Die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit ...
Die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit ...
Die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>von</strong><br />
<strong>Rechtsanwälten</strong> <strong>mit</strong> anderen Berufen<br />
Prof. Dr. Martin Henssler<br />
Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeitsund<br />
Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln<br />
Geschäftsführender Direktor des Instituts für<br />
Anwaltsrecht an der Universität zu Köln
Themenübersicht<br />
I. Einführung – Kooperationsvorteile<br />
II. Das gesetzliche Regelungskonzept<br />
III. Interprofessionelle <strong>Zusammenarbeit</strong> in der<br />
Sozietät<br />
IV. Interprofessionelle <strong>Zusammenarbeit</strong> in der<br />
Partnerschaft<br />
V. Interprofessionelle <strong>Zusammenarbeit</strong> in der<br />
Kapitalgesellschaft<br />
VI. Verfestigte Kooperationen/ Bürogemeinschaften<br />
VII. Internationaler Vergleich<br />
VIII. Ausblick<br />
22.05.2009 2
Gründe für die kooperative Berufsausübung<br />
• Rapide Ausweitung des Wissensstoffes zwingt zur<br />
Spezialisierung<br />
• <strong>Die</strong> Spezialisierungsvorteile kommen nur in der<br />
gemeinschaftlichen Berufsübung vollständig zum Tragen<br />
• Der Arbeitsaufwand bestimmter - vor allem<br />
wirtschaftlicher - Mandate kann nur im Team bewältigt<br />
werden<br />
22.05.2009 3
Gründe für die kooperative Berufsausübung<br />
• Kostenersparnis durch gemeinsame Nutzung der<br />
sachlichen und personellen Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />
• Vertretungsmöglichkeit bei Krankheit, Urlaub und dem<br />
Besuch <strong>von</strong> Fortbildungsveranstaltungen<br />
• Bessere Mandantenakquisition<br />
• Wunsch der Mandanten nach einer Beratung aus einer<br />
Hand<br />
22.05.2009 4
Der Gesellschafterkreis <strong>von</strong> Anwaltsgesellschaften<br />
Verschiedene Problemstellungen:<br />
� <strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>mit</strong> anderen aktiv<br />
<strong>mit</strong>wirkenden Berufen in Berufsausübungsgesellschaften<br />
� Problem: Sicherung der Berufspflichten<br />
� Das Dogma der aktiven Mitarbeit / reine Kapitalbeteiligung<br />
� Kapitalbeteiligungen externer Anwälte<br />
� Reine Kapitalbeteiligungen sonstiger Personen<br />
22.05.2009 5
Gründe für reine Kapitalbeteiligungen<br />
• Bessere Finanzierungsmöglichkeiten<br />
– Gilt primär für internationale Anwaltsgesellschaften<br />
• Erleichterung der Existenzgründung<br />
• Erleichterung anwaltlicher Netzwerke<br />
22.05.2009 6
Berufsrechtliche Grundlagen<br />
• Rechtsanwälte<br />
– Sozietät § 59a BRAO<br />
– Rechtsanwaltsgesellschaft mbH §§ 59c ff. BRAO<br />
• Wirtschaftsprüfer<br />
– Sozietät, einfache PartG § 44b WPO<br />
– Wirtschaftsprüfungsgesellschaft §§ 27 ff. WPO<br />
(OHG, KG, PartG, GmbH, AG,<br />
GmbH & Co KG)<br />
• Steuerberater<br />
– Sozietät, einfache PartG § 56 Abs. 1, 2 StBerG<br />
– Steuerberatungsgesellschaft §§ 49 ff. StBerG<br />
(OHG; KG; PartG, GmbH, AG<br />
GmbH & Co KG)<br />
22.05.2009 7
Fallstudie: Interprofessionelle Fusion<br />
Anwaltssozietät<br />
(4 Rechtsanwälte)<br />
Zielvorgaben:<br />
Steuerberatungsgesellschaft<br />
und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
(3 Steuerberater,<br />
5 Wirtschaftsprüfer,<br />
2 „Dreibänder“)<br />
• Möglichst weitgehende Verschmelzung/Bindung<br />
• Gewinnpooling<br />
• Einheitlicher Marktauftritt<br />
• Möglichst weitgehende Haftungsbeschränkung<br />
