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Selektive dorsale Rhizotomie - Arbeitskreis Kunstfehler in der ...

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Nr. 43 - Februar 2009<br />

weiterleben<br />

Zeitschrift des „<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe“ e. V.<br />

Ludwigstr. 16 44135 Dortmund Telefon 0231 - 525859 Fax 0231 - 526048 e-Mail AKGeV@web.de<br />

www:arbeitskreis-kunstfehler-geburtshilfe.de<br />

Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz-Tag 2008<br />

Seite 41<br />

Delph<strong>in</strong>therapie<br />

Seite 21<br />

Musiktherapie<br />

Seite 16<br />

Mitglied <strong>der</strong><br />

Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

SELBSTHILFE<br />

Mitglied im<br />

Aus dem Inhalt:<br />

Leistungen:<br />

Pflegeversicherung<br />

Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrecht<br />

- mit etlichen<br />

Formularen<br />

Seite 5<br />

Unterhaltsaufwand:<br />

Schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />

geborenes K<strong>in</strong>d<br />

Seite 10<br />

Operation:<br />

Übermäßiger<br />

Speichelfluss<br />

Seite 20<br />

Qualitätsreport:<br />

zur deutschen<br />

Geburtshilfe<br />

Seite 23<br />

Geburt:<br />

Unfug im Kreißsaal<br />

Seite 25<br />

Parken verboten:<br />

Freundliche<br />

Er<strong>in</strong>nerung an<br />

Falschparket zum<br />

ausschneiden<br />

Seite 40


Inhalt<br />

3 Editorial<br />

3 Nachrichten aus <strong>der</strong> Geschäfftsstelle<br />

3 Neue Anschrift?<br />

4 Geschäftsstelle braucht personelle<br />

Verstärkung<br />

4 Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

4 AKG-Vorstand sucht Verstärkung<br />

4 Mithilfe bei Planung von Tagungen<br />

2<br />

Recht<br />

5 Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung und<br />

im Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrecht<br />

6 Übersicht über die Pflegestufen<br />

7 Muster e<strong>in</strong>es Pflegetagebuches<br />

8 Täglicher Hilfebedarf gesun<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

9 Merkzeichen im Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenausweis<br />

10 Zum Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsaufwandes<br />

für e<strong>in</strong> nach fehlerhafter Diagnostik<br />

schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t geborenes K<strong>in</strong>d<br />

13 K<strong>in</strong><strong>der</strong>geldanhebung: höhere Unterhaltsbeiträge<br />

für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

14 Schmerzensgeld<br />

15 Zweiter Therapiestuhl für den<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten<br />

Therapie<br />

16 Musiktherapie mit vielfältigen<br />

Wirkungen<br />

18 <strong>Selektive</strong> <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong><br />

20 Operative Behandlungsmöglichkeit<br />

bei übermäßigem Speichelfluss<br />

21 Therapieerfahrungen mit Eduardo<br />

Bendito<br />

Geburt<br />

23 Qualitätsreport 2007<br />

25 Unfug im Kreißsaal<br />

28 Artikel für die Hebammenzeitschrift:<br />

Der AKG e. V.<br />

Leserbriefe<br />

31 Rollfiets für Felix<br />

32 Ärzte müssen hohes Schmerzensgeld<br />

zahlen<br />

Eltern berichten<br />

33 Julian - e<strong>in</strong> Erfahrungsbericht<br />

34 Fahrtkosten für e<strong>in</strong> beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes K<strong>in</strong>d<br />

als außergewöhnliche Belastung<br />

35 Kle<strong>in</strong>er Löwe, grosser Kämpfer …<br />

E<strong>in</strong>ladung<br />

37 Jubiläumsfeier <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>: 50 Jahre BV<br />

für körper- und mehrfachbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te<br />

Menschen e.V.<br />

39 Beitrittserklärung<br />

40 Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten-Parkplatz<br />

AKG regional<br />

41 AKG auf dem Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz-Tag 2008<br />

41 Malwettbewerb: „Me<strong>in</strong> schönstes<br />

Erlebnis“<br />

Er<strong>in</strong>nerung<br />

42 Dr. Horst Wünsche verstorben<br />

43 Der AKG: Namen, Anschriften, Zeiten


Liebe Mitglie<strong>der</strong> und Freunde des AKG, liebe Eltern<br />

vor Ihnen liegt die neue Ausgabe unserer Vere<strong>in</strong>szeitschrift<br />

„weiterleben“. Der Vorstand und natürlich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die Geschäftsstelle haben sich erneut e<strong>in</strong>ige<br />

Mühe gemacht, für Sie <strong>in</strong>teressante Aufsätze, Berichte<br />

und Informationen zusammenzutragen.<br />

So s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem „weiterleben“ speziell e<strong>in</strong>ige Aufsätze<br />

über „Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung“ und „Ersatz<br />

des Unterhaltsaufwandes für e<strong>in</strong> schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes<br />

K<strong>in</strong>d“.<br />

Wie bereits im letzten Infoblatt angekündigt, habe ich<br />

Ihnen e<strong>in</strong>ige Informationen über den Qualitätsreport 2007<br />

<strong>der</strong> Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung im Bereich<br />

<strong>der</strong> Geburtshilfe zusammengefasst.<br />

Nachrichten aus <strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />

Liebe Mitglie<strong>der</strong> und Freunde des AKG e. V.,<br />

In diesem Jahr wird turnusgemäss <strong>der</strong> AKG-Vorstand neu<br />

gewählt. Es ist wichtig, dass recht viele Mitglie<strong>der</strong> an <strong>der</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong>versammlung teilnehmen, denn: Die Mitglie<strong>der</strong><br />

bestimmen die Geschicke des Vere<strong>in</strong>s. Wir freuen<br />

uns auf e<strong>in</strong>e rege Teilnahme.<br />

E<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>szeitschrift lebt, ebenso wie <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong> selbst,<br />

auch von <strong>der</strong> aktiven Mitarbeit se<strong>in</strong>er Mitglie<strong>der</strong>. Schikken<br />

Sie uns doch aus diesem Grunde bitte e<strong>in</strong>mal Ihre<br />

Falldarstellung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Leserbrief o<strong>der</strong> was auch immer<br />

Sie bewegt zur Veröffentlichung. Wir freuen uns über<br />

Anregungen und Vorschläge, aber auch über Kritik denken<br />

wir nach und können dadurch vielleicht unsere Arbeit<br />

verbessern.<br />

Bitte schicken Sie uns doch auch Ihre Gutachten, Urteile<br />

o<strong>der</strong> Vergleiche. Gerne können Sie die Daten/<br />

Namen e<strong>in</strong>schwärzen. Uns <strong>in</strong>teressieren nur die Fakten,<br />

die wir dann dokumentieren können.<br />

Rufen Sie uns an, wenn Sie Fragen o<strong>der</strong> Hilfen benötigen.<br />

Gerne können Sie sich auch an e<strong>in</strong> Vorstandsmitglied<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Kontaktperson (alle Adressen <strong>in</strong> diesem<br />

Heft) wenden. Oft können wir nicht sofort erschöpfend<br />

Auskunft geben o<strong>der</strong> helfen, daher bitten wir um Verständnis,<br />

wenn unsere Antworten e<strong>in</strong>ige Tage auf sich<br />

warten lassen. In diesen Fällen müssen wir uns erst selbst<br />

„schlau machen“.<br />

Im letzten AKG-Info-Brief vom Oktober 2008 wurde die<br />

operative Behandlungsmethode für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit<br />

übermäßigem Speichelfluss erwähnt. Ebenso e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis<br />

zu e<strong>in</strong>em Urteil, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> Oberste Gerichtshof <strong>in</strong><br />

Editorial<br />

Auch f<strong>in</strong>den Sie e<strong>in</strong>e aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts<br />

Stuttgart, welches nunmehr erstmals im<br />

Fall e<strong>in</strong>es geburtsgeschädigten K<strong>in</strong>des e<strong>in</strong> Schmerzensgeldkapitalbetrag<br />

<strong>in</strong> Höhe von 500.000 Euro zugesprochen<br />

hat.<br />

Der Vorstand des AKG und die Geschäftsstelle wünschen<br />

Ihnen viel Spaß bei <strong>der</strong> Lektüre und wünschen Ihnen für<br />

das weitere Jahr 2009 alles Gute.<br />

Ihr<br />

Dr. Roland Uphoff<br />

1. Vorsitzen<strong>der</strong><br />

P.S.: Für Ideen, Kritik und Anregungen s<strong>in</strong>d wir natürlich<br />

je<strong>der</strong>zeit dankbar.<br />

Österreich den Eltern e<strong>in</strong>es beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>des dessen<br />

gesamten Unterhalt, rückwirkend seit <strong>der</strong> Geburt, zugesprochen<br />

hat, weil beim Organscreen<strong>in</strong>g des Embyos<br />

die Anzeichen auf e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von den Ärzten im<br />

Krankenhaus übersehen worden waren usw. Zu beiden<br />

Themen f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> diesem Heft ausführliche Stellungnahmen:<br />

Zum übermäßigen Speichelfluss hat Gerd<br />

Schmidt geschrieben und zu dem juristischen Punkt berichtet<br />

ausführlich Rechtsanwält<strong>in</strong> Dr. Marlies Br<strong>in</strong>kmann.<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g<br />

Geschäftsstelle<br />

Neue Anschrift ?<br />

Bitte teilen Sie Ihre neue Anschrift mit, wenn Sie umgezogen<br />

s<strong>in</strong>d und wenn sich Ihre Kontoverb<strong>in</strong>dung geän<strong>der</strong>t<br />

hat, dann teilen Sie uns doch bitte auch die neue<br />

Bankverb<strong>in</strong>dung mit. Vielen Dank für Ihr Verständnis!<br />

www.arbeitskreiskunstfehlergeburtshilfe.de<br />

33


Nachrichten aus <strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />

Die Geschäftsstelle <strong>in</strong> Dortmund braucht personelle Verstärkung<br />

Wir wollen es nicht unversucht lassen, zunächst unter<br />

unseren Mitglie<strong>der</strong>n zu suchen.<br />

Nachfolgend nun die Stellenausschreibung:<br />

Am 1. Juli 2010 b<strong>in</strong> ich 25 Jahre beim AKG, wenn alles<br />

gut geht. Wenn me<strong>in</strong>e Gesundheit und die F<strong>in</strong>anzen<br />

des AKG günstig s<strong>in</strong>d, so werde ich noch ungefähr fünf<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong> gesucht<br />

Mitglie<strong>der</strong>versammlung 2009<br />

Die diesjährige Mitglie<strong>der</strong>versammlung f<strong>in</strong>det am Samstag,<br />

den 6. Juni 2009 <strong>in</strong> Dortmund statt. In diesem Jahr<br />

stehen Vorstandsneuwahlen an.<br />

Wir haben e<strong>in</strong> Kurzreferat und Diskussion zum Thema:<br />

Muss ich von dem erstrittenen<br />

Schmerzensgeld und Schadenersatz<br />

Geld an den Landschaftsverband<br />

zurückzahlen?<br />

Die endgültige E<strong>in</strong>ladung zur Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

werden Sie satzungsgemäß 6 Wochen vor dem Term<strong>in</strong><br />

erhalten.<br />

Wir würden uns freuen, wenn Sie aber schon vorab signalisieren<br />

würden, ob Sie zu diesem Term<strong>in</strong> nach Dortmund<br />

kommen wollen o<strong>der</strong> ob Sie e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Thema<br />

mehr o<strong>der</strong> auch <strong>in</strong>teressieren würde. Bitte nennen Sie<br />

uns dann Ihr Thema und Ihre Fragen.<br />

4<br />

Jahre hier arbeiten können, falls nicht noch an<strong>der</strong>e<br />

negative Faktoren h<strong>in</strong>zukommen, die das nicht zulassen.<br />

Der Arbeitsplatz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschäftsstelle wäre also auf<br />

längere Zeit entwicklungsfähig!<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g, Geschäftsstelle<br />

zunächst für e<strong>in</strong>ige Stunden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Woche, aber auch als Urlaubsvertretung etc. Diese Mitarbeiter<strong>in</strong> sollte<br />

sich mit <strong>der</strong> Verwaltungsarbeit auskennen und PC-Kenntnisse mit den üblichen Programmen wie Word,<br />

Excel u. a. müssen vorhanden se<strong>in</strong>. Alles weitere kann man lernen.<br />

Freude an <strong>der</strong> Arbeit, Flexibilität, Lust auf e<strong>in</strong> neues Aufgabengebiet, Zuverlässigkeit werden vorausgesetzt.<br />

Me<strong>in</strong>e neue Kolleg<strong>in</strong> sollte e<strong>in</strong> gewisses Mass an Belastungsfähigkeit (auch emotionaler Art) mitbr<strong>in</strong>gen.<br />

E<strong>in</strong>e sechsmonatige Probezeit ist geplant.<br />

Die Stelle ist ausbaufähig und geeignet für e<strong>in</strong>e Frau, die die Familienplanung bereits abgeschlossen hat<br />

und später eventuell wie<strong>der</strong> voll arbeiten möchte, wenn die K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus dem Gröbsten heraus s<strong>in</strong>d.<br />

Gibt es unter unseren Mitglie<strong>der</strong>n im Grossraum Dortmund so e<strong>in</strong>e Interessent<strong>in</strong> o<strong>der</strong> haben Sie so e<strong>in</strong>e<br />

potentielle Mitarbeiter<strong>in</strong> eventuell <strong>in</strong> Ihrem Bekanntenkreis<br />

AKG e. V. - Marlis Meierl<strong>in</strong>g<br />

Der AKG-Vorstand sucht Verstärkung!<br />

Könnten Sie sich vorstellen, als Vorstandsmitglied im<br />

AKG mitzuarbeiten?<br />

Bitte melden Sie sich bei uns, beson<strong>der</strong>s wenn Sie <strong>in</strong><br />

den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n wohnen.<br />

Wer hilft bei Tagung <strong>in</strong> Dresden ?<br />

Welches Mitglied wäre bereit, mit uns zusammen e<strong>in</strong>e<br />

kle<strong>in</strong>e Tagung/Elterntreffen <strong>in</strong> Dresden o<strong>der</strong> auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

an<strong>der</strong>en größeren Stadt <strong>der</strong> neuen Bundeslän<strong>der</strong> zu<br />

organisieren?<br />

Diese Bitte gilt selbstverständlich auch für AKG-Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> den alten Bundeslän<strong>der</strong>n!<br />

Sie hätten lediglich für e<strong>in</strong>en Tagungsraum vor Ort zu<br />

sorgen, E<strong>in</strong>ladungen und Programm werden von <strong>der</strong><br />

Geschäftsstelle aus erledigt!<br />

Wir freuen uns über Vorschläge!<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g (0231 - 525872)


Recht<br />

Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung und im Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrecht<br />

Vortrag im Rahmen des letzten AKG-Treffens <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> sowie <strong>der</strong>en Verfahrensgang<br />

Rechtsanwält<strong>in</strong> Annett Kaiser, Halle/Saale, Mitglied des juristischen Beirats des AKG e. V.<br />

1. Leistungen <strong>der</strong> Pflegeversicherung<br />

Verfahren bei <strong>der</strong> Pflegekasse<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Pflegeversicherung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

das Pflegegeld und die Pflegehilfsmittel sowie auch die<br />

Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungspflege die für Sie relevanten Leistungen,<br />

um Ihnen die tägliche Pflege Ihres beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>des<br />

zu erleichtern. Vor allem aber das Pflegegeld ist die für<br />

Sie maßgebliche Leistung, wenn Sie Ihr beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes K<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> häuslichen Umgebung pflegen und betreuen.<br />

Für alle Leistungen, ebenso wie für das Pflegegeld, ist<br />

e<strong>in</strong> Antrag Ihrerseits erfor<strong>der</strong>lich, <strong>der</strong> bereits mit ärztlichen<br />

Befundberichten, Gutachten aus an<strong>der</strong>en Verfahren<br />

o<strong>der</strong> Attesten verbunden werden kann. S<strong>in</strong>nvollerweise<br />

fügt man diesem Pflegegeldantrag auch e<strong>in</strong> sog.<br />

Pflegetagebuch (siehe Anlage 1) bei. In diesem Pflegetagebuch<br />

sollten Sie den tatsächlich jeden Tag <strong>in</strong> den<br />

Verrichtungen <strong>der</strong> Grundpflege anfallenden Hilfeaufwand<br />

bei Ihrem K<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>utiös erfassen. Hierbei sollten Sie sehr<br />

akribisch und genau vorgehen, um ke<strong>in</strong>en noch so kle<strong>in</strong>en<br />

Hilfebedarf zu vergessen. Oftmals werden <strong>der</strong>artige<br />

Verrichtungen, die z.T. aufgrund jahrelanger Pflege bereits<br />

<strong>in</strong> Fleisch und Blut übergegangen s<strong>in</strong>d und daher<br />

sehr rout<strong>in</strong>iert erfolgen, gar nicht mit als Hilfeaufwand<br />

aufgeführt.<br />

Ist <strong>der</strong> Antrag mit allen Unterlagen vollständig, sollten<br />

Sie diesen zügig bei <strong>der</strong> für Sie zuständigen Pflegekasse<br />

Ihrer Krankenkasse e<strong>in</strong>reichen.<br />

Üblicherweise erfolgt danach e<strong>in</strong>e kurze E<strong>in</strong>gangsmitteilung<br />

von dort und gleichzeitig die Mitteilung, dass<br />

zur näheren Begutachtung des tatsächlichen Pflegeaufwandes<br />

<strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>ische Dienst <strong>der</strong> Krankenkassen<br />

(MDK) zu e<strong>in</strong>em Hausbesuch zu Ihnen kommt. Anlässlich<br />

des Hausbesuches, von dem man nicht zu viel erwarten<br />

sollte, fragt <strong>der</strong> Gutachter den Krankheits- bzw. Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsverlauf<br />

sowie den gegenwärtigen Status bei Ihrem<br />

K<strong>in</strong>d ab und schätzt dann nach eigener Wahrnehmung<br />

den tatsächlichen Hilfeaufwand bei Ihrem K<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Tabelle, ähnlich dem Pflegetagebuch, e<strong>in</strong>. Hierbei<br />

wird vom Gutachter lediglich <strong>der</strong> Pflegemehraufwand im<br />

Vergleich zu e<strong>in</strong>em gesunden K<strong>in</strong>d gleichen Alters dokumentiert,<br />

da ja auch gesunde K<strong>in</strong><strong>der</strong> bis zum 10. Lebensjahr<br />

nicht <strong>in</strong> allen Verrichtungen <strong>der</strong> Grundpflege<br />

vollkommen selbständig handeln. Der Gutachter zieht<br />

daher den durchschnittlichen täglichen Hilfebedarf gesun<strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> den verschiedenen Altersstufen (siehe<br />

Anlage 2) von dem bei Ihrem K<strong>in</strong>d festgestellten tatsächlichen<br />

Hilfebedarf gleich ab und trägt diesen im Gutachten<br />

unter die Verrichtungen Körperpflege, Ernährung und<br />

Mobilität e<strong>in</strong>.<br />

Mit dem gefertigten Gutachten erhält die Pflegekasse<br />

sodann e<strong>in</strong>e Entscheidungsgrundlage für Ihren Bescheid.<br />

Je nach dem, wie hoch <strong>der</strong> Gutachter den Pflegemehraufwand<br />

<strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>geschätzt hat, erfolgt die E<strong>in</strong>gruppierung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> drei Pflegestufen (siehe Anlage 3).<br />

Mit dem vorliegenden Bescheid ist das sog. Verwaltungsverfahren<br />

abgeschlossen. Sollte das Beschei<strong>der</strong>gebnis<br />

sich nicht mit dem von Ihnen e<strong>in</strong>geschätzten Pflegebedarf<br />

decken, s<strong>in</strong>d Sie berechtigt, den Bescheid <strong>in</strong>nerhalb von<br />

e<strong>in</strong>em Monat ab Zugang mit e<strong>in</strong>em Wi<strong>der</strong>spruch anzufechten.<br />

Damit ist das sog. Wi<strong>der</strong>spruchsverfahren eröffnet.<br />

Nach E<strong>in</strong>gang Ihres Wi<strong>der</strong>spruches bei <strong>der</strong> Pflegekasse<br />

wird <strong>der</strong> MDK nochmals mit <strong>der</strong> Überprüfung des<br />

geltend gemachten Hilfebedarfes beauftragt. Meistens<br />

erfolgt hier aber nur noch e<strong>in</strong> Gutachten aufgrund <strong>der</strong><br />

Aktenlage, d.h. <strong>der</strong> MDK kommt nicht noch mal zu Ihnen<br />

<strong>in</strong>s Haus.<br />

Sollte <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruch erfolgreich gewesen se<strong>in</strong>, wird<br />

die Pflegekasse die begehrte Leistung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wi<strong>der</strong>spruchsbescheid<br />

bewilligen, sollte dieser nicht erfolgreich<br />

se<strong>in</strong>, kann dieser Wi<strong>der</strong>spruchsbescheid <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

Monates nach Zugang mit e<strong>in</strong>er Klage zum Sozialgericht<br />

angefochten werden.<br />

Erfahrungsgemäß s<strong>in</strong>d die Chancen beim Sozialgericht<br />

erheblich besser als im außergerichtlichen Bereich, da<br />

hier oftmals e<strong>in</strong> Pflegefachgutachten e<strong>in</strong>es unabhängigen<br />

Gutachters angefor<strong>der</strong>t wird und gleichfalls e<strong>in</strong>e<br />

mündliche Verhandlung stattf<strong>in</strong>det. Es ist daher s<strong>in</strong>nvoll,<br />

das Verfahren bis zum Sozialgericht voranzutreiben und<br />

e<strong>in</strong>en langen Atem zu bewahren.<br />

2. Leistungen im Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrecht<br />

Verfahren vor den Versorgungsämtern<br />

Auch das Verfahren vor den Versorgungsämtern zur Erlangung<br />

e<strong>in</strong>es Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenausweises, <strong>der</strong> Feststellung<br />

e<strong>in</strong>es Grades <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung (GdB) und ggf.<br />

von Merkzeichen beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>em Antrag.<br />

Auch hier ist es s<strong>in</strong>nvoll, die im Antrag erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Angaben zu den behandelnden Ärzten und Therapeuten<br />

ausführlich vorzunehmen, da von diesen Stellen die gesamten<br />

Behandlungsunterlagen durch das Versorgungsamt<br />

angefor<strong>der</strong>t werden. Dem Antrag selbst müssen<br />

daher nicht unbed<strong>in</strong>gt eigene Behandlungsunterlagen<br />

beigefügt werden.<br />

5


Recht<br />

Wenn das Versorgungsamt alle Unterlagen beisammen<br />

hat, wird <strong>der</strong> im Auftrag <strong>der</strong> Versorgungsämter tätige<br />

versorgungsärztliche Dienst mit <strong>der</strong> Begutachtung beauftragt.<br />

Dieser stellt aufgrund <strong>der</strong> vorliegenden ärztlichen<br />

Unterlagen den Grad <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung anhand <strong>der</strong><br />

sog. Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im<br />

sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenrecht<br />

(kurz AHP’s) fest.<br />

Die Versorgungsämter erlassen daraufh<strong>in</strong> ihren Bescheid,<br />

<strong>in</strong> welchem e<strong>in</strong> bestimmter GdB festgestellt wird. Sollte<br />

e<strong>in</strong> GdB <strong>in</strong> Höhe von m<strong>in</strong>destens 50 festgestellt worden<br />

se<strong>in</strong>, wird gleichfalls e<strong>in</strong> Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenausweis ausgestellt<br />

und ggf. über <strong>in</strong> Betracht kommende Merkzeichen<br />

und Nachteilsausgleiche (siehe Anlage 4) entschieden.<br />

Sollte <strong>der</strong> Bescheid nicht Ihren Erwartungen an die Höhe<br />

des GdB entsprechen o<strong>der</strong> sollten sie <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung se<strong>in</strong>,<br />

dass das Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsbild Ihres K<strong>in</strong>des und die damit<br />

zusammenhängenden Auswirkungen auf das tägliche<br />

Leben an<strong>der</strong>s o<strong>der</strong> höher zu bewerten se<strong>in</strong>, können Sie<br />

den Bescheid des Versorgungsamtes gleichfalls <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>es Monates nach Zugang mit dem Wi<strong>der</strong>spruch<br />

anfechten. Der gesamte Verwaltungsvorgang wird sodann<br />

nochmals dem versorgungsärztlichen Dienst zur Stellungnahme<br />

vorgelegt. Hiernach ergeht e<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruchsbescheid<br />

des Versorgungsamtes, <strong>in</strong> welchem dem Wi<strong>der</strong>spruch<br />

entsprochen o<strong>der</strong> dieser abgelehnt wurde. Nach<br />

Ablehnung des Wi<strong>der</strong>spruchs besteht wie<strong>der</strong>um die Möglichkeit,<br />

im Wege <strong>der</strong> Klage vor den Sozialgerichten, noch<br />

zu <strong>der</strong> von Ihnen begehrten Leistung zu gelangen.<br />

Alles über Delph<strong>in</strong>therapie und<br />

an<strong>der</strong>e neue Therapien für Ihr K<strong>in</strong>d<br />

6<br />

Zu beziehen beim AKG e. V.<br />

Häufig wird auch hier von den Sozialgerichten nochmals<br />

e<strong>in</strong>e unabhängige ärztliche Stellungnahme e<strong>in</strong>es externen<br />

Gutachters zur Bestimmung <strong>der</strong> genauen Höhe des<br />

GdB und/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Merkzeichen angefor<strong>der</strong>t, so dass es<br />

sich auch bei diesem Verfahren bewährt hat, dieses bis<br />

zum Sozialgericht zu betreiben.<br />

Nachfolgend e<strong>in</strong>ige Musterformulare<br />

1 Übersicht über die Pflegestufen<br />

2 Muster e<strong>in</strong>es Pflegetagebuches<br />

3 Durchschnittlicher täglicher Hilfebedarf gesun<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

4 Überblick über die Merkzeichen und Nachteilsausgleiche<br />

1 Übersicht über die Pflegestufen<br />

Pflegestufe I (erheblich pflegebedürftig)<br />

Der tägliche Zeitaufwand für die Verrichtungen <strong>der</strong> Grundpflege<br />

(Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und die<br />

hauswirtschaftliche Versorgung muss m<strong>in</strong>destens 90 M<strong>in</strong>uten<br />

mehr betragen im Vergleich zu e<strong>in</strong>em gleichaltrigen<br />

gesunden K<strong>in</strong>d. Hierbei müssen auf die Grundpflege<br />

mehr als 45 M<strong>in</strong>uten entfallen.<br />

Die zu pflegende Person muss für wenigstens zwei Verrichtungen<br />

m<strong>in</strong>destens 1x täglich <strong>der</strong> Hilfe bedürfen.<br />

Pflegestufe II (schwerpflegebedürftig)<br />

Der tägliche Zeitaufwand für die Verrichtungen <strong>der</strong> Grundpflege<br />

(Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und die<br />

hauswirtschaftliche Versorgung muss m<strong>in</strong>destens drei<br />

Stunden mehr betragen im Vergleich zu e<strong>in</strong>em gleichaltrigen<br />

gesunden K<strong>in</strong>d. Hierbei müssen auf die Grundpflege<br />

m<strong>in</strong>destens zwei Stunden entfallen.<br />

Die zu pflegende Person muss m<strong>in</strong>destens 3x täglich zu<br />

verschiedenen Tageszeiten <strong>der</strong> Hilfe bedürfen.<br />

Pflegestufe III (schwerstpflegebedürftig)<br />

Der tägliche Zeitaufwand für die Verrichtungen <strong>der</strong> Grundpflege<br />

(Körperpflege, Ernährung und Mobilität) muss<br />

m<strong>in</strong>destens fünf Stunden mehr betragen im Vergleich<br />

zu e<strong>in</strong>em gleichaltrigen gesunden K<strong>in</strong>d. Hierbei müssen<br />

auf die Grundpflege m<strong>in</strong>destens vier Stunden entfallen.<br />

Die Pflegeperson muss je<strong>der</strong>zeit unmittelbar erreichbar<br />

se<strong>in</strong>. Die zu pflegende Person bedarf bei Körperpflege,<br />

Ernährung und Mobilität täglich, auch nachts, e<strong>in</strong>e<br />

Rund-um-die-Uhr Betreuung.


2 Muster e<strong>in</strong>es Pflegetagebuches<br />

Recht<br />

7


Recht<br />

8<br />

3.


