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Mo.-Fr. 7.30 – 12.00 Uhr und Mo., Di., Do. 15.00 - Wilhelmshavener ...

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Seite 28 · <strong>Wilhelmshavener</strong> Zeitung<br />

Gester n<br />

<strong>und</strong>Heute<br />

präsentiert vom<br />

30. Juni 2012<br />

OpahättedasAutobarbezahlt<br />

Hilke Graupner erinnert<br />

sich an ihre schöne<br />

Kinderzeit im Hause<br />

Bismarckstraße 247.<br />

Das Bauernhaus wurde<br />

1970 abgerissen.<br />

VON HARTMUT SIEFKEN<br />

BANT/NEUENDE <strong>–</strong> 1971/72 wurde<br />

die Bismarckstraße vierspurig<br />

ausgebaut. Zuvor rumpelte<br />

der Verkehr über holpriges Kopfsteinpflaster.<br />

Richtung Neuende<br />

hatte die Straße noch weit in<br />

das vorige Jahrh<strong>und</strong>ert hinein<br />

einen Allee-Charakter. Radwege<br />

säumten die Fahrbahn.<br />

Ein beliebtes Ausflugslokal<br />

für viele <strong>Wilhelmshavener</strong> war<br />

das Café Hilmers; es stand an<br />

Stelle des heutigen Europa-<br />

Hochhauses an der Ecke<br />

Schaarreihe.<br />

<strong>Do</strong>ch auch die Kreuzung des<br />

Banter Weges mit der Bismarckstraße<br />

sah vor „Urzeiten“ natürlich<br />

völlig anders aus. Gut erinnert<br />

sich noch Hilke Graupner<br />

aus der Kreuzstraße an den damaligen<br />

Zustand, denn das<br />

Haus ihrer Großeltern, in dem<br />

sie groß geworden ist, stand<br />

ganz nah an dieser Kreuzung -dort,<br />

wo sich heute eine Apotheke<br />

befindet.<br />

<strong>Di</strong>e <strong>Fr</strong>ont des Hauses zeigte<br />

zur Bismarckstraße, in dem großen<br />

Vorgarten standen hohe<br />

Linden. Nach hinten hinaus<br />

schloss sich ein großer Apfelgarten<br />

an. „Im <strong>Fr</strong>ühjahr blühten<br />

im Vorgarten die Tulpen“,<br />

schwärmt Hilke Graupner, <strong>und</strong><br />

übers Jahr versorgten ihre<br />

Großeltern die Neuender Kirche<br />

<strong>und</strong> Pastoren mit frischen Blumen.<br />

In alter Zeit, erinnert sich die<br />

Banterin an alte Erzählungen,<br />

soll in diesem Haus eine Weggeldhebestelle<br />

gewesen sein;<br />

hier musste Wegezoll gezahlt<br />

werden. Hausbesitzer konnten<br />

sich bei der Obrigkeit darum bewerben,<br />

eine solche Stelle zu<br />

betreiben, denn sie verdienten<br />

dann auch selbst daran.<br />

Graupners Großeltern Ricklef<br />

<strong>und</strong> Marie Mehnen kauften<br />

die kleine landwirtschaftliche<br />

Stelle 1896. <strong>Di</strong>e Nachbarn<br />

linker Hand hießen Völtsch <strong>und</strong><br />

betrieben später auf der anderen<br />

Seite der Bismarckstraße,<br />

wo heute das Autohaus steht,<br />

eine Tankstelle. Es war nicht<br />

die einzige Zapfstelle, denn<br />

links <strong>und</strong> rechts vom Mehnenschen<br />

Haus betrieben später<br />

zwei weitere Marken ihre Abgabestationen,<br />

eine davon befand<br />

Das Nordbrock­Gebäude<br />

ragte lange in den Banter<br />

Weg hinein <strong>–</strong> ein Verkehrshindernis.<br />

<strong>Di</strong>eses ehemalige Haus Bismarckstraße<br />

247 wurde<br />

1970abgerissen. FOTO: PRIVAT<br />

sich direkt an der Kreuzungsecke.<br />

An dieser Stelle lockte vor<br />

dem Kriege das legendäre „Elysium“,<br />

ein beliebtes Lokal, so<br />

Hilke Graupner.<br />

<strong>Di</strong>e Rentnerin erinnert sich<br />

an eine im Rückblick lustige Begebenheit.<br />

Ihr Opa war ein bescheidener<br />

Mann <strong>und</strong> bestellte<br />

fleißig seinen Garten. Seine<br />

Hände wusch er sich in der Regentonne.<br />

Offensichtlich machte<br />

er auf die Autoverkäufer<br />

gegenüber keinen solventen<br />

Eindruck. Als er sich eines Tages<br />

entschloss, sich einen VW<br />

zu kaufen, traute man ihm nicht<br />

über den Weg, „obwohl er anbot,<br />

bar zu zahlen“, erinnert<br />

sich Graupner. Tage später allerdings<br />

suchte man ihn auf,<br />

um ihm ganz höflich doch ein<br />

Verkaufsangebot zu unterbreiten.<br />

<strong>Do</strong>ch da war es schon zu<br />

spät. Er hatte das Auto bei der<br />

Konkurrenz in Jever bestellt.<br />

Am Banter Weg, gegenüber<br />

