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Energiepark Pirmasens-Winzeln<br />

Es geht voran!<br />

Maßgeschneiderte Trainings<br />

ISC <strong>Germany</strong>: Kompetenz in Schuh und Leder<br />

„Biiiep“ bei dauerhafter<br />

Fehlbelastung<br />

Verletzungsprävention<br />

Optimal dosiert<br />

Antimikrobielle Schuhmaterialien<br />

Newsletter<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.


2<br />

Newsletter<br />

Inhalt<br />

Inhalt<br />

01.2013 01. 01.2013 2013<br />

Inhalt ........................................................................ 02<br />

Editorial ................................................................... 04<br />

<strong>PFI</strong> Intern<br />

„Strategische Weichen stellen“ ................................ 05<br />

„Das <strong>PFI</strong> kann mit exzellentem Service punkten“ ... 06<br />

„Den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen“ ...... 08<br />

Nachrichten<br />

CADS-Seminare in China und Indien ........................ 10<br />

<strong>PFI</strong> Fareast erfolgreich von DAkkS re-akkreditiert ...... 11<br />

<strong>PFI</strong> Inspektions- und Beratungs-Service in Asien ..... 12<br />

Abteilung Biotechnologie neu organisiert ............. 13<br />

UITIC-Kongress 2013 in Guangzhou ......................... 62<br />

ISC <strong>Germany</strong><br />

Maßgeschneiderte Trainings .................................... 14<br />

Zertifi zierung<br />

01.2013<br />

<strong>PFI</strong> vergibt CE- und GS-Zeichen ................................ 16


Forschung<br />

„Biiiep“ bei dauerhafter Fehlbelastung? ................. 20<br />

Schon mal an die Dynamik gedacht? ....................... 24<br />

Mehr Klarheit in Sachen Materialeigenschaften ....... 26<br />

Optimierung von Zehenschutzkappen .................... 28<br />

Neues elektrisches Tischlastometer ......................... 29<br />

Verbesserte Durchtrittsicherheit ............................. 30<br />

von Sicherheitsschuhen<br />

Selbsttätig schließender Schuh ................................ 31<br />

Biotechnologie<br />

Energiepark Pirmasens-Winzeln: Es geht voran! .... 32<br />

Abwärme zu Nutzwärme .......................................... 34<br />

<strong>PFI</strong> entwickelt Power-to-Gas-Technologie ............... 38<br />

<strong>PFI</strong> auf der BIOGAS 2013 .......................................... 41<br />

<strong>PFI</strong> Biotechnology stärker auf<br />

europäischer Ebene aktiv ......................................... 42<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>PFI</strong> Prüf- und Forschungsinstitut<br />

Pirmasens e.V., Member of <strong>PFI</strong> Group<br />

Institutsleitung:<br />

Dr. Gerhard Nickolaus | Dr. Kerstin Schulte<br />

Adresse: Marie-Curie-Straße 19<br />

66953 Pirmasens / <strong>Germany</strong><br />

Telefon: +49 (0) 6331 2490 0<br />

Telefax: +49 (0) 6331 2490 60<br />

E-Mail: info@pfi -germany.de<br />

Internet: www.pfi -germany.de<br />

Redaktion: Elisabeth Rouiller<br />

Übersetzung: Tony Rackstraw<br />

Design Konzept und Gestaltung:<br />

Konzept fünf - Agentur für Werbung und Design<br />

Internet: www.konzept-fuenf.de<br />

Chemie<br />

01.2013 01. 01.2013 2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Jagd aufs Allergen .................................................... 46<br />

Chrom VI in Lederprodukten .................................... 49<br />

Das Formamid-Problem ............................................ 50<br />

SG-Prüfkriterienkatalog überarbeitet ..................... 52<br />

SVHC-Kandidatenliste wächst .................................. 53<br />

Mikrobiologie<br />

Neue internationale Norm DIN EN ISO 16187 ......... 54<br />

Wasch mich! ............................................................. 56<br />

Optimal dosiert: Antimikrobielle Wirkstoffe<br />

bedarfsgerecht freisetzen ........................................ 58<br />

Bilder:<br />

<strong>PFI</strong>, ISC, HDS/L, Fotolia (S. 20, 28,<br />

30, 31, 46, 47, 50), Uni Stuttgart (S. 2, 22 und 23),<br />

Wikipedia (S. 42), Plastics Europe (S. 43)<br />

Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

nur mit Genehmigung des <strong>PFI</strong>.<br />

Der <strong>PFI</strong> Newsletter im Internet:<br />

www.pfi -group.org/newsletter.html<br />

3


4<br />

Editorial<br />

Newsletter<br />

Liebe Leser,<br />

heute richte ich erstmalig mein Grußwort als neue Institutsleiterin<br />

an Sie. Viele von Ihnen kennen mich als<br />

Abteilungsleiterin der chemischen Analytik und haben<br />

hoffentlich immer mit Interesse die Beiträge zu aktuellen<br />

Schadstoffthemen gelesen. Diese Aufgabe habe<br />

ich nun an die Mitarbeiter aus der chemischen Abteilung<br />

weitergeben und ich bin überzeugt, dass Sie<br />

auch zukünftig viel Wissenswertes aus diesem Bereich<br />

erfahren werden.<br />

Es ist mir ein besonderes Anliegen, mich auf diesem<br />

Wege herzlich für die vielen Glückwünsche anlässlich<br />

der Ernennung zur Institutsleiterin zu bedanken. Die<br />

Entwicklung des <strong>PFI</strong> in den letzten Jahren ist eine Erfolgsgeschichte,<br />

die Dr. Nickolaus maßgeblich geprägt<br />

hat. Jetzt gilt es, den eingeschlagenen Weg mit all<br />

seinen Herausforderungen ebenso erfolgreich weiterzugehen.<br />

Dazu gehört, immer wieder neue Ideen<br />

zu entwickeln und sie in die Tat umzusetzen. Die vor<br />

mir liegenden Aufgaben gehe ich mit großem Elan an,<br />

weil ich von der einzigartigen Kompetenz und Leistungsfähigkeit<br />

des <strong>PFI</strong> überzeugt bin. Und mit Ihrer<br />

Unterstützung, liebe Mitglieder, Kunden und Mitarbeiter,<br />

wird uns das sicher gelingen.<br />

Ihre Dr. Kerstin Schulte<br />

<strong>PFI</strong> Group<br />

EDITORIAL<br />

Liebe Leser,<br />

ich wende mich heute letztmalig als Institutsleiter des<br />

<strong>PFI</strong> in unserem Newsletter zu Wort. Die meisten wissen<br />

es schon: Dr. Kerstin Schulte ist meine Nachfolgerin<br />

und wird nach einer kurzen Übergangsphase die<br />

alleinige Institutsleitung übernehmen. Große und anspruchsvolle<br />

Aufgaben liegen vor ihr. So hat das <strong>PFI</strong><br />

2012 den Ausbau der Biotechnologie im Pirmasenser<br />

Stadtteil Winzeln begonnen. Mit diesem Großprojekt<br />

errichtet das <strong>PFI</strong> ein einmaliges Kompetenzzentrum<br />

in der Westpfalz und sichert die Zukunft des <strong>PFI</strong> und<br />

den Standort Pirmasens. Ich bin überzeugt, Dr. Schulte<br />

wird die Herausforderungen hervorragend meistern.<br />

Nicht umsonst war sie meine Wunschkandidatin für<br />

die Nachfolge und ich freue mich, dass sie sich gegen<br />

eine große Bewerberzahl durchsetzen konnte.<br />

Ich werde noch einige Zeit für das <strong>PFI</strong>, insbesondere<br />

für die <strong>PFI</strong>-Niederlassungen in Asien, tätig sein, möchte<br />

mich aber bereits jetzt von Ihnen verabschieden, Ihnen<br />

für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen fast<br />

30 Jahren danken und Ihnen alles Gute wünschen.<br />

Ihr Dr. Gerhard Nickolaus<br />

<strong>PFI</strong> Group


<strong>PFI</strong> INTERN<br />

Interview mit Manfred Junkert,<br />

Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der<br />

Schuh- und Lederwarenindustrie e.V. HDS/L<br />

„<br />

Strategische<br />

Weichen<br />

stellen“<br />

Welche Kriterien waren für Sie und den <strong>PFI</strong>-Vorstand<br />

ausschlaggebend, um sich für Dr. Schulte als Nachfolgerin<br />

von Dr. Nickolaus zu entscheiden?<br />

Besonders wichtig war, dass Dr. Kerstin Schulte bereits<br />

gute Arbeit unter Beweis gestellt hat. Sie hat die<br />

<strong>PFI</strong>-Abteilung Chemische Analytik sehr kompetent<br />

geführt und kennt das Institut als stellvertretende<br />

Leiterin schon bestens. Zudem hat sie sich durch ihre<br />

Veröffentlichungen einen hervorragenden wissenschaftlichen<br />

Ruf erworben. Bei Dr. Schulte sind wir uns<br />

sicher, dass sie den Ehrgeiz und die Fähigkeiten besitzt,<br />

das Institut weiter zu entwickeln und neue Ideen<br />

einzubringen.<br />

Was erwartet der HDS/L von Dr. Schulte<br />

und vom <strong>PFI</strong>?<br />

Das Institut hat sich in den vergangenen Jahren sehr<br />

dynamisch und erfolgreich entwickelt und seine Aktivitäten<br />

diversifi ziert. In den Bereichen, in denen es tätig<br />

ist, haben die Kunden das <strong>PFI</strong> als zuverlässigen Dienstleister<br />

schätzen gelernt. Nun geht es darum, strategische<br />

Weichen für die Zukunft zu stellen, beispielsweise<br />

in der Frage, auf welchen neuen Handlungsfeldern<br />

das <strong>PFI</strong> profi tabel wachsen kann. Basis ist und bleibt<br />

die Schuh- und Lederwarenindustrie. Darüber hinaus<br />

kann sich das Institut in verwandten Branchen profi -<br />

lieren, aber auch ganz neue Bereiche erschließen, wie<br />

aktuell die Biogasgewinnung.<br />

Manfred Junkert<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Der zweite wesentliche Faktor ist die Internationalität.<br />

Das <strong>PFI</strong> ist für die Schuhwirtschaft in <strong>Deutsch</strong>land<br />

sicherlich die Nummer Eins. Die Institutsleitung steht<br />

vor der Frage: Wie baut das <strong>PFI</strong> seinen internationalen<br />

Auftritt aus, wo muss es für seine Kunden mit seinen<br />

Dienstleistungen vor Ort präsent sein, wo kann<br />

es neue Kunden gewinnen? Das <strong>PFI</strong> hat sich schon in<br />

Hongkong und Istanbul positioniert. Weitere Schritte<br />

der Internationalisierung sind nun zu prüfen.<br />

Wichtig für die Zukunft sind sicherlich auch Partnerschaften<br />

und Kooperationen. Es ist völlig klar, dass ein<br />

mittelständisches Institut nicht allein die Strukturen<br />

aufbauen kann, um auf allen Weltmärken und für alle<br />

Branchen präsent zu sein. Daher gilt es, strategische<br />

Partnerschaften zu schließen, um den für das <strong>PFI</strong> relevanten<br />

Industrien optimalen Service zu bieten und um<br />

sich weiter eigenständig im Wettbewerb zu behaupten.<br />

5


6<br />

Newsletter<br />

Interview mit Dr. Kerstin Schulte,<br />

designierte Leiterin des Prüf- und<br />

Forschungsinstituts Pirmasens e.V.<br />

Dr. Kerstin Schulte machte im Mai ihren Antrittsbesuch<br />

bei Eveline Lemke, der rheinland-pfälzischen Ministerin<br />

für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung<br />

„<br />

Das <strong>PFI</strong> kann<br />

mit exzellentem<br />

Service<br />

punkten“<br />

<strong>PFI</strong> INTERN<br />

Was hat Sie dazu bewogen, sich für die<br />

<strong>PFI</strong>-Institutsleitung zu bewerben?<br />

Was motiviert Sie für die neue Aufgabe?<br />

Vor über zwei Jahren hatte Dr. Nickolaus gefragt, ob<br />

ich mir vorstellen könne, die Institutsleitung zu übernehmen<br />

und wo ich die Zukunft des <strong>PFI</strong> sehe. Damals<br />

dachte ich zum ersten Mal darüber nach, ob ich diese<br />

Herausforderung angehen soll, und habe Vorschläge<br />

gemacht. Ich kenne das Haus gut und möchte, dass<br />

es sich so positiv wie bisher weiterentwickelt. Sicher<br />

bringt ein Wechsel Veränderungen, aber die Veränderungen<br />

sollten zum Haus passen. Ich bin sehr im <strong>PFI</strong><br />

verwurzelt und werde nicht alles anders machen. Ich<br />

habe im „alten“ <strong>PFI</strong> in der Hans-Sachs-Straße angefangen,<br />

in einem Büro im Keller damals. Seither hat<br />

sich viel getan: der Neubau auf der Husterhöhe, die<br />

Diversifi zierung in neue Gebiete, das Entstehen der <strong>PFI</strong><br />

Group. Das alles habe ich als <strong>PFI</strong>-lerin mit getragen.<br />

Die eingeschlagene Richtung ist gut, und ich will das<br />

so weiterführen.<br />

Wofür steht das <strong>PFI</strong>, was sind seine Stärken?<br />

Das <strong>PFI</strong> steht in erster Linie für enge Zusammenarbeit<br />

mit dem Kunden. In allen Belangen der Material- und<br />

Produktprüfungen, seien es physikalische Prüfungen<br />

oder Schadstoffprüfungen, arbeiten wir intensiv mit<br />

den Kunden zusammen und lösen Probleme gemeinsam.<br />

Unsere Stärke, das loben die Kunden immer wieder,<br />

ist der direkte Kontakt zu den Leuten im Labor, die<br />

zeitnahe Hilfe. In den über 60 Jahren unseres Bestehens<br />

haben wir im Prüfsektor ein enormes Know-how<br />

erworben. Das wissen unsere Kunden zu schätzen.<br />

Das <strong>PFI</strong> steht außerdem für Ideenreichtum und Innovation:<br />

Das beweist zum Beispiel die <strong>PFI</strong> Biotechnologie,<br />

die Benjamin Pacan aufgebaut hat und die kundenseitig<br />

auf internationaler Ebene große Anerkennung<br />

erntet. Das wollen wir weiter ausbauen.<br />

Unter dem Stichwort Ideenreichtum und Innovation<br />

ist ebenso der Bereich Forschung zu nennen, der von<br />

Peter Schultheis koordiniert wird. Hier werden mittlerweile<br />

auch auf europäischer Ebene Projekte für das<br />

<strong>PFI</strong> beantragt – das ist Neuland für uns – und es gibt<br />

bereits erste Erfolge. Diese Dinge müssen wir intensivieren,<br />

damit wir breiter aufgestellt sind.


Gerade über die EU-Projekte hoffen wir, in neue Bereiche<br />

außerhalb des Sektors „Schuhe“ reinzukommen.<br />

Die Arbeit auf europäischer Ebene läuft jeweils mit anderen<br />

Instituten als Projektpartnern. Das erlaubt, ein<br />

Netzwerk aufzubauen, und man wird dann auch von<br />

anderen Forschungsstellen als Partner angefragt.<br />

Gibt es auch Schwächen?<br />

Die personellen und fi nanziellen Kapazitäten des<br />

Hauses sind begrenzt. Speziell das Schreiben der Forschungsanträge<br />

ist sehr zeitintensiv und bindet Personal.<br />

Weiterhin sehe ich den Gerätebau als sehr problematisch<br />

und wenig zukunftsträchtig an. Wir können<br />

bei unserer Kostenstruktur nicht konkurrenzfähig sein.<br />

Auch unser Prüfwesen steht in massivem Konkurrenzkampf<br />

mit weltweit agierenden Anbietern, sodass wir<br />

auch hier versuchen müssen, unsere Kosten zu reduzieren.<br />

Auf der anderen Seite sind die Leute im Haus<br />

hochmotiviert und machen immer wieder Unmögliches<br />

möglich. So gesehen ist das dann wieder eine Stärke.<br />

Wie wichtig ist die Schuhindustrie heute<br />

und in Zukunft für das <strong>PFI</strong>?<br />

Die Schuhindustrie ist und bleibt wichtig für das <strong>PFI</strong>.<br />

Sie hat die Entwicklung des Instituts mit getragen und<br />

ist im Vorstand vertreten. Aber man muss die Veränderungen<br />

beobachten, denen die Schuhindustrie unterliegt.<br />

Unsere Kunden sind heute größtenteils nicht<br />

mehr Schuhhersteller, sondern Importeure, die Schuhe<br />

in Asien fertigen lassen und sie nach Europa einführen.<br />

Von ihnen kam der Wunsch, dass das <strong>PFI</strong> in Asien präsent<br />

sein sollte. Die Gründung von <strong>PFI</strong> Hongkong, China<br />

und <strong>PFI</strong> Istanbul trug diesem Wunsch Rechnung.<br />

Welche Aktivitätsfelder des <strong>PFI</strong> möchten Sie<br />

gerne ausbauen oder neu ansiedeln?<br />

Es gibt bereits Ideen, aber das <strong>PFI</strong> sollte sich mit Bedacht<br />

entwickeln. Ich könnte mir vorstellen, dass wir<br />

auch in Südamerika Geschäftsbeziehungen aufbauen<br />

beziehungsweise ein Büro eröffnen.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Wie differenziert sich das <strong>PFI</strong> von seinen Wettbewerbern?<br />

Unsere Wettbewerber im Prüfwesen sind mit ihren Labors<br />

weltweit vertreten. Dafür sind wir zu klein. Wir<br />

können dagegen mit exzellentem Service punkten.<br />

Unsere Kunden loben, dass wir schnell und zuverlässig<br />

sind, vieles möglich machen und bei Rückfragen immer<br />

direkt und kompetent Hilfestellung geben können. Im<br />

Bereich Forschung gibt es auf europäischer Ebene weitere<br />

Schuhinstitute wie das <strong>PFI</strong>. Hier müssen wir über<br />

die EU-Forschungsprojekte, die jetzt angestoßen sind,<br />

bekannter werden, Kontakte knüpfen und stärker auf<br />

internationaler Ebene agieren.<br />

Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen?<br />

Ich denke, mein Führungsstil ist teamorientiert. Ich<br />

war ja selber lange Jahre Abteilungsleiterin und habe<br />

mit den Kolleginnen und Kollegen eng zusammengearbeitet.<br />

Das möchte ich fortführen. Doch in der neuen<br />

Position muss ich Entscheidungen so treffen, dass sie<br />

für das gesamte Haus eine gute Lösung sind. Ich hoffe,<br />

dass trotzdem immer das ganze Team hinter mir stehen<br />

wird, auch wenn es nicht zu vermeiden sein wird,<br />

dass einzelne Personen mal nicht hundertprozentig<br />

mit meiner Entscheidung einverstanden sind.<br />

Welche Bereiche sind echtes Neuland für Sie?<br />

Zunächst muss ich das Haus komplett kennenlernen.<br />

Es gibt viel zu lernen, speziell in den Bereichen Verwaltung,<br />

Finanzen und Buchhaltung. Es gilt zu verstehen,<br />

wie das <strong>PFI</strong> mit seinem besonderen Status als<br />

gemeinnütziges Institut funktioniert, und die rechtlichen<br />

Grundlagen genau zu kennen. Wir sind nicht<br />

gewinnorientiert. Die Forschung ist in unseren Statuten<br />

verankert. Wir müssen einen gewissen Umfang an<br />

Forschungsarbeit leisten, um dem Status der Gemeinnützigkeit<br />

zu entsprechen. Wir versuchen, mit dem<br />

Prüfbereich, der Gewinn abwirft, den defi zitären Forschungsbereich<br />

auszugleichen. Dieses Gleichgewicht<br />

darf nicht kippen. Aber die Gewinne kann man nicht<br />

spontan dort einsetzen, wo man Bedarf sieht, sondern<br />

sie müssen „zweckgebunden“ verwendet werden. Die<br />

Schwierigkeit liegt darin, das richtige Maß zu fi nden,<br />

um keine Fehlentscheidungen zu treffen. Aber ich<br />

kann mich hier auf ein erfahrenes Team stützen.<br />

7


8<br />

Newsletter<br />

Interview mit Ralph Rieker,<br />

Vorsitzender des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Ralph Rieker<br />

„<br />

Den eingeschlagenen<br />

Weg weiterverfolgen“<br />

<strong>PFI</strong> INTERN<br />

Welche Kriterien waren ausschlaggebend für Sie und<br />

den <strong>PFI</strong>-Vorstand, um sich für Dr. Schulte zu entscheiden?<br />

Auf die Ausschreibung zur Institutsleitung gingen<br />

über 25 Bewerbungen ein. 12 Kandidaten luden wir<br />

zum Gespräch ein. Zwei kamen in die Endrunde. Sie<br />

lagen nahe beieinander. Entscheidend war letztlich<br />

der „Stallgeruch“: Dr. Schulte kennt das Haus und die<br />

Branche seit 16 Jahren. Aber sie erfüllt auch alle anderen<br />

Kriterien: wissenschaftlicher Background, unternehmerisches<br />

Denken, Kundenorientierung und Führungskompetenz.<br />

Was erwarten Sie von Dr. Schulte als Institutsleiterin?<br />

Erstens, dass sie den eingeschlagenen Weg des <strong>PFI</strong> weiterverfolgt<br />

und das Institut an die Veränderungen der<br />

Zeit anpasst. Der eingeschlagene Weg, das bedeutet<br />

an erster Stelle Diversifi zierung. Wir wollen Kompetenz<br />

in neuen Bereichen aufbauen, ohne den Sektor<br />

„Schuh“ zu vernachlässigen – er wird immer die Kernkompetenz<br />

des <strong>PFI</strong> bleiben. Ein Beispiel für die Diversifi<br />

zierung ist die <strong>PFI</strong> Biotechnologie, die seit 2003<br />

besteht und sich seither sehr erfolgreich etabliert hat.<br />

Außerdem ist das <strong>PFI</strong> im Testing breiter aufgestellt: Es<br />

bietet inzwischen auch mikrobiologische Prüfungen<br />

an und testet nicht mehr nur Schuhe und Schuhmaterialien,<br />

sondern Gebrauchsgüter von Spielzeugen über<br />

Bälle bis hin zu Brillen.<br />

Das zweite Ziel ist, unsere Kunden nach Möglichkeit<br />

vor Ort bedienen zu können. Wir haben mittlerweile<br />

Büros und Testlabors in China und der Türkei, um Ergebnisse<br />

schneller liefern zu können, und wir denken<br />

über den Aufbau einer Teststation in Indien nach.<br />

Wo liegen die Stärken und Schwächen des <strong>PFI</strong>?<br />

Die Stärke des <strong>PFI</strong> liegt in seiner Marktposition. Es hat<br />

sich ein sehr gutes Renommée erarbeitet hinsichtlich<br />

der Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der Produktprüfungen,<br />

der Beratungsqualität sowie der Forschungstätigkeit.<br />

Wir schauen oft genauer hin als unsere<br />

Wettbewerber: So einiges, was die Konkurrenz durchwinkt,<br />

hätte von uns kein Label erhalten. Neben der<br />

Prüftätigkeit ist die gemeinnützige Forschung eine<br />

Aufgabe des <strong>PFI</strong>, so steht es in seinen Statuten als eingetragener<br />

Verein.