Recht<br />

9


Recht<br />

Zum Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsaufwandes für e<strong>in</strong> nach<br />

fehlerhafter Diagnostik schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t geborenes K<strong>in</strong>d<br />

von Rechtsanwält<strong>in</strong> Dr. Marlies Br<strong>in</strong>kmann, Hamm, Mitglied des juristischen Beirats des AKG e. V.<br />

Anlass für diesen Beitrag gibt e<strong>in</strong>e aktuelle Entscheidung<br />

des Obersten Gerichtshofes Österreich vom<br />

11.12.2007 (Geschäftszeichen: 5 Ob 148/07 m; 4 Ob<br />

87/08 k) <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgende Rechtssätze aufgestellt worden<br />

s<strong>in</strong>d:<br />

a. Im Rahmen des ärztlichen Behandlungsvertrages<br />

schuldet <strong>der</strong> Arzt Diagnostik, Aufklärung und Beratung<br />

nach den aktuell anerkannten Regeln <strong>der</strong> ärztlichen<br />

Kunst. Die pränatale Diagnostik dient nicht zuletzt <strong>der</strong><br />

Ermittlung von Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen<br />

des ungeborenen K<strong>in</strong>des und soll damit auch <strong>der</strong> Mutter<br />

(den Eltern) im Falle, dass dabei drohende schwerwiegende<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen des K<strong>in</strong>des erkannt werden, die<br />

sachgerechte Entscheidung über e<strong>in</strong>en gesetzlich zulässigen,<br />

auf § 97 Abs. 1 Z 2, zweiter Fall, StGB beruhenden<br />

Schwangerschaftsabbruch ermöglichen. Dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

solchen Fall die Entscheidung für e<strong>in</strong>en<br />

Schwangerschaftsabbruch auch wegen <strong>der</strong> erheblichen<br />

f<strong>in</strong>anziellen Aufwendungen für e<strong>in</strong> beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes K<strong>in</strong>d erfolgen<br />

kann, ist objektiv voraussehbar, weshalb auch die<br />

f<strong>in</strong>anziellen Interessen <strong>der</strong> Mutter (<strong>der</strong> Eltern) noch vom<br />

Schutzzweck des ärztlichen Behandlungsvertrags umfasst<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

b. Wird beim Organscreen<strong>in</strong>g im Rahmen pränataler Diagnostik<br />

e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>en beg<strong>in</strong>nenden Wasserkopf<br />

als Folge e<strong>in</strong>er Men<strong>in</strong>gomyelozele nicht entdeckt und<br />

unterbleibt e<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>bestellung <strong>der</strong> Schwangeren,<br />

obwohl diagnoserelevante Strukturen nicht e<strong>in</strong>sehbar<br />

waren, dann liegt e<strong>in</strong> ärztlicher <strong>Kunstfehler</strong> vor. Hätten<br />

sich die Eltern bei fachgerechter Aufklärung über die zu<br />

erwartende schwere Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des K<strong>in</strong>des und e<strong>in</strong>en<br />

deshalb gesetzlich zulässigen Schwangerschaftsabbruch<br />

gem. § 97 Abs. 1 Z 2, zweiter Fall, StGB zu Letzterem<br />

entschlossen, haftet <strong>der</strong> Arzt (<strong>der</strong> Rechtsträger) für den<br />

gesamten Unterhaltsaufwand für das beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong>d.<br />

In e<strong>in</strong>em solchen Fall stünden sowohl die Ablehnung des<br />

Schadensersatzanspruchs mit <strong>der</strong> Behauptung, es liege<br />

ke<strong>in</strong> Schaden im Rechtss<strong>in</strong>n vor, als auch <strong>der</strong> bloße<br />

Zuspruch nur des beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsbed<strong>in</strong>gten Unterhaltsmehraufwands<br />

mit den Grundsätzen des österreichischen<br />

Schadensersatzrechts nicht im E<strong>in</strong>klang.“<br />

Diese Rechtsprechung ist nicht neu. Auch <strong>der</strong> deutsche<br />

Bundesgerichtshof würde den Eltern e<strong>in</strong>es schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall e<strong>in</strong>en Schadensersatzanspruch<br />

<strong>in</strong> Form des Unterhaltsaufwandes<br />

zusprechen.<br />

Ausgangspunkt für die Diskussion <strong>der</strong> Problematik „K<strong>in</strong>d<br />

als Schaden“ war <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> Urteil des LG Itzehoe<br />

vom 21.11.1968 (VersR 1969,265 = FamRZ<br />

1969,90). In dem zu Grunde liegenden Fall hatte e<strong>in</strong><br />

Apotheker e<strong>in</strong>er Frau, weil er das Rezept nicht richtig<br />

10<br />

gelesen hatte, statt <strong>der</strong> „Pille“ e<strong>in</strong> Magenmittel verkauft<br />

und wurde daraufh<strong>in</strong> verurteilt, den Eheleuten den für<br />

das K<strong>in</strong>d aufzubr<strong>in</strong>genden Unterhalt zu ersetzen. Es folgte<br />

daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Reihe von landgerichtlichen und oberlandesgerichtlichen<br />

Entscheidungen <strong>in</strong> ähnlich gelagerten<br />

Fällen, <strong>in</strong> denen sich die Gerichte im Wesentlichen<br />

e<strong>in</strong>ig darüber waren, dass die Geburt e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des niemals<br />

e<strong>in</strong> Schaden ist. Kontrovers wurde dagegen die<br />

Frage beantwortet, ob die Unterhaltspflicht <strong>der</strong> Eltern aus<br />

dem Eltern-K<strong>in</strong>d-Verhältnis herausgelöst werden kann<br />

und rechtlich isoliert als Schaden beurteilt werden muss.<br />

Beson<strong>der</strong>e Bedeutung kam dann dem Urteil des Bundesgerichtshofes<br />

vom 18.03.1980 (BGHZ 76,249 = VersR<br />

1980,555 = NJW 1980,1450) zu. Auch <strong>der</strong> BGH zweifelte<br />

nicht daran, dass e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Schaden se<strong>in</strong> kann,<br />

hielt es jedoch für zulässig, den Unterhaltsbedarf von<br />

<strong>der</strong> Existenz des K<strong>in</strong>des „abzutrennen“ und damit die<br />

vermögensrechtliche Seite geson<strong>der</strong>t zu betrachten mit<br />

<strong>der</strong> Konsequenz, dass er e<strong>in</strong>en ersatzfähigen Schaden<br />

<strong>der</strong> Eltern <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Unterhaltsaufwendungen bejahte.<br />

Trotz Kritik <strong>in</strong> <strong>der</strong> juristischen Literatur und gegenteiligen<br />

OLG-Entscheidungen, die sich im Wesentlichen auf<br />

ethische Maßstäbe und die Menschenwürde beriefen,<br />

verteidigte <strong>der</strong> BGH im Weiteren se<strong>in</strong>e Rechtsprechung.<br />

Er differenzierte auch <strong>in</strong> den folgenden Entscheidungen<br />

zwischen dem Dase<strong>in</strong> des K<strong>in</strong>des und se<strong>in</strong>em unbestreitbaren<br />

Wert als Persönlichkeit e<strong>in</strong>erseits sowie dem durch<br />

die planwidrige Geburt ausgelösten Unterhaltsaufwand<br />

an<strong>der</strong>erseits.<br />

Im Jahr 1983 hatte <strong>der</strong> BGH dann folgenden Fall zu<br />

entscheiden:<br />

Die 39-jährige K<strong>in</strong>desmutter hatte den sie während <strong>der</strong><br />

Schwangerschaft betreuenden Gynäkologen im Rahmen<br />

e<strong>in</strong>er Kontrolluntersuchung gefragt, ob im H<strong>in</strong>blick auf<br />

ihr Alter die Gefahr bestehe, dass sie e<strong>in</strong> mongoloides<br />

K<strong>in</strong>d bekäme und ob deswegen e<strong>in</strong>e Fruchtwasseruntersuchung<br />

angezeigt sei. Der Arzt hatte ihr unter H<strong>in</strong>weis<br />

auf ihre beiden gesunden K<strong>in</strong><strong>der</strong> und das Fehlen<br />

von Erbkrankheiten erklärt, dass er e<strong>in</strong>e solche Untersuchung<br />

nicht o<strong>der</strong> jedenfalls nicht unbed<strong>in</strong>gt für erfor<strong>der</strong>lich<br />

halte. Das K<strong>in</strong>d wurde dann mit e<strong>in</strong>er Chromosomanomalie<br />

und e<strong>in</strong>er körperlichen sowie geistigen<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung geboren. Nachdem das LG Münster erst<strong>in</strong>stanzlich<br />

e<strong>in</strong>en Schadensersatzanspruch <strong>der</strong> Eltern wegen<br />

unvollständiger ärztlicher Beratung abgelehnt und<br />

das OLG Hamm <strong>der</strong> Klage teilweise stattgegeben hatte,<br />

stellte <strong>der</strong> BGH <strong>in</strong> dem Urteil vom 22.11.1983 (VI ZR 85/<br />

02, BGHZ 89,95) folgende Rechtsätze auf:<br />

a. Auch die falsche o<strong>der</strong> unvollständige Beratung <strong>der</strong><br />

Mutter während <strong>der</strong> Frühschwangerschaft über Möglichkeiten<br />

zur Früherkennung von Schädigungen <strong>der</strong> Lei-


Zum Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsaufwandes für e<strong>in</strong> nach fehlerhafter Diagnostik schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t geborenes K<strong>in</strong>d<br />

besfrucht, die den Wunsch <strong>der</strong> Mutter auf Unterbrechung<br />

<strong>der</strong> Schwangerschaft gerechtfertigt hätten, kann e<strong>in</strong>en<br />

Anspruch <strong>der</strong> Eltern gegen den Arzt auf Ersatz von Unterhaltsaufwendungen<br />

für das mit körperlichen o<strong>der</strong> geistigen<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen geborene K<strong>in</strong>d begründen.<br />

b. Die Beweislast dafür, dass die Mutter nach umfassen<strong>der</strong><br />

und richtiger Beratung sich nicht für e<strong>in</strong>e pränatale<br />

Untersuchung <strong>der</strong> Leibesfrucht auf etwaige Schädigungen<br />

und sich nach e<strong>in</strong>em etwaigen ungünstigen Ergebnis<br />

nicht für den Abbruch <strong>der</strong> Schwangerschaft entschieden<br />

hätte, obliegt dem Arzt.<br />

c. Der Arzt hat den gesamten Unterhaltsbedarf für das<br />

geschädigte K<strong>in</strong>d zu ersetzen; <strong>der</strong> Ersatzanspruch besteht<br />

jedoch dann nicht, wenn sich die Gefahr e<strong>in</strong>er nicht<br />

behebbaren, schwerwiegenden Schädigung des K<strong>in</strong>des,<br />

die <strong>der</strong> Mutter nach strafrechtlichen Grundsätzen e<strong>in</strong>en<br />

Schwangerschaftsabbruch erlaubt hätte, nicht verwirklicht<br />

hat (Ergänzung zu BGHZ 86, 240).“<br />

Im Jahr 1993 hatte sich das Bundesverfassungsgericht<br />

mit <strong>der</strong> Frage zu befassen, ob die Belastung mit dem<br />

Unterhalt des K<strong>in</strong>des e<strong>in</strong>en Schadensersatzanspruch<br />

rechtfertigt. Der 2. Senat des BVerfG hat daraufh<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em die Gerichte allerd<strong>in</strong>gs nicht b<strong>in</strong>denden obiter<br />

dictum se<strong>in</strong>es Beschlusses vom 28.05.1993 zum<br />

Schwangeren- und Familienhilfegesetz vom 27.07.1992<br />

erklärt, e<strong>in</strong>e rechtliche Qualifikation des Dase<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>es<br />

K<strong>in</strong>des als Schadensquelle komme von Verfassungswegen<br />

(Art. 1 Abs. 1 GG) nicht <strong>in</strong> Betracht. Die Verpflichtung<br />

aller staatlichen Gewalt, jeden Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Dase<strong>in</strong> um se<strong>in</strong>er selbst willen zu achten, verbiete es,<br />

die Unterhaltspflicht für e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d als Schaden zu begreifen<br />

(BVerfG, Beschl. v. 28.05.1993 - 2 BvF 2/90 - u. a.,<br />

BVerfGE 88,203 = NJW 1993,1751, 1764 li. Sp. und LS<br />

14).<br />

Der BGH hat dann entsprechend <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung des<br />

BVerfG se<strong>in</strong>e Rechtsprechung überprüft, sich jedoch<br />

letztlich nicht veranlasst gesehen, se<strong>in</strong>e Auffassung zu<br />

än<strong>der</strong>n. Am 16.11.1993 hatte er e<strong>in</strong>en Fall zu entscheiden,<br />

<strong>in</strong> dem es um e<strong>in</strong>e fehlerhafte genetische Beratung<br />

g<strong>in</strong>g. Der BGH (IV ZR 105/92, VersR 1994,425) hat <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Urteil Folgendes klargestellt:<br />

2. Bei fehlerhafter genetischer Beratung, die zur Geburt<br />

e<strong>in</strong>es genetisch beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>des geführt hat, können<br />

die Eltern von dem beratenden Arzt im Wege des Schadensersatzes<br />

den vollen Unterhaltsbedarf des K<strong>in</strong>des<br />

verlangen, wenn sie bei richtiger und vollständiger Beratung<br />

von <strong>der</strong> Zeugung des K<strong>in</strong>des abgesehen hätten.<br />

3. Der Senat hält an se<strong>in</strong>er Auffassung fest, dass <strong>in</strong> den<br />

Fällen e<strong>in</strong>er aus ärztlichem Verschulden misslungenen<br />

Sterilisation sowie e<strong>in</strong>es verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten o<strong>der</strong> fehlgeschlagenen<br />

Schwangerschaftsabbruchs aus embryopathischer<br />

o<strong>der</strong> krim<strong>in</strong>ologischer Indikation <strong>der</strong> ärztliche Vertrags-<br />

Recht<br />

partner auf Schadensersatz wegen <strong>der</strong> Unterhaltsbelastung<br />

<strong>der</strong> Eltern durch das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Anspruch genommen<br />

werden kann.“<br />

Der 1. Senat des BVerfG hat diese Rechtsauffassung für<br />

die Fälle e<strong>in</strong>er aus ärztlichem Verschulden misslungenen<br />

Sterilisation sowie <strong>der</strong> Zeugung und Geburt e<strong>in</strong>es beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> Folge fehlerhafter genetischer Beratung<br />

schließlich für verfassungsmäßig erklärt (BVerfG, Beschl.<br />

v. 12.11.1997 - 1 BvR 489/92 und 307/94 - NJW 1998,519<br />

= VersR 1998,190).<br />

Daraufh<strong>in</strong> hat <strong>der</strong> BGH weiterh<strong>in</strong> an se<strong>in</strong>er Rechtsprechung<br />

festgehalten, jedoch auch die Begrenzung des<br />

Schadensersatzanspruches deutlich gemacht. So hat er<br />

z. B. <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Entscheidung vom 04.03.1997 (BGH, VI<br />

ZR 354/95, VersR 1997,698) klargestellt, dass <strong>der</strong><br />

Schadensersatzanspruch gegen e<strong>in</strong>en Arzt, <strong>der</strong> die Geburt<br />

e<strong>in</strong>es - hier wegen angeblich fehlerhafter vorgeburtlicher<br />

Untersuchung schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t zur Welt gekommenen<br />

- K<strong>in</strong>des zu verantworten hat, <strong>der</strong> Höhe nach<br />

durch den Unterhaltsbedarf des K<strong>in</strong>des begrenzt ist und<br />

nicht auch den Verdienstausfall umfasst, <strong>der</strong> den Eltern<br />

durch die Betreuung des K<strong>in</strong>des entsteht. In e<strong>in</strong>em Urteil<br />

vom 15.02.2000 (VI ZR 135/99, VersR 2000,634) hat<br />

<strong>der</strong> BGH außerdem darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass die mit<br />

<strong>der</strong> Geburt e<strong>in</strong>es nicht gewollten K<strong>in</strong>des für die Eltern<br />

verbundenen wirtschaftlichen Belastungen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die Aufwendungen für dessen Unterhalt, nur dann als<br />

ersatzpflichtiger Schaden auszugleichen s<strong>in</strong>d, wenn <strong>der</strong><br />

Schutz vor solchen Belastungen Gegenstand des jeweiligen<br />

Behandlungs- o<strong>der</strong> Beratungsvertrages war.<br />

Von Bedeutung ist auch<br />

die Entscheidung des OLG Hamm vom 05.09.2001 (3 U<br />

229/00, VersR 2002,1153). In dem zu Grunde liegenden<br />

Fall war das K<strong>in</strong>d ohne die l<strong>in</strong>ke Hand und ohne die Hälfte<br />

des l<strong>in</strong>ken Unterarms geboren. Der verklagte Arzt hatte<br />

die Entwicklungsstörungen im Rahmen <strong>der</strong> Untersuchungen<br />

während <strong>der</strong> Schwangerschaft fehlerhaft nicht festgestellt.<br />

Gerügt wurde außerdem e<strong>in</strong>e mangelnde Aufklärung<br />

über genetische Defekte und die Möglichkeit e<strong>in</strong>er<br />

Amnio-zentese. Die Eltern wandten e<strong>in</strong>, dass sie <strong>in</strong> Kenntnis<br />

<strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des K<strong>in</strong>des die Schwangerschaft abgebrochen<br />

hätten und machten e<strong>in</strong>en Anspruch auf Ersatz<br />

des Unterhaltsaufwands geltend. Der Senat hat<br />

Schadensersatzansprüche <strong>der</strong> Eltern <strong>in</strong> dem vorliegenden<br />

Fall ausdrücklich verne<strong>in</strong>t und klargestellt, dass vom<br />

Schutzbereich des Behandlungsvertrages nur die Schäden<br />

umfasst s<strong>in</strong>d, die bei sachgerechter Behandlung/Aufklärung<br />

und e<strong>in</strong>em sodann rechtmäßig vorgenommenen<br />

Abbruch <strong>der</strong> Schwangerschaft nicht entstanden wären.<br />

In dem hier vorliegenden Fall hätte jedoch schon ke<strong>in</strong>e<br />

Indikation zum Schwangerschaftsabbruch bestanden.<br />

Weiter hat das OLG Hamm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Entscheidung betont,<br />

dass es dem Arzt nicht obliegt, die Schwangere auf<br />

die Möglichkeit e<strong>in</strong>es Schwangerschaftsabbruchs i. S.<br />

d. § 218 a Abs. 1 StGB <strong>in</strong>nerhalb von 12 Wochen h<strong>in</strong>zu-<br />

11


Recht<br />

Zum Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsaufwandes für e<strong>in</strong> nach fehlerhafter Diagnostik schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t geborenes K<strong>in</strong>d<br />

weisen. Die pränatale Diagnostik sei nicht darauf gerichtet,<br />

jeden denkbaren k<strong>in</strong>dlichen Schaden auszuschließen,<br />

son<strong>der</strong>n möglichst frühzeitig Schwerstschäden, wie<br />

z. B. schwere Herzfehler, Sp<strong>in</strong>a bifida o<strong>der</strong> aber schwerste<br />

Dysmel<strong>in</strong> zu erkennen.<br />

Ebenfalls im Jahr 2002 hatte <strong>der</strong> BGH (Urt. v. 18.06.2002,<br />

VI ZR 136/01, VersR 2002,1148) über Schadensersatzansprüche<br />

<strong>der</strong> Eltern zu entscheiden, <strong>der</strong>en Sohn mit<br />

schweren körperlichen Fehlbildungen zur Welt kam.<br />

Beide Oberarme waren nicht ausgebildet. Der rechte<br />

Oberschenkel war verkürzt, <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ke fehlte; an beiden<br />

Be<strong>in</strong>en fehlte das Wadenbe<strong>in</strong>, beide Füße wiesen e<strong>in</strong>e<br />

Knick-Hack-Fussstellung auf. Im Rahmen <strong>der</strong> Schwangerschaftsbetreuung<br />

wurden <strong>in</strong>sgesamt 11 Ultraschalluntersuchungen<br />

gemacht, die schweren Fehlbildungen<br />

von <strong>der</strong> Ärzt<strong>in</strong> jedoch pflichtwidrig nicht erkannt.<br />

Der BGH hat Schadensersatzansprüche <strong>der</strong> Eltern auf<br />

<strong>der</strong> Grundlage e<strong>in</strong>er schuldhaften Verletzung des ärztlichen<br />

Behandlungsvertrages durch die behandelnde Ärzt<strong>in</strong><br />

bejaht. Er hat noch e<strong>in</strong>mal ausdrücklich betont, dass<br />

<strong>der</strong> zwischen <strong>der</strong> K<strong>in</strong>desmutter und <strong>der</strong> behandelnden<br />

Ärzt<strong>in</strong> geschlossene Vertrag über die Schwangerschaftsbetreuung,<br />

<strong>in</strong> dessen Schutzbereich auch <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Elternteil, hier also <strong>der</strong> Ehemann, e<strong>in</strong>bezogen war, auch<br />

die Pflicht <strong>der</strong> Ärzt<strong>in</strong> zur Beratung <strong>der</strong> Eltern über die<br />

erkennbare Gefahr e<strong>in</strong>er Schädigung <strong>der</strong> Leibesfrucht<br />

mit umfasste. Zu den Pflichten <strong>der</strong> behandelnden Ärzt<strong>in</strong><br />

habe es gehört, die pränatale Untersuchung des K<strong>in</strong>des<br />

auf Schädigungen ordnungsgemäß vorzunehmen, diagnostisch<br />

auszuwerten und die Eltern h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

Ergebnisse <strong>in</strong> gebotener Weise zu beraten. Die Verletzung<br />

dieser Pflichten wurde als Behandlungsfehler angesehen.<br />

Ke<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s hohen Anfor<strong>der</strong>ungen waren<br />

an die weitere Feststellung zu stellen, dass sich die Eltern<br />

im Fall <strong>der</strong> rechtzeitigen Information über die Entwicklungsstörungen<br />

des K<strong>in</strong>des und nach entsprechen<strong>der</strong><br />

Beratung zu e<strong>in</strong>em Abbruch <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />

entschlossen hätten.<br />

Voraussetzung für e<strong>in</strong>en Schadensersatzanspruch ist<br />

weiter, dass e<strong>in</strong> solcher Abbruch <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />

rechtlich zulässig gewesen wäre. In dem hier vorliegenden<br />

Fall wäre <strong>der</strong> Schwangerschaftsabbruch nach <strong>der</strong><br />

mediz<strong>in</strong>ischen Indikation des § 218 a Abs. 2 StGB rechtlich<br />

zulässig gewesen. Die Anhörung des mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Sachverständigen hatte ergeben, dass angesichts <strong>der</strong><br />

zu erwartenden sehr schweren Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen des K<strong>in</strong>des<br />

sowohl die Gefahr e<strong>in</strong>es Suizidversuchs als auch<br />

e<strong>in</strong>er schwerwiegenden Bee<strong>in</strong>trächtigung des seelischen<br />

Gesundheitszustandes <strong>der</strong> Mutter zu befürchten gewesen<br />

war. Der BGH hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entscheidung klargestellt,<br />

dass e<strong>in</strong>erseits <strong>der</strong> Lebensschutz des ungeborenen K<strong>in</strong>des<br />

grundsätzlich während <strong>der</strong> gesamten Dauer <strong>der</strong><br />

Schwangerschaft zu gewährleisten ist; an<strong>der</strong>erseits jedoch<br />

von <strong>der</strong> Mutter, wenn schwerwiegende Gefahren<br />

für ihr Leben o<strong>der</strong> ihre Gesundheit drohen und nicht an-<br />

12<br />

<strong>der</strong>s abgewendet werden können, nicht verlangt werden<br />

kann, dass sie ihre eigenen existentiellen Belange und<br />

Rechtspositionen denen des K<strong>in</strong>des aufopfert. Dies hat<br />

nach <strong>der</strong> Auffassung des BGH auch dann zu gelten, wenn<br />

die schwerwiegende Gefährdung <strong>der</strong> Mutter nicht aus zu<br />

befürchten physischen Bee<strong>in</strong>trächtigungen während <strong>der</strong><br />

Schwangerschaft o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geburt resultiert, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e<br />

relevante - nicht an<strong>der</strong>s abwendbare - Bedrohung ihres<br />

Lebens o<strong>der</strong> ihrer seelischen Gesundheit deshalb zu erwaten<br />

ist, weil sie konstitutionell nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist,<br />

während <strong>der</strong> Schwangerschaft und nach <strong>der</strong> Geburt e<strong>in</strong>es<br />

schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>des die damit verbundenen<br />

Belastungen und Verantwortlichkeiten psychisch zu bewältigen.<br />

Diese Voraussetzungen wurden <strong>in</strong> dem zu entscheidenden<br />

Fall bejaht.<br />

Der BGH hat weiter noch e<strong>in</strong>mal ausgeführt, dass <strong>der</strong><br />

wegen <strong>der</strong> Verletzung des Behandlungsvertrages zu ersetzende<br />

Schaden die auf den unterbliebenen Schwangerschaftsabbruch<br />

zurückzuführenden Belastungen mit<br />

dem Unterhaltsaufwand des K<strong>in</strong>des erfasst, da auch dieser<br />

Schaden vom Schutzzweck des Behandlungsvertrages<br />

mit umfasst wird.<br />

Die BGH-Rechtsprechung lässt sich im Ergebnis wie<br />

folgt zusammenfassen:<br />

Kommt es <strong>in</strong> Folge fehlerhafter genetischer Beratung erst<br />

zur Zeugung e<strong>in</strong>es beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes K<strong>in</strong>des, werden während<br />

<strong>der</strong> Schwangerschaft mediz<strong>in</strong>isch <strong>in</strong>dizierte Untersuchungen<br />

zur Früherkennung e<strong>in</strong>er schweren Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des<br />

K<strong>in</strong>des fehlerhaft unterlassen o<strong>der</strong> werden schwerste<br />

Entwicklungsstörungen des K<strong>in</strong>des während <strong>der</strong><br />

Schwangerschaftsbetreuung fehlerhaft nicht festgestellt<br />

und wäre an<strong>der</strong>nfalls e<strong>in</strong> legaler Schwangerschaftsabbruch<br />

durchgeführt worden, so ist <strong>der</strong> behandelnde Arzt<br />

schadensersatzpflichtig wegen Verletzung se<strong>in</strong>er Pflichten<br />

aus dem Behandlungsvertrag. In den Schutzbereich<br />

des Behandlungsvertrages e<strong>in</strong>bezogen ist dabei auch <strong>der</strong><br />

Vater des K<strong>in</strong>des. Ersatzberechtigt s<strong>in</strong>d nur die Eltern,<br />

nicht das K<strong>in</strong>d selbst. Beim Tode bei<strong>der</strong> Eltern erlischt<br />

deshalb die Haftung.<br />

Neben Ersatzansprüchen <strong>der</strong> Mutter für die Belastung<br />

mit <strong>der</strong> Geburt (Behandlungskosten, Schmerzensgeld)<br />

haben die Eltern Anspruch auf Ersatz des vollen Unterhaltsaufwandes<br />

für das schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong>d.<br />

Der Unterhaltsschaden setzt sich zusammen aus dem<br />

allgeme<strong>in</strong>en Unterhalt und dem beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsbed<strong>in</strong>gten<br />

persönlichen und sächlichen Mehrbedarf. Für die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Unterhaltsberechnung wird die im Familienrecht<br />

entwickelte Düsseldorfer Tabelle zu Grunde gelegt. Diese<br />

ist im Rahmen <strong>der</strong> Unterhaltsrechtsreform zum<br />

1.01.2008 letztmalig angepasst worden. Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

des BGH beläuft sich <strong>der</strong> Unterhaltsschaden<br />

auf den doppelten M<strong>in</strong>destk<strong>in</strong>desunterhalt abzüglich des<br />

vollen K<strong>in</strong><strong>der</strong>geldes.


