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Heilen mit Klängen - a-p-p.ch

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GESUNDHEIT<br />

12 Natürli<strong>ch</strong> | 1-2004<br />

Musiktherapie<br />

Musik am Sterbebett<br />

Grundsätzli<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>eidet man zwis<strong>ch</strong>en<br />

der aktiven Musiktherapie, bei<br />

der ein Patient selber spielt bzw. frei<br />

improvisiert, und der rezeptiven Musiktherapie,<br />

bei der Musik auf einem Instrument<br />

oder vom Tonträger vorgespielt<br />

wird. Letztere geniesst in der Sterbebegleitung<br />

eine besondere Bedeutung, wie<br />

Monika Renz erfahren hat. Als Leiterin<br />

der Psy<strong>ch</strong>oonkologie am Kantonsspital<br />

St.Gallen begleitete sie s<strong>ch</strong>werkranke Patienten<br />

u. a. auf «Klangreisen», bei denen<br />

sie selbst Leier, Harfe und Mono<strong>ch</strong>ord<br />

spielte. Sie durfte dabei erfahren, dass<br />

Musik S<strong>ch</strong>merzen lindert, die Gelöstheit<br />

fördert und das Eins<strong>ch</strong>lafen bzw. Loslassen<br />

erlei<strong>ch</strong>tert. «Musik errei<strong>ch</strong>t das Unerrei<strong>ch</strong>bare<br />

im Mens<strong>ch</strong>en, das narzistis<strong>ch</strong><br />

Gehütete und Gefangene, das Depressive<br />

und Abgespaltene», erklärt die 42-Jährige.<br />

«Man<strong>ch</strong>em Sterbenden ver<strong>mit</strong>telt sie<br />

zudem eine tiefe, spirituelle Erfahrung.»<br />

Was da<strong>mit</strong> zusammenhängen mag, dass<br />

si<strong>ch</strong> der Mens<strong>ch</strong> in leidvollen Grenzsituationen<br />

am stärksten über das Ohr orientiert<br />

und dass der Gehörsinn in der Regel<br />

als letzter der physis<strong>ch</strong>en Sinne erlis<strong>ch</strong>t.<br />

Obertöne, ein natürli<strong>ch</strong>es Phänomen<br />

Stellen Sie si<strong>ch</strong> vor, Sie s<strong>ch</strong>lagen auf einem<br />

Klavier einen Ton an, zum Beispiel ein C.<br />

Dieses C s<strong>ch</strong>wingt 262-mal in der Sekunde.<br />

Au<strong>ch</strong> wenn Sie nur diese eine Taste an-<br />

s<strong>ch</strong>lagen, erklingen neben dem Grundton<br />

viele weitere Töne – die so genannten<br />

Obertöne.<br />

Obertöne sind wi<strong>ch</strong>tig für die Klangfarbe.<br />

Die Wirkung<br />

von Musikinstrumenten<br />

Musiktherapeuten verwenden eine Vielzahl<br />

von Instrumenten. Bereits eine dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong><br />

grosse Praxis ist <strong>mit</strong> rund<br />

60 Instrumenten ausgestattet, in der<br />

musiktherapeutis<strong>ch</strong>en Abteilung einer<br />

Klinik kann diese Zahl ras<strong>ch</strong> auf 100<br />

Klangwerkzeuge vers<strong>ch</strong>iedenster Gattungen<br />

ansteigen – inklusive Tasteninstrumente<br />

(Klavier, Handorgel, Hackbrett),<br />

Perkussionsinstrumente (z.-B. Trommel,<br />

Pauke, S<strong>ch</strong>lagzeug), Strei<strong>ch</strong>instrumente<br />

(Geige, Cello u.a.) und Blasinstrumente<br />

(Blockflöte, Panflöte usw.)<br />

Viele Therapeutinnen und Therapeuten<br />

s<strong>ch</strong>reiben den vers<strong>ch</strong>iedenen Instrumenten<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Heilwirkungen<br />

