MEIN GESUNDES MAGAZIN - Arbeitskreis Gesundheit eV
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GUT INFORMIERT<br />
Abgase gesundheitsschädlicher<br />
als vermutet<br />
Wie giftige und allergieauslösende<br />
Stoffe in unserer Luft entstehen, wird<br />
dank neuer Erkenntnisse von<br />
Forschern aus Deutschland und der<br />
Schweiz nun klarer. Abgase und<br />
Sauerstoff spielen vermutlich eine<br />
wichtigere Rolle als bisher vermutet.<br />
Je mehr Ozon und Stickoxide durch Industrie-<br />
und Autoabgase entstehen, desto häufiger<br />
wandeln sie Eiweißstoffe, zum Beispiel<br />
aus Birkenpollen, chemisch um. „Das<br />
reizt unser Immunsystem – wir vermuten,<br />
dass die Zunahme der Allergien in Industrieländern<br />
genau mit diesen Reaktionen<br />
zusammenhängt“, sagt Ulrich Pöschl, Leiter<br />
der Aerosol-Forschungsgruppe am<br />
10<br />
<strong>MEIN</strong> <strong>GESUNDES</strong> <strong>MAGAZIN</strong><br />
Mainzer Max-Planck-Institut (MPI). Wenn<br />
sich dieser Verdacht bestätigt, wäre die<br />
menschliche <strong>Gesundheit</strong><br />
durch Abgase stärker gefährdet<br />
als bisher vermutet.<br />
Der Hintergrund: Sauerstoff<br />
entsteht über<br />
verschiedene chemische<br />
Schritte, so vermuten Wissenschaftler.<br />
Allerdings gingen<br />
sie bisher davon aus,<br />
dass sich die Stoffe aus<br />
diesen Zwischenschritten<br />
wegen ihrer Kurzlebigkeit<br />
kaum auf die Atemluft auswirken.<br />
Dass diese Annahme<br />
falsch ist, belegten jetzt<br />
Den Grundstein für umweltpolitisches Denken in Deutschland legte<br />
Willy Brandt schon 1961 in einer Rede mit seiner Forderung: „Der<br />
Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“.<br />
Damit rückte Brandt – lange bevor es die Begriffe Umweltschutz oder<br />
Umweltpolitik gab – ein regionales und bis dahin vernachlässigtes Problem<br />
ins Blickfeld gesellschaftspolitischer Debatten. Er machte aufmerksam<br />
auf die Schattenseiten des deutschen Wirtschaftswunders:<br />
Zwar waren die rauchenden Schornsteine ein Garant für Wohlstand,<br />
die ungefilterten Industrieabgase belasteten jedoch zunehmend die <strong>Gesundheit</strong> und das Wohlbefinden<br />
vieler Menschen im Ruhrgebiet.<br />
Seit den 1970er Jahren sorgen eine Reihe von Gesetzen wie das Benzin-Blei-Gesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
oder Verwaltungsvorschriften wie die Technische Anleitung Luft<br />
und die Großfeuerungsanlagen-Verordnung dafür, die Umweltbelastungen durch technische<br />
Lösungen zu verringern oder zu beseitigen.<br />
Quelle: Bundesarchiv<br />
Willy Brandt: Vordenker in<br />
Sachen Umweltpolitik<br />
Quelle: Fotolia<br />
� Bei der Verbrennung von Dieselkraftstoff entstehen<br />
gesundheitsschädliche Rußpartikel. Die<br />
Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass<br />
allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen<br />
infolge der Feinstaubbelastungen vorzeitig sterben.<br />
Forscher des Mainzer MPI in Kooperation<br />
mit Wissenschaftlern vom Paul-Scherrer-<br />
Institut in Villigen, Schweiz. Sie haben<br />
erstmals auf der Oberfläche von in der<br />
Luft schwebenden Teilchen, so genannten<br />
Aerosolen, langlebige reaktionsfähige<br />
Sauerstoffzwischenformen nachgewiesen.<br />
Diese Sauerstoffzwischenformen<br />
überleben dort fast zwei Minuten – viel<br />
länger als erwartet. In dieser Zeit reagieren<br />
sie mit anderen Luftschadstoffen. Dadurch<br />
werden beispielsweise Rußpartikel<br />
noch giftiger. Auch die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass bestimmte Pollen eine Allergie<br />
auslösen, steigt.<br />
Möglicherweise erklären die Sauerstoffzwischenformen<br />
auch einige direkte gesundheitsschädliche<br />
Folgen von Dieselabgasen<br />
und Tabakrauch: Die Oberfläche<br />
von Ruß- und Rauchpartikel reagiert leicht<br />
� Birkenpollen mit allergieauslösendem<br />
Potenzial. Die Färbung zeigt Unterschiede in der<br />
chemischen Zusammensetzung der Pollenkörner,<br />
die im Inneren und an der Oberfläche allergieauslösende<br />
Eiweißstoffe enthalten können.<br />
Überlagerung einer mikroskopischen Fluoreszenz-<br />
und Hellfeldaufnahme.<br />
mit Ozon und bildet die langlebigen Sauerstoffzwischenformen.<br />
Werden die Partikel<br />
dann eingeatmet, greifen sie direkt<br />
in die normalen körperlichen Abläufe in<br />
der menschlichen Lunge und in anderen<br />
Organen ein.<br />
Die Mainzer bleiben am Ball: Um die Effekte<br />
der Sauerstoffformen genauer zu<br />
untersuchen, werden sie weitere Experimente<br />
und umfangreiche Berechnungen<br />
vornehmen.<br />
Quelle: Ch. Pöhlker, MPI für Chemie