Zum Anspruch auf Ersatz des Unterhaltsaufwandes für e<strong>in</strong> nach fehlerhafter Diagnostik schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t geborenes K<strong>in</strong>d<br />

Dementsprechend ergibt sich nach <strong>der</strong> aktuellen<br />

Düsseldorfer Tabelle <strong>in</strong>soweit folgende Berechnung:<br />

Für K<strong>in</strong><strong>der</strong> bis zum 5. Lebensjahr<br />

doppelter MKU* 2 x 279 Euro = 558 Euro<br />

abzgl. K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld (<strong>der</strong>zeit) 154 Euro<br />

Insgesamt: 404 Euro<br />

Für K<strong>in</strong><strong>der</strong> von 6 bis 11 Jahre<br />

doppelter MKU* 2 x 322 Euro = 644 Euro<br />

abzgl. K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld (<strong>der</strong>zeit) 154 Euro<br />

Insgesamt: 490 Euro<br />

Für K<strong>in</strong><strong>der</strong> von 12 bis 17 Jahre<br />

doppelter MKU* 2 x 365 Euro = 730 Euro<br />

abzgl. K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld (<strong>der</strong>zeit) 154 Euro<br />

Insgesamt: 576 Euro<br />

Für K<strong>in</strong><strong>der</strong> ab 18 Jahre<br />

doppelter MKU* 2 x 408 Euro = 816 Euro<br />

abzgl. K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld (<strong>der</strong>zeit) 154 Euro<br />

Insgesamt: 662 Euro<br />

*MKU = M<strong>in</strong>destk<strong>in</strong>desunterhalt<br />

Wird für das K<strong>in</strong>d höheres K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld gezahlt (ab dem<br />

4. K<strong>in</strong>d <strong>der</strong>zeit 179 Euro), ist dieses <strong>in</strong> Abzug zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Die Düsseldorfer Tabelle wird zum 1.01.2010 erneut<br />

angepasst, so dass sich dann e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Berechnung<br />

ergibt.<br />

Bei den vorgenannten Beträgen handelt es sich um monatliche<br />

Unterhaltsansprüche. Betrachtet man die Argumente<br />

<strong>der</strong> Rechtsprechung, ist die Verpflichtung zur Zahlung<br />

des allgeme<strong>in</strong>en Unterhalts auch folgerichtig, da bei<br />

Entscheidung gegen die Zeugung bzw. die Geburt des<br />

Nach § 94 Abs. 2 Satz 3 SGB XII wird <strong>der</strong> Unterhaltsbeitrag<br />

für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong> zum gleichen Zeitpunkt und<br />

denselben Vomhun<strong>der</strong>tsatz angehoben, um den sich das<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld verän<strong>der</strong>t.<br />

Dazu hat die Bundesarbeitsgeme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> überörtlichen<br />

Sozialhilfeträger (BAGüS) empfohlen:<br />

- den Unterhaltsbeitrag nach §94 Abs. 2 Satz 1 SGB XII<br />

für den Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel<br />

SGB XII von 20 auf 21,30 Euro ab 1.1.2009 anzuheben.<br />

- Der Unterhaltsbetrag für die E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungshilfe und<br />

Hilfe zur Pflege nach dem sechsten und siebten Kapitel<br />

SGB XII steigt von 26 Euro auf 27,69 Euro.<br />

- Ist e<strong>in</strong>e Aufteilung des Unterhaltsbeitrags auf die<br />

Recht<br />

K<strong>in</strong>des dieser Unterhaltsaufwand nicht entstanden wäre.<br />

H<strong>in</strong>zu kommen <strong>der</strong> beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsbed<strong>in</strong>gte Betreuungsund<br />

Pflegemehrbedarf, <strong>der</strong> bei e<strong>in</strong>er Entscheidung gegen<br />

das K<strong>in</strong>d ebenfalls nicht angefallen wäre. Dieser ist<br />

nach Stunden pro Tag und auf den Monat hochzurechnen<br />

(Std./Tag x 7 Tage x 4,348 = Std./Monat x Stundensatz<br />

= Mehrbedarfsrente). In Abzug zu br<strong>in</strong>gen ist <strong>in</strong>soweit<br />

das Pflegegeld. Je nach Schwere und Umfang <strong>der</strong><br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung errechnen sich hier häufig erhebliche Beträge.<br />

Zu ersetzen ist weiter auch <strong>der</strong> sogenannte sächliche<br />

Mehrbedarf. In diesen Bereich fallen nicht nur Fahrtkosten<br />

zu Arztterm<strong>in</strong>en, Therapiestunden etc., son<strong>der</strong>n <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch Kosten für e<strong>in</strong>en beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsbed<strong>in</strong>gten<br />

Wohnungsumbau o<strong>der</strong> den Umzug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tengerechte<br />

Wohnung sowie Anschaffungskosten für technische<br />

Hilfsmittel o<strong>der</strong> Aufwendungen für die beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tengerechte<br />

Ausstattung von Fahrzeugen (Fahrrad, PKW).<br />

Wie uns aus <strong>der</strong> Praxis bekannt ist, ist es für die Eltern<br />

e<strong>in</strong>es schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>des häufig e<strong>in</strong>e schwere<br />

Entscheidung, eigene Schadensersatzansprüche mit <strong>der</strong><br />

Begründung geltend zu machen, bei fachgerechter mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Diagnostik und Beratung wäre es gar nicht<br />

zu <strong>der</strong> Geburt des K<strong>in</strong>des gekommen. Sicherlich ist es<br />

auch nicht leicht, dem K<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>e entsprechende Nachfrage<br />

h<strong>in</strong> zu erklären, weshalb Schadensersatz geleistet<br />

wird. An<strong>der</strong>erseits gewährleisten jedoch häufig gerade<br />

erst die Zahlung <strong>der</strong> Grundunterhalts- und Mehrbedarfsrente,<br />

die sich nicht selten auf <strong>in</strong>sgesamt mehrere Tausend<br />

Euro monatlich beläuft, sowie die sächlichen<br />

Mehrbedarfsleistungen e<strong>in</strong>e bestmögliche Versorgung<br />

und För<strong>der</strong>ung des K<strong>in</strong>des mit allen technischen Hilfsmitteln,<br />

um ihm so auch e<strong>in</strong>e größtmögliche Eigenständigkeit<br />

und Lebensqualität zu ermöglichen.<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>geldanhebung führt zu höheren Unterhaltsbeiträgen für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

getrennt lebenden Eltern erfor<strong>der</strong>lich, ist <strong>der</strong> hälftige<br />

Betrag auf volle Cent abzurunden.<br />

- Sofern sowohl für den Lebensunterhalt als auch für<br />

die E<strong>in</strong>glie<strong>der</strong>ungshilfe/Hilfe zur Pflege e<strong>in</strong> Unterhaltsbeitrag<br />

geleistet werden muss, beträgt dieser statt 46<br />

Euro <strong>in</strong> Zukunft 48,99 Euro, wobei bei getrennt lebenden<br />

Eltern jeweils 24,49 Euro verlangt werden.<br />

Für Leistungen <strong>der</strong> Grundsicherung nach § 41 SGB XII<br />

ff. und die Betreuung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er WfbM o<strong>der</strong> teilstatiönäre<br />

Tagesför<strong>der</strong>stätten für werkstattunfähige beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te<br />

Menschen nach § 92 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII fallen ke<strong>in</strong>e<br />

Unterhaltsbeträge an. Dies bestätigen auch die neuen<br />

Unterhaltsempfehlungen des Deutschen Vere<strong>in</strong>s für öffentliche<br />

und private Fürsorge.(We)<br />

13


Recht<br />

Schmerzensgeld<br />

Oberlandesgericht Stuttgart spricht erstmals e<strong>in</strong>em schwerst cerebralgeschädigten K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Schmerzensgeld<br />

<strong>in</strong> Höhe von 500.000 Euro zu.<br />

von Dr. Roland Uphoff, 1. Vorsitzen<strong>der</strong>, Bonn, Mitglied des juristischen Beirates des AKG e. V.<br />

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em langjährigen,<br />

zähen und sehr <strong>in</strong>tensiv geführten Rechtsstreit nunmehr<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Urteil vom 9.09.2008 e<strong>in</strong>em durch e<strong>in</strong>en<br />

Geburtsschaden schwerst mehrfachbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten Jungen<br />

e<strong>in</strong> Schmerzensgeld <strong>in</strong> Höhe von 500.000 Euro zugesprochen.<br />

Die Entscheidung ist <strong>in</strong>sofern bemerkenswert, als dass<br />

nunmehr auch das Oberlandesgericht Stuttgart nach den<br />

Oberlandesgerichten Hamm, Köln, Frankfurt, Berl<strong>in</strong>,<br />

endlich erkannt hat, dass bei e<strong>in</strong>er Schwerstmehrfachbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des nach e<strong>in</strong>em geburtshilflichen<br />

Schadensfall e<strong>in</strong> Schmerzensgeld <strong>in</strong> Höhe von 500.000<br />

Euro notwendig und angemessen ist.<br />

Das OLG hat bei <strong>der</strong> Anhörung <strong>der</strong> Eltern im Beise<strong>in</strong> des<br />

schwerst mehrfachbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten Jungen sehr detailliert und<br />

klar bei den Eltern nachgefragt, wie sich die<br />

Schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung beim K<strong>in</strong>d bemerkbar macht.<br />

In dem Urteil wird dann klargestellt, dass die körperlichen<br />

und geistigen Schäden, die <strong>der</strong> Junge erlitten hat,<br />

„die denkbar schwerste Schädigung e<strong>in</strong>es Menschen“<br />

darstellt.<br />

Zu Recht hat auch das OLG im Urteil hervorgehoben,<br />

dass dem geburtsgeschädigten Jungen eben aufgrund<br />

Wussten Sie,<br />

dass <strong>der</strong> AKG auf Spenden,<br />

auf Ihre Hilfe, angewiesen ist?<br />

Machen Sie mit, auch mit e<strong>in</strong>er<br />

kle<strong>in</strong>en Spende ist viel geholfen.<br />

Sparkasse Dortmund, Konto 161 07 986<br />

BLZ 440 501 99<br />

14<br />

dieser schwersten Gesundheitsschädi-gung die Basis für<br />

die Entwicklung e<strong>in</strong>er eigenen Persönlichkeit genommen<br />

ist und e<strong>in</strong>e schwerere Schädigung nicht vorstellbar sei.<br />

Unter H<strong>in</strong>weis auf die bereits ergangenen Entscheidungen<br />

des OLG Köln, des Kammergerichts Berl<strong>in</strong> und des<br />

OLG Hamm hat das OLG Stuttgart e<strong>in</strong> Schmerzensgeld<br />

<strong>in</strong> Höhe von 500.000 Euro für notwendig erachtet.<br />

Die vorliegende Entscheidung zeigt, dass es unbed<strong>in</strong>gt<br />

wichtig ist, auch bei anstehenden Gerichtsterm<strong>in</strong>en mit<br />

den Eltern zu überlegen, ob man zum Gerichtsterm<strong>in</strong><br />

und zu <strong>der</strong> mündlichen Anhörung mit dem K<strong>in</strong>d ersche<strong>in</strong>t.<br />

So war es auch bei <strong>der</strong> persönlichen Anhörung <strong>der</strong> Eltern<br />

des Jungen vor dem OLG Stuttgart zu spüren, dass<br />

das Gericht durchaus sensibel und <strong>in</strong>teressiert genauere<br />

Details über die Schwerstschädigung des K<strong>in</strong>des erhalten<br />

wollte.<br />

Die Entscheidung ist <strong>in</strong> jedem Fall zu begrüßen und wird<br />

demnächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen juristischen Fachzeitschriften veröffentlicht<br />

werden.<br />

Das Urteil kann bei <strong>der</strong> Geschäftsstelle des AKG angefor<strong>der</strong>t<br />

werden.<br />

Westfalen-Blatt - 1.07.08


Zweiter Therapiestuhl für den K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten<br />

SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 8.08.2007, Az: S 5 KR 5364/06<br />

Der 2002 geborene Kläger ist seit September 2005 mit<br />

e<strong>in</strong>em Therapiestuhl „Puntu Blu“ versorgt. Im Juli 2006<br />

verordnete e<strong>in</strong> Facharzt für K<strong>in</strong><strong>der</strong>heilkunde e<strong>in</strong>en weiteren<br />

modellgleichen Therapiestuhl (Kosten ca. 3.000<br />

Euro) für den K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten.<br />

Die Krankenkasse lehnte die Versorgung mit <strong>der</strong> Begründung<br />

ab, dass <strong>der</strong> Kläger bereits im Besitz dieses Hilfsmittels<br />

sei. Die mehrfache Ausstattung mit e<strong>in</strong>em Hilfsmittel<br />

sei nur möglich, wenn e<strong>in</strong> am Körper getragenes<br />

hilfsmittel aus hygienischen Gründen gewechselt werden<br />

müsse o<strong>der</strong> wenn die Erstausstattung nicht ausreiche,<br />

um alle Grundbedürfnisse zu befriedigen. Der Besuch<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartens gehöre nicht zu den allgeme<strong>in</strong>en<br />

Grundbedürfnissen. Außerdem sei es die Pflicht des<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenträgers, e<strong>in</strong> solches Hilfsmittel zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

Hiergegen hat <strong>der</strong> Kläger geltend gemacht, dass es nicht<br />

möglich sei, den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnung stehenden Therapiestuhl<br />

täglich <strong>in</strong> den k<strong>in</strong><strong>der</strong>garten und zurück zu transportieren:<br />

Der Stuhl wiege m<strong>in</strong>destens 25 kg und müsse vor<br />

dem Transport aus dem ersten Stock e<strong>in</strong>es Wohnhauses<br />

<strong>in</strong> zwei Teile zerlegt werden. Nach dem Transport im<br />

Bus müssten Erzieher<strong>in</strong>nen die Teile aus dem Bus laden<br />

und den Stuhl wie<strong>der</strong> zusammensetzen. Vor <strong>der</strong> Rückfahrt<br />

sei <strong>der</strong> Vorgang zu wie<strong>der</strong>holen.<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenbesuch ist e<strong>in</strong> Grundbedürfnis<br />

Das Gericht hat <strong>der</strong> Klage stattgegeben. Der Kläger habe<br />

Anspruch auf zwei Therapiestühle: E<strong>in</strong>e Mehrfachausstattung<br />

mit Hilfsmitteln sei möglich, wenn nur auf<br />

diese Weise <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsausgleich erreicht werden<br />

könne. Voraussetzung sei allerd<strong>in</strong>gs, dass die<br />

Doppelversorgung <strong>der</strong> Sicherstellung e<strong>in</strong>es allgeme<strong>in</strong>en<br />

Grundbedürfnisses des Versicherten diene. Dies sei beim<br />

Besuch e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartens <strong>der</strong> Fall. An<strong>der</strong>s als bei Erwachsenen<br />

ließen sich bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die Lebensbereiche<br />

nicht <strong>in</strong> Beruf, Gesellschaft und Freizeit trennen. Nicht<br />

nur die Teilnahme am allgeme<strong>in</strong>en Schulunterricht, son<strong>der</strong>n<br />

auch an <strong>der</strong> sonstigen üblichen Lebensgestaltung<br />

Gleichaltriger sei bei ihnen Bestandteil des sozialen Lernprozesses.<br />

Der Integrationsprozess sei e<strong>in</strong> multifaktorielles<br />

Geschehen, bei dem die e<strong>in</strong>zelnen Faktoren nicht<br />

isoliert betrachtet und bewertet werden könnten. Es reiche<br />

deshalb aus, wenn durch das Hilfsmittel die gleichberechtigte<br />

Teilhabe am Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft<br />

wesentlich geför<strong>der</strong>t werde.<br />

Angehörige nur zu zumutbarer Hilfe verpflichtet<br />

Der Kläger habe auch ke<strong>in</strong>e Möglichkeit, se<strong>in</strong>en häuslichen<br />

Therapiestuhl täglich <strong>in</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten und zurück<br />

zu transportieren. Es bestehe ke<strong>in</strong> genereller Vorrang<br />

familiärer Hilfe gegen über Versicherungsansprüchen.<br />

Von Angehörigen könnten lediglich zumutbare<br />

kle<strong>in</strong>e Hilfeleistungen erwartet werden. Die Grenze<br />

Recht<br />

<strong>der</strong> Zumutbarkeit sei hier überschritten. Dies ergebe sich<br />

bereits aus e<strong>in</strong>em ärztlichen Attest, nach dem es <strong>der</strong><br />

Mutter aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei,<br />

täglich den Therapiestuhl zu tragen.<br />

Schließlich sei auch <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten nicht vorrangig<br />

verpflichtet, den Kläger mit e<strong>in</strong>em Therapiestuhl zu versorgen.<br />

Der Träger des K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartens habe den allgeme<strong>in</strong>en<br />

üblichen Ausstattungsstandard zu gewährleisten.<br />

Wenn <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten überwiegend von beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n besucht werde, könnten hierzu auch beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tengerechte<br />

Zusatze<strong>in</strong>richtungen gehören. Die Versorgungspflicht<br />

durch den K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenträger scheide aber aus,<br />

wenn das streitige Hilfsmittel auf die Bedürfnisse e<strong>in</strong>es<br />

e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>des zugeschnitten sei.<br />

Ergänzend weist das Gericht darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Kläger<br />

zudem ke<strong>in</strong>en Rechtsanspruch gegenüber dem Transportunternehmen<br />

auf Mitnahme des Therapiestuhls habe.<br />

Anmerkung<br />

Das Gerichtsverfahren ist e<strong>in</strong> weiteres Beispiel für die<br />

bisweilen unsäglichen Kostene<strong>in</strong>sparungsbemühungen<br />

<strong>der</strong> Krankenkassen. Die Ausführungen <strong>der</strong> beklagten<br />

Krankenkasse gehen an <strong>der</strong> Lebenswirklichkeit völlig<br />

vorbei. Richtig ist alle<strong>in</strong> <strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis, dass an<strong>der</strong>s als<br />

beim Schulbesuch ke<strong>in</strong>e Rechtspflicht bestehe, e<strong>in</strong>en<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten zu besuchen. Tatsächlich machen <strong>in</strong>zwischen<br />

weit über 90% <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> von dieser Möglichkeit<br />

Gebrauch. Im letzten Jahr vor dem Schulbesuch liegt<br />

die Quote bei nahezu 100%. Beson<strong>der</strong>s fatal ist es, wenn<br />

wie im vorliegenden Fall versucht wird, beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

den Besuch e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartens zu erschweren,<br />

<strong>der</strong> speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. In<br />

diesen Fällen wird nicht nur die Integration <strong>in</strong> den Kreis<br />

Gleichaltriger geför<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong> therapeutischer<br />

Ansatz verfolgt. Schließlich ist <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenbesuch für schwer mehrfach beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

wie den Kläger häufig die e<strong>in</strong>zige Möglichkeit, mit<br />

Gleichaltrigen zusammen zu se<strong>in</strong>.<br />

Zum Anspruch auf Doppelausstattung mit Hilfsmitteln.<br />

Vgl. auch e<strong>in</strong>en Beschluss des Hessischen LSG vom<br />

8.11.2007, Az: L1KR 230/07 ER, abgedruckt <strong>in</strong> RdLh 1/<br />

2008, S. 16 (Sch).<br />

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung <strong>der</strong> Bundesvere<strong>in</strong>igung<br />

Lebenshilfe für Menschen mit geistiger<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung e.V. Erschienen im Rechtsdienst <strong>der</strong> Lebenshilfe<br />

Nr. 3/08. mm<br />

www.arbeitskreiskunstfehlergeburtshilfe.de<br />

15


Therapie<br />

Musiktherapie mit vielfältigen Wirkungen<br />

Das Delph<strong>in</strong>-Netzwerk ist <strong>in</strong>spiriert von den wohl <strong>in</strong>telligentesten<br />

und sozialsten Tieren unseres Planeten. Ich<br />

denke, auch Mozart´s Musik würde Delph<strong>in</strong>en gefallen,<br />

so wie auch Pflanzen mit mehr Wachstum und an<strong>der</strong>e<br />

Tiere, wie Kühe mit mehr Milch o<strong>der</strong> Mäuse mit mehr<br />

Intelligenz, positiv reagieren. Diese Entwicklungsför<strong>der</strong>ung<br />

beobachten wir auch bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Was kann<br />

dafür die Ursache se<strong>in</strong>?<br />

Angenehme Musik aktiviert Hirnareale, die für größte<br />

Glücksgefühle zuständig s<strong>in</strong>d. Innere Ängste gehen zurück.<br />

„Musik ist <strong>der</strong> stärkste Reiz für neuronale Umstrukturierungen,<br />

den wir kennen“ sagt <strong>der</strong> Musikpsychologe<br />

und Neurologe Eckart Altenmüller. Der Austausch zwischen<br />

beiden Gehirnhälften verbessert sich. Beim Hören<br />

von angenehmer Musik tritt e<strong>in</strong>e geordnete motorische<br />

Aktivierung e<strong>in</strong>, als wollten wir gleich mitspielen<br />

o<strong>der</strong> tanzen. Musik hat beruhigende Effekte auf Säugl<strong>in</strong>ge<br />

und Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong><strong>der</strong>, nach unseren Beobachtungen auch<br />

auf Schulk<strong>in</strong><strong>der</strong>. Musik öffnet die Pforten zum<br />

Unterbewusstse<strong>in</strong> und lässt gefühlsbetonte Seelen<strong>in</strong>halte<br />

zum Vorsche<strong>in</strong> kommen.<br />

Dass dazu die Musik von Mozart sowie e<strong>in</strong>ige Barock<br />

Komponisten am besten geeignet s<strong>in</strong>d, liegt daran, dass<br />

die Harmoniegesetze absolut umgesetzt und e<strong>in</strong>gehalten<br />

wurden. In den letzten Jahren s<strong>in</strong>d die Forschungsergebnisse<br />

immer e<strong>in</strong>deutiger zugunsten <strong>der</strong> Musiktherapie<br />

ausgefallen und <strong>in</strong> den Medien wird immer<br />

häufiger darüber berichtet.<br />

Kopfhörer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> therapeutischen Anwendung von<br />

Klängen erfor<strong>der</strong>lich. Wenn Sie über Boxen hören, dann<br />

hören Sie nicht nur das Klangabbild Ihrer CD, son<strong>der</strong>n<br />

16<br />

Und es macht noch Spass<br />

Sie hören die Klangantwort Ihres Raumes. Da Baustoffe,<br />

Wandbelege, Bodenbeläge, Deckengestaltung, Möblierung<br />

stark variieren, genauso sowie Raumgröße und<br />

Fensterfronten, ergibt sich e<strong>in</strong> starker diffuser Anteil im<br />

Klang, <strong>der</strong> klangtherapeutisch we<strong>der</strong> gewollt noch kontrollierbar<br />

ist. Der zweite wichtige Punkt, <strong>der</strong> Kopfhörer<br />

erfor<strong>der</strong>t, ist das „im Kopf Hören“ <strong>der</strong> Musik o<strong>der</strong> Klänge.<br />

Es ist gewollt, dass <strong>der</strong> Klang <strong>in</strong>nerlich wahrgenommen<br />

wird, so dass die Empf<strong>in</strong>dung nicht als getrennt von<br />

e<strong>in</strong>em selbst erlebt wird.<br />

Nun geben wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klangtherapie über Kopfhörer noch<br />

Klangverän<strong>der</strong>ungen h<strong>in</strong>zu. Dazu gleich mehr. Wir arbeiten<br />

bei AUDIVA mit harmonischer Musik gespielt auf<br />

natürlichen Instrumenten, mit Saiten und hölzernem<br />

Resonanzkörper. Metall fügt dem Klang zu viele unharmonische<br />

Obertöne h<strong>in</strong>zu. Wir brauchen für die positive<br />

Wirkung jedoch harmonische Klänge.<br />

Die Wirkung von Musikarten und Geräuschen wird erst<br />

ganz allmählich von Presse und Bildung erkannt. Wir<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> westlichen Welt, vor allem <strong>in</strong> den Städten,<br />

e<strong>in</strong>em ständigen Lärmfaktor ausgesetzt. Wenn vorausgesetzt<br />

wird, dass wir re<strong>in</strong> rationale Wesen s<strong>in</strong>d, die nur<br />

auf das reagieren, was e<strong>in</strong>e gewollte Ansprache darstellt,<br />

mag das genügen. Doch können wir selbst entscheiden,<br />

ob wir uns ständig von stressauslösendem Lärm bee<strong>in</strong>flussen<br />

lassen o<strong>der</strong> ob wir selbst entscheiden, welche<br />

Fremdwirkung wir auf unser Hörsystem zulassen und<br />

welche Qualität die Musik hat, die wir mögen.<br />

Ich kann hier nicht vertiefen, was <strong>der</strong> Unterschied zwischen<br />

<strong>der</strong> Musik, die wir mögen ist und <strong>der</strong> Musik, die<br />

für uns gut ist. Es ist vielleicht ähnlich wie mit <strong>der</strong> Ernährung<br />

(z.B. zuviel Fett, gehärtete). Jedes <strong>in</strong>strumentale<br />

Musikstück, hat e<strong>in</strong>e Sprache, e<strong>in</strong>e nonverbale Information.<br />

Diese sollte leicht se<strong>in</strong> (fettarm) und darf auch süß<br />

(süß) kl<strong>in</strong>gen (ohne Kalorien!). Diese Sprache nehmen<br />

wir nicht mit dem Kortex, dem rationalen Bewusstse<strong>in</strong><br />

wahr, son<strong>der</strong>n mit unserem Gefühlsystem, dem<br />

limbischen System. Wer jedoch schon Erwartungen hat,<br />

auf den Geschmack gebracht wurde, <strong>der</strong> mag diese leichten<br />

und süßen Klänge von Mozart nicht würdigen. Er<br />

erwartet z.B. die harten Takte <strong>der</strong> Rockmusik o<strong>der</strong> das<br />

Gesäusel von Schlagermusik. Hier zeigt sich <strong>der</strong> Konflikt<br />

<strong>in</strong> Hörerwartung und Hörwirkung.<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d alters- und e<strong>in</strong>flussabhängig noch offen für<br />

die heiteren und süßen Klänge. Sie reagieren oft zum<br />

Erstaunen <strong>der</strong> Eltern auf die Musiktherapie mit Freude<br />

und Kraft.<br />

Die Energie, die Freude und Kraft verstärkt und das<br />

Gehirn anregt, stammt aus den hohen Frequenzen <strong>der</strong><br />

Musik. Wir verwenden e<strong>in</strong>en Hochtonfilter (Hochtontra<strong>in</strong><strong>in</strong>g)<br />

und e<strong>in</strong>e Seitenbewegung (Lateraltra<strong>in</strong><strong>in</strong>g), um<br />

die Klänge <strong>der</strong> Musik für das Gehirn anregend zu gestalten.<br />

Ohne diese technischen Verän<strong>der</strong>ungen kommen<br />

wir beim Hörer nicht an <strong>der</strong> gewohnten Hörverarbeitung


vorbei. Durch die technische Klangverän<strong>der</strong>ung zu Gunsten<br />

hoher Töne liefern wir mehr Energie <strong>in</strong>s Hörsystem,<br />

da <strong>der</strong> Energie<strong>in</strong>halt mit steigen<strong>der</strong> Frequenz ebenfalls<br />

steigt. Die neuronale Erregung steigt an und <strong>der</strong> Körper<br />

reagiert spontan mit e<strong>in</strong>er Lausch - Haltung, die den Tonus<br />

erhöht, und die Wirbelsäule, die ganze Haltung aufrichtet.<br />

Das Spitzen <strong>der</strong> Ohren wird auf den ganzen Körper<br />

übertragen.<br />

Sie können diesen Effekt, <strong>der</strong> zumeist im Innern des<br />

Hörers verborgen abläuft, außen erkennen durch Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Mimik, <strong>der</strong> Haltung, <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>motorik und<br />

<strong>der</strong> spontanen Kommunikationsbereitschaft.<br />

Die Aufmerksamkeit steigt an und <strong>der</strong> Hörer kann sich<br />

während und e<strong>in</strong>er gewissen Zeit nach <strong>der</strong> Hörtherapie<br />

länger konzentrieren. Das liegt daran, dass die Anregung<br />

im limbischen System direkt auf e<strong>in</strong>e vermehrte Produktion<br />

von Botenstoffen, wie Dopam<strong>in</strong> u.a. e<strong>in</strong>wirkt. Was<br />

mit pharmakologisch durch rittal<strong>in</strong>ähnliche Präparate<br />

erreicht wird, kann <strong>der</strong> Körper durch Anregung von außen<br />

auch selbst schaffen, gibt man ihm den entsprechenden<br />

Stimulus und den Freiraum. E<strong>in</strong>e Zeitbegrenzung<br />

f<strong>in</strong>det durch den natürlichen Abbau <strong>der</strong> Neurotransmitter<br />

statt. Bei Langzeitanwendung des Hörtra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs können<br />

sich die <strong>in</strong>neren Prozesse stabilisieren und verselbst-ständigen,<br />

so dass nach e<strong>in</strong>igen Monaten <strong>in</strong> die Erhaltungstherapie<br />

gewechselt werden kann, wobei e<strong>in</strong> gelegentliches<br />

Hörtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zur Auffrischung und Er<strong>in</strong>nerung genügt.<br />

Das Hörtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g nach AUDIVA besteht aus <strong>der</strong> Musiktherapie<br />

<strong>in</strong> Phase A, welches bei ADS, ADHS Entwick-<br />

Die Musikgruppe <strong>der</strong> Tom-Mutters-Schule Frankenthal<br />

spielte bei bei <strong>der</strong> Jubiläumsfeier des AKG 2008<br />

Therapie<br />

lungsverzögerungen, Geräuschempf<strong>in</strong>dlichkeit u.v.m.<br />

erfolgreich e<strong>in</strong>gesetzt wird. K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit Sprach-, Sprechund<br />

Leseproblemen führen zusätzlich die Phase B durch.<br />

Die Anwendung wird täglich m<strong>in</strong>destens 30 M<strong>in</strong>. durchgeführt.<br />

E<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsblock dauert 12 Wochen. Je nach<br />

Entwicklungsstand wird das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g dann verlängert,<br />

pausiert o<strong>der</strong> abgeschlossen.<br />

Sie können beruhigt se<strong>in</strong>, denn durch e<strong>in</strong> Kopfhörer -<br />

Hörtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g über e<strong>in</strong>en Hörwahrnehmungstra<strong>in</strong>er kann Ihr<br />

K<strong>in</strong>d nebenher spielen, basteln, puzzeln ... ausruhen o<strong>der</strong><br />

sogar Schularbeiten verrichtet, denn: ES muss sich<br />

NICHT auf die Musik KONZENTRIEREN! Die Musik<br />

wirkt, wie gesagt, im emotionalen und vegetativen Bereich.<br />

Der kognitive Bereich, als dritte Instanz unseres<br />

Bewusstse<strong>in</strong>s ist e<strong>in</strong>e unabhängige Instanz, die uns von<br />

den Tieren unterscheidet. Doch liefern uns die Tiere, wie<br />

Delph<strong>in</strong>e dank ihres hoch entwickelten Sozialverhaltens<br />

die Reize, die wir ohne Rationalität, also ohne Verstand,<br />

sofort positiv e<strong>in</strong>ordnen.<br />

Somit komme ich zu dem Schluss, dass wir für e<strong>in</strong>e<br />

Entwicklungsför<strong>der</strong>ung auf die eigenen Ressourcen setzen,<br />

diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er harmonischen Hörgestaltung anregen,<br />

um sie als <strong>in</strong>nere Kräfte zu wecken.<br />

Uwe M<strong>in</strong>n<strong>in</strong>g<br />

Weitere Informationen bei: AUDIVA Hören und Bewegen,<br />

Behlenstr. 3, D-79400 Kan<strong>der</strong>n, Tel.:+49/7626-9779-0,<br />

Fax: -11, Internet: www.audiva.de<br />

Alles über konduktive För<strong>der</strong>ung<br />

nach dem ungarischen Arzt Prof. Dr. Petö<br />

f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dieser Broschüre.<br />

Zu bestellen beim AKG.<br />

17


Therapie<br />

<strong>Selektive</strong> <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong> (SDR) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Türkei<br />