Bezüglich der Forschung hat sich nun eine Schwäche<br />

herauskristallisiert, die aus Veränderungen in der<br />

Forschungsförderung der Öffentlichen Hand resultiert,<br />

wodurch wir mit Universitäten und Fachhochschulen<br />

konkurrieren müssen. Ich sehe darin keinen<br />

fairen Wettbewerb, da die öffentlichen Hochschulen<br />

im Gegensatz zum <strong>PFI</strong> über eine steuerfi nanzierte<br />

Grundfi nanzierung verfügen und auf Diplomanden,<br />

Doktoranten und Studierende als kostengünstige Arbeitskräfte<br />

zurückgreifen können. Das macht für uns<br />

das Einwerben von Forschungsfördermitteln schwieriger,<br />

aber wir steuern dagegen an: Auch die EU vergibt Forschungsgelder,<br />

und über die neue HDS-L Geschäftsstelle<br />

in Brüssel konnten wir schon einige Türen öffnen. EU-<br />

Forschungsprojekte fördern auch die Zusammenarbeit<br />

von Forschungsstellen untereinander. Das bringt Vernetzung,<br />

und zwar innerhalb der Branche wie auch<br />

branchenübergreifend. Allerdings ist die Antragstellung<br />

für EU-Forschungsprojekte recht aufwändig. Zwischen<br />

der Einreichung eines Antrags und dessen Bewilligung<br />

liegen bis zu 18 Monate.<br />

Was ist die langfristige Geschäftsstrategie des <strong>PFI</strong>?<br />

Auf eine Formel gebracht: Wir wollen unternehmerisch<br />

unterwegs sein und von Subventionen unabhängig.<br />

Wird das <strong>PFI</strong> neue Aktivitätsfelder angehen?<br />

Ich bin ein Verfechter der kleinen Schritte: Erst eine<br />

Sache zu Ende bringen, bevor ich neue Baustellen aufmache.<br />

Wir wollen kontinuierliches, fundiertes Wachstum<br />

und sind mit den neuen Feldern, die wir begonnen<br />

haben, gut ausgelastet. Dazu gehört die Biotechnologie,<br />

aber auch das ISC, das vom <strong>PFI</strong> lanciert wurde. Das<br />

ISC ist ein eigenständiges Unternehmen unter dem<br />

Dach der <strong>PFI</strong> Group. Es unterstützt die Schuhindustrie,<br />

indem es die Wissenserosion bekämpft, die bei einer<br />

ganzen Reihe von Unternehmen durch Produktionsverlagerung<br />

und In-den-Ruhestand-gehen von Wissensträgern<br />

stattgefunden hat. Es bündelt Schuhherstellungskompetenz<br />

und vermittelt sie in Trainings an<br />

Mitarbeiter von weltweit operierenden Firmen, sei es<br />

im Schaftbau, der Montage, der Klebetechnik oder der<br />

Produktionssteuerung.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Wird Dr. Nickolaus auch nach dem offi ziellen Stabwechsel<br />

für das <strong>PFI</strong> tätig sein, zum Beispiel als Berater?<br />

Dr. Nickolaus hat sich in seiner Zeit am <strong>PFI</strong> vom Chemiker<br />

– als Leiter der Chemischen Analytik bis 1999 – zum<br />

Unternehmer gewandelt, der mit viel Zielorientierung<br />

ein internationales Unternehmen aufgebaut hat. Es<br />

ist sein Wunsch, 2014 aus dem <strong>PFI</strong> in Pirmasens auszuscheiden.<br />

Wir haben genügend Zeit für den Übergang.<br />

Die Phase der Doppelspitze Schulte/Nickolaus wird bis<br />

Mitte 2014 andauern. Dann muss Dr. Schulte schwimmen.<br />

Dr. Nickolaus wird anschließend noch vorübergehend<br />

die asiatischen Niederlassungen betreuen.<br />

Wenn Sie Dr. Schultes Boxcoach wären, mit welcher<br />

Devise würden Sie sie in den Ring schicken?<br />

Die Devise lautet „Akquise“. Das <strong>PFI</strong> muss kommunizieren,<br />

wie fl exibel es seinen Kunden rund um die Uhr<br />

zur Verfügung steht, und dass es den Begriff „Dienstleistung“<br />

sehr ernst nimmt.<br />

9


10<br />

Newsletter<br />

CADS-Anliegen kommt gut an in Asien<br />

CADS-Seminare<br />

in China und Indien<br />

Vermeidung von Schadstoffen, Umweltschutz und<br />

Nachhaltigkeit in der gesamten Herstellungskette stehen<br />

auf der Agenda der unter dem Dach des <strong>Deutsch</strong>en<br />

Schuhinstituts angesiedelten Kooperation CADS weit<br />

oben. Die Internationalisierung dieser Projekte genießt<br />

dabei einen besonders hohen Stellenwert. Daher<br />

führte das <strong>PFI</strong> Hongkong im Auftrag von CADS<br />

Seminare in China und Indien durch.<br />

Ziel der Seminare war es, Techniker und Manager aus<br />

chinesischen und indischen Schuhfabriken mit den<br />

gesetzlichen Anforderungen bezüglich gesundheitsschädlicher<br />

Stoffe in Bedarfsgegenständen für den<br />

Europäischen Markt vertraut zu machen, sowie die<br />

neuen CADS-Grenzwerte vorzustellen und technische<br />

Lösungen zur Vermeidung oder Verminderung der kritischen<br />

Stoffe aufzuzeigen.<br />

170 Teilnehmer kamen zu den CADS-Seminaren<br />

des <strong>PFI</strong> in Wenzhou und Dongguan<br />

NACHRICHTEN<br />

In China fand die Veranstaltung am 20. und 22. November<br />

2012 in Wenzhou und Dongguan statt. Insgesamt<br />

besuchten 170 Teilnehmer die Seminare, die in<br />

chinesischer Sprache abgehalten wurden. Die rege Diskussion<br />

bewies das lebhafte Interesse der Teilnehmer<br />

an den Seminarinhalten.<br />

Am 4. und 6. Juni 2013 wurden ebensolche CADS-Seminare<br />

– diesmal auf Englisch – in Indien angeboten, und<br />

zwar in den Schuh-Ballungszentren Chennai und Noida<br />

(diese Termine lagen nach unserem Redaktionsschluss).<br />

Weitere CADS-Seminare sind in Vorbereitung.<br />

Nähere Informationen<br />

CADS Cooperation at DSI<br />

c/o DSI - <strong>Deutsch</strong>es Schuhinstitut GmbH<br />

Postfach 100761<br />

63007 Offenbach/Main<br />

Telefon: +49 (69) 82 97 42-0<br />

E-Mail: info@cads-shoes.com<br />

Web: www.cads-shoes.com<br />

oder<br />

<strong>PFI</strong> Hong Kong Limited<br />

Suite 512, ChinaChem Golden Plaza<br />

77 Mody Road,<br />

Tsim Sha Tsui East<br />

Kowloon, SAR Hong Kong<br />

Telefon: +852 2676 3355<br />

E-Mail: candice.wang@pfi .hk<br />

Web: www.pfi .hk


CHEMIE<br />

Vom 22. bis 24. April 2013 wurde <strong>PFI</strong> Fareast von der<br />

<strong>Deutsch</strong>en Akkreditierungsstelle DAkkS auditiert.<br />

Bereits zum zweiten Mal hat das Labor diese Qualitätsprüfung<br />

bestanden, die bescheinigt, dass die einschlägigen<br />

Standards für Dienstleistungslaboratorien<br />

erfüllt werden. Auftraggeber können also sicher sein,<br />

dass das Labor in allen Belangen der Produkt- und Materialprüfung<br />

kompetent ist und korrekte Ergebnisse<br />

liefert.<br />

Das Labor in Quanzhou bietet allen asiatischen Kunden<br />

einen umfassenden Prüfungs-, Inspektions- und<br />

Beratungs-Service, genau wie dies vom <strong>PFI</strong> Pirmasens<br />

für europäische Kunden angeboten wird.<br />

Mit der Akkreditierung unterwirft sich das Labor in<br />

Quanzhou der regelmäßigen Kontrolle durch die<br />

DAkkS. Neben der DAkkS-Akkreditierung verfügt das<br />

Labor über Akkreditierungen der chinesischen Akkreditierungsstelle<br />

CNAS und der US-amerikanischen CPSIA.<br />

Die beiden Geschäftsführer des <strong>PFI</strong> Fareast, Professor<br />

Zhenbin Gong und Dr. Gerhard Nickolaus, zeigten<br />

sich hocherfreut über die hervorragende Leistung des<br />

jungen, hoch qualifi zierten und hoch motivierten <strong>PFI</strong><br />

Fareast-Teams.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Prüfl abor in Quanzhou<br />

<strong>PFI</strong> Fareast erfolgreich von<br />

DAkkS re-akkreditiert<br />

Das Labor <strong>PFI</strong> Fareast ist in der Stadt Quanzhou ansässig.<br />

Quanzhou hat über acht Millionen Einwohner<br />

und liegt in der Provinz Fujian, der Partnerprovinz von<br />

Rheinland-Pfalz. Quanzhou ist einfach zu erreichen<br />

über die Flughäfen Quanzhou-Jinjiang oder Xiamen.<br />

Fareast<br />

Von links: Tommy Ou, Prof. Zhenbin (Ben) Gong,<br />

Elyn Zhuang, Dr. Michael Scheutwinkel (DAkkS),<br />

Barbara Voon (DAkkS), Dr. Gerhard Nickolaus,<br />

Scarly Luo, Ethan Zhang und Jerry HE<br />

Kontakt<br />

<strong>PFI</strong> Fareast Ltd.<br />

Prof. Zhenbin Gong, Dr. Gerhard Nickolaus<br />

<strong>PFI</strong> Fareast Building, Changfeng St.,<br />

Xunmei Industrial Zone,<br />

Eastern District of Quanzhou City, Fujian, VR China<br />

Telefon: +86 595 2802 1199<br />

Telefax: +86 595 2802 0866<br />

E-Mail: candice.wang@pfi .hk<br />

Web: www.pi-fareast.com<br />

11


12<br />

Newsletter NACHRICHTEN<br />

Umfassendes Angebot: Von Kontrollieren bis Optimieren<br />

<strong>PFI</strong> Inspektions- und<br />

Beratungs-Service in Asien<br />

<strong>PFI</strong> Chief Inspector<br />

Frank Liesenhoff<br />

im Einsatz<br />

Waren im Gesamtwert von rund 150 Millionen Euro<br />

wurden im letzten Jahr vom <strong>PFI</strong> in Südostasien im<br />

Auftrag verschiedener Kunden inspiziert. Neben der<br />

reinen Fertigwareninspektion bietet das <strong>PFI</strong> auch<br />

Produktionsüberwachung (reine Kontrolle) und Produktionsbegleitung<br />

(Produktionskontrolle inklusive<br />

Beratungsleistung zur Modell- und Produktionsoptimierung)<br />

an. Für die Kunden entsteht dadurch ein<br />

erheblicher Kostenvorteil gegenüber dem Einsatz eigener<br />

Inspektoren und Techniker.<br />

Seit mehr als zehn Jahren führt das <strong>PFI</strong> Wareninspektionen,<br />

Produktionsbegleitungen und Beratungen<br />

in Süd-Ostasien durch. Die Schwerpunktländer sind<br />

China, Vietnam und Kambodscha, aber auch andere<br />

Länder in Süd-Ostasien werden bedient. Die zentrale<br />

Koordination des Services in Südostasien ist Aufgabe<br />

des <strong>PFI</strong> Hong Kong Ltd.<br />

Das <strong>PFI</strong> Hong Kong Ltd. arbeitet ausschließlich mit europäischen<br />

Inspektoren und verzichtet bewusst auf den<br />

Einsatz lokaler Inspektoren. Alle <strong>PFI</strong>-Inspektoren haben<br />

eine schuhtechnische Ausbildung und mindestens 15<br />

Jahre Berufserfahrung in der Schuhindustrie. Parallel zu<br />

den Inspektionen können auch sämtliche chemischen<br />

und physikalischen Laboruntersuchungen in eigenen<br />

Labors in Südostasien durchgeführt werden.<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Gerhard Nickolaus oder Hui Ching Wang<br />

<strong>PFI</strong> Hong Kong Ltd.<br />

Offi ce 512, ChinaChem Golden Plaza77<br />

Mody Road, Tsim Sha Tsui East<br />

Kowloon, SAR Hong Kong<br />

Telefon: +852 2676 3355<br />

E-Mail: gerhard.nickolaus@pfi .hk<br />

candice.wang@pfi .hk


Seit dem 1. Mai 2013 hat die <strong>PFI</strong>-Abteilung Biotechnologie<br />

eine neue Struktur. Angesichts der vielen neuen<br />

Aktivitäten in diesem Bereich wurde es notwendig,<br />

die einzelnen Aufgabengebiete voneinander abzugrenzen<br />

und die Abteilung in zwei Abteilungen zu<br />

splitten. Im Zuge der Neuorganisation wird die bisherige<br />

Abteilung „Mikrobiologie“ in einer der neuen<br />

Abteilungen integriert.<br />

Aktuell gibt es nun die Abteilung<br />

„Biotechnologie und Mikrobiologie“,<br />

die von Dr. Stefan<br />

Dröge geleitet wird. Stefan Dröge<br />

ist seit Anfang 2007 am <strong>PFI</strong><br />

beschäftigt und hat seither zahlreiche<br />

Projekte auf dem Gebiet<br />

der Prozessbiologie in Biogasanlagen und mikrobiellen<br />

Fermentationsverfahren erfolgreich durchgeführt.<br />

Die Schwerpunkte dieser Abteilung sind Forschung<br />

und das Akquirieren von Projekten.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

<strong>PFI</strong>-intern<br />

Abteilung Biotechnologie<br />

neu organisiert<br />

Dr. Stefan Dröge<br />

Dipl.-Ing. (FH) Benjamin Pacan<br />

Die zweite neue Abteilung<br />

heißt „Forschungsanlagen“<br />

und wird von Benjamin Pacan<br />

geleitet, der seit 2003 am<br />

<strong>PFI</strong> tätig ist und den Bereich<br />

Biotechnologie aufgebaut<br />

hat. Die Abteilung „Forschungsanlagen“ konzentriert<br />

sich auf die Entwicklung von neuen Technologien im<br />

Zusammenhang mit dem Energiepark Winzeln und<br />

wird Forschungsprojekte im Bereich der erneuerbaren<br />

Energien akquirieren. Auch sind in dieser Abteilung<br />

die Projekte zur energetischen Betrachtung von Gebäuden<br />

im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm<br />

der Stadt Pirmasens angesiedelt.<br />

13


14<br />

Newsletter ISC GERMANY<br />

ISC <strong>Germany</strong>: Kompetenz in Schuh und Leder<br />

Maßgeschneiderte Trainings<br />

Das ISC <strong>Germany</strong> ist auf den Feldern Aus- und Weiterbildung,<br />

Forschung und Entwicklung sowie Beratung<br />

aktiv. Das Service-Angebot wendet sich an die<br />

Schuhindustrie, deren Zulieferer sowie den Handel.<br />

Eine Spezialität des ISC <strong>Germany</strong>, die weltweit ihresgleichen<br />

sucht, ist die Konzeption maßgeschneiderter<br />

Schulungen mit hohem Praxisanteil für Techniker, Einkäufer<br />

oder Verkaufspersonal. Diese Trainings werden<br />

ganz nach den individuellen Anforderungen und<br />

Bedürfnissen der Auftraggeber entwickelt. Beim ISC<br />

<strong>Germany</strong> kommt kein Training von der Stange!<br />

Bei ISC-Trainings wird die Theorie auch immer<br />

in der Praxis demonstriert<br />

Um ein Training optimal auf die individuellen Bedürfnisse<br />

der Kunden auszurichten, erstellt das ISC<br />

<strong>Germany</strong> im Vorfeld ein sehr detailliertes Trainingskonzept,<br />

das Punkt für Punkt mit dem jeweiligen<br />

Auftraggeber abgestimmt wird.<br />

Das ISC <strong>Germany</strong> unterstützt die Unternehmen der Leder-<br />

und Schuhbranche mit einem praxisorientierten<br />

Aus- und Weiterbildungsangebot bei der Qualifi zierung<br />

ihrer Mitarbeiter. Seine Haupttätigkeit dabei ist<br />

die Entwicklung maßgeschneiderter Schulungen. Sie<br />

werden in enger Kooperation mit den Auftraggebern<br />

konzipiert und ganz konkret auf die jeweiligen Bedürfnisse<br />

ausgerichtet. Kunden und Partner bewerten<br />

die Fähigkeit des ISC, fi rmenindividuelle Trainings für<br />

Techniker, Einkäufer oder Verkaufspersonal zu entwickeln,<br />

als einzigartig.<br />

Dozenten mit großer Praxiserfahrung<br />

Als Lehrkräfte setzt das ISC neben den hoch qualifi -<br />

zierten Inhouse-Dozenten auch externe Referenten<br />

ein, die alle praxiserfahrene Experten aus unterschiedlichen<br />

Fachbereichen sind. Speziell dieses Netzwerk<br />

mit externen Trainern erlaubt es dem ISC, praxisorientiertes<br />

Know-how aus vielfältigen Bereichen zugänglich<br />

zu machen.<br />

Die Schulungen fi nden entweder an der ISC-Zentrale<br />

in Pirmasens statt – wo die Lehrgangsteilnehmer in<br />

der hochmodernen „ISC-Lernfabrik“ alles theoretisch<br />

Erlernte direkt in die Praxis umsetzen – oder bei den<br />

Kunden in aller Welt, und zwar wahlweise in deutscher<br />

oder englischer Sprache. Diese ISC-Lernfabrik ist<br />

technologisch auf dem modernsten Stand und dient<br />

neben Schulungszwecken auch zur Musterfertigung<br />

und zur Erprobung neuer Methoden.


Full-Service-Angebot<br />

Häufi g nachgefragt werden Module<br />

aus folgenden Bereichen:<br />

Leistenentwicklung / Passform / Fußkomfort<br />

Schuhtechnik (mit Schwerpunkt auf speziellen<br />

Macharten und Verarbeitungstechniken)<br />

Prozesstechnik<br />

Materialkunde<br />

Qualitätssicherung<br />

Produktionsoptimierung<br />

Recht<br />

Logistik<br />

Neue Technologien<br />

Marketing<br />

Nachhaltigkeit in der Schuhproduktion<br />

(Schwerpunkte: Energie und Schadstoffe)<br />

Teambuilding<br />

Jeder Arbeitsschritt wird am Modell besprochen<br />

Im Rahmen der fi rmenspezifi schen Seminare hat das<br />

ISC <strong>Germany</strong> bereits Techniker, Modelleure, Einkäufer,<br />

Verkaufspersonal und Qualitätsmanager von Schuhherstellern,<br />

Zulieferern und Handelsfi rmen geschult.<br />

Bei anderen Aufträgen ging es darum, komplette<br />

Schuhfabriken zu konzipieren und die Produktionsteams<br />

sowie das Management von der Pike auf zu<br />

schulen.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Die vertrauliche Behandlung spezifi scher oder gar<br />

patentierter Technologien ist für das ISC <strong>Germany</strong><br />

selbstverständlich. Und auf Wunsch umfasst das<br />

Rundum-Sorglos-Paket für die Teilnehmer von ISC-<br />

Trainings sogar Wäscheservice und Freizeitangebot.<br />

„Train-the-trainier"-Prinzip: Wer am ISC Wissen tankt,<br />

ist meist dazu auserkoren, dies im Unternehmen an<br />

Kollegen weiterzugeben<br />

Weitere Informationen<br />

Uwe Thamm, Geschäftsführer<br />

International Shoe Competence Center Pirmasens gGmbH<br />

Telefon: +49 (0)6331 145334 0<br />

E-Mail: uwe.thamm@isc-germany.com<br />

Web: www.isc-germany.com<br />

15


16<br />

Newsletter<br />

Alles konform?<br />

<strong>PFI</strong> vergibt CEund<br />

GS-Zeichen<br />

Das <strong>PFI</strong> Pirmasens hat seit vielen Jahren eine Zertifi -<br />

zierungsstelle zur Vergabe der CE- und der GS-Kennzeichnung.<br />

Seine Kenn-Nummer als notifi zierte Stelle<br />

ist die 0193. Die entsprechende Befugnis wurde 2013<br />

durch die ZLS, die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik,<br />

erneut bescheinigt. Als Verbraucher begegnet<br />

man CE- und GS-Zeichen fast täglich. Wissen<br />

Sie, wofür diese Kennzeichnungen stehen und was sie<br />

für Schuhe und vor allem im Bereich der Sicherheits-,<br />

Schutz- und Berufsschuhe bedeuten?<br />

ZERTIFIZIERUNG<br />

Ein Vielzahl von Produkten trägt die CE- oder die GS-<br />

Kennzeichnung, mit denen die Sicherheit von Produkten<br />

ausgewiesen wird. Die Vergabeverfahren beider<br />

Zeichen sind gesetzlich geregelt, wobei das GS-Zeichen<br />

im Gegensatz zum CE-Zeichen eine freiwillige Kennzeichnung<br />

darstellt.<br />

CE-Kennzeichnung<br />

Die Abkürzung CE wurde gewählt, weil sie in vielen<br />

europäischen Sprachen „Europäische Gemeinschaft“<br />

bedeutet: „Communauté Européenne“, „Comunidad<br />

Europea“, „Comunidade Europeia“ oder „Comunità<br />

Europea“. In der früheren deutschen Gesetzgebung<br />

hieß die Kennzeichnung „EG-Zeichen“. Dies nur zur<br />

Entstehung des Namens „CE-Zeichen“. 1992 gründeten<br />

die Staaten der Europäischen Gemeinschaft mit<br />

dem Vertrag von Maastricht die Europäische Union.<br />

Die neue Bezeichnung ersetzt seither den Begriff „Europäische<br />

Gemeinschaft“.<br />

Das CE-Zeichen zeigt an, dass ein Produkt den Anforderungen<br />

der europäischen Richtlinie entspricht. Der<br />

Hersteller ist dafür verantwortlich, dass das Produkt<br />

diese Anforderungen erfüllt, damit das Erzeugnis innerhalb<br />

der EU verkehrsfähig ist. Das CE-Zeichen darf<br />

nur dann angebracht werden, wenn für das Produkt<br />

eine Richtlinie existiert, die die CE-Kennzeichnung vorsieht.<br />

sieht. Sofern eine solche solche Richtline existiert, ist ist die die CE-<br />

Kennzeichnung verpfl verpfl ichtend.<br />

CE-Zertifi kate haben eine Laufzeit von von fünf Jahren und<br />

können ohne ohne großen Aufwand verlängert werden. werden.


Mit der CE-Kennzeichnung erklärt der Hersteller beziehungsweise<br />

sein in der EU ansässiger Bevollmächtigter,<br />

dass das so ausgezeichnete Produkt allen anzuwendenden<br />

Gemeinschaftsvorschriften entspricht und<br />

dass alle vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren<br />

wie Gefährdungsanalyse, Risikobewertung<br />

oder Überprüfung der Konformität mit den entsprechenden<br />

Richtlinien durchgeführt wurden. Das CE-Zeichen<br />

auf dem Produkt signalisiert diese Konformität.<br />

Neben der Maschinenrichtline (2006/42 EU), der EMV-<br />

Richtlinie (2004/108/EU) oder der Spielzeugrichtline<br />

(2009/48/EU) sind für den Schuhbereich vor allem zwei<br />

Richtlinien (und deren Umsetzung in deutsches Recht)<br />

von Bedeutung:<br />

Medizinprodukterichtlinie (93/42/EU<br />

mit Änderung 2007/47 EU)<br />

(Medizinproduktegesetz MPG mit<br />

zugehörigen Verordnungen)<br />

Richtlinie für persönliche<br />

Schutzausrüstung (89/686/EU) (PSA-Richtlinie)<br />

(Produktsicherheitsgesetz ProdSG mit<br />

zugehörigen Verordnungen)<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Der Schuh als Medizinprodukt<br />

Schuhe oder Schuhteile wie beispielsweise Einlegesohlen<br />

gelten als Medizinprodukt, wenn sie im therapeutischen<br />

Sinne eingesetzt werden, also der Behandlung,<br />

Linderung oder Kompensation von Krankheiten, Verletzungen<br />

oder Behinderungen dienen. Schuhe oder<br />

Einlegesohlen gelten auch als Medizinprodukte, wenn<br />

sie auf ärztliche Verordnung für einen bestimmten Patienten<br />

hergestellt werden.<br />

Um die Konformität eines Produkts mit der Medizinprodukterichtlinie<br />

zu belegen, sind je nach Klassifi zierung<br />

des Produkts im Rahmen dieser Richtlinie unterschiedliche<br />

Verfahren vorgeschrieben. Schuhe sind im<br />

Allgemeinen der Klasse I der Richtlinie zuzuordnen.<br />

Hier erfolgt die Konformitätsbewertung durch den<br />

Hersteller. Er muss die technische Dokumentation der<br />

Produkte (Beschreibung, Zweckbestimmung des Produkts,<br />

Funktionsweise, ärztliche Bewertung, gesundheitliche<br />

Unbedenklichkeit) erstellen und jederzeit<br />

vorzeigen können. Er ist auch verpfl ichtet, ein geeignetes<br />

Qualitätssicherungsverfahren zu unterhalten,<br />

um Beschwerden über sein Produkt zu erfassen.<br />

17


18<br />

Newsletter<br />

Alles konform?<br />

Schuhe als persönliche<br />

Schutzausrüstung<br />

„Normale“ Schuhe schützen die Füße zwar vor Kälte,<br />

Nässe und hartem Untergrund, aber sie fallen nicht<br />

unter die PSA-Richtlinie. Als persönliche Schutzausrüstung<br />

gelten Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhe.<br />

Auch die PSA-Richtlinie schreibt unterschiedliche Verfahren<br />

zur Erteilung des CE-Zeichens vor. Die meisten<br />

Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhe fallen in die Kategorie<br />

II dieser Richtlinie, für die eine Baumusterprüfung<br />

von notifi zierten Stellen vorgeschrieben ist. Spezielle<br />

Schutzschuhe, die vor besonderen Gefahren wie<br />

Flammen, starker Hitze, geschmolzenem Metall oder<br />

gefährlicher elektrischer Spannung schützen, fallen in<br />

die Kategorie III der PSA-Richtlinie. Hier ist zusätzlich<br />

zur Baumusterprüfung eine Kontrolle der fertigen PSA<br />

durch notifi zierte Stellen vorgeschrieben.<br />

ZERTIFIZIERUNG<br />

<strong>PFI</strong> vergibt CEund<br />

GS-Zeichen<br />

Harmonisierte Normen für PSA Schuhe in Kategorie II Stand April 2013<br />

Im Allgemeinen erfolgt die Baumusterprüfung unter<br />

Berücksichtigung harmonisierter Normen. Tabelle<br />

1 zeigt die wichtigsten harmonisierten Normen für<br />

Schuhe, die unter Kategorie II der PSA Richtlinie fallen,<br />

Tabelle 2 die harmonisierten Normen für Schuhe, die<br />

in die Kategorie III der Richtlinie fallen.<br />

Das <strong>PFI</strong> Pirmasens ist seit Jahren eine notifi zierte Stelle<br />

für Fuß- und Beinschutz, und zwar sowohl für Baumusterprüfungen<br />

als auch für die Kontrolle der fertigen<br />

PSA. Die Kenn-Nummer des <strong>PFI</strong> als notifi zierte Stelle<br />

ist 0193. Die entsprechende Befugnis wurde 2013<br />

durch die ZLS, die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik,<br />

erneut bescheinigt. Das <strong>PFI</strong> verfügt über<br />

von der ZLS zugelassene Prüfstellen in PIrmasens und<br />

Istanbul.<br />

Norm Ausgabe* Name der Norm Bemerkungen<br />

EN ISO 20344 2011 (2013) Persönliche Schutzausrüstung -<br />

Prüfverfahren für Schuhe<br />

EN ISO 20345 2011 (2012) Persönliche Schutzausrüstung -<br />

Sicherheitsschuhe<br />

EN ISO 20346 2007 Persönliche Schutzausrüstung -<br />

Schutzschuhe<br />

EN ISO 20347 2012 Persönliche Schutzausrüstung -<br />

Berufsschuhe<br />

EN ISO 17249 2007 Sicherheitsschuhe mit Schutz<br />

gegen Kettensägenschnitte<br />

EN ISO 20349 2010 (2011) Persönliche Schutzausrüstung - Schuhe zum Schutz gegen<br />

thermische Risiken und Spritzer geschmolzenen Metalls<br />

EN 13634 2010 (2011) Schutzschuhe für<br />

Motorradfahrer<br />

* Werte in Klammern beziehen sich auf abweichende Jahresangabe der deutschen Normausgabe<br />

