sei kompliziert, kann<br />
sich jetzt umstimmen<br />
lassen.»<br />
Das letzte Buch, das wir Ihnen hier empfehlen,<br />
führt nach Japan. Zwar sind Sushi bei<br />
uns inzwischen sehr beliebt und beinahe an<br />
je<strong>de</strong>m Wurststand zu haben, aber damit ist<br />
<strong>die</strong> japanische Küche längst nicht ausgereizt.<br />
Der Schweizer Fotograf Sylvan Mül-<br />
ler machte sich auf eine Ent<strong>de</strong>ckungsreise<br />
durch <strong>die</strong> Küchen Japans. Seine wichtigsten<br />
Begleiter: kleine Zettelchen mit phonetisch<br />
geschriebenen Fragen. «Was ist es, was ich<br />
da esse?», «Kann ich mit <strong>de</strong>m Koch sprechen?»<br />
o<strong>de</strong>r «Wie wird <strong>die</strong>ses Gericht zubereitet?».<br />
So ausgerüstet trat Müller seine<br />
Odyssee durch <strong>die</strong> japanische Gastronomie<br />
an, ohne Route, Restaurantauswahl o<strong>de</strong>r<br />
Köche vorher festzulegen. In seinem Buch<br />
«Japan – Kochreisefotobuch» erzählt er<br />
mit über 300 wun<strong>de</strong>rschönen Fotografien<br />
und vielen Rezepten von seiner Reise.<br />
Currys, Currys, Currys<br />
Madhur Jaffrey<br />
352 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Christian<br />
Noodles<br />
Vacharin Bhumichitr<br />
176 Seiten<br />
CHF 31.90<br />
Styria<br />
Chinatown<br />
Thomas Ruhl<br />
309 Seiten<br />
CHF 102.–<br />
Fackelträger/Port Culinaire<br />
Chinesisch kochen ganz easy<br />
Ching-He Huang<br />
240 Seiten<br />
CHF 37.90<br />
Dorling Kin<strong>de</strong>rsley<br />
Japan Kochreisefotobuch<br />
Sylvan Müller<br />
240 Seiten<br />
CHF 70.–<br />
AT
yaki<br />
Fleischbällchen vom Huhn<br />
(Rezept aus: «Japan – Kochreisefotobuch» von Sylvan Müller)<br />
Für 8 Stück:<br />
200 g gehacktes Pouletfleisch vom Oberschenkel<br />
½ TL Salz<br />
3 EL Lauch, fein gehackt<br />
2 EL Ingwer, fein gehackt<br />
2 TL Sake<br />
1 kleines Ei<br />
Pfeffer<br />
1 TL helle Sojasauce<br />
1 EL Mais- o<strong>de</strong>r Kartoffelstärke<br />
1 EL Sesamöl<br />
2 EL Sake<br />
2 EL Mirin<br />
3 EL gehackte Minze<br />
grob gemahlener Pfeffer<br />
Vermengen Sie in einer Schüssel das Pouletfleisch<br />
mit <strong>de</strong>m Salz, <strong>de</strong>m Lauch, <strong>de</strong>m Ingwer<br />
und <strong>de</strong>m Sake.<br />
Berrüh<strong>ren</strong> Sie das Ei mit etwas Pfeffer und <strong>de</strong>r<br />
Sojasauce und geben Sie es zur Fleisch mischung.<br />
Mischen Sie <strong>die</strong> Stärke unter und<br />
kneten Sie alles gut durch.<br />
Nun formen Sie <strong>die</strong> Fleischmischung zu acht<br />
Bällchen. Braten Sie <strong>die</strong>se in etwas Sesamöl<br />
von allen Seiten gut an.<br />
In einer zweiten Pfanne erhitzen Sie nun<br />
Sake, Mirin und <strong>die</strong> Sojasauce und begiessen<br />
<strong>die</strong> Fleischbällchen damit. Drehen Sie <strong>die</strong><br />
Fleischbällchen kurz in <strong>de</strong>r Sauce und lassen<br />
Sie <strong>die</strong>se ein wenig eindicken.<br />
Servie<strong>ren</strong> Sie <strong>die</strong> Fleischbällchen garniert mit<br />
gehackter Minze und grob gemahlenem Pfeffer.<br />
Sachiko garniert <strong>die</strong> Klösschen mit Kinomeblättern.<br />
Das sind <strong>die</strong> hellgrünen Blättchen<br />
einer Rautenart, <strong>de</strong><strong>ren</strong> Früchte man zum Szechuanpfeffer<br />
verarbeitet. Kinomeblätter sind<br />
in Japan sehr beliebt, schmecken pfeffrig und<br />
ein wenig nach Minze sowie Zitrone. Frisch gehackte<br />
Pfefferminze und ein wenig grob gemahlener<br />
schwarzer Pfeffer sind ein guter<br />
Ersatz.<br />
12.7.2010 11:56:49 Uhr<br />
»Unabhängig<br />
von Ort und Zeit –<br />
<strong>die</strong>ser Roman packt<br />
einen einfach überall.<br />
Ein Buch wie Kino,<br />
reingehen, hinsetzen und<br />
mittendrin sein.«<br />
Christine Westermann,<br />
WDR 2<br />
432 Seiten, gebun<strong>de</strong>n<br />
mit Schutzumschlag und Lesebändchen,<br />
CHF 31,90; ISBN 978-3-86648-131-2<br />
www.rubinrotesherz.<strong>de</strong>; www.mare.<strong>de</strong><br />
mare<br />
books – September 2010 – 43
DVD<br />
1<br />
5<br />
44 – books – September Mai 2010<br />