Folgende Mail und e<strong>in</strong>e sehr umfangreiche<br />

Information über die selektive<br />

<strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong>, hat Herr L<strong>in</strong>gk<br />

an se<strong>in</strong>en Anwalt, Dr. Uphoff, geschickt<br />

und uns die Veröffentlichung<br />

erlaubt. Es geht um die Operation<br />

se<strong>in</strong>es Sohnes Bennet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Türkei.<br />

(Vielen Dank!)<br />

Sehr geehrter Herr Dr. Uphoff,<br />

Wie bereits am Telefon erläutert, ist<br />

bei Bennet die selektive <strong>dorsale</strong><br />

<strong>Rhizotomie</strong> (SDR) am 4.11.2008 erfolgreich<br />

verlaufen. Bennet wird noch<br />

Erhöhte Muskelspannung<br />

Spastik ist e<strong>in</strong>e krankhafte Erhöhung <strong>der</strong> Muskelspannung.<br />

Von 700.000 K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die jedes Jahr <strong>in</strong> Deutschland<br />

geboren werden, erleiden 1.400 e<strong>in</strong>e Hirnschädigung<br />

mit e<strong>in</strong>er Bewegungsstörung. Elektrische<br />

Impulse, die das Gehirn über die Nervenfasern des<br />

Rückenmarks an e<strong>in</strong>zelne Muskeln aussendet, geraten<br />

zu stark - das Ergebnis ist e<strong>in</strong> Koord<strong>in</strong>ationsverlust,<br />

wie er von Spastikern bekannt ist.<br />

Mit Folie isoliert<br />

Bei <strong>der</strong> selektiven <strong>dorsale</strong>n <strong>Rhizotomie</strong> werden e<strong>in</strong><br />

o<strong>der</strong> mehrere Lendenwirbel geöffnet. Unter dem Mikroskop<br />

werden Rückennerven mit Kunststoff-Folie<br />

isoliert und spastisch beson<strong>der</strong>s auffällige Teile durchtrennt.<br />

Übrig bleiben nur die gesunden Nervenbündel<br />

(Faszikel), die dann die Aufgaben <strong>der</strong> durchtrennten<br />

übernehmen.<br />

In den USA Standard<br />

Erste <strong>Rhizotomie</strong>n wurden bereits 1913 ausprobiert.<br />

In den USA und Kanada, aber auch <strong>in</strong> Belgien gehören<br />

die neuen <strong>Rhizotomie</strong>n zum therapeutischen Standardprogramm<br />

für Spastiker. Nur <strong>in</strong> Deutschland muss<br />

diese Methode noch etabliert werden. Nach Schätzungen<br />

von Mediz<strong>in</strong>ern können <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

rund 7000 Patienten von <strong>der</strong> Operation profitieren.<br />

Sie ist allerd<strong>in</strong>gs nicht für jeden Patienten<br />

geeignet. Erfolg versprechend ist e<strong>in</strong>e selektive <strong>dorsale</strong><br />

<strong>Rhizotomie</strong> beson<strong>der</strong>s bei (gerade noch) gehfähigen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die über relativ <strong>in</strong>takte Muskeln verfügen.<br />

(Artikel oben aus <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Morgenpost vom<br />

5.04. 2008)<br />

18<br />

zusammen mit me<strong>in</strong>er Ex-Frau bis<br />

Ende November <strong>in</strong> <strong>der</strong> Türkei verbleiben,<br />

weil Bennet dort im Krankenhaus<br />

noch 2 Wochen Physiotherapie<br />

zur Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Bewegungskoord<strong>in</strong>ation<br />

erhält.<br />

In <strong>der</strong> Anlage überreiche ich e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />

Abhandlung über SDR z. w.<br />

V. Die Arztberichte werde ich Anfang<br />

Dezember 2008, wenn die Unterlagen<br />

vollständig vorliegen, an sie<br />

weiterleiten. Die SDR wird auch <strong>in</strong><br />

Deutschland durch Dr. Haberl an <strong>der</strong><br />

<strong>Selektive</strong> <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong> (SDR)<br />

Quelle: http://selektive.<strong>dorsale</strong>.rhizotomie.<strong>in</strong>fo/portal.php (leicht modifiziert und verallgeme<strong>in</strong>ert)<br />

Charite <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und durch Dr. Kunkel<br />

<strong>in</strong> Hamburg durchgeführt. Wie bereits<br />

mündlich berichtet, hatte Dr.<br />

Kunkel aus HH e<strong>in</strong>e OP bei Bennet<br />

abgelehnt, weil die Spastik bei<br />

Bennet sehr stark ausgeprägt sei.<br />

Dr. Kunkel stellte dann aber e<strong>in</strong>en<br />

Kontakt zu Prof. Dr. Özek (Acibadem<br />

Krankenhaus) aus Istanbul her, weil<br />

dieser bereits seit über 15 Jahren<br />

SDR Behandlungen durchführt und<br />

dadurch e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Erfahrungshorizont<br />

hat.<br />

<strong>Selektive</strong> <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong> (SDR)<br />

Bei dieser Methode ist die Reduktion von Spastiken das<br />

Hauptziel: bestimmte Nervenfasern werden durchtrennt,<br />

die zur Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Spastik beitragen.<br />

Bei Menschen, die nicht unter e<strong>in</strong>er Spastik leiden, bestehen<br />

spezielle Nervenbahnen, die vom Gehirn bis zum<br />

Rückenmark ziehen und dort e<strong>in</strong>en hemmenden E<strong>in</strong>fluss<br />

auf den so genannten Reflexbogen ausüben. Reflexe wie<br />

z.B. <strong>der</strong> Kniescheibenreflex s<strong>in</strong>d sozusagen Kurzschlüsse<br />

zwischen den Muskeln und Sehnen e<strong>in</strong>erseits und dem<br />

Rückenmark an<strong>der</strong>erseits.<br />

So meldet die Kniescheibensehne im Falle e<strong>in</strong>es Stolperns<br />

nicht erst zeitaufwendig dem Gehirn, dass sie gerade<br />

gestreckt wurde, son<strong>der</strong>n die Information geht nur<br />

bis zum Rückenmark und wird dort direkt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Signal<br />

umgeschaltet (Reflexbogen), welches dem Oberschenkelmuskel<br />

befielt sich schnell anzuspannen und so<br />

e<strong>in</strong>en Sturz verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t. Damit dieser im Pr<strong>in</strong>zip s<strong>in</strong>nvolle<br />

Reflex nicht ständig abläuft, bestehen also die vom<br />

Gehirn bis zu dem Reflexort im Rückenmark verlaufenden<br />

hemmenden Nervenbahnen.<br />

Bei Menschen mit e<strong>in</strong>er Spastik wurden diese hemmenden<br />

Bahnen auf ihrem Weg entwe<strong>der</strong> im Gehirn o<strong>der</strong> im<br />

Rückenmark unterbrochen und können <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht<br />

repariert werden. Die Ursache von Spastiken s<strong>in</strong>d also<br />

ungehemmt ablaufende Reflexantworten.<br />

Die dabei entstehende Muskelspannung wird nun über<br />

sensible (fühlende) Nerven dem Rückenmark zurückgemeldet<br />

und führt zum erneuten Auslösen des Reflexbogens.<br />

So entsteht e<strong>in</strong> Teufelskreis, bei dem die Muskelanspannung<br />

ständig weiter aufrecht gehalten und<br />

damit zur Spastik wird.


<strong>Selektive</strong> <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong> (SDR)<br />

Bei <strong>der</strong> Methode <strong>der</strong> selektiven <strong>dorsale</strong>n <strong>Rhizotomie</strong> wird<br />

nun e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> sensiblen Nerven, die mit ihrer Rückmeldung<br />

den Teufelskreis aufrechterhalten, identifiziert<br />

und dann gezielt gekappt. Die kann nur im Bereich <strong>der</strong><br />

Lendenwirbelsäule erfolgen, so dass auch nur e<strong>in</strong>e Spastik<br />

<strong>der</strong> Beide und nicht <strong>der</strong> arme behandelt werden kann.<br />

E<strong>in</strong>e Besserung von unwillkürlich e<strong>in</strong>schließenden Muskelanspannungen<br />

(Dystonie) ist mit dieser Methode nicht<br />

möglich, da diese e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Ursache hat als die Spastik.<br />

Beson<strong>der</strong>s erfolgreich wird diese Operation bei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

mit e<strong>in</strong>er Zerebralparese und e<strong>in</strong>er Spastik <strong>der</strong> Be<strong>in</strong>e<br />

(Diparese), die aber noch gehfähig s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Vorteile <strong>der</strong> <strong>Rhizotomie</strong> bestehen dar<strong>in</strong>, dass ke<strong>in</strong>e Abhängigkeit<br />

von e<strong>in</strong>er Medikamentenpumpe und damit von<br />

regelmäßigen ambulanten Krankenhausvorstellungen<br />

entsteht, die M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Spastik spätere orthopädische<br />

Operationen bei entstandenen Deformitäten (Hüftverdrehung<br />

usw.) überflüssig machen kann und nicht<br />

selten e<strong>in</strong>e Normalisierung des vorher auffälligen Gangbildes<br />

zu erreichen ist.<br />

Zur Klärung <strong>der</strong> Frage, ob e<strong>in</strong> bestimmtes K<strong>in</strong>d von <strong>der</strong><br />

<strong>Rhizotomie</strong> profitieren könnte, erfolgt zunächst e<strong>in</strong>e ambulante<br />

Vorstellung bei allen beteiligten Experten (K<strong>in</strong><strong>der</strong>neurologie,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>orthopädie und K<strong>in</strong><strong>der</strong>neuro-chirurgie)<br />

geme<strong>in</strong>sam. Von e<strong>in</strong>er möglichen Operation wird e<strong>in</strong>e<br />

Videoanalyse des Gangbildes durchgeführt werden.<br />

Die selektive <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong><br />

- e<strong>in</strong>e lebensverän<strong>der</strong>nde Operation<br />

In Deutschland werden jährlich ca. 700.000 K<strong>in</strong><strong>der</strong> geboren.<br />

1.400 dieser K<strong>in</strong><strong>der</strong> erleiden e<strong>in</strong>e frühk<strong>in</strong>dliche<br />

Hirnschädigung (<strong>in</strong>fantile Zerebralparese) - oft ohne E<strong>in</strong>schränkung<br />

<strong>der</strong> Intelligenz - mit e<strong>in</strong>er lebenslangen Bewegungsstörung.<br />

Am häufigsten ist die Erhöhung <strong>der</strong> Muskelspannung,<br />

die so genannte Spastik. Bei 400 - 500 K<strong>in</strong><strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d die<br />

Be<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s betroffen. Zurzeit leben <strong>in</strong> Deutschland<br />

zwischen 7.000 und 8.000 von dieser speziellen Problematik<br />

betroffene K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche unter 18 Jahren.<br />

Symptome<br />

- Schwere Gangstörung.<br />

- Der Oberschenkel ist angew<strong>in</strong>kelt, gebeugt und nach<br />

<strong>in</strong>nen gedreht.<br />

- Das Sprunggelenk und <strong>der</strong> Fuß stehen meist <strong>in</strong><br />

Spitzfußstellung (?Zehenspitzengang?).<br />

- Die Wirbelsäule entwickelt oft e<strong>in</strong>e hochgradige Verkrümmung<br />

(Skoliose).<br />

- Koord<strong>in</strong>ations- und Gleichgewichtsstörungen, Sprachstörungen<br />

und Muskelzittern (Tremor) s<strong>in</strong>d möglich.<br />

In Folge <strong>der</strong> Bewegungsstörungen stürzen die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

häufig. Sie s<strong>in</strong>d oft auf die Nutzung e<strong>in</strong>es Rollstuhls angewiesen<br />

Epileptische Anfälle, Hör- und Sprachstörun-<br />

Therapie<br />

gen können die Teilnahme am sozialen Leben bee<strong>in</strong>trächtigen.<br />

Sowohl die körperlichen E<strong>in</strong>schränkungen als auch<br />

die kognitiven E<strong>in</strong>schränkungen können die Selbständigkeit<br />

und die Bewältigung des Alltags, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong><br />

Schule, erschweren.<br />

- Die SDR verbessert das Steh- und Gehvermögen wesentlich.<br />

- Sie reduziert die durch die Spastik ausgelösten Schmerzen<br />

<strong>in</strong> den großen Gelenken. Frühzeitig durchgeführt<br />

kann sie die Anzahl <strong>der</strong> später notwendigen orthopädischen<br />

Korrekturen reduzieren.<br />

- Obwohl am Rückenmark durchgeführt, kann sie bei<br />

Durchführung im frühen K<strong>in</strong>desalter zu e<strong>in</strong>er sekundären<br />

Verbesserung des Sprachvermögens, <strong>der</strong> Tiefensensibilität,<br />

sowie <strong>der</strong> Kontrolle des Oberkörpers und<br />

<strong>der</strong> Handfunktion beitragen.<br />

Die Operation<br />

Die selektive <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong> (SDR) ist e<strong>in</strong> mikrochirurgischer<br />

E<strong>in</strong>griff. Im Gegensatz zu allen bisherigen<br />

operativen Ansätzen kommt sie mit e<strong>in</strong>em m<strong>in</strong>imalen<br />

Zugang zur Wirbelsäule über e<strong>in</strong>en ca. 5 cm langen<br />

Schnitt aus.<br />

Nach Erreichen des Wirbelkanales wird die Dura mater,<br />

die geme<strong>in</strong>same Hülle <strong>der</strong> Nervenwurzeln und des<br />

Rückenmarkes, eröffnet. Nun blickt man auf den Ursprung<br />

aller <strong>in</strong> die untere Körperhälfte ziehenden Nerven<br />

am Rückenmark. Die für die Übertragung <strong>der</strong> Spastik<br />

verantwortlichen Anteile <strong>der</strong> Nervenwurzeln werden nun<br />

durch kle<strong>in</strong>e Kunststofffolien isoliert. Ihre Funktion wird<br />

mit Hilfe kle<strong>in</strong>er elektrischer Impulse gemessen. Das<br />

Antwortsignal wird gemäß den def<strong>in</strong>ierten Kriterien bewertet.<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage dieser Bewertung unterbricht <strong>der</strong><br />

Chirurg unter dem Mikroskop die beson<strong>der</strong>s spastischen<br />

Impulse übertragenden Fasern und schont die weniger<br />

betroffenen Fasern, um die Funktionsfähigkeit aller wurzeln<br />

aufrechtzuerhalten.<br />

Da bis zu 60 Messungen notwendig s<strong>in</strong>d, kann <strong>der</strong> E<strong>in</strong>griff<br />

mehrere Stunden dauern. Danach wird die Dura<br />

genäht und die Wunde schichtweise verschlossen. Die<br />

Haut wird mit e<strong>in</strong>em selbstauflösenden Faden kosmetisch<br />

genäht.<br />

Risiken<br />

Je<strong>der</strong> mehrstündige E<strong>in</strong>griff bei e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d be<strong>in</strong>haltet<br />

sowohl Narkose- als auch Operationsrisiken. Insgesamt<br />

ist die Gefahr jedoch ger<strong>in</strong>g. Vor e<strong>in</strong>er Operation werden<br />

alle Risiken ausführlich mit den Eltern und dem K<strong>in</strong>d<br />

besprochen.<br />

Nach <strong>der</strong> Operation<br />

Nach <strong>der</strong> Operation wird das K<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>em Blasenkatheter<br />

und e<strong>in</strong>em Infusionssystem für 24 Stunden auf e<strong>in</strong>e<br />

19


Therapie<br />

<strong>Selektive</strong> <strong>dorsale</strong> <strong>Rhizotomie</strong><br />

Überwachungsstation verlegt. Es wird dort Medikamente<br />

gegen die Schmerzen und zur Entspannung <strong>der</strong> Muskulatur<br />

erhalten. Danach wird <strong>der</strong> Katheter entfernt und<br />

das K<strong>in</strong>d auf se<strong>in</strong>e Aufnahmestation zurückverlegt. Nach<br />

2 Tagen strikter Bettruhe kann e<strong>in</strong> erster assistierter Sitzversuch<br />

im Rollstuhl für ca. 1 Stunde erfolgen. Danach<br />

beg<strong>in</strong>nt milde Physiotherapie. Nachts kann <strong>der</strong> Schlaf<br />

durch Muskelzuckungen gestört werden. In diesem Fall<br />

kann abends e<strong>in</strong> Muskelrelaxans gegeben werden.<br />

Das <strong>Rhizotomie</strong>-Programm<br />

Die <strong>Rhizotomie</strong> ist nicht nur e<strong>in</strong>e Operation, sie ist e<strong>in</strong><br />

Programm. Auswahl und Vorbereitung <strong>der</strong> Patienten,<br />

Narkoseführung und Schmerztherapie, die k<strong>in</strong><strong>der</strong>ärztliche<br />

körperliche und psychologische Betreuung, die Anpassung<br />

von Gehhilfen und die Überleitung <strong>in</strong> den außerkl<strong>in</strong>ischen<br />

Alltag erfor<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres Team von<br />

Spezialisten.<br />

Operative Behandlungsmöglichkeit für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

mit übermäßigem Speichelfluss<br />

Erhöhter Speichelfluss kommt bei beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n relativ häufig vor. Wenn<br />

dieses Phänomen auch nicht lebensbedrohlich<br />

ist, so ist es vor allem auch für<br />

Eltern e<strong>in</strong>e ausgesprochen arbeits<strong>in</strong>tensive<br />

Zusatzbelastung.<br />

Manchmal bessert sich dieses Krankheitsbild<br />

auch im Laufe <strong>der</strong> Zeit von alle<strong>in</strong>e. In<br />

vielen Fällen aber lei<strong>der</strong> nicht.<br />

Zunächst sollte man versuchen, mit entsprechenden<br />

Medikamenten o<strong>der</strong> mit<br />

Therapien dieses Problem <strong>in</strong> den Griff zu<br />

bekommen. Falls auch diese Möglichkeiten<br />

nicht helfen, konnte man bisher normalerweise<br />

eigentlich nur noch zuwarten<br />

und auf spontane Besserung hoffen.<br />

Durch Zufall erfuhr ich vor kurzem, dass<br />

es e<strong>in</strong>e weitere (operative) Methode gibt,<br />

erhöhten Speichelfluss zu normalisieren<br />

o<strong>der</strong> wesentlich zu verr<strong>in</strong>gern.<br />

E<strong>in</strong> Arzt aus England, Dr. Hen<strong>der</strong>son,<br />

hatte sich <strong>in</strong>tensiv mit diesem Thema beschäftigt<br />

und e<strong>in</strong>e Operationsmethode<br />

entwickelt, die bei Menschen mit diesem<br />

Handicap erfolgreich angewendet werden<br />

kann.<br />

Inzwischen gibt es <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>en<br />

Arzt (Dr. med. B.Al-Tawil), <strong>der</strong> dieses<br />

Know-how von Herrn Dr. Hen<strong>der</strong>son<br />

20<br />

übernommen hat. Zahlreiche Operationen<br />

(über 60) wurden bereits <strong>in</strong> Deutschland<br />

von Herrn Dr. Al-Tawil erfolgreich durchgeführt.<br />

Herr Dr. Al-Tawil ist <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Facharzt<br />

für ästhetische und plastische Chirurgie.<br />

Er ist als nie<strong>der</strong>gelassener Facharzt<br />

<strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>e (Jacobi-Krankenhaus) tätig und<br />

praktiziert darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> Düsseldorf<br />

(Privatpraxis).<br />

Nähere E<strong>in</strong>zelheiten für e<strong>in</strong>e<br />

„Speichel-flussoperation“:<br />

· E<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Operation kann kassen<br />

ärztlich abgerechnet werden. Die Operation<br />

erfolgt dann <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>e.<br />

· Bei e<strong>in</strong>er Privatabrechnung kann auch<br />

<strong>in</strong> Düsseldorf operiert werden.<br />

· Die Operation ist aus Sicht von Herrn<br />

Dr. Al-Tawil als e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer E<strong>in</strong>griff e<strong>in</strong>zuordnen.<br />

· In <strong>der</strong> Regel ist e<strong>in</strong> stationärer Aufenthalt<br />

von 3 Tagen e<strong>in</strong>zuplanen.<br />

· E<strong>in</strong>e Operation sollte lt. Dr. Al-Tawil nur<br />

dann erfolgen, wenn alle an<strong>der</strong>en Möglichkeiten<br />

erfolglos geblieben s<strong>in</strong>d.<br />

Es würde zu weit führen, genau zu beschreiben,<br />

was bei <strong>der</strong> Operation geschieht.<br />

Für Fachleute nachstehend nur<br />

Rehabilitation<br />

Spastik schränkt die willkürliche Bewegung <strong>der</strong> Be<strong>in</strong>e e<strong>in</strong><br />

und erschwert so die Kräftigung <strong>der</strong> Be<strong>in</strong>muskulatur. Die<br />

Be<strong>in</strong>e werden also nicht nur steif - sie bleiben auch<br />

schwach. Mit dem Verschw<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Spastik empf<strong>in</strong>det<br />

<strong>der</strong> Patient die vorbestehende Be<strong>in</strong>schwäche zunächst<br />

beson<strong>der</strong>s stark, denn <strong>der</strong> durch die Operation erstmals<br />

mögliche Muskelaufbau braucht Zeit. Es kann e<strong>in</strong>ige<br />

Wochen o<strong>der</strong> Monate dauern, bis das K<strong>in</strong>d die frühere<br />

Gehfähigkeit - jetzt mit wesentlich reduzierter Spastik -<br />

wie<strong>der</strong>erlangt hat.<br />

Danach wird es zu <strong>der</strong> erwarteten, drüber h<strong>in</strong>ausgehenden<br />

Besserung kommen: E<strong>in</strong> flüssigerer Gang mit längeren<br />

Schritten ist möglich. Für den raschen und gezielten<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau komplexer Bewegungsabläufe und das<br />

gleichzeitige Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zerebraler Leistungen (Sprache,<br />

Konzentration) empfiehlt sich e<strong>in</strong> Rehabilitationsaufenthalt<br />

an e<strong>in</strong>er spezialisierten Kl<strong>in</strong>ik.<br />

e<strong>in</strong>e kurze Zusammenfassung dazu:<br />

Die Operation wird <strong>in</strong> Intubationsnarkose<br />

durchgeführt. Dabei wird <strong>der</strong> Gang <strong>der</strong><br />

Wangenspeicheldrüse auf e<strong>in</strong>er Seite unterbunden<br />

und gleichzeitig die beiden submandibulären<br />

Drüsengänge <strong>in</strong> den Mund<br />

nach h<strong>in</strong>ten umgeleitet. Durch diese Maßnahme<br />

kommt es e<strong>in</strong>erseits zu e<strong>in</strong>em<br />

Speichelproduktionsstop an <strong>der</strong> unterbundenen<br />

Seite und an<strong>der</strong>erseits zur Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Schluckfähikeit durch Umleitung<br />

des Speichelflusses nach h<strong>in</strong>ten.<br />

Zu allen weiteren Fragen wie mögliche<br />

Komplikationen, Erfolgschancen etc. steht<br />

Ihnen Herr Dr. Al-Tawil zur Verfügung. Bei<br />

e<strong>in</strong>em Vorstellungsterm<strong>in</strong> sollten folgende<br />

Unterlagen vorliegen:<br />

· Überweisung des behandelnden<br />

Arztes<br />

· Kostenzusage Ihrer Krankenkasse für<br />

evtl. stationäre Behandlung<br />

· Kopien aller bisherigen Befundberichte<br />

Bitte richten Sie Anfragen direkt an:<br />

Dr. Al-Tawil, Matthiasstr.6, 48431 Rhe<strong>in</strong>e,<br />

Tel.: 05971-915480, Fax: 05971 - 915481<br />

Gerd Schmidt, Vorstandsmitglied,<br />

Paul-Pieper-Str. 22, 40625 Düsseldorf,<br />

Tel.: 0211-299252


Therapieerfahrungen mit unserem Sohn Eduardo Bendito<br />

Wir möchten im folgenden Bericht versuchen, die Therapiemöglichkeiten,<br />

die wir für unseren Sohn bisher nutzen<br />

konnten, kurz zu reflektieren. Als Betroffene Eltern<br />

sehen wir die von uns bisher gewählten Therapien als<br />

absolut notwendige Ergänzung zu dem an, was sonst<br />

lei<strong>der</strong> nur möglich wäre bzw. von Ärzten empfohlen und<br />

von Krankenkassen bezahlt würde.<br />

Die folgenden Therapien s<strong>in</strong>d sozusagen die von uns<br />

selbst für unseren Sohn als s<strong>in</strong>nvoll erachteten und verordneten<br />

Therapien, die allerd<strong>in</strong>gs bisher auch nur über<br />

Spenden f<strong>in</strong>anziert werden konnten:<br />

- Therapie nach dem System <strong>der</strong> Intensiven<br />

Neurophysiologischen Rehabilitation (SINR), kurz<br />

Kozijavk<strong>in</strong>-Methode <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e<br />

- Delf<strong>in</strong>therapie<br />

- Hippotherapie<br />

- Konduktive För<strong>der</strong>ung nach Petö<br />

Unser Sohn Eduardo ist durch e<strong>in</strong>en groben Behandlungsfehler<br />

bei se<strong>in</strong>er Geburt im Juni 2005 zu 100%<br />

Schwerbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t mit Infantiler Cerebralparese (ICP), was<br />

sich bei ihm <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er schweren Tetraparese zeigt.<br />

Er kann bisher we<strong>der</strong> sitzen, stehen, gehen, sprechen<br />

o<strong>der</strong> selbständig essen. Er ist bei sämtlichen Tätigkeiten<br />

des Alltags auf fremde Hilfe angewiesen.<br />

Wissentlich, dass die ICP nicht heilbar ist, <strong>der</strong> Verlauf<br />

jedoch durch geeignete Therapien günstig bee<strong>in</strong>flusst<br />

werden kann o<strong>der</strong> <strong>der</strong> negative Verlauf verlangsamt o<strong>der</strong><br />

gestoppt werden kann, s<strong>in</strong>d wir als Eltern von Anfang an<br />

bemüht gewesen, unserem Sohn erfolgsversprechende<br />

Therapien zu ermöglichen.<br />

Kozijavk<strong>in</strong>-Methode <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e<br />

Nachdem wir durch die Medien und an<strong>der</strong>e Betroffene<br />

von <strong>der</strong> Behandlung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e erfahren haben, s<strong>in</strong>d<br />

wir bereits im Oktober 2007 zum ersten Mal für die dort<br />

üblichen 12 Tage zu Prof. Kozijavk<strong>in</strong> geflogen. Trotz<br />

mancher Kritik, worauf wir später noch zu sprechen kommen,<br />

sahen wir Eduardos Fortschritte (Verbesserte Kopfund<br />

Handkontrolle, Speichelfluss e<strong>in</strong>gestellt, verr<strong>in</strong>gerter<br />

Muskeltonus etc.) und da uns bisher ke<strong>in</strong>e Alternativen<br />

e<strong>in</strong>er so <strong>in</strong>tensiven Behandlung bekannt s<strong>in</strong>d, haben<br />

wir uns auch für die Fortführung <strong>der</strong> Therapie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ukra<strong>in</strong>e entschlossen. Entsprechend folgte dann die<br />

Zweite Behandlung im März und die Dritte im August<br />

2008. Die Behandlung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e kostet etwa 2700<br />

Euro zuzüglich Flug, Übernachtung und Vollpension <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik. D. h. bei e<strong>in</strong>em jugendlichen Patienten und<br />

e<strong>in</strong>er Begleitperson kommt man auf ca. 4300 Euro. Es<br />

gibt verschiedene Stiftungen, welche die Therapie von<br />

Prof. Kozijavk<strong>in</strong> unterstützen und Eltern bei <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung<br />

helfen.<br />

Delph<strong>in</strong>therapie <strong>in</strong> <strong>der</strong>Türkei<br />

Auf Empfehlungen h<strong>in</strong> (auch <strong>der</strong> Ärzte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e),<br />

Therapie<br />

haben wir uns zusätzlich noch zu e<strong>in</strong>er Delf<strong>in</strong>therapie<br />

entschlossen und s<strong>in</strong>d im Mai 2008 nach Marmaris <strong>in</strong><br />

die Türkei geflogen. Dort bekommt man an 10 Behandlungstagen<br />

jeweils 45 M<strong>in</strong>uten Delf<strong>in</strong>therapie <strong>in</strong> sog.<br />

„Offshore-Cages“, d. h. e<strong>in</strong>e Art schwimmen<strong>der</strong> Käfig im<br />

Meer mit Plattformen auf denen die Therapie stattf<strong>in</strong>det.<br />

Zum Behandlungskonzept gehören auch entwe<strong>der</strong> 10 mal<br />

Hippotherapie à ca. 20 M<strong>in</strong>uten o<strong>der</strong> alternativ Krankengymnastik<br />

