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Zur Lutherdekade bis 2017 (Teil 8):<br />
<strong>Der</strong> Lutherzyklus der Wartburg.<br />
Bild 5 (von 18) – Luther sieht Rom<br />
Das fünfte Bild von Ferdinand Pauwels hält den<br />
Moment des ersten Ausblicks auf die Stadt Rom<br />
fest, deren Mauern und Gebäude in einer schmalen<br />
Zeile weit im rechten Hintergrund in einer<br />
Ebene vor einer Gebirgskette zu erahnen sind.<br />
Luther streckt aufrecht stehend beide Hände in<br />
Richtung seines Reisezieles, während der begleitende<br />
Ordensbruder sich nach vorn beugt und nur<br />
einen Teil des Hinterkopfes erkennen lässt. <strong>Der</strong><br />
Situation am nächsten kommt trotz<br />
der dortigen andersartigen Körperhaltung<br />
Luthers Schilderung: „Im<br />
Jahre [15]10, als ich zum erstem<br />
Male die Stadt [Rom] erblickte,<br />
sagte ich auf der Erde ausgestreckt:<br />
„Sei gegrüßt, heiliges Rom [‚Salve,<br />
sancta Roma!‘] Ja, wahrhaftig von<br />
den heiligen Märtyrern, von deren<br />
Blut es trieft.“ <strong>Der</strong> Ausspruch<br />
entspricht wohl der seinerzeitigen<br />
Auffassung Luthers von der Heiligen<br />
Stadt, während die Fortsetzung<br />
bereits eine spätere Haltung wiedergibt:<br />
„Aber schon war sie zerrissen,<br />
und der Teufel hat dem Papst seinen<br />
Dank darauf geschissen!“<br />
Das Lutherbild gibt richtig wieder,<br />
dass die Augustiner-Eremiten derartige<br />
Reisen mindestens zu zweit und<br />
zu Fuß unternehmen mussten. Wer<br />
der Begleiter war, ist umstritten.<br />
Vermutet wird mitunter der ältere<br />
Klosterbruder und vormalige Lehrer<br />
Johann Nathin (†1529), mit dem<br />
er noch im Herbst 1510 Halle aufgesucht<br />
hatte, jedoch mit über 60 Jahren für den<br />
beschwerlichen Gang nach Rom offenbar zu alt<br />
war. Jüngst wurde Johann von Mecheln als Reiseführer<br />
benannt. Offenbar war der vergleichsweise<br />
junge und über Rom unkundige Luther seinem<br />
Reisegefährten untergeordnet.<br />
Die Reise nach Rom hatte Luther unternommen,<br />
um in einer Auseinandersetzung innerhalb seines<br />
Ordens beim Oberhaupt der Augustiner-Eremiten,<br />
den Generalprior Aegidius von Viterbo (um 1469-<br />
Hörselberg-<strong>Bote</strong> <strong>Nr</strong>. 92 / 2013<br />
40<br />
1532), eine Entscheidung zur Vereinigung der gegensätzlichen<br />
Klöster zu bewirken. Das Erfurter<br />
Kloster opponierte mit am entschiedensten gegen<br />
den im Juli 1510 gefällten und damit zusammenhängenden<br />
Beschluss, Johann Staupitz (vor 1470-<br />
1524) die sächsische Klosterprovinz zu unterstellen.<br />
Nach neuerer Darstellung soll Luther jedoch<br />
nicht als Widersacher von Staupitz losgezogen<br />
sein, sondern um in dessen Auftrag im „Staupitz-<br />
Streit“ beim Ordensgeneral eine Weisung einzuholen.<br />
Nach der bis vor kurzem maßgeblichen Auffassung<br />
brach er von Erfurt im November 1510 auf,<br />
Abb.1: Luther sieht Rom,<br />
Ölgemälde von Ferdinand Pauwels, 1872<br />
zog über Nürnberg, Ulm, Mailand und Florenz<br />
in Rom ein, wo er vier Wochen blieb und wovon<br />
er Ende Januar/Anfang Februar 1511 wieder<br />
abreiste. Jüngst wurde nicht zuletzt mit in den<br />
1980er Jahren edierten römischen Überlieferung<br />
dafür plädiert, dass Luther erst zum Winterhalbjahr<br />
1511/12 wohl nach dem 4. Oktober von<br />
Wittenberg aus nach Rom abreiste. Dies widerspricht<br />
allerdings späteren eigenen Aussagen, im<br />
Jahre 1510 in Rom geweilt zu haben. Er sah im