•Steuerrechtliche Vertretbarkeit<br />
22.05.2009 8
Gestaltungsvarianten<br />
� Verschmelzung auf eine<br />
– Sozietät<br />
– Partnerschaft<br />
– GmbH / AG<br />
� Gegenseitige Beteiligung (Anteilstausch)<br />
� Holdingkonstruktion (GbR der Seniorpartner hält<br />
Anteile an beiden Gesellschaften)<br />
22.05.2009 9
� Konzernkonstellationen:<br />
Sozietät / Partnerschaft<br />
Gestaltungsvarianten<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft-mbH<br />
� Kooperationen nicht gesellschaftsrechtlicher Art<br />
� Dokumentation durch partielle Namensidentität<br />
(Common branding)<br />
� Benennung der Kooperationspartner auf dem Briefkopf<br />
22.05.2009 10
§ 59a BRAO - Berufliche <strong>Zusammenarbeit</strong><br />
(1) Rechtsanwälte dürfen sich <strong>mit</strong> Mitgliedern<br />
einer Rechtsanwaltskammer und der<br />
Patentanwaltskammer <strong>mit</strong> Steuerberatern,<br />
Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern<br />
und vereidigten Buchprüfern in einer<br />
Sozietät zur gemeinschaftlichen Berufs-<br />
ausübung im Rahmen der eigenen<br />
beruflichen Befugnisse verbinden.<br />
22.05.2009 11
§ 59a BRAO-E<br />
(4) Rechtsanwälte dürfen ihren Beruf<br />
gemeinschaftlich <strong>mit</strong> Angehörigen<br />
vereinbarer Berufe ausüben. Sie dürfen<br />
auch im Einzelfall einen Auftrag<br />
gemeinsam <strong>mit</strong> Angehörigen vereinbarer<br />
Berufe annehmen oder im Auftrag eines<br />
Angehörigen eines vereinbaren Berufs für<br />
dessen Vertragspartner Rechtsdienstleistungen<br />
erbringen. .......<br />
22.05.2009 12
Einstellung zur Erweiterung sozietätsfähiger Berufe<br />
sozietätsfähigen Berufe auch<br />
künftig auf Wirtschaftsprüfer,<br />
Steuerberater u. Patentanwälte<br />
beschränken<br />
58,7%<br />
41,3%<br />
für eine Erweiterung der<br />
sozietätsfähigen Berufe<br />
Quelle: Soldan Berufsrechtsbarometer 2009<br />
Hommerich, Kilian, Anwaltschaft 2009, DAT 2009 - 13
Gewünschte Sozietätspartner<br />
Architekten<br />
Unternehmensberater<br />
Versicherungsagenturen<br />
Sachverständige<br />
Finanzdienstleister<br />
Mediatoren<br />
Patentanwälte<br />
Ingenieure<br />
8%<br />
8%<br />
8%<br />
7%<br />
7%<br />
7%<br />
15%<br />
13%<br />
0% 25% 50% 75% 100%<br />
p
Für eine Erweiterung sozietätsfähiger Berufe<br />
nach Geschlecht<br />
Rechtsanwältinnen<br />
Rechtsanwälte<br />
40%<br />
47%<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
p
Für eine Erweiterung sozietätsfähiger Berufe<br />
nach Spezialisierung<br />
eher Generalist<br />
eher Spezialist (Rechtsgebiete)<br />
eher Spezialist (Zielgruppen)<br />
eher Spezialist (Rechtsgebiet / Zielgruppen)<br />
36%<br />
43%<br />
45%<br />
49%<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Hommerich, Kilian, Anwaltschaft 2009, DAT 2009 - 17
Erweiterung sozietätsfähiger Berufe auf Angehörige...<br />
…anderer verkammerter Berufe<br />
…beliebiger freier Berufe<br />
…beliebiger freier und gewerbl. Berufe<br />
keine Meinung / egal<br />
15%<br />
Basis: Befragte, die für eine Erweiterung der sozietätsfähigen Berufe sind<br />
22%<br />
32%<br />
30%<br />
0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Quelle: Soldan Berufsrechtsbarometer 2009<br />
Hommerich, Kilian, Anwaltschaft 2009, DAT 2009 - 18
Erweiterung sozietätsfähiger Berufe<br />
<strong>Die</strong> Erweiterung sozietätsfähiger Berufe um Angehörige beliebiger freier und<br />
gewerblicher Berufe werden vor allem befürwortet <strong>von</strong><br />
