Deutsch - PFI Germany Start
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Energiepark Pirmasens-Winzeln<br />
Es geht voran!<br />
Maßgeschneiderte Trainings<br />
ISC <strong>Germany</strong>: Kompetenz in Schuh und Leder<br />
„Biiiep“ bei dauerhafter<br />
Fehlbelastung<br />
Verletzungsprävention<br />
Optimal dosiert<br />
Antimikrobielle Schuhmaterialien<br />
Newsletter<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.
2<br />
Newsletter<br />
Inhalt<br />
Inhalt<br />
01.2013 01. 01.2013 2013<br />
Inhalt ........................................................................ 02<br />
Editorial ................................................................... 04<br />
<strong>PFI</strong> Intern<br />
„Strategische Weichen stellen“ ................................ 05<br />
„Das <strong>PFI</strong> kann mit exzellentem Service punkten“ ... 06<br />
„Den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen“ ...... 08<br />
Nachrichten<br />
CADS-Seminare in China und Indien ........................ 10<br />
<strong>PFI</strong> Fareast erfolgreich von DAkkS re-akkreditiert ...... 11<br />
<strong>PFI</strong> Inspektions- und Beratungs-Service in Asien ..... 12<br />
Abteilung Biotechnologie neu organisiert ............. 13<br />
UITIC-Kongress 2013 in Guangzhou ......................... 62<br />
ISC <strong>Germany</strong><br />
Maßgeschneiderte Trainings .................................... 14<br />
Zertifi zierung<br />
01.2013<br />
<strong>PFI</strong> vergibt CE- und GS-Zeichen ................................ 16
Forschung<br />
„Biiiep“ bei dauerhafter Fehlbelastung? ................. 20<br />
Schon mal an die Dynamik gedacht? ....................... 24<br />
Mehr Klarheit in Sachen Materialeigenschaften ....... 26<br />
Optimierung von Zehenschutzkappen .................... 28<br />
Neues elektrisches Tischlastometer ......................... 29<br />
Verbesserte Durchtrittsicherheit ............................. 30<br />
von Sicherheitsschuhen<br />
Selbsttätig schließender Schuh ................................ 31<br />
Biotechnologie<br />
Energiepark Pirmasens-Winzeln: Es geht voran! .... 32<br />
Abwärme zu Nutzwärme .......................................... 34<br />
<strong>PFI</strong> entwickelt Power-to-Gas-Technologie ............... 38<br />
<strong>PFI</strong> auf der BIOGAS 2013 .......................................... 41<br />
<strong>PFI</strong> Biotechnology stärker auf<br />
europäischer Ebene aktiv ......................................... 42<br />
Impressum<br />
Herausgeber: <strong>PFI</strong> Prüf- und Forschungsinstitut<br />
Pirmasens e.V., Member of <strong>PFI</strong> Group<br />
Institutsleitung:<br />
Dr. Gerhard Nickolaus | Dr. Kerstin Schulte<br />
Adresse: Marie-Curie-Straße 19<br />
66953 Pirmasens / <strong>Germany</strong><br />
Telefon: +49 (0) 6331 2490 0<br />
Telefax: +49 (0) 6331 2490 60<br />
E-Mail: info@pfi -germany.de<br />
Internet: www.pfi -germany.de<br />
Redaktion: Elisabeth Rouiller<br />
Übersetzung: Tony Rackstraw<br />
Design Konzept und Gestaltung:<br />
Konzept fünf - Agentur für Werbung und Design<br />
Internet: www.konzept-fuenf.de<br />
Chemie<br />
01.2013 01. 01.2013 2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Jagd aufs Allergen .................................................... 46<br />
Chrom VI in Lederprodukten .................................... 49<br />
Das Formamid-Problem ............................................ 50<br />
SG-Prüfkriterienkatalog überarbeitet ..................... 52<br />
SVHC-Kandidatenliste wächst .................................. 53<br />
Mikrobiologie<br />
Neue internationale Norm DIN EN ISO 16187 ......... 54<br />
Wasch mich! ............................................................. 56<br />
Optimal dosiert: Antimikrobielle Wirkstoffe<br />
bedarfsgerecht freisetzen ........................................ 58<br />
Bilder:<br />
<strong>PFI</strong>, ISC, HDS/L, Fotolia (S. 20, 28,<br />
30, 31, 46, 47, 50), Uni Stuttgart (S. 2, 22 und 23),<br />
Wikipedia (S. 42), Plastics Europe (S. 43)<br />
Nachdruck, auch auszugsweise,<br />
nur mit Genehmigung des <strong>PFI</strong>.<br />
Der <strong>PFI</strong> Newsletter im Internet:<br />
www.pfi -group.org/newsletter.html<br />
3
4<br />
Editorial<br />
Newsletter<br />
Liebe Leser,<br />
heute richte ich erstmalig mein Grußwort als neue Institutsleiterin<br />
an Sie. Viele von Ihnen kennen mich als<br />
Abteilungsleiterin der chemischen Analytik und haben<br />
hoffentlich immer mit Interesse die Beiträge zu aktuellen<br />
Schadstoffthemen gelesen. Diese Aufgabe habe<br />
ich nun an die Mitarbeiter aus der chemischen Abteilung<br />
weitergeben und ich bin überzeugt, dass Sie<br />
auch zukünftig viel Wissenswertes aus diesem Bereich<br />
erfahren werden.<br />
Es ist mir ein besonderes Anliegen, mich auf diesem<br />
Wege herzlich für die vielen Glückwünsche anlässlich<br />
der Ernennung zur Institutsleiterin zu bedanken. Die<br />
Entwicklung des <strong>PFI</strong> in den letzten Jahren ist eine Erfolgsgeschichte,<br />
die Dr. Nickolaus maßgeblich geprägt<br />
hat. Jetzt gilt es, den eingeschlagenen Weg mit all<br />
seinen Herausforderungen ebenso erfolgreich weiterzugehen.<br />
Dazu gehört, immer wieder neue Ideen<br />
zu entwickeln und sie in die Tat umzusetzen. Die vor<br />
mir liegenden Aufgaben gehe ich mit großem Elan an,<br />
weil ich von der einzigartigen Kompetenz und Leistungsfähigkeit<br />
des <strong>PFI</strong> überzeugt bin. Und mit Ihrer<br />
Unterstützung, liebe Mitglieder, Kunden und Mitarbeiter,<br />
wird uns das sicher gelingen.<br />
Ihre Dr. Kerstin Schulte<br />
<strong>PFI</strong> Group<br />
EDITORIAL<br />
Liebe Leser,<br />
ich wende mich heute letztmalig als Institutsleiter des<br />
<strong>PFI</strong> in unserem Newsletter zu Wort. Die meisten wissen<br />
es schon: Dr. Kerstin Schulte ist meine Nachfolgerin<br />
und wird nach einer kurzen Übergangsphase die<br />
alleinige Institutsleitung übernehmen. Große und anspruchsvolle<br />
Aufgaben liegen vor ihr. So hat das <strong>PFI</strong><br />
2012 den Ausbau der Biotechnologie im Pirmasenser<br />
Stadtteil Winzeln begonnen. Mit diesem Großprojekt<br />
errichtet das <strong>PFI</strong> ein einmaliges Kompetenzzentrum<br />
in der Westpfalz und sichert die Zukunft des <strong>PFI</strong> und<br />
den Standort Pirmasens. Ich bin überzeugt, Dr. Schulte<br />
wird die Herausforderungen hervorragend meistern.<br />
Nicht umsonst war sie meine Wunschkandidatin für<br />
die Nachfolge und ich freue mich, dass sie sich gegen<br />
eine große Bewerberzahl durchsetzen konnte.<br />
Ich werde noch einige Zeit für das <strong>PFI</strong>, insbesondere<br />
für die <strong>PFI</strong>-Niederlassungen in Asien, tätig sein, möchte<br />
mich aber bereits jetzt von Ihnen verabschieden, Ihnen<br />
für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen fast<br />
30 Jahren danken und Ihnen alles Gute wünschen.<br />
Ihr Dr. Gerhard Nickolaus<br />
<strong>PFI</strong> Group
<strong>PFI</strong> INTERN<br />
Interview mit Manfred Junkert,<br />
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der<br />
Schuh- und Lederwarenindustrie e.V. HDS/L<br />
„<br />
Strategische<br />
Weichen<br />
stellen“<br />
Welche Kriterien waren für Sie und den <strong>PFI</strong>-Vorstand<br />
ausschlaggebend, um sich für Dr. Schulte als Nachfolgerin<br />
von Dr. Nickolaus zu entscheiden?<br />
Besonders wichtig war, dass Dr. Kerstin Schulte bereits<br />
gute Arbeit unter Beweis gestellt hat. Sie hat die<br />
<strong>PFI</strong>-Abteilung Chemische Analytik sehr kompetent<br />
geführt und kennt das Institut als stellvertretende<br />
Leiterin schon bestens. Zudem hat sie sich durch ihre<br />
Veröffentlichungen einen hervorragenden wissenschaftlichen<br />
Ruf erworben. Bei Dr. Schulte sind wir uns<br />
sicher, dass sie den Ehrgeiz und die Fähigkeiten besitzt,<br />
das Institut weiter zu entwickeln und neue Ideen<br />
einzubringen.<br />
Was erwartet der HDS/L von Dr. Schulte<br />
und vom <strong>PFI</strong>?<br />
Das Institut hat sich in den vergangenen Jahren sehr<br />
dynamisch und erfolgreich entwickelt und seine Aktivitäten<br />
diversifi ziert. In den Bereichen, in denen es tätig<br />
ist, haben die Kunden das <strong>PFI</strong> als zuverlässigen Dienstleister<br />
schätzen gelernt. Nun geht es darum, strategische<br />
Weichen für die Zukunft zu stellen, beispielsweise<br />
in der Frage, auf welchen neuen Handlungsfeldern<br />
das <strong>PFI</strong> profi tabel wachsen kann. Basis ist und bleibt<br />
die Schuh- und Lederwarenindustrie. Darüber hinaus<br />
kann sich das Institut in verwandten Branchen profi -<br />
lieren, aber auch ganz neue Bereiche erschließen, wie<br />
aktuell die Biogasgewinnung.<br />
Manfred Junkert<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Der zweite wesentliche Faktor ist die Internationalität.<br />
Das <strong>PFI</strong> ist für die Schuhwirtschaft in <strong>Deutsch</strong>land<br />
sicherlich die Nummer Eins. Die Institutsleitung steht<br />
vor der Frage: Wie baut das <strong>PFI</strong> seinen internationalen<br />
Auftritt aus, wo muss es für seine Kunden mit seinen<br />
Dienstleistungen vor Ort präsent sein, wo kann<br />
es neue Kunden gewinnen? Das <strong>PFI</strong> hat sich schon in<br />
Hongkong und Istanbul positioniert. Weitere Schritte<br />
der Internationalisierung sind nun zu prüfen.<br />
Wichtig für die Zukunft sind sicherlich auch Partnerschaften<br />
und Kooperationen. Es ist völlig klar, dass ein<br />
mittelständisches Institut nicht allein die Strukturen<br />
aufbauen kann, um auf allen Weltmärken und für alle<br />
Branchen präsent zu sein. Daher gilt es, strategische<br />
Partnerschaften zu schließen, um den für das <strong>PFI</strong> relevanten<br />
Industrien optimalen Service zu bieten und um<br />
sich weiter eigenständig im Wettbewerb zu behaupten.<br />
5
6<br />
Newsletter<br />
Interview mit Dr. Kerstin Schulte,<br />
designierte Leiterin des Prüf- und<br />
Forschungsinstituts Pirmasens e.V.<br />
Dr. Kerstin Schulte machte im Mai ihren Antrittsbesuch<br />
bei Eveline Lemke, der rheinland-pfälzischen Ministerin<br />
für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung<br />
„<br />
Das <strong>PFI</strong> kann<br />
mit exzellentem<br />
Service<br />
punkten“<br />
<strong>PFI</strong> INTERN<br />
Was hat Sie dazu bewogen, sich für die<br />
<strong>PFI</strong>-Institutsleitung zu bewerben?<br />
Was motiviert Sie für die neue Aufgabe?<br />
Vor über zwei Jahren hatte Dr. Nickolaus gefragt, ob<br />
ich mir vorstellen könne, die Institutsleitung zu übernehmen<br />
und wo ich die Zukunft des <strong>PFI</strong> sehe. Damals<br />
dachte ich zum ersten Mal darüber nach, ob ich diese<br />
Herausforderung angehen soll, und habe Vorschläge<br />
gemacht. Ich kenne das Haus gut und möchte, dass<br />
es sich so positiv wie bisher weiterentwickelt. Sicher<br />
bringt ein Wechsel Veränderungen, aber die Veränderungen<br />
sollten zum Haus passen. Ich bin sehr im <strong>PFI</strong><br />
verwurzelt und werde nicht alles anders machen. Ich<br />
habe im „alten“ <strong>PFI</strong> in der Hans-Sachs-Straße angefangen,<br />
in einem Büro im Keller damals. Seither hat<br />
sich viel getan: der Neubau auf der Husterhöhe, die<br />
Diversifi zierung in neue Gebiete, das Entstehen der <strong>PFI</strong><br />
Group. Das alles habe ich als <strong>PFI</strong>-lerin mit getragen.<br />
Die eingeschlagene Richtung ist gut, und ich will das<br />
so weiterführen.<br />
Wofür steht das <strong>PFI</strong>, was sind seine Stärken?<br />
Das <strong>PFI</strong> steht in erster Linie für enge Zusammenarbeit<br />
mit dem Kunden. In allen Belangen der Material- und<br />
Produktprüfungen, seien es physikalische Prüfungen<br />
oder Schadstoffprüfungen, arbeiten wir intensiv mit<br />
den Kunden zusammen und lösen Probleme gemeinsam.<br />
Unsere Stärke, das loben die Kunden immer wieder,<br />
ist der direkte Kontakt zu den Leuten im Labor, die<br />
zeitnahe Hilfe. In den über 60 Jahren unseres Bestehens<br />
haben wir im Prüfsektor ein enormes Know-how<br />
erworben. Das wissen unsere Kunden zu schätzen.<br />
Das <strong>PFI</strong> steht außerdem für Ideenreichtum und Innovation:<br />
Das beweist zum Beispiel die <strong>PFI</strong> Biotechnologie,<br />
die Benjamin Pacan aufgebaut hat und die kundenseitig<br />
auf internationaler Ebene große Anerkennung<br />
erntet. Das wollen wir weiter ausbauen.<br />
Unter dem Stichwort Ideenreichtum und Innovation<br />
ist ebenso der Bereich Forschung zu nennen, der von<br />
Peter Schultheis koordiniert wird. Hier werden mittlerweile<br />
auch auf europäischer Ebene Projekte für das<br />
<strong>PFI</strong> beantragt – das ist Neuland für uns – und es gibt<br />
bereits erste Erfolge. Diese Dinge müssen wir intensivieren,<br />
damit wir breiter aufgestellt sind.
Gerade über die EU-Projekte hoffen wir, in neue Bereiche<br />
außerhalb des Sektors „Schuhe“ reinzukommen.<br />
Die Arbeit auf europäischer Ebene läuft jeweils mit anderen<br />
Instituten als Projektpartnern. Das erlaubt, ein<br />
Netzwerk aufzubauen, und man wird dann auch von<br />
anderen Forschungsstellen als Partner angefragt.<br />
Gibt es auch Schwächen?<br />
Die personellen und fi nanziellen Kapazitäten des<br />
Hauses sind begrenzt. Speziell das Schreiben der Forschungsanträge<br />
ist sehr zeitintensiv und bindet Personal.<br />
Weiterhin sehe ich den Gerätebau als sehr problematisch<br />
und wenig zukunftsträchtig an. Wir können<br />
bei unserer Kostenstruktur nicht konkurrenzfähig sein.<br />
Auch unser Prüfwesen steht in massivem Konkurrenzkampf<br />
mit weltweit agierenden Anbietern, sodass wir<br />
auch hier versuchen müssen, unsere Kosten zu reduzieren.<br />
Auf der anderen Seite sind die Leute im Haus<br />
hochmotiviert und machen immer wieder Unmögliches<br />
möglich. So gesehen ist das dann wieder eine Stärke.<br />
Wie wichtig ist die Schuhindustrie heute<br />
und in Zukunft für das <strong>PFI</strong>?<br />
Die Schuhindustrie ist und bleibt wichtig für das <strong>PFI</strong>.<br />
Sie hat die Entwicklung des Instituts mit getragen und<br />
ist im Vorstand vertreten. Aber man muss die Veränderungen<br />
beobachten, denen die Schuhindustrie unterliegt.<br />
Unsere Kunden sind heute größtenteils nicht<br />
mehr Schuhhersteller, sondern Importeure, die Schuhe<br />
in Asien fertigen lassen und sie nach Europa einführen.<br />
Von ihnen kam der Wunsch, dass das <strong>PFI</strong> in Asien präsent<br />
sein sollte. Die Gründung von <strong>PFI</strong> Hongkong, China<br />
und <strong>PFI</strong> Istanbul trug diesem Wunsch Rechnung.<br />
Welche Aktivitätsfelder des <strong>PFI</strong> möchten Sie<br />
gerne ausbauen oder neu ansiedeln?<br />
Es gibt bereits Ideen, aber das <strong>PFI</strong> sollte sich mit Bedacht<br />
entwickeln. Ich könnte mir vorstellen, dass wir<br />
auch in Südamerika Geschäftsbeziehungen aufbauen<br />
beziehungsweise ein Büro eröffnen.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Wie differenziert sich das <strong>PFI</strong> von seinen Wettbewerbern?<br />
Unsere Wettbewerber im Prüfwesen sind mit ihren Labors<br />
weltweit vertreten. Dafür sind wir zu klein. Wir<br />
können dagegen mit exzellentem Service punkten.<br />
Unsere Kunden loben, dass wir schnell und zuverlässig<br />
sind, vieles möglich machen und bei Rückfragen immer<br />
direkt und kompetent Hilfestellung geben können. Im<br />
Bereich Forschung gibt es auf europäischer Ebene weitere<br />
Schuhinstitute wie das <strong>PFI</strong>. Hier müssen wir über<br />
die EU-Forschungsprojekte, die jetzt angestoßen sind,<br />
bekannter werden, Kontakte knüpfen und stärker auf<br />
internationaler Ebene agieren.<br />
Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen?<br />
Ich denke, mein Führungsstil ist teamorientiert. Ich<br />
war ja selber lange Jahre Abteilungsleiterin und habe<br />
mit den Kolleginnen und Kollegen eng zusammengearbeitet.<br />
Das möchte ich fortführen. Doch in der neuen<br />
Position muss ich Entscheidungen so treffen, dass sie<br />
für das gesamte Haus eine gute Lösung sind. Ich hoffe,<br />
dass trotzdem immer das ganze Team hinter mir stehen<br />
wird, auch wenn es nicht zu vermeiden sein wird,<br />
dass einzelne Personen mal nicht hundertprozentig<br />
mit meiner Entscheidung einverstanden sind.<br />
Welche Bereiche sind echtes Neuland für Sie?<br />
Zunächst muss ich das Haus komplett kennenlernen.<br />
Es gibt viel zu lernen, speziell in den Bereichen Verwaltung,<br />
Finanzen und Buchhaltung. Es gilt zu verstehen,<br />
wie das <strong>PFI</strong> mit seinem besonderen Status als<br />
gemeinnütziges Institut funktioniert, und die rechtlichen<br />
Grundlagen genau zu kennen. Wir sind nicht<br />
gewinnorientiert. Die Forschung ist in unseren Statuten<br />
verankert. Wir müssen einen gewissen Umfang an<br />
Forschungsarbeit leisten, um dem Status der Gemeinnützigkeit<br />
zu entsprechen. Wir versuchen, mit dem<br />
Prüfbereich, der Gewinn abwirft, den defi zitären Forschungsbereich<br />
auszugleichen. Dieses Gleichgewicht<br />
darf nicht kippen. Aber die Gewinne kann man nicht<br />
spontan dort einsetzen, wo man Bedarf sieht, sondern<br />
sie müssen „zweckgebunden“ verwendet werden. Die<br />
Schwierigkeit liegt darin, das richtige Maß zu fi nden,<br />
um keine Fehlentscheidungen zu treffen. Aber ich<br />
kann mich hier auf ein erfahrenes Team stützen.<br />
7
8<br />
Newsletter<br />
Interview mit Ralph Rieker,<br />
Vorsitzender des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Ralph Rieker<br />
„<br />
Den eingeschlagenen<br />
Weg weiterverfolgen“<br />
<strong>PFI</strong> INTERN<br />
Welche Kriterien waren ausschlaggebend für Sie und<br />
den <strong>PFI</strong>-Vorstand, um sich für Dr. Schulte zu entscheiden?<br />
Auf die Ausschreibung zur Institutsleitung gingen<br />
über 25 Bewerbungen ein. 12 Kandidaten luden wir<br />
zum Gespräch ein. Zwei kamen in die Endrunde. Sie<br />
lagen nahe beieinander. Entscheidend war letztlich<br />
der „Stallgeruch“: Dr. Schulte kennt das Haus und die<br />
Branche seit 16 Jahren. Aber sie erfüllt auch alle anderen<br />
Kriterien: wissenschaftlicher Background, unternehmerisches<br />
Denken, Kundenorientierung und Führungskompetenz.<br />
Was erwarten Sie von Dr. Schulte als Institutsleiterin?<br />
Erstens, dass sie den eingeschlagenen Weg des <strong>PFI</strong> weiterverfolgt<br />
und das Institut an die Veränderungen der<br />
Zeit anpasst. Der eingeschlagene Weg, das bedeutet<br />
an erster Stelle Diversifi zierung. Wir wollen Kompetenz<br />
in neuen Bereichen aufbauen, ohne den Sektor<br />
„Schuh“ zu vernachlässigen – er wird immer die Kernkompetenz<br />
des <strong>PFI</strong> bleiben. Ein Beispiel für die Diversifi<br />
zierung ist die <strong>PFI</strong> Biotechnologie, die seit 2003<br />
besteht und sich seither sehr erfolgreich etabliert hat.<br />
Außerdem ist das <strong>PFI</strong> im Testing breiter aufgestellt: Es<br />
bietet inzwischen auch mikrobiologische Prüfungen<br />
an und testet nicht mehr nur Schuhe und Schuhmaterialien,<br />
sondern Gebrauchsgüter von Spielzeugen über<br />
Bälle bis hin zu Brillen.<br />
Das zweite Ziel ist, unsere Kunden nach Möglichkeit<br />
vor Ort bedienen zu können. Wir haben mittlerweile<br />
Büros und Testlabors in China und der Türkei, um Ergebnisse<br />
schneller liefern zu können, und wir denken<br />
über den Aufbau einer Teststation in Indien nach.<br />
Wo liegen die Stärken und Schwächen des <strong>PFI</strong>?<br />
Die Stärke des <strong>PFI</strong> liegt in seiner Marktposition. Es hat<br />
sich ein sehr gutes Renommée erarbeitet hinsichtlich<br />
der Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der Produktprüfungen,<br />
der Beratungsqualität sowie der Forschungstätigkeit.<br />
Wir schauen oft genauer hin als unsere<br />
Wettbewerber: So einiges, was die Konkurrenz durchwinkt,<br />
hätte von uns kein Label erhalten. Neben der<br />
Prüftätigkeit ist die gemeinnützige Forschung eine<br />
Aufgabe des <strong>PFI</strong>, so steht es in seinen Statuten als eingetragener<br />
Verein.