dem heutigen Autohaus, ragte<br />

noch bis Anfang der 60-er-Jahre<br />

das Betriebsgebäude der Firma<br />

Nordbrock in die Straße, erinnert<br />

sich Hilke Graupner. 24<br />

Jahre, so liest man im WZ-<br />

Archiv, rang die Stadt mit dem<br />

Unternehmen, um das Verkehrshindernis<br />

aus dem Weg zu<br />

räumen. Nachdem endlich ein<br />

anderes Gr<strong>und</strong>stück am Banter<br />

Weg gef<strong>und</strong>en war, konnte<br />

Nordbrock umziehen. „Gr<strong>und</strong>stücke<br />

sind in Wilhelmshaven<br />

rar, <strong>und</strong> überall hat der B<strong>und</strong><br />

Hausherrenrechte“, las man<br />

damals, 1962, in der Zeitung.<br />

<strong>Do</strong>ch das Drama um Nordbrock<br />

war noch nicht zu Ende.<br />

Kaum waren die ersten F<strong>und</strong>amentierungsarbeitenangelaufen,<br />

da legte die B<strong>und</strong>esbahn<br />

ihr Veto ein. <strong>Do</strong>rt, wo Nordbrock<br />

baute, plante sie zwischenzeitlich<br />

die Errichtung eines Güterbahnhofs.<br />

Neue Verhandlungen<br />

waren notwendig, um der B<strong>und</strong>esbahn<br />

deutlich zu machen,<br />

dass das von der Firma beanspruchte<br />

Baugelände nicht mit<br />

den Güterbahnhofsplänen kollidierte.<br />

Nach der Übersiedlung des<br />

Betriebes wurde der frei werdende<br />

Gebäudeteil an der Kreuzung<br />

abgerissen. <strong>Di</strong>e Stadt<br />

konnte daran gehen, die Straße<br />

auszubauen, den Engpass zu<br />

beseitigen <strong>und</strong> einen Fußweg<br />

anzulegen. Auch musste die<br />

Ampelanlage in der Folge versetzt<br />

werden.<br />

Belegschaftließauf FluchtMaschinenzurück<br />

Fortsetzung von Seite 28<br />

<strong>Di</strong>e jungen Leute mussten<br />

spuren: Aufstehen um halb<br />

fünf, dann <strong>Fr</strong>ühsport. Nachmittags<br />

stand Sport <strong>und</strong> „Wehrertüchtigung“<br />

auf dem Programm.<br />

„Wir wurden vormilitärisch<br />

gedrillt, als 16-Jähriger<br />

wurde ich gemustert <strong>und</strong> für<br />

kampftauglich bef<strong>und</strong>en. Gott<br />

sei Dank bin ich dann nicht<br />

mehr eingezogen worden.“<br />

Stattdessen trat die Kuhlmann-Belegschaft<br />

im Mai 1945<br />

die Flucht an, hing zwei Wochen<br />

in einem Güterzug auf tschechischer<br />

Seite fest, gelangte dann<br />

über Chemnitz nach Nordhausen<br />

<strong>und</strong> per Anhalter auf Lastwagen<br />

<strong>und</strong> Pferdefuhrwerken<br />

weiter bis an die Jade. „Ein San-<br />

der Bauer brachte uns am<br />

Abend des 2. Juli 1945 das letzte<br />

Stück bis nach Wilhelmshaven,<br />

allerdings nur bis zum Café<br />

Hilmer am Stadteingang, weil<br />

dann die Sperrst<strong>und</strong>e begann.<br />

Also nahmen wir die Beine in<br />

die Hand <strong>und</strong> rannten im Dunkeln<br />

die letzten H<strong>und</strong>erte Meter<br />

nach Hause.“<br />

Der Rüstungshersteller Kuhlmann,<br />

der neben Geschossteilen<br />

Präzisionsgeräte für die<br />

Streitkräfte gefertigt hatte,<br />

musste auf Ruinen aufbauen.<br />

Seine besten Maschinen waren<br />

in Habelschwerdt geblieben<br />

<strong>und</strong> den Russen in die Hände<br />

gefallen.<br />

<strong>Di</strong>e Betriebsgebäude an der<br />

Bismarckstraße war stark be-<br />

schädigt oder zerstört. <strong>Di</strong>e<br />

„Kuhlmänner“ durchsuchten<br />

den Schutt nach noch brauchbarem<br />

oder wieder herstellbarem<br />

Gerät.<br />

„In der Einigungsstraße,<br />

wo sich im Krieg die Granaten-<br />

Werkstatt bef<strong>und</strong>en hatte, fingen<br />

wir wieder an. Hier reparierten<br />

wir in großer Enge landwirtschaftliche<br />

Geräte, aber auch<br />

alles mögliche Andere, was uns<br />

gebracht wurde. Wir wurden mit<br />

allem irgendwie fertig.“<br />

<strong>Di</strong>e ersten Serienfertigungen<br />

für den industriellen Gebrauch<br />

waren Gravurmaschinen.<br />

Später entwickelte Kuhlmann<br />

aus der Not heraus die<br />

ersten Zeichenmaschinen,<br />

Fortsetzung auf Seite 29<br />

Otto Wackerfuß denkt gern<br />

an seine Zeit bei Kuhlmann<br />

zurück. FOTO: SIEFKEN

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