(Cranio-Sacral-Therapie).<br />

Vorsichtige Annäherung<br />

Wir haben uns für den Anbieter<br />

„Onmega“ <strong>in</strong> Marmaris<br />

(www.delph<strong>in</strong>therapie.net) entschieden,<br />

weil dort die Delf<strong>in</strong>e im<br />

Meer gehalten werden und nicht im<br />

Delf<strong>in</strong>arium, was uns als „artgerechter“ erschien. Die Kosten<br />

für diese Therapie betragen 4900 Euro (ohne Hotel<br />

und Anreise), was allerd<strong>in</strong>gs immer noch wesentlich günstiger<br />

ist als Florida o<strong>der</strong> Curação, was bei etwa 6500 Euro<br />

zzgl. deutlich höherer Flug- und Unterbr<strong>in</strong>gungskosten liegt.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Argument waren natürlich die viel kürzeren<br />

Anreisewege <strong>in</strong> die Türkei.<br />

Wir wollen nächstes Jahr noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Delf<strong>in</strong>therapie<br />

für unseren Sohn durchführen, dann allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Kemer<br />

bei e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Anbieter. Beim „Kemer-Konzept“ werden<br />

zwar die Delf<strong>in</strong>e im Delf<strong>in</strong>arium gehalten, ähnlich<br />

wie <strong>in</strong> Benidorm <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Freizeitpark, allerd<strong>in</strong>gs handelt<br />

es sich bei den Tieren um <strong>in</strong> Gefangenschaft (ursprünglich<br />

zu militärischen Zwecken) gezüchtete und<br />

großgezogene Delf<strong>in</strong>e, die die Freiheit also gar nicht kennen.<br />

E<strong>in</strong> Vorteil hierbei ist die konstante Wassertemperatur<br />

im Delf<strong>in</strong>arium und <strong>der</strong> durch die flachen Zonen<br />

unproblematischere Kontakt zwischen Delf<strong>in</strong> und K<strong>in</strong>d<br />

im Wasser. Die Delf<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Marmaris s<strong>in</strong>d gefangene bzw.<br />

teilweise aus Netzen befreite Tiere. Problematisch für<br />

unseren Sohn war hierbei das im Frühjahr lei<strong>der</strong> noch<br />

sehr kühle Meerwasser, was für se<strong>in</strong>e spastische Muskulatur<br />

natürlich nicht so günstig ist.<br />

21


Therapie<br />

Therapieerfahrungen mit unserem Sohn Eduardo Bendito<br />

För<strong>der</strong>ung nach Petö<br />

Im Juli dieses Jahres haben wir noch mit wöchentlicher<br />

Petö-Therapie angefangen. Das ursprünglich vom ungarischen<br />

Professor Andreas Petö entwickelte Behandlungskonzept<br />

für körperbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong> konnte viele<br />

Jahre für Betroffene nur <strong>in</strong> Ungarn selbst durchgeführt<br />

werden. Dank dem Vere<strong>in</strong> Fortschritt e.V. ist mittlerweile<br />

fast e<strong>in</strong>e flächendeckende Versorgung mit Petö-Gruppen<br />

möglich, bei denen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> nach dem Motto „Auf<br />

den eigenen Be<strong>in</strong>en stehen“ mit dem Ziel geför<strong>der</strong>t werden,<br />

e<strong>in</strong>e maximale Eigenständigkeit im Alltag zu erreichen.<br />

Im Schul-K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten für Körperbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te, den<br />

unser Sohn seit über e<strong>in</strong>em Jahr besucht, erhält Eduardo<br />

1 x pro Woche Physiotherapie, Logopädie, Ergotherapie<br />

und die sonstige För<strong>der</strong>ung, wie sie im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten<br />

angeboten wird (bspw. Unterstützte Kommunikation etc.).<br />

Die Therapie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e besteht aus vielen Bauste<strong>in</strong>en<br />

verschiedener Therapieansätze, die zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dividuellen<br />

Behandlungskonzept zusammengeführt werden.<br />

Je älter <strong>der</strong> Patient, umso mehr Therapien bzw.<br />

Anwendungen werden pro Tag verordnet. Eduardo hatte<br />

bisher immer:<br />

- Manuelle Behandlung<br />

- Reflextherapie<br />

- Apitherapie (Behandlung mit Bienenwachs)<br />

- Massage<br />

- Gesichtmassage<br />

- Vibromassage<br />

- Lichttherapie<br />

- Physiotherapie (die wir <strong>in</strong> dieser Intensität noch nirgends<br />

<strong>in</strong> Deutschland erlebt haben)<br />

Sehr gut fanden wir bisher immer die Organisation. Man<br />

bucht die Therapie bei e<strong>in</strong>em „Kontaktbüro“ <strong>in</strong> Deutschland<br />

(z.B. http://www.roswithakloppenburg.de/) , den Flug<br />

bei <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e Air (UAS Frankfurt) und bekommt dann<br />

schon beim E<strong>in</strong>checken <strong>in</strong> Frankfurt e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en<br />

Service wenn man möchte. Man wird nach dem E<strong>in</strong>checken<br />

zum Flugzeug begleitet. In <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e ist nach<br />

<strong>der</strong> Landung alles perfekt organisiert. Der von <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik<br />

gecharterte Bus steht schon auf <strong>der</strong> Landebahn bereit<br />

und kommt direkt neben das Flugzeug gefahren, so dass<br />

man nur umsteigen braucht. Um das Gepäck und um<br />

die Papiere kümmert sich das Personal <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik. Die<br />

Fahrt vom Flughafen <strong>in</strong> Lviv (Lemberg) zur Kl<strong>in</strong>ik dauert<br />

etwa 90 M<strong>in</strong>uten.<br />

Lei<strong>der</strong> ist die Kl<strong>in</strong>ik, obwohl erst etwa 5 Jahre alt ke<strong>in</strong>eswegs<br />

wirklich barrierefrei bzw. beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tengerecht. Beispielsweise<br />

bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den Badezimmern Badewannen<br />

anstatt bodengleiche Duschen, um nur e<strong>in</strong><br />

Beispiel zu nennen. Was aus unserer Sicht auch absolut<br />

zu kurz kommt ist e<strong>in</strong>e ausführliche E<strong>in</strong>gangsdiagnostik<br />

bzw. ärtzliches Erstgespräch. Es wird zwar e<strong>in</strong>e kurze<br />

„Bestandsaufnahme“ <strong>in</strong> Form von Videokontrolle (Aufnahmen<br />

des aktuellen Bewegungsmusters des Patienten),<br />

Gewichtkontrolle, Größe etc. vorgenommen, aber<br />

22<br />

es f<strong>in</strong>det ke<strong>in</strong> aufklärendes Gespräch mit e<strong>in</strong>em Arzt o<strong>der</strong><br />

gar mit Herrn Professor Kozijavk<strong>in</strong> statt.<br />

Die Art und Weise, wie dann die manuelle Behandlung<br />

von Professor Kozijavk<strong>in</strong> o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Mitarbeitern durchgeführt<br />

wird, bedarf eigentlich auch <strong>der</strong> Erklärung. Aber<br />

möglicherweise aus Zeitmangel wird darauf verzichtet.<br />

Stattdessen wurde bei Eduardo, ohne zunächst e<strong>in</strong>mal<br />

Kontakt mit dem K<strong>in</strong>d aufzunehmen kurz mit uns geredet<br />

und dann ohne Umschweife „Hand angelegt“ für vielleicht<br />

1-2 M<strong>in</strong>uten und dann verschwanden die<br />

„Weisskittel“ wie<strong>der</strong> bis zum nächsten Tag. Man muss<br />

sich das so vorstellen.<br />

Der Tag beg<strong>in</strong>nt i.d.R. mit <strong>der</strong> Massage und den warmen<br />

Umschlägen mit dem Bienenwachs. Das dauert etwa e<strong>in</strong>e<br />

Stunde. Irgendwann <strong>in</strong> dieser Stunde geht die Tür auf<br />

und 2 bis 4 Ärzte kommen here<strong>in</strong>, sprachen uns Eltern<br />

kurz an und hielten dann unseren Sohn fest, damit e<strong>in</strong>er<br />

<strong>der</strong> Ärzte, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Professor selbst die Deblockierung<br />

<strong>der</strong> Wirbelsäule durchführen konnte. Das Schreien unseres<br />

Sohnes bei dieser Prozedur veranlasste uns schon<br />

mehr als e<strong>in</strong>mal zu <strong>der</strong> Frage, warum nur das Ganze?<br />

Aber was blieb uns an<strong>der</strong>es? Die Berichte von an<strong>der</strong>en<br />

Betroffenen, die teilweise schon zum 20igsten mal <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ukra<strong>in</strong>e waren und die Erfolge, die dabei teilweise erzielt<br />

wurden, ließen und durchhalten und motivierten uns<br />

zum Weitermachen. Letztlich s<strong>in</strong>d wir auch sicher, dass<br />

auch unser Sohn die Behandlung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e <strong>in</strong>sgesamt<br />

als Positiv für sich abbuchte, auch wenn er auf<br />

manche Anwendungen eher verzichten würde.<br />

Ausführliche, tagebuchähnliche Therapiebeschreibungen<br />

f<strong>in</strong>den sich auf unserer Website www.eduardo-web.de.<br />

Andre Baumgarten


Qualitätsreport 2007<br />

Bundes<strong>in</strong>stitut Qualitätssicherung des geme<strong>in</strong>samen<br />

Bundesausschusses legt Qualitätsreport 2007 vor.<br />

Dr. Roland Uphoff, 1. Vorsitzen<strong>der</strong>, Bonn<br />

Mitglied des juristischen Beirats des AKG e. V.<br />

Das „Bundes<strong>in</strong>stitut Qualitätssicherung“ ist e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung<br />

des sog. „geme<strong>in</strong>samen Bundesausschusses“, <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen und<br />

Kl<strong>in</strong>iken Daten über die mediz<strong>in</strong>ische Versorgungsstruktur<br />

<strong>in</strong> Deutschland sammelt, auswertet und Empfehlungen<br />

hierzu abgibt.<br />

Das Bundes<strong>in</strong>stitut Qualitätssicherung hat nunmehr den<br />

aktuellen Qualitätsreport 2007 vorgelegt; dort wird speziell<br />

zur Versorgungsqualität und zur Qualität <strong>der</strong> deutschen<br />

Geburtshilfe Stellung genommen und Daten dargestellt.<br />

Das Bundes<strong>in</strong>stitut erhält von den allermeisten<br />

Geburtskl<strong>in</strong>iken Statistiken und Daten, wie und mit welcher<br />

„Qualität“ Geburtshilfe betrieben wird. Es werden<br />

hierfür verschiedene Fakten bzw. sog. „Indikatoren“ abgefragt,<br />

aufgrund <strong>der</strong>er dann zur Frage <strong>der</strong> „Qualität <strong>der</strong><br />

Geburtshilfe“ Stellung genommen wird.<br />

Folgende Indikatoren bzw. Fakten<br />

werden beispielsweise ermittelt:<br />

1. Wie häufig wird e<strong>in</strong>e Mikroblutuntersuchung bei<br />

E<strong>in</strong>l<strong>in</strong>gen mit pathologischem CTG durchgeführt?<br />

2. Wie häufig wird e<strong>in</strong>e Mikroblutuntersuchung bei<br />

E<strong>in</strong>l<strong>in</strong>gen mit pathologischem CTG und nachfolgen<strong>der</strong><br />

Sectio erhoben?<br />

3. Wie lang ist die E-E-Zeit bei Notfallkaiserschnitt?<br />

4. Wie häufig ist <strong>der</strong> Pädiater bei e<strong>in</strong>er Frühgeburt an<br />

wesend?<br />

5. Wie häufig wird <strong>der</strong> Nabelarterien-pH-Wert bestimmt?<br />

6. Wie häufig und bei welchen Geburten wird e<strong>in</strong>e<br />

vorgeburtliche Lungenreifetherapie durchgeführt?<br />

Geburt<br />

Daneben werden Daten zu den „Ergebnissen“ des<br />

geburtshilflichen Vorgehens gesammelt. So wird beispielsweise<br />

dargestellt:<br />

1. Wie häufig kommt es zu e<strong>in</strong>er Azidose, d.h. Übersäuerung<br />

bei E<strong>in</strong>l<strong>in</strong>gen mit Nabelarterien-pH-Wert-Bestimmung?<br />

2. Wie häufig muss von e<strong>in</strong>em „kritischen Outcome“, d.h.<br />

e<strong>in</strong>em nicht optimalen Zustand bei Reifgeborenen ge-<br />

Wie häufig und bei welchen Geburten kommt es zu<br />

Dammrissverletzungen?<br />

Im Jahr 2007 s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt 658.272 Geburten registriert<br />

worden. Diese Zahl beruht auf den Neonatalerhebungen<br />

<strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> und zeigt, dass die Geburtenzahl im<br />

Jahr 2007 zu den Vorjahren 2006 (647.392 Geburten)<br />

und 2005 (657.366 Geburten) leicht angestiegen ist.<br />

Bezüglich <strong>der</strong> E-E-Zeit stellt das Bundes<strong>in</strong>stitut fest, dass<br />

ke<strong>in</strong> Streit darüber bestehen kann, dass die Prognose<br />

des K<strong>in</strong>des bei e<strong>in</strong>er kurzen E-E-Zeit verbessert wird und<br />

daher unbed<strong>in</strong>gt sichergestellt werden muss, dass die<br />

E-E-Zeit beim Notfall-Kaiserschnitt unter 20 M<strong>in</strong>uten liegen<br />

muss.<br />

Das Bundes<strong>in</strong>stitut formuliert:<br />

„Hohe Raten e<strong>in</strong>er E-E-Zeit über 20 M<strong>in</strong>uten weisen auf<br />

relevante Organisationsprobleme h<strong>in</strong>.“<br />

Für das Jahr 2007 wird festgestellt, dass erfreulicherweise<br />

die Rate <strong>der</strong> Geburten mit e<strong>in</strong>er Überschreitung<br />

<strong>der</strong> 20 M<strong>in</strong>uten-Grenze leicht gesunken sei.<br />

Dennoch wurde die Grenze von 20 M<strong>in</strong>uten bei 207 Geburt<br />

<strong>in</strong> 140 Krankenhäusern nicht e<strong>in</strong>gehalten. Die Überschreitung<br />

dieser 20 M<strong>in</strong>uten-Grenze wird <strong>in</strong> jedem Fall<br />

als „kritisch“ angesehen; das Bundes<strong>in</strong>stitut regt e<strong>in</strong>e „<strong>in</strong>tensive<br />

Analyse“ und e<strong>in</strong> „Gespräch“ mit den Krankenhäusern<br />

an, welche über das Bundes<strong>in</strong>stitut Qualitätssicherung<br />

geführt werden.<br />

Es wird resümiert, dass trotz <strong>der</strong> festgestellten Verbesserungen<br />

beim Umsetzen <strong>der</strong> 20-m<strong>in</strong>ütigen E-E-Zeit auch<br />

im Jahr 2007 e<strong>in</strong>e kritische Versorgungssituation und<br />

weiterh<strong>in</strong> Handlungsbedarf besteht.<br />

Aus Sicht des Bundes<strong>in</strong>stituts ist bei den Krankenhäusern,<br />

die wie<strong>der</strong>holt auffällig geworden s<strong>in</strong>d, sowie bei<br />

Kl<strong>in</strong>iken, die <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall die Grenze von 20 M<strong>in</strong>uten<br />

für die E-E-Zeit bei Notfall-Kaiserschnitten e<strong>in</strong>gehalten<br />

haben, unbed<strong>in</strong>gt kritisch zu prüfen, ob das Krankenhaus<br />

unmittelbar organisatorische Maßnahmen ergreifen muss.<br />

Pädiater <strong>in</strong> den Kreißsaal<br />

Das Bundes<strong>in</strong>stitut hat sich ebenfalls mit dem „Qualitätsziel“<br />

beschäftigt und Daten ausgewertet, wie häufig e<strong>in</strong><br />

Pädiater bei <strong>der</strong> Geburt e<strong>in</strong>es Frühgeborenen anwesend<br />

ist. Obwohl statistisch festgestellt worden ist, dass <strong>in</strong> 91,4<br />

23


Geburt<br />

Prozent <strong>der</strong> Geburten von Frühgeborenen <strong>der</strong> Pädiater<br />

bereits im Kreißsaal anwesend war, wird dieses Ergebnis<br />

als „nicht zufriedenstellend“ vom Bundes<strong>in</strong>stitut angesehen.<br />

Das Bundes<strong>in</strong>stitut sieht <strong>in</strong>soweit ebenfalls weiterh<strong>in</strong><br />

Handlungsbedarf. Da bei e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d unter 35 Wochen<br />

<strong>in</strong> jedem Fall e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive k<strong>in</strong><strong>der</strong>ärztliche Betreuung<br />

notwendig ist, muss sichergestellt se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>arzt<br />

(abgesehen von unabwendbaren Notfällen) anwe-<br />

send ist. Das Bundes<strong>in</strong>stitut empfiehlt dr<strong>in</strong>gend, dass bei<br />

den wie<strong>der</strong>holt auffälligen Krankenhäusern, <strong>in</strong> denen<br />

eben ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>arzt bei Frühgeborenen anwesend war,<br />

zeitnah erfor<strong>der</strong>liche Maßnahmen zu ergreifen s<strong>in</strong>d.<br />

Vorgeburtliche Lungenreifebehandlung<br />

Das Bundes<strong>in</strong>stitut hat sich auch u.a. damit beschäftigt,<br />

wie häufig e<strong>in</strong>e vorgeburtliche Lungenreifebehandlung<br />

beim Ungeborenen (antenatale Kortikosteroidtherapie bei<br />

Schwangerschaften von <strong>der</strong> 24. +0 bis unter 34. +0<br />

Woche) erfolgt ist.<br />

Dabei hebt das Bundes<strong>in</strong>stitut hervor, dass <strong>in</strong> kontrollierten,<br />

d.h. evidenzbasierten Studien gezeigt werden<br />

konnte, dass sich schwerwiegende bleibende Schäden<br />

und Todesfälle bei Frühgeborenen durch die Lungenreibehandlung<br />

erheblich reduzieren lassen.<br />

Die Gesamtrate <strong>der</strong> vorgeburtlichen Lungenreifebehandlung<br />

im Jahr 2007 ist mit 89,6 % weiterh<strong>in</strong> und erneut<br />

deutlich unter dem Prozentsatz geblieben, welcher vom<br />

Bundes<strong>in</strong>stitut gefor<strong>der</strong>t wird. Das Bundes<strong>in</strong>stitut hebt<br />

hervor, dass unbed<strong>in</strong>gt erreicht werden muss, dass m<strong>in</strong>destens<br />

<strong>in</strong> 95 % <strong>der</strong> drohenden Frühgeburten e<strong>in</strong>e<br />

Lungenreifebehandlung erfolgt.<br />

24<br />

Geburt<br />

Daher sieht das Bundes<strong>in</strong>stitut trotz <strong>der</strong> verbesserten<br />

Ergebnisse weiterh<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>en Handlungsbedarf, um<br />

sicherzustellen, dass <strong>in</strong> allen deutschen Krankenhäusern<br />

e<strong>in</strong>e ausreichende Behandlung <strong>der</strong> Schwangeren mit<br />

drohen<strong>der</strong> Frühgeburt gewährleistet ist.<br />

Sauerstoffarmut - kritisches Outcome<br />

Abschließend s<strong>in</strong>d noch die Ergebnisse darzustellen, wie<br />

häufig bei e<strong>in</strong>em reif geborenen K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> sog. „kritisches<br />

Outcome“ festgestellt worden ist, d.h. <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e beim<br />

Neugeborenen e<strong>in</strong> Wert von „5“ beim 5-M<strong>in</strong>uten-APGAR<br />

sowie e<strong>in</strong>e Azidose, d.h. Übersäuerung mit e<strong>in</strong>em pH-<br />

Wert von unter 7 dokumentiert wurden.<br />

Das Bundes<strong>in</strong>stitut betont, dass bei reif geborenen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

e<strong>in</strong> 5-M<strong>in</strong>uten-APGAR unter 5 o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Übersäuerung<br />

und damit Sauerstoffarmut nachgeburtlich nur sehr<br />

selten auftreten sollten. Je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne dieser Fälle bedarf<br />

auch nach Ansicht des Bundes<strong>in</strong>stituts daher e<strong>in</strong>er<br />

<strong>in</strong>dividuellen Analyse, um ggf. das Management im<br />

Geburtsverlauf zu verbessern.<br />

Insgesamt s<strong>in</strong>d lediglich 171 Fälle gemeldet worden, bei<br />

denen das oben genannte „kritische Outcome“ festgestellt<br />

wurde. Diese kritischen Fälle s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> 149 Krankenhäusern<br />

aufgetreten. Das Bundes<strong>in</strong>stitut sieht daher<br />

Handlungsbedarf um aufzuklären, weshalb <strong>in</strong> diesen<br />

Krankenhäusern die reif geborenen Neugeborenen <strong>der</strong>art<br />

auffällig waren.<br />

Weitere Informationen<br />

Alles <strong>in</strong> allem geben die Daten und Ausführungen des<br />

Bundes<strong>in</strong>stituts für Qualitätssicherung des geme<strong>in</strong>samen<br />

Bundesausschusses für den Bereich <strong>der</strong> deutschen Geburtshilfe<br />

sehr wertvolle und wichtige Informationen.<br />

Ich kann nur anraten, diese Zahlen und Unterlagen <strong>in</strong><br />

Ruhe durchzusehen. Sie f<strong>in</strong>den weitere Informationen<br />

im Internet unter www.bqs-outcome.de o<strong>der</strong> www.bqsqualitaetsreport.de.<br />

Die Daten f<strong>in</strong>den Sie unter www.bqsonl<strong>in</strong>e.com/public/bqsfp/qifp.<br />

Insgesamt kann man festhalten, dass zwar e<strong>in</strong>e durchaus<br />

gute Geburtshilfe <strong>in</strong> Deutschland besteht, jedoch <strong>in</strong><br />

verschiedenen Bereichen unbed<strong>in</strong>gt Handlungsbedarf<br />

und Verbesserungsbedarf besteht.


Unfug im Kreißsaal<br />

E<strong>in</strong>läufe, Öffnung <strong>der</strong> Fruchtblase, Wehenschreiber<br />

im Dauere<strong>in</strong>satz - viele mediz<strong>in</strong>ische Prozeduren<br />

rund um die Geburt s<strong>in</strong>d fragwürdig und völlig überflüssig.<br />

Von Wiebke Rögener, Süddeutsche Zeitung<br />

vom 25.10.2007<br />

Kommen die Wehen <strong>in</strong> immer kürzerer Folge, muss sich<br />

die Schwangere entschließen. Ist noch Zeit, um zu Hause<br />

abzuwarten, o<strong>der</strong> sollte man lieber gleich <strong>in</strong>s Krankenhaus<br />

fahren? E<strong>in</strong>mal dort e<strong>in</strong>getroffen, ist es mit <strong>der</strong><br />

Entscheidungsfreiheit oft vorbei.<br />

Die Gebärende bekommt womöglich als Erstes e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>lauf und wird an den Wehenschreiber angeschlossen.<br />

Geht es nicht zügig voran mit <strong>der</strong> Geburt, wird häufig<br />

die Fruchtblase eröffnet o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wehentropf zur Beschleunigung<br />

e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Steigern sich bei e<strong>in</strong>er so forcierten Geburt die Schmerzen<br />

<strong>in</strong>s Unerträgliche, folgt e<strong>in</strong>e Periduralanästhesie, die<br />

so genannte Rückenmarksnarkose. Etliche Frauen sagen<br />

h<strong>in</strong>terher: „Es ist alles so gelaufen, wie ich es nicht<br />

wollte.“<br />

Dabei s<strong>in</strong>d manche mediz<strong>in</strong>ische Prozeduren rund um<br />

die Geburt nicht nur unangenehm, son<strong>der</strong>n überflüssig.<br />

So wi<strong>der</strong>legte jetzt e<strong>in</strong>e Auswertung von drei Studien die<br />

Mär, e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>lauf zur Entleerung des Darms trage zur Erleichterung<br />

<strong>der</strong> Geburt bei (Cochrane Database of<br />

Systematic Reviews, Bd. 4). We<strong>der</strong> verkürzt er die<br />

Wehendauer, noch gab es weniger Infektionen bei Müttern<br />

o<strong>der</strong> Neugeborenen als nach Geburten, bei denen<br />

aufs Klistier verzichtet wurde.<br />

In sehr seltenen Fällen kann es sogar zur Durchlöcherung<br />

des Darms mit anschließen<strong>der</strong> Blutvergiftung kommen.<br />

„Bei uns werden E<strong>in</strong>läufe nur <strong>in</strong> speziellen Fällen gemacht<br />

- wenn <strong>der</strong> Darm sehr voll ist, kann das e<strong>in</strong><br />

Geburtsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis se<strong>in</strong>. Dann s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>läufe s<strong>in</strong>nvoll, nicht<br />

zur E<strong>in</strong>leitung‘‘, sagt Bernhard Hackelöer, Chef <strong>der</strong><br />

geburtshilflichen Abteilung an <strong>der</strong> Asklepios-Kl<strong>in</strong>ik Barmbek<br />

<strong>in</strong> Hamburg. Als Rout<strong>in</strong>emaßnahme sei die Prozedur<br />

aus <strong>der</strong> Mode gekommen.<br />

Nicht viel besser steht es um e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Brauch im<br />

Kreißsaal: Die Blasensprengung wird zwar traditionell<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, um die Geburt zu beschleunigen, taugt dazu<br />

aber nicht, ergab e<strong>in</strong>e weitere Studienauswertung <strong>der</strong><br />

Cochrane Collaboration (Cochrane Database of<br />

Systematic Reviews, Bd. 4). Platzt die Fruchtblase nicht<br />

spätestens mit Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Presswehen, lässt das viele<br />

Geburtshelfer nicht ruhen: Die Fruchtblase wird angestochen.<br />

Die Natur richtet nicht alles<br />

Schon 1756 beschrieb <strong>der</strong> englische Gynäkologe Thomas<br />

Denman, dass sich dadurch die Geburt e<strong>in</strong>leiten<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ablauf verkürzen ließe. 150 Jahre später wird<br />

Geburt<br />

auch e<strong>in</strong>e biochemische Erklärung für diese verme<strong>in</strong>tliche<br />

Wirkung nachgeliefert: Das Öffnen <strong>der</strong> Fruchtblase<br />

führe zur Ausschüttung <strong>der</strong> wehenför<strong>der</strong>nden Hormone<br />

Prostagland<strong>in</strong> und Oxytoz<strong>in</strong>, so die gängige Erklärung.<br />

Das mag so plausibel se<strong>in</strong> wie <strong>der</strong> oft kolportierte Ratschlag,<br />

Sex kurz vor <strong>der</strong> Entb<strong>in</strong>dung sei e<strong>in</strong> Mittel, die<br />

Geburt <strong>in</strong> Gang zu br<strong>in</strong>gen. Hier werden ebenfalls<br />

Prostagland<strong>in</strong>e - aus <strong>der</strong> Spermienflüssigkeit - und die Anregung<br />

<strong>der</strong> Oxytoz<strong>in</strong>-Produktion als Auslöser vermutet.<br />

Es gibt jedoch ke<strong>in</strong>e Studie, die zuverlässig belegt, dass<br />

Sex kurz vor <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>kunft die Wehen för<strong>der</strong>t, ergab<br />

e<strong>in</strong> Cochrane-Review schon 2001. Dieses Verfahren <strong>der</strong><br />

Geburtse<strong>in</strong>leitung dürfte jedoch auch schwer zu standardisieren<br />

se<strong>in</strong>, merkten die Gutachter an.<br />

Für die rout<strong>in</strong>emäßige Blasensprengung fand sich jetzt<br />

ke<strong>in</strong>e bessere Begründung: Die Auswertung von 14 Studien<br />

brachte ke<strong>in</strong>en Beleg dafür, dass die Öffnung <strong>der</strong><br />

Fruchtblase das K<strong>in</strong>d schneller zur Welt kommen lässt.<br />

Auch g<strong>in</strong>g es den Neugeborenen danach nicht besser<br />

als denen, die ohne solchen E<strong>in</strong>griff geboren wurden.<br />

Dagegen gab es H<strong>in</strong>weise darauf, dass nach <strong>der</strong> Blasensprengung<br />

häufiger e<strong>in</strong> Kaiserschnitt nötig wurde.<br />

CTG-Streifen<br />

Erleichterung durch Dammschnitt?<br />

Selten geworden ist die früher übliche Rasur <strong>der</strong> Schamhaare.<br />

Die Vorstellung, sie könne die Zahl <strong>der</strong> Infektionen<br />

nach e<strong>in</strong>em Schnitt o<strong>der</strong> Riss senken, ließ sich <strong>in</strong><br />

Studien nicht bestätigen. Zu den Prozeduren, die Gebärende<br />

oft erleiden müssen, gehört jedoch weiterh<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Dammschnitt. Er soll Geweberisse verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, sei e<strong>in</strong>facher<br />

zu nähen als diese und verursache weniger<br />

Schmerzen nach <strong>der</strong> Geburt, me<strong>in</strong>en jene, die rout<strong>in</strong>emäßig<br />

zum Skalpell greifen. Auch komme es nach e<strong>in</strong>em<br />

sauberen Schnitt seltener zur Schädigung des<br />

Beckenbodens, zu Inkont<strong>in</strong>enz o<strong>der</strong> Störungen des<br />