Bezüglich der Forschung hat sich nun eine Schwäche<br />
herauskristallisiert, die aus Veränderungen in der<br />
Forschungsförderung der Öffentlichen Hand resultiert,<br />
wodurch wir mit Universitäten und Fachhochschulen<br />
konkurrieren müssen. Ich sehe darin keinen<br />
fairen Wettbewerb, da die öffentlichen Hochschulen<br />
im Gegensatz zum <strong>PFI</strong> über eine steuerfi nanzierte<br />
Grundfi nanzierung verfügen und auf Diplomanden,<br />
Doktoranten und Studierende als kostengünstige Arbeitskräfte<br />
zurückgreifen können. Das macht für uns<br />
das Einwerben von Forschungsfördermitteln schwieriger,<br />
aber wir steuern dagegen an: Auch die EU vergibt Forschungsgelder,<br />
und über die neue HDS-L Geschäftsstelle<br />
in Brüssel konnten wir schon einige Türen öffnen. EU-<br />
Forschungsprojekte fördern auch die Zusammenarbeit<br />
von Forschungsstellen untereinander. Das bringt Vernetzung,<br />
und zwar innerhalb der Branche wie auch<br />
branchenübergreifend. Allerdings ist die Antragstellung<br />
für EU-Forschungsprojekte recht aufwändig. Zwischen<br />
der Einreichung eines Antrags und dessen Bewilligung<br />
liegen bis zu 18 Monate.<br />
Was ist die langfristige Geschäftsstrategie des <strong>PFI</strong>?<br />
Auf eine Formel gebracht: Wir wollen unternehmerisch<br />
unterwegs sein und von Subventionen unabhängig.<br />
Wird das <strong>PFI</strong> neue Aktivitätsfelder angehen?<br />
Ich bin ein Verfechter der kleinen Schritte: Erst eine<br />
Sache zu Ende bringen, bevor ich neue Baustellen aufmache.<br />
Wir wollen kontinuierliches, fundiertes Wachstum<br />
und sind mit den neuen Feldern, die wir begonnen<br />
haben, gut ausgelastet. Dazu gehört die Biotechnologie,<br />
aber auch das ISC, das vom <strong>PFI</strong> lanciert wurde. Das<br />
ISC ist ein eigenständiges Unternehmen unter dem<br />
Dach der <strong>PFI</strong> Group. Es unterstützt die Schuhindustrie,<br />
indem es die Wissenserosion bekämpft, die bei einer<br />
ganzen Reihe von Unternehmen durch Produktionsverlagerung<br />
und In-den-Ruhestand-gehen von Wissensträgern<br />
stattgefunden hat. Es bündelt Schuhherstellungskompetenz<br />
und vermittelt sie in Trainings an<br />
Mitarbeiter von weltweit operierenden Firmen, sei es<br />
im Schaftbau, der Montage, der Klebetechnik oder der<br />
Produktionssteuerung.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Wird Dr. Nickolaus auch nach dem offi ziellen Stabwechsel<br />
für das <strong>PFI</strong> tätig sein, zum Beispiel als Berater?<br />
Dr. Nickolaus hat sich in seiner Zeit am <strong>PFI</strong> vom Chemiker<br />
– als Leiter der Chemischen Analytik bis 1999 – zum<br />
Unternehmer gewandelt, der mit viel Zielorientierung<br />
ein internationales Unternehmen aufgebaut hat. Es<br />
ist sein Wunsch, 2014 aus dem <strong>PFI</strong> in Pirmasens auszuscheiden.<br />
Wir haben genügend Zeit für den Übergang.<br />
Die Phase der Doppelspitze Schulte/Nickolaus wird bis<br />
Mitte 2014 andauern. Dann muss Dr. Schulte schwimmen.<br />
Dr. Nickolaus wird anschließend noch vorübergehend<br />
die asiatischen Niederlassungen betreuen.<br />
Wenn Sie Dr. Schultes Boxcoach wären, mit welcher<br />
Devise würden Sie sie in den Ring schicken?<br />
Die Devise lautet „Akquise“. Das <strong>PFI</strong> muss kommunizieren,<br />
wie fl exibel es seinen Kunden rund um die Uhr<br />
zur Verfügung steht, und dass es den Begriff „Dienstleistung“<br />
sehr ernst nimmt.<br />
9
10<br />
Newsletter<br />
CADS-Anliegen kommt gut an in Asien<br />
CADS-Seminare<br />
in China und Indien<br />
Vermeidung von Schadstoffen, Umweltschutz und<br />
Nachhaltigkeit in der gesamten Herstellungskette stehen<br />
auf der Agenda der unter dem Dach des <strong>Deutsch</strong>en<br />
Schuhinstituts angesiedelten Kooperation CADS weit<br />
oben. Die Internationalisierung dieser Projekte genießt<br />
dabei einen besonders hohen Stellenwert. Daher<br />
führte das <strong>PFI</strong> Hongkong im Auftrag von CADS<br />
Seminare in China und Indien durch.<br />
Ziel der Seminare war es, Techniker und Manager aus<br />
chinesischen und indischen Schuhfabriken mit den<br />
gesetzlichen Anforderungen bezüglich gesundheitsschädlicher<br />
Stoffe in Bedarfsgegenständen für den<br />
Europäischen Markt vertraut zu machen, sowie die<br />
neuen CADS-Grenzwerte vorzustellen und technische<br />
Lösungen zur Vermeidung oder Verminderung der kritischen<br />
Stoffe aufzuzeigen.<br />
170 Teilnehmer kamen zu den CADS-Seminaren<br />
des <strong>PFI</strong> in Wenzhou und Dongguan<br />
NACHRICHTEN<br />
In China fand die Veranstaltung am 20. und 22. November<br />
2012 in Wenzhou und Dongguan statt. Insgesamt<br />
besuchten 170 Teilnehmer die Seminare, die in<br />
chinesischer Sprache abgehalten wurden. Die rege Diskussion<br />
bewies das lebhafte Interesse der Teilnehmer<br />
an den Seminarinhalten.<br />
Am 4. und 6. Juni 2013 wurden ebensolche CADS-Seminare<br />
– diesmal auf Englisch – in Indien angeboten, und<br />
zwar in den Schuh-Ballungszentren Chennai und Noida<br />
(diese Termine lagen nach unserem Redaktionsschluss).<br />
Weitere CADS-Seminare sind in Vorbereitung.<br />
Nähere Informationen<br />
CADS Cooperation at DSI<br />
c/o DSI - <strong>Deutsch</strong>es Schuhinstitut GmbH<br />
Postfach 100761<br />
63007 Offenbach/Main<br />
Telefon: +49 (69) 82 97 42-0<br />
E-Mail: info@cads-shoes.com<br />
Web: www.cads-shoes.com<br />
oder<br />
<strong>PFI</strong> Hong Kong Limited<br />
Suite 512, ChinaChem Golden Plaza<br />
77 Mody Road,<br />
Tsim Sha Tsui East<br />
Kowloon, SAR Hong Kong<br />
Telefon: +852 2676 3355<br />
E-Mail: candice.wang@pfi .hk<br />
Web: www.pfi .hk
CHEMIE<br />
Vom 22. bis 24. April 2013 wurde <strong>PFI</strong> Fareast von der<br />
<strong>Deutsch</strong>en Akkreditierungsstelle DAkkS auditiert.<br />
Bereits zum zweiten Mal hat das Labor diese Qualitätsprüfung<br />
bestanden, die bescheinigt, dass die einschlägigen<br />
Standards für Dienstleistungslaboratorien<br />
erfüllt werden. Auftraggeber können also sicher sein,<br />
dass das Labor in allen Belangen der Produkt- und Materialprüfung<br />
kompetent ist und korrekte Ergebnisse<br />
liefert.<br />
Das Labor in Quanzhou bietet allen asiatischen Kunden<br />
einen umfassenden Prüfungs-, Inspektions- und<br />
Beratungs-Service, genau wie dies vom <strong>PFI</strong> Pirmasens<br />
für europäische Kunden angeboten wird.<br />
Mit der Akkreditierung unterwirft sich das Labor in<br />
Quanzhou der regelmäßigen Kontrolle durch die<br />
DAkkS. Neben der DAkkS-Akkreditierung verfügt das<br />
Labor über Akkreditierungen der chinesischen Akkreditierungsstelle<br />
CNAS und der US-amerikanischen CPSIA.<br />
Die beiden Geschäftsführer des <strong>PFI</strong> Fareast, Professor<br />
Zhenbin Gong und Dr. Gerhard Nickolaus, zeigten<br />
sich hocherfreut über die hervorragende Leistung des<br />
jungen, hoch qualifi zierten und hoch motivierten <strong>PFI</strong><br />
Fareast-Teams.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Prüfl abor in Quanzhou<br />
<strong>PFI</strong> Fareast erfolgreich von<br />
DAkkS re-akkreditiert<br />
Das Labor <strong>PFI</strong> Fareast ist in der Stadt Quanzhou ansässig.<br />
Quanzhou hat über acht Millionen Einwohner<br />
und liegt in der Provinz Fujian, der Partnerprovinz von<br />
Rheinland-Pfalz. Quanzhou ist einfach zu erreichen<br />
über die Flughäfen Quanzhou-Jinjiang oder Xiamen.<br />
Fareast<br />
Von links: Tommy Ou, Prof. Zhenbin (Ben) Gong,<br />
Elyn Zhuang, Dr. Michael Scheutwinkel (DAkkS),<br />
Barbara Voon (DAkkS), Dr. Gerhard Nickolaus,<br />
Scarly Luo, Ethan Zhang und Jerry HE<br />
Kontakt<br />
<strong>PFI</strong> Fareast Ltd.<br />
Prof. Zhenbin Gong, Dr. Gerhard Nickolaus<br />
<strong>PFI</strong> Fareast Building, Changfeng St.,<br />
Xunmei Industrial Zone,<br />
Eastern District of Quanzhou City, Fujian, VR China<br />
Telefon: +86 595 2802 1199<br />
Telefax: +86 595 2802 0866<br />
E-Mail: candice.wang@pfi .hk<br />
Web: www.pi-fareast.com<br />
11
12<br />
Newsletter NACHRICHTEN<br />
Umfassendes Angebot: Von Kontrollieren bis Optimieren<br />
<strong>PFI</strong> Inspektions- und<br />
Beratungs-Service in Asien<br />
<strong>PFI</strong> Chief Inspector<br />
Frank Liesenhoff<br />
im Einsatz<br />
Waren im Gesamtwert von rund 150 Millionen Euro<br />
wurden im letzten Jahr vom <strong>PFI</strong> in Südostasien im<br />
Auftrag verschiedener Kunden inspiziert. Neben der<br />
reinen Fertigwareninspektion bietet das <strong>PFI</strong> auch<br />
Produktionsüberwachung (reine Kontrolle) und Produktionsbegleitung<br />
(Produktionskontrolle inklusive<br />
Beratungsleistung zur Modell- und Produktionsoptimierung)<br />
an. Für die Kunden entsteht dadurch ein<br />
erheblicher Kostenvorteil gegenüber dem Einsatz eigener<br />
Inspektoren und Techniker.<br />
Seit mehr als zehn Jahren führt das <strong>PFI</strong> Wareninspektionen,<br />
Produktionsbegleitungen und Beratungen<br />
in Süd-Ostasien durch. Die Schwerpunktländer sind<br />
China, Vietnam und Kambodscha, aber auch andere<br />
Länder in Süd-Ostasien werden bedient. Die zentrale<br />
Koordination des Services in Südostasien ist Aufgabe<br />
des <strong>PFI</strong> Hong Kong Ltd.<br />
Das <strong>PFI</strong> Hong Kong Ltd. arbeitet ausschließlich mit europäischen<br />
Inspektoren und verzichtet bewusst auf den<br />
Einsatz lokaler Inspektoren. Alle <strong>PFI</strong>-Inspektoren haben<br />
eine schuhtechnische Ausbildung und mindestens 15<br />
Jahre Berufserfahrung in der Schuhindustrie. Parallel zu<br />
den Inspektionen können auch sämtliche chemischen<br />
und physikalischen Laboruntersuchungen in eigenen<br />
Labors in Südostasien durchgeführt werden.<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Gerhard Nickolaus oder Hui Ching Wang<br />
<strong>PFI</strong> Hong Kong Ltd.<br />
Offi ce 512, ChinaChem Golden Plaza77<br />
Mody Road, Tsim Sha Tsui East<br />
Kowloon, SAR Hong Kong<br />
Telefon: +852 2676 3355<br />
E-Mail: gerhard.nickolaus@pfi .hk<br />
candice.wang@pfi .hk
Seit dem 1. Mai 2013 hat die <strong>PFI</strong>-Abteilung Biotechnologie<br />
eine neue Struktur. Angesichts der vielen neuen<br />
Aktivitäten in diesem Bereich wurde es notwendig,<br />
die einzelnen Aufgabengebiete voneinander abzugrenzen<br />
und die Abteilung in zwei Abteilungen zu<br />
splitten. Im Zuge der Neuorganisation wird die bisherige<br />
Abteilung „Mikrobiologie“ in einer der neuen<br />
Abteilungen integriert.<br />
Aktuell gibt es nun die Abteilung<br />
„Biotechnologie und Mikrobiologie“,<br />
die von Dr. Stefan<br />
Dröge geleitet wird. Stefan Dröge<br />
ist seit Anfang 2007 am <strong>PFI</strong><br />
beschäftigt und hat seither zahlreiche<br />
Projekte auf dem Gebiet<br />
der Prozessbiologie in Biogasanlagen und mikrobiellen<br />
Fermentationsverfahren erfolgreich durchgeführt.<br />
Die Schwerpunkte dieser Abteilung sind Forschung<br />
und das Akquirieren von Projekten.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
<strong>PFI</strong>-intern<br />
Abteilung Biotechnologie<br />
neu organisiert<br />
Dr. Stefan Dröge<br />
Dipl.-Ing. (FH) Benjamin Pacan<br />
Die zweite neue Abteilung<br />
heißt „Forschungsanlagen“<br />
und wird von Benjamin Pacan<br />
geleitet, der seit 2003 am<br />
<strong>PFI</strong> tätig ist und den Bereich<br />
Biotechnologie aufgebaut<br />
hat. Die Abteilung „Forschungsanlagen“ konzentriert<br />
sich auf die Entwicklung von neuen Technologien im<br />
Zusammenhang mit dem Energiepark Winzeln und<br />
wird Forschungsprojekte im Bereich der erneuerbaren<br />
Energien akquirieren. Auch sind in dieser Abteilung<br />
die Projekte zur energetischen Betrachtung von Gebäuden<br />
im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm<br />
der Stadt Pirmasens angesiedelt.<br />
13
14<br />
Newsletter ISC GERMANY<br />
ISC <strong>Germany</strong>: Kompetenz in Schuh und Leder<br />
Maßgeschneiderte Trainings<br />
Das ISC <strong>Germany</strong> ist auf den Feldern Aus- und Weiterbildung,<br />
Forschung und Entwicklung sowie Beratung<br />
aktiv. Das Service-Angebot wendet sich an die<br />
Schuhindustrie, deren Zulieferer sowie den Handel.<br />
Eine Spezialität des ISC <strong>Germany</strong>, die weltweit ihresgleichen<br />
sucht, ist die Konzeption maßgeschneiderter<br />
Schulungen mit hohem Praxisanteil für Techniker, Einkäufer<br />
oder Verkaufspersonal. Diese Trainings werden<br />
ganz nach den individuellen Anforderungen und<br />
Bedürfnissen der Auftraggeber entwickelt. Beim ISC<br />
<strong>Germany</strong> kommt kein Training von der Stange!<br />
Bei ISC-Trainings wird die Theorie auch immer<br />
in der Praxis demonstriert<br />
Um ein Training optimal auf die individuellen Bedürfnisse<br />
der Kunden auszurichten, erstellt das ISC<br />
<strong>Germany</strong> im Vorfeld ein sehr detailliertes Trainingskonzept,<br />
das Punkt für Punkt mit dem jeweiligen<br />
Auftraggeber abgestimmt wird.<br />
Das ISC <strong>Germany</strong> unterstützt die Unternehmen der Leder-<br />
und Schuhbranche mit einem praxisorientierten<br />
Aus- und Weiterbildungsangebot bei der Qualifi zierung<br />
ihrer Mitarbeiter. Seine Haupttätigkeit dabei ist<br />
die Entwicklung maßgeschneiderter Schulungen. Sie<br />
werden in enger Kooperation mit den Auftraggebern<br />
konzipiert und ganz konkret auf die jeweiligen Bedürfnisse<br />
ausgerichtet. Kunden und Partner bewerten<br />
die Fähigkeit des ISC, fi rmenindividuelle Trainings für<br />
Techniker, Einkäufer oder Verkaufspersonal zu entwickeln,<br />
als einzigartig.<br />
Dozenten mit großer Praxiserfahrung<br />
Als Lehrkräfte setzt das ISC neben den hoch qualifi -<br />
zierten Inhouse-Dozenten auch externe Referenten<br />
ein, die alle praxiserfahrene Experten aus unterschiedlichen<br />
Fachbereichen sind. Speziell dieses Netzwerk<br />
mit externen Trainern erlaubt es dem ISC, praxisorientiertes<br />
Know-how aus vielfältigen Bereichen zugänglich<br />
zu machen.<br />
Die Schulungen fi nden entweder an der ISC-Zentrale<br />
in Pirmasens statt – wo die Lehrgangsteilnehmer in<br />
der hochmodernen „ISC-Lernfabrik“ alles theoretisch<br />
Erlernte direkt in die Praxis umsetzen – oder bei den<br />
Kunden in aller Welt, und zwar wahlweise in deutscher<br />
oder englischer Sprache. Diese ISC-Lernfabrik ist<br />
technologisch auf dem modernsten Stand und dient<br />
neben Schulungszwecken auch zur Musterfertigung<br />
und zur Erprobung neuer Methoden.
Full-Service-Angebot<br />
Häufi g nachgefragt werden Module<br />
aus folgenden Bereichen:<br />
Leistenentwicklung / Passform / Fußkomfort<br />
Schuhtechnik (mit Schwerpunkt auf speziellen<br />
Macharten und Verarbeitungstechniken)<br />
Prozesstechnik<br />
Materialkunde<br />
Qualitätssicherung<br />
Produktionsoptimierung<br />
Recht<br />
Logistik<br />
Neue Technologien<br />
Marketing<br />
Nachhaltigkeit in der Schuhproduktion<br />
(Schwerpunkte: Energie und Schadstoffe)<br />
Teambuilding<br />
Jeder Arbeitsschritt wird am Modell besprochen<br />
Im Rahmen der fi rmenspezifi schen Seminare hat das<br />
ISC <strong>Germany</strong> bereits Techniker, Modelleure, Einkäufer,<br />
Verkaufspersonal und Qualitätsmanager von Schuhherstellern,<br />
Zulieferern und Handelsfi rmen geschult.<br />
Bei anderen Aufträgen ging es darum, komplette<br />
Schuhfabriken zu konzipieren und die Produktionsteams<br />
sowie das Management von der Pike auf zu<br />
schulen.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Die vertrauliche Behandlung spezifi scher oder gar<br />
patentierter Technologien ist für das ISC <strong>Germany</strong><br />
selbstverständlich. Und auf Wunsch umfasst das<br />
Rundum-Sorglos-Paket für die Teilnehmer von ISC-<br />
Trainings sogar Wäscheservice und Freizeitangebot.<br />
„Train-the-trainier"-Prinzip: Wer am ISC Wissen tankt,<br />
ist meist dazu auserkoren, dies im Unternehmen an<br />
Kollegen weiterzugeben<br />
Weitere Informationen<br />
Uwe Thamm, Geschäftsführer<br />
International Shoe Competence Center Pirmasens gGmbH<br />
Telefon: +49 (0)6331 145334 0<br />
E-Mail: uwe.thamm@isc-germany.com<br />
Web: www.isc-germany.com<br />
15
16<br />
Newsletter<br />
Alles konform?<br />
<strong>PFI</strong> vergibt CEund<br />
GS-Zeichen<br />
Das <strong>PFI</strong> Pirmasens hat seit vielen Jahren eine Zertifi -<br />
zierungsstelle zur Vergabe der CE- und der GS-Kennzeichnung.<br />
Seine Kenn-Nummer als notifi zierte Stelle<br />
ist die 0193. Die entsprechende Befugnis wurde 2013<br />
durch die ZLS, die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik,<br />
erneut bescheinigt. Als Verbraucher begegnet<br />
man CE- und GS-Zeichen fast täglich. Wissen<br />
Sie, wofür diese Kennzeichnungen stehen und was sie<br />
für Schuhe und vor allem im Bereich der Sicherheits-,<br />
Schutz- und Berufsschuhe bedeuten?<br />
ZERTIFIZIERUNG<br />
Ein Vielzahl von Produkten trägt die CE- oder die GS-<br />
Kennzeichnung, mit denen die Sicherheit von Produkten<br />
ausgewiesen wird. Die Vergabeverfahren beider<br />
Zeichen sind gesetzlich geregelt, wobei das GS-Zeichen<br />
im Gegensatz zum CE-Zeichen eine freiwillige Kennzeichnung<br />
darstellt.<br />
CE-Kennzeichnung<br />
Die Abkürzung CE wurde gewählt, weil sie in vielen<br />
europäischen Sprachen „Europäische Gemeinschaft“<br />
bedeutet: „Communauté Européenne“, „Comunidad<br />
Europea“, „Comunidade Europeia“ oder „Comunità<br />
Europea“. In der früheren deutschen Gesetzgebung<br />
hieß die Kennzeichnung „EG-Zeichen“. Dies nur zur<br />
Entstehung des Namens „CE-Zeichen“. 1992 gründeten<br />
die Staaten der Europäischen Gemeinschaft mit<br />
dem Vertrag von Maastricht die Europäische Union.<br />
Die neue Bezeichnung ersetzt seither den Begriff „Europäische<br />
Gemeinschaft“.<br />
Das CE-Zeichen zeigt an, dass ein Produkt den Anforderungen<br />
der europäischen Richtlinie entspricht. Der<br />
Hersteller ist dafür verantwortlich, dass das Produkt<br />
diese Anforderungen erfüllt, damit das Erzeugnis innerhalb<br />
der EU verkehrsfähig ist. Das CE-Zeichen darf<br />
nur dann angebracht werden, wenn für das Produkt<br />
eine Richtlinie existiert, die die CE-Kennzeichnung vorsieht.<br />
sieht. Sofern eine solche solche Richtline existiert, ist ist die die CE-<br />
Kennzeichnung verpfl verpfl ichtend.<br />
CE-Zertifi kate haben eine Laufzeit von von fünf Jahren und<br />
können ohne ohne großen Aufwand verlängert werden. werden.