Neue Version erscheint vermutlich Ende 2013<br />

Nur Schweißerschuhe sind Kategorie II,<br />

Gießereischuhe sind Kategorie III


Harmonisierte Normen für PSA Schuhe in Kategorie III Stand April 2013<br />

Norm Ausgabe* Name der Norm Bemerkungen<br />

EN 15090 2012 Persönliche Schutzausrüstung - Prüfverfahren für Schuhe<br />

EN ISO 20349 2010 (2011) Persönliche Schutzausrüstung - Schuhe zum Schutz gegen<br />

thermische Risiken und Spritzer geschmolzenen Metalls<br />

EN 50321 1999 (2000) Elektrisch isolierende Schuhe für Arbeiten an<br />

Niederspannungsanlagen<br />

* Werte in Klammern beziehen sich auf abweichende Jahresangabe der deutschen Normausgabe<br />

GS-Zeichen<br />

Das GS-Zeichen stellt eine freiwillige Kennzeichnung<br />

für sichere Produkte in <strong>Deutsch</strong>land dar. Die gesetzliche<br />

Grundlage ist im Produktsicherheitsgesetz im Abschnitt<br />

5 (§§ 20 bis 23) festgehalten. Die Zuerkennung<br />

des GS-Zeichens ist sowohl für verwendungsfertige<br />

Verbraucherprodukte als auch für persönliche Schutzausrüstungen<br />

möglich, wobei bei gleichzeitiger CE-<br />

Kennzeichnung höhere Anforderungen zu erfüllen<br />

sind. Eine GS-Kennzeichnung ist nur für PSA der Kategorien<br />

I und II der Richtlinie möglich.<br />

Vor der Zuerkennung des GS-Zeichens für Sicherheits-,<br />

Schutz- und Berufsschuhe ist zusätzlich zur Baumusterprüfung<br />

noch eine Kontrolle der fertigen PSA nach<br />

den Vorgaben der ZLS notwendig. Dazu gehören eine<br />

Erstbesichtigung des Produktionswerks sowie eine<br />

Kontrolle der Produktion. Weiterhin ist die Einhaltung<br />

der hohen Anforderungen zur Schadstofffreiheit (insbesondere<br />

PAK, also polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe,<br />

und Dimethylfumarat) in den Produkten<br />

nachzuweisen.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Das GS-Zeichen wird für maximal fünf Jahre zuerkannt,<br />

wobei eine jährliche Überwachung sichergestellt werden<br />

muss. Abweichend davon ist es auch möglich, das<br />

GS-Zeichen nur für eine bestimmte Produktionscharge<br />

mit festgelegten Mengen und Produktionszeiträumen<br />

zuzuerkennen.<br />

Für Verbraucherprodukte wie zum Beispiel Straßenschuhe<br />

oder Badesandalen muss eine Baumusterprüfung<br />

nach vereinheitlichen Grundsätzen durchgeführt<br />

werden. Hinsichtlich der Kontrollen und in Bezug auf<br />

die Schadstofffreiheit sind dann die gleichen Verfahren<br />

wie für persönliche Schutzausrüstungen anzuwenden.<br />

Das <strong>PFI</strong> Pirmasens ist ebenfalls eine zugelassene GS-<br />

Vergabestelle. Die Anerkennung als zugelassene GS-<br />

Stelle wurde 2013 erneut durch die ZLS bestätigt.<br />

Weitere Informationen:<br />

<strong>PFI</strong> Zertifi zierungsstelle<br />

Dr. Markus Scherer<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 715<br />

E-Mail: cert@pfi -germany.de<br />

Thorsten Greiner<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 805<br />

E-Mail: cert@pfi -germany.de<br />

Nur Schweißerschuhe sind Kategorie II,<br />

Gießereischuhe sind Kategorie III<br />

Neue Version in Bearbeitung<br />

19


20<br />

Newsletter FORSCHUNG<br />

Forschungsprojekt zur Verletzungsprävention<br />

„ Biiiep“ bei dauerhafter<br />

Fehlbelastung?<br />

Dauerhaft am Limit zu trainieren hat oft schmerzhafte<br />

Folgen, das haben schon viele Läufer – und zwar Spitzen-<br />

wie Breitensportler – am eigenen Leib erfahren.<br />

Überlastungsbedingte Sportverletzungen treten so<br />

häufi g auf, dass sie ein gesundheitspolitisches Problem<br />

darstellen. Besonders häufi g sind Beschwerden<br />

an der Achillessehne. Deshalb soll nun ein Forschungsprojekt<br />

technische Lösungen zur Verletzungsprävention<br />

im Laufsport erarbeiten. Es geht um die Entwicklung<br />

eines Konzepts für einen „Smart Shoe“, der den<br />

Sportler warnt, sobald die Gefahr einer andauernden<br />

Überlastung und somit einer eventuellen Verletzung<br />

besteht. Das <strong>PFI</strong> und das Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft<br />

der Universität Stuttgart arbeiten<br />

gemeinsam an diesem Projekt , das im Januar 2013 begann<br />

und Ende 2014 abgeschlossen sein wird.<br />

„Wearable Computing“, „Smart Clothes“ oder „etextiles“<br />

sind Produkte der Zukunft: Dank integrierter<br />

elektronischer Komponenten gibt es bei Bedarf leuchtende<br />

und beheizbare Jacken oder Handschuhe und<br />

T-Shirts mit W-LAN-Signalstärkeanzeige. Solche Systeme<br />

etablieren sich nicht nur bei Lifestyle-Produkten;<br />

auch Sportler oder Herzpatienten haben die Vorteile<br />

von integrierten Puls- oder Blutdruckmessern schätzen<br />

gelernt.<br />

Damit nicht nur Global Players, sondern auch deutsche<br />

klein- und mittelständische Betriebe eine Chance haben,<br />

derartige Produkte zu kommerzialisieren, ohne eigene<br />

Forschungs- und Entwicklungsabteilungen unterhalten<br />

zu müssen und ohne das nicht unerhebliche Risiko<br />

des Scheiterns tragen zu müssen, gibt es die IGF-Forschungsförderung.<br />

IGF steht für „Industrielle Gemeinschaftsforschung“.<br />

Über den Rahmen der IGF fördert<br />

das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

Projekte, die eine Brücke schlagen zwischen Grundlagenforschung<br />

und wirtschaftlicher Anwendung. IGF-<br />

Projekte bereiten neue Technologien für eine gesamte<br />

Branche auf, um die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und<br />

mittelständischer Unternehmen zu stärken.<br />

„Intelligenter“ Schuh<br />

zur Verletzungsprävention?<br />

Längst verlassen sich Hobby- wie Leistungssportler<br />

beim Lauftraining nicht mehr ausschließlich auf ihr<br />

Gefühl bei der Wahl der Trainingsbelastung. Und nicht<br />

nur, wer ans Limit gehen will, benutzt das „Biiiep“ einer<br />

Pulsuhr zur Kontrolle. Wie wäre es, wenn auch der<br />

Schuh mit einem „Biiiep“ vor einer eventuell langen und<br />

frustrierenden Verletzung warnen könnte?


Eine klassische Überlastungsfolge bei Läufern sind<br />

Beschwerden an der Achillessehne. Schuhtechnische<br />

Maßnahmen konnten dieses Problem bislang nicht<br />

eindämmen; keine Modifi kation konnte einen nachweisbaren<br />

klinischen Effekt in der Reduktion von<br />

Überlastungsschäden erzielen. Daher muss ein neuer<br />

Ansatz her: Ein „Smart Shoe“, ein „intelligenter“<br />

Schuh, könnte die Lösung sein; ein Schuh, der den<br />

Sportler warnt, wenn dieser dauerhaft über seine<br />

Grenzen geht und eine Verletzung riskiert.<br />

Unter dem offi ziellen IGF-Projekttitel „Untersuchung<br />

zur Integrationsmöglichkeit moderner Sensorik im<br />

Schuh am Beispiel der Vermeidung von Überlastungsfolgen<br />

bei Sport- und Arbeitsschuhen durch schuhtechnische<br />

Maßnahmen – SensorControlRunning“ erarbeiten<br />

das <strong>PFI</strong> und die Universität Stuttgart derzeit<br />

gemeinsam ein Smart-Shoe-Konzept. Dazu müssen im<br />

Vorfeld Messtechnik sowie Komponenten entwickelt<br />

und getestet werden, die später im Schuh eingebaut<br />

werden sollen.<br />

Was es schon gibt und was<br />

noch entwickelt werden muss<br />

Die aktuell am Markt erhältlichen Smart-Shoe-Systeme<br />

sind nur bedingt oder gar nicht zur Ganganalyse<br />

zwecks Laufstiloptimierung geeignet. Sie detektieren<br />

ausschließlich Schritte und Positionsdaten. Es ist mit<br />

ihnen nicht möglich, Aussagen zur individuellen Belastung<br />

oder zur neuromuskulären Ansteuerung zu treffen.<br />

Entwickelt wird ein System, das die Bestimmung<br />

individueller anatomischer Merkmale zulässt und<br />

gleichzeitig die Möglichkeit bietet, die Auswirkungen<br />

von Veränderungen am Schuh auf die funktionelle<br />

Biomechanik des Sprunggelenkes zu messen mit dem<br />

Ziel, Verletzungen durch Überlastung vorzubeugen.<br />

Im Fokus: Sprunggelenkachse,<br />

Stoßkräfte und Vibrationen<br />

Die individuelle anatomische Ausprägung der Gelenkachsen<br />

der Sprunggelenke wurde in der Literatur<br />

schon häufi g als Risikofaktor diskutiert, jedoch nie bei<br />

der Modifi kation von Laufschuhen berücksichtigt. An<br />

der Universität Stuttgart wurde 2006 ein Verfahren<br />

entwickelt, das es ermöglicht, die Gelenkachse des<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Sprunggelenks in vivo, also nicht invasiv in Echtzeit<br />

und im Feld zu erfassen. Dieses neue Messverfahren<br />

erlaubte erstmals, einen statistischen Zusammenhang<br />

zwischen der individuellen Gelenkanatomie (Lage der<br />

Gelenkachse) und der Häufi gkeit von Achillessehnenbeschwerden<br />

bei Läufern nachzuweisen.<br />

Eine in der Fachliteratur diskutierte Komponente, die<br />

zur Entstehung von Überlastungsschäden beiträgt, ist<br />

die auf die Ferse wirkende Stoßkraft, welche entlang<br />

des Unter- und Oberschenkels auf die gesamte untere<br />

Extremität einwirkt. Deshalb wurde in den vergangenen<br />

Jahren versucht, diese Stoßkräfte über vergrößerte<br />

Dämpfungselemente am Schuh zu minimieren.<br />

Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse hingegen weisen<br />

auf positive Auswirkungen erhöhter Stoßkräfte<br />

hin. So konnte beim Laufen auf festem Untergrund<br />

mit hoher Stoßbelastung eine reduzierte Belastung<br />

der Achillessehne nachgewiesen werden.<br />

Ein Messsystem, welches während des Laufens die<br />

Bestimmung der wirkenden Stoßkräfte, der Achillessehnenvibrationen<br />

und der Pro- und Supinationsbewegungen<br />

in Abhängigkeit der Achslage (untere<br />

Sprunggelenkachse) erlaubt, könnte maßgeblich zur<br />

Entwicklung präventiver Modifi kationen am Schuh<br />

beitragen. Mit Hilfe eines solchen Messsystems könnte<br />

die Abhängigkeit der erhobenen Daten von der individuellen<br />

Lage der unteren Sprunggelenkachse bestimmt<br />

werden.<br />

Zur Bestimmung der subtalaren Gelenkachse hat sich<br />

in den letzten Jahren die Bewegungsanalyse etabliert.<br />

Die eingesetzten Messverfahren waren jedoch alle mit<br />

großem apparativem Aufwand verbunden. Die Verfahren<br />

unterscheiden sich vor allem in Bezug auf die<br />

verwendete Technologie der Bildgebung sowie durch<br />

die Berechnung der Lage der individuellen Sprunggelenkachsen.<br />

Weil es so schwierig ist, eigene, neue Daten<br />

zu ermitteln, werden bis heute in der Forschung<br />

meist die 1969 von Isman und Inman in-vitro erhobenen<br />

Werte zur Lage der unteren Sprunggelenkachse<br />

als Standardwerte verwendet (wer mag, kann die Studie<br />

über „R.E. Isman und V.T. Inman, Antropometric<br />

Studies of the Human Foot and Ankle“ ergooglen. Sie<br />

wurde 1969 im Labor mit den Unterschenkelknochen<br />

von 46 Leichen durchgeführt).<br />

21


22<br />

Newsletter<br />

FORSCHUNG<br />

Forschungsprojekt zur Verletzungsprävention<br />

Biiiep“ bei dauerhafter<br />

Fehlbelastung?<br />

Es gibt bisher keinen marktfähigen<br />

Smart Shoe zur Laufanalyse<br />

Weltweit befassen sich mehrere Forschergruppen mit<br />

„Smart Clothes“, also der Integration von Elektronik<br />

und Mikrosystemtechnik in Kleidung. Das US-amerikanische<br />

MIT (Massachusetts Institute of Technology)<br />

befasst sich intensiv mit der Herstellung von Sensoren<br />

und Schaltungen in und mit Textilien, desweiteren mit<br />

der Integration und der Energieversorgung von Elektronik<br />

und Sensoren in beziehungsweise an Schuhen.<br />

In Veröffentlichungen hat das MIT bereits Schuhe mit<br />

elektronischen Komponenten vorgestellt. Ebenso wurde<br />

ein Schuhsystem zur Laufanalyse vorgestellt, welches<br />

dem Nutzer während des Gehens in Echtzeit Rückmeldung<br />

gibt. Bei keiner dieser Lösungen kann man<br />

jedoch von einem marktfähigen Produkt sprechen, weil<br />

sie mit Maßen von etwa 150x100x40 mm und rund 400<br />

g zu groß und zu schwer sind, um in Schuhen integriert<br />

zu werden.<br />

Das am Sprunggelenk angebrachte Goniometer misst<br />

den Verlauf von Pronation und Supination in Grad,<br />

während das obere Goniometer die Beugung im<br />

Kniegelenk misst<br />

„Mini-Ganganalyselabor“<br />

im Schuh<br />

Die Ziele des <strong>PFI</strong>-Forschungsprojektes sind:<br />

einen Messschuh zu entwickeln, der Stoßkräfte,<br />

Achillessehnenschwingung sowie Pro- und Supinationsbewegungen<br />

während des Laufens aufzeichnet<br />

die Abhängigkeit der Achillessehnenschwingungen<br />

und Pro- und Supinationsbewegungen von der<br />

Ansteuerung einzelner Unterschenkelmuskeln und<br />

von den bei jedem Schritt wirkenden Stoßkräften<br />

zu bestimmen<br />

optimale Stoßkräfte für verschiedene Achslagen der<br />

unteren Sprunggelenkachse zu analysieren, bei deren<br />

Auftreten die geringsten Vibrationen der Achillessehne<br />

zu verzeichnen sind<br />

achsspezifi sch modifi zierte Schuhe zu entwickeln,<br />

um die Vibrationen der Achillessehne zu minimieren<br />

und Überlastungsfolgen in diesem Bereich zu reduzieren<br />

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes sollen Messgrößen<br />

im und am Schuh identifi ziert werden, mit<br />

denen sich Fehlbelastungen in Abhängigkeit von der<br />

individuellen Gelenkanatomie detektieren lassen. Weiterhin<br />

sollen in den Schuh integrierbare Messsysteme<br />

entworfen und implementiert werden. Gleichzeitig<br />

sollen schuhtechnische Maßnahmen entwickelt werden,<br />

um Überlastungen entgegenzuwirken. Mit den<br />

Messsystemen sollen Kriterien für eine zuverlässige Diagnose<br />

entsprechender prädispositionierender Faktoren<br />

erarbeitet sowie die Korrekturmaßnahmen an den<br />

Schuhen auf ihre Wirksamkeit bewertet werden.<br />

Die zu entwickelnden Mess- und mikro-elektromechanischen<br />

Systeme (MEMS) sollen also ein konkretes<br />

Problem lösen und gleichzeitig als Referenz dienen,<br />

Schuhsysteme zu entwickeln, mit deren Hilfe Sportler<br />

ihren Laufstil überwachen können. Auch bei der Suche<br />

nach der Ursache von Überlastungsfolgen könnten die<br />

zu entwerfenden Systeme nützlich sein.


EMG steht für Elektromyografie.<br />

EMG-Elektroden messen die Muskelaktivität<br />

EMG<br />

Elektroden<br />

Goniometer<br />

Beschleunigungsaufnehmer<br />

In dem vorgeschlagenen Projekt sollen in einem ersten<br />

Schritt ein MEMS-basiertes Messsystem entwickelt<br />

werden, dessen Zweck es ist, Daten zu ermitteln, auf<br />

deren Grundlage ein biomechanisches Problem gelöst<br />

werden kann. Parallel dazu soll ein System zur aktiven<br />

Laufkontrolle entwickelt werden, das alltagstauglich<br />

in einem Schuh oder in einer Einlegesohle integriert<br />

werden kann.<br />

Zusätzlich soll der Nachweis erbracht werden, dass es<br />

möglich ist, mit den entwickelten Systemen erstens verschiedene<br />

Gangparameter in hinreichender Qualität zu<br />

messen und zweitens bisher nicht ermittelbare, im Schuh<br />

gemessene Daten zu liefern, um Interpretationslücken<br />

zu den Informationen, welche vorhandene Ganganalysesysteme<br />

bereits liefern können, zu schließen.<br />

Innovativer Beitrag der<br />

angestrebten Forschungsergebnisse<br />

Die aus diesem Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse<br />

werden das Wissen erweitern, wie elektronische<br />

beziehungsweise mikrosystemtechnische Erzeugnisse<br />

in das Produkt Schuh integriert werden können.<br />

Sie stellen somit einen wichtigen Schritt dar zur Untersuchung<br />

der Aufbau- und Verbindungstechnik (AVT) in<br />

einem textilen Umfeld.<br />

Zu den technologischen Lösungen, die man aus den Projektergebnissen<br />

zu entwickeln hofft, könnte ein standardisiertes<br />

Diagnostik-System für die individuelle Gelenk-<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

anatomie gehören. Ein solches System könnte sehr vielfältig<br />

eingesetzt werden: beispielsweise im Reha-Training<br />

von Schlaganfall-Patienten, denen ein solches Schuhsys- Schuhsys-<br />

tem dabei helfen könnte, ein physiologisches Gangbild<br />

zu erlernen und anzuwenden, indem sie bei einer anhal- anhal- anhaltend<br />

vom Soll-Gangbild abweichenden Bewegung auf<br />

diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht werden. Darüber<br />

hinaus könnte ein solches System die Beratung im<br />

Sportfachgeschäft, die Beurteilung therapeutischer Maßnahmen<br />

in der Orthopädie-Schuhtechnik, die verbesserte<br />

Versorgung in physiotherapeutischen Einrichtungen, die<br />

Planung und Durchführung operativer Eingriffe an Fuß<br />

und Sprunggelenk sowie die Individualisierung der Versorgung<br />

mit Sprunggelenk-Endoprothesen unterstützen.<br />

Modifi kationen zur Anwendung auf andere Gelenke<br />

(Kniegelenk, Hüftgelenk) könnten auch im gesundheitspolitisch<br />

außerordentlich wichtigen klinischen Bereich zu<br />

deutlichen Verbesserungen führen.<br />

Einen unmittelbaren Nutzen aus den Projektergebnissen<br />

erzielen Orthopädie-, Arbeits- und Sportschuhhersteller.<br />

Die Ergebnisse werden in Seminaren der Forschungsstelle,<br />

in Fachzeitschriften, aktuellen Informationsschriften, auf<br />

Fachtagungen sowie im Internet veröffentlicht. Sie sollen<br />

auch an Sportverbände kommuniziert werden, in denen<br />

Sportarten organisiert sind, die primär mit Verletzungen<br />

der unteren Extremitäten konfrontiert sind, wie beispielsweise<br />

Fußball, Handball, Volleyball oder Basketball.<br />

Dieses Projekt wird von der AiF<br />

unter der Nummer 17615 N gefördert.<br />

Weitere Informationen<br />

<strong>PFI</strong> Engineering<br />

Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />

Telefon: +49 (0)6331 249040<br />

E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de<br />

Ilka Meinert<br />

Universität Stuttgart<br />

Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft<br />

University of Stuttgart<br />

Department of Sport and Exercise Science<br />

Telefon: +49 (0)711 685 68247<br />

E-Mail: ilka.meinert@inspo.uni-stuttgart.de<br />

23


24<br />

Newsletter<br />

FORSCHUNG<br />

Forschungsprojekt: Neue Konstruktionsrichtlinien für Straßenschuhe<br />

Schon mal an die<br />

Dynamik gedacht?<br />

Schuhe sind nicht nur modische Accessoires. Sie sollen<br />

vor allem den Fuß beim Gehen funktionell unterstützen.<br />

Erkenntnisse aus der Dynamik des Fußes werden<br />

bislang nur in der Sportschuhentwicklung und bei<br />

Spezialschuhen wie Armeestiefeln genutzt. Straßenschuhe<br />

dagegen werden bis heute nach statisch ermittelten<br />

Fußmaßen entwickelt. Die Ergebnisse aus<br />

der Sportschuhentwicklung sind nur bedingt auf Straßenschuhe<br />

übertragbar, weil Bewegungsabläufe und<br />

Belastungen wesentlich voneinander abweichen. ISC<br />

und <strong>PFI</strong> arbeiten daher an einem Forschungsprojekt,<br />

das die Frage beantworten soll, ob die Passform von<br />

Straßen- und Freizeitschuhen signifi kant verbessert<br />

werden kann, wenn die maßlichen Veränderungen<br />

des Fußes, wie sie während der Gehbewegung auftreten,<br />

bei der Konstruktion von Leisten und Schuhen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Sich beschwerdefrei und uneingeschränkt bewegen zu<br />

können ist für die meisten Menschen eines der wichtigsten<br />

Kriterien, wenn sie über die Frage „Was ist<br />

Lebensqualität?“ nachdenken. Wir alle wollen bis ins<br />

hohe Alter aktiv und unabhängig sein. Die Gesundheit<br />

der Füße spielt dabei eine wichtige Rolle. Und daher<br />

steigen die Erwartungen an Schuhe, und zwar nicht<br />

nur an Sport- oder Spezialschuhe zur medizinischen<br />

Versorgung: Auch Alltags- und Freizeitschuhe müssen<br />

verbesserte Funktionalität und Passform aufweisen.<br />

Der Schuhmarkt ist ein heiß umkämpfter Markt. Eigentlich<br />

könnte man von einem Waren-Überangebot<br />

sprechen. Allerdings gibt es riesige Unterschiede, was<br />

die Qualität angeht. Für die Hersteller gilt: sich von<br />

der Masse absetzen. Vor allem Schuhe deutscher beziehungsweise<br />

europäischer Hersteller, die nicht im<br />

Niedrigpreis-Sektor angesiedelt sind, müssen durch<br />

herausragende Eigenschaften überzeugen, beispielsweise<br />

durch eine besonders gute Passform und ein besonders<br />

angenehmes Tragegefühl.<br />

Schuhkonstruktion nach dynamischen<br />

Aspekten – ultimativer Kick für die<br />

optimale Passform?<br />

Hier könnte das Forschungsprojekt von ISC und <strong>PFI</strong> wichtige<br />

Erkenntnisse bringen. Bisher werden Straßenschuhe<br />

nach statisch ermittelten Fußmaßen entwickelt. Das liegt<br />

daran, dass für die Schuhherstellung Leisten erforderlich<br />

sind – und der Leisten ist nun mal ein statisches Objekt.<br />

Alle durch die Gehbewegung bedingten dynamischen<br />

Veränderungen am Fuß müssen in statische Werte übersetzt<br />

und auf den Leisten übertragen werden.<br />

Erkenntnisse aus der Dynamik des Fußes werden schon<br />

seit langem bei der Sportschuhentwicklung berücksichtigt<br />

und haben dort zu wichtigen Schuh-Evolutionen<br />

geführt. Was für Spezialschuhe für bestimmte Sportarten<br />

gilt, ist aber nur bedingt auf Straßenschuhe<br />

übertragbar, weil hier andere Bewegungsabläufe und<br />

Belastungen auftreten. Die Frage ist: Kann die Berücksichtigung<br />

der Dynamik des Fußes bei der Konstruktion<br />

von Leisten und Schuhen die Passform von Straßen- und<br />

Freizeitschuhen tatsächlich signifi kant verbessern?<br />

<strong>PFI</strong>: Große Fußdatenbank<br />

Das <strong>PFI</strong> besitzt dank der Tatsache, dass es bis in die<br />

jüngste Vergangenheit großangelegte Fuß- und Beinmeßaktionen<br />

durchgeführt hat, sehr umfassende Informationen<br />

über die statischen Fußmaße der deutschen<br />

Bevölkerung, und zwar mit der erforderlichen<br />

statistischen Sicherheit. Das <strong>PFI</strong> hat auch Erfahrung<br />

darin, wie diese statischen Werte für die Leistenkonstruktion<br />

umzusetzen sind. Auf diesen Erfahrungen<br />

aufbauend soll das neue Projekt die Veränderungen an<br />

Füßen in Bewegung ermitteln und die Ergebnisse – als<br />

praxistaugliche Konstruktionsrichtlinien zusammengefasst<br />

– der Schuhindustrie zur Verfügung stellen.


