Themenheft 2011 - Assoziation ökologischer Lebensmittel Hersteller
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Boden als Schatz<br />
„Wer denkt beim Verzehr eines Schokoriegels an die<br />
Kette Schokolade - Milch - Kuh - Gras - Boden?“ 1 Wer<br />
Schokoriegel herstellt, dem wird der Zusammenhang<br />
schon eher klar. Doch können vom Wert des Bodens<br />
nur diejenigen wissen, die mit ihm gewirtschaftet haben,<br />
wie der Philosoph Günter Altner meint? 2<br />
Die frühen Menschen haben es noch gewusst: Der<br />
Boden ist der Ursprung und Anfang von allem.<br />
Schöpfungsmythen erzählen davon, wie die Menschen<br />
ihre eigene Existenz im Boden verwurzeln. So<br />
ist der hebräische Name für den ersten Mann, Adam,<br />
von adama abgeleitet, was „Erde, Boden“ bedeutet<br />
und die erste Frau, Eva, weist auf hava, „die Lebendige“.<br />
Auch der lateinische homo geht aus humus<br />
hervor, also aus dem „lebendigen Erdreich“ 3 . Der<br />
Schriftsteller und Ökologe Herbert Girardet bringt es<br />
so auf den Punkt: „Wer kann die Tatsache leugnen,<br />
dass die Menschen letzten Endes Geschöpfe des Erdbodens<br />
sind?“ 4<br />
Boden nährt<br />
Tatsächlich wird es in Zeiten, in denen die chemische<br />
Industrie „Astronautenkost“ aus dem Labor herstellen<br />
kann, manchmal vergessen: Dass wir <strong>Lebensmittel</strong><br />
haben, verdanken wir dem Wachstum der Pflanzen.<br />
Denn alles Leben auf dem Planeten Erde beruht einzig<br />
und allein auf dem Vermögen der Pflanzen, durch<br />
Photosynthese mit Hilfe von Sonnenenergie anorganische<br />
Materie in Kohlenhydrate umzuwandeln.<br />
Pflanzen wiederum gäbe es nicht ohne die Symbiose<br />
mit dem Boden. Dieser bietet den Pflanzen nicht nur<br />
Wurzelraum 5 , sondern liefert auch Wasser, Sauerstoff<br />
und spezifische Nährstoffe. Böden sind die Grundla-<br />
ge für Wachstum und damit für alle nachfolgenden<br />
Pflanzen und Tiere in der Nahrungskette 6 – und letztlich<br />
für uns Menschen: Wir produzieren mehr als 90<br />
Prozent unserer Nahrungsmittel auf Böden 7 . Selbst<br />
die Fischwirtschaft ist auf Böden angewiesen – und<br />
zwar nicht nur auf Meeresböden, wie Andreas Lippmann<br />
von Deutsche See erklärt: „Für das Fischfutter<br />
der Aquakulturen benötigen wir Anbauflächen auf<br />
dem Land.“<br />
Boden verbindet<br />
Die Erde war zu Beginn nur mit heißem, nacktem Gestein<br />
bedeckt. Sonne, Eis und Wasser zerlegten über<br />
460 Millionen Jahre die Gesteine in ihre kleinsten<br />
Bestandteile, die dann wiederum von den Pflanzen<br />
als Nährstoffe genutzt werden konnten 8 . So kam der<br />
Kreislauf in Gang: Bodenlebewesen bauen das abgestorbene<br />
organische Material ab und wandeln es in<br />
neue Nährstoffe für neues Leben um. Dabei helfen<br />
Milliarden an Kleinstlebewesen 9 . Der Boden verbindet<br />
Erdgestein und Pflanzen.<br />
Dabei kommt es zu Wechselwirkungen. „So beeinflussen<br />
Böden die Reflexion der Sonnenstrahlen und<br />
den Austausch von Wärme (…); sie sind ein Puffersystem<br />
im Wasserkreislauf der Erde, indem sie durch<br />
ihre Oberflächenbeschaffenheit den Anteil des Niederschlags<br />
bestimmen, der versickert oder oberflächlich<br />
abfließt. (…) Böden sind Quellen und Senken für<br />
die klimarelevanten Spurengase Kohlendioxid, Methan<br />
und Lachgas.“ 10 Kurz: Der Boden verbindet Erde<br />
mit Sonne, Wasser und Luft.<br />
1 Miehlich, Günter (2002), in: WBB: Ohne Boden – bodenlos, S. 11.<br />
2 Altner, Günter (1991): Naturvergessenheit – Grundlagen einer umfassenden Bioethik. WBG Darmstadt.<br />
3 vgl. Montgomery, David (2010): dreck – Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert, S. 47.<br />
4 zitiert nach Caspari, Thomas (2007): Der Boden – Dreck oder Lebewesen, www.thomas-caspari.de<br />
5 Raspe, Stefan (1997): Natur oder Ersatznatur? Auf dem Weg zum bodenlosen Anbau. In: Politische Ökologie – Bodenlos, S. 70ff.<br />
6 Beese, Friedrich (1997): Multitalent – Die vielfältigen Funktionen des Bodens. In: Politische Ökologie - Bodenlos, S. 17-22.<br />
7 Hurni, Hans (1998): A Multi-Level Stakeholder Approach to Sustainable Land Management. Advances in GeoEcology, 31: 827–836.<br />
8 siehe zur Entstehung und Entwicklung von Böden: Heitkamp, Andreas (2005): Böden – die dünne Haut der Erde,<br />
www.g-o.de/index.php?cmd=focus_detail&f_id=246&rang=1; auch: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH (2010): http://www.ufz.de/index.php?de=20834<br />
9 In einer Handvoll Erde leben mehr Organismen als Menschen auf der Erde! Siehe dazu: Landesumweltamt NRW (2003): Bodenbiologie – Leben im Dunkeln.<br />
10 Beese, Friedrich (1997): Multitalent – Die vielfältigen Funktionen des Bodens. In: Politische Ökologie - Bodenlos, S. 18.