Mit der CE-Kennzeichnung erklärt der Hersteller beziehungsweise<br />
sein in der EU ansässiger Bevollmächtigter,<br />
dass das so ausgezeichnete Produkt allen anzuwendenden<br />
Gemeinschaftsvorschriften entspricht und<br />
dass alle vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren<br />
wie Gefährdungsanalyse, Risikobewertung<br />
oder Überprüfung der Konformität mit den entsprechenden<br />
Richtlinien durchgeführt wurden. Das CE-Zeichen<br />
auf dem Produkt signalisiert diese Konformität.<br />
Neben der Maschinenrichtline (2006/42 EU), der EMV-<br />
Richtlinie (2004/108/EU) oder der Spielzeugrichtline<br />
(2009/48/EU) sind für den Schuhbereich vor allem zwei<br />
Richtlinien (und deren Umsetzung in deutsches Recht)<br />
von Bedeutung:<br />
Medizinprodukterichtlinie (93/42/EU<br />
mit Änderung 2007/47 EU)<br />
(Medizinproduktegesetz MPG mit<br />
zugehörigen Verordnungen)<br />
Richtlinie für persönliche<br />
Schutzausrüstung (89/686/EU) (PSA-Richtlinie)<br />
(Produktsicherheitsgesetz ProdSG mit<br />
zugehörigen Verordnungen)<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Der Schuh als Medizinprodukt<br />
Schuhe oder Schuhteile wie beispielsweise Einlegesohlen<br />
gelten als Medizinprodukt, wenn sie im therapeutischen<br />
Sinne eingesetzt werden, also der Behandlung,<br />
Linderung oder Kompensation von Krankheiten, Verletzungen<br />
oder Behinderungen dienen. Schuhe oder<br />
Einlegesohlen gelten auch als Medizinprodukte, wenn<br />
sie auf ärztliche Verordnung für einen bestimmten Patienten<br />
hergestellt werden.<br />
Um die Konformität eines Produkts mit der Medizinprodukterichtlinie<br />
zu belegen, sind je nach Klassifi zierung<br />
des Produkts im Rahmen dieser Richtlinie unterschiedliche<br />
Verfahren vorgeschrieben. Schuhe sind im<br />
Allgemeinen der Klasse I der Richtlinie zuzuordnen.<br />
Hier erfolgt die Konformitätsbewertung durch den<br />
Hersteller. Er muss die technische Dokumentation der<br />
Produkte (Beschreibung, Zweckbestimmung des Produkts,<br />
Funktionsweise, ärztliche Bewertung, gesundheitliche<br />
Unbedenklichkeit) erstellen und jederzeit<br />
vorzeigen können. Er ist auch verpfl ichtet, ein geeignetes<br />
Qualitätssicherungsverfahren zu unterhalten,<br />
um Beschwerden über sein Produkt zu erfassen.<br />
17
18<br />
Newsletter<br />
Alles konform?<br />
Schuhe als persönliche<br />
Schutzausrüstung<br />
„Normale“ Schuhe schützen die Füße zwar vor Kälte,<br />
Nässe und hartem Untergrund, aber sie fallen nicht<br />
unter die PSA-Richtlinie. Als persönliche Schutzausrüstung<br />
gelten Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhe.<br />
Auch die PSA-Richtlinie schreibt unterschiedliche Verfahren<br />
zur Erteilung des CE-Zeichens vor. Die meisten<br />
Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhe fallen in die Kategorie<br />
II dieser Richtlinie, für die eine Baumusterprüfung<br />
von notifi zierten Stellen vorgeschrieben ist. Spezielle<br />
Schutzschuhe, die vor besonderen Gefahren wie<br />
Flammen, starker Hitze, geschmolzenem Metall oder<br />
gefährlicher elektrischer Spannung schützen, fallen in<br />
die Kategorie III der PSA-Richtlinie. Hier ist zusätzlich<br />
zur Baumusterprüfung eine Kontrolle der fertigen PSA<br />
durch notifi zierte Stellen vorgeschrieben.<br />
ZERTIFIZIERUNG<br />
<strong>PFI</strong> vergibt CEund<br />
GS-Zeichen<br />
Harmonisierte Normen für PSA Schuhe in Kategorie II Stand April 2013<br />
Im Allgemeinen erfolgt die Baumusterprüfung unter<br />
Berücksichtigung harmonisierter Normen. Tabelle<br />
1 zeigt die wichtigsten harmonisierten Normen für<br />
Schuhe, die unter Kategorie II der PSA Richtlinie fallen,<br />
Tabelle 2 die harmonisierten Normen für Schuhe, die<br />
in die Kategorie III der Richtlinie fallen.<br />
Das <strong>PFI</strong> Pirmasens ist seit Jahren eine notifi zierte Stelle<br />
für Fuß- und Beinschutz, und zwar sowohl für Baumusterprüfungen<br />
als auch für die Kontrolle der fertigen<br />
PSA. Die Kenn-Nummer des <strong>PFI</strong> als notifi zierte Stelle<br />
ist 0193. Die entsprechende Befugnis wurde 2013<br />
durch die ZLS, die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik,<br />
erneut bescheinigt. Das <strong>PFI</strong> verfügt über<br />
von der ZLS zugelassene Prüfstellen in PIrmasens und<br />
Istanbul.<br />
Norm Ausgabe* Name der Norm Bemerkungen<br />
EN ISO 20344 2011 (2013) Persönliche Schutzausrüstung -<br />
Prüfverfahren für Schuhe<br />
EN ISO 20345 2011 (2012) Persönliche Schutzausrüstung -<br />
Sicherheitsschuhe<br />
EN ISO 20346 2007 Persönliche Schutzausrüstung -<br />
Schutzschuhe<br />
EN ISO 20347 2012 Persönliche Schutzausrüstung -<br />
Berufsschuhe<br />
EN ISO 17249 2007 Sicherheitsschuhe mit Schutz<br />
gegen Kettensägenschnitte<br />
EN ISO 20349 2010 (2011) Persönliche Schutzausrüstung - Schuhe zum Schutz gegen<br />
thermische Risiken und Spritzer geschmolzenen Metalls<br />
EN 13634 2010 (2011) Schutzschuhe für<br />
Motorradfahrer<br />
* Werte in Klammern beziehen sich auf abweichende Jahresangabe der deutschen Normausgabe<br />
Neue Version erscheint vermutlich Ende 2013<br />
Nur Schweißerschuhe sind Kategorie II,<br />
Gießereischuhe sind Kategorie III
Harmonisierte Normen für PSA Schuhe in Kategorie III Stand April 2013<br />
Norm Ausgabe* Name der Norm Bemerkungen<br />
EN 15090 2012 Persönliche Schutzausrüstung - Prüfverfahren für Schuhe<br />
EN ISO 20349 2010 (2011) Persönliche Schutzausrüstung - Schuhe zum Schutz gegen<br />
thermische Risiken und Spritzer geschmolzenen Metalls<br />
EN 50321 1999 (2000) Elektrisch isolierende Schuhe für Arbeiten an<br />
Niederspannungsanlagen<br />
* Werte in Klammern beziehen sich auf abweichende Jahresangabe der deutschen Normausgabe<br />
GS-Zeichen<br />
Das GS-Zeichen stellt eine freiwillige Kennzeichnung<br />
für sichere Produkte in <strong>Deutsch</strong>land dar. Die gesetzliche<br />
Grundlage ist im Produktsicherheitsgesetz im Abschnitt<br />
5 (§§ 20 bis 23) festgehalten. Die Zuerkennung<br />
des GS-Zeichens ist sowohl für verwendungsfertige<br />
Verbraucherprodukte als auch für persönliche Schutzausrüstungen<br />
möglich, wobei bei gleichzeitiger CE-<br />
Kennzeichnung höhere Anforderungen zu erfüllen<br />
sind. Eine GS-Kennzeichnung ist nur für PSA der Kategorien<br />
I und II der Richtlinie möglich.<br />
Vor der Zuerkennung des GS-Zeichens für Sicherheits-,<br />
Schutz- und Berufsschuhe ist zusätzlich zur Baumusterprüfung<br />
noch eine Kontrolle der fertigen PSA nach<br />
den Vorgaben der ZLS notwendig. Dazu gehören eine<br />
Erstbesichtigung des Produktionswerks sowie eine<br />
Kontrolle der Produktion. Weiterhin ist die Einhaltung<br />
der hohen Anforderungen zur Schadstofffreiheit (insbesondere<br />
PAK, also polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe,<br />
und Dimethylfumarat) in den Produkten<br />
nachzuweisen.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Das GS-Zeichen wird für maximal fünf Jahre zuerkannt,<br />
wobei eine jährliche Überwachung sichergestellt werden<br />
muss. Abweichend davon ist es auch möglich, das<br />
GS-Zeichen nur für eine bestimmte Produktionscharge<br />
mit festgelegten Mengen und Produktionszeiträumen<br />
zuzuerkennen.<br />
Für Verbraucherprodukte wie zum Beispiel Straßenschuhe<br />
oder Badesandalen muss eine Baumusterprüfung<br />
nach vereinheitlichen Grundsätzen durchgeführt<br />
werden. Hinsichtlich der Kontrollen und in Bezug auf<br />
die Schadstofffreiheit sind dann die gleichen Verfahren<br />
wie für persönliche Schutzausrüstungen anzuwenden.<br />
Das <strong>PFI</strong> Pirmasens ist ebenfalls eine zugelassene GS-<br />
Vergabestelle. Die Anerkennung als zugelassene GS-<br />
Stelle wurde 2013 erneut durch die ZLS bestätigt.<br />
Weitere Informationen:<br />
<strong>PFI</strong> Zertifi zierungsstelle<br />
Dr. Markus Scherer<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 715<br />
E-Mail: cert@pfi -germany.de<br />
Thorsten Greiner<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 805<br />
E-Mail: cert@pfi -germany.de<br />
Nur Schweißerschuhe sind Kategorie II,<br />
Gießereischuhe sind Kategorie III<br />
Neue Version in Bearbeitung<br />
19
20<br />
Newsletter FORSCHUNG<br />
Forschungsprojekt zur Verletzungsprävention<br />
„ Biiiep“ bei dauerhafter<br />
Fehlbelastung?<br />
Dauerhaft am Limit zu trainieren hat oft schmerzhafte<br />
Folgen, das haben schon viele Läufer – und zwar Spitzen-<br />
wie Breitensportler – am eigenen Leib erfahren.<br />
Überlastungsbedingte Sportverletzungen treten so<br />
häufi g auf, dass sie ein gesundheitspolitisches Problem<br />
darstellen. Besonders häufi g sind Beschwerden<br />
an der Achillessehne. Deshalb soll nun ein Forschungsprojekt<br />
technische Lösungen zur Verletzungsprävention<br />
im Laufsport erarbeiten. Es geht um die Entwicklung<br />
eines Konzepts für einen „Smart Shoe“, der den<br />
Sportler warnt, sobald die Gefahr einer andauernden<br />
Überlastung und somit einer eventuellen Verletzung<br />
besteht. Das <strong>PFI</strong> und das Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft<br />
der Universität Stuttgart arbeiten<br />
gemeinsam an diesem Projekt , das im Januar 2013 begann<br />
und Ende 2014 abgeschlossen sein wird.<br />
„Wearable Computing“, „Smart Clothes“ oder „etextiles“<br />
sind Produkte der Zukunft: Dank integrierter<br />
elektronischer Komponenten gibt es bei Bedarf leuchtende<br />
und beheizbare Jacken oder Handschuhe und<br />
T-Shirts mit W-LAN-Signalstärkeanzeige. Solche Systeme<br />
etablieren sich nicht nur bei Lifestyle-Produkten;<br />
auch Sportler oder Herzpatienten haben die Vorteile<br />
von integrierten Puls- oder Blutdruckmessern schätzen<br />
gelernt.<br />
Damit nicht nur Global Players, sondern auch deutsche<br />
klein- und mittelständische Betriebe eine Chance haben,<br />
derartige Produkte zu kommerzialisieren, ohne eigene<br />
Forschungs- und Entwicklungsabteilungen unterhalten<br />
zu müssen und ohne das nicht unerhebliche Risiko<br />
des Scheiterns tragen zu müssen, gibt es die IGF-Forschungsförderung.<br />
IGF steht für „Industrielle Gemeinschaftsforschung“.<br />
Über den Rahmen der IGF fördert<br />
das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />
Projekte, die eine Brücke schlagen zwischen Grundlagenforschung<br />
und wirtschaftlicher Anwendung. IGF-<br />
Projekte bereiten neue Technologien für eine gesamte<br />
Branche auf, um die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und<br />
mittelständischer Unternehmen zu stärken.<br />
„Intelligenter“ Schuh<br />
zur Verletzungsprävention?<br />
Längst verlassen sich Hobby- wie Leistungssportler<br />
beim Lauftraining nicht mehr ausschließlich auf ihr<br />
Gefühl bei der Wahl der Trainingsbelastung. Und nicht<br />
nur, wer ans Limit gehen will, benutzt das „Biiiep“ einer<br />
Pulsuhr zur Kontrolle. Wie wäre es, wenn auch der<br />
Schuh mit einem „Biiiep“ vor einer eventuell langen und<br />
frustrierenden Verletzung warnen könnte?
Eine klassische Überlastungsfolge bei Läufern sind<br />
Beschwerden an der Achillessehne. Schuhtechnische<br />
Maßnahmen konnten dieses Problem bislang nicht<br />
eindämmen; keine Modifi kation konnte einen nachweisbaren<br />
klinischen Effekt in der Reduktion von<br />
Überlastungsschäden erzielen. Daher muss ein neuer<br />
Ansatz her: Ein „Smart Shoe“, ein „intelligenter“<br />
Schuh, könnte die Lösung sein; ein Schuh, der den<br />
Sportler warnt, wenn dieser dauerhaft über seine<br />
Grenzen geht und eine Verletzung riskiert.<br />
Unter dem offi ziellen IGF-Projekttitel „Untersuchung<br />
zur Integrationsmöglichkeit moderner Sensorik im<br />
Schuh am Beispiel der Vermeidung von Überlastungsfolgen<br />
bei Sport- und Arbeitsschuhen durch schuhtechnische<br />
Maßnahmen – SensorControlRunning“ erarbeiten<br />
das <strong>PFI</strong> und die Universität Stuttgart derzeit<br />
gemeinsam ein Smart-Shoe-Konzept. Dazu müssen im<br />
Vorfeld Messtechnik sowie Komponenten entwickelt<br />
und getestet werden, die später im Schuh eingebaut<br />
werden sollen.<br />
Was es schon gibt und was<br />
noch entwickelt werden muss<br />
Die aktuell am Markt erhältlichen Smart-Shoe-Systeme<br />
sind nur bedingt oder gar nicht zur Ganganalyse<br />
zwecks Laufstiloptimierung geeignet. Sie detektieren<br />
ausschließlich Schritte und Positionsdaten. Es ist mit<br />
ihnen nicht möglich, Aussagen zur individuellen Belastung<br />
oder zur neuromuskulären Ansteuerung zu treffen.<br />
Entwickelt wird ein System, das die Bestimmung<br />
individueller anatomischer Merkmale zulässt und<br />
gleichzeitig die Möglichkeit bietet, die Auswirkungen<br />
von Veränderungen am Schuh auf die funktionelle<br />
Biomechanik des Sprunggelenkes zu messen mit dem<br />
Ziel, Verletzungen durch Überlastung vorzubeugen.<br />
Im Fokus: Sprunggelenkachse,<br />
Stoßkräfte und Vibrationen<br />
Die individuelle anatomische Ausprägung der Gelenkachsen<br />
der Sprunggelenke wurde in der Literatur<br />
schon häufi g als Risikofaktor diskutiert, jedoch nie bei<br />
der Modifi kation von Laufschuhen berücksichtigt. An<br />
der Universität Stuttgart wurde 2006 ein Verfahren<br />
entwickelt, das es ermöglicht, die Gelenkachse des<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Sprunggelenks in vivo, also nicht invasiv in Echtzeit<br />
und im Feld zu erfassen. Dieses neue Messverfahren<br />
erlaubte erstmals, einen statistischen Zusammenhang<br />
zwischen der individuellen Gelenkanatomie (Lage der<br />
Gelenkachse) und der Häufi gkeit von Achillessehnenbeschwerden<br />
bei Läufern nachzuweisen.<br />
Eine in der Fachliteratur diskutierte Komponente, die<br />
zur Entstehung von Überlastungsschäden beiträgt, ist<br />
die auf die Ferse wirkende Stoßkraft, welche entlang<br />
des Unter- und Oberschenkels auf die gesamte untere<br />
Extremität einwirkt. Deshalb wurde in den vergangenen<br />
Jahren versucht, diese Stoßkräfte über vergrößerte<br />
Dämpfungselemente am Schuh zu minimieren.<br />
Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse hingegen weisen<br />
auf positive Auswirkungen erhöhter Stoßkräfte<br />
hin. So konnte beim Laufen auf festem Untergrund<br />
mit hoher Stoßbelastung eine reduzierte Belastung<br />
der Achillessehne nachgewiesen werden.<br />
Ein Messsystem, welches während des Laufens die<br />
Bestimmung der wirkenden Stoßkräfte, der Achillessehnenvibrationen<br />
und der Pro- und Supinationsbewegungen<br />
in Abhängigkeit der Achslage (untere<br />
Sprunggelenkachse) erlaubt, könnte maßgeblich zur<br />
Entwicklung präventiver Modifi kationen am Schuh<br />
beitragen. Mit Hilfe eines solchen Messsystems könnte<br />
die Abhängigkeit der erhobenen Daten von der individuellen<br />
Lage der unteren Sprunggelenkachse bestimmt<br />
werden.<br />
Zur Bestimmung der subtalaren Gelenkachse hat sich<br />
in den letzten Jahren die Bewegungsanalyse etabliert.<br />
Die eingesetzten Messverfahren waren jedoch alle mit<br />
großem apparativem Aufwand verbunden. Die Verfahren<br />
unterscheiden sich vor allem in Bezug auf die<br />
verwendete Technologie der Bildgebung sowie durch<br />
die Berechnung der Lage der individuellen Sprunggelenkachsen.<br />
Weil es so schwierig ist, eigene, neue Daten<br />
zu ermitteln, werden bis heute in der Forschung<br />
meist die 1969 von Isman und Inman in-vitro erhobenen<br />
Werte zur Lage der unteren Sprunggelenkachse<br />
als Standardwerte verwendet (wer mag, kann die Studie<br />
über „R.E. Isman und V.T. Inman, Antropometric<br />
Studies of the Human Foot and Ankle“ ergooglen. Sie<br />
wurde 1969 im Labor mit den Unterschenkelknochen<br />
von 46 Leichen durchgeführt).<br />
21
22<br />
Newsletter<br />
FORSCHUNG<br />
Forschungsprojekt zur Verletzungsprävention<br />
Biiiep“ bei dauerhafter<br />
Fehlbelastung?<br />
Es gibt bisher keinen marktfähigen<br />
Smart Shoe zur Laufanalyse<br />
Weltweit befassen sich mehrere Forschergruppen mit<br />
„Smart Clothes“, also der Integration von Elektronik<br />
und Mikrosystemtechnik in Kleidung. Das US-amerikanische<br />
MIT (Massachusetts Institute of Technology)<br />
befasst sich intensiv mit der Herstellung von Sensoren<br />
und Schaltungen in und mit Textilien, desweiteren mit<br />
der Integration und der Energieversorgung von Elektronik<br />
und Sensoren in beziehungsweise an Schuhen.<br />
In Veröffentlichungen hat das MIT bereits Schuhe mit<br />
elektronischen Komponenten vorgestellt. Ebenso wurde<br />
ein Schuhsystem zur Laufanalyse vorgestellt, welches<br />
dem Nutzer während des Gehens in Echtzeit Rückmeldung<br />
gibt. Bei keiner dieser Lösungen kann man<br />
jedoch von einem marktfähigen Produkt sprechen, weil<br />
sie mit Maßen von etwa 150x100x40 mm und rund 400<br />
g zu groß und zu schwer sind, um in Schuhen integriert<br />
zu werden.<br />
Das am Sprunggelenk angebrachte Goniometer misst<br />
den Verlauf von Pronation und Supination in Grad,<br />
während das obere Goniometer die Beugung im<br />
Kniegelenk misst<br />
„Mini-Ganganalyselabor“<br />
im Schuh<br />
Die Ziele des <strong>PFI</strong>-Forschungsprojektes sind:<br />
einen Messschuh zu entwickeln, der Stoßkräfte,<br />
Achillessehnenschwingung sowie Pro- und Supinationsbewegungen<br />
während des Laufens aufzeichnet<br />
die Abhängigkeit der Achillessehnenschwingungen<br />
und Pro- und Supinationsbewegungen von der<br />
Ansteuerung einzelner Unterschenkelmuskeln und<br />
von den bei jedem Schritt wirkenden Stoßkräften<br />
zu bestimmen<br />
optimale Stoßkräfte für verschiedene Achslagen der<br />
unteren Sprunggelenkachse zu analysieren, bei deren<br />
Auftreten die geringsten Vibrationen der Achillessehne<br />
zu verzeichnen sind<br />
achsspezifi sch modifi zierte Schuhe zu entwickeln,<br />
um die Vibrationen der Achillessehne zu minimieren<br />
und Überlastungsfolgen in diesem Bereich zu reduzieren<br />
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes sollen Messgrößen<br />
im und am Schuh identifi ziert werden, mit<br />
denen sich Fehlbelastungen in Abhängigkeit von der<br />
individuellen Gelenkanatomie detektieren lassen. Weiterhin<br />
sollen in den Schuh integrierbare Messsysteme<br />
entworfen und implementiert werden. Gleichzeitig<br />
sollen schuhtechnische Maßnahmen entwickelt werden,<br />
um Überlastungen entgegenzuwirken. Mit den<br />
Messsystemen sollen Kriterien für eine zuverlässige Diagnose<br />
entsprechender prädispositionierender Faktoren<br />
erarbeitet sowie die Korrekturmaßnahmen an den<br />
Schuhen auf ihre Wirksamkeit bewertet werden.<br />
Die zu entwickelnden Mess- und mikro-elektromechanischen<br />
Systeme (MEMS) sollen also ein konkretes<br />
Problem lösen und gleichzeitig als Referenz dienen,<br />
Schuhsysteme zu entwickeln, mit deren Hilfe Sportler<br />
ihren Laufstil überwachen können. Auch bei der Suche<br />
nach der Ursache von Überlastungsfolgen könnten die<br />
zu entwerfenden Systeme nützlich sein.
EMG steht für Elektromyografie.<br />
EMG-Elektroden messen die Muskelaktivität<br />
EMG<br />
Elektroden<br />
Goniometer<br />
Beschleunigungsaufnehmer<br />
In dem vorgeschlagenen Projekt sollen in einem ersten<br />
Schritt ein MEMS-basiertes Messsystem entwickelt<br />
werden, dessen Zweck es ist, Daten zu ermitteln, auf<br />
deren Grundlage ein biomechanisches Problem gelöst<br />
werden kann. Parallel dazu soll ein System zur aktiven<br />
Laufkontrolle entwickelt werden, das alltagstauglich<br />
in einem Schuh oder in einer Einlegesohle integriert<br />
werden kann.<br />
Zusätzlich soll der Nachweis erbracht werden, dass es<br />
möglich ist, mit den entwickelten Systemen erstens verschiedene<br />
Gangparameter in hinreichender Qualität zu<br />
messen und zweitens bisher nicht ermittelbare, im Schuh<br />
gemessene Daten zu liefern, um Interpretationslücken<br />
zu den Informationen, welche vorhandene Ganganalysesysteme<br />
bereits liefern können, zu schließen.<br />
Innovativer Beitrag der<br />
angestrebten Forschungsergebnisse<br />
Die aus diesem Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse<br />
werden das Wissen erweitern, wie elektronische<br />
beziehungsweise mikrosystemtechnische Erzeugnisse<br />
in das Produkt Schuh integriert werden können.<br />
Sie stellen somit einen wichtigen Schritt dar zur Untersuchung<br />
der Aufbau- und Verbindungstechnik (AVT) in<br />
einem textilen Umfeld.<br />
Zu den technologischen Lösungen, die man aus den Projektergebnissen<br />
zu entwickeln hofft, könnte ein standardisiertes<br />
Diagnostik-System für die individuelle Gelenk-<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
anatomie gehören. Ein solches System könnte sehr vielfältig<br />
eingesetzt werden: beispielsweise im Reha-Training<br />
von Schlaganfall-Patienten, denen ein solches Schuhsys- Schuhsys-<br />
tem dabei helfen könnte, ein physiologisches Gangbild<br />
zu erlernen und anzuwenden, indem sie bei einer anhal- anhal- anhaltend<br />
vom Soll-Gangbild abweichenden Bewegung auf<br />
diesen Sachverhalt aufmerksam gemacht werden. Darüber<br />
hinaus könnte ein solches System die Beratung im<br />
Sportfachgeschäft, die Beurteilung therapeutischer Maßnahmen<br />
in der Orthopädie-Schuhtechnik, die verbesserte<br />
Versorgung in physiotherapeutischen Einrichtungen, die<br />
Planung und Durchführung operativer Eingriffe an Fuß<br />
und Sprunggelenk sowie die Individualisierung der Versorgung<br />
mit Sprunggelenk-Endoprothesen unterstützen.<br />
Modifi kationen zur Anwendung auf andere Gelenke<br />
(Kniegelenk, Hüftgelenk) könnten auch im gesundheitspolitisch<br />
außerordentlich wichtigen klinischen Bereich zu<br />
deutlichen Verbesserungen führen.<br />
Einen unmittelbaren Nutzen aus den Projektergebnissen<br />
erzielen Orthopädie-, Arbeits- und Sportschuhhersteller.<br />
Die Ergebnisse werden in Seminaren der Forschungsstelle,<br />
in Fachzeitschriften, aktuellen Informationsschriften, auf<br />
Fachtagungen sowie im Internet veröffentlicht. Sie sollen<br />
auch an Sportverbände kommuniziert werden, in denen<br />
Sportarten organisiert sind, die primär mit Verletzungen<br />
der unteren Extremitäten konfrontiert sind, wie beispielsweise<br />
Fußball, Handball, Volleyball oder Basketball.<br />
Dieses Projekt wird von der AiF<br />
unter der Nummer 17615 N gefördert.<br />
Weitere Informationen<br />
<strong>PFI</strong> Engineering<br />
Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />
Telefon: +49 (0)6331 249040<br />
E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de<br />
Ilka Meinert<br />
Universität Stuttgart<br />
Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft<br />
University of Stuttgart<br />
Department of Sport and Exercise Science<br />
Telefon: +49 (0)711 685 68247<br />
E-Mail: ilka.meinert@inspo.uni-stuttgart.de<br />
23
24<br />
Newsletter<br />
FORSCHUNG<br />
Forschungsprojekt: Neue Konstruktionsrichtlinien für Straßenschuhe<br />
Schon mal an die<br />
Dynamik gedacht?<br />
Schuhe sind nicht nur modische Accessoires. Sie sollen<br />
vor allem den Fuß beim Gehen funktionell unterstützen.<br />
Erkenntnisse aus der Dynamik des Fußes werden<br />
bislang nur in der Sportschuhentwicklung und bei<br />
Spezialschuhen wie Armeestiefeln genutzt. Straßenschuhe<br />
dagegen werden bis heute nach statisch ermittelten<br />
Fußmaßen entwickelt. Die Ergebnisse aus<br />
der Sportschuhentwicklung sind nur bedingt auf Straßenschuhe<br />
übertragbar, weil Bewegungsabläufe und<br />
Belastungen wesentlich voneinander abweichen. ISC<br />
und <strong>PFI</strong> arbeiten daher an einem Forschungsprojekt,<br />
das die Frage beantworten soll, ob die Passform von<br />
Straßen- und Freizeitschuhen signifi kant verbessert<br />
werden kann, wenn die maßlichen Veränderungen<br />
des Fußes, wie sie während der Gehbewegung auftreten,<br />
bei der Konstruktion von Leisten und Schuhen<br />
berücksichtigt werden.<br />
Sich beschwerdefrei und uneingeschränkt bewegen zu<br />
können ist für die meisten Menschen eines der wichtigsten<br />
Kriterien, wenn sie über die Frage „Was ist<br />
Lebensqualität?“ nachdenken. Wir alle wollen bis ins<br />
hohe Alter aktiv und unabhängig sein. Die Gesundheit<br />
der Füße spielt dabei eine wichtige Rolle. Und daher<br />
steigen die Erwartungen an Schuhe, und zwar nicht<br />
nur an Sport- oder Spezialschuhe zur medizinischen<br />
Versorgung: Auch Alltags- und Freizeitschuhe müssen<br />
verbesserte Funktionalität und Passform aufweisen.<br />
Der Schuhmarkt ist ein heiß umkämpfter Markt. Eigentlich<br />
könnte man von einem Waren-Überangebot<br />
sprechen. Allerdings gibt es riesige Unterschiede, was<br />
die Qualität angeht. Für die Hersteller gilt: sich von<br />
der Masse absetzen. Vor allem Schuhe deutscher beziehungsweise<br />
europäischer Hersteller, die nicht im<br />
Niedrigpreis-Sektor angesiedelt sind, müssen durch<br />
herausragende Eigenschaften überzeugen, beispielsweise<br />
durch eine besonders gute Passform und ein besonders<br />
angenehmes Tragegefühl.<br />
Schuhkonstruktion nach dynamischen<br />
Aspekten – ultimativer Kick für die<br />
optimale Passform?<br />
Hier könnte das Forschungsprojekt von ISC und <strong>PFI</strong> wichtige<br />
Erkenntnisse bringen. Bisher werden Straßenschuhe<br />
nach statisch ermittelten Fußmaßen entwickelt. Das liegt<br />
daran, dass für die Schuhherstellung Leisten erforderlich<br />
sind – und der Leisten ist nun mal ein statisches Objekt.<br />
Alle durch die Gehbewegung bedingten dynamischen<br />
Veränderungen am Fuß müssen in statische Werte übersetzt<br />
und auf den Leisten übertragen werden.<br />
Erkenntnisse aus der Dynamik des Fußes werden schon<br />
seit langem bei der Sportschuhentwicklung berücksichtigt<br />
und haben dort zu wichtigen Schuh-Evolutionen<br />
geführt. Was für Spezialschuhe für bestimmte Sportarten<br />
gilt, ist aber nur bedingt auf Straßenschuhe<br />
übertragbar, weil hier andere Bewegungsabläufe und<br />
Belastungen auftreten. Die Frage ist: Kann die Berücksichtigung<br />
der Dynamik des Fußes bei der Konstruktion<br />
von Leisten und Schuhen die Passform von Straßen- und<br />
Freizeitschuhen tatsächlich signifi kant verbessern?<br />
<strong>PFI</strong>: Große Fußdatenbank<br />
Das <strong>PFI</strong> besitzt dank der Tatsache, dass es bis in die<br />
jüngste Vergangenheit großangelegte Fuß- und Beinmeßaktionen<br />
durchgeführt hat, sehr umfassende Informationen<br />
über die statischen Fußmaße der deutschen<br />
Bevölkerung, und zwar mit der erforderlichen<br />
statistischen Sicherheit. Das <strong>PFI</strong> hat auch Erfahrung<br />
darin, wie diese statischen Werte für die Leistenkonstruktion<br />
umzusetzen sind. Auf diesen Erfahrungen<br />
aufbauend soll das neue Projekt die Veränderungen an<br />
Füßen in Bewegung ermitteln und die Ergebnisse – als<br />
praxistaugliche Konstruktionsrichtlinien zusammengefasst<br />
– der Schuhindustrie zur Verfügung stellen.