Große individuelle Unterschiede<br />

beim Gehen<br />

In einem ersten Schritt wurden Ganganalysen durchgeführt<br />

und die dynamischen mit statischen Werten<br />

verglichen. Für die serielle Schuhproduktion ist es<br />

wichtig, Daten zu erarbeiten, die für das paßgerechte<br />

Beschuhen möglichst vieler Personen geeignet sind.<br />

Deshalb ist eine Einteilung nach Fußtypen erforderlich.<br />

Bisher wurden die Füße von rund 70 Probanden<br />

untersucht und zunächst statisch mit einem 3D-Scanner<br />

erfasst. Anschließend wurde die Druckverteilung<br />

an der Fußsohle beim Gehen ermittelt und durch eine<br />

synchronisierte Videoaufnahme ergänzt. Gegenwärtig<br />

werden diese Messdaten ausgewertet. Schon bei<br />

der Ganganalyse zeigen sich große individuelle Unterschiede<br />

bei den Testpersonen.<br />

Absätze verändert das Gangbild enorm<br />

Weiterhin wird der Einfl uss des Schuhs auf die Bewegung<br />

des Fußes in die Untersuchungen einbezogen.<br />

Da Straßenschuhe größtenteils Absätze haben, ist deren<br />

Einfl uss von großem Interesse. Bild a zeigt eine Druckverteilung<br />

in einem fl achen Schuh. Die Ganglinie beginnt in<br />

der Ferse, verläuft fast mittig zum Ballenbereich und endet<br />

im Bereich der Großzehe. Bild b veranschaulicht die<br />

Druckverteilung bei einem Schuh mit einer Absatzhöhe<br />

von 70 mm. Die Ganglinie ist deutlich kürzer und weicht<br />

in ihrem Verlauf von der des fl achen Schuhes ab.<br />

Die Ergebnisse dieser Messungen sollen bei der Leistenentwicklung<br />

berücksichtigt werden, um Straßenschuhe<br />

besser den dynamischen Anforderungen des Fußes<br />

anzupassen. Im Forschungsprojekt wird aber nicht nur<br />

der Leisten betrachtet. Auch Schaft- und Schuhbodengestaltung<br />

sollen in die Untersuchungen einbezogen<br />

werden, um effektive Lösungen zu fi nden.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

a b<br />

Druckverteilungsmessung<br />

in verschiedenen Schuhen<br />

a: flacher Schuh<br />

b: Schuh mit hohem Absatz<br />

Wenn es gelingt, die Erkenntnisse aus den biomechanischen<br />

Untersuchungen in Leisten und Schuhe umzusetzen,<br />

die einen deutlich spürbaren Unterschied zu<br />

„herkömmlichen“ Produkten aufweisen, bringt dies<br />

mehr Fußkomfort für die Kunden und eine messbare<br />

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Schuhfi rmen,<br />

die von diesem Projekt profi tieren. Das Projekt<br />

wird 2014 abschließen.<br />

Dieses Projekt wird von der AiF – Allianz<br />

Industrie Forschung unter der Nummer<br />

17172 N gefördert.<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Monika Richter,<br />

Telefon: +49 (0) 6331 249027<br />

E-Mail: monika.richter@pfi -germany.de<br />

25


26<br />

Newsletter FORSCHUNG<br />

Orthopädieschuhtechnische Hilfsmittel<br />

Mehr Klarheit in Sachen<br />

Materialeigenschaften<br />

Die steigenden Kosten im Gesundheitssystem sind ein<br />

Thema, das heute aktuell ist und es auch in Zukunft<br />

bleiben wird – zu dieser Erkenntnis reicht ein Blick auf<br />

die Altersstruktur der <strong>Deutsch</strong>en. Die Kostenträger<br />

sind bestrebt, ihre Ausgaben moderat zu halten. Auch<br />

bei orthopädischen Hilfsmitteln soll gespart werden.<br />

Für Orthopädieschuhtechniker bedeutet das: Weniger<br />

Geld pro individueller Patientenversorgung. Somit<br />

stellt sich die Frage, wie orthopädische Hilfsmittel<br />

effektiver gestaltet werden können. Dazu bräuchte<br />

man Informationen über wichtige Materialparameter,<br />

doch diese fehlen. Abhilfe schaffen soll ein <strong>PFI</strong>-Forschungsprojekt,<br />

das umfassende Informationen über<br />

die Parameter der in der Orthopädieschuhtechnik verwendeten<br />

Materialien aufbauen soll.<br />

Art und Aufbau von Einlagen und Bettungen müssen<br />

ganz individuell an das jeweilige Krankheitsbild des<br />

zu behandelnden Patientenfußes angepasst werden.<br />

Der Wahl der richtigen Materialien kommt dabei eine<br />

Schlüsselstellung zu. Kenntnisse über die Materialeigenschaften<br />

werden umso wichtiger, da sich die Palette<br />

der zur Verfügung stehenden Materialien in den<br />

letzten Jahren wesentlich erweitert hat. Neu hinzugekommen<br />

sind vor allem synthetische Materialien, die<br />

gezielt für den Einsatz in der Orthopädieschuhtechnik<br />

konzipiert wurden. Welcher Orthopädieschuhmacher<br />

welche Materialien für welche Zwecke benutzt, hängt<br />

zum heutigen Zeitpunkt eigentlich rein von seiner Berufserfahrung<br />

ab. Allgemein zugängliche Informationen,<br />

die Materialeigenschaften transparent und vergleichbar<br />

machen, gibt es aktuell nicht.<br />

Umfassende Informationen<br />

über Materialparameter fehlen<br />

Als Materialparameter steht bisher einzig die Shore-<br />

Härte zur Verfügung. Dieser Parameter lässt aber keine<br />

Rückschlüsse auf die Dauerbelastbarkeit des Materials,<br />

die Schockabsorption, das Dämpfungsverhalten<br />

oder das Rückstellverhalten zu. Sportmedizinische<br />

Untersuchungen haben gezeigt, dass gerade diese<br />

Informationen wichtig sind, um die biomechanischen<br />

Effekte zu erzielen, die durch die medizinischen Hilfsmittel<br />

erreicht werden sollen.<br />

Die Materialeigenschaften sollen zudem über die gesamte<br />

Lebensdauer des Produktes erhalten bleiben.<br />

Auch darüber liegen aber bisher keine wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse vor.<br />

Mangel an Informationen<br />

zu hygienischen Eigenschaften<br />

Und noch ein Manko wäre zu beheben: Materialien<br />

für orthopädieschuhtechnische Hilfsmittel werden<br />

häufi g ohne genaue Kenntnis der hygienischen Aspekte<br />

ausgewählt. Das wäre aber unbedingt erforderlich<br />

angesichts der Tatsache, dass die Produkte lange Zeit<br />

getragen werden und je nach Krankheitsbild auch mit<br />

infektiösem Wundsekret in Kontakt kommen. Dies bedeutet<br />

ein hohes Risiko für die Besiedelung mit Bakterien<br />

und anderen Mikroorganismen. Infektiöse Keime<br />

beeinträchtigen erstens das Material und verkürzen<br />

dadurch die Haltbarkeit von orthopädischen Hilfsmitteln,<br />

und zweitens – und das ist noch schlimmer – kann<br />

sich der Träger immer wieder neu infi zieren und ist somit<br />

der Gefahr einer massiven gesundheitlichen Beeinträchtigung<br />

ausgesetzt. Über die hygienischen Eigenschaften<br />

der eingesetzten Materialien fehlen bislang<br />

konkrete Informationen.


Klarheit schaffen: Welches Material<br />

hat welche Eigenschaften?<br />

Das <strong>PFI</strong>-Forschungsprojekt will umfassende Informationen<br />

zu den Materialparametern zusammentragen,<br />

die Orthopädieschuhtechnikern Auskunft zur effektiveren<br />

Gestaltung von Versorgungen durch optimale<br />

Materialkombinationen gibt. Wichtig sind dabei<br />

unter anderem Aussagen über Dauerbelastbarkeit,<br />

Dämpfungseigenschaften und Rückstellverhalten der<br />

zur Auswahl stehenden Materialien. Beispielsweise<br />

wird die Lebensdauer der Produkte verbessert, wenn<br />

entsprechende Materialien mit der besten Dauerbelastbarkeit<br />

ausgewählt werden können. Diese Informationen<br />

stehen Orthopädieschuhtechnikern bisher<br />

in dieser übersichtlichen Form mit direkter Vergleichsmöglichkeit<br />

der Materialien nicht zur Verfügung.<br />

Die Materialauswahl soll von den Patientengegebenheiten<br />

(Gewicht, Fußplastik, Krankheitsbild), der<br />

gewünschten medizinischen Wirkung wie den Dämpfungseigenschaften,<br />

der Dauerbelastbarkeit (Lebensdauer<br />

des Medizinproduktes), der Gehgeschwindigkeit<br />

oder dem Einsatzzweck der Versorgung (zum Beispiel<br />

Versorgung von Krankheitssymptomen, im Sport, im<br />

Sicherheitsschuh) bestimmt werden. Für die meisten<br />

dieser Anwendungen stehen bisher keine messbaren<br />

Parameter zur Verfügung.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Ein weiteres Projektziel ist die Berücksichtigung elementarer<br />

hygienischer Eigenschaften wie das Verhalten<br />

der verschiedenen Materialien und Verbundarten<br />

gegenüber Bakterien und Mikropilzen (vor allem Hefen,<br />

Haut- und Nagelpilze). Die Ergebnisse sollen einerseits<br />

der Orthopädieschuhtechnik eine Hilfe bei der<br />

Auswahl geeigneter Materialien bieten, andererseits<br />

in die Gestaltungsrichtlinien der Hilfsmittel einfl ießen.<br />

Die Nutzung mikrobiologischer Parameter (hygienische<br />

Aspekte, Minimierung des Infektionsrisikos) wird<br />

die Produktqualität und damit auch die Lebensqualität<br />

der Patienten deutlich verbessern.<br />

Therapie-Effi zienz verbessern<br />

und Kosten senken<br />

Sobald Informationen über die Materialparameter zur<br />

Verfügung stehen, wird dies dazu beitragen, dass bei<br />

mindestens gleicher Wirkung der Medizinprodukte<br />

Materialeinsatz und Kosten reduziert werden können.<br />

Durch die Bereitstellung physikalischer und mikrobiologischer<br />

Materialparameter sollen Orthopädieschuhtechniker<br />

befähigt werden, die Materialien für<br />

die Bettungen unterschiedlichster Einsatzzwecke so<br />

zu kombinieren, dass sogar mit weniger Material eine<br />

optimale Versorgung der Patienten erfolgen kann.<br />

Die Ergebnisse könnten zudem eine neue Argumentationsbasis<br />

für die Verhandlungen mit den Krankenkassen<br />

schaffen, wenn es um die Festlegung der Lebensdauer<br />

orthopädieschuhtechnischer Versorgungen geht<br />

und darum, wann ein Patient Anspruch auf eine neue<br />

Versorgung hat. Der Abschlussbericht des Projekts wird<br />

Ende 2013 vorliegen.<br />

Dieses Projekt wird von der AiF – Allianz<br />

Industrie Forschung unter der Nummer<br />

16994 N gefördert.<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Monika Richter,<br />

Telefon: +49 (0) 6331 249027<br />

E-Mail: monika.richter@pfi -germany.de<br />

Prüfung der Shore-Härte<br />

27


28<br />

Newsletter<br />

Die Zehenschutzkappen von Sicherheitsschuhen schützen<br />

vor Verletzungen durch Einklemmen und durch<br />

Stöße. Doch gerade bei der Arbeit mit Flurförderfahrzeugen<br />

wie Gabelstaplern oder Palettenhubwagen<br />

passieren häufi g Unfälle der folgenden Art: die Füße<br />

des Fahrers beziehungsweise des Bedieners werden<br />

überrollt. Die Folge sind oft komplizierte Brüche, die<br />

unter Umständen nur schwer oder gar nicht heilen<br />

und die Betroffenen dann ein Leben lang einschränken.<br />

Ein neues <strong>PFI</strong>-Forschungsvorhaben<br />

untersucht deshalb, wie<br />

die Zehenschutzkappen<br />

von Sicherheitsschuhen<br />

speziell für den<br />

Fall des Überrollens<br />

optimiert werden<br />

können.<br />

Neben den genormten Prüfbelastungen, wie sie in der<br />

DIN EN 20344 und der DIN EN 20345 erfasst sind, kann<br />

es im Arbeitsalltag zu Unfallszenarien kommen, die<br />

aktuell nicht in einer Norm erfasst und geprüft werden<br />

– beispielsweise die oben erwähnten Überrollunfälle.<br />

Es ist unklar, ob die heutigen Zehenschutzkappen auf<br />

Belastungen, wie sie bei Überrollunfällen auftreten,<br />

ausreichend ausgelegt sind und ob die Schutzfunktion<br />

der Sicherheitsschuhe tatsächlich gewährleistet ist.<br />

Diese Frage stellt sich insbesondere, aber nicht ausschließlich,<br />

bei Kunststoffkappen. Maßgeblich für die<br />

Verletzung des Fußes in einem Sicherheitsschuh mit<br />

Zehenschutzkappe ist die Verformung dieser Zehenschutzkappe<br />

unter Last.<br />

FORSCHUNG<br />

Ausreichend Schutz beim Überrollen?<br />

Optimierung<br />

von Zehenschutzkappen<br />

In einem neuen AiF-Forschungsprojekt soll das <strong>PFI</strong><br />

Untersuchungen durchführen, mit denen die auftretenden<br />

Belastungen, die Belastungsrichtungen und<br />

das Schadensverhalten der Kappen beim Überrollen<br />

spezifi ziert sowie Grenzwerte und Anforderungen<br />

ermittelt werden sollen. Ziel ist, Zehenschutzkappen<br />

durch konstruktive und materialtechnische Maßnahmen<br />

weiterzuentwickeln, damit sie auch Schutz bei<br />

Überrollunfällen bieten. Außerdem sollen Prüfeinrichtungen<br />

gelistet und Prüfanforderungen formuliert<br />

werden, um eine Normung für die Schutzfunktion von<br />

Zehenschutzkappen im Fall von Überrollen vorzubereiten.<br />

Die angestrebten Forschungsergebnisse sollen<br />

einen Beitrag zur Weiterentwicklung heutiger Zehenschutzkappen<br />

liefern und somit die Schutzfunktion<br />

von Sicherheitsschuhen weiter verbessern.<br />

Das Projekt begann am 1. Januar 2013 und läuft über<br />

zwei Jahre. Gefördert wird das Forschungsvorhaben<br />

durch die AiF – Allianz Industrie Forschung unter der<br />

Förder-Nummer AiF 17636 N.<br />

Weitere Informationen<br />

<strong>PFI</strong> Engineering<br />

Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />

Telefon: +49 (0)6331 249040<br />

E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de


Verbesserte Präzision<br />

Neues elektrisches<br />

Tischlastometer<br />

Das neue elektrische <strong>PFI</strong>-Tischlastometer ermöglicht<br />

die Bestimmung der Verdehnbarkeit von Schuh-Obermaterialien<br />

gemäß DIN EN ISO 17693:2005. Diese Prüfung<br />

liefert wichtige Informationen für das Verhalten<br />

von einzelnen Schaftmaterialien und von Materialverbünden<br />

beim Zwicken wie auch beim Tragen. Weiterhin<br />

erlaubt das Gerät die Beurteilung der Berstfestigkeit<br />

von Schuh-Reißverschlüssen nach DIN EN ISO<br />

10717:2011.<br />

Das neue Tischlastometer besitzt ein integriertes Steuermodul,<br />

das die in den Normen geforderten Messpunkte<br />

speichert und nach Beendigung der Prüfung<br />

auswertet. Ein externer Taster überträgt die visuell erfassten<br />

Beschädigungsstufen ans Steuermodul, wo sie<br />

ebenfalls gespeichert werden.<br />

Der Vorteil gegenüber dem mechanischen Vorgängermodell<br />

ist die höhere Präzision: Beim mechanischen<br />

Modell wird der Vorschub der Kalotte über eine Spindel<br />

bewerkstelligt, welche eine Bedienperson drehen<br />

muss. Damit ist eine gewisse Ungenauigkeit programmiert,<br />

denn niemand kann mit absolut konstanter<br />

Kraft drehen. Durch die elektronische Geschwindigkeitsregulierung<br />

können nun die in der Norm vorgegebenen<br />

Geschwindigkeiten genau eingehalten<br />

werden, was eine normkonforme Prüfung wesentlich<br />

erleichtert.<br />

Technische Daten<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Standfl äche: ca. 200 × 200 mm (Tischlastometer)<br />

ca. 200 x 450 mm (Steuerkasten)<br />

Betriebsspannung: 230 V 50Hz<br />

Leistungsaufnahme: 100VA<br />

Bestell-Nr. 3150<br />

Telefon: +49 (0)6331 249040<br />

E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de<br />

29


30<br />

Newsletter FORSCHUNG<br />

Neue Produkteigenschaften verlangen neue Prüfstandards<br />

Verbesserte Durchtrittsicherheit<br />

von Sicherheitsschuhen<br />

Eine verbesserte Schutzfunktion von Sicherheitsschuhen<br />

rechtfertigt nicht nur einen höheren Preis, sie hebt<br />

auch das Image des Herstellers. Nur: Neue Features<br />

müssen auch „an den Mann“ gebracht werden, zum<br />

Beispiel mit einem entsprechendem Prüfzertifi kat.<br />

Wenn also beispielsweise die Durchtrittsicherheit von<br />

Einlagen für Sicherheitsschuhe optimiert wird, sollte<br />

ein allgemein anerkannter Prüfstandard dafür sorgen,<br />

diese verbesserte Produkteigenschaft dem Kunden<br />

gegenüber darstellen zu können. Dies ist Gegenstand<br />

eines neuen AiF-Projekts des <strong>PFI</strong>, das am 1. April 2013<br />

anlief und eine Laufzeit von zwei Jahren hat.<br />

Für viele Arbeitnehmer ist das Tragen von Sicherheitsschuhen<br />

bei der Ausübung ihres Berufes unerlässlich.<br />

Rüsten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit Sicherheitsschuhen<br />

aus, sinkt die Anzahl der Arbeitsunfälle nachweislich<br />

entscheidend. Eine Reihe deutscher Sicherheitsschuhhersteller<br />

ist mit qualitativ hochwertigen<br />

und stets innovativen Sicherheitsschuhen am Markt<br />

etabliert. Allein 2010 produzierten deutsche Hersteller<br />

über vier Millionen Paar Sicherheitsschuhe mit Lederoberteil.<br />

Das <strong>PFI</strong> soll sich im Rahmen eines neuen<br />

Projektes mit der Frage befassen, wie<br />

die Durchtrittsicherheit von Einlagen<br />

für Sicherheitsschuhe optimiert<br />

werden kann und wie diese Verbesserung<br />

durch neue Standards der Produktprüfung<br />

belegt werden kann.<br />

Denn wenn ein Schuh verbesserte<br />

Eigenschaften aufweist,<br />

sollte es auch allgemein anerkannte<br />

Prüfstandards zum<br />

Nachweis der neuen Features geben.<br />

Das Projekt betrachtet speziell Sicherheitsschuhe der<br />

Klassen S3 und S5. Möglicherweise wird der Abschlussbericht<br />

Vorschläge für eine Neuklassifi zierung des<br />

Grades der Schutzfunktion von Schuhen und Einlagen<br />

liefern.<br />

Erwartet werden wissenschaftliche Erkenntnisse zum<br />

Themenkomplex „Durchtrittsicherheit“, Vorschläge<br />

für neue Prüfverfahren (beispielsweise Impactprüfung)<br />

für durchtrittsichere Einlagen sowie Verbesserungsvorschläge<br />

hinsichtlich des Einsatzes moderner Materialien<br />

für die Einlagen und hinsichtlich der Schuhkonstruktion.<br />

Die im Forschungsprojekt erzielten Ergebnisse<br />

sollen den deutschen KMUs einen Wettbewerbsvorteil<br />

verschaffen.<br />

Gefördert wird dieses Forschungsvorhaben durch die<br />

AiF – Allianz Industrie Forschung unter der Förder-<br />

Nummer AiF 17741 N.<br />

Weitere Informationen<br />

<strong>PFI</strong> Engineering<br />

Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />

Telefon: +49 (0)6331 249040<br />

E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de


Geschnürt – ohne Hände<br />

Selbsttätig<br />

schließender Schuh<br />

Wohin <strong>Deutsch</strong>land demographisch driftet, ist kein<br />

Geheimnis: Die Bevölkerung wird immer älter. Es<br />

werden immer weniger Menschen in <strong>Deutsch</strong>land<br />

leben. Die Geburtenrate sinkt, ebenso der Anteil der<br />

Erwerbstätigen. Gleichzeitig steigt die Zahl der älteren<br />

Menschen. Ältere Personen leiden häufi g unter<br />

Bewegungseinschränkungen. Das macht den Alltag<br />

kompliziert, zum Beispiel, wenn es um das Schnüren<br />

von Schuhen geht. Schuhe zubinden stellt auch ein<br />

Problem dar für Menschen, denen Arme oder Finger<br />

fehlen, sowie für Personen mit Rückenbeschwerden.<br />

Ein neues <strong>PFI</strong>-Forschungsprojekt soll Abhilfe schaffen:<br />

Ziel ist die Entwicklung eines Konzepts für automatisch<br />

schließende Schnürschuhe, das ohne den Einsatz<br />

der Hände funktioniert.<br />

Das innovative Schnürsystem soll hinsichtlich Passform,<br />

Verschlusssicherheit und Flexibilität bestehenden manuellen<br />

Schnürsystemen nicht nachstehen. Es soll als<br />

mikroelektromechanisches System ausgelegt sein, da<br />

hierüber die größte Flexibilität zu erzielen ist. Die Aufgabe<br />

des Schnürens soll über entsprechende Aktuatorund<br />

Sensormodule realisiert werden. Die Module des<br />

selbsttätigen Schnürsystems sollen möglichst einfach<br />

zu handhaben sein.<br />

Um weitgehend unabhängig von einer externen<br />

Stromversorgung zu sein, soll sich das System aus der<br />

Gehbewegung mit Energie versorgen. Zusätzlich soll<br />

ein kabelloses Ladeverfahren adaptiert werden, das<br />

eine gewisse Energiereserve sicherstellt und das System<br />

in einem „Schnelllademodus“ auf volle Kapazität<br />

laden kann.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Das Projekt beinhaltet die Entwicklung von Schuhund<br />