� großen Sozietäten (mehr als 10 Anwälte) <strong>mit</strong> 45%<br />
� <strong>von</strong> Spezialisten auf bestimmte Zielgruppen sowie <strong>von</strong> Spezialisten auf<br />
bestimmte Zielgruppen und Rechtsgebiete (jeweils 40%)<br />
� <strong>von</strong> Kanzleien <strong>mit</strong> einem Anteil gewerblicher Mandate zwischen 91% und<br />
100% (58%)<br />
Quelle: Soldan Berufsrechtsbarometer 2009<br />
Hommerich, Kilian, Anwaltschaft 2009, DAT 2009 - 19
<strong>Die</strong> Haftung in der <strong>interprofessionelle</strong>n Sozietät<br />
• <strong>Die</strong> erwerbsgerichtete GbR ist heute als selbst rechtsfähige<br />
Einheit anerkannt<br />
• Der Mandatsvertrag wird <strong>mit</strong> der <strong>interprofessionelle</strong>n<br />
Sozietät und nicht nur <strong>mit</strong> den jeweils berufsrechtlich<br />
erfüllungsberechtigten Gesellschaftern geschlossen<br />
�Alle Gesellschafter haften danach unabhängig<br />
<strong>von</strong> ihrer Berufsqualifikation für Schäden aus<br />
fehlerhafter Mandatsbearbeitung<br />
• Risiken für neu eintretende Gesellschafter (§ 130 HGB)<br />
• Der IX. Senat des BGH setzt für Altfälle seine abweichende<br />
Rechtsprechung fort (BGH DStR 2009, 1002) und findet<br />
nunmehr eine Lösung über ein unterstelltes Einzelmandat.<br />
22.05.2009 20
§ 27 Berufsordnung - Beteiligung Dritter<br />
„Am wirtschaftlichen Ergebnis anwaltlicher<br />
Tätigkeit dürfen Dritte, die <strong>mit</strong> dem<br />
Rechtsanwalt nicht zur gemeinschaftlichen<br />
Berufsausübung verbunden sind, nicht<br />
beteiligt sein.“<br />
22.05.2009 21
<strong>Die</strong> Beteiligung <strong>von</strong> Kapitalgesellschaften an anderen<br />
Berufsausübungsgesellschaften (Beratungs-Konzern)<br />
• WPO Beteiligung zulässig an Sozietät<br />
und Kapitalgesellschaft<br />
§§ 44b WPO; 28 Abs. 4 WPO<br />
• StBerG Beteiligung an anerkannten<br />
Steuerberatungsgesellschaften<br />
seit 24.6.2000 zulässig,<br />
§ 50a Abs. 1 Nr. 1 StBerG<br />
• BRAO Beteiligung unzulässig<br />
§§ 59a, 59c Abs. 2 BRAO<br />
22.05.2009 22
Der <strong>interprofessionelle</strong> Beratungskonzern<br />
§ 50a StBerG<br />
(1)Voraussetzungen für die Anerkennung ist ferner, daß<br />
1. <strong>Die</strong> Gesellschafter ausschließlich Steuerberater,<br />
Rechtsanwälte, niedergelassene europäische<br />
Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte<br />
Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte, in der Gesellschaft<br />
tätige Personen, deren Tätigkeit als Vorstands<strong>mit</strong>glied,<br />
Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter<br />
nach § 50 Abs. 3 genehmigt worden ist, oder<br />
Steuerberatungsgesellschaften sind.<br />
22.05.2009 23
Der <strong>interprofessionelle</strong> Beratungskonzern<br />
§ 59e BRAO<br />
(1) Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft<br />
können nur Rechtsanwälte und<br />
Angehörige der in § 59a Abs. 1 S. 1, Abs. 3<br />
genannten Berufe sein.<br />
Als zulässig wird eine Holding in Form einer<br />
GbR angesehen (doppelstöckige Gesellschaft).<br />
22.05.2009 24
Weitere berufsrechtliche Divergenzen<br />
• Tätigkeitsverbote bei Vorbefassung (§ 45 Abs. 3 BRAO)<br />
• Zweittätigkeiten<br />
• Verpachtung<br />
• Versicherungsschutz<br />
• Handaktenführung - Aufbewahrungsfristen<br />
• Werbemöglichkeiten (z. B. Bürogemeinschaft)<br />
• Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten<br />
� Für öffentlich-rechtliche Pflichten gilt das Prinzip<br />
der Meistbelastung<br />
� Harmonisierung überfällig<br />