Große individuelle Unterschiede<br />
beim Gehen<br />
In einem ersten Schritt wurden Ganganalysen durchgeführt<br />
und die dynamischen mit statischen Werten<br />
verglichen. Für die serielle Schuhproduktion ist es<br />
wichtig, Daten zu erarbeiten, die für das paßgerechte<br />
Beschuhen möglichst vieler Personen geeignet sind.<br />
Deshalb ist eine Einteilung nach Fußtypen erforderlich.<br />
Bisher wurden die Füße von rund 70 Probanden<br />
untersucht und zunächst statisch mit einem 3D-Scanner<br />
erfasst. Anschließend wurde die Druckverteilung<br />
an der Fußsohle beim Gehen ermittelt und durch eine<br />
synchronisierte Videoaufnahme ergänzt. Gegenwärtig<br />
werden diese Messdaten ausgewertet. Schon bei<br />
der Ganganalyse zeigen sich große individuelle Unterschiede<br />
bei den Testpersonen.<br />
Absätze verändert das Gangbild enorm<br />
Weiterhin wird der Einfl uss des Schuhs auf die Bewegung<br />
des Fußes in die Untersuchungen einbezogen.<br />
Da Straßenschuhe größtenteils Absätze haben, ist deren<br />
Einfl uss von großem Interesse. Bild a zeigt eine Druckverteilung<br />
in einem fl achen Schuh. Die Ganglinie beginnt in<br />
der Ferse, verläuft fast mittig zum Ballenbereich und endet<br />
im Bereich der Großzehe. Bild b veranschaulicht die<br />
Druckverteilung bei einem Schuh mit einer Absatzhöhe<br />
von 70 mm. Die Ganglinie ist deutlich kürzer und weicht<br />
in ihrem Verlauf von der des fl achen Schuhes ab.<br />
Die Ergebnisse dieser Messungen sollen bei der Leistenentwicklung<br />
berücksichtigt werden, um Straßenschuhe<br />
besser den dynamischen Anforderungen des Fußes<br />
anzupassen. Im Forschungsprojekt wird aber nicht nur<br />
der Leisten betrachtet. Auch Schaft- und Schuhbodengestaltung<br />
sollen in die Untersuchungen einbezogen<br />
werden, um effektive Lösungen zu fi nden.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
a b<br />
Druckverteilungsmessung<br />
in verschiedenen Schuhen<br />
a: flacher Schuh<br />
b: Schuh mit hohem Absatz<br />
Wenn es gelingt, die Erkenntnisse aus den biomechanischen<br />
Untersuchungen in Leisten und Schuhe umzusetzen,<br />
die einen deutlich spürbaren Unterschied zu<br />
„herkömmlichen“ Produkten aufweisen, bringt dies<br />
mehr Fußkomfort für die Kunden und eine messbare<br />
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Schuhfi rmen,<br />
die von diesem Projekt profi tieren. Das Projekt<br />
wird 2014 abschließen.<br />
Dieses Projekt wird von der AiF – Allianz<br />
Industrie Forschung unter der Nummer<br />
17172 N gefördert.<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Monika Richter,<br />
Telefon: +49 (0) 6331 249027<br />
E-Mail: monika.richter@pfi -germany.de<br />
25
26<br />
Newsletter FORSCHUNG<br />
Orthopädieschuhtechnische Hilfsmittel<br />
Mehr Klarheit in Sachen<br />
Materialeigenschaften<br />
Die steigenden Kosten im Gesundheitssystem sind ein<br />
Thema, das heute aktuell ist und es auch in Zukunft<br />
bleiben wird – zu dieser Erkenntnis reicht ein Blick auf<br />
die Altersstruktur der <strong>Deutsch</strong>en. Die Kostenträger<br />
sind bestrebt, ihre Ausgaben moderat zu halten. Auch<br />
bei orthopädischen Hilfsmitteln soll gespart werden.<br />
Für Orthopädieschuhtechniker bedeutet das: Weniger<br />
Geld pro individueller Patientenversorgung. Somit<br />
stellt sich die Frage, wie orthopädische Hilfsmittel<br />
effektiver gestaltet werden können. Dazu bräuchte<br />
man Informationen über wichtige Materialparameter,<br />
doch diese fehlen. Abhilfe schaffen soll ein <strong>PFI</strong>-Forschungsprojekt,<br />
das umfassende Informationen über<br />
die Parameter der in der Orthopädieschuhtechnik verwendeten<br />
Materialien aufbauen soll.<br />
Art und Aufbau von Einlagen und Bettungen müssen<br />
ganz individuell an das jeweilige Krankheitsbild des<br />
zu behandelnden Patientenfußes angepasst werden.<br />
Der Wahl der richtigen Materialien kommt dabei eine<br />
Schlüsselstellung zu. Kenntnisse über die Materialeigenschaften<br />
werden umso wichtiger, da sich die Palette<br />
der zur Verfügung stehenden Materialien in den<br />
letzten Jahren wesentlich erweitert hat. Neu hinzugekommen<br />
sind vor allem synthetische Materialien, die<br />
gezielt für den Einsatz in der Orthopädieschuhtechnik<br />
konzipiert wurden. Welcher Orthopädieschuhmacher<br />
welche Materialien für welche Zwecke benutzt, hängt<br />
zum heutigen Zeitpunkt eigentlich rein von seiner Berufserfahrung<br />
ab. Allgemein zugängliche Informationen,<br />
die Materialeigenschaften transparent und vergleichbar<br />
machen, gibt es aktuell nicht.<br />
Umfassende Informationen<br />
über Materialparameter fehlen<br />
Als Materialparameter steht bisher einzig die Shore-<br />
Härte zur Verfügung. Dieser Parameter lässt aber keine<br />
Rückschlüsse auf die Dauerbelastbarkeit des Materials,<br />
die Schockabsorption, das Dämpfungsverhalten<br />
oder das Rückstellverhalten zu. Sportmedizinische<br />
Untersuchungen haben gezeigt, dass gerade diese<br />
Informationen wichtig sind, um die biomechanischen<br />
Effekte zu erzielen, die durch die medizinischen Hilfsmittel<br />
erreicht werden sollen.<br />
Die Materialeigenschaften sollen zudem über die gesamte<br />
Lebensdauer des Produktes erhalten bleiben.<br />
Auch darüber liegen aber bisher keine wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse vor.<br />
Mangel an Informationen<br />
zu hygienischen Eigenschaften<br />
Und noch ein Manko wäre zu beheben: Materialien<br />
für orthopädieschuhtechnische Hilfsmittel werden<br />
häufi g ohne genaue Kenntnis der hygienischen Aspekte<br />
ausgewählt. Das wäre aber unbedingt erforderlich<br />
angesichts der Tatsache, dass die Produkte lange Zeit<br />
getragen werden und je nach Krankheitsbild auch mit<br />
infektiösem Wundsekret in Kontakt kommen. Dies bedeutet<br />
ein hohes Risiko für die Besiedelung mit Bakterien<br />
und anderen Mikroorganismen. Infektiöse Keime<br />
beeinträchtigen erstens das Material und verkürzen<br />
dadurch die Haltbarkeit von orthopädischen Hilfsmitteln,<br />
und zweitens – und das ist noch schlimmer – kann<br />
sich der Träger immer wieder neu infi zieren und ist somit<br />
der Gefahr einer massiven gesundheitlichen Beeinträchtigung<br />
ausgesetzt. Über die hygienischen Eigenschaften<br />
der eingesetzten Materialien fehlen bislang<br />
konkrete Informationen.
Klarheit schaffen: Welches Material<br />
hat welche Eigenschaften?<br />
Das <strong>PFI</strong>-Forschungsprojekt will umfassende Informationen<br />
zu den Materialparametern zusammentragen,<br />
die Orthopädieschuhtechnikern Auskunft zur effektiveren<br />
Gestaltung von Versorgungen durch optimale<br />
Materialkombinationen gibt. Wichtig sind dabei<br />
unter anderem Aussagen über Dauerbelastbarkeit,<br />
Dämpfungseigenschaften und Rückstellverhalten der<br />
zur Auswahl stehenden Materialien. Beispielsweise<br />
wird die Lebensdauer der Produkte verbessert, wenn<br />
entsprechende Materialien mit der besten Dauerbelastbarkeit<br />
ausgewählt werden können. Diese Informationen<br />
stehen Orthopädieschuhtechnikern bisher<br />
in dieser übersichtlichen Form mit direkter Vergleichsmöglichkeit<br />
der Materialien nicht zur Verfügung.<br />
Die Materialauswahl soll von den Patientengegebenheiten<br />
(Gewicht, Fußplastik, Krankheitsbild), der<br />
gewünschten medizinischen Wirkung wie den Dämpfungseigenschaften,<br />
der Dauerbelastbarkeit (Lebensdauer<br />
des Medizinproduktes), der Gehgeschwindigkeit<br />
oder dem Einsatzzweck der Versorgung (zum Beispiel<br />
Versorgung von Krankheitssymptomen, im Sport, im<br />
Sicherheitsschuh) bestimmt werden. Für die meisten<br />
dieser Anwendungen stehen bisher keine messbaren<br />
Parameter zur Verfügung.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Ein weiteres Projektziel ist die Berücksichtigung elementarer<br />
hygienischer Eigenschaften wie das Verhalten<br />
der verschiedenen Materialien und Verbundarten<br />
gegenüber Bakterien und Mikropilzen (vor allem Hefen,<br />
Haut- und Nagelpilze). Die Ergebnisse sollen einerseits<br />
der Orthopädieschuhtechnik eine Hilfe bei der<br />
Auswahl geeigneter Materialien bieten, andererseits<br />
in die Gestaltungsrichtlinien der Hilfsmittel einfl ießen.<br />
Die Nutzung mikrobiologischer Parameter (hygienische<br />
Aspekte, Minimierung des Infektionsrisikos) wird<br />
die Produktqualität und damit auch die Lebensqualität<br />
der Patienten deutlich verbessern.<br />
Therapie-Effi zienz verbessern<br />
und Kosten senken<br />
Sobald Informationen über die Materialparameter zur<br />
Verfügung stehen, wird dies dazu beitragen, dass bei<br />
mindestens gleicher Wirkung der Medizinprodukte<br />
Materialeinsatz und Kosten reduziert werden können.<br />
Durch die Bereitstellung physikalischer und mikrobiologischer<br />
Materialparameter sollen Orthopädieschuhtechniker<br />
befähigt werden, die Materialien für<br />
die Bettungen unterschiedlichster Einsatzzwecke so<br />
zu kombinieren, dass sogar mit weniger Material eine<br />
optimale Versorgung der Patienten erfolgen kann.<br />
Die Ergebnisse könnten zudem eine neue Argumentationsbasis<br />
für die Verhandlungen mit den Krankenkassen<br />
schaffen, wenn es um die Festlegung der Lebensdauer<br />
orthopädieschuhtechnischer Versorgungen geht<br />
und darum, wann ein Patient Anspruch auf eine neue<br />
Versorgung hat. Der Abschlussbericht des Projekts wird<br />
Ende 2013 vorliegen.<br />
Dieses Projekt wird von der AiF – Allianz<br />
Industrie Forschung unter der Nummer<br />
16994 N gefördert.<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Monika Richter,<br />
Telefon: +49 (0) 6331 249027<br />
E-Mail: monika.richter@pfi -germany.de<br />
Prüfung der Shore-Härte<br />
27
28<br />
Newsletter<br />
Die Zehenschutzkappen von Sicherheitsschuhen schützen<br />
vor Verletzungen durch Einklemmen und durch<br />
Stöße. Doch gerade bei der Arbeit mit Flurförderfahrzeugen<br />
wie Gabelstaplern oder Palettenhubwagen<br />
passieren häufi g Unfälle der folgenden Art: die Füße<br />
des Fahrers beziehungsweise des Bedieners werden<br />
überrollt. Die Folge sind oft komplizierte Brüche, die<br />
unter Umständen nur schwer oder gar nicht heilen<br />
und die Betroffenen dann ein Leben lang einschränken.<br />
Ein neues <strong>PFI</strong>-Forschungsvorhaben<br />
untersucht deshalb, wie<br />
die Zehenschutzkappen<br />
von Sicherheitsschuhen<br />
speziell für den<br />
Fall des Überrollens<br />
optimiert werden<br />
können.<br />
Neben den genormten Prüfbelastungen, wie sie in der<br />
DIN EN 20344 und der DIN EN 20345 erfasst sind, kann<br />
es im Arbeitsalltag zu Unfallszenarien kommen, die<br />
aktuell nicht in einer Norm erfasst und geprüft werden<br />
– beispielsweise die oben erwähnten Überrollunfälle.<br />
Es ist unklar, ob die heutigen Zehenschutzkappen auf<br />
Belastungen, wie sie bei Überrollunfällen auftreten,<br />
ausreichend ausgelegt sind und ob die Schutzfunktion<br />
der Sicherheitsschuhe tatsächlich gewährleistet ist.<br />
Diese Frage stellt sich insbesondere, aber nicht ausschließlich,<br />
bei Kunststoffkappen. Maßgeblich für die<br />
Verletzung des Fußes in einem Sicherheitsschuh mit<br />
Zehenschutzkappe ist die Verformung dieser Zehenschutzkappe<br />
unter Last.<br />
FORSCHUNG<br />
Ausreichend Schutz beim Überrollen?<br />
Optimierung<br />
von Zehenschutzkappen<br />
In einem neuen AiF-Forschungsprojekt soll das <strong>PFI</strong><br />
Untersuchungen durchführen, mit denen die auftretenden<br />
Belastungen, die Belastungsrichtungen und<br />
das Schadensverhalten der Kappen beim Überrollen<br />
spezifi ziert sowie Grenzwerte und Anforderungen<br />
ermittelt werden sollen. Ziel ist, Zehenschutzkappen<br />
durch konstruktive und materialtechnische Maßnahmen<br />
weiterzuentwickeln, damit sie auch Schutz bei<br />
Überrollunfällen bieten. Außerdem sollen Prüfeinrichtungen<br />
gelistet und Prüfanforderungen formuliert<br />
werden, um eine Normung für die Schutzfunktion von<br />
Zehenschutzkappen im Fall von Überrollen vorzubereiten.<br />
Die angestrebten Forschungsergebnisse sollen<br />
einen Beitrag zur Weiterentwicklung heutiger Zehenschutzkappen<br />
liefern und somit die Schutzfunktion<br />
von Sicherheitsschuhen weiter verbessern.<br />
Das Projekt begann am 1. Januar 2013 und läuft über<br />
zwei Jahre. Gefördert wird das Forschungsvorhaben<br />
durch die AiF – Allianz Industrie Forschung unter der<br />
Förder-Nummer AiF 17636 N.<br />
Weitere Informationen<br />
<strong>PFI</strong> Engineering<br />
Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />
Telefon: +49 (0)6331 249040<br />
E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de
Verbesserte Präzision<br />
Neues elektrisches<br />
Tischlastometer<br />
Das neue elektrische <strong>PFI</strong>-Tischlastometer ermöglicht<br />
die Bestimmung der Verdehnbarkeit von Schuh-Obermaterialien<br />
gemäß DIN EN ISO 17693:2005. Diese Prüfung<br />
liefert wichtige Informationen für das Verhalten<br />
von einzelnen Schaftmaterialien und von Materialverbünden<br />
beim Zwicken wie auch beim Tragen. Weiterhin<br />
erlaubt das Gerät die Beurteilung der Berstfestigkeit<br />
von Schuh-Reißverschlüssen nach DIN EN ISO<br />
10717:2011.<br />
Das neue Tischlastometer besitzt ein integriertes Steuermodul,<br />
das die in den Normen geforderten Messpunkte<br />
speichert und nach Beendigung der Prüfung<br />
auswertet. Ein externer Taster überträgt die visuell erfassten<br />
Beschädigungsstufen ans Steuermodul, wo sie<br />
ebenfalls gespeichert werden.<br />
Der Vorteil gegenüber dem mechanischen Vorgängermodell<br />
ist die höhere Präzision: Beim mechanischen<br />
Modell wird der Vorschub der Kalotte über eine Spindel<br />
bewerkstelligt, welche eine Bedienperson drehen<br />
muss. Damit ist eine gewisse Ungenauigkeit programmiert,<br />
denn niemand kann mit absolut konstanter<br />
Kraft drehen. Durch die elektronische Geschwindigkeitsregulierung<br />
können nun die in der Norm vorgegebenen<br />
Geschwindigkeiten genau eingehalten<br />
werden, was eine normkonforme Prüfung wesentlich<br />
erleichtert.<br />
Technische Daten<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Standfl äche: ca. 200 × 200 mm (Tischlastometer)<br />
ca. 200 x 450 mm (Steuerkasten)<br />
Betriebsspannung: 230 V 50Hz<br />
Leistungsaufnahme: 100VA<br />
Bestell-Nr. 3150<br />
Telefon: +49 (0)6331 249040<br />
E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de<br />
29
30<br />
Newsletter FORSCHUNG<br />
Neue Produkteigenschaften verlangen neue Prüfstandards<br />
Verbesserte Durchtrittsicherheit<br />
von Sicherheitsschuhen<br />
Eine verbesserte Schutzfunktion von Sicherheitsschuhen<br />
rechtfertigt nicht nur einen höheren Preis, sie hebt<br />
auch das Image des Herstellers. Nur: Neue Features<br />
müssen auch „an den Mann“ gebracht werden, zum<br />
Beispiel mit einem entsprechendem Prüfzertifi kat.<br />
Wenn also beispielsweise die Durchtrittsicherheit von<br />
Einlagen für Sicherheitsschuhe optimiert wird, sollte<br />
ein allgemein anerkannter Prüfstandard dafür sorgen,<br />
diese verbesserte Produkteigenschaft dem Kunden<br />
gegenüber darstellen zu können. Dies ist Gegenstand<br />
eines neuen AiF-Projekts des <strong>PFI</strong>, das am 1. April 2013<br />
anlief und eine Laufzeit von zwei Jahren hat.<br />
Für viele Arbeitnehmer ist das Tragen von Sicherheitsschuhen<br />
bei der Ausübung ihres Berufes unerlässlich.<br />
Rüsten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit Sicherheitsschuhen<br />
aus, sinkt die Anzahl der Arbeitsunfälle nachweislich<br />
entscheidend. Eine Reihe deutscher Sicherheitsschuhhersteller<br />
ist mit qualitativ hochwertigen<br />
und stets innovativen Sicherheitsschuhen am Markt<br />
etabliert. Allein 2010 produzierten deutsche Hersteller<br />
über vier Millionen Paar Sicherheitsschuhe mit Lederoberteil.<br />
Das <strong>PFI</strong> soll sich im Rahmen eines neuen<br />
Projektes mit der Frage befassen, wie<br />
die Durchtrittsicherheit von Einlagen<br />
für Sicherheitsschuhe optimiert<br />
werden kann und wie diese Verbesserung<br />
durch neue Standards der Produktprüfung<br />
belegt werden kann.<br />
Denn wenn ein Schuh verbesserte<br />
Eigenschaften aufweist,<br />
sollte es auch allgemein anerkannte<br />
Prüfstandards zum<br />
Nachweis der neuen Features geben.<br />
Das Projekt betrachtet speziell Sicherheitsschuhe der<br />
Klassen S3 und S5. Möglicherweise wird der Abschlussbericht<br />
Vorschläge für eine Neuklassifi zierung des<br />
Grades der Schutzfunktion von Schuhen und Einlagen<br />
liefern.<br />
Erwartet werden wissenschaftliche Erkenntnisse zum<br />
Themenkomplex „Durchtrittsicherheit“, Vorschläge<br />
für neue Prüfverfahren (beispielsweise Impactprüfung)<br />
für durchtrittsichere Einlagen sowie Verbesserungsvorschläge<br />
hinsichtlich des Einsatzes moderner Materialien<br />
für die Einlagen und hinsichtlich der Schuhkonstruktion.<br />
Die im Forschungsprojekt erzielten Ergebnisse<br />
sollen den deutschen KMUs einen Wettbewerbsvorteil<br />
verschaffen.<br />
Gefördert wird dieses Forschungsvorhaben durch die<br />
AiF – Allianz Industrie Forschung unter der Förder-<br />
Nummer AiF 17741 N.<br />
Weitere Informationen<br />
<strong>PFI</strong> Engineering<br />
Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />
Telefon: +49 (0)6331 249040<br />
E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de
Geschnürt – ohne Hände<br />
Selbsttätig<br />
schließender Schuh<br />
Wohin <strong>Deutsch</strong>land demographisch driftet, ist kein<br />
Geheimnis: Die Bevölkerung wird immer älter. Es<br />
werden immer weniger Menschen in <strong>Deutsch</strong>land<br />
leben. Die Geburtenrate sinkt, ebenso der Anteil der<br />
Erwerbstätigen. Gleichzeitig steigt die Zahl der älteren<br />
Menschen. Ältere Personen leiden häufi g unter<br />
Bewegungseinschränkungen. Das macht den Alltag<br />
kompliziert, zum Beispiel, wenn es um das Schnüren<br />
von Schuhen geht. Schuhe zubinden stellt auch ein<br />
Problem dar für Menschen, denen Arme oder Finger<br />
fehlen, sowie für Personen mit Rückenbeschwerden.<br />
Ein neues <strong>PFI</strong>-Forschungsprojekt soll Abhilfe schaffen:<br />
Ziel ist die Entwicklung eines Konzepts für automatisch<br />
schließende Schnürschuhe, das ohne den Einsatz<br />
der Hände funktioniert.<br />
Das innovative Schnürsystem soll hinsichtlich Passform,<br />
Verschlusssicherheit und Flexibilität bestehenden manuellen<br />
Schnürsystemen nicht nachstehen. Es soll als<br />
mikroelektromechanisches System ausgelegt sein, da<br />
hierüber die größte Flexibilität zu erzielen ist. Die Aufgabe<br />
des Schnürens soll über entsprechende Aktuatorund<br />
Sensormodule realisiert werden. Die Module des<br />
selbsttätigen Schnürsystems sollen möglichst einfach<br />
zu handhaben sein.<br />
Um weitgehend unabhängig von einer externen<br />
Stromversorgung zu sein, soll sich das System aus der<br />
Gehbewegung mit Energie versorgen. Zusätzlich soll<br />
ein kabelloses Ladeverfahren adaptiert werden, das<br />
eine gewisse Energiereserve sicherstellt und das System<br />
in einem „Schnelllademodus“ auf volle Kapazität<br />
laden kann.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Das Projekt beinhaltet die Entwicklung von Schuhund<br />
Schaftmodellen, die leicht anzuziehen sind, sowie<br />
spezieller Module zur Energiegewinnung und -speicherung,<br />
zur Aktorik und zur Integration all dieser<br />
Module in den Schuh.<br />
Die von diesem Vorhaben zu erwartenden Erkenntnisse<br />
werden den Alltag vieler Menschen erleichtern.<br />
Innovationen wie dieser Hi-Tech Schuh ermöglichen<br />
es deutschen KMUs, ihre Spitzenstellung im Bereich<br />
moderner Technologien – wie Low Power Konzepte,<br />
Energy Harvesting oder Ambient Assisted Living – zu<br />
bewahren und zu festigen. Dem Vorhaben wird aufgrund<br />
der potenziellen Nutzung in der Orthopädie,<br />
der Geriatrie sowie im Freizeitbereich eine große<br />
wirtschaftliche Bedeutung zugeschrieben. Das Projekt<br />
startete am 1. April 2013 und hat eine Laufzeit von<br />
zwei Jahren. Es wird von der AiF – Allianz Industrie<br />
Forschung unter der Nummer 17742N gefördert.<br />
Weitere Informationen<br />
<strong>PFI</strong> Engineering<br />
Dipl.-Ing. Peter Schultheis<br />
Telefon: +49 (0)6331 249040<br />
E-Mail: peter.schultheis@pfi -germany.de<br />
31
32<br />
Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />
Einweihung des ersten Moduls für Ende 2013 geplant<br />
Energiepark Pirmasens-<br />
Winzeln: Es geht voran!<br />
Die NaWaRo-Biogasanlage (NaWaRo = nachwachsende<br />
Rohstoffe) im Energiepark Pirmasens wird die modernste<br />
in Rheinland-Pfalz sein. Aufgrund veränderter<br />
gesetzlicher und politischer Rahmenbedingungen und<br />
der Klimaschutzdebatte des letzten Jahres wurde sie<br />
auf die neuen Herausforderungen ausgerichtet. Solche<br />
Anpassungen kosten Zeit, sind aber für den langfristigen<br />
Erfolg unerlässlich und ein Beweis für die Innovationskraft<br />
und die Flexibilität der Projektträger. Schon<br />
ein altes Sprichwort sagt: „Gut‘ Ding braucht Weile“.<br />
Die Einweihung des ersten Moduls der Bioraffi nerie<br />
ist für die letzte Novemberwoche 2013 geplant.<br />
Wie alles begann<br />
Die Idee zum Energiepark Pirmasens-Winzeln war bereits<br />
2008 geboren worden: Mit der Stadt Pirmasens,<br />
den Stadtwerken Pirmasens, einer Gruppe von Landwirten<br />
aus der Region sowie dem Prüf- und Forschungsinstitut<br />
hatten sich vier Akteure zusammengetan, um<br />
dieses zukunftsweisende Projekt zu stemmen.<br />
Geplant war der Bau von drei Anlagen zur stoffl ichenergetischen<br />
Nutzung von Biomasse, und zwar einer<br />
Holzvergasungsanlage, einer NaWaRo-Biogasanlage<br />
und einer Reststoffvergärungsanlage. Auf einem Gelände<br />
in Pirmasens-Winzeln sollten die Stadtwerke die<br />
Holzvergasungsanlage, die Landwirte die Biogasanlage<br />
und die Stadt die Reststoffvergärungsanlage für Bioabfall<br />
und andere biogene Reststoffe realisieren.<br />
Die Rolle des Prüf- und Forschungsinstitutes bestand<br />
darin, die Investoren der Biogasanlagen im Energiepark<br />
wissenschaftlich-technisch zu beraten und die<br />
prozessbiologische Überwachung der Biogasanlagen<br />
zu übernehmen. Darüber hinaus bot das <strong>PFI</strong> an, die<br />
Qualität des „Synthesegases“ aus der Holzvergasung<br />
zu überwachen, um den Betrieb eines für alle drei Anlagen<br />
geplanten Blockheizkraftwerkes zu sichern.<br />
Was vor der Umsetzung<br />
getan werden musste<br />
Zur Umsetzung des Energieparks war der Kauf von<br />
etwa vier Hektar Land am südwestlichen Rand des Industriegebietes<br />
in Pirmasens-Winzeln erforderlich. Als<br />
Käuferin trat die Bioenergie Pirmasens auf, eine hundertprozentige<br />
Tochter der Stadtwerke Pirmasens.<br />
Die Kaufverhandlungen gestalteten sich aufgrund unterschiedlicher<br />
Interessenslagen der Voreigentümer<br />
schwierig und konnten erst Ende 2011 abgeschlossen<br />
werden. Zu diesem Zeitpunkt endete auch das zweijährige<br />
Baufeststellungsverfahren, das die Beteiligung der<br />
Öffentlichkeit einschloss. Anfang 2012 konnte dann mit<br />
der Genehmigungsplanung für die Anlagenrealisierung<br />
begonnen werden.<br />
Das <strong>PFI</strong> hatte schon im Vorfeld potentielle Investoren<br />
beraten und fachlich unterstützt. Dank dieser Vorarbeit<br />
erhielten die Stadtwerke Pirmasens 2010 relativ schnell<br />
einen Förderbescheid des Landes Rheinland-Pfalz über<br />
2,5 Millionen Euro. Die Mittel kamen vom EFRE, dem<br />
Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung. Zwischen<br />
2011 und 2012 führten die Stadtwerke dann eine<br />
Ausschreibung für den Bau der innovativen Holzvergasungsanlage<br />
durch. Dabei stellte sich heraus, dass aufgrund<br />
der hohen Investitionskosten und der Holzpreise<br />
kein wirtschaftlich gesicherter Betrieb dieser Anlage<br />
möglich war. Deshalb wurden alternative Technologien<br />
bezüglich der Investitionskosten und Fördermöglichkeiten<br />
erwogen. Das bedeutete allerdings eine Zeitverzögerung.<br />
Zwischenzeitlich fi elen dann auch die EEG-<br />
Stromerlöse (EEG ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz)<br />
schlechter aus, woraufhin das Interesse der Landwirte<br />
an der Investition in eine NaWaRo-Biogasanlage sank.<br />
Somit stand auch der Bau der NaWaRo-Biogasanlage,<br />
deren Biogas in dem zentralen Blockheizkraftwerk verstromt<br />
werden sollte, in Frage.