Schaftmodellen, die leicht anzuziehen sind, sowie<br />

spezieller Module zur Energiegewinnung und -speicherung,<br />

zur Aktorik und zur Integration all dieser<br />

Module in den Schuh.<br />

Die von diesem Vorhaben zu erwartenden Erkenntnisse<br />

werden den Alltag vieler Menschen erleichtern.<br />

Innovationen wie dieser Hi-Tech Schuh ermöglichen<br />

es deutschen KMUs, ihre Spitzenstellung im Bereich<br />

moderner Technologien – wie Low Power Konzepte,<br />

Energy Harvesting oder Ambient Assisted Living – zu<br />

bewahren und zu festigen. Dem Vorhaben wird aufgrund<br />

der potenziellen Nutzung in der Orthopädie,<br />

der Geriatrie sowie im Freizeitbereich eine große<br />

wirtschaftliche Bedeutung zugeschrieben. Das Projekt<br />

startete am 1. April 2013 und hat eine Laufzeit von<br />

zwei Jahren. Es wird von der AiF – Allianz Industrie<br />

Forschung unter der Nummer 17742N gefördert.<br />

Weitere Informationen<br />

<strong>PFI</strong> Engineering<br />

Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />

Telefon: +49 (0)6331 249040<br />

E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de<br />

31


32<br />

Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />

Einweihung des ersten Moduls für Ende 2013 geplant<br />

Energiepark Pirmasens-<br />

Winzeln: Es geht voran!<br />

Die NaWaRo-Biogasanlage (NaWaRo = nachwachsende<br />

Rohstoffe) im Energiepark Pirmasens wird die modernste<br />

in Rheinland-Pfalz sein. Aufgrund veränderter<br />

gesetzlicher und politischer Rahmenbedingungen und<br />

der Klimaschutzdebatte des letzten Jahres wurde sie<br />

auf die neuen Herausforderungen ausgerichtet. Solche<br />

Anpassungen kosten Zeit, sind aber für den langfristigen<br />

Erfolg unerlässlich und ein Beweis für die Innovationskraft<br />

und die Flexibilität der Projektträger. Schon<br />

ein altes Sprichwort sagt: „Gut‘ Ding braucht Weile“.<br />

Die Einweihung des ersten Moduls der Bioraffi nerie<br />

ist für die letzte Novemberwoche 2013 geplant.<br />

Wie alles begann<br />

Die Idee zum Energiepark Pirmasens-Winzeln war bereits<br />

2008 geboren worden: Mit der Stadt Pirmasens,<br />

den Stadtwerken Pirmasens, einer Gruppe von Landwirten<br />

aus der Region sowie dem Prüf- und Forschungsinstitut<br />

hatten sich vier Akteure zusammengetan, um<br />

dieses zukunftsweisende Projekt zu stemmen.<br />

Geplant war der Bau von drei Anlagen zur stoffl ichenergetischen<br />

Nutzung von Biomasse, und zwar einer<br />

Holzvergasungsanlage, einer NaWaRo-Biogasanlage<br />

und einer Reststoffvergärungsanlage. Auf einem Gelände<br />

in Pirmasens-Winzeln sollten die Stadtwerke die<br />

Holzvergasungsanlage, die Landwirte die Biogasanlage<br />

und die Stadt die Reststoffvergärungsanlage für Bioabfall<br />

und andere biogene Reststoffe realisieren.<br />

Die Rolle des Prüf- und Forschungsinstitutes bestand<br />

darin, die Investoren der Biogasanlagen im Energiepark<br />

wissenschaftlich-technisch zu beraten und die<br />

prozessbiologische Überwachung der Biogasanlagen<br />

zu übernehmen. Darüber hinaus bot das <strong>PFI</strong> an, die<br />

Qualität des „Synthesegases“ aus der Holzvergasung<br />

zu überwachen, um den Betrieb eines für alle drei Anlagen<br />

geplanten Blockheizkraftwerkes zu sichern.<br />

Was vor der Umsetzung<br />

getan werden musste<br />

Zur Umsetzung des Energieparks war der Kauf von<br />

etwa vier Hektar Land am südwestlichen Rand des Industriegebietes<br />

in Pirmasens-Winzeln erforderlich. Als<br />

Käuferin trat die Bioenergie Pirmasens auf, eine hundertprozentige<br />

Tochter der Stadtwerke Pirmasens.<br />

Die Kaufverhandlungen gestalteten sich aufgrund unterschiedlicher<br />

Interessenslagen der Voreigentümer<br />

schwierig und konnten erst Ende 2011 abgeschlossen<br />

werden. Zu diesem Zeitpunkt endete auch das zweijährige<br />

Baufeststellungsverfahren, das die Beteiligung der<br />

Öffentlichkeit einschloss. Anfang 2012 konnte dann mit<br />

der Genehmigungsplanung für die Anlagenrealisierung<br />

begonnen werden.<br />

Das <strong>PFI</strong> hatte schon im Vorfeld potentielle Investoren<br />

beraten und fachlich unterstützt. Dank dieser Vorarbeit<br />

erhielten die Stadtwerke Pirmasens 2010 relativ schnell<br />

einen Förderbescheid des Landes Rheinland-Pfalz über<br />

2,5 Millionen Euro. Die Mittel kamen vom EFRE, dem<br />

Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung. Zwischen<br />

2011 und 2012 führten die Stadtwerke dann eine<br />

Ausschreibung für den Bau der innovativen Holzvergasungsanlage<br />

durch. Dabei stellte sich heraus, dass aufgrund<br />

der hohen Investitionskosten und der Holzpreise<br />

kein wirtschaftlich gesicherter Betrieb dieser Anlage<br />

möglich war. Deshalb wurden alternative Technologien<br />

bezüglich der Investitionskosten und Fördermöglichkeiten<br />

erwogen. Das bedeutete allerdings eine Zeitverzögerung.<br />

Zwischenzeitlich fi elen dann auch die EEG-<br />

Stromerlöse (EEG ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz)<br />

schlechter aus, woraufhin das Interesse der Landwirte<br />

an der Investition in eine NaWaRo-Biogasanlage sank.<br />

Somit stand auch der Bau der NaWaRo-Biogasanlage,<br />

deren Biogas in dem zentralen Blockheizkraftwerk verstromt<br />

werden sollte, in Frage.


Deshalb sprang das <strong>PFI</strong> als Investor für die NaWaRo-<br />

Biogasanlage ein. Anfang 2012 erwarb das <strong>PFI</strong> 1,2 ha<br />

des 4 ha großen Grundstücks, die 2011 für das Gesamtprojekt<br />

gekauft worden waren. Die Planung der Biogasanlage<br />

konnte beginnen. Inzwischen war auch entschieden<br />

worden, dass sie mit einem eigenständigen<br />

Blockheizkraftwerk ausgestattet werden sollte.<br />

Doch wieder gab es Schwierigkeiten: Im Februar 2012<br />

änderte sich die Gesetzeslage und damit die Zuständigkeiten<br />

für die Genehmigung von Biogasanlagen nach<br />

der Bundes-Imissionsschutzverordnung (BImschV). Klarheit<br />

darüber, welche Behörde nun für die NaWaRo-<br />

Biogasanlage in Pirmasens-Winzeln zuständig ist, gab<br />

es erst im August 2012. Im September 2012 konnte das<br />

<strong>PFI</strong> schließlich den endgültigen Genehmigungsantrag<br />

nach BImschV stellen. Die nun neu am Genehmigungsverfahren<br />

beteiligte Behörde forderte umfangreiche<br />

Lärm-, Geruchs- und Brandschutzgutachten. Nach<br />

sorgfältiger Prüfung wurde die Genehmigung der Biogasanlage<br />

im Februar 2013 erteilt.<br />

Wie die Wartezeit genutzt wurde<br />

Das <strong>PFI</strong> nutzte die „Zwangspause“ sinnvoll mit den Überlegungen,<br />

welche weiteren zukunftsweisenden Technologien<br />

in den Energiepark integriert werden könnten. So<br />

soll die NaWaRo-Biogasanlage stufenweise zu einer Bioraffi<br />

nerie ausgebaut werden. Damit wird die Möglichkeit<br />

geschaffen, Biokunststoffe aus Stroh herzustellen und<br />

auch temporär überschüssige Solar- und Windenergie als<br />

Biomethan im Erdgasnetz zu speichern. Um Erfahrungen<br />

mit diesen innovativen Technologien zu sammeln, baute<br />

die <strong>PFI</strong> Biotechnology im Technikum Versuchsanlagen auf.<br />

Diese Entwicklungen sind bundesweit einmalig und werden<br />

den Energiepark Pirmasens deutlich aufwerten.<br />

Um die Investitionen für die Biokunststofferzeugungsanlage<br />

in Höhe von rund sechs Millionen Euro aufbringen zu<br />

können, wurde im September 2012 bei der EU-Kommission<br />

ein Life+ Antrag gestellt.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Ein weiterer Projektantrag für eine Anlage zur Speicherung<br />

überschüssiger Windenergie im Erdgasnetz ist in<br />

Vorbereitung. Als Partner für die Vermarktung dieser innovativen<br />

Technologie konnte das <strong>PFI</strong> die Pfalzgas GmbH<br />

gewinnen. Diese unterstützt die Entwicklung der großtechnischen<br />

Umsetzung des vom <strong>PFI</strong> entwickelten Verfahrens<br />

(siehe „Power-to-Gas“ auf Seite 38).<br />

Aufgrund der neusten Entwicklungen haben die Stadtwerke<br />

Pirmasens die Bereitschaft signalisiert, noch enger<br />

mit dem <strong>PFI</strong> zusammenzuarbeiten. Schon Ende 2012 hatten<br />

die Stadtwerke termingerecht nach einer nur zweimonatigen<br />

Bauzeit die energetische Erschließung des Energieparks<br />

abgeschlossen. Strom- und Gasleitungen wurden<br />

verlegt und eine Trafostation in Betrieb genommen.<br />

Das <strong>PFI</strong> soll nun eine modulare Erweiterung der eigenen<br />

NaWaRo-Biogasanlage planen, um eine 2-MW-Notstromversorgung<br />

für das Industriegebiet „Neues Feld“ umsetzen<br />

zu können. Dieses Alternativkonzept zum Holzvergaser<br />

stellt eine wirtschaftlichere, aber nicht weniger innovative<br />

Lösung für die gesteckten Ziele dar.<br />

Mit Hilfe des Maschinenrings Südwestpfalz wurden im<br />

Oktober 2012 3.500 Tonnen Mais und 1.400 Tonnen Zuckerrüben<br />

als Biosubstrat eingebracht. Die Zusammenarbeit<br />

mit den Landwirten funktionierte reibungslos. Einige<br />

Landwirte, die dem Projekt reserviert gegenüber gestanden<br />

hatten, möchten nun ebenfalls Substrat für die Biogasanlage<br />

liefern. Die Befürchtungen einiger Bürger, dass<br />

die Ernte eine hohe Lärmbelästigung mit sich bringen<br />

könnte, haben sich weitestgehend nicht bestätigt. Viele<br />

waren überrascht, dass die Ernte so schnell vorbei war –<br />

das soll in diesem Jahr auch so bleiben. Für die diesjährige<br />

Erntelogistik von 5.700 Tonnen Mais und 6.000 Tonnen<br />

Zuckerrüben haben bereits Abstimmungsgespräche mit<br />

den Landwirten und dem Maschinenring stattgefunden.<br />

Weitere Informationen<br />

Dipl.-Ing. (FH) Benjamin Pacan<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 - 840<br />

E-Mail: benjamin.pacan@pfi -biotechnology.de<br />

33


34<br />

Newsletter<br />

Seit Januar 2012 arbeitet das <strong>PFI</strong> zusammen mit deutschen<br />

und belgischen Partnern am Projekt W2PHeat,<br />

einem Gemeinschaftsprojekt im Rahmen des CORNET-<br />

Programms. CORNET steht für Collective Research<br />

Networking und bezweckt die Vernetzung von nationalen<br />

und regionalen Programmen der Gemeinschaftsforschung<br />

in Europa. An dem von der AiF koordinierten<br />

ERA-NET CORNET sind neun Ministerien<br />

und Projektträger aus neun Ländern und Regionen<br />

Europas beteiligt. Die Forschungsergebnisse werden<br />

kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU)<br />

zur Verfügung gestellt, die meist über keine eigenen<br />

Forschungsmittel verfügen. Ein Teil des Projektes<br />

W2PHeat fällt in den Bereich der Biotechnologie und<br />

ist eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung von Prozesswärmen<br />

an Biogasanlagen mittels Hoch-Temperatur-<br />

Wärme-Pumpen (HTWP). Die Ergebnisse sollen Ende<br />

2013 vorliegen.<br />

BIOTECHNOLOGIE<br />

Prozess-Abwärme ungenutzt ins Freie pusten?<br />

Abwärme zu Nutzwärme!<br />

Prozessanalyse<br />

Abwärme industrieller Prozesse tritt in den unterschiedlichsten<br />

Formen und Temperaturniveaus auf.<br />

Wie könnte man die Energie, die in Abwärme steckt,<br />

nutzen, statt sie ins Freie zu pusten? Wärmepumpen,<br />

wie sie in Haushalten im Einsatz sind, nehmen Wärme<br />

von einem Medium auf und heben es mittels technischer<br />

Arbeit auf ein höheres Temperaturniveau. Wenn<br />

Medien als Wärmequellen genutzt werden, die über<br />

90 °C warm sind, spricht man von Hoch-Temperatur-<br />

Wärme-Pumpen (HTWP).<br />

Um HTWPs effi zient einsetzen zu können, müssen alle<br />

zugrundeliegenden Daten von Wärmequellen und<br />

-senken ermittelt werden. Hierzu wurden drei Biogasanlagen<br />

und eine Kläranlage mit Methan- und Energieerzeugung<br />

mit angeschlossenen Blockheizkraftwerken<br />

betrachtet. Es handelt sich um die Biogasanlagen<br />

in Bischheim, Heilbachhof und Wallhalben sowie um<br />

die Kläranlage Blümelstal.<br />

Abb. 1: Aufteilung der Energieflüsse<br />

in einem Blockheizkraftwerk


Eine detaillierte Analyse ergab, dass der Einsatz einer<br />

HTWP für jede Anlage individuell untersucht werden<br />

muss. Nicht alle Biogas- und Kläranlagen profi tieren<br />

von einer HTWP. Der Einsatz einer HTWP ist nur dann<br />

sinnvoll, wenn Abwärmen bereit stehen, die mit entsprechender<br />

Aufwertung mittels HTWP für weitere<br />

Prozesse genutzt werden können.<br />

In Abb. 1 ist zu erkennen, dass in diesem Fall etwa<br />

30 Prozent der Energie im Biogas als 103 °C warmes<br />

Wasser vorliegt. Eine HTWP könnte diese Wärme auf<br />

ein höheres Niveau bringen, zum Beispiel auf 130 °C.<br />

Höhere Temperaturniveaus können beispielweise die<br />

Effi zienz von Trocknungs- und Bioraffi nerieprozessen<br />

steigern.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Detailplanung zur Hochtemperaturnutzung<br />

Im Zuge des Projektes W2PHeat sollen zwei spezifi sche<br />

Prozesse mit Bezug auf die Nutzung einer HTWP näher<br />

betrachtet werden:<br />

Fermentationsanlage zur Nutzung von Stroh zur<br />

Herstellung von Xylitol, gekoppelt mit einer Biogasanlage<br />

Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm<br />

Für beide Prozesse wurde zunächst die Konfi guration<br />

der jeweiligen Anlage schematisiert. Betrachtet wurden<br />

alle anfallenden Wärmeströme und der Wärmebedarf.<br />

Daraufhin konnte die Integration der HTWP<br />

in die Prozesse simuliert werden. Ausgehend von den<br />

zu erzeugenden Produkten wurde eine ökonomische<br />

Betrachtung durchgeführt mit dem Ziel, eine Prioritätsliste<br />

der Prozesse zu generieren, die zusätzlich Umwelteinfl<br />

üsse wie Wetter und Jahreszeit berücksichtigt.<br />

Unter Umständen muss ein Biogasreaktor nämlich<br />

im Winter beheizt und im Sommer gekühlt werden.<br />

Beispielsweise bietet es sich in den Sommermonaten<br />

an, den Gärrest zu trocknen, weil im Sommer überschüssige<br />

Wärme des Reaktors anfällt.<br />

Auf Grundlage der Dimensionierung der Prozesstechnologie<br />

und der Prioritätsliste werden in nächsten Schritten<br />

innovative Steuerungssoftwares entwickelt, die es erlauben,<br />

die Prozesse energetisch optimal zu betreiben.<br />

Abb. 2: Konzept zum Einsatz<br />

einer Wärmepumpe für die Nutzung<br />

der Reaktor- und Biogaswärme<br />

zur Trocknung von Gärrest<br />

und für Bioraffinerieprozesse<br />

35


36<br />

Newsletter<br />

Konzept und Funktionsweise der<br />

Wärmepumpe der <strong>PFI</strong>-Biogasanlage<br />

Neben dem Blockheizkraftwerk (BHKW) stehen in<br />

der <strong>PFI</strong>-Biogasanlage weitere Wärmequellen zur Verfügung.<br />

Ein innovativer Biogasreaktor erzeugt durch<br />

metabolische Aktivität Wärmeströme im Bereich von<br />

50 bis 55 °C. Diese Energie muss mittels Wandkühlung<br />

entnommen werden und erzeugt warmes Wasser. Zudem<br />

fällt durch eine Biogaskühlung in der Kuppel des<br />

Biogasbehälters warmes Wasser an. Diese jetzt warmen<br />

Kühlwasserströme stellen nun ihre Energie der<br />

Wärmepumpe zur Verfügung. Dort wird sie zum Verdampfen<br />

eines Kühlmittels genutzt. Durch Kompression<br />

wird die Temperatur des Kühlmittels nochmals<br />

erhöht. Dieser heiße Strom kann über Wärmetauscher<br />

genutzt werden, um zum Beispiel Luft aufzuwärmen,<br />

welche im Gärresttrockner die Feuchtigkeit des Gärrestes<br />

entnimmt. Das Kühlmittel wird, nachdem es seine<br />

Energie im Wärmetauscher abgegeben hat, durch<br />

ein Expansionsventil wieder heruntergekühlt. Der Zyklus<br />

kann nun von vorne beginnen.<br />

BIOTECHNOLOGIE<br />

Prozess-Abwärme ungenutzt ins Freie pusten?<br />

Abwärme zu Nutzwärme!<br />

Die Partner im W2PHeat-Projekt<br />

Gärresttrocknung mittels HTWP<br />

Üblicherweise wird die Wärmeenergie des Reaktors<br />

einer Biogasanlage an die Umwelt abgegeben, ohne<br />

weiter genutzt zu werden. Durch den Einsatz der<br />

Wärmepumpe will die <strong>PFI</strong> Biotechnologie einen energieautarken<br />

Betrieb der Bioraffi niere ermöglichen.<br />

Hierzu sollen sämtliche anfallenden Wärmen aufgefangen,<br />

aufgewertet und genutzt werden.<br />

Gärrest hat einen Wassergehalt von etwa 94 Prozent<br />

und ist daher fl üssig. Die gesetzlichen Vorschriften<br />

verlangen, dass die Lagerkapazität einer Biogasanlage<br />

für den Gärrest so ausgelegt sein muss, dass ein Gärrestvolumen<br />

von bis zu sechs Betriebsmonaten gelagert<br />

werden kann. Traditionelle Biogasanlagen haben<br />

daher riesige Gärrestlager, die mehr als doppelt so<br />

groß sind wie die eigentlichen Fermenter. Zusätzlich<br />

muss der Transport des Gärrestes zurück aufs Feld betrachtet<br />

werden. Das kann – je nach Größe der Anlage<br />

– mehrere Hundert Fahrzeuge pro Jahr bedeuten. Eine<br />

Reduzierung des Wassergehaltes von 94 auf zehn Prozent<br />

würde also nicht nur den Lagerbedarf erheblich<br />

verringern, sondern auch die Straßen entlasten und<br />

die Kosten für die Logistik senken.<br />

Partner im W2PHeat Projekt


Wärmebedarf<br />

der Bioraffi nierieprozesse<br />

Neben der Gärresttrocknung benötigen auch die Fermentationsprozesse<br />

der Bioraffi nerie Wärme. Bevor<br />

das Koppelprodukt des Getreideanbaus, sprich Stroh,<br />

zur Herstellung von Grundchemikalien und Energie<br />

genutzt werden kann, unterliegt es einer physikalischchemischen<br />

Hydrolyse. Diese erfolgt bei einer Temperatur<br />

von 150 °C. Danach wird der Feststoff einer<br />

enzymatischen Hydrolyse unterzogen, welche eine<br />

Temperatur von 55 °C benötigt. Anschliessend fi ndet<br />

die Fermentation der Zucker zu Chemikalien statt,<br />

und zwar bei 37 °C. Abhängig vom Produkt muss abschliessend<br />

eine Reinigung mit Trocknung bei erhöhten<br />

Temperaturen erfolgen. Dies zeigt den Bedarf an<br />

unterschiedlichsten Wärmeniveaus, die durch die Wärmepumpe<br />

und einem Wärmepuffersystem erzeugt<br />

werden können.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Biogasanlage in Wallhalben, Rheinland-Pfalz.<br />

Dargestellt ist der Größenunterschied zwischen dem<br />

Fermenter (1.000 m3 ) und dem Gärrestlager (2.500 m3 Biogasanlage in Wallhalben, Rheinland-Pfalz.<br />

).<br />

BHKW = Blockheizkraftwerk<br />

Weitere Informationen<br />

Gärrestlager (2.500 m3 Gärrestlager (2.500 m )<br />

Fermenter (1.000 m3 Fermenter (1.000 m ) 3 Fermenter (1.000 m )<br />

BHKW<br />

Dr. Michael Müller<br />

<strong>PFI</strong> – Abteilung Biotechnologie und Mikrobiologie<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 850<br />

E-Mail: michael.mueller@pfi -biotechnology.de<br />

Noch mehr Info zum Projekt fi nden Sie im Internet:<br />

www.cornet-w2pheat.eu<br />

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38<br />

Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />

Lösung zur Speicherung von Überschuss-Strommengen<br />

<strong>PFI</strong> entwickelt Power-<br />

to-Gas-Technologie<br />

Im Zuge der „Energiewende“ will <strong>Deutsch</strong>land die<br />

Treibhausgas-Emissionen stufenweise reduzieren und<br />

die erneuerbaren Energien ausbauen. Rheinland-Pfalz<br />

hat sich besonders ehrgeizige Ziele gesetzt und will<br />

bis 2030 seinen gesamten Strom aus erneuerbaren<br />

Energien erzeugen. Eine Herausforderung stellen dabei<br />

die tages- und jahreszeitlichen Schwankungen von<br />

Wind- und Solarenergie dar. Intelligente Lösungen<br />

zur Umwandlung und Speicherung von Energie sind<br />

daher gefragt. An diesem Punkt setzt ein vom Land<br />

Rheinland-Pfalz gefördertes Forschungsvorhaben des<br />

<strong>PFI</strong> und der Universität Mainz an. Ziel ist die Entwicklung<br />

einer „Power-to-Gas“-Technologie. Dabei sollen<br />

die Überschüsse von Windkraft- und Solaranlagen mit<br />

der CO -Produktion von Biogasanlagen kombiniert<br />

2<br />

und so speicherbare Energie in Form von Methan produziert<br />

werden.<br />

Der Ausbau von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung<br />

wurde in Rheinland-Pfalz im Jahr 2012 weiter<br />

vorangetrieben. Strom aus erneuerbaren Energien<br />

hat mittlerweile einen Anteil von 29 Prozent an der<br />

Gesamtstromerzeugung des Landes. Der Schwerpunkt<br />

beim Ausbau lag auf der Windenergie. Die installierte<br />

Leistung wuchs um nahezu 300 Megawatt und damit<br />

um rund 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ende<br />

2012 wurden in Rheinland-Pfalz bereits über 1.240<br />

Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von<br />

rund 1.900 Megawatt betrieben. Starkes Wachstum<br />

verzeichnete auch die Photovoltaik. Aktuell gibt es<br />

in Rheinland-Pfalz mehr als 73.000 Anlagen mit einer<br />

Leistung von über 1.500 Megawatt.<br />

Problem: Unzureichende Netz-<br />

und Speicherkapazitäten<br />

Gebremst wird der weitere Ausbau erneuerbarer Energien<br />

– und zwar nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern<br />

bundesweit – allerdings durch die beschränkten Netzkapazitäten<br />

sowie fehlende Speichermöglichkeiten.<br />

Von den unzureichenden Speicherkapazitäten sind vor<br />

allem Energieträger betroffen, deren Stromproduktion<br />

einer starken Fluktuation unterworfen ist, also gerade<br />

Wind- und Solarenergie. So stiegen die Zwangsabschaltungen<br />

von Windkraftanlagen deutschlandweit<br />

aufgrund fehlender Netz- und Speicherkapazitäten<br />

im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr um nahezu 200<br />

Prozent. Insgesamt gingen hierdurch mehr als 400.000<br />

Megawattstunden Windstrom verloren.