2010<br />
2<br />
6<br />
3<br />
7<br />
4<br />
8
Prince of Persia<br />
Fantasy<br />
Verfilmung <strong>de</strong>s erfolgreichen<br />
Computerspiels: Im Persien <strong>de</strong>s 6.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rts erwachen Legen<strong>de</strong>n<br />
zum Leben. Die Vorsehung führt<br />
Prinz Dastan und Prinzessin Tamina<br />
zusammen. Sie kämpfen gemeinsam<br />
gegen das Böse. Ein sagenumwobener<br />
Dolch, <strong>de</strong>r Dastan<br />
in <strong>die</strong> Hän<strong>de</strong> fällt, könnte alle Wünsche<br />
erfüllen – <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Besitzer<br />
<strong>de</strong>r Waffe kann <strong>de</strong>n magischen<br />
Sand <strong>de</strong>r Zeit freisetzen, <strong>die</strong> Zeit<br />
zurückdrehen und <strong>die</strong> Welt beherrschen.<br />
Natürlich wollen auch<br />
dunkle Mächte <strong>die</strong> Waffe haben ...<br />
CHF 33.90<br />
Ab 12 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 8717418276577<br />
Blu-Ray: 8717418276584<br />
Nine<br />
Drama<br />
Der italienische Filmregisseur Guido<br />
Contini (Daniel Day-Lewis) steckt in<br />
einer Midlife-Krise. Seine Nerven<br />
lei<strong>de</strong>n ebenso wie seine Kreativität,<br />
und das Geflecht aus Affä<strong>ren</strong>,<br />
Lei<strong>de</strong>nschaft und Streitereien mit<br />
<strong>de</strong>n Frauen seines Leben wird immer<br />
undurchdringlicher. So steht<br />
er bald zwischen seiner Ehefrau,<br />
seiner Geliebten (Penélope Cruz),<br />
einer Mo<strong>de</strong>journalistin, einer Muse<br />
(Nicole Kidman) und seiner toten<br />
Mutter (Sophia Lo<strong>ren</strong>). Musical frei<br />
nach Fellinis «Otto e mezzo».<br />
CHF 31.90<br />
Ab 6 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 7613059303775<br />
Blu-Ray: 7613059305403<br />
Lila, Lila<br />
Komö<strong>die</strong><br />
Der Erfolgsroman «Lila, Lila» von<br />
David Kern stürmt <strong>die</strong> Bestsellerlisten.<br />
Der unscheinbare Kellner<br />
ist aber gar nicht <strong>de</strong>r Autor <strong>de</strong>s<br />
Buchs; er hat das Manuskript im<br />
Nachttisch eines Trödlers gefun<strong>de</strong>n.<br />
Da David aber <strong>die</strong> schöne<br />
Marie für sich erobern will, gibt<br />
er <strong>de</strong>n Text kurzerhand als seinen<br />
eigenen aus. Die bei<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />
tatsächlich ein Paar, <strong>doch</strong> bei einer<br />
Autogrammstun<strong>de</strong> taucht <strong>de</strong>r<br />
wahre Autor <strong>de</strong>s Buchs auf ... Verfilmung<br />
<strong>de</strong>s Bestsellers von Martin<br />
Suter.<br />
CHF 29.90<br />
Ab 6 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 5051890015808<br />
Blu-Ray: 5051890017086<br />
Der letzte<br />
Weynfeldt<br />
CHF 33.90<br />
Keine Altersbeschränkung<br />
EAN 7611719445100<br />
A Serious Man<br />
Komö<strong>die</strong><br />
In meinem<br />
Himmel<br />
CHF 28.90<br />
Ab 12 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 4047553500720<br />
Blu-Ray: 4047553250083<br />
Zweiohrküken<br />
Komö<strong>die</strong><br />
1 2 3 4<br />
Der<br />
Ghostwriter<br />
Drama<br />
Drama<br />
5 6 7 Musikfilm<br />
8<br />
Adrian Weynfeldt hat mit <strong>de</strong>r Liebe<br />
abgeschlossen. Eines Abends<br />
je<strong>doch</strong> bringt ihn eine junge Frau<br />
dazu, sie mit zu sich nach Hause<br />
zu nehmen. Am nächsten Morgen<br />
fin<strong>de</strong>t Weynfeldt sie an <strong>de</strong>r Balkonbrüstung<br />
– und kann sie gera<strong>de</strong><br />
noch vom Sprung abhalten. Von<br />
nun an macht <strong>die</strong> Frau Adrian für ihr<br />
Leben verantwortlich und nötigt ihn<br />
immer wie<strong>de</strong>r, sie aus Schwierigkeiten<br />
zu befreien. Weynfeldts Leben<br />
gerät langsam aus <strong>de</strong>n Fugen.<br />
Nach <strong>de</strong>m Buch von Martin Suter.<br />
Eigentlich lebt Larry Gopnik ein beschauliches<br />
Leben in einer kleinen<br />
jüdischen Gemein<strong>de</strong> im Mittle<strong>ren</strong><br />
Westen <strong>de</strong>r USA. Aber plötzlich<br />
fällt seine ganze Existenz aus <strong>de</strong>m<br />