Deshalb sprang das <strong>PFI</strong> als Investor für die NaWaRo-<br />
Biogasanlage ein. Anfang 2012 erwarb das <strong>PFI</strong> 1,2 ha<br />
des 4 ha großen Grundstücks, die 2011 für das Gesamtprojekt<br />
gekauft worden waren. Die Planung der Biogasanlage<br />
konnte beginnen. Inzwischen war auch entschieden<br />
worden, dass sie mit einem eigenständigen<br />
Blockheizkraftwerk ausgestattet werden sollte.<br />
Doch wieder gab es Schwierigkeiten: Im Februar 2012<br />
änderte sich die Gesetzeslage und damit die Zuständigkeiten<br />
für die Genehmigung von Biogasanlagen nach<br />
der Bundes-Imissionsschutzverordnung (BImschV). Klarheit<br />
darüber, welche Behörde nun für die NaWaRo-<br />
Biogasanlage in Pirmasens-Winzeln zuständig ist, gab<br />
es erst im August 2012. Im September 2012 konnte das<br />
<strong>PFI</strong> schließlich den endgültigen Genehmigungsantrag<br />
nach BImschV stellen. Die nun neu am Genehmigungsverfahren<br />
beteiligte Behörde forderte umfangreiche<br />
Lärm-, Geruchs- und Brandschutzgutachten. Nach<br />
sorgfältiger Prüfung wurde die Genehmigung der Biogasanlage<br />
im Februar 2013 erteilt.<br />
Wie die Wartezeit genutzt wurde<br />
Das <strong>PFI</strong> nutzte die „Zwangspause“ sinnvoll mit den Überlegungen,<br />
welche weiteren zukunftsweisenden Technologien<br />
in den Energiepark integriert werden könnten. So<br />
soll die NaWaRo-Biogasanlage stufenweise zu einer Bioraffi<br />
nerie ausgebaut werden. Damit wird die Möglichkeit<br />
geschaffen, Biokunststoffe aus Stroh herzustellen und<br />
auch temporär überschüssige Solar- und Windenergie als<br />
Biomethan im Erdgasnetz zu speichern. Um Erfahrungen<br />
mit diesen innovativen Technologien zu sammeln, baute<br />
die <strong>PFI</strong> Biotechnology im Technikum Versuchsanlagen auf.<br />
Diese Entwicklungen sind bundesweit einmalig und werden<br />
den Energiepark Pirmasens deutlich aufwerten.<br />
Um die Investitionen für die Biokunststofferzeugungsanlage<br />
in Höhe von rund sechs Millionen Euro aufbringen zu<br />
können, wurde im September 2012 bei der EU-Kommission<br />
ein Life+ Antrag gestellt.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Ein weiterer Projektantrag für eine Anlage zur Speicherung<br />
überschüssiger Windenergie im Erdgasnetz ist in<br />
Vorbereitung. Als Partner für die Vermarktung dieser innovativen<br />
Technologie konnte das <strong>PFI</strong> die Pfalzgas GmbH<br />
gewinnen. Diese unterstützt die Entwicklung der großtechnischen<br />
Umsetzung des vom <strong>PFI</strong> entwickelten Verfahrens<br />
(siehe „Power-to-Gas“ auf Seite 38).<br />
Aufgrund der neusten Entwicklungen haben die Stadtwerke<br />
Pirmasens die Bereitschaft signalisiert, noch enger<br />
mit dem <strong>PFI</strong> zusammenzuarbeiten. Schon Ende 2012 hatten<br />
die Stadtwerke termingerecht nach einer nur zweimonatigen<br />
Bauzeit die energetische Erschließung des Energieparks<br />
abgeschlossen. Strom- und Gasleitungen wurden<br />
verlegt und eine Trafostation in Betrieb genommen.<br />
Das <strong>PFI</strong> soll nun eine modulare Erweiterung der eigenen<br />
NaWaRo-Biogasanlage planen, um eine 2-MW-Notstromversorgung<br />
für das Industriegebiet „Neues Feld“ umsetzen<br />
zu können. Dieses Alternativkonzept zum Holzvergaser<br />
stellt eine wirtschaftlichere, aber nicht weniger innovative<br />
Lösung für die gesteckten Ziele dar.<br />
Mit Hilfe des Maschinenrings Südwestpfalz wurden im<br />
Oktober 2012 3.500 Tonnen Mais und 1.400 Tonnen Zuckerrüben<br />
als Biosubstrat eingebracht. Die Zusammenarbeit<br />
mit den Landwirten funktionierte reibungslos. Einige<br />
Landwirte, die dem Projekt reserviert gegenüber gestanden<br />
hatten, möchten nun ebenfalls Substrat für die Biogasanlage<br />
liefern. Die Befürchtungen einiger Bürger, dass<br />
die Ernte eine hohe Lärmbelästigung mit sich bringen<br />
könnte, haben sich weitestgehend nicht bestätigt. Viele<br />
waren überrascht, dass die Ernte so schnell vorbei war –<br />
das soll in diesem Jahr auch so bleiben. Für die diesjährige<br />
Erntelogistik von 5.700 Tonnen Mais und 6.000 Tonnen<br />
Zuckerrüben haben bereits Abstimmungsgespräche mit<br />
den Landwirten und dem Maschinenring stattgefunden.<br />
Weitere Informationen<br />
Dipl.-Ing. (FH) Benjamin Pacan<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 - 840<br />
E-Mail: benjamin.pacan@pfi -biotechnology.de<br />
33
34<br />
Newsletter<br />
Seit Januar 2012 arbeitet das <strong>PFI</strong> zusammen mit deutschen<br />
und belgischen Partnern am Projekt W2PHeat,<br />
einem Gemeinschaftsprojekt im Rahmen des CORNET-<br />
Programms. CORNET steht für Collective Research<br />
Networking und bezweckt die Vernetzung von nationalen<br />
und regionalen Programmen der Gemeinschaftsforschung<br />
in Europa. An dem von der AiF koordinierten<br />
ERA-NET CORNET sind neun Ministerien<br />
und Projektträger aus neun Ländern und Regionen<br />
Europas beteiligt. Die Forschungsergebnisse werden<br />
kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU)<br />
zur Verfügung gestellt, die meist über keine eigenen<br />
Forschungsmittel verfügen. Ein Teil des Projektes<br />
W2PHeat fällt in den Bereich der Biotechnologie und<br />
ist eine Machbarkeitsstudie zur Nutzung von Prozesswärmen<br />
an Biogasanlagen mittels Hoch-Temperatur-<br />
Wärme-Pumpen (HTWP). Die Ergebnisse sollen Ende<br />
2013 vorliegen.<br />
BIOTECHNOLOGIE<br />
Prozess-Abwärme ungenutzt ins Freie pusten?<br />
Abwärme zu Nutzwärme!<br />
Prozessanalyse<br />
Abwärme industrieller Prozesse tritt in den unterschiedlichsten<br />
Formen und Temperaturniveaus auf.<br />
Wie könnte man die Energie, die in Abwärme steckt,<br />
nutzen, statt sie ins Freie zu pusten? Wärmepumpen,<br />
wie sie in Haushalten im Einsatz sind, nehmen Wärme<br />
von einem Medium auf und heben es mittels technischer<br />
Arbeit auf ein höheres Temperaturniveau. Wenn<br />
Medien als Wärmequellen genutzt werden, die über<br />
90 °C warm sind, spricht man von Hoch-Temperatur-<br />
Wärme-Pumpen (HTWP).<br />
Um HTWPs effi zient einsetzen zu können, müssen alle<br />
zugrundeliegenden Daten von Wärmequellen und<br />
-senken ermittelt werden. Hierzu wurden drei Biogasanlagen<br />
und eine Kläranlage mit Methan- und Energieerzeugung<br />
mit angeschlossenen Blockheizkraftwerken<br />
betrachtet. Es handelt sich um die Biogasanlagen<br />
in Bischheim, Heilbachhof und Wallhalben sowie um<br />
die Kläranlage Blümelstal.<br />
Abb. 1: Aufteilung der Energieflüsse<br />
in einem Blockheizkraftwerk
Eine detaillierte Analyse ergab, dass der Einsatz einer<br />
HTWP für jede Anlage individuell untersucht werden<br />
muss. Nicht alle Biogas- und Kläranlagen profi tieren<br />
von einer HTWP. Der Einsatz einer HTWP ist nur dann<br />
sinnvoll, wenn Abwärmen bereit stehen, die mit entsprechender<br />
Aufwertung mittels HTWP für weitere<br />
Prozesse genutzt werden können.<br />
In Abb. 1 ist zu erkennen, dass in diesem Fall etwa<br />
30 Prozent der Energie im Biogas als 103 °C warmes<br />
Wasser vorliegt. Eine HTWP könnte diese Wärme auf<br />
ein höheres Niveau bringen, zum Beispiel auf 130 °C.<br />
Höhere Temperaturniveaus können beispielweise die<br />
Effi zienz von Trocknungs- und Bioraffi nerieprozessen<br />
steigern.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Detailplanung zur Hochtemperaturnutzung<br />
Im Zuge des Projektes W2PHeat sollen zwei spezifi sche<br />
Prozesse mit Bezug auf die Nutzung einer HTWP näher<br />
betrachtet werden:<br />
Fermentationsanlage zur Nutzung von Stroh zur<br />
Herstellung von Xylitol, gekoppelt mit einer Biogasanlage<br />
Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm<br />
Für beide Prozesse wurde zunächst die Konfi guration<br />
der jeweiligen Anlage schematisiert. Betrachtet wurden<br />
alle anfallenden Wärmeströme und der Wärmebedarf.<br />
Daraufhin konnte die Integration der HTWP<br />
in die Prozesse simuliert werden. Ausgehend von den<br />
zu erzeugenden Produkten wurde eine ökonomische<br />
Betrachtung durchgeführt mit dem Ziel, eine Prioritätsliste<br />
der Prozesse zu generieren, die zusätzlich Umwelteinfl<br />
üsse wie Wetter und Jahreszeit berücksichtigt.<br />
Unter Umständen muss ein Biogasreaktor nämlich<br />
im Winter beheizt und im Sommer gekühlt werden.<br />
Beispielsweise bietet es sich in den Sommermonaten<br />
an, den Gärrest zu trocknen, weil im Sommer überschüssige<br />
Wärme des Reaktors anfällt.<br />
Auf Grundlage der Dimensionierung der Prozesstechnologie<br />
und der Prioritätsliste werden in nächsten Schritten<br />
innovative Steuerungssoftwares entwickelt, die es erlauben,<br />
die Prozesse energetisch optimal zu betreiben.<br />
Abb. 2: Konzept zum Einsatz<br />
einer Wärmepumpe für die Nutzung<br />
der Reaktor- und Biogaswärme<br />
zur Trocknung von Gärrest<br />
und für Bioraffinerieprozesse<br />
35
36<br />
Newsletter<br />
Konzept und Funktionsweise der<br />
Wärmepumpe der <strong>PFI</strong>-Biogasanlage<br />
Neben dem Blockheizkraftwerk (BHKW) stehen in<br />
der <strong>PFI</strong>-Biogasanlage weitere Wärmequellen zur Verfügung.<br />
Ein innovativer Biogasreaktor erzeugt durch<br />
metabolische Aktivität Wärmeströme im Bereich von<br />
50 bis 55 °C. Diese Energie muss mittels Wandkühlung<br />
entnommen werden und erzeugt warmes Wasser. Zudem<br />
fällt durch eine Biogaskühlung in der Kuppel des<br />
Biogasbehälters warmes Wasser an. Diese jetzt warmen<br />
Kühlwasserströme stellen nun ihre Energie der<br />
Wärmepumpe zur Verfügung. Dort wird sie zum Verdampfen<br />
eines Kühlmittels genutzt. Durch Kompression<br />
wird die Temperatur des Kühlmittels nochmals<br />
erhöht. Dieser heiße Strom kann über Wärmetauscher<br />
genutzt werden, um zum Beispiel Luft aufzuwärmen,<br />
welche im Gärresttrockner die Feuchtigkeit des Gärrestes<br />
entnimmt. Das Kühlmittel wird, nachdem es seine<br />
Energie im Wärmetauscher abgegeben hat, durch<br />
ein Expansionsventil wieder heruntergekühlt. Der Zyklus<br />
kann nun von vorne beginnen.<br />
BIOTECHNOLOGIE<br />
Prozess-Abwärme ungenutzt ins Freie pusten?<br />
Abwärme zu Nutzwärme!<br />
Die Partner im W2PHeat-Projekt<br />
Gärresttrocknung mittels HTWP<br />
Üblicherweise wird die Wärmeenergie des Reaktors<br />
einer Biogasanlage an die Umwelt abgegeben, ohne<br />
weiter genutzt zu werden. Durch den Einsatz der<br />
Wärmepumpe will die <strong>PFI</strong> Biotechnologie einen energieautarken<br />
Betrieb der Bioraffi niere ermöglichen.<br />
Hierzu sollen sämtliche anfallenden Wärmen aufgefangen,<br />
aufgewertet und genutzt werden.<br />
Gärrest hat einen Wassergehalt von etwa 94 Prozent<br />
und ist daher fl üssig. Die gesetzlichen Vorschriften<br />
verlangen, dass die Lagerkapazität einer Biogasanlage<br />
für den Gärrest so ausgelegt sein muss, dass ein Gärrestvolumen<br />
von bis zu sechs Betriebsmonaten gelagert<br />
werden kann. Traditionelle Biogasanlagen haben<br />
daher riesige Gärrestlager, die mehr als doppelt so<br />
groß sind wie die eigentlichen Fermenter. Zusätzlich<br />
muss der Transport des Gärrestes zurück aufs Feld betrachtet<br />
werden. Das kann – je nach Größe der Anlage<br />
– mehrere Hundert Fahrzeuge pro Jahr bedeuten. Eine<br />
Reduzierung des Wassergehaltes von 94 auf zehn Prozent<br />
würde also nicht nur den Lagerbedarf erheblich<br />
verringern, sondern auch die Straßen entlasten und<br />
die Kosten für die Logistik senken.<br />
Partner im W2PHeat Projekt
Wärmebedarf<br />
der Bioraffi nierieprozesse<br />
Neben der Gärresttrocknung benötigen auch die Fermentationsprozesse<br />
der Bioraffi nerie Wärme. Bevor<br />
das Koppelprodukt des Getreideanbaus, sprich Stroh,<br />
zur Herstellung von Grundchemikalien und Energie<br />
genutzt werden kann, unterliegt es einer physikalischchemischen<br />
Hydrolyse. Diese erfolgt bei einer Temperatur<br />
von 150 °C. Danach wird der Feststoff einer<br />
enzymatischen Hydrolyse unterzogen, welche eine<br />
Temperatur von 55 °C benötigt. Anschliessend fi ndet<br />
die Fermentation der Zucker zu Chemikalien statt,<br />
und zwar bei 37 °C. Abhängig vom Produkt muss abschliessend<br />
eine Reinigung mit Trocknung bei erhöhten<br />
Temperaturen erfolgen. Dies zeigt den Bedarf an<br />
unterschiedlichsten Wärmeniveaus, die durch die Wärmepumpe<br />
und einem Wärmepuffersystem erzeugt<br />
werden können.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Biogasanlage in Wallhalben, Rheinland-Pfalz.<br />
Dargestellt ist der Größenunterschied zwischen dem<br />
Fermenter (1.000 m3 ) und dem Gärrestlager (2.500 m3 Biogasanlage in Wallhalben, Rheinland-Pfalz.<br />
).<br />
BHKW = Blockheizkraftwerk<br />
Weitere Informationen<br />
Gärrestlager (2.500 m3 Gärrestlager (2.500 m )<br />
Fermenter (1.000 m3 Fermenter (1.000 m ) 3 Fermenter (1.000 m )<br />
BHKW<br />
Dr. Michael Müller<br />
<strong>PFI</strong> – Abteilung Biotechnologie und Mikrobiologie<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 850<br />
E-Mail: michael.mueller@pfi -biotechnology.de<br />
Noch mehr Info zum Projekt fi nden Sie im Internet:<br />
www.cornet-w2pheat.eu<br />
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38<br />
Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />
Lösung zur Speicherung von Überschuss-Strommengen<br />
<strong>PFI</strong> entwickelt Power-<br />
to-Gas-Technologie<br />
Im Zuge der „Energiewende“ will <strong>Deutsch</strong>land die<br />
Treibhausgas-Emissionen stufenweise reduzieren und<br />
die erneuerbaren Energien ausbauen. Rheinland-Pfalz<br />
hat sich besonders ehrgeizige Ziele gesetzt und will<br />
bis 2030 seinen gesamten Strom aus erneuerbaren<br />
Energien erzeugen. Eine Herausforderung stellen dabei<br />
die tages- und jahreszeitlichen Schwankungen von<br />
Wind- und Solarenergie dar. Intelligente Lösungen<br />
zur Umwandlung und Speicherung von Energie sind<br />
daher gefragt. An diesem Punkt setzt ein vom Land<br />
Rheinland-Pfalz gefördertes Forschungsvorhaben des<br />
<strong>PFI</strong> und der Universität Mainz an. Ziel ist die Entwicklung<br />
einer „Power-to-Gas“-Technologie. Dabei sollen<br />
die Überschüsse von Windkraft- und Solaranlagen mit<br />
der CO -Produktion von Biogasanlagen kombiniert<br />
2<br />
und so speicherbare Energie in Form von Methan produziert<br />
werden.<br />
Der Ausbau von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung<br />
wurde in Rheinland-Pfalz im Jahr 2012 weiter<br />
vorangetrieben. Strom aus erneuerbaren Energien<br />
hat mittlerweile einen Anteil von 29 Prozent an der<br />
Gesamtstromerzeugung des Landes. Der Schwerpunkt<br />
beim Ausbau lag auf der Windenergie. Die installierte<br />
Leistung wuchs um nahezu 300 Megawatt und damit<br />
um rund 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ende<br />
2012 wurden in Rheinland-Pfalz bereits über 1.240<br />
Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von<br />
rund 1.900 Megawatt betrieben. Starkes Wachstum<br />
verzeichnete auch die Photovoltaik. Aktuell gibt es<br />
in Rheinland-Pfalz mehr als 73.000 Anlagen mit einer<br />
Leistung von über 1.500 Megawatt.<br />
Problem: Unzureichende Netz-<br />
und Speicherkapazitäten<br />
Gebremst wird der weitere Ausbau erneuerbarer Energien<br />
– und zwar nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern<br />
bundesweit – allerdings durch die beschränkten Netzkapazitäten<br />
sowie fehlende Speichermöglichkeiten.<br />
Von den unzureichenden Speicherkapazitäten sind vor<br />
allem Energieträger betroffen, deren Stromproduktion<br />
einer starken Fluktuation unterworfen ist, also gerade<br />
Wind- und Solarenergie. So stiegen die Zwangsabschaltungen<br />
von Windkraftanlagen deutschlandweit<br />
aufgrund fehlender Netz- und Speicherkapazitäten<br />
im Jahr 2011 gegenüber dem Vorjahr um nahezu 200<br />
Prozent. Insgesamt gingen hierdurch mehr als 400.000<br />
Megawattstunden Windstrom verloren.