Das entspricht aktuell dem jährlichen Stromverbrauch<br />

von rund 100.000 Haushalten und ist mit Blick auf den<br />

Gesamtstromverbrauch keine dramatisch große Menge.<br />

Jedoch: Der verstärkte Ausbau von Wind- und Solarenergie<br />

infolge des Atomausstiegs wird mittelfristig<br />

zu einem enormen Anstieg dieser Verluste führen, sofern<br />

keine adäquaten Speicherkapazitäten geschaffen<br />

werden.<br />

Eine Möglichkeit zur Speicherung temporär anfallender<br />

Überschüsse von Wind- und Solarenergie bietet<br />

das Erdgasnetz. Nach Berechnungen der Fraunhofer<br />

Gesellschaft verfügt das deutsche Erdgasnetz (einschließlich<br />

Erdgasspeicher) über eine Gesamtspeicherkapazität<br />

von mehr als 200 Terawattstunden. Damit<br />

könnte der Stromverbrauch von ganz <strong>Deutsch</strong>land (er<br />

liegt heute bei rund 600 Terawattstunden pro Jahr) für<br />

etwa vier Monate gedeckt werden. Zum Vergleich: die<br />

deutschen Pumpspeicherkraftwerke haben lediglich<br />

eine Speicherkapazität von 0,04 Terawattstunden und<br />

eine Speicherreichweite von wenigen Stunden.<br />

Rieselstromreaktor zur biogenen Methanproduktion<br />

im Technikum des <strong>PFI</strong><br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Ziel: Erdgasnetz als Speicher nutzen<br />

Um das Erdgasnetz zur Speicherung nutzen zu können,<br />

müssen die anfallenden Überschussstrommengen zunächst<br />

in Methan umgewandelt werden. Hierzu wird<br />

der Überschuss-Strom mittels Elektrolyse zur Produktion<br />

von Wasserstoff genutzt und dieser im Anschluss<br />

mit Kohlendioxid zu Methan umgesetzt. Verschiedene<br />

Forschungs- und Demonstrationsvorhaben setzen derzeit<br />

vor allem auf das seit langem bekannte Konzept<br />

der technischen Methansynthese (Sabatier-Prozess).<br />

Dieses Verfahren hat allerdings Nachteile: Da es sich<br />

um einen katalysatorabhängigen Prozess handelt, ergeben<br />

sich hohe Anforderungen an die Reinheit der<br />

Ausgangsgase Wasserstoff und Kohlendioxid. Das bedeutet<br />

entsprechende Kosten für die Bereitstellung<br />

des benötigten CO beziehungsweise einen erhebli-<br />

2<br />

chen technischen Aufwand für die Reinigung der Ausgangsgase.<br />

Lösungsweg: Biosynthese<br />

von Methan<br />

Das <strong>PFI</strong> und die Uni Mainz verfolgen daher einen alternativen<br />

Ansatz. Ziel ist die Entwicklung und Optimierung<br />

eines biotechnologischen Verfahrens zur Biosynthese<br />

von Methan aus CO und Wasserstoff. Man geht<br />

2<br />

davon aus, dass der Wirkungsgrad des Gesamtprozesses<br />

der technischen Methansynthese dem der Biosynthese<br />

von Methan gleichgesetzt werden kann (beide<br />

liegen bei rund 65 Prozent). Im Gegensatz zur technischen<br />

Methansynthese erfolgt die Biosynthese mittels<br />

methanbildener Mikroorganismen in einem vom <strong>PFI</strong><br />

entwickelten speziellen Bioreaktor. Ein Prototyp des<br />

Reaktors im Technikumsmaßstab wird derzeit von der<br />

Abteilung Biotechnologie in Betrieb genommen.<br />

Der rund vier Meter hohe Reaktor arbeitet nach dem<br />

Rieselstromprinzip, das heißt die eingesetzten Gase<br />

strömen von unten in den Reaktorraum, während von<br />

oben im Gegenstrom fl üssiges Wachstumssubstrat für<br />

die Bakterien einrieselt. So können schnelle Stoffübergänge<br />

und hohe Umsatzraten realisiert werden.<br />

39


40<br />

Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />

Lösung zur Speicherung von Überschuss-Strommengen<br />

<strong>PFI</strong> entwickelt Power-<br />

to-Gas-Technologie<br />

Gefüllt wird der Reaktorraum mit speziellen Kunststoffkörpern,<br />

auf welchen sich die eingesetzten Mikroorganismen<br />

ansiedeln können. Dank verschiedener<br />

Vorläufer-Projekte konnten die Projektpartner umfangreiche<br />

Erfahrungen sammeln im Hinblick auf die<br />

Anzucht und Kultivierung der verschiedenen methanbildenden<br />

Bakterien. Sie verfügen sogar über eine eigene<br />

Stammsammlung methanogener Bakterien, welche<br />

für den Einsatz in diesem Projekt getestet werden.<br />

Methanbildende Bakterien der Gattung<br />

Methanosarcina aus der Stammsammlung des <strong>PFI</strong><br />

Bakterien setzen auch<br />

ungereinigtes Biogas um<br />

Eine wichtige Eigenschaft der für das Verfahren vorgesehenen<br />

Mikroorganismen ist, dass sie weitgehend<br />

unempfi ndlich gegenüber Verunreinigungen der Ausgangsgase<br />

sind. So werden das Wachstum und die Umsatzraten<br />

durch Stickoxide oder Schwefelverbindungen<br />

im Gas nicht beeinträchtigt. Daher kann für das<br />

Verfahren ungereinigtes Biogas als Ausgangsprodukt<br />

eingesetzt werden. Ebenso wenig weisen die Bakterien<br />

eine Endprodukthemmung gegenüber dem zu bildenden<br />

Methan auf. In Verbindung mit elektrolytisch<br />

produziertem Wasserstoff kann der CO -Anteil des<br />

2<br />

Biogases direkt in Methan umgewandelt werden. Dies<br />

stellt einen erheblichen Vorteil gegenüber der technischen<br />

Methansynthese dar.<br />

Denn auch hier wird Biogas als Ausgangsprodukt verwendet,<br />

dieses muss aber vorher in einem aufwändigen<br />

und teuren Vorbehandlungsprozess gereinigt und<br />

getrocknet werden.<br />

Daher könnte die Biosynthese von Methan im Vergleich<br />

zum herkömmlichen Prozess sogar wirtschaftliche<br />

Vorteile bieten. Die Partner hoffen, die Technologie<br />

nach erfolgreichem Abschluss der Untersuchungen<br />

im Labor- und Technikumsmaßstab Ende 2013 schon<br />

bald in einen Pilotmaßstab überführen zu können. Als<br />

idealer Standort für eine entsprechende Demonstrationsanlage<br />

würde sich der Energiepark Winzeln anbieten,<br />

wo derzeit die Biogasanlage des <strong>PFI</strong> entsteht<br />

(siehe Artikel Seite 32).<br />

Die Durchführung des Projektes erfolgt im Rahmen des<br />

laufenden EFRE-Programms (Europäischer Fond für regionale<br />

Entwicklung) mit fi nanzieller Unterstützung<br />

des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie<br />

und Landesplanung des Landes Rheinland-Pfalz und<br />

der EU.<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Stefan Dröge<br />

<strong>PFI</strong> Biotechnologie<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490-846<br />

E-Mail: stefan.droege@pfi -biotechnology.de


Messeteilnahme sehr erfolgreich<br />

<strong>PFI</strong> auf der<br />

BIOGAS 2013<br />

Vom 29. bis 31. Januar lockte die 22. BIOGAS Jahrestagung<br />

und Fachmesse Fachmesse Anlagenbetreiber, -hersteller,<br />

-planer, Landwirte Landwirte sowie Forscher und Wissenschaftler<br />

aus 36 Nationen nach Leipzig. Rund 450 UnternehUnternehmen, darunter die <strong>PFI</strong> Biotechnologie, waren mit einem<br />

Stand vertreten. Die <strong>PFI</strong> Biotechnologie verbucht<br />

ihre Teilnahme an der BIOGAS 2013 als großen Erfolg<br />

und wird auch bei der nächsten Ausgabe der Messe<br />

2014 in Nürnberg wieder dabei sein.<br />

Mit einem wesentlich größeren Messestand als im<br />

Vorjahr präsentierte sich die Abteilung Biotechnologie<br />

des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens zum<br />

zweiten Mal auf der Biogas-Fachmesse. Die Abteilung<br />

informierte über ihre zahlreichen Forschungsprojekte<br />

im Bereich der energetischen und stoffl ichen Biomassenutzung.<br />

Ebenfalls im Fokus stand das umfangreiche<br />

Dienstleistungs- und Beratungsangebot der <strong>PFI</strong> Biotechnologie<br />

für Betreiber von Biogasanlagen.<br />

Hochzufrieden war das Messeteam über die gute Besucherfrequenz<br />

am <strong>PFI</strong>-Messestand. Die BIOGAS bot eine<br />

ideale Plattform zur Kontaktpfl ege und zur Kontaktaufnahme<br />

mit potenziellen Neukunden. Interessante<br />

Gespräche über mögliche Forschungskooperationen<br />

entspannen sich mit Vertretern aus der Industrie sowie<br />

von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen<br />

aus dem In- und Ausland. Viel Aufmerksamkeit zog<br />

auch die geplante Bioraffi nerie in Pirmasens auf sich.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Für die <strong>PFI</strong> Biotechnologie steht fest: Die Biogas 2013<br />

war ein großer Erfolg. Daher ist für die nächste BIO-<br />

GAS, die vom 24. bis 26. Januar 2014 in Nürnberg stattfi<br />

nden wird, wieder ein Messestand geplant.<br />

41


42<br />

Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />

EU-Forschungsanträge<br />

<strong>PFI</strong> Biotechnology stärker auf<br />

europäischer Ebene aktiv<br />

Das <strong>PFI</strong> hat seine Fühler weiter in Richtung EU-Förderung<br />

ausgestreckt. Allein die Abteilung Biotechnologie<br />

hat seit August 2012 eine Reihe von Forschungsanträgen<br />

in Brüssel eingereicht. Sollten sie bewilligt werden,<br />

bedeutet das, dass das <strong>PFI</strong> weit stärker auf europäischer<br />

Ebene arbeiten wird als bisher. Die Evaluierungsphase<br />

der Projektanträge ist derzeit noch nicht abgeschlossen,<br />

doch die <strong>PFI</strong> Biotechnologie ist zuversichtlich, dass<br />

die Erfolgsaussichten gut sind. Im Folgenden werden<br />

die einzelnen Projekte näher erläutert.<br />

LACTOFUEL<br />

LACTOFUEL ist das Akronym<br />

des Projekts “Fermentative Production<br />

of Butanol Using Waste<br />

Products from the Cheese Industry”, welches beim Förderprogramm<br />

EuroTransBio eingereicht wurde. Ziel<br />

dieses Kollaborationsprojektes ist die Untersuchung<br />

und technische Prozessentwicklung zur Fermentation<br />

von Molke zu Butanol. Dies ist ganz im Sinne des<br />

Aufrufs der EU, verstärkt Substrate zur Bio-Kraftstoffherstellung<br />

zu nutzen, die nicht im Konfl ikt mit der<br />

Lebensmittelindustrie stehen. Das Bio-Butanol soll als<br />

Treibstoff für Kraftfahrzeuge genutzt werden, da Butanol<br />

im Vergleich zu Ethanol viele Vorteile hat:<br />

es ist weniger fl üchtig und explosiv<br />

es kann mit Benzin in allen Mischungsverhältnissen<br />

gemischt werden. Heutige Motoren lassen sogar<br />

die Verwendung von 100 Prozent Butanol zu, ohne<br />

dass technische Umbaumaßnahmen nötig wären<br />

es ist wasserabweisend und lässt sich deshalb in<br />

Pipelines transportieren<br />

sein Energiegehalt ist dem von Benzin vergleichbar<br />

Der Prozess, der in LACTOFUEL entwickelt werden soll,<br />

ist nachhaltig und verwendet Molke als Substrat. Molke<br />

ist ein Nebenprodukt der Milchindustrie und fi ndet neben<br />

der Nutzung als Futtermittel kaum Verwendung.<br />

LACTOFUEL ist ein Kollaborationsprojekt mit folgenden<br />

Partnern:<br />

Inbiolev SL (Spanien) – Koordinator<br />

Intertek (Spanien)<br />

Reiner Schmitt GmbH (Weselberg, <strong>Deutsch</strong>land)<br />

SilverCar Prototipos SL (Spanien)


CORNET Projekte<br />

BIO-EOL<br />

Das BIO-EOL Projekt mit dem Titel “End-of-life Possibilities<br />

of Biopolymer-based Consumer Products“ wurde<br />

mit dem Projektpartner CENTEXBEL, dem belgischen<br />

Forschungsinstitut für Textilien, eingereicht. Ziel ist<br />

die Ermittlung von Recyclingmethoden von biobasierten<br />

und biologisch abbaubaren Kunststoffen und<br />

Kunststoff-Naturfaser-Kompositen. Der Marktanteil<br />

dieser Materialien liegt zwar zurzeit bei unter einem<br />

Prozent, doch weist alles auf einen stetigen Anstieg in<br />

naher Zukunft hin. Daher ist die frühzeitige Betrachtung<br />

und Entwicklung eines nachhaltigen Systems,<br />

welches die Stoffe im Wertstoffkreislauf behält, von<br />

großer Bedeutung.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

CENTEXBEL wird sich auf die traditionellen Recyclingmethoden<br />

konzentrieren und untersuchen, wie<br />

sich der Kunststoff bei wiederholtem Schmelzen und<br />

Spritzgießen verhält, während die <strong>PFI</strong> Biotechnologie<br />

die fermentative Wiederverwertung betrachtet. Dabei<br />

gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Zum einen<br />

kann durch entsprechende Behandlung das Material<br />

wieder in eine Form gebracht werden, die es erlaubt,<br />

neue Polymere zu fermentieren, oder der Werkstoff<br />

wird mittels Bakterien zu Biogas und Energie verwertet.<br />

Dadurch soll eine Kompostierung vermieden<br />

werden. Bei der Kompostierung wird das Material zu<br />

Humus verarbeitet und verweilt danach in der Umwelt,<br />

bis nach etwa einem Jahr und entsprechend viel<br />

Sonnenenergie wieder Pfl anzen gewachsen sind, die<br />

wieder aufwändig zur Herstellung neuer Materialen<br />

verwendet werden können. Durch die Biotechnologie<br />

wird dies umgangen: bereits nach wenigen Tagen<br />

könnten wieder „neue“ Biopolymere zur Verfügung<br />

stehen. Falls dies nicht möglich ist, kann immerhin Biogas<br />

erzeugt werden, welches eine energetische Nutzung<br />

zulässt, während die Energie bei der Kompostierung<br />

nutzlos an die Umwelt abgegeben wird.<br />

Welt-Kunststoffproduktion 2011<br />

ohne andere Kunststoffe ( ~45 Megatonnen)*<br />

*Berücksichtigt Thermoplaste, Polyurethane, Duroplaste,<br />

Elastomere, Klebstoffe, Beschichtungen,<br />

Dämmstoffe sowie PP-Fasern.<br />

Nicht berücksichtigt: PET-, PA- und Polyacryl-Fasern.<br />

Quelle: PlasticsEurope Market Research Group (PEMRG)<br />

43


44<br />

Newsletter<br />

EU-Forschungsanträge<br />

<strong>PFI</strong> Biotechnology stärker auf<br />

europäischer Ebene aktiv<br />

HP4Drying<br />

HP4Drying ist das Folgeprojekt zum derzeitigen<br />

W2PHeat-Projekt (siehe Seite 34). HP4Drying steht für<br />

“Energetic and Environmental Optimisation of Drying<br />

Processes by Integration of Heat Pumps (Heat Pumps<br />

for Drying)”. Wie der Titel verrät, konzentriert sich<br />

dieses Projekt auf die Trocknung mit Hilfe von Wärmepumpen.<br />

Das Projekt umfasst eine ganze Bandbreite<br />

an Industrien. Neben der Gärrest- und Klärschlammtrocknung<br />

wird die Trocknung von Textilien, Wäsche,<br />

Holz, Kräutern und Lebensmitteln betrachtet.<br />

Trocknung ist ein energieintensiver Prozess und soll<br />

durch die Nutzung von Abwärme effi zienter und sparsamer<br />

gemacht werden. Zum Beispiel kann Abwärme<br />

von etwa 50 °C mittels Wärmepumpe auf ein Temperaturniveau<br />

von etwa 90 °C gebracht werden. Dieses<br />

Temperaturniveau lässt sich dann in weiteren Prozessen<br />

nutzen. Im Rahmen des Projektes soll eine Betrachtung<br />

der Möglichkeiten und die Demonstration einer<br />

Gärrestrocknung an einer Biogasanlage durchgeführt<br />

und evaluiert werden.<br />

BIOTECHNOLOGIE<br />

Folgende Partner sind am Projekt beteiligt:<br />

Belgien<br />

Flemish User Group<br />

Howest, De Hogeschool West-Vlaanderen Kortrijk<br />

Belgian Institute for Wood Technology<br />

- CTIB - TCHN<br />

Technisch Centrum der Houtnijverheid - TCHN<br />

Centre Technique de l'Industrie du Bois – CTIB<br />

Université de Liège<br />

Université Libre de Bruxelles – 4MAT Department<br />

Universiteit Gent<br />

<strong>Deutsch</strong>land<br />

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e. V.<br />

Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) der<br />

<strong>Deutsch</strong>en Institute für Textil- und Faserforschung<br />

Denkendorf (DITF)<br />

Institut für Ziegelforschung Essen e. V.<br />

Fraunhofer-Institut für Holzforschung,<br />

Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI<br />

wfk - Cleaning Technology Institute e.V.


Accu-meter<br />

Ein weiteres Kompetenzfeld der <strong>PFI</strong> Biotechnologie ist<br />

die energetische Betrachtung von Gebäuden, welche<br />

bereits im Rahmen des Klimaschutzteilprogrammes<br />

der Stadt Pirmasens, gefördert durch das Bundesministerium<br />

für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

(BMU), eingesetzt wird. Das CORNET Projekt “Automated<br />

Continuous Commissioning for Building Energy<br />

Profi le Assessment and Improvement” wird sich diese<br />

Expertise zunutze machen, um eine innovative Kontrollsoftware<br />

zu erstellen, welche mittels künstlicher<br />

Intelligenz die Heizungs- und Lüftungssysteme in Gebäuden<br />

steuert, und zwar abhängig von Wetter, Wohlfühlparametern<br />

und Nutzen.<br />

Derzeit wird eine wärmetechnische Optimierung von<br />

Gebäuden durch bauliche Maßnahmen beziehungsweise<br />

durch den Einsatz von modernen Heizungssystemen<br />

realisiert. Das Accu-meter Projekt geht einen Schritt<br />

weiter und optimiert die Mess- und Regeltechnik der<br />

Systeme und erzielt dadurch bereits hohe Energieeinsparungen.<br />

Das Projekt wird mit einer Messkampagne<br />

in belgischen und deutschen Schulen sowie öffentlichen<br />

Bürogebäuden beginnen. Dabei werden sämtliche Daten<br />

erfasst, die für die Simulation und Modellierung der<br />

Steuerung genutzt werden können. Diese wird dann in<br />

praxisnahen Untersuchungen getestet.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Das Projekt wird durch das <strong>PFI</strong> koordiniert. Folgende<br />

Partner sind beteiligt:<br />

Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen<br />

und Umformtechnik IWU<br />

Kennis Centrum Energy – KULeuven (Belgien)<br />

Thomas More Kempen (Belgien)<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Michael Müller<br />

<strong>PFI</strong> – Abteilung Biotechnologie und Mikrobiologie<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 850<br />

E-Mail: michael.mueller@pfi -biotechnology.de<br />

Toilettentrakt einer Schule am Wochenende:<br />

Fenster gekippt, die Heizkörper glühen.<br />

Mit modernen Steuerungssystemen können<br />

Situationen wie diese vermieden werden<br />

45


46<br />

Newsletter CHEMIE<br />

Kontaktallergie durch Schuhe?<br />

Jagd aufs Allergen<br />

Immer öfter bitten Schuhhersteller oder -händler das<br />

<strong>PFI</strong> um Hilfe, weil Kunden über Juckreiz oder Bläschen<br />

an den Füßen klagen und dies auf das Tragen<br />

von Schuhen zurückführen. In einigen Fällen legen die<br />

Kunden sogar Allergiepässe vor, wonach der behandelnde<br />

Arzt einen allergieauslösenden Stoff identifi -<br />

zieren konnte. Die darauf folgende Laborsuche nach<br />

dem Allergen im unter Verdacht stehenden Artikel ist<br />

eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Warum ist<br />

das so und was macht die Identifi kation des Stoffes, der<br />

die allergische Reaktion ausgelöst hat, so schwierig?<br />

In <strong>Deutsch</strong>land sind 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung<br />

von mindestens einer Allergie betroffen.<br />

Häufi gkeit von Allergien in der Bevölkerung<br />

30 % Atemwegsallergien<br />

10 % Arzneimittelallergien<br />

5 bis 7 % Nahrungsmittelallergien<br />

7 % Kontaktallergien<br />

2 bis 3 % Insektengiftallergien<br />

Verantwortlich für die allergische Reaktion ist das Immunsystem.<br />

Seine Hauptaufgabe besteht darin, Umweltgifte,<br />

Reizstoffe und Fremdorganismen – wie zum<br />

Beispiel Bakterien – zu erkennen und uns wirksam vor<br />

ihnen zu schützen. Es kontrolliert permanent den ganzen<br />

Organismus und hält Ausschau nach „Eindringlingen“.<br />

Als „Eindringling“ gilt zunächst alles, was das<br />

Immunsystem als „fremd“ ansieht. Dies sind nicht immer<br />

Schadstoffe im Sinne von Giften. Es kann sich dabei<br />

um „ganz normale“ Nahrungsmittelbestandteile<br />

oder Duftstoffe handeln.<br />

Das Immunsystem ist besonders aktiv an den Stellen<br />

im Organismus, die am ehesten mit der Umwelt<br />

in Kontakt kommen, wie Haut, Schleimhäute oder<br />

Magen- und Darmtrakt. Es sorgt dafür, dass die „Eindringlinge“<br />

keinen Schaden anrichten können. Dieser<br />

unspezifi sche Schutzmechanismus spielt sich im Normalfall<br />

völlig unbemerkt und ohne körperliche Reaktionen<br />

ab.<br />

Was führt zu einer Allergie und<br />

wann bezeichnet man „Eindringlinge“<br />

als „Allergene“?<br />

Ist die Belastung des menschlichen Körpers durch<br />

„Eindringlinge“ sehr hoch und kommt eventuell noch<br />

körperlicher oder psychischer Stress hinzu, muss das<br />

Immunsystem weitere Kräfte mobilisieren, um dem<br />

Ansturm zu begegnen. Diese „Verstärkung“ verfügt<br />

über ein wesentlich höheres Abwehrpotential. Die<br />

Auswirkungen können als Hautrötungen, Entzündungen<br />

oder Gewebeschädigungen sichtbar werden. Zeigt<br />

das Immunsystem eine solche Überreaktion, wird der<br />

die Reaktion auslösende Eindringling als „Allergen“<br />

bezeichnet.<br />

Ist ein „Allergen“ einmal vom Immunsystem bekämpft<br />

worden, so legt das Immunsystem für genau dieses<br />

Allergen ein immunologisches Gedächtnis (Immunität)<br />

an, um bei erneutem Kontakt mit dem Allergen<br />

schnell reagieren zu können. Man spricht dann auch<br />

von Sensibilisierung. Ein erneuter Kontakt mit dem<br />

Allergen kann dann eine sehr starke Abwehrreaktion<br />

auslösen. Die allergische Immunität ist also in erster<br />

Linie ein Abwehrmechanismus des Körpers gegen Umwelteindringlinge.<br />

Bei einem „Großangriff“ von Allergenen<br />

können die Abwehrreaktionen<br />

sogar Schaden anrichten. Angefangen<br />

von Rötungen über Quaddelbildung<br />

und Juckreiz bis hin zu Atemnot<br />

oder Kreislaufbeschwerden<br />

kann in extremen Fällen ein<br />

sogenannter anaphylaktischer<br />

Schock auftreten,<br />

unter Umständen sogar mit<br />

tödlichen Folgen.


Vor allem Produkte oder Materialien mit permanentem<br />

direktem Hautkontakt lösen häufi g allergische<br />

Erkrankungen aus. Schon geringste Mengen eines Allergens<br />

können nach einer Sensibilisierung ausreichen,<br />

um weitere allergische Reaktionen auszulösen.<br />

Beim Tragen von Schuhen, Handschuhen oder Lederarmbändern<br />

sind auch Schweiß und Feuchtigkeit von<br />

Bedeutung. Sie schaffen ein lokales Milieu, das dazu<br />

beiträgt, dass ein Allergen überhaupt vom Körper aufgenommen<br />

werden kann und sein allergisches Potenzial<br />

dann erst entfaltet.<br />

Beispiele für typische Allergene<br />

im Schuh- und Lederbereich<br />

Allergeneintrag Relevante<br />

durch: Materialien:<br />

Gerbmittel Leder<br />

z. B. Chrom VI, Formaldehyd,<br />

Glutaraldehyd<br />

Konservierungs- Leder, Textilien, Pappe, Fasern<br />

mittel z. B. Formaldehyd, Dimethylfumarat,<br />

Schwermetalle<br />

Farbstoffe Leder, Textilien, Pappe, Fasern<br />

z. B. Dispersionsfarbstoffe,<br />

4-Aminoazobenzol,<br />

p-Phenylendiamin<br />

Klebstoffe Alle verklebten Materialien<br />

z. B. tert.-Butylphenol-<br />

Formaldehydharz, Thiurame,<br />

Kollophonium<br />

Schwermetalle Metallteile, z. B. Nickel<br />

Leder, z. B. Chrom<br />

Textilien, z.B. Antimon<br />

Kunststoff- Kunststoffe und Gummi<br />

additive z. B. Mercaptobenzothiazol,<br />

Phenolformaldehydharz<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Wie wird das Allergen identifi ziert?<br />