gewohnten Rahmen: Seine Frau<br />
verlangt <strong>die</strong> Scheidung, sein Sohn<br />
schwänzt <strong>die</strong> Schule, seine Tochter<br />
bestiehlt ihn, sein psychisch labiler<br />
Bru<strong>de</strong>r nistet sich bei ihm ein,<br />
und seine Karriere gerät ins Tru<strong>de</strong>ln.<br />
Also beschliesst Larry, Hilfe<br />
bei einem Rabbi zu suchen. Rabenschwarze<br />
Komö<strong>die</strong> <strong>de</strong>r Coen-<br />
Brü<strong>de</strong>r.<br />
CHF 27.90<br />
Ab 12 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 0886974461593<br />
Blu-Ray: 886976870997<br />
Als Susie Salmon ermor<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>,<br />
hatte sie ihr ganzes Leben noch<br />
vor sich – <strong>de</strong>nn sie war erst 14<br />
Jahre alt. Jetzt existiert sie in einer<br />
seltsamen, wun<strong>de</strong>rvollen Zwischenwelt.<br />
Von dort aus versucht<br />
sie, ihrem Vater bei <strong>de</strong>r Suche<br />
nach ihrem Mör<strong>de</strong>r zu helfen und<br />
ihre Familie zu schützen. Nur dann<br />
kann sie für immer gehen. Ein ergreifen<strong>de</strong>r,<br />
hoffnungsvoller Film<br />
über <strong>die</strong> versöhnen<strong>de</strong> Kraft <strong>de</strong>r<br />
Liebe, von Oscar-Preisträger Peter<br />
Jackson mit viel Fingerspitzengefühl<br />
umgesetzt.<br />
Ludo (Til Schweiger) und Anna<br />
(Nora Tschirner) aus «Keinohrhasen»<br />
sind wie<strong>de</strong>r da! Nach zwei<br />
Liebesjah<strong>ren</strong> ist bei ihnen <strong>de</strong>r<br />
graue Alltag eingekehrt. Dann trifft<br />
Ludo eine alte Flamme wie<strong>de</strong>r.<br />
Das weckt in Anna das Feuer <strong>de</strong>r<br />
Eifersucht – zu Recht. Doch Ludo<br />
wehrt sich dagegen, kontrolliert zu<br />
wer<strong>de</strong>n, und verlangt seinen Freiraum.<br />
Als je<strong>doch</strong> plötzlich Annas<br />
Ex-Freund auftaucht, <strong>de</strong>r Frauenversteher<br />
Ralf, gefällt Ludo <strong>de</strong>r<br />
neu gewonnene Freiraum gar nicht<br />
mehr so gut ...<br />
CHF 27.90<br />
Ab 12 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 5051890013316<br />
Blu-Ray: 5051890013330<br />
Ein namenloser Ghostwriter (Ewan<br />
McGregor) soll <strong>die</strong> Memoi<strong>ren</strong> <strong>de</strong>s<br />
ehemaligen Premierministers Lang<br />
(Pierce Brosnan) schreiben. Ein<br />
gut bezahlter Job, weshalb sich<br />
<strong>de</strong>r «Ghost» auf <strong>de</strong>n Weg zu <strong>de</strong>r<br />
Insel macht, wo Lang mit Frau<br />
und Beratern lebt. Dort fin<strong>de</strong>t er<br />
das Skript seines Vorgängers, <strong>de</strong>r<br />
auf <strong>de</strong>r Insel ums Leben gekommen<br />
ist. Und schon bald schwebt<br />
auch <strong>de</strong>r «Ghost» durch seine Ermittlungen<br />
in Lebensgefahr. Roman<br />
Polanskis spannen<strong>de</strong> Verfilmung<br />
<strong>de</strong>s Robert-Harris-Romans<br />
«Ghost».<br />
CHF 29.90<br />
Ab 12 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 4006680051116<br />
Blu-Ray: 4006680051123<br />
books – September 2010 – 45
Die Frem<strong>de</strong><br />
Drama<br />
Die 25-jährige Umay ist mit ihrem<br />
Sohn Cem aus einem unglücklichen<br />
Eheleben in Istanbul nach<br />
Berlin zu ihrer Familie entflohen.<br />
Blut ist dicker als alle gesellschaftlichen<br />
Zwänge, hofft sie – und irrt<br />
sich. Schon bald merkt sie, dass<br />
<strong>die</strong> Familie <strong>die</strong> traditionellen Konventionen<br />
nicht einfach über Bord<br />
werfen kann und an <strong>de</strong>n Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
zu zerbrechen droht.<br />
Als <strong>die</strong> Familie schliesslich Cem<br />
zu seinem Vater nach Istanbul<br />
zurückschicken will, flieht Umay<br />
erneut.<br />
CHF 33.90<br />
Ab 12 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 7611719457103<br />
1<br />
46 – books – September 2010<br />
Ein Prophet<br />
Drama<br />
Der arabischstämmige Malik ist<br />
19 Jahre alt, als er zu sechs Jah<strong>ren</strong><br />
Zuchthaus verurteilt wird. Im<br />
Gefängnis ist er auf sich allein gestellt.<br />
Der Anführer einer Gang <strong>de</strong>r<br />