22.05.2009 25
Fazit für die <strong>interprofessionelle</strong> GbR<br />
• Keine stille Beteiligung<br />
• Keine personelle Verflechtung<br />
• Keine Konzernverflechtung<br />
• Haftungsrechtlich unbefriedigende Lage<br />
• Einziger Vorteil: Keine Mehrheitserfordernisse zu<br />
Gunsten eines Berufes<br />
Lösung für gewünschte Verbindungen:<br />
– Leitung der „verbundenen“ Anwaltssozietät<br />
durch Doppelbänder/Gesellschafter der WP-<br />
GmbH<br />
22.05.2009 26
Eckdaten der Regelung der Partnerschaft<br />
• Keine gesamtschuldnerische Haftung der<br />
Partner, sondern gesetzliche Haftungskonzentration<br />
auf den Mandatsbearbeiter (§ 8<br />
Abs. 2 PartGG)<br />
• Vorrang des Berufsrechts vor den<br />
gesellschaftsrechtlichen Regelungen<br />
• Steuerrechtliche Gleichbehandlung <strong>von</strong> PartG<br />
und Sozietät<br />
22.05.2009 27
§ 8 PartGG - Haftung für Verbindlichkeiten der Partnerschaft<br />
(2) Waren nur einzelne Partner <strong>mit</strong> der<br />
Bearbeitung eines Auftrages befasst, so haften<br />
nur sie gemäß Abs. 1 S. 1 für berufliche<br />
Fehler neben der Partnerschaft; ausgenommen<br />
sind Bearbeitungsbeiträge <strong>von</strong><br />
untergeordneter Bedeutung.<br />
• Zentraler Vorteil für die <strong>interprofessionelle</strong><br />
<strong>Zusammenarbeit</strong><br />
• Vorteil für neu eintretende Partner<br />
22.05.2009 28
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> in der Partnerschaft<br />
• Das anwaltliche Berufsrecht kennt keine<br />
Beschränkungen des Gesellschafterkreises,<br />
die über § 59a BRAO hinausgehen.<br />
(Diskriminierung der Rechtsanwälte!)<br />
22.05.2009 29
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> in der Partnerschaft<br />
• <strong>Die</strong> Partnerschaft <strong>von</strong> <strong>Rechtsanwälten</strong> und<br />
Wirtschaftsprüfern:<br />
– Einfache Partnerschaft: keine Beschränkungen,<br />
aber keine Befugnis als gesetzliche Abschlussprüferin<br />
(§ 44b Abs. 1 WPO)<br />
– Anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft:<br />
Mehrheit der Partner müssen<br />
Wirtschaftsprüfer sein (§ 28 Abs. 2 WPO).<br />
22.05.2009 30
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> <strong>Zusammenarbeit</strong> in der Partnerschaft<br />
• <strong>Die</strong> Partnerschaft zwischen <strong>Rechtsanwälten</strong><br />
und Steuerberatern:<br />
– Einfache Partnerschaft: keine Beschränkungen,<br />
ausdrückliche Befugnis zur geschäftsmäßigen<br />
Hilfe in Steuersachen (§§ 3 Nr. 2, 56 Abs. 2<br />
StBerG)<br />
– Anerkannte Steuerberatungsgesellschaft:<br />
Mindestens paritätische Beteiligung <strong>von</strong><br />
Steuerberatern (§ 50 Abs. 4 StBerG).<br />
22.05.2009 31
<strong>Die</strong> Postulationsfähigkeit einer anwaltlichen<br />
Partnerschaftsgesellschaft<br />
§ 7 PartGG<br />
(4) <strong>Die</strong> Partnerschaft kann als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte<br />
beauftragt werden. Sie handelt durch ihre<br />
Partner und Vertreter, in deren Person die für die<br />
Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich<br />
vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfalle vorliegen<br />
müssen, und ist in gleichem Umfang wie diese postulationsfähig.<br />
Verteidiger im Sinne der §§ 137 ff. der StPO ist nur<br />
die für die Partnerschaft handelnde Person.<br />
� Einzelne Anwälte können sich an anerkannten<br />
Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />
beteiligen<br />
22.05.2009 32