Das entspricht aktuell dem jährlichen Stromverbrauch<br />
von rund 100.000 Haushalten und ist mit Blick auf den<br />
Gesamtstromverbrauch keine dramatisch große Menge.<br />
Jedoch: Der verstärkte Ausbau von Wind- und Solarenergie<br />
infolge des Atomausstiegs wird mittelfristig<br />
zu einem enormen Anstieg dieser Verluste führen, sofern<br />
keine adäquaten Speicherkapazitäten geschaffen<br />
werden.<br />
Eine Möglichkeit zur Speicherung temporär anfallender<br />
Überschüsse von Wind- und Solarenergie bietet<br />
das Erdgasnetz. Nach Berechnungen der Fraunhofer<br />
Gesellschaft verfügt das deutsche Erdgasnetz (einschließlich<br />
Erdgasspeicher) über eine Gesamtspeicherkapazität<br />
von mehr als 200 Terawattstunden. Damit<br />
könnte der Stromverbrauch von ganz <strong>Deutsch</strong>land (er<br />
liegt heute bei rund 600 Terawattstunden pro Jahr) für<br />
etwa vier Monate gedeckt werden. Zum Vergleich: die<br />
deutschen Pumpspeicherkraftwerke haben lediglich<br />
eine Speicherkapazität von 0,04 Terawattstunden und<br />
eine Speicherreichweite von wenigen Stunden.<br />
Rieselstromreaktor zur biogenen Methanproduktion<br />
im Technikum des <strong>PFI</strong><br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Ziel: Erdgasnetz als Speicher nutzen<br />
Um das Erdgasnetz zur Speicherung nutzen zu können,<br />
müssen die anfallenden Überschussstrommengen zunächst<br />
in Methan umgewandelt werden. Hierzu wird<br />
der Überschuss-Strom mittels Elektrolyse zur Produktion<br />
von Wasserstoff genutzt und dieser im Anschluss<br />
mit Kohlendioxid zu Methan umgesetzt. Verschiedene<br />
Forschungs- und Demonstrationsvorhaben setzen derzeit<br />
vor allem auf das seit langem bekannte Konzept<br />
der technischen Methansynthese (Sabatier-Prozess).<br />
Dieses Verfahren hat allerdings Nachteile: Da es sich<br />
um einen katalysatorabhängigen Prozess handelt, ergeben<br />
sich hohe Anforderungen an die Reinheit der<br />
Ausgangsgase Wasserstoff und Kohlendioxid. Das bedeutet<br />
entsprechende Kosten für die Bereitstellung<br />
des benötigten CO beziehungsweise einen erhebli-<br />
2<br />
chen technischen Aufwand für die Reinigung der Ausgangsgase.<br />
Lösungsweg: Biosynthese<br />
von Methan<br />
Das <strong>PFI</strong> und die Uni Mainz verfolgen daher einen alternativen<br />
Ansatz. Ziel ist die Entwicklung und Optimierung<br />
eines biotechnologischen Verfahrens zur Biosynthese<br />
von Methan aus CO und Wasserstoff. Man geht<br />
2<br />
davon aus, dass der Wirkungsgrad des Gesamtprozesses<br />
der technischen Methansynthese dem der Biosynthese<br />
von Methan gleichgesetzt werden kann (beide<br />
liegen bei rund 65 Prozent). Im Gegensatz zur technischen<br />
Methansynthese erfolgt die Biosynthese mittels<br />
methanbildener Mikroorganismen in einem vom <strong>PFI</strong><br />
entwickelten speziellen Bioreaktor. Ein Prototyp des<br />
Reaktors im Technikumsmaßstab wird derzeit von der<br />
Abteilung Biotechnologie in Betrieb genommen.<br />
Der rund vier Meter hohe Reaktor arbeitet nach dem<br />
Rieselstromprinzip, das heißt die eingesetzten Gase<br />
strömen von unten in den Reaktorraum, während von<br />
oben im Gegenstrom fl üssiges Wachstumssubstrat für<br />
die Bakterien einrieselt. So können schnelle Stoffübergänge<br />
und hohe Umsatzraten realisiert werden.<br />
39
40<br />
Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />
Lösung zur Speicherung von Überschuss-Strommengen<br />
<strong>PFI</strong> entwickelt Power-<br />
to-Gas-Technologie<br />
Gefüllt wird der Reaktorraum mit speziellen Kunststoffkörpern,<br />
auf welchen sich die eingesetzten Mikroorganismen<br />
ansiedeln können. Dank verschiedener<br />
Vorläufer-Projekte konnten die Projektpartner umfangreiche<br />
Erfahrungen sammeln im Hinblick auf die<br />
Anzucht und Kultivierung der verschiedenen methanbildenden<br />
Bakterien. Sie verfügen sogar über eine eigene<br />
Stammsammlung methanogener Bakterien, welche<br />
für den Einsatz in diesem Projekt getestet werden.<br />
Methanbildende Bakterien der Gattung<br />
Methanosarcina aus der Stammsammlung des <strong>PFI</strong><br />
Bakterien setzen auch<br />
ungereinigtes Biogas um<br />
Eine wichtige Eigenschaft der für das Verfahren vorgesehenen<br />
Mikroorganismen ist, dass sie weitgehend<br />
unempfi ndlich gegenüber Verunreinigungen der Ausgangsgase<br />
sind. So werden das Wachstum und die Umsatzraten<br />
durch Stickoxide oder Schwefelverbindungen<br />
im Gas nicht beeinträchtigt. Daher kann für das<br />
Verfahren ungereinigtes Biogas als Ausgangsprodukt<br />
eingesetzt werden. Ebenso wenig weisen die Bakterien<br />
eine Endprodukthemmung gegenüber dem zu bildenden<br />
Methan auf. In Verbindung mit elektrolytisch<br />
produziertem Wasserstoff kann der CO -Anteil des<br />
2<br />
Biogases direkt in Methan umgewandelt werden. Dies<br />
stellt einen erheblichen Vorteil gegenüber der technischen<br />
Methansynthese dar.<br />
Denn auch hier wird Biogas als Ausgangsprodukt verwendet,<br />
dieses muss aber vorher in einem aufwändigen<br />
und teuren Vorbehandlungsprozess gereinigt und<br />
getrocknet werden.<br />
Daher könnte die Biosynthese von Methan im Vergleich<br />
zum herkömmlichen Prozess sogar wirtschaftliche<br />
Vorteile bieten. Die Partner hoffen, die Technologie<br />
nach erfolgreichem Abschluss der Untersuchungen<br />
im Labor- und Technikumsmaßstab Ende 2013 schon<br />
bald in einen Pilotmaßstab überführen zu können. Als<br />
idealer Standort für eine entsprechende Demonstrationsanlage<br />
würde sich der Energiepark Winzeln anbieten,<br />
wo derzeit die Biogasanlage des <strong>PFI</strong> entsteht<br />
(siehe Artikel Seite 32).<br />
Die Durchführung des Projektes erfolgt im Rahmen des<br />
laufenden EFRE-Programms (Europäischer Fond für regionale<br />
Entwicklung) mit fi nanzieller Unterstützung<br />
des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie<br />
und Landesplanung des Landes Rheinland-Pfalz und<br />
der EU.<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Stefan Dröge<br />
<strong>PFI</strong> Biotechnologie<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490-846<br />
E-Mail: stefan.droege@pfi -biotechnology.de
Messeteilnahme sehr erfolgreich<br />
<strong>PFI</strong> auf der<br />
BIOGAS 2013<br />
Vom 29. bis 31. Januar lockte die 22. BIOGAS Jahrestagung<br />
und Fachmesse Fachmesse Anlagenbetreiber, -hersteller,<br />
-planer, Landwirte Landwirte sowie Forscher und Wissenschaftler<br />
aus 36 Nationen nach Leipzig. Rund 450 UnternehUnternehmen, darunter die <strong>PFI</strong> Biotechnologie, waren mit einem<br />
Stand vertreten. Die <strong>PFI</strong> Biotechnologie verbucht<br />
ihre Teilnahme an der BIOGAS 2013 als großen Erfolg<br />
und wird auch bei der nächsten Ausgabe der Messe<br />
2014 in Nürnberg wieder dabei sein.<br />
Mit einem wesentlich größeren Messestand als im<br />
Vorjahr präsentierte sich die Abteilung Biotechnologie<br />
des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens zum<br />
zweiten Mal auf der Biogas-Fachmesse. Die Abteilung<br />
informierte über ihre zahlreichen Forschungsprojekte<br />
im Bereich der energetischen und stoffl ichen Biomassenutzung.<br />
Ebenfalls im Fokus stand das umfangreiche<br />
Dienstleistungs- und Beratungsangebot der <strong>PFI</strong> Biotechnologie<br />
für Betreiber von Biogasanlagen.<br />
Hochzufrieden war das Messeteam über die gute Besucherfrequenz<br />
am <strong>PFI</strong>-Messestand. Die BIOGAS bot eine<br />
ideale Plattform zur Kontaktpfl ege und zur Kontaktaufnahme<br />
mit potenziellen Neukunden. Interessante<br />
Gespräche über mögliche Forschungskooperationen<br />
entspannen sich mit Vertretern aus der Industrie sowie<br />
von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen<br />
aus dem In- und Ausland. Viel Aufmerksamkeit zog<br />
auch die geplante Bioraffi nerie in Pirmasens auf sich.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Für die <strong>PFI</strong> Biotechnologie steht fest: Die Biogas 2013<br />
war ein großer Erfolg. Daher ist für die nächste BIO-<br />
GAS, die vom 24. bis 26. Januar 2014 in Nürnberg stattfi<br />
nden wird, wieder ein Messestand geplant.<br />
41
42<br />
Newsletter BIOTECHNOLOGIE<br />
EU-Forschungsanträge<br />
<strong>PFI</strong> Biotechnology stärker auf<br />
europäischer Ebene aktiv<br />
Das <strong>PFI</strong> hat seine Fühler weiter in Richtung EU-Förderung<br />
ausgestreckt. Allein die Abteilung Biotechnologie<br />
hat seit August 2012 eine Reihe von Forschungsanträgen<br />
in Brüssel eingereicht. Sollten sie bewilligt werden,<br />
bedeutet das, dass das <strong>PFI</strong> weit stärker auf europäischer<br />
Ebene arbeiten wird als bisher. Die Evaluierungsphase<br />
der Projektanträge ist derzeit noch nicht abgeschlossen,<br />
doch die <strong>PFI</strong> Biotechnologie ist zuversichtlich, dass<br />
die Erfolgsaussichten gut sind. Im Folgenden werden<br />
die einzelnen Projekte näher erläutert.<br />
LACTOFUEL<br />
LACTOFUEL ist das Akronym<br />
des Projekts “Fermentative Production<br />
of Butanol Using Waste<br />
Products from the Cheese Industry”, welches beim Förderprogramm<br />
EuroTransBio eingereicht wurde. Ziel<br />
dieses Kollaborationsprojektes ist die Untersuchung<br />
und technische Prozessentwicklung zur Fermentation<br />
von Molke zu Butanol. Dies ist ganz im Sinne des<br />
Aufrufs der EU, verstärkt Substrate zur Bio-Kraftstoffherstellung<br />
zu nutzen, die nicht im Konfl ikt mit der<br />
Lebensmittelindustrie stehen. Das Bio-Butanol soll als<br />
Treibstoff für Kraftfahrzeuge genutzt werden, da Butanol<br />
im Vergleich zu Ethanol viele Vorteile hat:<br />
es ist weniger fl üchtig und explosiv<br />
es kann mit Benzin in allen Mischungsverhältnissen<br />
gemischt werden. Heutige Motoren lassen sogar<br />
die Verwendung von 100 Prozent Butanol zu, ohne<br />
dass technische Umbaumaßnahmen nötig wären<br />
es ist wasserabweisend und lässt sich deshalb in<br />
Pipelines transportieren<br />
sein Energiegehalt ist dem von Benzin vergleichbar<br />
Der Prozess, der in LACTOFUEL entwickelt werden soll,<br />
ist nachhaltig und verwendet Molke als Substrat. Molke<br />
ist ein Nebenprodukt der Milchindustrie und fi ndet neben<br />
der Nutzung als Futtermittel kaum Verwendung.<br />
LACTOFUEL ist ein Kollaborationsprojekt mit folgenden<br />
Partnern:<br />
Inbiolev SL (Spanien) – Koordinator<br />
Intertek (Spanien)<br />
Reiner Schmitt GmbH (Weselberg, <strong>Deutsch</strong>land)<br />
SilverCar Prototipos SL (Spanien)
CORNET Projekte<br />
BIO-EOL<br />
Das BIO-EOL Projekt mit dem Titel “End-of-life Possibilities<br />
of Biopolymer-based Consumer Products“ wurde<br />
mit dem Projektpartner CENTEXBEL, dem belgischen<br />
Forschungsinstitut für Textilien, eingereicht. Ziel ist<br />
die Ermittlung von Recyclingmethoden von biobasierten<br />
und biologisch abbaubaren Kunststoffen und<br />
Kunststoff-Naturfaser-Kompositen. Der Marktanteil<br />
dieser Materialien liegt zwar zurzeit bei unter einem<br />
Prozent, doch weist alles auf einen stetigen Anstieg in<br />
naher Zukunft hin. Daher ist die frühzeitige Betrachtung<br />
und Entwicklung eines nachhaltigen Systems,<br />
welches die Stoffe im Wertstoffkreislauf behält, von<br />
großer Bedeutung.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
CENTEXBEL wird sich auf die traditionellen Recyclingmethoden<br />
konzentrieren und untersuchen, wie<br />
sich der Kunststoff bei wiederholtem Schmelzen und<br />
Spritzgießen verhält, während die <strong>PFI</strong> Biotechnologie<br />
die fermentative Wiederverwertung betrachtet. Dabei<br />
gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Zum einen<br />
kann durch entsprechende Behandlung das Material<br />
wieder in eine Form gebracht werden, die es erlaubt,<br />
neue Polymere zu fermentieren, oder der Werkstoff<br />
wird mittels Bakterien zu Biogas und Energie verwertet.<br />
Dadurch soll eine Kompostierung vermieden<br />
werden. Bei der Kompostierung wird das Material zu<br />
Humus verarbeitet und verweilt danach in der Umwelt,<br />
bis nach etwa einem Jahr und entsprechend viel<br />
Sonnenenergie wieder Pfl anzen gewachsen sind, die<br />
wieder aufwändig zur Herstellung neuer Materialen<br />
verwendet werden können. Durch die Biotechnologie<br />
wird dies umgangen: bereits nach wenigen Tagen<br />
könnten wieder „neue“ Biopolymere zur Verfügung<br />
stehen. Falls dies nicht möglich ist, kann immerhin Biogas<br />
erzeugt werden, welches eine energetische Nutzung<br />
zulässt, während die Energie bei der Kompostierung<br />
nutzlos an die Umwelt abgegeben wird.<br />
Welt-Kunststoffproduktion 2011<br />
ohne andere Kunststoffe ( ~45 Megatonnen)*<br />
*Berücksichtigt Thermoplaste, Polyurethane, Duroplaste,<br />
Elastomere, Klebstoffe, Beschichtungen,<br />
Dämmstoffe sowie PP-Fasern.<br />
Nicht berücksichtigt: PET-, PA- und Polyacryl-Fasern.<br />
Quelle: PlasticsEurope Market Research Group (PEMRG)<br />
43
44<br />
Newsletter<br />
EU-Forschungsanträge<br />
<strong>PFI</strong> Biotechnology stärker auf<br />
europäischer Ebene aktiv<br />
HP4Drying<br />
HP4Drying ist das Folgeprojekt zum derzeitigen<br />
W2PHeat-Projekt (siehe Seite 34). HP4Drying steht für<br />
“Energetic and Environmental Optimisation of Drying<br />
Processes by Integration of Heat Pumps (Heat Pumps<br />
for Drying)”. Wie der Titel verrät, konzentriert sich<br />
dieses Projekt auf die Trocknung mit Hilfe von Wärmepumpen.<br />
Das Projekt umfasst eine ganze Bandbreite<br />
an Industrien. Neben der Gärrest- und Klärschlammtrocknung<br />
wird die Trocknung von Textilien, Wäsche,<br />
Holz, Kräutern und Lebensmitteln betrachtet.<br />
Trocknung ist ein energieintensiver Prozess und soll<br />
durch die Nutzung von Abwärme effi zienter und sparsamer<br />
gemacht werden. Zum Beispiel kann Abwärme<br />
von etwa 50 °C mittels Wärmepumpe auf ein Temperaturniveau<br />
von etwa 90 °C gebracht werden. Dieses<br />
Temperaturniveau lässt sich dann in weiteren Prozessen<br />
nutzen. Im Rahmen des Projektes soll eine Betrachtung<br />
der Möglichkeiten und die Demonstration einer<br />
Gärrestrocknung an einer Biogasanlage durchgeführt<br />
und evaluiert werden.<br />
BIOTECHNOLOGIE<br />
Folgende Partner sind am Projekt beteiligt:<br />
Belgien<br />
Flemish User Group<br />
Howest, De Hogeschool West-Vlaanderen Kortrijk<br />
Belgian Institute for Wood Technology<br />
- CTIB - TCHN<br />
Technisch Centrum der Houtnijverheid - TCHN<br />
Centre Technique de l'Industrie du Bois – CTIB<br />
Université de Liège<br />
Université Libre de Bruxelles – 4MAT Department<br />
Universiteit Gent<br />
<strong>Deutsch</strong>land<br />
Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e. V.<br />
Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) der<br />
<strong>Deutsch</strong>en Institute für Textil- und Faserforschung<br />
Denkendorf (DITF)<br />
Institut für Ziegelforschung Essen e. V.<br />
Fraunhofer-Institut für Holzforschung,<br />
Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI<br />
wfk - Cleaning Technology Institute e.V.
Accu-meter<br />
Ein weiteres Kompetenzfeld der <strong>PFI</strong> Biotechnologie ist<br />
die energetische Betrachtung von Gebäuden, welche<br />
bereits im Rahmen des Klimaschutzteilprogrammes<br />
der Stadt Pirmasens, gefördert durch das Bundesministerium<br />
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />
(BMU), eingesetzt wird. Das CORNET Projekt “Automated<br />
Continuous Commissioning for Building Energy<br />
Profi le Assessment and Improvement” wird sich diese<br />
Expertise zunutze machen, um eine innovative Kontrollsoftware<br />
zu erstellen, welche mittels künstlicher<br />
Intelligenz die Heizungs- und Lüftungssysteme in Gebäuden<br />
steuert, und zwar abhängig von Wetter, Wohlfühlparametern<br />
und Nutzen.<br />
Derzeit wird eine wärmetechnische Optimierung von<br />
Gebäuden durch bauliche Maßnahmen beziehungsweise<br />
durch den Einsatz von modernen Heizungssystemen<br />
realisiert. Das Accu-meter Projekt geht einen Schritt<br />
weiter und optimiert die Mess- und Regeltechnik der<br />
Systeme und erzielt dadurch bereits hohe Energieeinsparungen.<br />
Das Projekt wird mit einer Messkampagne<br />
in belgischen und deutschen Schulen sowie öffentlichen<br />
Bürogebäuden beginnen. Dabei werden sämtliche Daten<br />
erfasst, die für die Simulation und Modellierung der<br />
Steuerung genutzt werden können. Diese wird dann in<br />
praxisnahen Untersuchungen getestet.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Das Projekt wird durch das <strong>PFI</strong> koordiniert. Folgende<br />
Partner sind beteiligt:<br />
Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen<br />
und Umformtechnik IWU<br />
Kennis Centrum Energy – KULeuven (Belgien)<br />
Thomas More Kempen (Belgien)<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Michael Müller<br />
<strong>PFI</strong> – Abteilung Biotechnologie und Mikrobiologie<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 850<br />
E-Mail: michael.mueller@pfi -biotechnology.de<br />
Toilettentrakt einer Schule am Wochenende:<br />
Fenster gekippt, die Heizkörper glühen.<br />
Mit modernen Steuerungssystemen können<br />
Situationen wie diese vermieden werden<br />
45
46<br />
Newsletter CHEMIE<br />
Kontaktallergie durch Schuhe?<br />
Jagd aufs Allergen<br />
Immer öfter bitten Schuhhersteller oder -händler das<br />
<strong>PFI</strong> um Hilfe, weil Kunden über Juckreiz oder Bläschen<br />
an den Füßen klagen und dies auf das Tragen<br />
von Schuhen zurückführen. In einigen Fällen legen die<br />
Kunden sogar Allergiepässe vor, wonach der behandelnde<br />
Arzt einen allergieauslösenden Stoff identifi -<br />
zieren konnte. Die darauf folgende Laborsuche nach<br />
dem Allergen im unter Verdacht stehenden Artikel ist<br />
eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Warum ist<br />
das so und was macht die Identifi kation des Stoffes, der<br />
die allergische Reaktion ausgelöst hat, so schwierig?<br />
In <strong>Deutsch</strong>land sind 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung<br />
von mindestens einer Allergie betroffen.<br />
Häufi gkeit von Allergien in der Bevölkerung<br />
30 % Atemwegsallergien<br />
10 % Arzneimittelallergien<br />
5 bis 7 % Nahrungsmittelallergien<br />
7 % Kontaktallergien<br />
2 bis 3 % Insektengiftallergien<br />
Verantwortlich für die allergische Reaktion ist das Immunsystem.<br />
Seine Hauptaufgabe besteht darin, Umweltgifte,<br />
Reizstoffe und Fremdorganismen – wie zum<br />
Beispiel Bakterien – zu erkennen und uns wirksam vor<br />
ihnen zu schützen. Es kontrolliert permanent den ganzen<br />
Organismus und hält Ausschau nach „Eindringlingen“.<br />
Als „Eindringling“ gilt zunächst alles, was das<br />
Immunsystem als „fremd“ ansieht. Dies sind nicht immer<br />
Schadstoffe im Sinne von Giften. Es kann sich dabei<br />
um „ganz normale“ Nahrungsmittelbestandteile<br />
oder Duftstoffe handeln.<br />
Das Immunsystem ist besonders aktiv an den Stellen<br />
im Organismus, die am ehesten mit der Umwelt<br />
in Kontakt kommen, wie Haut, Schleimhäute oder<br />
Magen- und Darmtrakt. Es sorgt dafür, dass die „Eindringlinge“<br />
keinen Schaden anrichten können. Dieser<br />
unspezifi sche Schutzmechanismus spielt sich im Normalfall<br />
völlig unbemerkt und ohne körperliche Reaktionen<br />
ab.<br />
Was führt zu einer Allergie und<br />
wann bezeichnet man „Eindringlinge“<br />
als „Allergene“?<br />
Ist die Belastung des menschlichen Körpers durch<br />
„Eindringlinge“ sehr hoch und kommt eventuell noch<br />
körperlicher oder psychischer Stress hinzu, muss das<br />
Immunsystem weitere Kräfte mobilisieren, um dem<br />
Ansturm zu begegnen. Diese „Verstärkung“ verfügt<br />
über ein wesentlich höheres Abwehrpotential. Die<br />
Auswirkungen können als Hautrötungen, Entzündungen<br />
oder Gewebeschädigungen sichtbar werden. Zeigt<br />
das Immunsystem eine solche Überreaktion, wird der<br />
die Reaktion auslösende Eindringling als „Allergen“<br />
bezeichnet.<br />
Ist ein „Allergen“ einmal vom Immunsystem bekämpft<br />
worden, so legt das Immunsystem für genau dieses<br />
Allergen ein immunologisches Gedächtnis (Immunität)<br />
an, um bei erneutem Kontakt mit dem Allergen<br />
schnell reagieren zu können. Man spricht dann auch<br />
von Sensibilisierung. Ein erneuter Kontakt mit dem<br />
Allergen kann dann eine sehr starke Abwehrreaktion<br />
auslösen. Die allergische Immunität ist also in erster<br />
Linie ein Abwehrmechanismus des Körpers gegen Umwelteindringlinge.<br />
Bei einem „Großangriff“ von Allergenen<br />
können die Abwehrreaktionen<br />
sogar Schaden anrichten. Angefangen<br />
von Rötungen über Quaddelbildung<br />
und Juckreiz bis hin zu Atemnot<br />
oder Kreislaufbeschwerden<br />
kann in extremen Fällen ein<br />
sogenannter anaphylaktischer<br />
Schock auftreten,<br />
unter Umständen sogar mit<br />
tödlichen Folgen.