korsischen Mafia, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n Knast<br />
kontrolliert, zwingt ihn, sich im<br />
Drogenhan<strong>de</strong>l zu betätigen und einen<br />
ersten Mord zu begehen. Mit<br />
<strong>de</strong>r Zeit steigt Malik in <strong>de</strong>r Gefängnishierarchie<br />
auf und baut seinen<br />
eigenen Drogenring auf. «Ein Prophet»<br />
war 2010 für <strong>de</strong>n Oscar für<br />
<strong>de</strong>n besten fremdsprachigen Film<br />
nominiert.<br />
CHF 29.90<br />
Ab 16 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 7611372641291<br />
Blu-Ray: 7611372740031<br />
Plastic Planet<br />
Dokumentation<br />
Wir sind Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Plastikzeitalters<br />
– aber wussten Sie auch,<br />
dass Sie Plastik im Blut haben?<br />
Regisseur Werner Boote zeigt,<br />
dass Plastik zu einer globalen Bedrohung<br />
gewor<strong>de</strong>n ist. Mit seiner<br />
Reise von amerikanischen Implantate-Kliniken<br />
über indische Müll<strong>de</strong>ponien<br />
zu verschmutzten Strän<strong>de</strong>n<br />
in Japan stellt er Fragen, <strong>die</strong> uns<br />
alle angehen: Warum än<strong>de</strong>rn wir<br />
unser Konsumverhalten nicht? Warum<br />
reagiert <strong>die</strong> Industrie nicht auf<br />
<strong>die</strong> Gefah<strong>ren</strong>? Wer ist verantwortlich<br />
für <strong>die</strong> Müllberge?<br />
CHF 33.90<br />
Ab 12 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 7611719444103<br />
The Last Giants<br />
Dokumentation<br />
1 2 3 4<br />
2<br />
3<br />
In <strong>de</strong>r Strasse von Gibraltar leben<br />
mehr verschie<strong>de</strong>ne Walarten als irgendwo<br />
sonst auf <strong>die</strong>sem Planeten.<br />
Doch <strong>die</strong> Strasse von Gibraltar<br />
ist auch <strong>die</strong> am meisten befah<strong>ren</strong>e<br />
Wasserstrasse <strong>de</strong>r Welt – das<br />
gefähr<strong>de</strong>t <strong>die</strong> riesigen Säugetiere<br />
existentiell. Die ehemalige Mo<strong>de</strong>schöpferin<br />
Katharina Heyer veranstaltet<br />
Fahrten zur Beobachtung<br />
<strong>de</strong>r Meeressäuger und sammelt<br />
dadurch Geld für <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>r<br />
bedrohten Tiere. Ihr Ziel: ein Walhospital.<br />
Beeindrucken<strong>de</strong> Bil<strong>de</strong>r<br />
faszinie<strong>ren</strong><strong>de</strong>r Tiere.<br />
CHF 28.90<br />
Ab 6 Jah<strong>ren</strong><br />
EAN 4260181986135<br />
4
«Ein Scheidungsratgeber<br />
– sofort !»<br />
Egal, welche Filiale von Orell Füssli Sie telefonisch kontaktie<strong>ren</strong> möchten: Ihr<br />
Anruf wird immer vom Kun<strong>de</strong>nservicecenter an <strong>de</strong>r Zürcher Dietzingerstrasse<br />
entgegen genommen. Als einziges Unternehmen im Schweizer Buchhan<strong>de</strong>l betreibt<br />
Orell Füssli ein eigenes Callcenter. Es sichert <strong>die</strong> Erreichbarkeit, verkürzt<br />
Wartezeiten – und garantiert erstklassige Beratung<br />
Text und Bil<strong>de</strong>r: Marius Leutenegger<br />
Zeynep Sayin, Leiterin <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nservicecenters<br />
von Orell Füssli: «Wir beantworten<br />
je<strong>de</strong> Woche rund 2500 Anrufe.»<br />
Einst riefen <strong>die</strong> Kun<strong>de</strong>n mit ih<strong>ren</strong> vielfältigen<br />
Anliegen direkt in <strong>die</strong> Filialen von Orell<br />
Füssli an. Dort nahm eine Mitarbeiterin<br />
o<strong>de</strong>r ein Mitarbeiter <strong>de</strong>n Anruf entgegen;<br />
das ging so lange gut, wie <strong>die</strong> Anzahl <strong>de</strong>r<br />
Anrufe gering blieb. Doch mit <strong>de</strong>r Zeit klingelten<br />
<strong>die</strong> Telefone in <strong>de</strong>n Filialen <strong>de</strong>rart<br />
häufig, dass <strong>die</strong> Wartezeiten für <strong>die</strong> Anrufen<strong>de</strong>n<br />
immer länger wur<strong>de</strong>n. Als erstes<br />
– und bislang einziges – Unternehmen<br />
seiner Branche entschied sich Orell Füssli<br />
schliesslich, unter <strong>de</strong>r Nummer 0848 849<br />
848 ein Callcenter einzurichten und sämtliche<br />
