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Fotos: Bösendorfer, Portrait Liszt: Wikipedia Commons<br />
The sound of Musik<br />
Von Sonja Knotek<br />
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts steht der Name Bösendorfer für<br />
Klaviere und Flügel hochwertigster Ton- und Materialqualität.<br />
Ignaz Bösendorfer<br />
Gegründet wurde das Unternehmen am<br />
25. Juli 1828 von dem begnadeten Instrumentenbauer<br />
Ignaz Bösendorfer. Seine<br />
Erfahrung in diesem Handwerk hatte<br />
der junge Bösendorfer im Rahmen seiner<br />
Lehre bei dem bekannten Klaviermacher<br />
Joseph Brodmann sammeln können.<br />
Bösendorfer wird Kammerlieferant<br />
des Kaisers<br />
Die Flügel von Bösendorfer haben die Entwicklung der Kammermusik<br />
im 19. und 20. Jahrhundert maßgeblich beeinfl usst. Ignaz<br />
Bösendorfer erhielt im Jahr 1839 den Titel „k.k. Hof-Claviermacher“.<br />
1858 wurde er sogar zum Kammerlieferanten des Kaiserhauses<br />
ernannt. Doch leider verstarb Ignaz Bösendorfer ein Jahr<br />
darauf. Sein damals 24-jähriger Sohn Ludwig übernahm fortan<br />
das Geschäft des Vaters. Da die Titel der Hof- und Kammerlieferanten<br />
auf die Person bezogen waren, musste er erneut ein Gesuch<br />
beim Kaiser einreichen. Den Titel des k.u.k. Hofl ieferanten erhielt<br />
er erst 1866, den des Kammerlieferanten Seiner Majestät 1869.<br />
Ludwig Bösendorfer<br />
10 2700<br />
Das Flügelwunder „Imperial“<br />
Ludwig Bösendorfer führte die Firma mit<br />
viel Geschick weiter, sodass die Instrumente<br />
bald in alle Welt exportiert wurden.<br />
1870 bezog der Betrieb Bösendorfer<br />
das Fabrikgebäude in der Graf-Starhemberg-Gasse<br />
14 im IV. Wiener Bezirk.<br />
Zwei Jahre später fand das erste Konzert<br />
in der ehemaligen Reitschule des Palais<br />
Liechtenstein in der Herrengasse statt,<br />
dem so genannten Bösendorfer-Saal mit<br />
seiner legendären Akustik. Aufsehen erregte<br />
im Jahr 1900 der Imperial-Flügel<br />
mit einem Tonumfang von acht Oktaven.<br />
Mit seinen 290 Zentimetern ist der Imperial<br />
bis heute das einzige Klavier mit<br />
97 Tasten. In dieser Zeit erlebte der<br />
Klavierbau Bösendorfers eine wahre Hochblüte: Die Instrumente<br />
waren technisch ausgereift, nur bestes Material fand<br />
Verwendung und in der Produktion herrschte genaueste Perfektion.<br />
Schwere Rückschläge durch Weltkriege<br />
Ludwig Bösendorfer, der kinderlos geblieben war, verkaufte<br />
1909 die Firma an seinen Freund Carl Hutterstrasser. 1913 fi el der<br />
Bösen dorfer-Saal trotz zahlreicher Proteste der Bauspekulation<br />
zum Opfer. Am Ende des Abschiedskonzerts verließ das Publikum<br />
schweigend den akustisch besten Saal Wiens. Das Gebäude wurde<br />
abgerissen und wie zum Hohn blieb der Platz im Zentrum von<br />
Wien für viele Jahre unbebaut. Ludwig Bösendorfer starb im Jahr<br />
1919. Der Erste Weltkrieg brachte für die Firma einen schweren<br />
Rückschlag. Die Produktion lief nur schleppend wieder an. 1931<br />
traten die Söhne Carl Hutterstrassers, Alexander und Wolfgang, in<br />
die Firma ein, die eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) wurde. Im<br />
Zweiten Weltkrieg erlitt die Firma Bösendorfer den nächsten Rückschlag:<br />
Infolge eines Bombenangriffs verbrannte im Jahr 1944 das<br />
gesamte Holzlager. Als nach dem Krieg die ersten Facharbeiter aus<br />
der Kriegsgefangenschaft zurückkamen, begann der mühevolle<br />
Neuanfang. Langsam konnte die Produktion wieder aufgenommen<br />
und gesteigert werden.<br />
Stiftung Bösendorfer-Ring<br />
Anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Firma stiftete Bösendorfer<br />
im Jahr 1953 einen goldenen Fingerring als Auszeichnung<br />
für den bedeutendsten Pianisten. Erster Träger des Bösendorfer-<br />
Rings wurde Wilhelm Backhaus (1884 – 1969, deutscher Pianist).<br />
Der Ring sollte nach dem Tod des Trägers an einen vorher von ihm<br />
bestimmten, würdigen Nachfolger weitergegeben werden. Backhaus<br />
verstarb, ohne einen Nachfolger zu benennen. Zum 150-jährigen<br />
Bestehen von Bösendorfer erhielt im Jahr 1978 Paul Badura-<br />
Skoda (geboren 1927, österreichischer Pianist) den Ring.<br />
Neue Fabrik in Wiener Neustadt<br />
1966 wurde die Firma Bösendorfer zur Aktiengesellschaft und<br />
zu 100 Prozent von der US-amerikanischen Firma Kimball-International<br />
übernommen. Im Jahre 1973 wurde die Fertigung zum<br />
Großteil in die neue Fabrik in Wiener Neustadt verlegt und 1983<br />
ein neuer Bösendorfer-Saal im Fabriksgebäude in der Graf-Starhemberg-Gasse<br />
eingeweiht. 2001 erhielt das Unternehmen die<br />
Staatliche Auszeichnung (Auszeichnung des Wirtschaftsministers<br />
für außer gewöhnliche Leistungen, Anm. d. Red.) und damit das<br />
Recht zum Führen des Bundeswappens im Geschäftsverkehr. 2002<br />
kam Bösen dorfer wieder in österreichische Hand: Die Firma wurde<br />
von der BAWAG-Unternehmensgruppe übernommen. Nach den<br />
Turbulenzen der BAWAG und deren Übernahme durch den US-<br />
Fonds Cerberus wurde die traditionsreiche Klaviermanufaktur im<br />
Dezember 2007 an den japanischen Musikinstrumentenerzeuger<br />
Yamaha verkauft. Yamaha, selbst einer der größten und bedeutendsten<br />
Klavierhersteller unserer Zeit, hat für Bösendorfer eine<br />
Garantie für den Standort Österreich abgegeben. Im Laufe des ersten<br />
Quartals 2010 sollen Auslandsvertrieb, Verwaltung und Marketing,<br />
derzeit in Wien-Wieden ansässig, in den Produktionsstandort<br />
Wiener Neustadt integriert werden.