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FORUM MEDICUM<br />
Patientenselbstmanagement – „State of the art“<br />
der langzeitigen oralen Antikoagulantientherapie<br />
Zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern, nach mechanischem Klappenersatz oder nach mehrfachen thromboembolischen<br />
Ereignissen gibt es derzeit keine praktikablen und sicheren Alternativen zur oralen Antikoagulation mit<br />
Cumarinpräparaten. Knapp 3.000 Patienten wurden in den letzten sechs Jahren von der ÖASA (Österreichische<br />
Arbeitsgruppe zur Selbstkontrolle der Antikoagulation) in mittlerweile 20 Schulungszentren ausgebildet, INR-Wert-<br />
Selbstbestimmungen in regelmäßigen Intervallen durchzuführen und die Cumarin-Dosis selbstständig anzupassen. Das<br />
Patientenselbstmanagement (PSM) ist für interessierte, mündige Patienten die beste und sicherste Therapieform und die<br />
therapiebezogene Zufriedenheit ist hoch.<br />
FACHARZT: Was versteht man unter<br />
Gerinnungs-Selbstmanagement und welche<br />
Patienten kommen für diese Therapieform<br />
in Frage?<br />
Prim. Dr. Harald Rubey: Selbstmanagement<br />
(PSM) der oralen Antikoagulation<br />
bedeutet, dass Patienten mit Dauer-Cumarintherapie<br />
nach erfolgreicher<br />
Absolvierung einer durchschnittlich<br />
achtstündigen theoretischen und praktischen<br />
Schulung ihre INR-Kontrollen wöchentlich<br />
mit einem kleinen, tragbaren<br />
Gerinnungsmonitor selbst durchführen<br />
und auch gegebenenfalls die Dosis ihres<br />
gerinnungshemmenden Medikaments<br />
selbst adaptieren. Die Therapieanpassung<br />
erfolgt nach vorgegebenen, einfachen<br />
Regeln innerhalb festgelegter Grenzen.<br />
Bei Unterschreiten eines INR-Wertes<br />
von 1,5 oder Überschreiten eines INR-<br />
Wertes von 5 ist die Konsultation des<br />
behandelnden Arztes zwingend erforderlich.<br />
Darüber hinaus sind drei- bis<br />
viermal jährlich routinemäßige Arztbesuche<br />
zur Kontrolle der INR-Aufzeichnungen,<br />
zum ausführlichen therapeutischen<br />
Gespräch über eventuell aufgetretene<br />
Komplikationen und zum allfälligen<br />
INR-Gegentest verpflichtend.<br />
Alle Patienten mit Dauermedikation<br />
von Cumarinen und Erfüllung der „WAR-<br />
Kriterien“ (willing – able – reliable) profitieren<br />
vom PSM – das Alter stellt keine<br />
Grenze dar. Auch bei betagten Patienten<br />
sollte die INR-Selbstkontrolle erwogen<br />
werden, wenn eine entsprechende Betreuung<br />
durch Angehörige oder einen<br />
Pflegedienst zu Hause gewährleistet ist.<br />
Das Potential, das im PSM steckt, ist in<br />
Österreich bei weitem nicht ausgeschöpft.<br />
Wie sicher ist das PSM? Gibt hier nicht<br />
der Arzt die Therapieführung aus der<br />
Hand?<br />
12<br />
2/2007<br />
Prim. Dr. Harald Rubey, Präsident der ÖASA<br />
Rubey: Die engmaschige Überprüfung<br />
des Gerinnungsstatus beim PSM, mit wöchentlicher<br />
Messung gegenüber in der Regel<br />
vierwöchigen Intervallen in der konventionellen<br />
Therapieführung, eröffnet<br />
die Möglichkeit einer raschen Dosisadaption<br />
des oralen Antikoagulans, erhöht die<br />
Verweildauer innerhalb des therapeutischen<br />
Zielbereichs und senkt damit das<br />
Komplikationsrisiko.<br />
PSM folgt, aus meiner Sicht, dem<br />
Konzept des „Shared Decision Making“,<br />
der partizipativen Entscheidungsfindung.<br />
Einer Form der Arzt-Patienten-Interaktion,<br />
bei der beide Partner aktiv und verantwortlich<br />
an Entscheidungsprozessen<br />
beteiligt sind. Experten gehen davon<br />
aus, dass Compliance durch eine gute<br />
und für beide Seiten fruchtbringende<br />
Kommunikation zwischen Arzt und Patient<br />
erhöht werden kann, wenn sich die<br />
beiden Gesprächspartner über die weitere<br />
Behandlung einig sind. Aus einer<br />
aktiveren Patientenmitbestimmung ist<br />
auch eine Stärkung der Eigenverantwortung<br />
zu erwarten, was zu besseren Therapieerfolgen<br />
führen kann.<br />
In diesem Zusammenhang ist auch eine<br />
fragliche „Non-Compliance“ von Ärzten<br />
anzusprechen. Weltweit wird nur ein<br />
Drittel bis die Hälfte aller Patienten, bei<br />
denen wegen Vorhofflimmerns eine orale<br />
Antikoagulation indiziert ist, auch tatsächlich<br />
behandelt.Vor allem betagte Patienten<br />
mit Vorhofflimmern werden viel<br />
zu selten antikoaguliert. Grund für die<br />
Nichtbehandlung mit Cumarinen ist zumeist<br />
die Angst vor Blutungskomplikationen.<br />
Untermauernd vielleicht eine<br />
Zahlenspielerei: Die Internetrecherche<br />
in Google ergab für „Marcoumar“ rund<br />
43.000 Treffer, für „Marcoumar + Selbstmanagement“<br />
43 Treffer und für „Marcoumar<br />
+ Angst“ 1.160 Treffer.<br />
Häufig erscheinen Patienten regelrecht<br />
„stigmatisiert“ und Aussagen wie „…ich<br />
bin lebenslang zur Einnahme von Marcoumar<br />
verurteilt!“ habe ich in nahezu<br />
jeder Schulung erleben müssen.<br />
Wie kann man den Ärzten und Patienten<br />
die Angst vor der oralen Antikoagulation<br />
nehmen?<br />
Rubey: Wenn ein Patient unter oraler<br />
Antikoagulation eine Blutungskomplikation<br />
erleidet, werden nahezu grundsätzlich<br />
der Gerinnungshemmer und der verordnende<br />
Arzt verantwortlich gemacht,<br />
wenn ein Patient mit z.B. Vorhofflimmern<br />
einen Insult erleidet, wird dies oft<br />
als schicksalhaft in Kauf zu nehmen dar-