Anrufe an alle Filialen hierher umzuleiten.<br />
Heute arbeiten im Kun<strong>de</strong>nservicecenter<br />
an <strong>de</strong>r Zürcher Dietzingerstrasse<br />
zwölf Frauen und drei Männer. Geleitet<br />
wird das Center seit Sommer 2009 von<br />
Zeynep Sayin. Die muntere Germanistin<br />
rutschte nach ihrem Studium eher zufällig<br />
in <strong>die</strong> Callcenter-Branche. Im Gegensatz zu<br />
ihr absolvierten <strong>die</strong> meisten ihrer Mitarbeiten<strong>de</strong>n<br />
eine Lehre im Buchhan<strong>de</strong>l. «Das ist<br />
auch wichtig», sagt Zeynep Sayin. «Wir<br />
wollen einen hochwertigen Kun<strong>de</strong>nservice<br />
anbieten.» Die Callcenter-Fachfrau staunte<br />
bei ihrem Stellenantritt, wie viel Zeit Orell<br />
Füssli <strong>de</strong>n Mitarbeiten<strong>de</strong>n für <strong>die</strong> Beratung<br />
einräumt. «Üblicherweise geht es in einem<br />
Callcenter um möglichst schnelle Abfertigung,<br />
um Quantität – bei uns steht aber <strong>die</strong><br />
Beratungsqualität im Vor<strong>de</strong>rgrund.» Ein<br />
durchschnittliches Telefongespräch dauere<br />
bei ihnen rund dreieinhalb Minuten, «und<br />
das ist für ein Callcenter schon sehr, sehr,<br />
sehr, sehr, SEHR lang!»<br />
Bewährter Service – ohne<br />
Wartezeiten<br />
Die Atmosphäre im Kun<strong>de</strong>nservicecenter<br />
ist <strong>de</strong>nn auch vielmehr von Ruhe geprägt<br />
als von jener Hektik, <strong>die</strong> man in einem<br />
Callcenter eigentlich erwarten wür<strong>de</strong>. Die<br />
Mitarbeiten<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nservicecenters<br />
nehmen sich für alle Anrufen<strong>de</strong>n Zeit: Für<br />
<strong>die</strong> Kundin, <strong>die</strong> ein seltenes Buch über eine<br />
noch seltenere Hun<strong>de</strong>rasse sucht; für <strong>de</strong>n<br />
älte<strong>ren</strong> Herrn, <strong>de</strong>r gestern seinen Stock in<br />
einer Filiale verlor; und für <strong>die</strong> Dame, <strong>die</strong><br />
einfach nicht klar kommt mit <strong>de</strong>m Bestellformular<br />
auf www.books.ch. Schon seit<br />
einiger Zeit am Draht ist jetzt auch jene<br />
Kundin, <strong>die</strong> für ih<strong>ren</strong> Sohn ein Buch über<br />
Weisskopfadler sucht. Die Mitarbeiterin<br />
<strong>de</strong>s Servicecenters macht ihr ein paar Empfehlungen<br />
– und rät ihr letztlich <strong>doch</strong>, in<br />
eine Filiale zu gehen, um sich <strong>die</strong> verschie<strong>de</strong>nen<br />
Titel anzusehen. Solche Anrufe seien<br />
eher selten, sagt Zeynep Sayin. «Man ruft<br />
bei uns nicht an, um zu stöbern – <strong>die</strong> meisten<br />
wissen genau, was sie wollen.»<br />
Viele Anrufen<strong>de</strong> stammen aus einer Region,<br />
in <strong>de</strong>r Orell Füssli keine Filiale betreibt<br />
– sie möchten aber <strong>de</strong>nnoch nicht auf <strong>de</strong>n<br />
Service von Orell Füssli verzichten. Ein<br />
an<strong>de</strong>res Segment <strong>de</strong>r Anrufen<strong>de</strong>n bil<strong>de</strong>n<br />
ältere Leute, <strong>die</strong> schlecht zu Fuss sind und<br />
auch nicht per Internet bestellen können.<br />
Und dann gibt es noch jene Kundinnen und<br />
Orell Füssli<br />
Kun<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> sich nur kurz darüber informie<strong>ren</strong><br />
wollen, ob ein gewünschtes Buch<br />
in einer bestimmten Filiale vorhan<strong>de</strong>n ist.<br />
Dass sie in ein Callcenter anrufen und nicht<br />
direkt in <strong>die</strong> Filiale, wür<strong>de</strong>n sie in <strong>de</strong>r Regel<br />
nicht merken, sagt Zeynep Sayin. «Es<br />
kann allerdings vorkommen, dass jemand<br />
erzählt: ‚Ich habe gestern bei Ihnen <strong>die</strong>ses<br />
rote Buch gesehen, im Regal gleich neben<br />
<strong>de</strong>m Eingang. Kann man es mir zur Seite<br />
legen?’» Man kann – in solchen Fällen<br />
schliessen sich <strong>die</strong> Mitarbeiten<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Callcenters<br />
umgehend mit <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Filiale kurz.<br />
Offene Leitung für Son<strong>de</strong>rwünsche<br />