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> Kapitalgesellschaft<br />
• <strong>Die</strong> mehrfache berufsrechtliche Zulassung<br />
/Anerkennung und da<strong>mit</strong> ein Auftreten als<br />
„Rechtsanwaltsgesellschaft,<br />
Steuerberatungsgesellschaft und<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH“<br />
ist möglich.<br />
22.05.2009 33
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> Kapitalgesellschaft<br />
• Doppelzulassung als Rechtsanwalts- Rechtsanwalts und<br />
Steuerberatungsgesellschaft<br />
�Rechtsanwälte müssen die Mehrheit der<br />
Geschäftsführer stellen; zugleich müssen<br />
Steuerberater paritätisch an der Geschäfts-<br />
führung beteiligt sein.<br />
�Folge: Erforderlich ist zumindest ein mehrfach<br />
qualifizierter Geschäftsführer.<br />
22.05.2009 34
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> Kapitalgesellschaft<br />
• Bei einem Auftreten als Rechtsanwalts- Rechtsanwalts und<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
�Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer müssen<br />
jeweils sowohl die Mehrheit der Geschäftsanteile<br />
und Stimmrechte als auch der<br />
Geschäftsführer stellen.<br />
�Folge: Hier bedarf es einer Mehrfachqualifikation<br />
sowohl im Kreis der Gesellschafter als auch der<br />
Geschäftsführer.<br />
22.05.2009 35
<strong>Die</strong> <strong>interprofessionelle</strong> Kapitalgesellschaft<br />
• Bewertung: <strong>Die</strong> gesetzliche Regelung ist<br />
insgesamt verfehlt.<br />
• Hindernisse für die notwendige Reform<br />
ergeben sich aus Art. 3 Abs. 3b der<br />
Abschlussprüferrichtlinie: Mehrheit der<br />
Stimmrechte bei WP oder WPG<br />
22.05.2009 36
VI. Interprofessionelle Kooperationen
Vereinbarungen zwischen <strong>Rechtsanwälten</strong> und anwaltlichen<br />
sowie berufsfremden Kooperationspartnern<br />
– Kooperationsvereinbarungen, die nicht auf einen<br />
Zusammenschluss in einer Berufsausübungsgesellschaft<br />
zielen, sind heute durch § 8 BORA<br />
anerkannt.<br />
– Der Rechtsnatur nach handelt es sich um<br />
gegenseitige Verträge sui generis <strong>mit</strong> Geschäftsbesorgungs-<br />
und Werkvertragselementen oder um<br />
eine GbR in der Form einer Innengesellschaft.<br />
22.05.2009 38
BORA – Aktuelle Fassung seit 1. 11. 2004<br />
§ 8 Kundgabe beruflicher <strong>Zusammenarbeit</strong><br />
Auf eine berufliche <strong>Zusammenarbeit</strong> darf nur hingewiesen werden, wenn sie in<br />
einer Sozietät, in sonstiger Weise (Anstellungsverhältnis, freie Mitarbeit) <strong>mit</strong><br />
sozietätsfähigen Personen im Sinne des § 59a Bundesrechtsanwaltsordnung oder<br />
in einer auf Dauer angelegten und durch tatsächliche Ausübung verfestigten verfestigten<br />
Kooperation erfolgt. Zulässig ist auch der Hinweis auf die Mitgliedschaft in<br />
einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung.<br />
§ 9 Kurzbezeichnungen<br />
Bei gemeinschaftlicher Berufsausübung, soweit sie in einer Sozietät,<br />
Partnerschaftsgesellschaft oder in sonstiger Weise (Anstellungsverhältnis, freie<br />
Mitarbeit) <strong>mit</strong> sozietätsfähigen Personen im Sinne des § 59a<br />
Bundesrechtsanwaltsordnung erfolgt, darf eine Kurzbezeichnung geführt werden.<br />
<strong>Die</strong>se muss bei der Unterhaltung mehrerer Kanzleien einheitlich geführt werden.<br />
22.05.2009 39<br />
Prof. Dr. Martin Henssler © 2009
Vereinbarungen zwischen <strong>Rechtsanwälten</strong> und anwaltlichen<br />
sowie berufsfremden Kooperationspartnern<br />