Sexuallebens.<br />

E<strong>in</strong>e Auswertung von sieben Studien mit 5000 Frauen<br />

bestätigte ke<strong>in</strong>en dieser vermuteten Vorteile. Über<br />

Schmerzen beim Sex klagten Frauen, die e<strong>in</strong>en Dammschnitt<br />

bekamen, sogar häufiger als an<strong>der</strong>e. Höchstens<br />

e<strong>in</strong> Drittel <strong>der</strong> Schnitte seien im Interesse des K<strong>in</strong>des<br />

25


Geburt<br />

Süddeutsche Zeitung: Unfug im Kreißsaal<br />

notwendig, Vorteile für die Mütter nicht zu erkennen, so<br />

die Autoren e<strong>in</strong>er Übersichtsarbeit 2005.<br />

„Dammschnitte werden <strong>in</strong> unserer Kl<strong>in</strong>ik nach Möglichkeit<br />

vermieden‘‘, sagt Hackelöer. „Oft lassen wir bewusst<br />

zu, dass <strong>der</strong> Damm e<strong>in</strong>reißt.‘‘ Die schwersten Risse träten<br />

oft gerade nach e<strong>in</strong>em Schnitt auf. Allzu verbreitet<br />

sche<strong>in</strong>t diese E<strong>in</strong>sicht noch nicht zu se<strong>in</strong>. Bei mehr als<br />

e<strong>in</strong>em Drittel aller Geburten werde heute geschnitten,<br />

und sogar bei 60 Prozent aller Erstgebärenden, sagt Edith<br />

Wolber, Sprecher<strong>in</strong> des Bundes Deutscher Hebammen.<br />

Angst vor Klagen<br />

„Nur sechs Prozent aller Geburten f<strong>in</strong>den völlig ohne mediz<strong>in</strong>ische<br />

Interventionen statt‘‘, sagt die Mediz<strong>in</strong>ethnolog<strong>in</strong><br />

Wolber. „25 bis 30 Prozent aller Geburten<br />

werden e<strong>in</strong>geleitet.“ Bernhard Hackelöer hält die hohe<br />

Zahl von E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> den Geburtsverlauf durchaus für<br />

gerechtfertigt: „Es ist e<strong>in</strong> Irrwitz zu glauben, die Natur<br />

könne alles zum Besten richten. In den Nie<strong>der</strong>landen<br />

etwa, wo die natürliche Geburt stark propagiert wird, ist<br />

die Säugl<strong>in</strong>gssterblichkeit fast doppelt so hoch wie <strong>in</strong><br />

Deutschland.“<br />

26<br />

Hierzulande überleben etwa<br />

fünf von tausend K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die<br />

Geburt o<strong>der</strong> die erste Woche<br />

danach nicht. Aber auch<br />

Angst vor Klagen bestimmt<br />

das Handeln von Geburtshelfern.<br />

„Bei je<strong>der</strong> Entscheidung<br />

während <strong>der</strong> Geburt<br />

müssen wir bedenken: Wie<br />

würde e<strong>in</strong> Gutachter das aus<br />

<strong>der</strong> Rückschau beurteilen?‘‘,<br />

sagt Hackelöer.<br />

Es gebe jedoch ke<strong>in</strong>eswegs<br />

nur mediz<strong>in</strong>ische und juristische<br />

Gründe für die vielen<br />

E<strong>in</strong>griffe im Kreißsaal, sagt<br />

Edith Wolber: „Viele Prozeduren<br />

haben auch e<strong>in</strong>e unausgesprocheneBedeutung.<br />

Sie schaffen Distanz<br />

zwischen <strong>der</strong> Frau und dem<br />

Geburtshelfer und betonen:<br />

Du bist die Gebärende, ich<br />

b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Experte. Solche Rituale<br />

haben auch etwas mit<br />

Unterwerfung <strong>der</strong> Frauen zu<br />

tun.“<br />

An<strong>der</strong>erseits sehen sich immer<br />

mehr Kl<strong>in</strong>iken veranlasst,<br />

auf die Wünsche von<br />

Schwangeren e<strong>in</strong>zugehen.<br />

Freundliche Gestaltung <strong>der</strong><br />

Räume, die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Wassergeburt o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

Gebärstuhl - angesichts abnehmen<strong>der</strong> Geburtenziffern<br />

werden Schwangere umworben. „Doch was nützt e<strong>in</strong><br />

solches buntschillerndes Angebot, wenn die Kl<strong>in</strong>iken nicht<br />

genügend Hebammen beschäftigen, die Frauen während<br />

<strong>der</strong> Geburt betreuen?‘‘, gibt Wolber zu bedenken.<br />

Wo es immer mehr ältere Schwangere o<strong>der</strong> Frauen mit<br />

Übergewicht gibt, sei e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensive Versorgung<br />

wichtig. „Oft soll Technik die mangelnde Betreuung<br />

durch Hebammen kompensieren.“<br />

Hebammen gesucht<br />

Frauen dürften das kaum als angemessenen Ersatz ansehen.<br />

E<strong>in</strong>e Befragung am Krankenhaus Dritter Orden<br />

<strong>in</strong> München ergab, dass von 250 jungen Müttern 125 die<br />

Hebamme als wichtigste Unterstützung bei <strong>der</strong> Geburt<br />

nannten, dann folgte <strong>der</strong> Partner mit 110 Nennungen und<br />

abgeschlagen mit vier Nennungen <strong>der</strong> Arzt (Die Hebamme,<br />

Bd.20, S.44, 2007).<br />

Die bei e<strong>in</strong>em Drittel <strong>der</strong> Frauen vorgenommene Periduralanästhesie<br />

wurde nur von neun Frauen als wichtigste<br />

Hilfe angegeben, von sieben aber als ärgster Störfaktor<br />

bei <strong>der</strong> Geburt. Als störend empf<strong>in</strong>den es viele Frauen<br />

auch, wenn sie stundenlang an den Wehenschreiber<br />

(CTG) angeschlossen bleiben, <strong>der</strong> die k<strong>in</strong>dlichen Herztöne<br />

und Wehen aufzeichnet. Er werde <strong>in</strong> Deutschland<br />

überaus großzügig e<strong>in</strong>gesetzt, sagt die Pflegewissenschaftler<strong>in</strong><br />

Frie<strong>der</strong>ike zu Sayn-Wittgenste<strong>in</strong> von<br />

<strong>der</strong> Fachhochschule Osnabrück.<br />

„Bei <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Geburten ist die Frau fast ununterbrochen<br />

an das CTG angeschlossen, auch wenn alles<br />

völlig unauffällig verläuft. Anstatt die Frau zu ermutigen,<br />

wechselnde Positionen e<strong>in</strong>zunehmen, wird sie <strong>in</strong> ihrer<br />

Selbständigkeit und Bewegung e<strong>in</strong>geschränkt.“ Auch die<br />

Arbeit <strong>der</strong> Geburtshelfer und die gesamten Abläufe im<br />

Kreißsaal würden durch diese sehr wörtlich zu nehmende<br />

Technik-Fixierung geprägt. Hackelöer beurteilt den<br />

Nutzen ebenfalls eher zurückhaltend: „E<strong>in</strong> Dauer-CTG<br />

bei e<strong>in</strong>er unkompliziert verlaufenden Geburt halte ich<br />

nicht für begründet.“<br />

Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergangenen Woche vom Britischen National<br />

Institute for Health and Cl<strong>in</strong>ical Excellence (NICE) auf<br />

e<strong>in</strong>er Tagung <strong>in</strong> London vorgestellten Leitl<strong>in</strong>ien „Für die<br />

Betreuung gesun<strong>der</strong> Mütter und ihrer Babys während <strong>der</strong><br />

Geburt“ erklärten ausdrücklich, <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz des CTG<br />

werde bei <strong>der</strong> Aufnahme von Schwangeren mit niedrigem<br />

Risiko nicht empfohlen. Das regelmäßige Abhören<br />

<strong>der</strong> k<strong>in</strong>dlichen Herztöne genüge.<br />

Dagegen sollten alle werdenden Mütter e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche<br />

E<strong>in</strong>s-zu-e<strong>in</strong>s-Betreuung durch e<strong>in</strong>e Hebamme erhalten,<br />

sobald die Geburt beg<strong>in</strong>ne. Weniger Technik also und<br />

mehr Zuwendung. „Damit ist uns Großbritannien e<strong>in</strong>deutig<br />

voraus“, sagt Sayn-Wittgenste<strong>in</strong>. „Dort gibt es den po-


Süddeutsche Zeitung: Unfug im Kreißsaal<br />

litischen Willen, die physiologisch normalen Geburtsabläufe<br />

zu unterstützten - e<strong>in</strong> tolles Vorbild für Deutschland.“<br />

Zu wenige Empfehlungen zur Geburtshilfe<br />

„Das ist illusorisch“, me<strong>in</strong>t dagegen Bernhard Hackelöer.<br />

„Wir haben bei uns <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik acht Kreißsäle und vier<br />

Vorwehenräume, im Nachtdienst aber nur drei Hebammen,<br />

an<strong>der</strong>swo ist es nicht besser.“ Auch <strong>in</strong> Großbritannien<br />

sei e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>s-zu-e<strong>in</strong>s-Betreuung mit Sicherheit nicht<br />

gewährleistet. „Natürlich wären mehr Hebammen und<br />

Geburtshelfer wünschenswert, aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Situation, wo<br />

immer noch mehr gespart wird, ist das ke<strong>in</strong>e realistische<br />

For<strong>der</strong>ung.“<br />

Zu den Maßnahmen, die man eher e<strong>in</strong>schränken sollte,<br />

zählt Hackelöer vor allem solche, die e<strong>in</strong>e Geburt aufschieben<br />

sollen. „Es hat sich gezeigt, dass es ke<strong>in</strong>e Vorteile<br />

hat, Schwangere dauerhaft an e<strong>in</strong>en Tropf mit<br />

Wehenhemmern zu hängen. Das verzögert zwar die<br />

Das Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tentestament<br />

Sicherheit für Ihr K<strong>in</strong>d schaffen<br />

Zu beziehen beim AKG<br />

Geburt<br />

Geburt e<strong>in</strong> wenig, verbessert aber die Chancen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

nicht“, erklärt er. „Auch die Cerclage, bei <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Muttermund durch e<strong>in</strong> Band verschlossen wird, um e<strong>in</strong>e<br />

vorzeitige Geburt zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, ist meist s<strong>in</strong>nlos. Diese<br />

beiden Prozeduren werden immer noch zu häufig durchgeführt.“<br />

Fundierte Aussagen dazu, was im Verlauf e<strong>in</strong>er Geburt s<strong>in</strong>nvoll<br />

ist, und wo eher nutzlose mediz<strong>in</strong>ische Rituale beg<strong>in</strong>nen,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>des schwer zu treffen. ,,Es gibt zu wenige Empfehlungen<br />

zur Geburtshilfe, die wirklich durch gute Studien<br />

abgesichert s<strong>in</strong>d‘‘, sagt Sayn-Wittgenste<strong>in</strong>. Viele Leitl<strong>in</strong>ien<br />

hierzulande beruhten eher auf Expertenme<strong>in</strong>ungen und<br />

nicht auf hochwertigen empirischen Daten.<br />

Copyright © sueddeutsche.de GmbH / Süddeutsche<br />

ZeitungGmbH. Artikel <strong>der</strong> Süddeutschen Zeitung lizenziert<br />

durch DIZ München GmbH. Weitere Lizenzierungen<br />

exklusiv über www.diz-muenchen.de<br />

Für Sie notiert:<br />

Steuern sparen leicht gemacht<br />

Neuer Ratgeber hilft Eltern beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

bei <strong>der</strong> Steuererklärung<br />

Der Bundesverband für körper- und mehrfachbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te<br />

Menschen e. V. hat se<strong>in</strong> jährliche neu ersche<strong>in</strong>endes<br />

Steuermerkblatt für Familien mit beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n aktualisiert.<br />

Es hift Eltern beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Familien mit beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

Angehörigen o<strong>der</strong> berufstätigen Erwachsenen<br />

mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung, mögliche Steuervorteile geltend zu<br />

machen. Das Merkblatt folgt Punkt für Punkt dem<br />

Aufbau <strong>der</strong> Formulare für die Steuererklärung 2008.<br />

So kann diese schrittweise und schnell bearbeitet<br />

werden.<br />

Das Steuermerkblatt 2008/2009 berücksichtigt unter<br />

an<strong>der</strong>em die Erhöhung des K<strong>in</strong><strong>der</strong>geldes sowie das<br />

Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale.<br />

Erstmals wird anhand konkreter Beispiele<br />

erläutert, ob Eltern erwachsener Menschen mit<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen e<strong>in</strong> Anspruch auf K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld zusteht.<br />

Das Steuermerkblatt gibt auch zahlreiche Tipps zu<br />

kritischen o<strong>der</strong> strittigen Fragen, Verfügungen o<strong>der</strong><br />

Entscheidungen des Bundesf<strong>in</strong>anzhofs.<br />

Im Internet: www.bvkm.de, Rubrik „Recht und Politik“,<br />

Steuermerkblatt 2008.<br />

Per Post: E<strong>in</strong> mit 55 Ct frankierten Rückumschlag<br />

an den BVKM, Stichwort „Steuermerkblatt“, Brehmstr.<br />

5 - 7, 40239 Düsseldorf.<br />

27


Geburt<br />

Der <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe<br />

E<strong>in</strong> Erfahrungsbericht<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g, Irmgard Ochsenknecht<br />

Der Vere<strong>in</strong> <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe<br />

e.V. wurde bei se<strong>in</strong>em zweiten Treffen von Eltern geburtsgeschädigter<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> im November 1982 gegründet. Und<br />

auch heute noch kommt es immer wie<strong>der</strong> aufgrund von<br />

Komplikationen während <strong>der</strong> Geburt zu irreversiblen<br />

Schädigungen des Neugeborenen, die <strong>in</strong> den meisten<br />

Fällen bei rechtzeitiger Aufklärung und Beratung zu vermeiden<br />

gewesen wären. Der Vere<strong>in</strong> bietet neben <strong>der</strong><br />

Beratung bezüglich <strong>der</strong> Folgen juristischen Beistand und<br />

seelische Unterstützung für die Betroffenen<br />

Der <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe e. V., kurz<br />

AKG, ist e<strong>in</strong>e Elternselbsthilfevere<strong>in</strong>igung an <strong>der</strong> Nahtstelle<br />

von Patientenschutz und Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenarbeit.<br />

Der Auslöser für die Gründung des AKG war 1981 e<strong>in</strong><br />

Fernsehbericht über e<strong>in</strong>en Geburtsprozess. Betroffene<br />

Eltern schlossen sich zusammen und riefen Anfang 1982<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em offenen Brief zum ersten bundesweiten Treffen<br />

auf. Noch vor dem zweiten Elterntreffen im November<br />

1982 wurde <strong>der</strong> „<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe“<br />

gegründet. Zu dieser Zeit hatte <strong>der</strong> AKG 45 Mitglie<strong>der</strong><br />

bundesweit.<br />

Diskussion und erste Schritte<br />

Als Ursache für die Schädigung und/o<strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong> sahen die Eltern größtenteils die - Mitte <strong>der</strong><br />

1970er bis Ende <strong>der</strong> 1980er Jahre - von vielen Kl<strong>in</strong>iken<br />

proklamierte „programmierte Geburt“ und die Anwendung<br />

<strong>der</strong> Parazervikalblockade, (PCB), an. (1)<br />

Der Begriff „programmierte Geburt“ wurde dann häufig<br />

durch den Begriff „term<strong>in</strong>optimierte Geburt“ ersetzt. Beide<br />

stehen für denselben Vorgang: die künstliche Geburtse<strong>in</strong>leitung.<br />

-beschleunigung mit Wehenmitteln. (2)<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die PCB waren die Risiken und Gefahren<br />

dieser Anästhesiemethode seit Ende <strong>der</strong> 60er Jahre<br />

bekannt und auch publiziert worden. Trotzdem hatten die<br />

Im Dezember 2006 nahm e<strong>in</strong>e Redakteur<strong>in</strong>, die<br />

für die Zeitschrift des Deutschen Hebammenverbandes<br />

schreibt, mit mir Kontakt auf und bat<br />

mich, e<strong>in</strong>en Artikel über den AKG und dessen<br />

Arbeit zu schreiben, da ich wohl am nächsten<br />

an den Betroffenen dran wäre und auch die längste<br />

Erfahrung im AKG hätte. Der Artikel sollte<br />

dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitschrift Anfang 2007 ersche<strong>in</strong>en.<br />

Gerne nahm ich das an, bat dann aber noch Irmgard<br />

Ochsenknecht, stellvertretende Vorsitzende<br />

des AKG, mit e<strong>in</strong>zusteigen, da die Zeit so<br />

drängte. Nachfolgen<strong>der</strong> Artikel ist dabei herausgekommen<br />

- aber lei<strong>der</strong> nie gedruckt worden!<br />

E<strong>in</strong> Grund dafür wurde nicht genannt.<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g, Geschäftsstelle<br />

28<br />

zuständigen Behörden und Ärzteorganisationen den Geburtshelfern<br />

zugestanden, die PCB nach freiem Ermessen<br />

weiterh<strong>in</strong> anzuwenden. Zahllose K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Eltern<br />

hatten die Folgen zu tragen. E<strong>in</strong>ige hun<strong>der</strong>t K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d<br />

damals im Zusammenhang mit <strong>der</strong> PCB bei o<strong>der</strong> nach<br />

<strong>der</strong> Geburt gestorben. Intensive Öffentlichkeitsarbeit <strong>der</strong><br />

AKG-Mitglie<strong>der</strong> führte dann 1983 dazu, dass das damalige<br />

Bundesgesundheitsamt e<strong>in</strong>e Ärztekommission zur<br />

Überprüfung <strong>der</strong> PCB e<strong>in</strong>setzte und e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

Empfehlung veröffentlichte, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die PCB nicht mehr<br />

empfohlen wurde. Der AKG begrüßte die Empfehlung<br />

des Bundesgesundheitsamtes sehr, war es doch e<strong>in</strong> erster<br />

Schritt <strong>in</strong> die richtige Richtung.<br />

Die Medien - Presse, Rundfunk und Fernsehen - reagierten<br />

zunehmend aufmerksamer auf Kritik an <strong>der</strong> Geburtshilfe<br />

und auf die Aufdeckung ärztlicher <strong>Kunstfehler</strong>.<br />

Von e<strong>in</strong>zelnen Professoren <strong>der</strong> Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

ist verschiedenen Eltern vorgeworfen worden, es<br />

handele sich bei den von ihnen <strong>in</strong> Gang gesetzten Veröffentlichungen<br />

um Sensationsberichte. Viele ÄrztInnen<br />

nahmen den AKG noch nicht ernst und unterstellten den<br />

Eltern, die den Ursachen <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen ihrer K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

nachg<strong>in</strong>gen und es wagten, Ärzte zu verklagen, unter<br />

an<strong>der</strong>em Geldgier und Inkompetenz. Die Betroffenen<br />

mussten sich teilweise dafür rechtfertigen, dass sie<br />

die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung ihres K<strong>in</strong>des nicht als schicksalhaft annahmen.<br />

Die Geburtshilfe selbst geriet <strong>in</strong> die Medien und weitere<br />

Veröffentlichungen des AKG führten zu stetigem<br />

Mitglie<strong>der</strong>zuwachs. Im August 1985 verzeichnete <strong>der</strong><br />

AKG bereits 600 Mitglie<strong>der</strong> und im selben Jahr leistete<br />

<strong>der</strong> AKG mit se<strong>in</strong>er Broschüre „Wie kann ich me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />

bei <strong>der</strong> Geburt schützten?“ e<strong>in</strong>en entscheidenden Beitrag<br />

zur Aufklärung. (Inzwischen liegt die Broschüre <strong>in</strong><br />

aktueller Auflage vor)<br />

Vorurteile und Emotionen<br />

E<strong>in</strong> großer Fortschritt war dann Ende <strong>der</strong> 80er Jahre die<br />

Zusammenarbeit mit den Krankenkassen. Unsere ersten<br />

Schreiben an die Krankenkassen, <strong>in</strong> denen wir empfahlen,<br />

ihren Versicherten, die beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te K<strong>in</strong><strong>der</strong> hatten, bei<br />

<strong>der</strong> Abklärung <strong>der</strong> Ursachen <strong>der</strong> Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung zu helfen,<br />

wurden nicht beantwortet. Lange hat es gedauert, bis<br />

<strong>der</strong> AKG hier e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung herbeiführen konnte. Heute<br />

s<strong>in</strong>d viele Krankenkassen bereit, die Kosten für erste<br />

sondierende Gutachten zur Klärung <strong>der</strong> Geburtssituation<br />

zu übernehmen.<br />

In den darauf folgenden Jahren gelang dann <strong>der</strong> Durchbruch<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die Zielsetzung des AKG, durch<br />

e<strong>in</strong>en konstruktiven Austausch aller an <strong>der</strong> Geburtshilfe<br />

Beteiligten dazu beizutragen, dass zukünftige Gefahren<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>ischen Geburtshilfe verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden. Erstmals<br />

wurde <strong>der</strong> AKG 1986 zur Teilnahme an e<strong>in</strong>er Podiumsdiskussion<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Jahrestagung <strong>der</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe


(DGGG) <strong>in</strong> Düsseldorf e<strong>in</strong>geladen. Als <strong>der</strong> AKG die Zahl<br />

von „15.000 beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong><strong>der</strong>n jährlich, die vor, während<br />

o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Geburt durch ärztliches Fehlverhalten<br />

geschädigt werden“, zur Diskussion stellte, empörten<br />

sich die ÄrztInnen sehr. Wir hatten diese Zahl mit<br />

Hilfe des statistischen Bundesamtes hochgerechnet, und<br />

wi<strong>der</strong>legen konnten auch die Geburtshelfer und <strong>der</strong>en<br />

Organisationen diese Zahl nicht.<br />

Und immer wie<strong>der</strong>: Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Neugeborene durch<br />

Geburtsschäden!<br />

Eltern suchen nach Ursache und Schuld. Ärzte geraten<br />

<strong>in</strong> Verdacht. Diese bestreiten. Es kommt zu Prozessen.<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Gutachter nehmen für o<strong>der</strong> aber gegen ihre<br />

Kollegen Stellung. E<strong>in</strong>e Front hatte sich gebildet, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Vorurteile und Emotionen Schaden anzurichten drohten.<br />

Gynäkologen sahen sich und ihre Zukunft verfolgt und<br />

Eltern verzweifelten und zweifeln am Können <strong>der</strong> Geburtshilfe.<br />

Im März 1995 wurde dann das erste dreitägige Symposium<br />

durchgeführt. E<strong>in</strong> zentrales Thema des Symposiums<br />

war die Bedeutung und Sensitivität des CTG, beispielsweise<br />

das Problem <strong>der</strong> Unterbewertung - nicht Überbewertung<br />

- , die mangelnde Ausbildung bei Hebammen und<br />

ÄrtInnen beim Lesen und Interpretieren des CTG (Es gibt<br />

bis heute ke<strong>in</strong>e Zertifizierung wie beispielsweise beim Ultraschall),<br />

die E<strong>in</strong>führung und Sicherheit durch die Anwendung<br />

<strong>der</strong> beiden Techniken CTG und fetale Blutanalyse<br />

zur Vermeidung unnötiger Kaiserschnitte.<br />

Diese Broschüren<br />

können auch <strong>in</strong><br />

größerer Stückzahl<br />

<strong>in</strong> unserer<br />

Geschäftsstelle<br />

bestellt werden.<br />

Sie können helfen<br />

mit e<strong>in</strong>er Spende o<strong>der</strong><br />

Ihrer Mitgliedschaft<br />

Sparkasse Dortmund<br />

Konto 161 007 986<br />

BLZ 440 501 99<br />

Geburt<br />

Durch e<strong>in</strong>e Initiative von Seiten <strong>der</strong> Eltern gelang es,<br />

hochrangige ärztliche Fachkräfte, Juristen und Elternvertreter<br />

zusammenzuführen und alle Beteiligten zu e<strong>in</strong>em<br />

Austausch zu bewegen. Dies war bis dah<strong>in</strong> e<strong>in</strong>malig.<br />

Betroffene Eltern und Ärzte s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Stück aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu<br />

gegangen und wir als Elternselbsthilfevere<strong>in</strong>igung wurden<br />

als Gesprächs- und Diskussionspartner ernst genommen.<br />

Der Verlauf und die Ergebnisse dieses Symposiums<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Broschüre „Der frühk<strong>in</strong>dliche Hirnschaden -<br />

Schicksal o<strong>der</strong> Arztverschulden?“ dokumentiert.<br />

Der AKG heute<br />

Auch heute ist <strong>der</strong> AKG noch immer <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, dass<br />

mehrere Tausend Fälle von Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> Tod bei<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, aber auch bei Müttern, vermieden werden können.<br />

Die Dunkelziffer ist hoch und e<strong>in</strong>e aussagefähige<br />

Statistik gibt es hierüber nach wie vor nicht.<br />

Aus den mehreren Tausend Geburtsschadensfällen, die<br />

<strong>in</strong>zwischen dem AKG bekannt geworden s<strong>in</strong>d, haben sich<br />

folgende zentrale For<strong>der</strong>ungen an die Geburtshilfe ergeben:<br />

· Geburten von Risikok<strong>in</strong><strong>der</strong>n (beispielsweise Mehrl<strong>in</strong>ge,<br />

Frühgeburten, Small-for-date-Babys) und bei durch<br />

Untersuchungen gesicherten Organfehlern müssen <strong>in</strong><br />

Per<strong>in</strong>atalzentren o<strong>der</strong> optimal ausgestatteten Schwerpunktkl<strong>in</strong>iken<br />

stattf<strong>in</strong>den.<br />

· Jedes Haus muss rund um die Uhr e<strong>in</strong>e qualifizierte<br />

Besetzung vorweisen können (Hebamme, Gynäkologe,<br />

Anästhesist und möglichst K<strong>in</strong><strong>der</strong>arzt).<br />

29


Geburt<br />

· Jedes Haus muss e<strong>in</strong>e MBU (Mikro-Blutgas-Untersuchung)<br />

durchführen können und <strong>der</strong>en sofortige Auswertung<br />

garantieren.<br />

· Jedes Haus muss im Kreißsaal außer CTG (Cardiotokogramm)<br />

und Ultraschall auch e<strong>in</strong>e Reanimationse<strong>in</strong>heit<br />

haben.<br />

· Jedes Haus muss außer dem Apgar-Wert auch sofort<br />

nachgeburtlich den Arterien-ph-Wert bestimmen und<br />

auswerten können.<br />

· Jede Hebamme und je<strong>der</strong> Arzt muss die Auswertung<br />

von CTG-Verän<strong>der</strong>ungen beherrschen und zusätzlich<br />

zu <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Geräte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, Untersuchungen<br />

durch Abhören mit dem Hörrohr, Ertasten <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong>dslage sowie e<strong>in</strong>e Beckenaustastung vorzunehmen.<br />

· In jedem Haus muss die Hebamme die Notsectio ausrufen<br />

dürfen. Daraufh<strong>in</strong> laufen alle Vorbereitungen<br />

für die Notsectio ab. Trifft <strong>der</strong> Oberarzt dann e<strong>in</strong>, kann<br />

er die Entscheidung wi<strong>der</strong>rufen o<strong>der</strong> er kann sie gut<br />

heißen. Aber er ist dann für alles gerüstet und kann<br />

sofort operieren.<br />

· Jedes Haus muss <strong>in</strong>nerhalb von 20 M<strong>in</strong>uten e<strong>in</strong>e Sektio<br />

durchführen können, wobei Kreißsäle <strong>in</strong> die Nähe von<br />

Operationssälen gehören.<br />

· Es muss sichergestellt werden, dass die Erstversorgung<br />

e<strong>in</strong>es beson<strong>der</strong>s kranken o<strong>der</strong> gefährdeten Neugeborenen<br />

durch e<strong>in</strong>en auf diesem Gebiet erfahrenen<br />

Arzt kompetent durchgeführt wird. Wer am besten<br />

<strong>in</strong>tubieren kann - im Allgeme<strong>in</strong>en ist dies <strong>der</strong> Anästhesist<br />

- sollte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gegebenen Notsituation diese auch<br />

durchführen. Dazu bedarf es b<strong>in</strong>den<strong>der</strong> Regelungen<br />

zwischen den beteiligten Gruppen, also zwischen Geburtshelfern,<br />

Anästhesisten und Pädiatern.<br />

Vermutlich hören sich diese For<strong>der</strong>ungen so an, als ob<br />

sie <strong>in</strong> allen Entb<strong>in</strong>dungskl<strong>in</strong>iken bereits Standard wären,<br />

aber lei<strong>der</strong> ist das nach unserer Erfahrung nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Von den Hebammen wünscht sich <strong>der</strong> AKG, dass sie sich<br />

stärker e<strong>in</strong>mischen. Gerade<br />

auch im H<strong>in</strong>blick auf den Kl<strong>in</strong>ikalltag, für den sich ca.<br />

98% aller Mütter als Entb<strong>in</strong>dungsort entscheiden, sollte<br />

die ursprüngliche Eigenständigkeit <strong>der</strong> Hebammen stärker<br />

erkennbar werden und wie<strong>der</strong> mehr an Bedeutung<br />

gew<strong>in</strong>nen, zum Wohle von Frauen und K<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Der AKG<br />

lehnt die Hausgeburt ab, da es grundsätzlich immer zu<br />

Komplikationen kommen kann, die nicht <strong>in</strong>dividuell vorhergesagt<br />

werden können. Jede Hausgeburt ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividueller<br />