Rund 2500 Anrufe nimmt das Callcenter<br />
je<strong>de</strong> Woche entgegen. Im Gegensatz<br />
zur Situation in <strong>de</strong>n Filialen läuft hier zu<br />
Wochenbeginn am meisten; <strong>die</strong> Kundinnen<br />
und Kun<strong>de</strong>n sind am Wochenen<strong>de</strong> in<br />
einer Zeitung auf ein Buch gestossen, das<br />
sie interessiert, o<strong>de</strong>r sie haben ihre Rechnung<br />
kontrolliert und jetzt eine Frage dazu.<br />
Längst nicht immer geht es in <strong>de</strong>n Anrufen<br />
um Buchbestellungen. «Einmal verlangte<br />
ein Herr, wir sollten ihm ein französisches<br />
Sprichwort auf <strong>de</strong>utsch übersetzen!», erinnert<br />
sich Zeynep Sayin. Solche Aufgaben<br />
fallen allerdings nicht in <strong>de</strong>n Aufgabenbereich<br />
<strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>nservicecenters von Orell<br />
Füssli. Die langjährige Mitarbeiterin Romana<br />
Künzler erinnert sich an einen an<strong>de</strong><strong>ren</strong><br />
Fall von Lebenshilfe: «Im Hintergrund<br />
hörte ich eine Frau schreien. Und ein Mann<br />
brüllte ins Telefon, er brauche jetzt sofort<br />
einen Scheidungsratgeber, SOFORT!, und<br />
zwar per Express.» Dem Anliegen wur<strong>de</strong><br />
umgehend entsprochen.<br />
Die Fachfrauen und -männer <strong>de</strong>s Callcenters<br />
nehmen sich viel Zeit für <strong>die</strong> Kundinnen<br />
und Kun<strong>de</strong>n.<br />
books – September 2010 – 47
Veranstaltungen<br />
Veranstaltungen von Orell Füssli<br />
Lesung von John Irving: «Letzte<br />
Nacht in Twisted River»<br />
in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Schauspielhaus<br />
Zürich<br />
Samstag, 18. September 2010, 20 h<br />
Schauspielhaus Zürich Pfauen,<br />
Rämistrasse 34, 8001 Zürich<br />
Enjoy @ The Bookshop<br />
Taste and buy <strong>de</strong>licious British Cheese<br />
Samstag, 18. September 2010, ab 11 h<br />
Samstag, 16. Oktober 2010, ab 11 h<br />
Samstag, 20. November 2010, ab 11 h<br />
Orell Füssli The Bookshop,<br />
Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich<br />
Insi<strong>de</strong> Orell Füssli Luzern<br />
Neustadt INSIDE: Die Lä<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Luzerner Neustadt<br />
haben bis 20 Uhr geöffnet. Auf geführten<br />
Tou<strong>ren</strong> kann man hinter <strong>die</strong> Kulissen verschie<strong>de</strong>ner<br />
Lä<strong>de</strong>n schauen.<br />
Samstag, 18. September 2010, 16 bis 20 h<br />
Orell Füssli Luzern,<br />
Frankenstrasse 7-9, 6003 Luzern<br />
Doppellesung von Beat Sterchi<br />
und Pedro Lenz: «Ging, Gang,<br />
Gäng» und «Der Goalie bin ig»<br />
in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r Kellerbühne<br />
St. Gallen<br />
Montag, 20. September 2010, 19 h<br />
Kellerbühne,<br />
St.Georgen-Str. 3, 9000 St.Gallen<br />
Lesung von Rolf Lappert: «Auf<br />
<strong>de</strong>n Inseln <strong>de</strong>s letzten Lichts»<br />
in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Kaufleuten<br />
Dienstag, 21. September 2010, 20 h<br />
Kaufleuten,<br />
Pelikanplatz 18, 8001 Zürich<br />
Mehr Veranstaltungen und Informationen fin<strong>de</strong>n Sie auf www.books.ch/veranstaltungen<br />
48 – books – September 2010<br />
books – September 2010 – 48<br />
Zirkusluft mit Animator<br />
Stefan Burri<br />
Jongliere mit Bällen und Keulen, balanciern<br />
auf <strong>de</strong>m Rola-Rola<br />
Nur mit Voranmeldung: 0848 849 848,<br />
or<strong>de</strong>rs@books.ch<br />
Mittwoch, 22. September 2010, 15 und 16 h<br />
Orell Füssli Westsi<strong>de</strong>,<br />
Gilberte-<strong>de</strong>-Courgenay-Platz 4, 3027 Bern<br />
Buchvernissage mit <strong>de</strong>m<br />
Winterthurer Therapeuten<br />
Hanspeter Ruch: «Burnout –<br />
Aus <strong>de</strong>r Erschöpfung in <strong>die</strong><br />
Kraft»<br />
Mittwoch, 22. September 2010, 19 h<br />
Orell Füssli Winterthur,<br />
Marktgasse 3, 8400 Winterthur<br />
Gespräch mit Barbara Bosshard:<br />
«Den Himmel berüh<strong>ren</strong>»<br />
Mo<strong>de</strong>ration: Röbi Koller<br />
Donnerstag, 23. September 2010, 20.30 h<br />
Orell Füssli Kramhof,<br />
Füsslistrasse 4, 8022 Zürich<br />