• Ein zentraler Vorteil gegenüber der Sozietät besteht in<br />
der fehlenden Beschränkung der Kooperationspartner<br />
auf die sozietätsfähigen Berufe (BGH v. 25.7.05)<br />
§ 56 V StBerG schließt allerdings weiterhin<br />
Kooperationen <strong>mit</strong> Gewerbetreibenden aus, erlaubt<br />
also nur die Kooperation <strong>mit</strong> den Freien Berufen.<br />
• Anwendungsgebiete ergeben sich etwa im Bereich der<br />
<strong>Zusammenarbeit</strong> <strong>mit</strong> Angehörigen der psychosozialen<br />
Berufe (Mediation), <strong>mit</strong> Unternehmensberatern<br />
oder Versicherungsmathematikern<br />
(betriebliche Altersversorgung).<br />
22.05.2009 40
§ 56 StBerG<br />
(5) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte dürfen eine auf<br />
einen Einzelfall oder auf Dauer angelegte berufliche<br />
<strong>Zusammenarbeit</strong>, der nicht die Annahme<br />
gemeinschaftlicher Aufträge zugrunde liegt, <strong>mit</strong><br />
Angehörigen freier Berufe im Sinne des § 1 Abs. 2 des<br />
Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes sowie <strong>von</strong> diesen<br />
gebildeten Berufsausübungsgemeinschaften eingehen<br />
(Kooperation). Sie sind verpflichtet sicherzustellen, dass bei<br />
der Kooperation ihre Berufspflichten eingehalten werden. Ist<br />
dies nicht gewährleistet, muss die Kooperation unverzüglich<br />
beendet werden.<br />
22.05.2009 41
Vereinbarungen zwischen <strong>Rechtsanwälten</strong> und anwaltlichen<br />
sowie berufsfremden Kooperationspartnern<br />
• Zwischen Mandanten und den Kooperationspartnern müssen<br />
jeweils getrennte Vertragsverhältnisse bestehen.<br />
• § 27 BORA ist zu beachten.<br />
• <strong>Die</strong> Kooperation darf auf Briefkopf und in Kanzleibroschüren<br />
beworben werden, wenn es sich um eine „verfestigte<br />
Kooperation“ handelt (§ 8 S.1 BORA).<br />
� Schriftlichen Fixierung der Rechte und Pflichten der<br />
Kooperationspartner.<br />
• Achtung: Werbung <strong>mit</strong> Bürogemeinschaft nach<br />
§ 53 Abs. 2 BOStB unzulässig!<br />
22.05.2009 42
Interprofessionelle Franchisenetzwerke<br />
• Rechtspolitische Notwendigkeit, auch kleinen<br />
Sozietäten die Vorteile eines Verbundes zu bieten<br />
• In den USA seit langem anerkannt<br />
• Lange Zeit ablehnende Haltung des deutschen<br />
Berufsrechts<br />
• Verschiedene Angebote (Legitas, Janolaw, ETL-<br />
Verbund, Kanzleiketten wie Jura-XX und „Resch &<br />
Gut“) konnten sich bislang nicht durchsetzen, sondern<br />
sind teilweise gescheitert.<br />
22.05.2009 43
Franchisesysteme<br />
• Berufsrechtliche Probleme<br />
– Unabhängigkeit<br />
• Gewährleistet durch §§ 1, 3, 43a Abs. 1 BRAO:<br />
• Franchisegeber darf im berufsrechtlichen Bereich keine<br />
Weisungen erteilen<br />
• Außendarstellung darf nicht den Eindruck eines<br />
Abhängigkeitsverhältnisses des RA erwecken<br />
– Berufsgeheimnis<br />
• Dritten darf durch den RA kein Einblick in Mandantenakten<br />
gewährt werden<br />
• Gleiches gilt nach der Rspr. für den Mandantennamen<br />
22.05.2009 44
– Prävarikation<br />
Franchisesysteme<br />
• Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen innerhalb<br />
des Franchiseverbunds?<br />
• Loyalitätspflicht gegenüber dem Mandanten genießt Vorrang<br />
vor der Vertragspflicht gegenüber dem Franchisegeber<br />
– Gewinnbeteiligungsverbot<br />
• Anforderungen <strong>von</strong> § 27 BORA:<br />
• Dritte (außer Berufsträger) dürfen weder un<strong>mit</strong>telbar noch<br />
<strong>mit</strong>telbar am Erfolg der wirtschaftlichen Tätigkeit des RA<br />