Prozess.<br />

Fachanwälte Mediz<strong>in</strong>recht<br />

Heute arbeitet <strong>der</strong> AKG mit kompetenten Rechtsanwälten<br />

im Mediz<strong>in</strong>recht zusammen, die die Patientenunterlagen<br />

e<strong>in</strong>er Prüfung unterziehen, um Eltern, die den Verdacht<br />

auf e<strong>in</strong>e Geburtsschädigung haben, kompetent<br />

helfen zu können. Diese Unterstützung kann manchmal<br />

auch dar<strong>in</strong> bestehen, von e<strong>in</strong>er juristischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

abzuraten.<br />

30<br />

Weiterh<strong>in</strong> bietet <strong>der</strong> AKG heute Information, Beratung,<br />

Betreuung und Begleitung <strong>der</strong> Eltern im H<strong>in</strong>blick auf das<br />

Zusammenleben mit e<strong>in</strong>em beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>d an und<br />

erteilt beispielsweise Auskünfte über Therapien,<br />

Hilfsmittelbeschaffung, K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten, Schule und vieles<br />

mehr.<br />

Aus unserer täglichen Arbeit<br />

Die meiste Zeit verbr<strong>in</strong>gen wir damit, den betroffenen<br />

Eltern zuzuhören, wenn sie von <strong>der</strong> Geburt berichten,<br />

und das ist nicht immer leicht. Oft hört sich das nach<br />

„Horror“ an und ich weiß auch, dass von solchen emotionalen<br />

Berichten Abstriche gemacht werden müssen,<br />

aber schockierend bleiben die Berichte dennoch. Es geschehen<br />

D<strong>in</strong>ge, die nicht zu glauben, aber Tatsache s<strong>in</strong>d;<br />

und diesen Eltern helfen wir damit, <strong>in</strong>dem wir ihnen zuhören<br />

und sie ernst nehmen. Solche Anrufe kommen nicht<br />

etwa selten, ne<strong>in</strong>, fast täglich. Wenn dann die Mutter<br />

o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Vater nach e<strong>in</strong>er langen Telefonzeit sagt:<br />

„Ach, jetzt geht es mir schon viel besser, gut dass es Sie<br />

gibt...“, dann weiß ich wie<strong>der</strong>, wozu <strong>der</strong> AKG auch noch<br />

immer da ist.<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g, AKG-Geschäftsstelle seit 1.7.1985,<br />

Irmgard Ochsenknecht, stellv. Vorsitzende und betroffene<br />

Mutter<br />

(1) Die PCB … Anästhesiemethode ... Durch E<strong>in</strong>spritzen e<strong>in</strong>es Medikamentes<br />

<strong>in</strong> den Bereich des Gebärmutterhalses (Zervix) bewirkte Schmerzl<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

während <strong>der</strong> Geburt.<br />

(2) Bei <strong>der</strong> Geburt laufen zwei Vorgänge ab. Erstens: Die Geburtswege<br />

werden weich und öffnen sich. Zweitens: Die Wehen schieben das K<strong>in</strong>d<br />

h<strong>in</strong>aus. Durch den E<strong>in</strong>satz von Wehenmitteln können nur die Wehen<br />

gesteuert werden, nicht aber die natürliche Geburtsbereitschaft. Werden<br />

die Wehen künstlich <strong>in</strong> Gang gebracht, bevor <strong>der</strong> mütterliche Körper<br />

bereit ist, muss das K<strong>in</strong>d gegen e<strong>in</strong>en hohen Wi<strong>der</strong>stand h<strong>in</strong>aus gepresst<br />

werden. Die Wirkung von Wehenmitteln fällt bei je<strong>der</strong> Frau an<strong>der</strong>s aus<br />

und die Dosierung muss <strong>in</strong>dividuell ermittelt werden. Bei e<strong>in</strong>er zu hohen<br />

Dosis entspannt sich die Gebärmutter <strong>in</strong> den Wehenpausen nicht mehr<br />

und das K<strong>in</strong>d gerät <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sauerstoffmangelsituation.<br />

Was Sie alles<br />

zum Leben <strong>in</strong><br />

Wohnheimen<br />

wissen sollten<br />

Zu bestellen beim AKG


Rollfiets für Felix<br />

Nach e<strong>in</strong>em ablehnenden Bescheid<br />

schrieben AKG-Eltern folgenden Wi<strong>der</strong>spruch<br />

an ihre Krankenkasse.<br />

Die Familie möchte namentlich nicht<br />

genannt werden.<br />

Wi<strong>der</strong>spruch-Nr. ...<br />

Sehr geehrte Damen und Herren<br />

des Wi<strong>der</strong>spruchausschusses,<br />

ich bzw. wir wenden uns an Sie mit<br />

e<strong>in</strong>em „Herzenswunsch“. Wir, das<br />

s<strong>in</strong>d Hendrik (8 Jahre), Johanna (6<br />

Jahre) und Felix (5 Jahre) und natürlich<br />

wir Britta und Dietmar X. als<br />

Eltern des Trios.<br />

Zur Vorgeschichte:<br />

Nachdem Felix am 11.04.2003 mit<br />

großen Komplikationen das Licht <strong>der</strong><br />

Welt erblickte, ahnten wir noch nicht,<br />

welche große Aufgabe wir zu erfüllen<br />

gebeten wurden. Fakt war, dass<br />

Felix e<strong>in</strong>en schweren Sauerstoffmangel<br />

unter <strong>der</strong> Geburt erlitten hat. (Wie<br />

auch immer das passie-ren konnte!!!)<br />

Wir wussten zwar, was das heißt,<br />

hofften aber immer noch <strong>in</strong>ständig,<br />

dass Felix die daraus resultierenden<br />

Defizite früher o<strong>der</strong> später aufholen<br />

würde.<br />

Lei<strong>der</strong> zeigte uns erst die Zeit, bzw.<br />

machte uns bewusst, welche schwerwiegenden<br />

Folgen diese Geburt nach<br />

sich ziehen würde.<br />

Ich gebe zu, im ersten Lebensjahr<br />

haben wir ke<strong>in</strong>en Gedanken daran<br />

verschwendet, rechtliche Schritte gegen<br />

das Krankenhaus e<strong>in</strong>zuleiten.<br />

Felix war im ersten Lebensjahr e<strong>in</strong><br />

so genanntes Schreik<strong>in</strong>d. Er schrie<br />

an e<strong>in</strong>em Stück von morgens bis<br />

abends und nachts ebenfalls, wenn<br />

er nicht gerade vor Erschöpfung e<strong>in</strong>geschlafen<br />

war. Er war andauernd<br />

krank. E<strong>in</strong>e Krankheit löste die an<strong>der</strong>e<br />

ab. Und diese Krankheiten waren<br />

nicht mit denen von unseren beiden<br />

an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n vergleichbar.<br />

Was die mal eben nebenher als<br />

Krankheit wegsteckten, war für Felix<br />

Schwerstarbeit. Zum Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

Geburt von Felix waren Hendrik 3<br />

Jahre und Johanna 1 Jahr alt. H<strong>in</strong>zu<br />

kam, dass Felix 4 x täglich e<strong>in</strong>e halbe<br />

Stunde nach Vojta beturnt werden<br />

musste. Alles natürlich unter großem<br />

Geschrei. Die ständigen Term<strong>in</strong>e bei<br />

Ärzten und Therapeuten mussten<br />

natürlich auch e<strong>in</strong>gehalten werden.<br />

Als beson<strong>der</strong>s schwer erwies sich das<br />

Füttern von Felix, weil er unter e<strong>in</strong>er<br />

Tr<strong>in</strong>kschwäche litt. Noch heute leidet<br />

er darunter. Erst die Mund-Eß-Therapie<br />

nach Castillo Morales brachte<br />

Klarheit und Hilfe. Noch heute leidet<br />

Felix unter Eß- und Schluckstörungen.<br />

Tr<strong>in</strong>ken aus dem Becher ist für<br />

ihn sehr, sehr mühselig. Kauen übt<br />

er noch unter großen Anstrengungen.<br />

Kurzum das Füttern ist nach wie vor<br />

sehr zeit<strong>in</strong>tensiv für Felix und mich.<br />

An Lautsprache ist bei Felix noch<br />

nicht zu denken.<br />

Wie auch jedes an<strong>der</strong>e K<strong>in</strong>d, wird<br />

Felix älter; und mit dem „Älterwerden“<br />

kamen die Probleme. Felix<br />

bekam von Herrn Dr. H. Hilfsmittel<br />

verordnet, die ärztlicherseits absolut<br />

notwendig waren, jedoch von Ihrer<br />

Krankenkasse nicht bewilligt wurden.<br />

Was folgte, waren nervenaufreibende<br />

„Kle<strong>in</strong>kriege“ mit <strong>der</strong> Ihrer Krankenkasse,<br />

für die ich eigentlich ke<strong>in</strong>e<br />

Zeit habe.<br />

Wie Sie vermutlich wissen, ist Felix<br />

<strong>in</strong> Pflegestufe III und daher auf die<br />

Pflege „Rund um die Uhr“ angewiesen.<br />

Kaum vorstellbar, wie teuer wohl<br />

die Heimunterbr<strong>in</strong>gung für Felix<br />

wäre, wenn wir uns nicht bereit erklärt<br />

hätten, für Felix zu sorgen. Denn<br />

wir lieben unseren Sohn so, wie er<br />

ist. Überlegen Sie mal, wie viel Geld<br />

Sie durch unsere Pflege schon e<strong>in</strong>gespart<br />

haben!!!<br />

Pflegestufe III heißt aber nicht, dass<br />

Felix von dem, was sich um ihn herum<br />

abspielt nichts mitbekommt. Felix<br />

ist sehr gerne <strong>in</strong> Gesellschaft. Er<br />

besucht den DRK Schwerpunkt- K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten<br />

<strong>in</strong> N. Er ist dort sehr gerne<br />

und wird von allen so akzeptiert wie<br />

er ist. Er liebt es nach se<strong>in</strong>en Fähigkeiten<br />

mit an<strong>der</strong>en K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zu spielen.<br />

Er rutscht - mit Hilfe <strong>der</strong> Erzieher<strong>in</strong>nen<br />

- für se<strong>in</strong> Leben gern. Also<br />

e<strong>in</strong> „fast“ normales K<strong>in</strong>d; allerd<strong>in</strong>gs<br />

mit großen, großen Handicaps. Er ist<br />

im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie, im<br />

Leserbriefe<br />

Freundes- und Bekanntenkreis voll<br />

<strong>in</strong>tegriert. Naja; sagen wir fast!!!<br />

Lei<strong>der</strong> ist es uns nicht vergönnt, gewisse<br />

Freizeitaktivitäten mit unseren<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n Hendrik (8), Johanna (6) und<br />

Felix (5) zu unternehmen. Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und <strong>der</strong>en Familien haben<br />

laut <strong>der</strong> Krankenkasse lei<strong>der</strong> ke<strong>in</strong><br />

Recht auf geme<strong>in</strong>same Ausflüge mit<br />

dem Fahrrad. Wo bleibt denn hier die<br />

Integration <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie. Gerade bei<br />

schwerstbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die<br />

selbst nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, sich fort<br />

zu bewegen, besteht e<strong>in</strong> Bedürfnis<br />

nach regelmäßigen Fahrradausflügen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie e<strong>in</strong>schließlich<br />

<strong>der</strong> damit verbundenen Wahrnehmung<br />

von Geschw<strong>in</strong>digkeit- und<br />

Raumorientierung sowie Umwelterfahrung<br />

als Grundbedürfnis, so dass<br />

auch e<strong>in</strong> Anspruch auf e<strong>in</strong>e Rollstuhl-<br />

Fahrradkomb<strong>in</strong>ation besteht. (BSG<br />

SozR 3-2500 §33 Nr. 28 S. 163).<br />

Wochenenden, an denen lange ausgeschlafen<br />

und danach ausgiebig<br />

gefrühstückt wird, gibt es nicht. Was<br />

für Sie, sehr geehrte Damen und<br />

Herren des Wi<strong>der</strong>spruchausschusses<br />

„normal und alltäglich“ ist, gibt es für<br />

uns nicht. Die Pflege und Betreuung<br />

unseres jüngsten Sohnes steht bei<br />

uns im Vor<strong>der</strong>grund und bestimmt<br />

den Tagesablauf. Lei<strong>der</strong> müssen<br />

Hendrik und Johanna immer wie<strong>der</strong><br />

zurückstecken. Da wäre es ja mal zu<br />

schön, wenn man zum<strong>in</strong>dest geme<strong>in</strong>same<br />

Fahrradausflüge mit <strong>der</strong> Familie<br />

unternehmen könnte.<br />

Durch e<strong>in</strong>e simple Freizeitaktivität<br />

könnte man die Seele baumeln las-<br />

31


Leserbriefe<br />

sen und Kraft für die nächsten Tage<br />

schöpfen. Schön wärs!!! Sie glauben<br />

gar nicht, wie groß hier <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schnitt<br />

<strong>in</strong> die Lebensqualität ist. Es ist oft<br />

zum Davonlaufen. An solchen schönen<br />

Sonnentagen, an denen an<strong>der</strong>e<br />

Familien wie selbstverständlich Fahrradausflüge<br />

unternehmen, möchte<br />

ich am liebsten alles h<strong>in</strong>schmeißen.<br />

Ich b<strong>in</strong> dann e<strong>in</strong>fach nur noch traurig,<br />

hilflos und wütend über unsere<br />

Situation. Aber nicht, weil Felix beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />

ist, son<strong>der</strong>n auf die Tatsache,<br />

dass solche Leistungen von unserer<br />

Krankenkasse nicht als E<strong>in</strong>zelfallentscheidung<br />

übernommen werden.<br />

Ist es denn günstiger für die Kasse,<br />

wenn Mutter wegen Nervenzusammenbruchs<br />

o<strong>der</strong> Depressionen behandelt<br />

und therapiert werden muss<br />

o<strong>der</strong> Mutter-K<strong>in</strong>d-Kuren <strong>in</strong> Anspruch<br />

nehmen muss?<br />

Sie können mir glauben, das letzte<br />

was wir <strong>in</strong> unserer Situation gebrau-<br />

Sehr geehrte Frau Meierl<strong>in</strong>g, <strong>in</strong> obiger<br />

Zeitschrift berichten Sie über e<strong>in</strong>e Veröffentlichung<br />

<strong>in</strong> Badische Zeitung vom<br />

7.08.07.<br />

Ergänzend hierzu wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wöchentlichen<br />

Postille, Reblandku-rier, die<br />

kostenlos verteilt wird, e<strong>in</strong>e Anzeige veröffentlicht,<br />

mit welcher e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />

Ärzten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Region e<strong>in</strong>e „Solidaritätsbekundung“<br />

für die fraglichen Ärzte<br />

zum Ausdruck brachte, obwohl diese<br />

<strong>in</strong> erschrecken<strong>der</strong> Weise für die<br />

Schwerstbeh<strong>in</strong>-<strong>der</strong>ung des K<strong>in</strong>des verantwortlich<br />

s<strong>in</strong>d. Uns wurde mit <strong>der</strong><br />

Anzeige erneut bewusst, dass die Ärzte<br />

jegliche Verantwortung für ihr Fehlverhalten<br />

vermissen lassen.<br />

Lei<strong>der</strong> hat es <strong>der</strong> Gesetzgeber trotz mehrfacher<br />

Beteuerungen bisher versäumt,<br />

die Beweislastumkehr zu regeln, um endlich<br />

die Ärzte <strong>in</strong> die Pflicht zu nehmen.<br />

Wie soll e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Rechtsfragen unerfahrener<br />

Laie gegen diese „Weißkittel“ vorgehen<br />

können? Die Eltern e<strong>in</strong>es so schwer<br />

geschädigten K<strong>in</strong>des s<strong>in</strong>d mit <strong>der</strong> Pflege<br />

und Sorge so belastet, dass sie ke<strong>in</strong>e Zeit<br />

32<br />

chen können, ist Mitleid. Verständnis<br />

h<strong>in</strong>gegen wäre für unsere Situation<br />

schon angebracht. Wir verlangen<br />

doch ke<strong>in</strong>e Weltwun<strong>der</strong>. Es ist unser<br />

Herzenswunsch, e<strong>in</strong>igermaßen „normal“<br />

mit unserer Familie zu leben; und<br />

dazu gehören nun mal bei uns auch<br />

geme<strong>in</strong>same Fahrradausflüge.<br />

Es wäre schön, wenn Sie uns unseren<br />

Herzenswunsch erfüllen könnten.<br />

Kehren Sie - je<strong>der</strong> für sich e<strong>in</strong>mal -<br />

<strong>in</strong> sich und denken emotional (und<br />

nicht <strong>in</strong> Zahlen und Preisen) an sich<br />

selbst, wenn Ihr K<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> Enkel so<br />

e<strong>in</strong> Schicksalsschlag hätte erleiden<br />

müssen. Sie können uns glauben,<br />

nicht die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung unseres Felix<br />

ruft bei uns Verbitterung und Enttäuschung<br />

hervor, son<strong>der</strong>n die Behandlung<br />

durch die „Krankenkasse“.<br />

Deshalb haben wir uns auch vor zwei<br />

Jahren entschieden, e<strong>in</strong>en Rechtsanwalt<br />

zur Wahrnehmung von Felix<br />

Betreff: „weiterleben“ Nr. 42, Urteile, S. 35<br />

Ärzte müssen hohes Schmerzensgeld zahlen<br />

für juristische Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen haben.<br />

Für unser 1. Enkelk<strong>in</strong>d, Simon Fre<strong>der</strong>ik<br />

- Sie er<strong>in</strong>nern sich an me<strong>in</strong>en Bericht<br />

- hatte ich die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen<br />

mit <strong>der</strong> DBV W<strong>in</strong>terthur zusammen<br />

mit unserem Rechtsanwalt erfolgreich<br />

geführt, ehe Simon am 1.01.2002 mit<br />

knapp 4 Jahren verstarb. Die ablehnenden<br />

Begründungen <strong>der</strong> Versicherungsärzte<br />

waren abenteuerlich, letztlich<br />

musste die Versicherung nachgeben,<br />

sie hatte bei den vorliegenden Gutachten<br />

ke<strong>in</strong>e Chance.<br />

In dieses Ärztebild passt auch e<strong>in</strong>e weitere<br />

„Erfahrung“. Anläßlich des 10. Geburtstags<br />

von Simon, den er ja nicht<br />

erleben durfte, schrieb ich an Herrn<br />

Prof. J. Trotz e<strong>in</strong>es Er<strong>in</strong>ne-rungsschreibens<br />

erhielten wir bis heute noch<br />

nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Bestätigung für den<br />

Erhalt unseres Schreibens vom<br />

10.09.07. Je<strong>der</strong> weitere Kommentar<br />

erübrigt sich.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Manfred Koepfer<br />

Rechten zu beauftragen, <strong>der</strong><br />

die Umstände um Felix Geburt<br />

klären soll.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne:<br />

Bitte bleiben Sie gesund!!!<br />

Ansonsten kommt auf Sie das gleiche<br />

Schicksal zu, mit dem wir Tag<br />

für Tag zu kämpfen haben, nämlich<br />

die Krankenkasse. Lei<strong>der</strong> <strong>in</strong>teressiert<br />

es ke<strong>in</strong>en, welche seelischen Schmerzen<br />

uns damit zugefügt werden.<br />

Wir bitten Sie, sehr geehrte Damen<br />

und Herren des Wi<strong>der</strong>spruchausschusses,<br />

überdenken Sie noch e<strong>in</strong>mal<br />

die bisherige Entscheidung und<br />

entscheiden Sie im S<strong>in</strong>ne von Felix.<br />

Als Anlage habe ich diesem Schreiben<br />

noch e<strong>in</strong> Foto von Felix beigefügt,<br />

damit <strong>der</strong> Vorgang auch e<strong>in</strong><br />

Gesicht erhält.<br />

Hoffend auf e<strong>in</strong>e positive Nachricht<br />

von Ihnen verbleibe ich mit freundlichen<br />

Grüßen<br />

Anmerkung <strong>der</strong> Redaktion: Auch<br />

dieser Wi<strong>der</strong>spruch wurde negativ<br />

beschieden.<br />

www.<br />

arbeitskreis<br />

Forum<br />

kunstfehler<br />

Geburts<br />

hilfe.<br />

Schauen Sie nach<br />

Auf unserer WebSeite<br />

ist e<strong>in</strong><br />

für Eltern<br />

e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

www.arbeitskreis-kunstfehler-geburtshilfe.de


Julian - e<strong>in</strong> Erfahrungsbericht<br />

E<strong>in</strong> gesundes K<strong>in</strong>d ist das größte Glück, das Eltern wi<strong>der</strong>fahren<br />

kann. Wie groß, können wohl nur die ermessen,<br />

denen die Aufgabe gestellt wurde, e<strong>in</strong> beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes<br />

K<strong>in</strong>d für das Leben <strong>in</strong> dieser Welt vorzubereiten, und die<br />

mit all ihrer Liebe versuchen, ihr K<strong>in</strong>d so gut und soweit<br />

wie möglich zu för<strong>der</strong>n.<br />

Sorgen haben schon Schwangere. Wird alles gut gehen?<br />

- Wird me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d gesund se<strong>in</strong>? Die meisten Mütter halten<br />

nach neun Monaten e<strong>in</strong> gesundes Baby im Arm.<br />

Nicht so bei me<strong>in</strong>em Sohn<br />

Nach e<strong>in</strong>er zunächst relativ problemlosen Schwangerschaft<br />

wurde ich <strong>in</strong> <strong>der</strong> 24. SSW aufgrund von auftretenden<br />

Blutungen <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Diagnose Plazenta Praevia totalis (e<strong>in</strong>e Ablösung des<br />

Mutterkuchens, welche für me<strong>in</strong>en Sohn e<strong>in</strong>en Sauerstoffmangel<br />

bedeutete). Lei<strong>der</strong> wurde diese Diagnose von<br />

me<strong>in</strong>em Gynäkologen nicht erkannt.<br />

In <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik gratulierte mir <strong>der</strong> Chefarzt zu me<strong>in</strong>em zweiten<br />

Geburtstag, da nach se<strong>in</strong>en Aussagen diese Diagnose<br />

hätte lebensbedrohlich für mich und me<strong>in</strong> ungeborenes<br />

K<strong>in</strong>d werden können. Mir wurde strikte Bettruhe bis zur<br />

Geburt verordnet.<br />

In <strong>der</strong> Zeit des Kl<strong>in</strong>ikaufenthaltes kam es immer wie<strong>der</strong><br />

mal zu leichten Blutungen. Am Vorabend <strong>der</strong> Geburt (10<br />

Wochen vor dem eigentlichen Geburtsterm<strong>in</strong>) wies das<br />

CTG Unregelmäßigkeiten auf. Obwohl ich die Hebamme<br />

darauf h<strong>in</strong>gewiesen habe, unternahm diese nichts, hielt<br />

es noch nicht e<strong>in</strong>mal für nötig, dieses CTG e<strong>in</strong>em Arzt zu<br />

zeigen. Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nacht wurden trotz des pathologischen<br />

CTG’s ke<strong>in</strong>e weiteren Untersuchungen gemacht.<br />

Kritische Situation<br />

Am nächsten Morgen, nachdem nicht wie gewohnt vor<br />

dem Frühstück e<strong>in</strong> CTG gemacht wurde, ich jedoch mittlerweile<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Unruhe bekam, habe ich gegen zehn<br />

Uhr selbst im Kreißsaal angerufen.<br />

Man erklärte mir, dass alle Ärzte beschäftigt seien und<br />

dass später jemand kommen würde.<br />

Die diensthabende Gynäkolog<strong>in</strong> (e<strong>in</strong>e Ärzt<strong>in</strong> im Praktikum)<br />

erkannte offensichtlich die kritische Situation und<br />

fuhr mich sofort <strong>in</strong> den Kreißsaal.<br />

Nach e<strong>in</strong>em CTG dort erklärte diese mir, dass die Situation<br />

nun zu kritisch würde und sie me<strong>in</strong>en Sohn holen.<br />

Die OP sollte vom Chefarzt durchgeführt werden, <strong>der</strong><br />

jedoch zunächst noch beschäftigt war.<br />

Trotz <strong>der</strong> Aussage <strong>der</strong> Ärzt<strong>in</strong>, dass die Situation zu kritisch<br />

sei, wurde ke<strong>in</strong>e Notsectio durchgeführt, so dass<br />

es zu weiteren Verzögerungen kam.<br />

Julian hatte ke<strong>in</strong>e Spontanatmung und musste auf die<br />

Intensivstation gebracht und beatmet werden. Dieser<br />

Zustand dauerte e<strong>in</strong>ige Tage. Am 3. Tage kam es zu e<strong>in</strong>er<br />

beidseitigen Gehirnblutung mit anschließenden<br />

Liquorstauungen und e<strong>in</strong>em Hydrocephalus, im Volks-<br />

Eltern berichten<br />

mund auch Wasserkopf genannt. Se<strong>in</strong> Muskeltonus war<br />

hypoton mit Verdacht auf Spastik und Epilepsie.<br />

Der Kampf begann<br />

Für uns begann e<strong>in</strong> schwerer Kampf um die Genesung<br />

me<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des mit diversen Therapien und Krankengymnastik.<br />

Durch die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung me<strong>in</strong>es Sohnes hat sich<br />

unser Leben vollkommen verän<strong>der</strong>t.<br />

Lei<strong>der</strong> mussten wir sehr schnell feststellen, dass wir nicht<br />

nur mit dem gesundheitlichen Handicap me<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des<br />

zu kämpfen hatten, son<strong>der</strong>n noch vielmehr mit den Reaktionen<br />

<strong>der</strong> Außenwelt.<br />

Hier war u.a. von e<strong>in</strong>er „Strafe Gottes“ die Rede und dass<br />

„solche“ K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu Hitlers Zeiten vergast wurden. Teilweise<br />

sogar Äußerungen aus <strong>der</strong> Familie, die mir berichteten,<br />

dass sie jeden Abend beten, dass me<strong>in</strong> Sohn<br />

stirbt, da es ja wohl unmöglich me<strong>in</strong> Wille se<strong>in</strong> kann,<br />

solch e<strong>in</strong>en Krüppel großzuziehen. Nächtliche Blaulichte<strong>in</strong>sätze<br />

wurden von e<strong>in</strong>igen Nachbarn als willkommenes<br />

Ereignis angesehen, um neuen Gesprächstoff zu<br />

sammeln.<br />

So s<strong>in</strong>d wir aufgrund dieser und ähnlicher Situationen<br />

vier mal umgezogen, um endlich e<strong>in</strong>e Wohnung und e<strong>in</strong><br />

Umfeld zu f<strong>in</strong>den, <strong>in</strong> dem me<strong>in</strong> Sohn so akzeptiert wird,<br />

wie er ist und <strong>in</strong> <strong>der</strong> mit me<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d und nicht über<br />

me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d gesprochen wird. Der letzte Umzug wurde<br />

aufgrund e<strong>in</strong>es Schulwechsels fällig, da wir nur so von<br />

den Behörden e<strong>in</strong>e Schule bewilligt bekommen haben,<br />

die Julians beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsbed<strong>in</strong>gten Ansprüchen gerecht<br />

wird. In diesem Fall ist anzumerken, dass die Kosten<br />

hierfür von uns selbst aufgebracht werden mussten. Die<br />

Behörden geben Anweisungen, die Mütter/Eltern zahlen.<br />

Probleme mit <strong>der</strong> Schule<br />

Schon bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schulung gab es massive Probleme,<br />

da das Schulamt die Defizite me<strong>in</strong>es Sohnes nicht richtig<br />

e<strong>in</strong>geordnet hat und ihn auf e<strong>in</strong>e falsche Schule e<strong>in</strong>gewiesen<br />

hat.<br />

Der Kampf um die richtige Schule hat uns so viel Kraft<br />

und Nerven gekostet, dass sich Julians Gesundheitszustand<br />

stark verschlechtert hatte und er von Pflegestufe<br />

e<strong>in</strong>s <strong>in</strong> die Pflegestufe zwei gekommen ist. Diese Situation<br />

habe ich genutzt, um noch e<strong>in</strong>mal mit <strong>der</strong> Krankenkasse<br />

zu sprechen, ob diese nicht mal prüfen will, ob e<strong>in</strong><br />

Geburtsschaden vorliegt, um sich die Kosten, die bis dato<br />

für Julians Therapien etc. verursacht wurden, zurück zu<br />

holen.<br />

Gutachten bestätigt Behandlungsfehler<br />

Mir persönlich war schon lange bewusst, dass bei <strong>der</strong><br />

Schwangerschaft und Geburt Fehler passiert s<strong>in</strong>d.<br />

Die Krankenkasse schickte mir die notwendigen Unterlagen<br />

und holte sich e<strong>in</strong> Gutachten vom MDK (mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Dienst <strong>der</strong> Krankenkassen) e<strong>in</strong>. Aus diesem g<strong>in</strong>g<br />

hervor, dass e<strong>in</strong> Behandlungsfehler vorliegt.<br />

33


Eltern berichten<br />

Julian - e<strong>in</strong> Erfahrungsbericht<br />

Auf e<strong>in</strong>e Empfehlung von e<strong>in</strong>em Bekannten beauftragte<br />

ich e<strong>in</strong>en Rechtsanwalt <strong>in</strong> Köln, <strong>der</strong>, wie dieser mir erklärte,<br />

sehr gut se<strong>in</strong> soll. Lei<strong>der</strong> hat sich das als Fehler<br />

herausgestellt, denn dieser Rechtsanwalt hat unseren<br />

Prozess ziemlich schnell <strong>in</strong> die Sackgasse geführt. Die<br />

Schadenersatzansprüche sollte ich selbst ausrechnen<br />

und aufführen, obwohl dieses se<strong>in</strong>e Aufgabe gewesen<br />

wäre.<br />

Ferner bekam ich immer wie<strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ungen, dass<br />

ich me<strong>in</strong>e Zustimmung zu weiteren privaten Gutachten<br />

geben sollte, obwohl schon zwei positive Gutachten vom<br />

MDK vorlagen. Mit <strong>der</strong> Aussage, dass er ohne e<strong>in</strong> weiteres<br />

privates Gutachten ke<strong>in</strong>e Chance sehe, den Prozess<br />

weiter fortzuführen, wurde ich alle paar Wochen dazu<br />

aufgefor<strong>der</strong>t. Er erklärte mir, dass er sich auf die Gutachten<br />

des MDK nicht stützen kann und er benötige dr<strong>in</strong>gend<br />

e<strong>in</strong>ige Gegengutachten. Den Preis hierfür gab <strong>der</strong><br />