Autumnal stories with<br />
Naomi Steinberg<br />
Donnerstag, 23. September 2010, 19 h<br />
Orell Füssli The Bookshop,<br />
Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich<br />
Lesung von Ian McEwan:<br />
«Solar»<br />
in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Kaufleuten<br />
Dienstag, 12. Oktober 2010, 20 h<br />
Kaufleuten,<br />
Pelikanplatz 18, 8001 Zürich<br />
Hommage an Erika Burkart<br />
in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r Kellerbühne<br />
St. Gallen: Charles Linsmayer, Hans J. Ammmann<br />
und Ariane Gafron stellen zu Bil<strong>de</strong>rn von<br />
Hansueli Trachsel Erika Burkarts letzten Gedichband<br />
«Das späte Erkennen <strong>de</strong>r Zeichen» vor.<br />
Montag, 18. Oktober 2010, 20 h<br />
Kellerbühne St. Gallen,<br />
St. Georgen-Strasse 3, 9000 St. Gallen<br />
Märlistun<strong>de</strong>n<br />
für Kin<strong>de</strong>r ab 3 Jah<strong>ren</strong><br />
Samstag, 25. September 2010, 11 h<br />
Samstag, 30. Oktober 2010, 11 h<br />
Orell Füssli Luzern,<br />
Frankenstrasse 7-9, 6003 Luzern<br />
Samstag, 29. September 2010, 14 h<br />
Samstag, 6. November 2010, 14 h<br />
Orell Füssli Kramhof,<br />
Füsslistrasse 4, 8022 Zürich<br />
Samstag, 25. September 2010, 10.30 h<br />
Samstag, 30. Oktober 10.30 h<br />
Orell Füssli Frauenfeld,<br />
Bahnhofstrasse 70/72, 8500 Frauenfeld<br />
Join Dave to an hour full of stories,<br />
fun and activities.<br />
Samstag, 2. Oktober 2010, 10 h<br />
Samstag, 6. November 2010, 10 h<br />
Orell Füssli The Bookshop,<br />
Bahnhofstrasse 70, 8001 Zürich<br />
Lesung von Felicitas Mayall:<br />
«Die Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Zika<strong>de</strong>n»<br />
Donnerstag, 21. Oktober 2010, 21 h<br />
Orell Füssli am Bellevue,<br />
Theaterstrasse 8, 8001 Zürich<br />
Lesung von Matthias<br />
Binswanger: «Sinnlose<br />
Wettbewerbe»<br />
Mittwoch, 27. Oktober 2010, 20 h<br />
Rösslitor Bücher,<br />
Multergasse 1-3, 9001 St. Gallen<br />
Vernissage mit Leonor Gnos:<br />
«Nelly N.»<br />
Freitag, 5. November 2010, 18.30 h<br />
Orell Füssli Luzern,<br />
Frankenstrasse 7-9, 6003 Luzern<br />
Literaturcafé: Buchhändlerinnen<br />
vom Rösslitor stellen<br />
Neuerscheinungen vor<br />
Montag, 8. November 2010, 19 h<br />
Rösslitor Bücher,<br />
Multergasse 1-3, 9001 St. Gallen
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Das Literatur-Kreuzworträtsel<br />
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Bis am 15. November 2010 in einer <strong>de</strong>r Orell-Füssli-Filialen in Zürich, Bern, Luzern,<br />
Winterthur, Frauenfeld o<strong>de</strong>r bei Rösslitor Bücher in St. Gallen abgeben o<strong>de</strong>r per E-Mail<br />
an: books@books.ch. Über <strong>de</strong>n Wettbewerb wird keine Korrespon<strong>de</strong>nz geführt.<br />
Vorname / Name<br />
Adresse<br />
PLZ / Ort<br />
E-Mail<br />
Wettbewerb<br />
books – September 2010 – 49
Kolumne<br />
Es ist je<strong>de</strong>s Mal an<strong>de</strong>rs: «Fünfunddreissig»,<br />
meinen Erstling, schrieb ich frisch von <strong>de</strong>r<br />
Leber weg. Ich hatte nicht einmal <strong>die</strong> Vorstellung,<br />
dass das Buch je gedruckt wür<strong>de</strong>.<br />
Beim zweiten Roman schwirrte immerhin<br />
eine vage I<strong>de</strong>e im Kopf herum, wie <strong>die</strong> Geschichte<br />
laufen soll. «Himmelreich», das<br />
dritte Buch, war eine Impulshandlung – und<br />
entstand hauptsächlich im Starbucks in <strong>de</strong>n<br />
USA. «Wer bin ich?», <strong>die</strong> 777 Fragen, formulierte<br />
ich in Paris, schlen<strong>de</strong>rnd, mit <strong>de</strong>m<br />
Diktaphon in <strong>de</strong>r Hand. «Turbulenzen»<br />
entstand im Kloster Einsie<strong>de</strong>ln, in meiner<br />
Zelle, zwischen <strong>de</strong>n Gebetszeiten.<br />
Und bei «Massimo Marini»? Hier wollte<br />
ich eine Figur schaffen, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Leser nie<br />
mehr vergisst. Und ich wollte <strong>die</strong>sen Massimo<br />
von seiner Kindheit bis zum reifen Alter<br />
Schritt um Schritt entwickeln: seine schüch-<br />
ternen Anfänge, seine Höhenflüge, seine<br />