Der Großteil der Allergene im Schuh- und Lederbereich<br />

zählt zu den sogenannten Kontaktallergenen. Dies bedeutet,<br />

dass die körperliche Reaktion an der Stelle auftritt,<br />

wo der Kontakt mit dem Allergen stattgefunden<br />

hat. Typische Kontaktallergene sind Nickel und Chrom<br />

VI. Rund 15 Prozent der deutschen Bevölkerung hat<br />

eine Nickel-Allergie. Damit ist Nickel mit Abstand das<br />

Allergen, das die meisten Kontaktallergien auslöst, gefolgt<br />

von Farbstoffen, Chrom VI und Formaldehyd.<br />

Allergietest (Epicutan-Test)<br />

Tritt eine Hautreaktion unmittelbar nach dem Tragen<br />

der Artikel auf, so ist zunächst erst einmal nur von<br />

einer Hautreizung auszugehen. Typische allergische<br />

Hautreaktionen auf ein Kontaktallergen wie Ekzeme<br />

und Bläschen treten dagegen erst nach etwa drei Tagen<br />

auf. Ist der Reaktionsherd dann nicht eindeutig<br />

einer Allergenquelle zuzuordnen, sei es anhand der<br />

Lokalisation oder anhand vom Aussehen und Größe<br />

(zum Beispiel rund wie ein Hosenknopf), dann wird es<br />

schwierig, den tatsächlichen Auslöser noch zu identifi -<br />

zieren. Nicht immer aber ist das Allergen im Material an<br />

sich zu suchen, wie Leder, Textilien oder Kunststoffe.<br />

Oft sind verklebte Stellen, Nähfäden, Etiketten oder<br />

nachträglich aufgebrachte Konservierungsmittel die<br />

Ursache.<br />

47


48<br />

Newsletter<br />

Kontaktallergie durch Schuhe?<br />

Jagd aufs Allergen<br />

Bei einem Verdacht auf eine Kontaktallergie macht der<br />

Arzt zunächst einen Epicutan-Test. Dazu werden mögliche<br />

Allergene auf die Haut aufgebracht. Nach etwa drei<br />

Tagen kann dann eventuell eine Hautreaktion nachgewiesen<br />

werden. Dadurch ist es zwar möglich, die Allergieursache<br />

einzugrenzen, da aber das Spektrum der<br />

möglichen Allergene im Schuh- und Lederbereich recht<br />

groß ist, können die allergieauslösenden Stoffe im Einzelfall<br />

oft nicht vollständig ermittelt werden.<br />

Dazu kommt, dass im Einzelfall fast jede Substanz zu<br />

einer Allergie führen kann. Daher müssen es nicht unbedingt<br />

die bekannten „potenziellen“ Allergene sein,<br />

die eine allergische Reaktion auslösen. Oft reicht ein<br />

Allergen nicht aus, um eine heftige Reaktion zu verursachen.<br />

Es kommt vor, dass sich erst im Gemisch mit<br />

weiteren Allergenen ein allergenes Potenzial entfaltet.<br />

Auch wenn der Test beim Arzt auf ein bestimmtes<br />

Allergen hindeutet, so besagt dies nur, dass der Patient<br />

auf das vom Arzt getestete Allergen allergisch<br />

reagiert. Damit ist aber noch lange nicht bewiesen,<br />

dass es sich dabei tatsächlich um das Allergen handelt,<br />

dass die Allergie dann auch ausgelöst hat. Eine<br />

zusätzliche Möglichkeit, das Verursacherallergen von<br />

medizinischer Seite her einzukreisen, wäre der Test<br />

der verdächtigen, allergieauslösenden Materialien am<br />

Patienten selbst.<br />

Dramatisches Beispiel:<br />

Dimethylfumarat<br />

Wie schwierig die Identifi kation eines Allergens ist,<br />

verdeutlichen die Vorkommnisse um das Antischimmelmittel<br />

Dimethylfumarat (DMF), das bei Leder, Textilien<br />

und in Trocknungspäckchen zum Einsatz kam<br />

und nach Todesfällen in Frankreich seit Mai 2009 in<br />

der EU verboten ist. Auch hier dauerte es eine geraume<br />

Zeit, bis das tatsächliche Allergen entdeckt wurde:<br />

Ein junger Mann erkrankte schwerwiegend. Die Symptome<br />

waren Hautausschläge und Lungenprobleme.<br />

Die Ursache war unbekannt und die Erkrankung führte<br />

zum Tode.<br />

CHEMIE<br />

Kurz darauf zeigte der Vater die gleichen Symptome.<br />

Auch ihm konnte nicht geholfen werden, und er verstarb.<br />

Erst als kurze Zeit darauf auch noch die Hauskatze<br />

starb, fi el der Verdacht auf einen Sessel, der<br />

zunächst vom Sohn und dann vom Vater benutzt wurde<br />

und nach dessen Tod von der Katze vereinnahmt<br />

wurde. Ursache der Todesfälle war ein Polstermöbel,<br />

vollgepackt mit Trocknungspäckchen, die das Anti-<br />

Schimmelmittel DMF enthielten.<br />

Laborseitig ist die Suche nach dem Allergie auslösenden<br />

Stoff ebenso schwierig. Zunächst werden alle<br />

Informationen über die allergische Reaktion wie Allergiepass,<br />

Bilder und so weiter ausgewertet, um das<br />

Allergen möglichst eng einzukreisen. Zudem wird<br />

der verdächtige Artikel untersucht, um die relevanten<br />

Materialien einzugrenzen und mögliche lokale<br />

Belastungsschwerpunkte durch beispielsweise Druck<br />

oder Feuchtigkeit zu identifi zieren. Wenn es sich dabei<br />

um die typischen Allergene wie Nickel, Chrom VI,<br />

Farbstoffe oder Formaldehyd handelt, erleichtert das<br />

sicherlich die Suche im Labor. Handelt es sich aber beispielsweise<br />

um Klebstoff- oder Kunststoff-Allergene,<br />

die auch nur in äußerst geringen Mengen im Schuh<br />

oder Lederartikel vorhanden sein können, stößt man<br />

im Labor quantitativ oft an die Nachweisgrenzen, und<br />

eine Detektion ist nicht immer möglich.<br />

Das <strong>PFI</strong> bietet eine Auswahl an möglichen Tests zu<br />

potentiell allergenen Substanzen an. Wir beraten Sie<br />

diesbezüglich gerne.<br />

Kontakt<br />

Dr. Ines Anderie<br />

Stellvertretende Abteilungsleiterin<br />

Chemische Analyse und Forschung<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 712<br />

E-Mail: ines.anderie@pfi -germany.de


Dänemark hat am 20. Januar 2012 ein Dossier nach<br />

Anhang XV der Verordnung 1907/2006/EG (REACh)<br />

zur Beschränkung von Chrom VI in Lederprodukten<br />

bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht.<br />

Der dänische Vorschlag sieht vor, dass Lederprodukte<br />

mit langanhaltendem oder wiederholtem<br />

Hautkontakt nicht in Verkehr gebracht werden dürfen,<br />

falls sie Chrom-VI-Verbindungen in Konzentrationen<br />

von mehr als 3 mg/kg enthalten.<br />

Am 16. September 2012 endete die sechsmonatige öffentliche<br />

Konsultation, in der Interessenten Kommentare<br />

zur vorgeschlagenen Beschränkung einreichen<br />

konnten. Parallel erarbeiteten das Komitee für Risikoanalyse<br />

(Risk Assessment Committee, RAC) und das<br />

Komitee für sozio-ökonomische Analyse (Committee<br />

for Socio-Economic Analysis, SEAC) Stellungnahmen<br />

zu gesundheitlichen und umweltrelevanten Auswirkungen<br />

sowie zu den fi nanziellen Folgen eins solchen<br />

Verbotes.<br />

Die ECHA veröffentlichte vor Kurzem die Stellungnahmen<br />

der Komitees, welche beide eine Verschärfung<br />

der von Dänemark beantragten Regelung vorschlagen.<br />

Der Entwurf der beiden Komitees sieht vor, dass Lederprodukte<br />

mit Hautkontakt nicht in Verkehr gebracht<br />

werden dürfen, sollten sie Chrom-VI-Verbindungen<br />

in Konzentrationen von mehr als 3 mg/kg enthalten.<br />

Die Komitees hatten die Einschränkungen „langanhaltender<br />

oder wiederholter Hautkontakt“ gestrichen<br />

und auf alle verarbeiteten Leder mit Hautkontakt erweitert.<br />

Dies würde bedeuten, dass zum Beispiel auch<br />

Schuhoberleder ohne direkten Hautkontakt, Applikationen<br />

und Etiketten von dieser Regelung betroffen<br />

wären.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Dänemark wünscht Beschränkung<br />

Chrom VI in Lederprodukten<br />

Der endgültige Text wird nun von der Europäischen<br />

Kommission vorbereitet. Die Aufnahme von Chrom-<br />

VI-Verbindungen in Lederprodukten in den Anhang<br />

XVII wird im Herbst 2013 erwartet. Ob die Europäische<br />

Kommission dem ursprünglichen Antrag Dänemarks<br />

(identisch mit der Bedarfsgegenständeverordnung)<br />

folgt oder den verschärften Text der beiden Komitees<br />

für die Beschränkung übernimmt, bleibt abzuwarten.<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Michael Knauer<br />

Chemische Analyse und Forschung<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 717<br />

E-Mail: michael.knauer@pfi -germany.de<br />

49


50<br />

Newsletter<br />

Unerwünschtes Nebenprodukt in geschäumten Polymeren<br />

Das Formamid-Problem<br />

Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff sind aus unserem<br />

Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Einsatzbereiche<br />

von Kunststoffmaterialien sind nahezu unendlich.<br />

Das liegt vor allem an ihren hervorragenden und<br />

extrem versatilen Eigenschaften, die von UV-Beständigkeit<br />

über Isolierungs- oder Dämpfungswirkung bis<br />

hin zu Wasserfestigkeit reichen. Die Kehrseite der Medaille:<br />

Kunststoffe können gesundheitsgefährdende<br />

Stoffe enthalten – wie es dieser Beitrag am Beispiel<br />

Formamid darstellt. Die Arbeit der chemischen Analytik<br />

des <strong>PFI</strong>, nämlich die Unbedenklichkeit von Produkten<br />

zu prüfen, dient dem Verbraucherschutz und<br />

verschafft Herstellern und Händlern die Gewissheit,<br />

dass ihre Waren in Ordnung sind. Ganz im Sinne des<br />

<strong>PFI</strong>-Leitspruchs „Quality Means Safety“.<br />

Bunte Puzzlematten aus EVA (Ethylenvinylacetat) sind<br />

als Kleinkinder-Spielzeug sehr beliebt. EVA ist leicht,<br />

elastisch und zudem extrem widerstandsfähig. Daher<br />

werden diese Puzzleteppiche auch gerne als stoßdämpfende<br />

Turnmatten benutzt, auf denen Kinder<br />

sich austoben können. Doch sind diese EVA-Matten<br />

tatsächlich völlig unbedenklich?<br />

Puzzlematten sind ein beliebtes Spielzeug – aber<br />

geschäumte Polymere können Schadstoffe freisetzen<br />

CHEMIE<br />

Leider nicht immer. Bereits 2009 berichtete eine belgische<br />

Verbraucherzeitschrift über einen Stoff, der in<br />

EVA-Puzzlematten gefunden wurde und nichts darin<br />

verloren hat. Es handelte sich um Methanamid, besser<br />

bekannt als Formamid.<br />

Formamid gehört zu der Gruppe der Carbonsäureamide<br />

und ist als fortpfl anzungsgefährdender CMR-Stoff<br />

der Kategorie 2 eingestuft (CMR steht für cancerogen,<br />

mutagen, reproduktionstoxisch, sprich: krebserregend,<br />

erbgutverändernd und/oder fortpfl anzungsgefährdend).<br />

Somit ist Formamid ein Gefahrstoff, der absolut<br />

nichts in Verbraucherprodukten zu suchen hat.<br />

Dennoch wird Formamid immer wieder in Erzeugnissen<br />

nachgewiesen.<br />

Formamid – ein unerwünschtes<br />

Nebenprodukt<br />

Formamid wird nicht als Ausgangsstoff bei der Herstellung<br />

von Kunststoffen eingesetzt. Es entsteht als<br />

Nebenprodukt bei der Herstellung geschäumter Polymere,<br />

und zwar beim Einsatz von Schäumungsmitteln<br />

wie beispielsweise Azodicarbonamid.<br />

So kann es passieren, dass das Endprodukt mit Formamid<br />

belastet ist. Durch Restmengen an unverbrauchtem<br />

Schäumungsmittel im Produkt besteht weiterhin<br />

die Gefahr, dass nach und nach – unter anderem durch<br />

thermische Einfl üsse – weiteres Formamid freigesetzt<br />

wird.<br />

Formamid gelangt durch Ausgasen aus den betroffenen<br />

Produkten in die Umgebungsluft. Verbraucher<br />

sind daher der Gefahr ausgesetzt, den Stoff über einen<br />

langen Zeitraum einzuatmen. Zusätzlich ist eine Aufnahme<br />

über die Haut und die Schleimhäute möglich.<br />

Babys und Kleinkinder sind aufgrund ihrer dünneren<br />

Haut besonders gefährdet.


Schäumungsmittel<br />

H 2 N N<br />

O<br />

Gesetzlicher<br />

Grenzwert fehlt<br />

O<br />

N NH 2<br />

Azodicarbonamid<br />

Bislang gibt es keinen gesetzlichen Grenzwert für<br />

Formamid. Einige EU-Mitgliedsstaaten wie Belgien,<br />

Frankreich und Luxemburg haben bereits 2009 reagiert<br />

und ein Verkaufsverbot für mit Formamid belastete<br />

Puzzlematten erlassen. Inzwischen wurden<br />

diese Verbote teilweise gelockert. In Frankreich zum<br />

Beispiel dürfen Puzzlematten verkauft werden, wenn<br />

ihr Formamidgehalt höchstens 200 mg/kg beträgt. In<br />

<strong>Deutsch</strong>land gibt es kein solches Verbot.<br />

Allerdings wird mit Inkrafttreten der neuen Spielzeugrichtlinie<br />

2009/48 ab Juli 2013 ein allgemeines<br />

Verbot für CMR-Stoffe eingeführt.<br />

Weiterhin wird Formamid<br />

seit Juni 2012 in der SVHC-<br />

Kandidatenliste (SVHC =<br />

substances of very high concern)<br />

der ECHA (European<br />

Chemicals Agency) geführt<br />

und ist somit als „besonders<br />

besorgniserregender Stoff“<br />

eingestuft.<br />

Formamidprobe<br />

Schäumungsprozess<br />

Abspaltungsprodukt<br />

NH 2<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

O<br />

Azodicarbonamid<br />

Schematisches Beispiel<br />

für die Entstehung von<br />

Formamid<br />

SG-Zeichen und CADS bieten<br />

weiterreichenden Schutz<br />

Besonders „heimtückisch“ an Formamid ist seine Geruchlosigkeit.<br />

Verbraucher können unmöglich selbst feststellen,<br />

ob Produkte Formamid enthalten, und sind somit<br />

auf freiwillige Qualitätskontrollen der Hersteller und die<br />

Kontrolle durch öffentliche Institutionen angewiesen.<br />

Besseren Verbraucherschutz garantieren das SG-Prüfzeichen<br />

für schadstoffgeprüfte Produkte oder die Prüfung<br />

nach CADS-Anforderung. CADS – Cooperation<br />

at DSI ist eine Vereinigung namhafter Hersteller und<br />

Zulieferer der Schuhindustrie sowie bedeutender Handelsunternehmen<br />

der Textil- und Schuhbranche.<br />

Viele Hersteller und Lieferanten zeigen sich sehr verantwortungsbewusst<br />

und legen eigene Grenzwerte<br />

fest, um die gesetzliche Lücke zu schließen. Somit bewertet<br />

das <strong>PFI</strong> in Produkten nachgewiesene Formamidgehalte<br />

vielfach nach speziellen Kundenvorgaben.<br />

Das Team der chemischen Analytik des <strong>PFI</strong> ist in der<br />

Lage, Formamid dank eines validierten Prüfverfahrens<br />

zuverlässig nachzuweisen, zu quantifi zieren und somit<br />

Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen.<br />

Ganz im Sinne des <strong>PFI</strong>- Leitspruchs „Quality Means<br />

Safety”.<br />

Weitere Informationen<br />

Oliver Haubrich<br />

Chemical Testing and Research<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 710<br />

E-Mail: oliver.haubrich@pfi -germany.de<br />

51


52<br />

Newsletter<br />

Anfang 2013 haben das <strong>PFI</strong> und der TÜV Rheinland die<br />

Anforderungswerte für das SG-Prüfzeichen turnusgemäß<br />

überarbeitet. Die neuen Prüfkriterien ersetzen<br />

seit März die Anforderungen von 11/2011. Hierbei<br />

haben sich einige Neuerungen und Änderungen ergeben.<br />

Alle Produkte, die das SG-Prüfzeichen erhalten sollen,<br />

müssen auf eine Reihe zusätzlicher Stoffe getestet werden.<br />

So wurde bei den zinnorganischen-Verbindungen<br />

das Bis(tributylzinn) aufgenommen, und bei der Gruppe<br />

der Phthalate vier weitere Vertreter ergänzt.<br />

Für alle natürlichen Materialien und Textilien wurden<br />

Octylphenol, Octylphenolethoxylate und das Konservierungsmittel<br />

Triclosan neu in den Prüfkatalog aufgenommen.<br />

Weiterhin werden Leder und Klebstoffe nun<br />

auf 1-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) geprüft. Bei metallischem<br />

Zubehör wird jetzt auch der Gehalt der Schwermetalle<br />

Blei und Cadmium kontrolliert, während bei<br />

den Kunststoffen Formamid als neuer Parameter untersucht<br />

wird.<br />

CHEMIE<br />

Tests auf zusätzliche Substanzen<br />

SG-Prüfkriterienkatalog<br />

überarbeitet<br />

Die Grenzwerte der Konservierungsmittel 2-(Thiocyanomethylthio)-benzthiazol<br />

(TCMTB), 4-Chlor-3-methylphenol<br />

(CMK), 2-Phenylphenol (OPP) und 2-Octylisothiazol-<br />

3-(2H)-on (OIT) wurden aufgrund neuer Studien zur<br />

Gefährdung der Gesundheit individuell angepasst.<br />

Somit ist der Anforderungskatalog für das SG-Zeichen<br />

wieder auf dem neuesten Stand und umfasst weitere<br />

Stoffe, die im Verdacht stehen, negative Wirkungen<br />

auf Gesundheit und Umwelt zu haben.<br />

Allen Interessierten steht der aktuelle SG-Prüfkriterienkatalog<br />

auf der Institutshomepage zur Verfügung,<br />

und zwar als pdf-Download unter „Chemische Expertisen“.<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Michael Knauer<br />

Chemische Analyse und Forschung<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 717<br />

E-Mail: michael.knauer@pfi -germany.de<br />

Web: www.pfi -germany.de


ECHA listet zehn weitere Stoffe<br />

Die SVHC-Kandidatenliste (substances of very high<br />

concern, also sehr besorgniserregende Stoffe) wächst<br />

kontinuierlich und umfasst mittlerweile 138 Stoffe, so<br />

der Stand am 19. Dezember 2012. Am 4. März 2013<br />

schlug die ECHA (European Chemicals Agency) zehn<br />

weitere Verbindungen als potentiell besonders besorgniserregende<br />

Stoffe für die Aufnahme in die Liste vor.<br />

Die öffentliche Konsultation endete am 18. April 2013.<br />

Nun bleibt abzuwarten, welche der zehn Stoffe tatsächlich<br />

als SVHC-Kandidaten aufgenommen werden.<br />

Im Hinblick auf ihre Relevanz für die Herstellung von<br />

Schuh- und Lederwaren ist die Überschreitung des<br />

Grenzwertes von 0,1 Massenprozent bei mehreren<br />

dieser neu zur Aufnahme in die SVHC-Kandidatenliste<br />

vorgeschlagenen Verbindungen nicht zu erwarten.<br />

Dies gilt für die gelisteten Benzotriazol-Derivate 2-(2H-<br />

Benzotriazol-2-yl)-4-(tert-butyl)-6-(sec-butyl)-phenol,<br />

2-(2H-Benzotriazol-2-yl)-4,6-diterpentylphenol, 2,4-<br />

Di-tert-butyl-6-(5-chlorobenzotriazol-2-yl)-phenol und<br />

2-Benzotriazol-2-yl-4,6-ditert-butylphenol, welche als<br />

UV-Stabilisatoren in Kunststoffen verwendet werden.<br />

Auch für Cadmium und Cadmiumoxid ist eine Überschreitung<br />

nicht zu erwarten, solange keine cadmiumhaltigen<br />

Farben (Gelb- und Orangetöne) eingesetzt<br />

werden.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

SVHC-Kandidatenliste wächst<br />

Bei vier der vorgeschlagenen Verbindungen besteht<br />

die Möglichkeit, dass diese mit mehr als 0,1 Massenprozent<br />

im Produkt enthalten sind. Sie sollten daher<br />

entlang der Lieferkette abgefragt werden. Diese<br />

Stoffe sind Dipentylphthalat, das als Weichmacher in<br />

Kunststoffen eingesetzt wird, sowie die Tenside 4-Nonylphenolethoxylate<br />

und die für wasser- und ölabweisende<br />

Ausrüstungen verwendete Pentadecafl uoroctansäure<br />

(PFOA) und ihr Ammonium-Salz. Die aktuelle<br />

Liste kann im Internet eingesehen werden: http://echa.<br />

europa.eu/web/guest/candidate-list-table<br />

Weitere Informationen<br />

Dr. Michael Knauer<br />

Chemische Analyse und Forschung<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490 717<br />

E-Mail: michael.knauer@pfi -germany.de<br />

53


54<br />

Newsletter<br />

Die bislang herangezogenen Normverfahren zur Prüfung<br />

der Wirksamkeit der antibakteriellen Ausrüstung<br />

von Schuhen und Schuhbestandteilen waren ursprünglich<br />

für Textilien oder plane Kunststoffe entwickelt<br />

worden. Sie konnten nicht ohne Modifi kationen auf<br />

Prüfungen im Schuhbereich übertragen werden. Diese<br />

Lücke wurde nun geschlossen: Die 2012 in der Entwurfsfassung<br />

veröffentlichte neue Norm DIN EN ISO<br />

16187 bietet für die Schuhbranche optimierte Verfahren<br />

zur Prüfung der antibakteriellen Wirksamkeit.<br />

Antibakteriell ausgerüstete Materialien sind Stand<br />

der Technik und werden vielseitig eingesetzt, um unerwünschte<br />

Folgeerscheinungen der Anwesenheit von<br />

Bakterien zu minimieren. Sie fi nden auch in Schuhen<br />

und Schuhbestandteilen Anwendung. Bei entsprechend<br />

beworbener Ware erfolgt im Rahmen der Qualitätssicherung<br />

eine Prüfung auf antibakterielle Wirksamkeit.<br />

Sie fi ndet stichprobenartig statt, und zwar bevor die<br />

Ware in Verkehr gebracht wird.<br />

Problematik bisheriger Verfahren<br />

Die bisher benutzten Prüfverfahren waren ursprünglich<br />

für bestimmte Materialien wie Textilien oder plane<br />

Kunststoffe (ISO 22196) entwickelt worden. Sie<br />

konnten nur bedingt oder mit entsprechenden Modifi<br />

kationen für Schuhe eingesetzt werden. Lediglich ein<br />

modifi ziertes Normverfahren (ASTM E 2149 mod., <strong>PFI</strong><br />

10/2004) stand für Verbundmaterialien und komplexe<br />

Schuhteile zur Verfügung.<br />

Die 2010 gegründete Arbeitsgruppe WG 1 des technischen<br />

Komitees ISO/TC 216 „Footwear“, die sich mit<br />

mikrobiologischen Aspekten befasst, hat daher die<br />

inzwischen erschienene neue Norm DIN EN ISO 16187<br />

„Schuhe und Schuhbestandteile – Prüfverfahren zur<br />

Bestimmung der antibakteriellen Aktivität“ erarbeitet.<br />

Sie basiert auf bewährten Testmethoden und berücksichtigt<br />

notwendige Modifi kationen.<br />

MIKROBIOLOGIE<br />

Prüfung der Wirksamkeit der antibakteriellen Ausrüstung<br />

von Schuhen und Schuhkomponenten<br />

Neue internationale<br />

Norm DIN EN ISO 16187<br />

Diese für eine Vielzahl entsprechend ausgerüsteter<br />

Schuhbestandteile – wie Obermaterialien, Innenfutter,<br />

Einlegesohlen oder Laufsohlen – sowie für alle Arten<br />

von Schuhen erarbeitete Norm dient zur quantitativen<br />

Bestimmung der antibakteriellen Wirkung, bei denen<br />

der Wirkstoff immobilisiert ist und nicht diffundiert.<br />

Testkeime<br />

Die Testmethode beinhaltet die unabhängige Prüfung<br />

gegenüber jeweils einem gram-positiven und einem<br />

gram-negativen Bakterium, die sich grundsätzlich in<br />

ihrem Zellaufbau voneinander unterscheiden. Nur<br />

wenn die Ausrüstung des Produkts gegenüber beiden<br />

Bakteriengruppen Wirkung zeigt, ist wirklich eine antibakterielle<br />

Wirksamkeit gegeben.<br />

Die Testkeime der neuen Norm sind Staphylococcus<br />

aureus als gram-positives Bakterium und Klebsiella<br />

pneumoniae als gram-negatives Bakterium. Der Einsatz<br />

weiterer bakterieller Keime ist zulässig, jedoch<br />

nur für sehr spezielle Anwendungsgebiete von Bedeutung.<br />

Da die Testkeime potentielle Krankheitserreger<br />

sind, können die Prüfungen nur von mikrobiologisch<br />

geschultem Personal in einem Sicherheitslabor der Risikostufe<br />

2 durchgeführt werden.<br />

Verfahrensbeschreibung<br />

Geprüft werden nur Bestandteile oder Materialien, für<br />

die eine antibakterielle Wirkung ausgelobt wird. Laut<br />

Normvorgaben wird die zu untersuchende Schuhkomponente<br />

nach der am besten geeigneten Testmethode<br />

geprüft, die in Abhängigkeit vom Material und dessen<br />

Eigenschaften ausgewählt wird. Durchgängig ebene,<br />

nicht poröse und nicht absorbierende Kunststoffoberfl<br />

ächen werden nach einer Kontaktfi lmmethode unter<br />

statischen Kontaktbedingungen untersucht. Komplexe<br />

und dreidimensional geformte Verbundsysteme werden<br />

unter dynamischen Kontaktbedingungen geprüft.


