Kosten-Nutzen-Bewertung - Leo Schütze Gmbh
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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 3/08 – November 2008 – Seite 48<br />
Anforderungen an eine <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong><br />
Von Wulff-Erik von Borcke<br />
Das deutsche Krankenversicherungssystem steht vor<br />
großen Herausforderungen. Der demografische Wandel<br />
unserer Gesellschaft führt zu weiter steigender<br />
Morbidität und in Verbindung mit dem medizinisch<br />
technischen Fortschritt einer immer leistungsfähigeren<br />
Gesundheitsversorgung zu höheren Gesundheitsausgaben.<br />
Gleichzeitig bestehen Probleme auf<br />
der Einnahmenseite. Arzneimittelkosten stellen zwar<br />
einen kleineren Anteil (ca. 17 Prozent) der gesamten<br />
Gesundheitsausgaben der GKV dar, der jedoch in<br />
seiner Summe beträchtlich und auch im Wachsen<br />
begriffen ist. Damit ist es legitim die Hersteller von<br />
innovativen Medikamenten anzuhalten, den Wert<br />
ihrer Produkte darzulegen. Die pharmazeutische Industrie<br />
muss sich einer <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong><br />
stellen.<br />
Es stellt sich die Frage, wie eine solche <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong><br />
auszusehen hat. Eine <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong><br />
sollte „fair und nachvollziehbar“ sein<br />
und sich auf wissenschaftlich anerkannten Methoden<br />
stützen. Eine <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong> muss aber<br />
auch an den Möglichkeiten der Forschung orientiert<br />
sein – sprich der Machbarkeit und der Finanzierbarkeit<br />
von klinischen und gesundheitsökonomischen<br />
Studien Rechnung tragen. Im Rahmen der Zulassung<br />
werden die Sicherheit, die Wirksamkeit und die pharmazeutische<br />
Qualität intensiv geprüft. Bei innovativen,<br />
neuen Medikamenten werden jedoch trotz intensiver<br />
klinischer Forschung mit Markteintritt nicht alle<br />
möglichen Fragestellungen zu beantworten sein.<br />
Wert von Innovationen<br />
Es stellt sich die Frage, wie viel Geld eine Innovation<br />
wert ist. Ganz grundsätzlich muss man sich entscheiden,<br />
welche Bedeutung das „Gut Gesundheit“ für die<br />
Gesellschaft hat, zum anderen auch die Frage beantworten,<br />
ob man Anreize für die Industrie schaffen will,<br />
auch in Zukunft Therapieverfahren für Krankheiten zu<br />
entwickeln, die bisher nicht oder nicht ausreichend<br />
behandelt werden konnten. Es ist also eine Entscheiden<br />
darüber, ob die Industrie eine adäquate Vergütung<br />
für Forschung und Entwicklung erhält und Forschung<br />
sich in Zukunft für die Firmen lohnt.<br />
Für die Industrie ist es wichtig, Investitionskosten, die<br />
über 8 bis 12 Jahre bei der Erforschung eines Medikaments<br />
anfallen, in der Zukunft auch über den Verkauf<br />
dieses Produkts zu finanzieren und Gewinne zu erwirtschaften.<br />
Trotz modernster Methoden und Technologien<br />
bei der Forschung und Entwicklung scheitern<br />
über 90 Prozent aller Entwicklungskandidaten in<br />
den weiteren umfangreichen Prüfungen und Studien.<br />
Auch diese <strong>Kosten</strong> müssen finanziert werden. Abbott<br />
beispielsweise beschäftigt knapp 4.000 Mitarbeiter in<br />
Deutschland, davon allein über 700 in Forschung und<br />
Entwicklung. In Deutschland sind über 100.000 Mitarbeiter<br />
in der pharmazeutischen Industrie beschäftigt.<br />
Deutschland gilt als Referenzland für viele arzneimittelrelevante<br />
Regelungen, insbesondere was den Erstattungspreis<br />
von Arzneimitteln angeht. Damit steht<br />
für Deutschland als Pharmastandort mit der Einführung<br />
der <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong> viel auf dem<br />
Spiel.<br />
Begrüßenswertes Engagement<br />
Wir begrüßen das Engagement der Bundesregierung,<br />
mit den Expertentagungen zur <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<br />
<strong>Bewertung</strong> klare Vorgaben für die Entwicklung von<br />
sachgerechten Methoden beim Institut für Qualität<br />
und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)<br />
gesetzt zu haben. Diese Vorgaben orientieren sich,<br />
wie im Gesetz gefordert, an den internationalen Standards<br />
der Gesundheitsökonomie und sind insbesondere<br />
unter Beteiligung der deutschen Experten entstanden.<br />
So besteht die Hoffnung, dass diese Vorgaben<br />
vom IQWiG letztendlich umgesetzt werden, obwohl<br />
zur Zeit der Eindruck besteht, dass die Vorschläge<br />
des Expertengremiums keinen Eingang in das<br />
Methodenpapier zur <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong> des<br />
IQWiG gefunden haben. Dies ist besonders bedauerlich<br />
beim Thema „Scoping Workshop“, der viel zur<br />
Transparenz im Prozess hätte beitragen können.<br />
Eine <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong> bedeutet letztendlich,<br />
dass in Deutschland bestimmte Therapien unter<br />
Umständen nicht mehr allen Patienten, die davon<br />
profitieren, ohne zusätzliche Zahlungen des Patienten<br />
zur Verfügung gestellt werden. Dies ist eine wichtige<br />
Frage für Menschen, die nicht über ausreichende<br />
finanzielle Mittel verfügen, um diese zusätzlichen<br />
<strong>Kosten</strong> selbst zu tragen. Die Gesellschaft insgesamt<br />
muss also die Frage beantworten, wie viel ihr Gesundheit<br />
innerhalb des solidarisch finanzierten Systems<br />
wert ist.<br />
Die Methoden und die zugrunde liegenden Werturteile<br />
bei der <strong>Kosten</strong>-<strong>Nutzen</strong>-<strong>Bewertung</strong> sind bereits Teil<br />
dieser Fragestellungen, da sie die Ergebnisse einer<br />
solchen <strong>Bewertung</strong> als Grundlage von Erstattungsentscheidungen<br />
wesentlich mit determinieren. Mit der<br />
Unterstützung des heutigen Symposiums möchten<br />
wir der Diskussion dieser wichtigen Fragen ein Forum<br />
geben.<br />
© gpk