Dummheiten, seine Glanzlichter, <strong>die</strong> grosse<br />
Liebe, an <strong>de</strong>r sein Leben zerbricht. Ausser<strong>de</strong>m<br />
sollte das Buch, das ich im Kopf hatte,<br />
ein Krimi wer<strong>de</strong>n. Als Milieu hatte ich mir<br />
<strong>die</strong> Schweiz vorgenommen, und ins Zentrum<br />
stellte ich, symbolisch für <strong>die</strong> Einwan<strong>de</strong>rer<br />
aus Italien, <strong>de</strong>n Mythos Gotthard.<br />
Technisch und stilistisch sollte <strong>de</strong>r Roman<br />
anspruchsvoll sein – ein Roman, wie ich ihn<br />
eben selbst gern lesen wür<strong>de</strong>.<br />
Der Respekt vor <strong>die</strong>sem Vorhaben war so<br />
gross, dass ich mich eine Weile lang mit<br />
allem Möglichen beschäftigte, um ja nicht<br />
beginnen zu müssen. Mir wur<strong>de</strong> bange,<br />
wenn ich nur schon an <strong>de</strong>n lee<strong>ren</strong> Computerbildschirm<br />
dachte. Schliesslich zwang ich<br />
mich, <strong>de</strong>n Roman anzupacken, in <strong>de</strong>m ich<br />
mir eine Frist setzte.<br />
Also fing ich an. Wie ein Architekt. Ich<br />
bestellte eine riesige Wandtafel, <strong>die</strong> ich in<br />
meinem Schreibzimmer montierte. Dort<br />
zeichnete ich <strong>die</strong> verschie<strong>de</strong>nen Stränge <strong>de</strong>r<br />
Geschichte mit Filzstift auf. Ich ra<strong>die</strong>rte<br />
aus. Zeichnete von neuem. Löschte wie<strong>de</strong>r.<br />
Wochenlang so. Ich entwickelte <strong>die</strong> Cha-<br />
50 – books – September 2010<br />
raktere, schrieb Biographien, als hätten sich<br />
<strong>die</strong> Figu<strong>ren</strong> bei mir persönlich zu bewerben.<br />
Ich wollte genau wissen, mit wem ich es zu<br />
tun hatte. Zwei Mal fuhr ich an <strong>die</strong> Stollenbrust<br />
<strong>de</strong>s Gotthardbasistunnels, dort,<br />
wo gebohrt wird. Ich interviewte Mineure,<br />
Fremdarbeiter und Bauunternehmer und<br />
sprach mit <strong>de</strong>m Leiter <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong>npolizei<br />
<strong>de</strong>s Kantons Luzern, um <strong>die</strong> 1960er- und<br />
1970er-Jahre, <strong>die</strong> Jugendzeit meines Hel<strong>de</strong>n,<br />
genau einzufangen.<br />
Schliesslich notierte ich alle Szenen stichwortartig<br />
auf Kärtchen und legte <strong>die</strong>se<br />
auf <strong>de</strong>m Fussbo<strong>de</strong>n aus. Ich verän<strong>de</strong>rte<br />
<strong>die</strong> Reihenfolge unendliche Male. So viele<br />
Karteikarten lagen auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n, dass<br />
ich es kaum mehr von <strong>de</strong>r Tür zu meinem<br />
Schreibtisch schaffte, ohne auf <strong>die</strong> eine o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>re Szene zu trampen. Zwei Monate<br />
Schweizer Autorinnen und Auto<strong>ren</strong> erzählen in<br />
books, wie sie schreiben.<br />
Heute: Rolf Dobelli<br />
wa<strong>ren</strong> vergangen. Ich kam mir wie ein Idiot<br />
vor – zwei Monate, und noch immer keinen<br />
einzigen Satz geschrieben!<br />
Doch dann, eines Tages, stimmte <strong>die</strong> Geschichte,<br />
und ich konnte mit <strong>de</strong>m Schreiben<br />
loslegen. Ich pickte <strong>die</strong> schwierigste Szene<br />
heraus und schrieb sie. Dann <strong>die</strong> zweitschwierigste.<br />
Und so weiter. Bis plötzlich,<br />
magisch, <strong>de</strong>r ganze Roman geschrieben<br />
war.<br />
Und nun ist er da: «Massimo Marini». Erst<br />
jetzt kann ich ihn loslassen, <strong>die</strong>sen Mann,<br />
mit <strong>de</strong>m ich unzählige Stun<strong>de</strong>n gerungen<br />
habe, <strong>die</strong>sen Mann, <strong>de</strong>r mir ans Herz gewachsen<br />
ist.<br />
Rolf Dobelli, 44, lebt in Luzern. Der Mitgrün<strong>de</strong>r<br />
von getAbstract, <strong>de</strong>m weltweit füh<strong>ren</strong><strong>de</strong>n<br />
Anbieter von Buchzusammenfassungen,<br />
begann erst vor neun Jah<strong>ren</strong> mit<br />
<strong>de</strong>m literarischen Schreiben. Sein sechstes<br />
Buch erscheint am 28. September 2010:<br />
Massimo Marini<br />
384 Seiten<br />
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