Antibakteriell ausgerüstete Prüfl inge und gegebenenfalls<br />

auch nicht ausgerüstete Referenzmuster werden<br />

mit einer defi nierten Keimzahl eines bestimmten Testorganismus<br />

beimpft. Zunächst erfolgt eine Bestimmung<br />

der Ausgangskeimzahl. Nach Inkubation über<br />

einen defi nierten Zeitraum unter defi nierten Bedingungen<br />

und anschließender Neutralisation der Wirkstoffe<br />

wird die Anzahl der lebensfähigen Bakterienzellen<br />

bestimmt.<br />

Das Verfahren beinhaltet darüber hinaus eine Beurteilung<br />

der Effektivität der Prüfung und defi niert Anforderungen,<br />

die zwecks Validierung der Ergebnisse<br />

erfüllt sein müssen.<br />

Berechnung der<br />

antibakteriellen Wirksamkeit<br />

Die berechnete antibakterielle Wirksamkeit wird als<br />

prozentuale Keimzahlreduktion angegeben.<br />

Darstellbar ist sowohl eine mögliche Keimzahlreduktion<br />

auf dem ausgerüsteten Prüfgegenstand über den<br />

Zeitverlauf als auch – bei Vorhandensein von Referenzmustern<br />

– ein Vergleich der Keimzahlen zwischen<br />

ausgerüsteten und nicht ausgerüsteten Prüfgegenständen<br />

zu Versuchsende.<br />

Abhängig vom Material und dem jeweiligen Einsatzbereich<br />

sind unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen,<br />

die zwischen den jeweiligen Vertragsparteien<br />

festzulegen sind. Daher erfolgt gemäß der genannten<br />

Norm nur die Bestimmung der antibakteriellen Wirksamkeit,<br />

nicht jedoch eine Bewertung der Resultate.<br />

Ringversuche<br />

In Laboren in China und in Europa, darunter am <strong>PFI</strong>,<br />

wurden zwei umfangreiche Ringversuche mit verschiedenen<br />

Probenarten durchgeführt, bei der das Verfahren,<br />

die Testmethoden und wichtige Angaben hinsichtlich<br />

der Probenvorbehandlung bestätigt wurden.<br />

Die Entwurfsfassung der erarbeiteten Norm stand 2012<br />

zwecks zwischenzeitlich abgeschlossener Kommentierung<br />

und Einspruchsmöglichkeit zur Verfügung. Im<br />

Laufe dieses Jahres ist mit der Veröffentlichung der<br />

endgültigen Norm zu rechnen.<br />

Vorteile<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Im Gegensatz zu den meisten anderen Normverfahren<br />

ist kein identisches, nicht ausgerüstetes Kontrollmaterial<br />

zur Durchführung der Prüfung und Bewertung der antibakteriellen<br />

Wirksamkeit erforderlich. Schuhtypische<br />

Bedingungen und Eigenschaften sind berücksichtigt, so<br />

dass auch komplexe Verbundsysteme und unregelmäßig<br />

geformte Prüfl inge, wie dies bei Schuhkomponenten<br />

meist der Fall ist, geprüft werden können.<br />

Eine weltweit einheitliche Bestimmung der antibakteriellen<br />

Eigenschaften von Schuhen und deren Bestandteilen<br />

ist bei der Anwendung dieser Norm gegeben.<br />

Die neue, international gültige Norm DIN EN ISO 16187<br />

richtet sich an Ausrüster und Entwickler antibakterieller<br />

Produkte, Material-Lieferanten, Schuhhersteller<br />

und -händler sowie Prüf- und Zertifi zier-Stellen.<br />

Prüfangebote<br />

Das <strong>PFI</strong> bietet neben der Prüfung gemäß des neu akkreditierten<br />

Verfahrens nach DIN EN ISO 16187 auch<br />

weiterhin für Einzelkomponenten die etablierten Verfahren<br />

an, u.a.<br />

AATCC 100 (statischer Challengetest)<br />

ASTM E 2149 mod. (dynamischer Challengetest)<br />

ISO 22196 (Kontaktfi lm-Methode)<br />

Bestimmung der Keimzahl zwecks Ermittlung<br />

der antibakteriellen Wirksamkeit<br />

Weitere Informationen<br />

Diplom-Biologin Michaela Würtz<br />

Telefon: +49 (0)6331- 24 90 550<br />

E-Mail: michaela.wuertz@pfi -germany.de<br />

55


56<br />

Newsletter<br />

Der alarmierende Anstieg von Diabetes-Patienten bedeutet<br />

auch einen kontinuierlich wachsenden Bedarf<br />

an medizinischen Hilfsmitteln, und zwar nicht nur in<br />

<strong>Deutsch</strong>land, sondern weltweit. Die Versorgung von<br />

Diabetikern mit Schuheinlagen erfolgt in der Regel<br />

unter Berücksichtigung physikalischer und konstruktiver<br />

Aspekte wie der Shore-Härte, Druckentlastung<br />

und Weichbettung. Hygieneaspekte dagegen werden<br />

bislang trotz der großen gesundheitlichen Relevanz<br />

kaum berücksichtigt. Diese Lücke galt es zu schließen,<br />

und das gelang dem Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens<br />

e.V. (<strong>PFI</strong>) in einem Gemeinschaftsprojekt mit<br />

dem Pirmasenser Unternehmen Colortex GmbH. Das<br />

Ergebnis ist ein innovatives Einlegesohlen-Verbundsystem<br />

namens Reballance ® , das bereits am Markt erhältlich<br />

ist.<br />

Diabetiker sind verstärkt infektionsanfällig und leiden<br />

zudem häufi g unter einer massiv gestörten Wundheilung.<br />

Hautnah getragene Gegenstände müssen deshalb<br />

nach dem Tragen gereinigt und gegebenenfalls<br />

desinfi ziert werden. Das erhöht die Hygieneanforderungen<br />

an verordnete Hilfsmittel.<br />

Projektziel<br />

Projektziel war die marktorientierte Entwicklung eines<br />

innovativen Einlegesohlen-Verbundsystems für Diabetiker,<br />

das für die individuelle Patientenversorgung<br />

durch Orthopädieschuhmacher entsprechend aufgebaut<br />

werden kann. Für die konstruktiven Aspekte<br />

war die Colortex GmbH verantwortlich, während die<br />

hygienisch relevanten Aspekte Aufgabe des mikrobiologischen<br />

Labors des <strong>PFI</strong> waren. Zusätzlich wurde<br />

die Fachkompetenz von Orthopädieschuhmachern<br />

hinzugezogen, um das neue Verbundsystem für die<br />

individuelle Patientenversorgung mit Schuheinlagen<br />

entsprechend zu optimieren.<br />

MIKROBIOLOGIE<br />

Reballance ® : Das innovative Einlegesohlen-<br />

Verbundsystem für Diabetiker<br />

Wasch mich!<br />

Schuh-orthopädische Eigenschaften<br />

und Hygiene-Aspekte<br />

Neuartige textile Flächen, Laminierungen sowie neue<br />

Schichtaufbauten und Bindungen führten zu verbesserten<br />

orthopädieschuhtechnischen Eigenschaften des<br />

Einlagen-Verbundsystems. Die Ergebnisse der mikrobiologischen<br />

Untersuchungen waren dabei maßgeblich<br />

für den konstruktiven Aufbau.<br />

Im mikrobiologischen Labor wurden die Hygiene-Parameter<br />

untersucht und bewertet, indem die diabetische<br />

Hautfl ora mit Bakterien, Hefen, Haut- und Nagelpilzen<br />

an verschiedenen Materialien und Verbundsystemen<br />

simuliert wurde. Zusätzlich wurde, sofern vorhanden,<br />

die Effektivität antimikrobieller Eigenschaften berücksichtigt<br />

und bewertet.<br />

Der neu entwickelte Aufbau beinhaltet auch eine spezielle<br />

Membran, die – und das ist eine Innovation – als<br />

„Sekretbarriere“ fungiert. Ihre Aufgabe ist es, tiefere<br />

Schichten der Einlage und das Schuhinnere vor dem<br />

Eindringen von Sekreten und Keimen zu schützen.<br />

Reinigungsverfahren<br />

Im Rahmen des Projektes wurde auch ein durch den Träger<br />

anwendbares Reinigungsverfahren entwickelt, das<br />

Keime aller relevanten Keimgruppen in ausreichendem<br />

Maß reduziert. Entscheidend ist dabei, dass die Materialien<br />

bei der Reinigung ihre Form und Funktion bewahren.<br />

Deshalb wurden verschiedene Keimreduktionsverfahren<br />

(Desinfektion, Waschen) untersucht und ihre Wirksamkeit<br />

sowie ihre Auswirkungen auf die Materialbeständigkeit<br />

geprüft. Nach mehrfachen Reinigungsgängen<br />

mit den verschiedenen Verfahren wurde der jeweilige<br />

Verkeimungsgrad bestimmt.


Das Ergebnis ist ein Reinigungsverfahren, das durch simples<br />

Waschen in einem Wäschesäckchen unter Zugabe eines<br />

handelsüblichen Hygienespülers in jeder Haushaltswaschmaschine<br />

im 60-°C-Waschprogramm durchführbar ist.<br />

Probandenstudie<br />

Eine begleitende Probandenstudie unter medizinischer<br />

und orthopädieschuhtechnischer Aufsicht mit<br />

hautsensorischen Prüfungen und Druckmessungen<br />

unterstützte die Optimierung des Einlegesohlen-Verbundsystems<br />

und des Reinigungsverfahrens.<br />

Fazit<br />

Das entwickelte Verbundsystem weist hervorragende<br />

orthopädieschuhtechnische Eigenschaften auf und<br />

bietet darüber hinaus gute Verarbeitungsmöglichkeiten<br />

für den individuellen Aufbau durch Orthopädieschuhmacher.<br />

Die individuelle Einlegesohle kann und soll durch den<br />

Träger mit einem Hygienespüler gewaschen werden.<br />

Die regelmäßige Reinigung der Einlegesohlen ist unverzichtbar,<br />

um das Re-Infektionsrisiko durch Mikroorganismen<br />

und dadurch bedingte Komplikationen zu<br />

minimieren.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Keimzahlen vor (oben) und nach (unten) Reinigung des<br />

Verbundsystems in einer Haushalts- Waschmaschine im<br />

60-°C-Programm unter Zugabe von Hygienespüler<br />

Das Forschungsprojekt ZIM-KU-2515401AK9 wurde<br />

durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie,<br />

Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand<br />

(ZIM) gefördert.<br />

Das vom <strong>PFI</strong> und der Firma Colortex GmbH entwickelte<br />

Produkt Reballance ® wurde im April vom Vertriebspartner<br />

Spannrit Schuhkomponenten GmbH als<br />

Messeneuheit auf der Expolife International in Kassel<br />

vorgestellt.<br />

Das innovative waschbare Einlegesohlen-Verbundsystem<br />

Reballance ®<br />

Weitere Informationen<br />

Diplom-Biologin Michaela Würtz<br />

Telefon: +49 (0)6331 24 90 550<br />

E-Mail: michaela.wuertz@pfi -germany.de<br />

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58<br />

Newsletter<br />

Innovatives Konzept zur antimikrobiellen Ausrüstung<br />

von Schuhmaterialien<br />

Optimal dosiert: Antimikrobielle<br />

Wirkstoffe bedarfsgerecht<br />

freisetzen<br />

Produkte mit antimikrobieller Ausrüstung werden<br />

von den Verbrauchern gut akzeptiert und sind gut<br />

am Markt etabliert. Antimikrobiell ausrüsten kann<br />

man Produkte gegenwärtig auf zwei Arten: entweder<br />

durch Aufbringen des Wirkstoffes auf die Oberfl äche<br />

oder durch Einbringen in die Kunststoffmatrix. Beide<br />

Methoden sind nicht optimal, weil zu viel Wirkstoff<br />

eingesetzt werden muss. Ideal wäre eine Freisetzung<br />

des Wirkstoffes in Abhängigkeit der Nutzung. Dies<br />

war Gegenstand eines gemeinsamen Forschungsprojektes<br />

des Forschungsinstituts für Leder und Kunststoffbahnen<br />

(FILK)/Freiberg, der Hohensteiner Institute<br />

und des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens<br />

(<strong>PFI</strong>). Ziel war, Kunststoffmembranen mit antimikrobiellen<br />

Wirkstoffdepots zu entwickeln, die den Wirkstoff<br />

zeitnah und verbrauchskontrolliert freisetzen,<br />

und deren Eignung für den Einsatz an Schuhen zu untersuchen.<br />

Schematische Darstellung<br />

der mikroporösen Polymer-Membran<br />

MIKROBIOLOGIE<br />

Antimikrobiell ausgerüstete Produkte fi nden zahlreiche<br />

Anwendungen: in Textilien, Bekleidung und<br />

Fußbodenbelägen, im Bereich von Medizin- und Sanitärprodukten<br />

oder bei Lebensmitteln. Diese Ausrüstungen<br />

sollen den Bewuchs der Produkte durch<br />

Mikroorganismen verhindern sowie Folgen der Anwesenheit<br />

mikrobieller Stoffwechselprodukte so weit wie<br />

möglich eingrenzen. So beugen sie einer Schädigung<br />

der Produkte vor und minimieren die Gefahr der Übertragung<br />

von Krankheitserregern.<br />

Ideale Ausrüstungsart gesucht<br />

Zur Ausrüstung von Polymeren werden gegenwärtig<br />

häufi g auch Metalle, vorwiegend Silber, eingesetzt.<br />

Die Wirkstoffe werden entweder direkt auf die Oberfl<br />

äche aufgebracht oder in die Kunststoffmatrix eingearbeitet.<br />

Beide Verfahren sind nicht optimal:<br />

Nachteil der Oberfl ächenbeschichtung ist, dass der<br />

antimikrobielle Effekt nicht lange anhält, weil die<br />

dünnen Schichten bei mechanischer Beanspruchung<br />

schnell abgetragen werden. Deshalb fi ndet sich<br />

auf der Oberfl äche neuer Artikel eine viel höhere<br />

Wirkstoffkonzentration als für die antimikrobielle<br />

Wirkung notwendig wäre. Die Wirkstoffschicht<br />

wird während des Gebrauchs durch Waschen, Reibung<br />

oder andere Einfl üsse abgetragen. Das führt<br />

zur Minderung der antimikrobiellen Eigenschaften<br />

bis hin zum vollständigen Verlust.


Nachteil der Einbettung der Wirkstoffe und deren<br />

homogene Verteilung im Bulk-Material ist die dauerhafte<br />

Bindung des Wirkstoffs an das Polymermaterial.<br />

Nur ein Bruchteil der Wirkstoffe gelangt<br />

zur Oberfl äche und kann Wirkung entfalten; der<br />

Großteil verbleibt in der Matrix und wird nie aktiv.<br />

Zudem ist meist eine zeitnahe Wirkung nicht<br />

möglich.<br />

In beiden Fällen wird deutlich mehr Wirkstoff eingesetzt<br />

als für den Einsatzzweck eigentlich erforderlich wäre.<br />

Innovatives Denken war daher gefragt: Ziel war die<br />

Entwicklung einer Kunststoffmembran mit antimikrobiellem<br />

Wirkstoffdepot, welches eine zeitnahe,<br />

verbrauchskontrollierte Freisetzung der Wirkstoffe<br />

gewährleistet und welches bei Verknappung der<br />

Oberfl äche an Wirkstoff diesen nachliefert. Ein solches<br />

System verlängert die Lebensdauer der Produkte und<br />

verhindert eine Überdosierung auf der Oberfl äche.<br />

Projektdurchführung<br />

Um die Vorteile beider Ausrüstungsvarianten zu kombinieren,<br />

wurde die Fixierung einer Modellsubstanz in<br />

den Poren einer mikroporösen Kunststoffmatrix sowie<br />

die zeitnahe, gebrauchsgesteuerte Freisetzung des<br />

Wirkstoffes aus dem Depot untersucht.<br />

Als antimikrobieller Wirkstoff wurde Silber verwendet,<br />

und zwar auf Grund seiner Wirkungsweise sowie der<br />

medizinischen Unbedenklichkeit. Silber hat nur ein geringes<br />

allergenes Potential und gilt als ungiftig. Zahlreiche<br />

Studien belegen, dass Silber auf eine Vielzahl<br />

von Mikroorganismen einwirkt, wobei ausschließlich<br />

die Silberionen biologisch wirksam sind.<br />

01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme<br />

einer ausgerüsteten Membran im Verbund<br />

mit einem textilen Obermaterial<br />

Diese greifen an mehreren Punkten in der Zelle gleichzeitig<br />

an und schädigen die Zellwand, den Stoffwechsel<br />

sowie die Erbsubstanz. Die Keime zeigen nur geringe<br />

Neigung zur Resistenzbildung gegen Silberionen.<br />

Zudem gibt es bereits Erfahrungen im Bereich der<br />

Kunststoffausrüstung. Silber kann in oberfl ächennahen<br />

Bereichen als metallische Abscheidung über die<br />

Gasphase (Aerosol-, Plasmaverfahren) sowie in Form<br />

von Salzen oder Nanopartikeln aus fl üssigen Medien<br />

nasschemisch (Tauchverfahren) in die Poren appliziert<br />

werden. Die genannten Verfahren unterscheiden sich<br />

hinsichtlich der Ausrüstung des Porensystems und somit<br />

auch hinsichtlich des Wirkstoffdepots und wurden<br />

daher in unabhängigen Testreihen untersucht.<br />

Um die Wirkstoffmenge trotz des Abtragens während<br />

des Gebrauchs auf gleichem Niveau zu halten, muss<br />

der Wirkstoff, in diesem Fall also die Silberionen, ungehindert<br />

aus dem Depot zur Oberfl äche nachdiffundieren<br />

können. Die Diffusion soll zum einen konzentrationskontrolliert<br />

stattfi nden, zum anderen kann die<br />

Diffusion an Stellen, die mechanisch belastet werden,<br />

beschleunigt werden. Für den Einsatz solcher antimikrobiellen<br />

Membranen in Materialverbund-Systemen<br />

eignen sich daher vor allem der Schuhunterbau und<br />

Schuheinlagen, besonders an mechanisch hochbelasteten<br />

Stellen wie der Fußsohle. Einwirkung von Feuchte,<br />

die im Schuh in Form von Schweiß gegenwärtig ist, begünstigt<br />

zusätzlich eine Nachlieferung des Wirkstoffes<br />

in Abhängigkeit der Nutzung.<br />

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Newsletter<br />

Innovatives Konzept zur antimikrobiellen Ausrüstung<br />

von Schuhmaterialien<br />

Optimal dosiert: AntimikroAntimikrobielle<br />

Wirkstoffe bedarfsgerecht<br />

freisetzen<br />

Der Projektpartner FILK entwickelte mikroporöse Polymer-Membranen,<br />

in deren Poren der Wirkstoff eingebracht<br />

wurde. Als Voraussetzung für den Einsatz<br />

im hautnahen Bereich wurde die Biokompatibilität an<br />

den Hohensteiner Instituten untersucht.<br />

Parallel dazu testete das <strong>PFI</strong> die Membranen und entsprechende<br />

Verbundsysteme auf ihre mechanische<br />

Eignung für den Einsatz am Schuh und untersuchte<br />

den optimalen Verbundaufbau. Die gewonnenen Erkenntnisse<br />

fl ossen wiederum in die Entwicklung der<br />

Membran als auch in die Verarbeitung einer solchen<br />

Membran in Einlegesohlen ein.<br />

Zusätzlich untersuchte und bewertete das <strong>PFI</strong> mit Hilfe<br />

von Tragesimulationen die Abhängigkeit der antimikrobiellen<br />

Wirksamkeit von der Zusammensetzung der<br />

unterschiedlichen Membranen, von unterschiedlichen<br />

Ausrüstungsarten, von der Wirkstoffkonzentration,<br />

von Depotwirkung sowie Diffusionsvorgängen und<br />

Wirkstoffmobilisierung unmittelbar im Anschluss an<br />

unterschiedliche mechanische Belastung (Druck-, Biege-<br />

bzw. Scheuerbelastung).<br />

Darstellung des Versuchsaufbaus<br />

zur Druck-Biege-Beanspruchung<br />

MIKROBIOLOGIE<br />

Ergebnisse<br />

Die entwickelten Membranen zeigen gute Verteilung<br />

des Wirkstoffes in der Matrix bei nasschemischer Ausrüstung,<br />

sind zytotoxisch unbedenklich (sie schädigen<br />

also keine Gewebezellen) und weisen auch bei relativ<br />

geringer Konzentration signifi kante antibakterielle<br />

Wirksamkeit auf.<br />

Es konnte nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff<br />

Silber in den Poren fi xiert werden kann und eine Korrelation<br />

von Gesamtsilbergehalt, Freisetzung von Silberionen<br />

und antimikrobieller Wirksamkeit besteht.<br />

Die Dauerhaftigkeit der Wirkung wurde nach Waschversuchen<br />

an entsprechenden Verbundsystemen bestätigt.<br />

Vorteil der Belegung der inneren Porenoberfl äche ist<br />

die Möglichkeit einer zeitnahen Mobilisierung der<br />

Wirkstoffbestandteile, vergleichbar mit dem direkten<br />

Auftrag auf der Oberfl äche, bei gleichzeitigem Schutz<br />

vor äußeren Einfl üssen und damit verbunden einem<br />

vorzeitigem Wirkstoffverlust. Dieser Effekt kann durch<br />

Verengen der Poren beziehungsweise der Porenkanäle<br />

noch verstärkt werden.<br />

Die hergestellten Membranen können unter Verwendung<br />

eines Polyurethanklebstoffs mit Textilien zu Einlegesohlen<br />

verarbeitet werden. Sinnvoll ist die Verwendung<br />

eines Vlieses als fußabgewandte Unterseite,<br />

sowie eines offenstrukturierten Mesh-Materials als<br />

Oberschicht, das gute Wirksamkeit an der Oberseite<br />

des Verbundes gewährleistet.


01.2013<br />

Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />

Unter- und Oberseite von beispielhaften Einlegesohlen<br />

für Tragesimulations-Untersuchungen<br />

Es konnte nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff<br />

bei nachlassender Konzentration an der Oberfl äche<br />

Anwendungsgebiete<br />

problemlos nachdiffundiert. Außerdem bewirkt – wie Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens eröffnen den<br />

gewünscht – mechanische Druck- und Biegebeanspru- Herstellern von Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuchung<br />

eine verstärkte Freisetzung von Wirkstoffen. hen die Entwicklung neuer hochwertiger Produkte.<br />

Zusätzlich konnte eine dauerhafte antimikrobielle Pastenverarbeiter können antimikrobielle Folien mit<br />

Ausrüstung mit zeitnaher und verbrauchskontrollier- Depotwirkung auf in der Branche üblichen Streichanter<br />

Wirkstofffreisetzung sowie ausreichende antimikrobielle<br />

Wirksamkeit gegenüber sowohl gram-positiven<br />

lagen herstellen.<br />

(Staphylococcus aureus) als auch gram-negativen Bak- Auf Grund der sehr vielseitigen Anwendungsmöglichterien<br />

(Klebsiella pneumoniae, Escherichia coli) erzielt keiten antimikrobieller Membranen können Märkte in<br />

werden.<br />

den Bereichen Schuhe (Sport-, Arbeits- und Orthopädie-Schuhe)<br />

und Bekleidung erschlossen werden, aber<br />

Diese Eigenschaft qualifi ziert die Verbundmaterialien auch andere Anwendungsfelder wie medizinische<br />

unter anderem für den Einsatz an Schuhen, und zwar Pfl ege- und Hilfsmittel (Bandagen, Produkte für Aller-<br />

insbesondere als Einlegesohlen, weil gerade im Begiker, spezielle Schuheinlagen für Diabetiker, Bettaufreich<br />

der Ferse und der Ballen hohe mechanische Belagen etc.) beziehungsweise in den Bereichen Hygiene<br />

lastungen auftreten.<br />

und Krankenhaus.<br />

Das Forschungsprojekt AiF 16446 BG wurde über die<br />

Arbeitsgemeinschaft Industrie Forschung vom Bundesministerium<br />

für Wirtschaft und Technologie gefördert.<br />

Kontakt<br />

Diplom Biologin Michaela Würtz<br />

Telefon: +49 (0)6331 2490550<br />

E-Mail: michaela.wuertz@pfi -germany.de<br />

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62<br />

Newsletter<br />

NACHRICHTEN<br />

Schwerpunkt “Social Responsibility“<br />

UITIC-Kongress 2013<br />

in Guangzhou<br />

Unter dem Titel "Social Responsibility: A Challenge<br />

for the Footwear Industry" veranstaltet die UITIC vom<br />

13. bis 16. November 2013 in Guangzhou / Dungguan<br />

(China) einen Kongress für Schuhtechniker.<br />

Die UITIC (International Union of Shoe Industry Technicians)<br />

organisiert diesen internationalen Fachkongress<br />

2013 bereits zum 18. Mal. Co-Organisator im Gastgeberland<br />

ist diesmal der Verband der chinesischen Lederindustrie<br />

CLIA (China Leather Industry Association).<br />

Die letzten Kongresse hatten 2010 in Mexiko, 2008 in<br />

Spanien und 2005 in Tunesien stattgefunden.<br />

Stichtag zum Einreichen von Referatsvorschlägen zum<br />

Schwerpunkt "Social Responsibility: A Challenge for<br />

the Footwear Industry" war der 15. Mai 2013. Bis zum<br />

1. Juli erhalten die Bewerber Bescheid, ob ihr Referat<br />

ins Programm aufgenommen wird. Das Programm<br />

wird dann auch auf der UITIC-Website abrufbar sein.<br />

Weitere Informationen und Anmeldung<br />

UITIC Sekretariat<br />

Mrs. Françoise Nicolas<br />

CTC 4, Rue Hermann Frenkel<br />

69367 Lyon Cedex 07 - France<br />

Telefon: +33 (0)4 72 76 10 03<br />

Telefax: +33 (0)4 72 76 10 01<br />

E-Mail: uitic@uitic.org<br />

Web: www.uitic.org<br />

oder<br />

Dipl.-Ing. (FH) Uwe Thamm<br />

Mitglied des UITIC-Vorstands<br />

International Shoe Competence Center Pirmasens gGmbH<br />

Telefon: +49 (0)6331 145334 0<br />

E-Mail: uwe.thamm@isc-germany.com<br />

Web: www.isc-germany.com

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