zu. So wirken laut Johanna von S<strong>ch</strong>ulz<br />

Blasinstrumente eher auf die Kopfregion,<br />

das Denken und die Wahrnehmung, Strei<strong>ch</strong>-<br />

und Zupfinstrumente mehr auf die<br />

Körper<strong>mit</strong>te – Atmung, Kreislauf, Fühlen,<br />

Sensorik –, während S<strong>ch</strong>lagwerk stärker<br />

in die Glieder geht, also das Wollen und<br />

die Motorik beeinflusst.<br />

Au<strong>ch</strong> die anthroposophis<strong>ch</strong>e Musiktherapie<br />

ordnet die Instrumente aufgrund<br />

ihrer spezifis<strong>ch</strong>en, heilenden Wirkung<br />

bestimmten Organen, Körperregionen<br />

Sie-färben die einzelnen Töne und verleihen<br />

ihnen Eigenart. Dank den Obertönen können<br />

wir eine Trompete von einem Klavier und ein<br />

Klavier von einer Geige unters<strong>ch</strong>eiden. Filtert<br />

man die Obertöne im Tonstudio elektronis<strong>ch</strong><br />

heraus, tönen alle Instrumente glei<strong>ch</strong>, egal<br />

ob-Trompete, Klavier oder Geige.<br />

Bei man<strong>ch</strong>en Musikinstrumenten treten die<br />

<strong>mit</strong>s<strong>ch</strong>wingenden Obertöne stärker hervor<br />

als-bei anderen, zum Beispiel beim Did-<br />

geridoo, beim Mono<strong>ch</strong>ord und bei diversen<br />

Obertonflöten (z.-B. der slowakis<strong>ch</strong>en Fujara).<br />

Au<strong>ch</strong> die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Stimme erzeugt<br />

bei jedem Ton Obertöne, die der Stimme<br />

Individualität verleihen. In den Steppen<br />

Zentralasiens nutzen S<strong>ch</strong>amanen einen spe-<br />

ziellen Obertongesang, den mongolis<strong>ch</strong>en<br />

«Choomii», seit alters für ihre Trancereisen<br />

und Heilrituale. Choomii-Gesang, bei dem bis<br />

zu 4 Obertonmelodien glei<strong>ch</strong>zeitig erklingen,<br />

gilt als heilig und heilend.<br />

Foto: Jerry Gross<br />

und seelis<strong>ch</strong>en Leiden zu. Die anthroposophis<strong>ch</strong>e<br />

Therapeutin Susanne Reinhold<br />

z. B. setzt Naturtonflöten bei bestimmten<br />

Atembes<strong>ch</strong>werden ein, das Krummhorn<br />

bei Depressionen und niedrigem Blutdruck,<br />

den gestri<strong>ch</strong>enen Sopran-Psalter<br />

bei <strong>ch</strong>ronis<strong>ch</strong>en Entzündungen der<br />

Nasennebenhöhlen und die Leier bei<br />

S<strong>ch</strong>merzzuständen und Verkrampfungen.<br />

Zu den «Markenzei<strong>ch</strong>en» anthroposophis<strong>ch</strong>er<br />

Therapeuten gehört au<strong>ch</strong>,<br />

dass sie den Einsatz von elektronis<strong>ch</strong>er<br />

Musik ablehnen, während E-Musik und<br />

Musikkonserven (z.--B. Heavy metal,<br />

Punk, Hardrock usw.) andernorts ganz<br />

selbstverständli<strong>ch</strong> zum Zug kommen,<br />

etwa in der Su<strong>ch</strong>tarbeit <strong>mit</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en.<br />

Viele Musiktherapeuten arbeiten zudem<br />

<strong>mit</strong> Gesang – hier wird die Stimme des<br />

Patienten zum Instrument.<br />

Ein esoteris<strong>ch</strong>es Tummelfeld<br />

Was klangtherapeutis<strong>ch</strong>e Experimente<br />

betrifft, geniessen esoteris<strong>ch</strong>e Klangheiler<br />

die grössten Freiräume. Da gibt es «obertonrei<strong>ch</strong>e<br />

Klangliegen und -wiegen»,<br />

«Klangstühle» und «Sound Tubes», die<br />

darum wetteifern, den Klang mögli<strong>ch</strong>st<br />

direkt und intensiv auf den Behandelten<br />

wirken zu lassen. Und immer stärker

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