beteiligt werden.<br />
• „Gebühr“ wäre allerdings unbedenklich, § 27 S. 2 BORA<br />
22.05.2009 45
Franchisesysteme<br />
– Provisionsverbot des § 49b Abs. 3 BRAO<br />
• RA darf dem Franchisegeber keine Gegenleistung für<br />
die Ver<strong>mit</strong>tlung <strong>von</strong> Mandaten versprechen<br />
• Zulässigkeit <strong>von</strong> „Gentleman Agreements“?<br />
– Kurzbezeichnung (Common branding)<br />
• Das Anwaltsgericht Hamburg hat die Bezeichnung „Legitas“ für<br />
ein Franchisesystem akzeptiert (NJW 2004, 371).<br />
• Sicherer Weg bis zur höchstrichterlichen Klärung: Gründung einer<br />
EWIV<br />
22.05.2009 46
England: Alternative Business Structures<br />
• Legal Services Bill 2007<br />
• Öffnung für Multidisziplinarität und externe<br />
Kapitalbeteiligungen<br />
• Bestellung einer <strong>von</strong> der Aufsichtsbehörde genehmigten<br />
Person als „Head of Legal Practice“<br />
• Über Clementi - Empfehlungen hinausgehend<br />
• Keine absolute Beteiligungsobergrenze<br />
• Aber Genehmigungspflicht ab 10 %<br />
• Ziel: Stärkung der englischen Anwaltskanzleien im<br />
internationalen Wettbewerb<br />
22.05.2009 47
Reformüberlegungen in Dänemark<br />
• Dänemark seit 1991 Vorreiter in der Entwicklung des<br />
anwaltlichen Gesellschaftsrechts<br />
• Seit 2008 wird Nicht-Anwälten eine Beteiligung <strong>von</strong> bis zu<br />
10 % (Kapitalanteile und Stimmrechte) erlaubt.<br />
• Pflicht zur aktiven Mitarbeit<br />
• Prüfung im anwaltlichen Berufsrecht<br />
• keine gleichberechtigte Partnerschaft<br />
• Öffnung für Berufe <strong>mit</strong> „dienender“ Funktion bei<br />
gleichzeitiger Sicherung der Dominanz der<br />
anwaltlichen Berufausübung<br />
22.05.2009 48
Entwicklung in Frankreich<br />
• Société d’Exercice Libérale (SEL)<br />
• Mehrheit der Stimmrechte bei den in der Gesellschaft<br />
tätigen Berufsträgern<br />
• Ehemals aktive Anwälte, Erben und Vertreter anderer<br />
juristischer Berufe (Notare, Gerichtsvollzieher) dürfen<br />
bis zu 50 % der Anteile oder Stimmrechte halten.<br />
• Holdingkonstruktionen <strong>von</strong> Freiberuflergesellschaften sind<br />
möglich, aber monodisziplinärer Ansatz für Anwälte<br />
• Ziel: Förderung <strong>von</strong> Ketten kleinerer Kanzleien<br />
22.05.2009 49
Ausblick<br />
• Bedarf nach stärkerer Harmonisierung der Berufsrechte<br />
– Keine Einzelaktionen der Fachministerien<br />
mehr!<br />
• <strong>Die</strong> aktuelle Entwicklung - siehe 5. WPO-Novelle - geht in<br />
die entgegengesetzte Richtung<br />
• <strong>Die</strong> Reformüberlegungen zu § 59a BRAO sollten in der<br />
nächsten Legislaturperiode aufgegriffen werden<br />
22.05.2009 50
Reformvorschlag Teil 1<br />
Gesellschafterstellung berufsfremder Mitarbeiter<br />
• Verkammerte Berufe <strong>mit</strong> gesetzlich verankerter<br />
Verschwiegenheitspflicht bei Sicherung der<br />
anwaltlichen Berufspflichten (Grundsatz des strengsten<br />
Berufsrechts)<br />
• Minderheitsbeteiligungen <strong>von</strong> Mitarbeitern im<br />
Managementbereich (Unterstützungsfunktion)<br />
22.05.2009 51
Reformvorschlag Teil 2<br />
Reine Kapitalbeteiligung<br />
• Gebot der aktiven Mitarbeit als Grundsatz unverzichtbar<br />
• Ausnahmen vernünftig bei ehemals aktiven<br />
Gesellschaftern, Witwen und Kindern jeweils für<br />
eine Übergangszeit<br />
• Minderheitsbeteiligungen <strong>von</strong> anderen<br />
Anwaltsgesellschaften zur Erleichterung <strong>von</strong><br />
Netzwerken denkbar<br />
22.05.2009 52