Vor allem Produkte oder Materialien mit permanentem<br />
direktem Hautkontakt lösen häufi g allergische<br />
Erkrankungen aus. Schon geringste Mengen eines Allergens<br />
können nach einer Sensibilisierung ausreichen,<br />
um weitere allergische Reaktionen auszulösen.<br />
Beim Tragen von Schuhen, Handschuhen oder Lederarmbändern<br />
sind auch Schweiß und Feuchtigkeit von<br />
Bedeutung. Sie schaffen ein lokales Milieu, das dazu<br />
beiträgt, dass ein Allergen überhaupt vom Körper aufgenommen<br />
werden kann und sein allergisches Potenzial<br />
dann erst entfaltet.<br />
Beispiele für typische Allergene<br />
im Schuh- und Lederbereich<br />
Allergeneintrag Relevante<br />
durch: Materialien:<br />
Gerbmittel Leder<br />
z. B. Chrom VI, Formaldehyd,<br />
Glutaraldehyd<br />
Konservierungs- Leder, Textilien, Pappe, Fasern<br />
mittel z. B. Formaldehyd, Dimethylfumarat,<br />
Schwermetalle<br />
Farbstoffe Leder, Textilien, Pappe, Fasern<br />
z. B. Dispersionsfarbstoffe,<br />
4-Aminoazobenzol,<br />
p-Phenylendiamin<br />
Klebstoffe Alle verklebten Materialien<br />
z. B. tert.-Butylphenol-<br />
Formaldehydharz, Thiurame,<br />
Kollophonium<br />
Schwermetalle Metallteile, z. B. Nickel<br />
Leder, z. B. Chrom<br />
Textilien, z.B. Antimon<br />
Kunststoff- Kunststoffe und Gummi<br />
additive z. B. Mercaptobenzothiazol,<br />
Phenolformaldehydharz<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Wie wird das Allergen identifi ziert?<br />
Der Großteil der Allergene im Schuh- und Lederbereich<br />
zählt zu den sogenannten Kontaktallergenen. Dies bedeutet,<br />
dass die körperliche Reaktion an der Stelle auftritt,<br />
wo der Kontakt mit dem Allergen stattgefunden<br />
hat. Typische Kontaktallergene sind Nickel und Chrom<br />
VI. Rund 15 Prozent der deutschen Bevölkerung hat<br />
eine Nickel-Allergie. Damit ist Nickel mit Abstand das<br />
Allergen, das die meisten Kontaktallergien auslöst, gefolgt<br />
von Farbstoffen, Chrom VI und Formaldehyd.<br />
Allergietest (Epicutan-Test)<br />
Tritt eine Hautreaktion unmittelbar nach dem Tragen<br />
der Artikel auf, so ist zunächst erst einmal nur von<br />
einer Hautreizung auszugehen. Typische allergische<br />
Hautreaktionen auf ein Kontaktallergen wie Ekzeme<br />
und Bläschen treten dagegen erst nach etwa drei Tagen<br />
auf. Ist der Reaktionsherd dann nicht eindeutig<br />
einer Allergenquelle zuzuordnen, sei es anhand der<br />
Lokalisation oder anhand vom Aussehen und Größe<br />
(zum Beispiel rund wie ein Hosenknopf), dann wird es<br />
schwierig, den tatsächlichen Auslöser noch zu identifi -<br />
zieren. Nicht immer aber ist das Allergen im Material an<br />
sich zu suchen, wie Leder, Textilien oder Kunststoffe.<br />
Oft sind verklebte Stellen, Nähfäden, Etiketten oder<br />
nachträglich aufgebrachte Konservierungsmittel die<br />
Ursache.<br />
47
48<br />
Newsletter<br />
Kontaktallergie durch Schuhe?<br />
Jagd aufs Allergen<br />
Bei einem Verdacht auf eine Kontaktallergie macht der<br />
Arzt zunächst einen Epicutan-Test. Dazu werden mögliche<br />
Allergene auf die Haut aufgebracht. Nach etwa drei<br />
Tagen kann dann eventuell eine Hautreaktion nachgewiesen<br />
werden. Dadurch ist es zwar möglich, die Allergieursache<br />
einzugrenzen, da aber das Spektrum der<br />
möglichen Allergene im Schuh- und Lederbereich recht<br />
groß ist, können die allergieauslösenden Stoffe im Einzelfall<br />
oft nicht vollständig ermittelt werden.<br />
Dazu kommt, dass im Einzelfall fast jede Substanz zu<br />
einer Allergie führen kann. Daher müssen es nicht unbedingt<br />
die bekannten „potenziellen“ Allergene sein,<br />
die eine allergische Reaktion auslösen. Oft reicht ein<br />
Allergen nicht aus, um eine heftige Reaktion zu verursachen.<br />
Es kommt vor, dass sich erst im Gemisch mit<br />
weiteren Allergenen ein allergenes Potenzial entfaltet.<br />
Auch wenn der Test beim Arzt auf ein bestimmtes<br />
Allergen hindeutet, so besagt dies nur, dass der Patient<br />
auf das vom Arzt getestete Allergen allergisch<br />
reagiert. Damit ist aber noch lange nicht bewiesen,<br />
dass es sich dabei tatsächlich um das Allergen handelt,<br />
dass die Allergie dann auch ausgelöst hat. Eine<br />
zusätzliche Möglichkeit, das Verursacherallergen von<br />
medizinischer Seite her einzukreisen, wäre der Test<br />
der verdächtigen, allergieauslösenden Materialien am<br />
Patienten selbst.<br />
Dramatisches Beispiel:<br />
Dimethylfumarat<br />
Wie schwierig die Identifi kation eines Allergens ist,<br />
verdeutlichen die Vorkommnisse um das Antischimmelmittel<br />
Dimethylfumarat (DMF), das bei Leder, Textilien<br />
und in Trocknungspäckchen zum Einsatz kam<br />
und nach Todesfällen in Frankreich seit Mai 2009 in<br />
der EU verboten ist. Auch hier dauerte es eine geraume<br />
Zeit, bis das tatsächliche Allergen entdeckt wurde:<br />
Ein junger Mann erkrankte schwerwiegend. Die Symptome<br />
waren Hautausschläge und Lungenprobleme.<br />
Die Ursache war unbekannt und die Erkrankung führte<br />
zum Tode.<br />
CHEMIE<br />
Kurz darauf zeigte der Vater die gleichen Symptome.<br />
Auch ihm konnte nicht geholfen werden, und er verstarb.<br />
Erst als kurze Zeit darauf auch noch die Hauskatze<br />
starb, fi el der Verdacht auf einen Sessel, der<br />
zunächst vom Sohn und dann vom Vater benutzt wurde<br />
und nach dessen Tod von der Katze vereinnahmt<br />
wurde. Ursache der Todesfälle war ein Polstermöbel,<br />
vollgepackt mit Trocknungspäckchen, die das Anti-<br />
Schimmelmittel DMF enthielten.<br />
Laborseitig ist die Suche nach dem Allergie auslösenden<br />
Stoff ebenso schwierig. Zunächst werden alle<br />
Informationen über die allergische Reaktion wie Allergiepass,<br />
Bilder und so weiter ausgewertet, um das<br />
Allergen möglichst eng einzukreisen. Zudem wird<br />
der verdächtige Artikel untersucht, um die relevanten<br />
Materialien einzugrenzen und mögliche lokale<br />
Belastungsschwerpunkte durch beispielsweise Druck<br />
oder Feuchtigkeit zu identifi zieren. Wenn es sich dabei<br />
um die typischen Allergene wie Nickel, Chrom VI,<br />
Farbstoffe oder Formaldehyd handelt, erleichtert das<br />
sicherlich die Suche im Labor. Handelt es sich aber beispielsweise<br />
um Klebstoff- oder Kunststoff-Allergene,<br />
die auch nur in äußerst geringen Mengen im Schuh<br />
oder Lederartikel vorhanden sein können, stößt man<br />
im Labor quantitativ oft an die Nachweisgrenzen, und<br />
eine Detektion ist nicht immer möglich.<br />
Das <strong>PFI</strong> bietet eine Auswahl an möglichen Tests zu<br />
potentiell allergenen Substanzen an. Wir beraten Sie<br />
diesbezüglich gerne.<br />
Kontakt<br />
Dr. Ines Anderie<br />
Stellvertretende Abteilungsleiterin<br />
Chemische Analyse und Forschung<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 712<br />
E-Mail: ines.anderie@pfi -germany.de
Dänemark hat am 20. Januar 2012 ein Dossier nach<br />
Anhang XV der Verordnung 1907/2006/EG (REACh)<br />
zur Beschränkung von Chrom VI in Lederprodukten<br />
bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht.<br />
Der dänische Vorschlag sieht vor, dass Lederprodukte<br />
mit langanhaltendem oder wiederholtem<br />
Hautkontakt nicht in Verkehr gebracht werden dürfen,<br />
falls sie Chrom-VI-Verbindungen in Konzentrationen<br />
von mehr als 3 mg/kg enthalten.<br />
Am 16. September 2012 endete die sechsmonatige öffentliche<br />
Konsultation, in der Interessenten Kommentare<br />
zur vorgeschlagenen Beschränkung einreichen<br />
konnten. Parallel erarbeiteten das Komitee für Risikoanalyse<br />
(Risk Assessment Committee, RAC) und das<br />
Komitee für sozio-ökonomische Analyse (Committee<br />
for Socio-Economic Analysis, SEAC) Stellungnahmen<br />
zu gesundheitlichen und umweltrelevanten Auswirkungen<br />
sowie zu den fi nanziellen Folgen eins solchen<br />
Verbotes.<br />
Die ECHA veröffentlichte vor Kurzem die Stellungnahmen<br />
der Komitees, welche beide eine Verschärfung<br />
der von Dänemark beantragten Regelung vorschlagen.<br />
Der Entwurf der beiden Komitees sieht vor, dass Lederprodukte<br />
mit Hautkontakt nicht in Verkehr gebracht<br />
werden dürfen, sollten sie Chrom-VI-Verbindungen<br />
in Konzentrationen von mehr als 3 mg/kg enthalten.<br />
Die Komitees hatten die Einschränkungen „langanhaltender<br />
oder wiederholter Hautkontakt“ gestrichen<br />
und auf alle verarbeiteten Leder mit Hautkontakt erweitert.<br />
Dies würde bedeuten, dass zum Beispiel auch<br />
Schuhoberleder ohne direkten Hautkontakt, Applikationen<br />
und Etiketten von dieser Regelung betroffen<br />
wären.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Dänemark wünscht Beschränkung<br />
Chrom VI in Lederprodukten<br />
Der endgültige Text wird nun von der Europäischen<br />
Kommission vorbereitet. Die Aufnahme von Chrom-<br />
VI-Verbindungen in Lederprodukten in den Anhang<br />
XVII wird im Herbst 2013 erwartet. Ob die Europäische<br />
Kommission dem ursprünglichen Antrag Dänemarks<br />
(identisch mit der Bedarfsgegenständeverordnung)<br />
folgt oder den verschärften Text der beiden Komitees<br />
für die Beschränkung übernimmt, bleibt abzuwarten.<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Michael Knauer<br />
Chemische Analyse und Forschung<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 717<br />
E-Mail: michael.knauer@pfi -germany.de<br />
49
50<br />
Newsletter<br />
Unerwünschtes Nebenprodukt in geschäumten Polymeren<br />
Das Formamid-Problem<br />
Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff sind aus unserem<br />
Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Einsatzbereiche<br />
von Kunststoffmaterialien sind nahezu unendlich.<br />
Das liegt vor allem an ihren hervorragenden und<br />
extrem versatilen Eigenschaften, die von UV-Beständigkeit<br />
über Isolierungs- oder Dämpfungswirkung bis<br />
hin zu Wasserfestigkeit reichen. Die Kehrseite der Medaille:<br />
Kunststoffe können gesundheitsgefährdende<br />
Stoffe enthalten – wie es dieser Beitrag am Beispiel<br />
Formamid darstellt. Die Arbeit der chemischen Analytik<br />
des <strong>PFI</strong>, nämlich die Unbedenklichkeit von Produkten<br />
zu prüfen, dient dem Verbraucherschutz und<br />
verschafft Herstellern und Händlern die Gewissheit,<br />
dass ihre Waren in Ordnung sind. Ganz im Sinne des<br />
<strong>PFI</strong>-Leitspruchs „Quality Means Safety“.<br />
Bunte Puzzlematten aus EVA (Ethylenvinylacetat) sind<br />
als Kleinkinder-Spielzeug sehr beliebt. EVA ist leicht,<br />
elastisch und zudem extrem widerstandsfähig. Daher<br />
werden diese Puzzleteppiche auch gerne als stoßdämpfende<br />
Turnmatten benutzt, auf denen Kinder<br />
sich austoben können. Doch sind diese EVA-Matten<br />
tatsächlich völlig unbedenklich?<br />
Puzzlematten sind ein beliebtes Spielzeug – aber<br />
geschäumte Polymere können Schadstoffe freisetzen<br />
CHEMIE<br />
Leider nicht immer. Bereits 2009 berichtete eine belgische<br />
Verbraucherzeitschrift über einen Stoff, der in<br />
EVA-Puzzlematten gefunden wurde und nichts darin<br />
verloren hat. Es handelte sich um Methanamid, besser<br />
bekannt als Formamid.<br />
Formamid gehört zu der Gruppe der Carbonsäureamide<br />
und ist als fortpfl anzungsgefährdender CMR-Stoff<br />
der Kategorie 2 eingestuft (CMR steht für cancerogen,<br />
mutagen, reproduktionstoxisch, sprich: krebserregend,<br />
erbgutverändernd und/oder fortpfl anzungsgefährdend).<br />
Somit ist Formamid ein Gefahrstoff, der absolut<br />
nichts in Verbraucherprodukten zu suchen hat.<br />
Dennoch wird Formamid immer wieder in Erzeugnissen<br />
nachgewiesen.<br />
Formamid – ein unerwünschtes<br />
Nebenprodukt<br />
Formamid wird nicht als Ausgangsstoff bei der Herstellung<br />
von Kunststoffen eingesetzt. Es entsteht als<br />
Nebenprodukt bei der Herstellung geschäumter Polymere,<br />
und zwar beim Einsatz von Schäumungsmitteln<br />
wie beispielsweise Azodicarbonamid.<br />
So kann es passieren, dass das Endprodukt mit Formamid<br />
belastet ist. Durch Restmengen an unverbrauchtem<br />
Schäumungsmittel im Produkt besteht weiterhin<br />
die Gefahr, dass nach und nach – unter anderem durch<br />
thermische Einfl üsse – weiteres Formamid freigesetzt<br />
wird.<br />
Formamid gelangt durch Ausgasen aus den betroffenen<br />
Produkten in die Umgebungsluft. Verbraucher<br />
sind daher der Gefahr ausgesetzt, den Stoff über einen<br />
langen Zeitraum einzuatmen. Zusätzlich ist eine Aufnahme<br />
über die Haut und die Schleimhäute möglich.<br />
Babys und Kleinkinder sind aufgrund ihrer dünneren<br />
Haut besonders gefährdet.
Schäumungsmittel<br />
H 2 N N<br />
O<br />
Gesetzlicher<br />
Grenzwert fehlt<br />
O<br />
N NH 2<br />
Azodicarbonamid<br />
Bislang gibt es keinen gesetzlichen Grenzwert für<br />
Formamid. Einige EU-Mitgliedsstaaten wie Belgien,<br />
Frankreich und Luxemburg haben bereits 2009 reagiert<br />
und ein Verkaufsverbot für mit Formamid belastete<br />
Puzzlematten erlassen. Inzwischen wurden<br />
diese Verbote teilweise gelockert. In Frankreich zum<br />
Beispiel dürfen Puzzlematten verkauft werden, wenn<br />
ihr Formamidgehalt höchstens 200 mg/kg beträgt. In<br />
<strong>Deutsch</strong>land gibt es kein solches Verbot.<br />
Allerdings wird mit Inkrafttreten der neuen Spielzeugrichtlinie<br />
2009/48 ab Juli 2013 ein allgemeines<br />
Verbot für CMR-Stoffe eingeführt.<br />
Weiterhin wird Formamid<br />
seit Juni 2012 in der SVHC-<br />
Kandidatenliste (SVHC =<br />
substances of very high concern)<br />
der ECHA (European<br />
Chemicals Agency) geführt<br />
und ist somit als „besonders<br />
besorgniserregender Stoff“<br />
eingestuft.<br />
Formamidprobe<br />
Schäumungsprozess<br />
Abspaltungsprodukt<br />
NH 2<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
O<br />
Azodicarbonamid<br />
Schematisches Beispiel<br />
für die Entstehung von<br />
Formamid<br />
SG-Zeichen und CADS bieten<br />
weiterreichenden Schutz<br />
Besonders „heimtückisch“ an Formamid ist seine Geruchlosigkeit.<br />
Verbraucher können unmöglich selbst feststellen,<br />
ob Produkte Formamid enthalten, und sind somit<br />
auf freiwillige Qualitätskontrollen der Hersteller und die<br />
Kontrolle durch öffentliche Institutionen angewiesen.<br />
Besseren Verbraucherschutz garantieren das SG-Prüfzeichen<br />
für schadstoffgeprüfte Produkte oder die Prüfung<br />
nach CADS-Anforderung. CADS – Cooperation<br />
at DSI ist eine Vereinigung namhafter Hersteller und<br />
Zulieferer der Schuhindustrie sowie bedeutender Handelsunternehmen<br />
der Textil- und Schuhbranche.<br />
Viele Hersteller und Lieferanten zeigen sich sehr verantwortungsbewusst<br />
und legen eigene Grenzwerte<br />
fest, um die gesetzliche Lücke zu schließen. Somit bewertet<br />
das <strong>PFI</strong> in Produkten nachgewiesene Formamidgehalte<br />
vielfach nach speziellen Kundenvorgaben.<br />
Das Team der chemischen Analytik des <strong>PFI</strong> ist in der<br />
Lage, Formamid dank eines validierten Prüfverfahrens<br />
zuverlässig nachzuweisen, zu quantifi zieren und somit<br />
Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen.<br />
Ganz im Sinne des <strong>PFI</strong>- Leitspruchs „Quality Means<br />
Safety”.<br />
Weitere Informationen<br />
Oliver Haubrich<br />
Chemical Testing and Research<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 710<br />
E-Mail: oliver.haubrich@pfi -germany.de<br />
51
52<br />
Newsletter<br />
Anfang 2013 haben das <strong>PFI</strong> und der TÜV Rheinland die<br />
Anforderungswerte für das SG-Prüfzeichen turnusgemäß<br />
überarbeitet. Die neuen Prüfkriterien ersetzen<br />
seit März die Anforderungen von 11/2011. Hierbei<br />
haben sich einige Neuerungen und Änderungen ergeben.<br />
Alle Produkte, die das SG-Prüfzeichen erhalten sollen,<br />
müssen auf eine Reihe zusätzlicher Stoffe getestet werden.<br />
So wurde bei den zinnorganischen-Verbindungen<br />
das Bis(tributylzinn) aufgenommen, und bei der Gruppe<br />
der Phthalate vier weitere Vertreter ergänzt.<br />
Für alle natürlichen Materialien und Textilien wurden<br />
Octylphenol, Octylphenolethoxylate und das Konservierungsmittel<br />
Triclosan neu in den Prüfkatalog aufgenommen.<br />
Weiterhin werden Leder und Klebstoffe nun<br />
auf 1-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) geprüft. Bei metallischem<br />
Zubehör wird jetzt auch der Gehalt der Schwermetalle<br />
Blei und Cadmium kontrolliert, während bei<br />
den Kunststoffen Formamid als neuer Parameter untersucht<br />
wird.<br />
CHEMIE<br />
Tests auf zusätzliche Substanzen<br />
SG-Prüfkriterienkatalog<br />
überarbeitet<br />
Die Grenzwerte der Konservierungsmittel 2-(Thiocyanomethylthio)-benzthiazol<br />
(TCMTB), 4-Chlor-3-methylphenol<br />
(CMK), 2-Phenylphenol (OPP) und 2-Octylisothiazol-<br />
3-(2H)-on (OIT) wurden aufgrund neuer Studien zur<br />
Gefährdung der Gesundheit individuell angepasst.<br />
Somit ist der Anforderungskatalog für das SG-Zeichen<br />
wieder auf dem neuesten Stand und umfasst weitere<br />
Stoffe, die im Verdacht stehen, negative Wirkungen<br />
auf Gesundheit und Umwelt zu haben.<br />
Allen Interessierten steht der aktuelle SG-Prüfkriterienkatalog<br />
auf der Institutshomepage zur Verfügung,<br />
und zwar als pdf-Download unter „Chemische Expertisen“.<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Michael Knauer<br />
Chemische Analyse und Forschung<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 717<br />
E-Mail: michael.knauer@pfi -germany.de<br />
Web: www.pfi -germany.de
ECHA listet zehn weitere Stoffe<br />
Die SVHC-Kandidatenliste (substances of very high<br />
concern, also sehr besorgniserregende Stoffe) wächst<br />
kontinuierlich und umfasst mittlerweile 138 Stoffe, so<br />
der Stand am 19. Dezember 2012. Am 4. März 2013<br />
schlug die ECHA (European Chemicals Agency) zehn<br />
weitere Verbindungen als potentiell besonders besorgniserregende<br />
Stoffe für die Aufnahme in die Liste vor.<br />
Die öffentliche Konsultation endete am 18. April 2013.<br />
Nun bleibt abzuwarten, welche der zehn Stoffe tatsächlich<br />
als SVHC-Kandidaten aufgenommen werden.<br />
Im Hinblick auf ihre Relevanz für die Herstellung von<br />
Schuh- und Lederwaren ist die Überschreitung des<br />
Grenzwertes von 0,1 Massenprozent bei mehreren<br />
dieser neu zur Aufnahme in die SVHC-Kandidatenliste<br />
vorgeschlagenen Verbindungen nicht zu erwarten.<br />
Dies gilt für die gelisteten Benzotriazol-Derivate 2-(2H-<br />
Benzotriazol-2-yl)-4-(tert-butyl)-6-(sec-butyl)-phenol,<br />
2-(2H-Benzotriazol-2-yl)-4,6-diterpentylphenol, 2,4-<br />
Di-tert-butyl-6-(5-chlorobenzotriazol-2-yl)-phenol und<br />
2-Benzotriazol-2-yl-4,6-ditert-butylphenol, welche als<br />
UV-Stabilisatoren in Kunststoffen verwendet werden.<br />
Auch für Cadmium und Cadmiumoxid ist eine Überschreitung<br />
nicht zu erwarten, solange keine cadmiumhaltigen<br />
Farben (Gelb- und Orangetöne) eingesetzt<br />
werden.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
SVHC-Kandidatenliste wächst<br />
Bei vier der vorgeschlagenen Verbindungen besteht<br />
die Möglichkeit, dass diese mit mehr als 0,1 Massenprozent<br />
im Produkt enthalten sind. Sie sollten daher<br />
entlang der Lieferkette abgefragt werden. Diese<br />
Stoffe sind Dipentylphthalat, das als Weichmacher in<br />
Kunststoffen eingesetzt wird, sowie die Tenside 4-Nonylphenolethoxylate<br />
und die für wasser- und ölabweisende<br />
Ausrüstungen verwendete Pentadecafl uoroctansäure<br />
(PFOA) und ihr Ammonium-Salz. Die aktuelle<br />
Liste kann im Internet eingesehen werden: http://echa.<br />
europa.eu/web/guest/candidate-list-table<br />
Weitere Informationen<br />
Dr. Michael Knauer<br />
Chemische Analyse und Forschung<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490 717<br />
E-Mail: michael.knauer@pfi -germany.de<br />
53
54<br />
Newsletter<br />
Die bislang herangezogenen Normverfahren zur Prüfung<br />
der Wirksamkeit der antibakteriellen Ausrüstung<br />
von Schuhen und Schuhbestandteilen waren ursprünglich<br />
für Textilien oder plane Kunststoffe entwickelt<br />
worden. Sie konnten nicht ohne Modifi kationen auf<br />
Prüfungen im Schuhbereich übertragen werden. Diese<br />
Lücke wurde nun geschlossen: Die 2012 in der Entwurfsfassung<br />
veröffentlichte neue Norm DIN EN ISO<br />
16187 bietet für die Schuhbranche optimierte Verfahren<br />
zur Prüfung der antibakteriellen Wirksamkeit.<br />
Antibakteriell ausgerüstete Materialien sind Stand<br />
der Technik und werden vielseitig eingesetzt, um unerwünschte<br />
Folgeerscheinungen der Anwesenheit von<br />
Bakterien zu minimieren. Sie fi nden auch in Schuhen<br />
und Schuhbestandteilen Anwendung. Bei entsprechend<br />
beworbener Ware erfolgt im Rahmen der Qualitätssicherung<br />
eine Prüfung auf antibakterielle Wirksamkeit.<br />
Sie fi ndet stichprobenartig statt, und zwar bevor die<br />
Ware in Verkehr gebracht wird.<br />
Problematik bisheriger Verfahren<br />
Die bisher benutzten Prüfverfahren waren ursprünglich<br />
für bestimmte Materialien wie Textilien oder plane<br />
Kunststoffe (ISO 22196) entwickelt worden. Sie<br />
konnten nur bedingt oder mit entsprechenden Modifi<br />
kationen für Schuhe eingesetzt werden. Lediglich ein<br />
modifi ziertes Normverfahren (ASTM E 2149 mod., <strong>PFI</strong><br />
10/2004) stand für Verbundmaterialien und komplexe<br />
Schuhteile zur Verfügung.<br />
Die 2010 gegründete Arbeitsgruppe WG 1 des technischen<br />
Komitees ISO/TC 216 „Footwear“, die sich mit<br />
mikrobiologischen Aspekten befasst, hat daher die<br />
inzwischen erschienene neue Norm DIN EN ISO 16187<br />
„Schuhe und Schuhbestandteile – Prüfverfahren zur<br />
Bestimmung der antibakteriellen Aktivität“ erarbeitet.<br />
Sie basiert auf bewährten Testmethoden und berücksichtigt<br />
notwendige Modifi kationen.<br />
MIKROBIOLOGIE<br />
Prüfung der Wirksamkeit der antibakteriellen Ausrüstung<br />
von Schuhen und Schuhkomponenten<br />
Neue internationale<br />
Norm DIN EN ISO 16187<br />
Diese für eine Vielzahl entsprechend ausgerüsteter<br />
Schuhbestandteile – wie Obermaterialien, Innenfutter,<br />
Einlegesohlen oder Laufsohlen – sowie für alle Arten<br />
von Schuhen erarbeitete Norm dient zur quantitativen<br />
Bestimmung der antibakteriellen Wirkung, bei denen<br />
der Wirkstoff immobilisiert ist und nicht diffundiert.<br />
Testkeime<br />
Die Testmethode beinhaltet die unabhängige Prüfung<br />
gegenüber jeweils einem gram-positiven und einem<br />
gram-negativen Bakterium, die sich grundsätzlich in<br />
ihrem Zellaufbau voneinander unterscheiden. Nur<br />
wenn die Ausrüstung des Produkts gegenüber beiden<br />
Bakteriengruppen Wirkung zeigt, ist wirklich eine antibakterielle<br />
Wirksamkeit gegeben.<br />
Die Testkeime der neuen Norm sind Staphylococcus<br />
aureus als gram-positives Bakterium und Klebsiella<br />
pneumoniae als gram-negatives Bakterium. Der Einsatz<br />
weiterer bakterieller Keime ist zulässig, jedoch<br />
nur für sehr spezielle Anwendungsgebiete von Bedeutung.<br />
Da die Testkeime potentielle Krankheitserreger<br />
sind, können die Prüfungen nur von mikrobiologisch<br />
geschultem Personal in einem Sicherheitslabor der Risikostufe<br />
2 durchgeführt werden.<br />
Verfahrensbeschreibung<br />
Geprüft werden nur Bestandteile oder Materialien, für<br />
die eine antibakterielle Wirkung ausgelobt wird. Laut<br />
Normvorgaben wird die zu untersuchende Schuhkomponente<br />
nach der am besten geeigneten Testmethode<br />
geprüft, die in Abhängigkeit vom Material und dessen<br />
Eigenschaften ausgewählt wird. Durchgängig ebene,<br />
nicht poröse und nicht absorbierende Kunststoffoberfl<br />
ächen werden nach einer Kontaktfi lmmethode unter<br />
statischen Kontaktbedingungen untersucht. Komplexe<br />
und dreidimensional geformte Verbundsysteme werden<br />
unter dynamischen Kontaktbedingungen geprüft.
Antibakteriell ausgerüstete Prüfl inge und gegebenenfalls<br />
auch nicht ausgerüstete Referenzmuster werden<br />
mit einer defi nierten Keimzahl eines bestimmten Testorganismus<br />
beimpft. Zunächst erfolgt eine Bestimmung<br />
der Ausgangskeimzahl. Nach Inkubation über<br />
einen defi nierten Zeitraum unter defi nierten Bedingungen<br />
und anschließender Neutralisation der Wirkstoffe<br />
wird die Anzahl der lebensfähigen Bakterienzellen<br />
bestimmt.<br />
Das Verfahren beinhaltet darüber hinaus eine Beurteilung<br />
der Effektivität der Prüfung und defi niert Anforderungen,<br />
die zwecks Validierung der Ergebnisse<br />
erfüllt sein müssen.<br />
Berechnung der<br />
antibakteriellen Wirksamkeit<br />
Die berechnete antibakterielle Wirksamkeit wird als<br />
prozentuale Keimzahlreduktion angegeben.<br />
Darstellbar ist sowohl eine mögliche Keimzahlreduktion<br />
auf dem ausgerüsteten Prüfgegenstand über den<br />
Zeitverlauf als auch – bei Vorhandensein von Referenzmustern<br />
– ein Vergleich der Keimzahlen zwischen<br />
ausgerüsteten und nicht ausgerüsteten Prüfgegenständen<br />
zu Versuchsende.<br />
Abhängig vom Material und dem jeweiligen Einsatzbereich<br />
sind unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen,<br />
die zwischen den jeweiligen Vertragsparteien<br />
festzulegen sind. Daher erfolgt gemäß der genannten<br />
Norm nur die Bestimmung der antibakteriellen Wirksamkeit,<br />
nicht jedoch eine Bewertung der Resultate.<br />
Ringversuche<br />
In Laboren in China und in Europa, darunter am <strong>PFI</strong>,<br />
wurden zwei umfangreiche Ringversuche mit verschiedenen<br />
Probenarten durchgeführt, bei der das Verfahren,<br />
die Testmethoden und wichtige Angaben hinsichtlich<br />
der Probenvorbehandlung bestätigt wurden.<br />
Die Entwurfsfassung der erarbeiteten Norm stand 2012<br />
zwecks zwischenzeitlich abgeschlossener Kommentierung<br />
und Einspruchsmöglichkeit zur Verfügung. Im<br />
Laufe dieses Jahres ist mit der Veröffentlichung der<br />
endgültigen Norm zu rechnen.<br />
Vorteile<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Im Gegensatz zu den meisten anderen Normverfahren<br />
ist kein identisches, nicht ausgerüstetes Kontrollmaterial<br />
zur Durchführung der Prüfung und Bewertung der antibakteriellen<br />
Wirksamkeit erforderlich. Schuhtypische<br />
Bedingungen und Eigenschaften sind berücksichtigt, so<br />
dass auch komplexe Verbundsysteme und unregelmäßig<br />
geformte Prüfl inge, wie dies bei Schuhkomponenten<br />
meist der Fall ist, geprüft werden können.<br />
Eine weltweit einheitliche Bestimmung der antibakteriellen<br />
Eigenschaften von Schuhen und deren Bestandteilen<br />
ist bei der Anwendung dieser Norm gegeben.<br />
Die neue, international gültige Norm DIN EN ISO 16187<br />
richtet sich an Ausrüster und Entwickler antibakterieller<br />
Produkte, Material-Lieferanten, Schuhhersteller<br />
und -händler sowie Prüf- und Zertifi zier-Stellen.<br />
Prüfangebote<br />
Das <strong>PFI</strong> bietet neben der Prüfung gemäß des neu akkreditierten<br />
Verfahrens nach DIN EN ISO 16187 auch<br />
weiterhin für Einzelkomponenten die etablierten Verfahren<br />
an, u.a.<br />
AATCC 100 (statischer Challengetest)<br />
ASTM E 2149 mod. (dynamischer Challengetest)<br />
ISO 22196 (Kontaktfi lm-Methode)<br />
Bestimmung der Keimzahl zwecks Ermittlung<br />
der antibakteriellen Wirksamkeit<br />
Weitere Informationen<br />
Diplom-Biologin Michaela Würtz<br />
Telefon: +49 (0)6331- 24 90 550<br />
E-Mail: michaela.wuertz@pfi -germany.de<br />
55
56<br />
Newsletter<br />
Der alarmierende Anstieg von Diabetes-Patienten bedeutet<br />
auch einen kontinuierlich wachsenden Bedarf<br />
an medizinischen Hilfsmitteln, und zwar nicht nur in<br />
<strong>Deutsch</strong>land, sondern weltweit. Die Versorgung von<br />
Diabetikern mit Schuheinlagen erfolgt in der Regel<br />
unter Berücksichtigung physikalischer und konstruktiver<br />
Aspekte wie der Shore-Härte, Druckentlastung<br />
und Weichbettung. Hygieneaspekte dagegen werden<br />
bislang trotz der großen gesundheitlichen Relevanz<br />
kaum berücksichtigt. Diese Lücke galt es zu schließen,<br />
und das gelang dem Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens<br />
e.V. (<strong>PFI</strong>) in einem Gemeinschaftsprojekt mit<br />
dem Pirmasenser Unternehmen Colortex GmbH. Das<br />
Ergebnis ist ein innovatives Einlegesohlen-Verbundsystem<br />
namens Reballance ® , das bereits am Markt erhältlich<br />
ist.<br />
Diabetiker sind verstärkt infektionsanfällig und leiden<br />
zudem häufi g unter einer massiv gestörten Wundheilung.<br />
Hautnah getragene Gegenstände müssen deshalb<br />
nach dem Tragen gereinigt und gegebenenfalls<br />
desinfi ziert werden. Das erhöht die Hygieneanforderungen<br />
an verordnete Hilfsmittel.<br />
Projektziel<br />
Projektziel war die marktorientierte Entwicklung eines<br />
innovativen Einlegesohlen-Verbundsystems für Diabetiker,<br />
das für die individuelle Patientenversorgung<br />
durch Orthopädieschuhmacher entsprechend aufgebaut<br />
werden kann. Für die konstruktiven Aspekte<br />
war die Colortex GmbH verantwortlich, während die<br />
hygienisch relevanten Aspekte Aufgabe des mikrobiologischen<br />
Labors des <strong>PFI</strong> waren. Zusätzlich wurde<br />
die Fachkompetenz von Orthopädieschuhmachern<br />
hinzugezogen, um das neue Verbundsystem für die<br />
individuelle Patientenversorgung mit Schuheinlagen<br />
entsprechend zu optimieren.<br />
MIKROBIOLOGIE<br />
Reballance ® : Das innovative Einlegesohlen-<br />
Verbundsystem für Diabetiker<br />
Wasch mich!<br />
Schuh-orthopädische Eigenschaften<br />
und Hygiene-Aspekte<br />
Neuartige textile Flächen, Laminierungen sowie neue<br />
Schichtaufbauten und Bindungen führten zu verbesserten<br />
orthopädieschuhtechnischen Eigenschaften des<br />
Einlagen-Verbundsystems. Die Ergebnisse der mikrobiologischen<br />
Untersuchungen waren dabei maßgeblich<br />
für den konstruktiven Aufbau.<br />
Im mikrobiologischen Labor wurden die Hygiene-Parameter<br />
untersucht und bewertet, indem die diabetische<br />
Hautfl ora mit Bakterien, Hefen, Haut- und Nagelpilzen<br />
an verschiedenen Materialien und Verbundsystemen<br />
simuliert wurde. Zusätzlich wurde, sofern vorhanden,<br />
die Effektivität antimikrobieller Eigenschaften berücksichtigt<br />
und bewertet.<br />
Der neu entwickelte Aufbau beinhaltet auch eine spezielle<br />
Membran, die – und das ist eine Innovation – als<br />
„Sekretbarriere“ fungiert. Ihre Aufgabe ist es, tiefere<br />
Schichten der Einlage und das Schuhinnere vor dem<br />
Eindringen von Sekreten und Keimen zu schützen.<br />
Reinigungsverfahren<br />
Im Rahmen des Projektes wurde auch ein durch den Träger<br />
anwendbares Reinigungsverfahren entwickelt, das<br />
Keime aller relevanten Keimgruppen in ausreichendem<br />
Maß reduziert. Entscheidend ist dabei, dass die Materialien<br />
bei der Reinigung ihre Form und Funktion bewahren.<br />
Deshalb wurden verschiedene Keimreduktionsverfahren<br />
(Desinfektion, Waschen) untersucht und ihre Wirksamkeit<br />
sowie ihre Auswirkungen auf die Materialbeständigkeit<br />
geprüft. Nach mehrfachen Reinigungsgängen<br />
mit den verschiedenen Verfahren wurde der jeweilige<br />
Verkeimungsgrad bestimmt.
Das Ergebnis ist ein Reinigungsverfahren, das durch simples<br />
Waschen in einem Wäschesäckchen unter Zugabe eines<br />
handelsüblichen Hygienespülers in jeder Haushaltswaschmaschine<br />
im 60-°C-Waschprogramm durchführbar ist.<br />
Probandenstudie<br />
Eine begleitende Probandenstudie unter medizinischer<br />
und orthopädieschuhtechnischer Aufsicht mit<br />
hautsensorischen Prüfungen und Druckmessungen<br />
unterstützte die Optimierung des Einlegesohlen-Verbundsystems<br />
und des Reinigungsverfahrens.<br />
Fazit<br />
Das entwickelte Verbundsystem weist hervorragende<br />
orthopädieschuhtechnische Eigenschaften auf und<br />
bietet darüber hinaus gute Verarbeitungsmöglichkeiten<br />
für den individuellen Aufbau durch Orthopädieschuhmacher.<br />
Die individuelle Einlegesohle kann und soll durch den<br />
Träger mit einem Hygienespüler gewaschen werden.<br />
Die regelmäßige Reinigung der Einlegesohlen ist unverzichtbar,<br />
um das Re-Infektionsrisiko durch Mikroorganismen<br />
und dadurch bedingte Komplikationen zu<br />
minimieren.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Keimzahlen vor (oben) und nach (unten) Reinigung des<br />
Verbundsystems in einer Haushalts- Waschmaschine im<br />
60-°C-Programm unter Zugabe von Hygienespüler<br />
Das Forschungsprojekt ZIM-KU-2515401AK9 wurde<br />
durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie,<br />
Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand<br />
(ZIM) gefördert.<br />
Das vom <strong>PFI</strong> und der Firma Colortex GmbH entwickelte<br />
Produkt Reballance ® wurde im April vom Vertriebspartner<br />
Spannrit Schuhkomponenten GmbH als<br />
Messeneuheit auf der Expolife International in Kassel<br />
vorgestellt.<br />
Das innovative waschbare Einlegesohlen-Verbundsystem<br />
Reballance ®<br />
Weitere Informationen<br />
Diplom-Biologin Michaela Würtz<br />
Telefon: +49 (0)6331 24 90 550<br />
E-Mail: michaela.wuertz@pfi -germany.de<br />
57
58<br />
Newsletter<br />
Innovatives Konzept zur antimikrobiellen Ausrüstung<br />
von Schuhmaterialien<br />
Optimal dosiert: Antimikrobielle<br />
Wirkstoffe bedarfsgerecht<br />
freisetzen<br />
Produkte mit antimikrobieller Ausrüstung werden<br />
von den Verbrauchern gut akzeptiert und sind gut<br />
am Markt etabliert. Antimikrobiell ausrüsten kann<br />
man Produkte gegenwärtig auf zwei Arten: entweder<br />
durch Aufbringen des Wirkstoffes auf die Oberfl äche<br />
oder durch Einbringen in die Kunststoffmatrix. Beide<br />
Methoden sind nicht optimal, weil zu viel Wirkstoff<br />
eingesetzt werden muss. Ideal wäre eine Freisetzung<br />
des Wirkstoffes in Abhängigkeit der Nutzung. Dies<br />
war Gegenstand eines gemeinsamen Forschungsprojektes<br />
des Forschungsinstituts für Leder und Kunststoffbahnen<br />
(FILK)/Freiberg, der Hohensteiner Institute<br />
und des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens<br />
(<strong>PFI</strong>). Ziel war, Kunststoffmembranen mit antimikrobiellen<br />
Wirkstoffdepots zu entwickeln, die den Wirkstoff<br />
zeitnah und verbrauchskontrolliert freisetzen,<br />
und deren Eignung für den Einsatz an Schuhen zu untersuchen.<br />
Schematische Darstellung<br />
der mikroporösen Polymer-Membran<br />
MIKROBIOLOGIE<br />
Antimikrobiell ausgerüstete Produkte fi nden zahlreiche<br />
Anwendungen: in Textilien, Bekleidung und<br />
Fußbodenbelägen, im Bereich von Medizin- und Sanitärprodukten<br />
oder bei Lebensmitteln. Diese Ausrüstungen<br />
sollen den Bewuchs der Produkte durch<br />
Mikroorganismen verhindern sowie Folgen der Anwesenheit<br />
mikrobieller Stoffwechselprodukte so weit wie<br />
möglich eingrenzen. So beugen sie einer Schädigung<br />
der Produkte vor und minimieren die Gefahr der Übertragung<br />
von Krankheitserregern.<br />
Ideale Ausrüstungsart gesucht<br />
Zur Ausrüstung von Polymeren werden gegenwärtig<br />
häufi g auch Metalle, vorwiegend Silber, eingesetzt.<br />
Die Wirkstoffe werden entweder direkt auf die Oberfl<br />
äche aufgebracht oder in die Kunststoffmatrix eingearbeitet.<br />
Beide Verfahren sind nicht optimal:<br />
Nachteil der Oberfl ächenbeschichtung ist, dass der<br />
antimikrobielle Effekt nicht lange anhält, weil die<br />
dünnen Schichten bei mechanischer Beanspruchung<br />
schnell abgetragen werden. Deshalb fi ndet sich<br />
auf der Oberfl äche neuer Artikel eine viel höhere<br />
Wirkstoffkonzentration als für die antimikrobielle<br />
Wirkung notwendig wäre. Die Wirkstoffschicht<br />
wird während des Gebrauchs durch Waschen, Reibung<br />
oder andere Einfl üsse abgetragen. Das führt<br />
zur Minderung der antimikrobiellen Eigenschaften<br />
bis hin zum vollständigen Verlust.
Nachteil der Einbettung der Wirkstoffe und deren<br />
homogene Verteilung im Bulk-Material ist die dauerhafte<br />
Bindung des Wirkstoffs an das Polymermaterial.<br />
Nur ein Bruchteil der Wirkstoffe gelangt<br />
zur Oberfl äche und kann Wirkung entfalten; der<br />
Großteil verbleibt in der Matrix und wird nie aktiv.<br />
Zudem ist meist eine zeitnahe Wirkung nicht<br />
möglich.<br />
In beiden Fällen wird deutlich mehr Wirkstoff eingesetzt<br />
als für den Einsatzzweck eigentlich erforderlich wäre.<br />
Innovatives Denken war daher gefragt: Ziel war die<br />
Entwicklung einer Kunststoffmembran mit antimikrobiellem<br />
Wirkstoffdepot, welches eine zeitnahe,<br />
verbrauchskontrollierte Freisetzung der Wirkstoffe<br />
gewährleistet und welches bei Verknappung der<br />
Oberfl äche an Wirkstoff diesen nachliefert. Ein solches<br />
System verlängert die Lebensdauer der Produkte und<br />
verhindert eine Überdosierung auf der Oberfl äche.<br />
Projektdurchführung<br />
Um die Vorteile beider Ausrüstungsvarianten zu kombinieren,<br />
wurde die Fixierung einer Modellsubstanz in<br />
den Poren einer mikroporösen Kunststoffmatrix sowie<br />
die zeitnahe, gebrauchsgesteuerte Freisetzung des<br />
Wirkstoffes aus dem Depot untersucht.<br />
Als antimikrobieller Wirkstoff wurde Silber verwendet,<br />
und zwar auf Grund seiner Wirkungsweise sowie der<br />
medizinischen Unbedenklichkeit. Silber hat nur ein geringes<br />
allergenes Potential und gilt als ungiftig. Zahlreiche<br />
Studien belegen, dass Silber auf eine Vielzahl<br />
von Mikroorganismen einwirkt, wobei ausschließlich<br />
die Silberionen biologisch wirksam sind.<br />
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme<br />
einer ausgerüsteten Membran im Verbund<br />
mit einem textilen Obermaterial<br />
Diese greifen an mehreren Punkten in der Zelle gleichzeitig<br />
an und schädigen die Zellwand, den Stoffwechsel<br />
sowie die Erbsubstanz. Die Keime zeigen nur geringe<br />
Neigung zur Resistenzbildung gegen Silberionen.<br />
Zudem gibt es bereits Erfahrungen im Bereich der<br />
Kunststoffausrüstung. Silber kann in oberfl ächennahen<br />
Bereichen als metallische Abscheidung über die<br />
Gasphase (Aerosol-, Plasmaverfahren) sowie in Form<br />
von Salzen oder Nanopartikeln aus fl üssigen Medien<br />
nasschemisch (Tauchverfahren) in die Poren appliziert<br />
werden. Die genannten Verfahren unterscheiden sich<br />
hinsichtlich der Ausrüstung des Porensystems und somit<br />
auch hinsichtlich des Wirkstoffdepots und wurden<br />
daher in unabhängigen Testreihen untersucht.<br />
Um die Wirkstoffmenge trotz des Abtragens während<br />
des Gebrauchs auf gleichem Niveau zu halten, muss<br />
der Wirkstoff, in diesem Fall also die Silberionen, ungehindert<br />
aus dem Depot zur Oberfl äche nachdiffundieren<br />
können. Die Diffusion soll zum einen konzentrationskontrolliert<br />
stattfi nden, zum anderen kann die<br />
Diffusion an Stellen, die mechanisch belastet werden,<br />
beschleunigt werden. Für den Einsatz solcher antimikrobiellen<br />
Membranen in Materialverbund-Systemen<br />
eignen sich daher vor allem der Schuhunterbau und<br />
Schuheinlagen, besonders an mechanisch hochbelasteten<br />
Stellen wie der Fußsohle. Einwirkung von Feuchte,<br />
die im Schuh in Form von Schweiß gegenwärtig ist, begünstigt<br />
zusätzlich eine Nachlieferung des Wirkstoffes<br />
in Abhängigkeit der Nutzung.<br />
59
60<br />
Newsletter<br />
Innovatives Konzept zur antimikrobiellen Ausrüstung<br />
von Schuhmaterialien<br />
Optimal dosiert: AntimikroAntimikrobielle<br />
Wirkstoffe bedarfsgerecht<br />
freisetzen<br />
Der Projektpartner FILK entwickelte mikroporöse Polymer-Membranen,<br />
in deren Poren der Wirkstoff eingebracht<br />
wurde. Als Voraussetzung für den Einsatz<br />
im hautnahen Bereich wurde die Biokompatibilität an<br />
den Hohensteiner Instituten untersucht.<br />
Parallel dazu testete das <strong>PFI</strong> die Membranen und entsprechende<br />
Verbundsysteme auf ihre mechanische<br />
Eignung für den Einsatz am Schuh und untersuchte<br />
den optimalen Verbundaufbau. Die gewonnenen Erkenntnisse<br />
fl ossen wiederum in die Entwicklung der<br />
Membran als auch in die Verarbeitung einer solchen<br />
Membran in Einlegesohlen ein.<br />
Zusätzlich untersuchte und bewertete das <strong>PFI</strong> mit Hilfe<br />
von Tragesimulationen die Abhängigkeit der antimikrobiellen<br />
Wirksamkeit von der Zusammensetzung der<br />
unterschiedlichen Membranen, von unterschiedlichen<br />
Ausrüstungsarten, von der Wirkstoffkonzentration,<br />
von Depotwirkung sowie Diffusionsvorgängen und<br />
Wirkstoffmobilisierung unmittelbar im Anschluss an<br />
unterschiedliche mechanische Belastung (Druck-, Biege-<br />
bzw. Scheuerbelastung).<br />
Darstellung des Versuchsaufbaus<br />
zur Druck-Biege-Beanspruchung<br />
MIKROBIOLOGIE<br />
Ergebnisse<br />
Die entwickelten Membranen zeigen gute Verteilung<br />
des Wirkstoffes in der Matrix bei nasschemischer Ausrüstung,<br />
sind zytotoxisch unbedenklich (sie schädigen<br />
also keine Gewebezellen) und weisen auch bei relativ<br />
geringer Konzentration signifi kante antibakterielle<br />
Wirksamkeit auf.<br />
Es konnte nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff<br />
Silber in den Poren fi xiert werden kann und eine Korrelation<br />
von Gesamtsilbergehalt, Freisetzung von Silberionen<br />
und antimikrobieller Wirksamkeit besteht.<br />
Die Dauerhaftigkeit der Wirkung wurde nach Waschversuchen<br />
an entsprechenden Verbundsystemen bestätigt.<br />
Vorteil der Belegung der inneren Porenoberfl äche ist<br />
die Möglichkeit einer zeitnahen Mobilisierung der<br />
Wirkstoffbestandteile, vergleichbar mit dem direkten<br />
Auftrag auf der Oberfl äche, bei gleichzeitigem Schutz<br />
vor äußeren Einfl üssen und damit verbunden einem<br />
vorzeitigem Wirkstoffverlust. Dieser Effekt kann durch<br />
Verengen der Poren beziehungsweise der Porenkanäle<br />
noch verstärkt werden.<br />
Die hergestellten Membranen können unter Verwendung<br />
eines Polyurethanklebstoffs mit Textilien zu Einlegesohlen<br />
verarbeitet werden. Sinnvoll ist die Verwendung<br />
eines Vlieses als fußabgewandte Unterseite,<br />
sowie eines offenstrukturierten Mesh-Materials als<br />
Oberschicht, das gute Wirksamkeit an der Oberseite<br />
des Verbundes gewährleistet.
01.2013<br />
Magazin des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens e. V.<br />
Unter- und Oberseite von beispielhaften Einlegesohlen<br />
für Tragesimulations-Untersuchungen<br />
Es konnte nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff<br />
bei nachlassender Konzentration an der Oberfl äche<br />
Anwendungsgebiete<br />
problemlos nachdiffundiert. Außerdem bewirkt – wie Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens eröffnen den<br />
gewünscht – mechanische Druck- und Biegebeanspru- Herstellern von Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuchung<br />
eine verstärkte Freisetzung von Wirkstoffen. hen die Entwicklung neuer hochwertiger Produkte.<br />
Zusätzlich konnte eine dauerhafte antimikrobielle Pastenverarbeiter können antimikrobielle Folien mit<br />
Ausrüstung mit zeitnaher und verbrauchskontrollier- Depotwirkung auf in der Branche üblichen Streichanter<br />
Wirkstofffreisetzung sowie ausreichende antimikrobielle<br />
Wirksamkeit gegenüber sowohl gram-positiven<br />
lagen herstellen.<br />
(Staphylococcus aureus) als auch gram-negativen Bak- Auf Grund der sehr vielseitigen Anwendungsmöglichterien<br />
(Klebsiella pneumoniae, Escherichia coli) erzielt keiten antimikrobieller Membranen können Märkte in<br />
werden.<br />
den Bereichen Schuhe (Sport-, Arbeits- und Orthopädie-Schuhe)<br />
und Bekleidung erschlossen werden, aber<br />
Diese Eigenschaft qualifi ziert die Verbundmaterialien auch andere Anwendungsfelder wie medizinische<br />
unter anderem für den Einsatz an Schuhen, und zwar Pfl ege- und Hilfsmittel (Bandagen, Produkte für Aller-<br />
insbesondere als Einlegesohlen, weil gerade im Begiker, spezielle Schuheinlagen für Diabetiker, Bettaufreich<br />
der Ferse und der Ballen hohe mechanische Belagen etc.) beziehungsweise in den Bereichen Hygiene<br />
lastungen auftreten.<br />
und Krankenhaus.<br />
Das Forschungsprojekt AiF 16446 BG wurde über die<br />
Arbeitsgemeinschaft Industrie Forschung vom Bundesministerium<br />
für Wirtschaft und Technologie gefördert.<br />
Kontakt<br />
Diplom Biologin Michaela Würtz<br />
Telefon: +49 (0)6331 2490550<br />
E-Mail: michaela.wuertz@pfi -germany.de<br />
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62<br />
Newsletter<br />
NACHRICHTEN<br />
Schwerpunkt “Social Responsibility“<br />
UITIC-Kongress 2013<br />
in Guangzhou<br />
Unter dem Titel "Social Responsibility: A Challenge<br />
for the Footwear Industry" veranstaltet die UITIC vom<br />
13. bis 16. November 2013 in Guangzhou / Dungguan<br />
(China) einen Kongress für Schuhtechniker.<br />
Die UITIC (International Union of Shoe Industry Technicians)<br />
organisiert diesen internationalen Fachkongress<br />
2013 bereits zum 18. Mal. Co-Organisator im Gastgeberland<br />
ist diesmal der Verband der chinesischen Lederindustrie<br />
CLIA (China Leather Industry Association).<br />
Die letzten Kongresse hatten 2010 in Mexiko, 2008 in<br />
Spanien und 2005 in Tunesien stattgefunden.<br />
Stichtag zum Einreichen von Referatsvorschlägen zum<br />
Schwerpunkt "Social Responsibility: A Challenge for<br />
the Footwear Industry" war der 15. Mai 2013. Bis zum<br />
1. Juli erhalten die Bewerber Bescheid, ob ihr Referat<br />
ins Programm aufgenommen wird. Das Programm<br />
wird dann auch auf der UITIC-Website abrufbar sein.<br />
Weitere Informationen und Anmeldung<br />
UITIC Sekretariat<br />
Mrs. Françoise Nicolas<br />
CTC 4, Rue Hermann Frenkel<br />
69367 Lyon Cedex 07 - France<br />
Telefon: +33 (0)4 72 76 10 03<br />
Telefax: +33 (0)4 72 76 10 01<br />
E-Mail: uitic@uitic.org<br />
Web: www.uitic.org<br />
oder<br />
Dipl.-Ing. (FH) Uwe Thamm<br />
Mitglied des UITIC-Vorstands<br />
International Shoe Competence Center Pirmasens gGmbH<br />
Telefon: +49 (0)6331 145334 0<br />
E-Mail: uwe.thamm@isc-germany.com<br />
Web: www.isc-germany.com