Rechtsanwalt mir mit 1.000-2.000 Euro an, die ich als<br />

alle<strong>in</strong> erziehende Mutter nicht selbst f<strong>in</strong>anzieren konnte.<br />

Später stellte sich heraus, dass er zu diesem Zeitpunkt<br />

vermutlich noch nicht e<strong>in</strong>mal die Kl<strong>in</strong>ikakte zur E<strong>in</strong>sicht<br />

hatte, da ich erst Wochen nach Mandatsentziehung die<br />

Rechnung von <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik für die Erstellung <strong>der</strong> Fotokopien<br />

<strong>der</strong> Krankenakte erhalten habe.<br />

Lei<strong>der</strong> war bei diesem Rechtsanwalt auch e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Krankenkasse, die ebenfalls an e<strong>in</strong>em<br />

positiven Ausgang des Prozesses <strong>in</strong>teressiert ist, nicht<br />

realisierbar. Obwohl me<strong>in</strong> Sohn Anspruch auf Beratungshilfe<br />

hat, bekam ich schon nach e<strong>in</strong>igen Monaten e<strong>in</strong>e<br />

Rechnung über mehrere Tausend Euro. Diese wurde mit<br />

e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Schwierigkeitsgrad begründet, da er<br />

hierbei den Höchstsatz abrechnen wollte. Das e<strong>in</strong>zige<br />

was <strong>der</strong> Rechtsanwalt jedoch gemacht hat, war dass er<br />

die behandelnden Ärzte angeschrieben und um Kopien<br />

<strong>der</strong> Krankenakte me<strong>in</strong>es Sohnes gebeten hat.<br />

Da ich zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Geburt me<strong>in</strong>es Sohnes ke<strong>in</strong>e<br />

Rechtsschutzversicherung hatte habe ich für e<strong>in</strong>en Augenblick<br />

über die E<strong>in</strong>schaltung e<strong>in</strong>es Prozessf<strong>in</strong>anzierers<br />

nachgedacht.<br />

Diese Möglichkeit konnte ich jedoch nicht nutzen, da ich<br />

hierfür e<strong>in</strong>e Klageschrift benötigt hätte, damit <strong>der</strong><br />

Prozessf<strong>in</strong>anzierer prüfen kann, ob die Klage Aussicht<br />

auf Erfolg hat. Ohne diese Klageschrift konnte ich auch<br />

hier nichts erreichen. Lei<strong>der</strong> hat sich <strong>der</strong> Rechtsanwalt<br />

auch um die Klageschrift nicht gekümmert, so dass wir<br />

nach kurzer Zeit vollkommen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sackgasse gelandet<br />

waren.<br />

AKG hat geholfen<br />

Über me<strong>in</strong>e berufliche Tätigkeit wurde ich auf den <strong>Arbeitskreis</strong><br />

<strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe aufmerksam.<br />

Dieses war das Beste, was mir passieren konnte. Dort<br />

habe ich mir auch schon während <strong>der</strong> Zeit mit dem an<strong>der</strong>en<br />

Rechtsanwalt regelmäßig Hilfe geholt, da ich ver-<br />

34<br />

mutlich sonst verzweifelt wäre. Schließlich habe ich den<br />

Anwalt gewechselt.<br />

Ich kann jedem, <strong>der</strong> sich mit dem Gedanken trägt die<br />

Schadenansprüche für se<strong>in</strong> geburtsgeschädigtes K<strong>in</strong>d<br />

geltend zu machen, nur empfehlen, sich vorher genauestens<br />

zu <strong>in</strong>formieren welcher Rechtsanwalt tatsächlich<br />

gut ist. Hierbei s<strong>in</strong>d Vere<strong>in</strong>e auf diesem Gebiet, wie<br />

z.B. <strong>der</strong> <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe gern<br />

behilflich. E<strong>in</strong>ige Rechtsanwälte werden auch schon auf<br />

<strong>der</strong>en Internetseiten genannt.<br />

Natürlich kennen wir den Ausgang des Prozesses noch<br />

nicht, aber es ist beruhigend für mich zu wissen, dass<br />

me<strong>in</strong> Sohn anwaltlich gut vertreten wird und ich mich<br />

wie<strong>der</strong> me<strong>in</strong>en Schwerpunktaufgaben widmen kann: Der<br />

Weiterentwicklung me<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des.<br />

Name und Anschrift s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Redaktion bekannt.<br />

Wer kann zu dieser Problematik etwas sagen<br />

o<strong>der</strong> besser noch e<strong>in</strong>e Hilfestellung geben?<br />

Fahrtkosten für e<strong>in</strong><br />

beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tes K<strong>in</strong>d als<br />

außergewöhnliche Belastung<br />

Orientierungssatz:<br />

1. Fahrten im Interesse beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d als<br />

Krankheitskosten im Rahmen des § 33 Abs. 1 EStG<br />

mit 0,30 Euro/km berücksichtigungsfähig, soweit sie<br />

durch den Körperschaden des beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>des<br />

bed<strong>in</strong>gt s<strong>in</strong>d.<br />

2. Es ist Sache des Steuerpflichtigen, die tatsächliche<br />

Fahrleistung mit dem beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten K<strong>in</strong>d nachzuweisen<br />

und glaubhaft zu machen.<br />

3. Führen Eltern Fahrten im eigenen persönlichen Interesse<br />

durch, etwa allgeme<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kaufs- o<strong>der</strong>Besorgungsfahrten<br />

bzw. Fahrten im eigenen Freizeit<br />

<strong>in</strong>teresse, und s<strong>in</strong>d sie gehalten, das K<strong>in</strong>d mitzunehmen,<br />

weil es auf die Betreuung <strong>der</strong> Eltern angewiesen<br />

ist, so liegt e<strong>in</strong>e nicht durch die Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen<br />

veranlasste Fahrt vor, <strong>der</strong>en Aufwendungen nicht als<br />

Krankheitskosten und folglich nicht als außergewöhnliche<br />

Belastung anzuerkennen s<strong>in</strong>d.<br />

Unser Mitglied, Vera Grundler fragt an, ob an<strong>der</strong>e Eltern<br />

auch betroffen s<strong>in</strong>d und wie diese damit umgehen, welche<br />

Erfahrungen gemacht wurden. Hat schon mal jemand e<strong>in</strong>en<br />

Wi<strong>der</strong>spruch geführt und wenn ja, wie ist entschieden<br />

worden?<br />

Wenn Sie hierzu etwas sagen können, melden Sie sich<br />

bitte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschäftsstelle. Marlis Meierl<strong>in</strong>g


Kle<strong>in</strong>er Löwe, grosser Kämpfer …<br />

Am 16.08.2001 wurde Jann geboren, <strong>in</strong> <strong>der</strong> 40. SSW<br />

nach e<strong>in</strong>er komplikationslosen Schwangerschaft. Nach<br />

23 Stunden heftigster Wehen g<strong>in</strong>g es plötzlich nicht weiter.<br />

Janns Herztöne sanken im Mutterleib auf 60, erholten<br />

sich jedoch spontan. Nach e<strong>in</strong>igen weiteren Wehen<br />

sanken die Herztöne abermals und erholten sich nicht.<br />

Die h<strong>in</strong>zu gerufene Ärzt<strong>in</strong> leitete sofort e<strong>in</strong>e Notsectio<br />

e<strong>in</strong>. Es g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den OP, die Wehen wurden gestoppt,<br />

e<strong>in</strong>e Vollnarkose e<strong>in</strong>geleitet und dann holten sie Jann<br />

aus dem Mutterleib. Das was eigentlich für uns als werdende<br />

Eltern <strong>der</strong> erhabenste Moment se<strong>in</strong> sollte, nämlich<br />

die Geburt … wurde nun zu e<strong>in</strong>em Fiasko von dem<br />

wir noch nichts ahnten.<br />

Jann war schon zu lange unterversorgt und hatte e<strong>in</strong>en<br />

gravierenden Sauerstoffmangel. Er atmete nicht und<br />

auch se<strong>in</strong> Herz schlug nicht. Er wurde reanimiert und<br />

wie durch e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong> holten sie ihn zurück, jedoch<br />

krampfte er sofort stark. Er konnte nicht aus eigener Kraft<br />

atmen, schrie nicht und wegen des Krampfens wurde er<br />

sofort sediert und bekam krampflösende Medikamente.<br />

Der Krampf konnte unterbrochen werden. Lei<strong>der</strong> dauerte<br />

es nun fast 2 Wochen bis Jann das erste Mal die Augen<br />

aufmachen sollte. In dieser Zeit war schon zu erahnen,<br />

dass die schwere Geburt nicht ohne Folgen bleiben<br />

sollte. Die Nahrungszufuhr wollte nicht gel<strong>in</strong>gen. Man<br />

hatte ihm e<strong>in</strong>e Nasensonde geschoben, doch je<strong>der</strong> Milliliter<br />

<strong>der</strong> sondiert wurde kam zurück. Er erbrach sofort<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> es blieb im Magen und nach 3 Stunden konnte<br />

man fast exakt die Menge aspirieren die er zuvor sondiert<br />

bekam. Es war schwer, traurig und so langsam wurde<br />

uns klar, dass diese Entwicklung nicht normal se<strong>in</strong><br />

konnte.<br />

Kaum Hoffnung<br />

Die Ärzte klärten uns dann darüber auf, dass sie so gut<br />

wie ke<strong>in</strong>e Hoffnung für Jann sahen. Mehrmalige Versuche<br />

ihn zu extubieren misslangen, er konnte nur kurze<br />

Zeit selbstständig atmen und erschöpfte sich sofort.<br />

Es wurde e<strong>in</strong>e beg<strong>in</strong>nende Spastik sichtbar und auch das<br />

Nahrungsproblem blieb auch. Durch das ständige Erbrechen<br />

und dem fehlenden Schluckreflex hatte Jann ständig<br />

Sättigungsabfälle, e<strong>in</strong>ige führten dazu, dass er regelrecht<br />

blau anlief und die Atmung aussetzte.<br />

Irgendwann schaffte er es dann doch, er atmete endlich<br />

alle<strong>in</strong>. Nur durch den fehlenden Schluckreflex musste<br />

Jann ständig abgesaugt werden. Wir als Eltern mussten<br />

nun stark se<strong>in</strong>.<br />

Dann kam <strong>der</strong> Tag, an dem die Ärzte uns mitteilten, das<br />

Jann diesen Kampf wahrsche<strong>in</strong>lich nicht überleben würde.<br />

Sie gaben ihm damals e<strong>in</strong>en Monat und sagten uns,<br />

dass sie ke<strong>in</strong>en vergleichbaren Fall kennen würden, wo<br />

das K<strong>in</strong>d älter geworden wäre als 6 Monate. Es war als<br />

zöge man uns den Boden unter den Füßen weg. Wir<br />

fielen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> tiefes Loch. Wir hatten uns so sehr auf unser<br />

K<strong>in</strong>d gefreut und jetzt sollten wir es gleich wie<strong>der</strong><br />

gehen lassen. Es war nicht fassbar, so traurig und wir<br />

Eltern berichten<br />

wollten nicht loslassen. Wir hatten aber auch bei Jann<br />

immer das Gefühl, dass er da se<strong>in</strong> wollte. Gerade <strong>in</strong> Situationen,<br />

wo bei den Ärzten schon die Alarmglocken<br />

g<strong>in</strong>gen, sie uns schonend darauf vorbereiteten, dass Jann<br />

am Ende wäre, da bewies dieser Junge immer wie<strong>der</strong><br />

auf se<strong>in</strong>e Weise, das er noch lang nicht am Ende wäre.<br />

Im Oktober 2001, erhielten wir morgens um 4 Uhr e<strong>in</strong>en<br />

Anruf aus <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik. Wir sollten sofort kommen, Jann<br />

g<strong>in</strong>ge es sehr schlecht. Als wir dort ankamen, hatte Jann<br />

e<strong>in</strong>e Sättigung von 60 und 12l Sauerstoff. Der Oberarzt<br />

sagte uns, dass er Jann noch e<strong>in</strong> paar Stunden geben<br />

würde. Wir waren so traurig, es war als würde man uns<br />

das Herz ausreißen. Es flossen die Tränen. Die ganze<br />

Familie trauerte mit. Wir blieben ununterbrochen bei Jann<br />

und es kamen alle um sich von ihm zu verabschieden.<br />

Auch die Krankenschwestern und Ärzte kämpften mit den<br />

Tränen, denn auch sie hatten Jann schon <strong>in</strong> ihr Herz geschlossen.<br />

E<strong>in</strong> bleierner Freitag<br />

Es war e<strong>in</strong> Freitagmorgen und die Zeit kam uns vor, als<br />

würde sie stehen bleiben. Bei jedem Schichtwechsel verabschiedete<br />

man sich immer wie<strong>der</strong> von Jann und wir<br />

trauten uns nicht mal zum Duschen heim zu fahren. Am<br />

Sonntagmorgen geschah dann e<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>. Se<strong>in</strong>e Werte<br />

stabilisierten sich und <strong>der</strong> Sauerstoff konnte reduziert<br />

werden. Die Ärzte gaben Entwarnung. Wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal<br />

hatte Jann bewiesen, dass er kämpft, dass er da se<strong>in</strong><br />

will, eben dass er e<strong>in</strong> Löwe ist. Von diesem kle<strong>in</strong>en Bündel<br />

Leben konnten wir so viel lernen. Diese kle<strong>in</strong>en, braunen<br />

Knopfaugen, se<strong>in</strong> zarter, ausgemergelter Körper und<br />

<strong>der</strong> dauernde Kampf … wir hatten enormen Respekt, vor<br />

se<strong>in</strong>er Leistung. Unsere E<strong>in</strong>stellung zu se<strong>in</strong>em Leben<br />

än<strong>der</strong>te sich. Wir wollten jetzt alles selber lernen, die<br />

Pflege übernehmen, mit dem Ziel ihn möglichst bald nach<br />

35


Eltern berichten<br />

Kle<strong>in</strong>er Löwe, grosser Kämpfer …<br />

hause zu holen. Wir hatten begriffen, dass unsere Zeit<br />

begrenzt se<strong>in</strong> würde, dass wir mit Jann etwas sehr Kostbares,<br />

E<strong>in</strong>maliges gewonnen hatten. Se<strong>in</strong>e Liebe und<br />

unsere Liebe waren zusammen stärker als alles, was sich<br />

uns <strong>in</strong> den Weg stellen wollte. Im Januar 2002 war es<br />

dann soweit. Alles war geregelt. Die Pflege durch uns<br />

und e<strong>in</strong>en Pflegedienst. Alle Geräte (Absauge, Überwachung,<br />

Sauerstoff) waren geliefert worden. Se<strong>in</strong> Zimmer<br />

entsprechend se<strong>in</strong>er Bedürfnisse hergerichtet. Wir holten<br />

Jann nach Hause und waren uns sehr bewusst, dass<br />

er wahrsche<strong>in</strong>lich zuhause sterben würde.<br />

Endlich daheim<br />

Natürlich war unser Alltag von nun an sehr anstrengend,<br />

alles musste genau durchplant se<strong>in</strong>. Aber wir genossen<br />

die Zeit. Endlich konnten wir so lang wir wollten kuscheln,<br />

alles nach unserem Rhythmus e<strong>in</strong>richten…und wie<strong>der</strong><br />

etwas privat se<strong>in</strong>. Es war herrlich und erst da wurde uns<br />

bewusst, wie sehr das alles gefehlt hatte.<br />

Nach e<strong>in</strong>iger Zeit hatte sich das Leben zuhause e<strong>in</strong>gespielt,<br />

je<strong>der</strong> hatte se<strong>in</strong>en Part gefunden, wie er zu Jann’s<br />

Wohl beitragen konnte. Se<strong>in</strong> größter Lebens<strong>in</strong>halt war<br />

das Kuscheln…er brauchte das so sehr. Die erste Zeit<br />

schlief er nur beim ‚Känguruhen’. Stundenlang saßen wir<br />

mit ihm auf dem Schoß und klopften ihn ab, massierten<br />

ihm die Schulter, sorgten dafür, dass er gut Luft bekam,<br />

usw. Jann hatte also e<strong>in</strong> sehr e<strong>in</strong>nehmendes Wesen, aber<br />

das störte uns nicht. Wir waren dankbar für diese Erfahrung,<br />

für diese grenzenlose Liebe und diese Bereicherung<br />

<strong>in</strong> unsrem Leben.<br />

Natürlich stellten sich dann im Laufe <strong>der</strong> Zeit so kle<strong>in</strong>e<br />

Alltagsprobleme e<strong>in</strong>. Die Privatsphäre war mit 20 Stunden<br />

Behandlungspflege durch den Pflegedienst schon<br />

sehr e<strong>in</strong>geschränkt. Damit mussten wir lernen umzugehen.<br />

Alles drehte sich um Jann. Für eigene Interessen<br />

und Hobbys blieb nur noch wenig Zeit. Je<strong>der</strong> Besuch<br />

den wir unternahmen war mit Jann und se<strong>in</strong>en Bedürfnissen<br />

genau zu organisieren. Wir durften nichts vergessen<br />

und mussten den Zeitplan e<strong>in</strong>halten.<br />

Als Jann 6 Monate alt wurde und immer noch da war,<br />

machten wir uns frei von <strong>der</strong> Prognose <strong>der</strong> Ärzte und<br />

waren uns sicher dass wir noch viel Zeit mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

verbr<strong>in</strong>gen würden.<br />

Jann, <strong>der</strong> Löwe<br />

Heute ist Jann, <strong>der</strong> Löwe fast 8 Jahre alt. Se<strong>in</strong> Zustand<br />

hat sich <strong>in</strong> all den Jahren immer mehr stabilisiert. Er muss<br />

nach wie vor abgesaugt werden. Je nach Gesundheitszustand<br />

mal mehr, mal weniger. Sauerstoff benötigt er<br />

höchstens noch im Tiefschlaf und bei Infekten. Se<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>nere Unruhe ist bis heute geblieben, ist sicher Teil se<strong>in</strong>es<br />

Geburtstraumas und bis jetzt durch nichts zu stoppen<br />

gewesen. Er ist immer noch e<strong>in</strong> großer Kuschelbär.<br />

Krampfanfälle hat er selten, allerd<strong>in</strong>gs immer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

neuer Form, so dass man sich kaum darauf e<strong>in</strong>stellen<br />

kann. Er ist im Laufe <strong>der</strong> Zeit mehrmals operiert worden:<br />

zwei mal Refluxà Fundoplikatio, Magenausgang spa-<br />

36<br />

stisch à Phyloroplastik, Leistenbruch, PEG-Anlage,<br />

Buttonanlage, Portanlage, mehrmals Paukenröhrchenanlage,<br />

Mandeln raus, Polypen raus.<br />

Was uns heute am meisten belastet, ist, dass es Menschen<br />

gibt, die mit Janns Erkrankung nicht klar kommen.<br />

Freundschaften daran zerbrochen s<strong>in</strong>d. Das es immer<br />

wie<strong>der</strong> Momente gibt, die dramatisch s<strong>in</strong>d. Die uns wie<strong>der</strong><br />

klar machen, dass er irgendwann gehen muss. Natürlich<br />

auch die sehr e<strong>in</strong>geschränkte Privatsphäre. Die<br />

Beziehungsprobleme die entstehen können. Das Gefühl<br />

immer alles perfekt machen zu müssen. Und vor allem<br />

auch unserer Tochter gerecht zu werden, ihre Bedürfnisse<br />

nicht zu übersehen. Diskussionen mit Ämtern und<br />

Krankenkassen. Immer wie<strong>der</strong> selbst forschen zu müssen,<br />

welche Rechte man hat und was Jann zusteht. Und<br />

nicht zuletzt, dass das Krankenhaus nicht e<strong>in</strong>gesteht,<br />

Fehler gemacht zu haben.<br />

Grenzenlose Liebe e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des. Urvertrauen!<br />

Was wir gewonnen haben ist aber viel mehr. E<strong>in</strong>e Lebenserfahrung,<br />

die stark macht, die den Horizont erweitert<br />

und Grenzen überschreiten lässt.<br />

Menschen kennen zu lernen, die wir ohne Jann nicht<br />

kennen gelernt hätten:<br />

Eigene Stärken und Schwächen zu erkennen und damit<br />

umzugehen. Zwei Jahre nach Janns Geburt noch e<strong>in</strong>e<br />

gesunde Tochter geschenkt zu bekommen.<br />

Danke Jann, dass es dich gibt! De<strong>in</strong>e Mama Sylvia<br />

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74238 Krautheim


E<strong>in</strong>ladung<br />

37


E<strong>in</strong>ladung<br />

38


Aufnahmeantrag<br />

39


S<strong>in</strong>d Sie Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t?<br />

S<strong>in</strong>d Sie Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t?<br />

Wenn ja, dann sollten Sie Ihren Parkausweis<br />

h<strong>in</strong>ter die W<strong>in</strong>dschutzscheibe legen.<br />

Falls nicht, dann freuen Sie sich, dass Sie<br />

Be<strong>in</strong>e zum Gehen haben.<br />

Bitte nehmen denen, für die <strong>der</strong> Parkplatz<br />

reserviert ist, das nächste Mal nicht den<br />

Platz weg!<br />

Wenn ja, dann sollten Sie Ihren Parkausweis<br />

h<strong>in</strong>ter die W<strong>in</strong>dschutzscheibe legen.<br />

Falls nicht, dann freuen Sie sich, dass Sie<br />

Be<strong>in</strong>e zum Gehen haben.<br />

Bitte nehmen denen, für die <strong>der</strong> Parkplatz<br />

reserviert ist, das nächste Mal nicht den<br />

Platz weg!


AKG e. V. auf dem Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz Tag 2008<br />

In <strong>der</strong> Zeit vom 13.06. bis 15.06.2008 fand <strong>in</strong> Bad Neuenahr-Ahrweiler<br />

<strong>der</strong> Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz Tag 2008 statt.<br />

Seit 2004 beteiligt sich jedes Jahr auch <strong>der</strong> „<strong>Arbeitskreis</strong><br />

<strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe e. V.“ mit e<strong>in</strong>em Stand<br />

auf <strong>der</strong> sogenannten „Selbsthilfemeile“. In Bad Neuenahr-Ahrweiler<br />

waren wie<strong>der</strong> um die 50 geme<strong>in</strong>nützige<br />

Vere<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> Verbände tätig. Organisiert und betreut<br />

wurde diese Selbsthilfemeile von <strong>der</strong> Kontakt- und Informationsstelle<br />

Selbsthilfe <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z.<br />

Auch 2008 war diese Meile e<strong>in</strong>e feste Größe <strong>in</strong>nerhalb<br />

dieser Tage und hatte e<strong>in</strong>e günstige Lage zwischen den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Bühnen und Veranstaltungsplätzen. So strömten<br />

<strong>in</strong> den drei Tagen viele Hun<strong>der</strong>te von Besuchern durch<br />

diese Meile und konnten sich über die e<strong>in</strong>zelnen Selbsthilfevere<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>formieren, Anregungen sammeln o<strong>der</strong> auch<br />

Informationsschriften mitnehmen. Der Pavillon des AKG<br />

e. V. wurde natürlich beson<strong>der</strong>s von Hebammen, Pflegekräften,<br />

die <strong>in</strong> Krankenhäusern auf Entb<strong>in</strong>dungsstationen<br />

tätig s<strong>in</strong>d, aber auch von Mediz<strong>in</strong>technikern, beson<strong>der</strong>s<br />

auch von jungen Familien, werdenden Müttern und<br />

betroffenen Eltern besucht.<br />

Wie jedes Jahr hatte <strong>der</strong> AKG auch 2008 hohen Besuch:<br />

Am Freitag, den 13.06.08 besuchte die Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie, Frau Malu<br />

Dreier den Stand und am Samstag, den 14.06.08 war<br />

<strong>der</strong> M<strong>in</strong>isterpräsident von Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz, Kurt Beck<br />

Gast am Stand des AKG.<br />

Siegfried Lutz, AKG-Mitglied<br />

Der M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

am Stand des AKG<br />

Malwettbewerb: „Me<strong>in</strong> schönstes Erlebnis“<br />

Kaum hat das neue Jahr begonnen,<br />

startet <strong>der</strong> Bundesverband Selbsthilfe<br />

Körperbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter e. V. (BSK) wie<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong> Malprojekt von und für K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung.<br />

„Me<strong>in</strong> schönstes Erlebnis“ lautet diesmal<br />

das Thema des Wettbewerbs, an<br />

dem sich wie<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er Körperbeh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

im Alter von 8 bis 12<br />

Jahren beteiligen können. Das Bild<br />

sollte möglichst farbenprächtig und<br />

im Format DIN A 4 gemalt werden.<br />

Bitte ke<strong>in</strong>e Collagen e<strong>in</strong>senden.<br />

Aus den E<strong>in</strong>sendungen wählt e<strong>in</strong>e<br />

Jury zwölf Monatsbil<strong>der</strong> und das Titelbild<br />

aus. Der Kalen<strong>der</strong> wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Auflage von 20.000 Exemplaren<br />

AKG <strong>in</strong>tern<br />

<strong>in</strong> den Krautheimer Werkstätten für<br />

Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung hergestellt<br />

und ist ab Herbst 2009 erhältlich.<br />

Der E<strong>in</strong>sendung sollen neben dem<br />

Orig<strong>in</strong>albild mit Titelangabe auch e<strong>in</strong><br />

kurzer Lebenslauf und e<strong>in</strong> Foto des<br />

Künstlers/<strong>der</strong> Künstler<strong>in</strong> beiliegen.<br />

Alle e<strong>in</strong>gereichten Bil<strong>der</strong> bleiben Eigentum<br />

des BSK e.V.<br />

E<strong>in</strong>sendungen bitte an: BSK e.V.,<br />

Altkrautheimer Straße 20, 74238<br />

Krautheim.<br />

E<strong>in</strong>sendeschluss ist <strong>der</strong> 9. April 2009.<br />

Weitere Infos unter www.bsk-ev.org<br />

o<strong>der</strong> telefonisch unter 06294-428143<br />

41


Er<strong>in</strong>nerung<br />

Dr. Horst Wünsche verstorben<br />

Unser aktives Mitglied Dr. Horst Wünsche ist verstorben.<br />

Se<strong>in</strong> Der plötzlicher Tod hat uns traurig gemacht.<br />

Dr. Wünsche hat über viele Jahre dem AKG mit Rat und<br />

Tat stets zur Seite gestanden. Viele Ausgaben von „weiterleben“<br />

und an<strong>der</strong>e Drucksachen s<strong>in</strong>d unter se<strong>in</strong>er Re-<br />

42<br />

gie entstanden und von se<strong>in</strong>er Professionalität <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

redaktionellen Arbeit haben wir viel gelernt! Wir werden<br />

ihn vermissen.<br />

Der Familie Wünsche-Reiter gilt unser tiefes Mitgefühl.<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g, Geschäftsstelle


Der Vorstand Kontaktpersonen <strong>in</strong> Ihrer Nähe<br />

Der AKG<br />

Geschäftsführen<strong>der</strong> Vorstand Erika Crombag Patrick Motsch<br />

Nußbaumer Str. 280 Marie-Curie-R<strong>in</strong>g 7<br />

Dr. Roland Uphoff 50825 Köln 66802 Überherrn<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> Telefon: 0221 - 5504551 Telefon: 06863 - 685084<br />

He<strong>in</strong>rich-von-Kleist-Str. 4<br />

53113 Bonn Wolfgang Fleitz Kerst<strong>in</strong> Nolte<br />

Telefon: 0228 - 5389488 Käthe-Kollwitz-Str. 10 Hasellohweg 10<br />

Email: mail@uphoff.de 79111 Freiburg 90766 Fürth<br />

Telfon: 0761 - 4787838 Telefon: 0911 - 764841<br />

Irmgard Ochsenknecht<br />

Stellvertretende Vorsitzende Ursula Jahn-Detmer Inke Reichert<br />

Rhe<strong>in</strong>gaustr. 22 Meyerhofweg 12 Netzeplatz 3<br />

12161 Berl<strong>in</strong> 49086 Osnabrück 17509 Lubm<strong>in</strong><br />

Telefon: 030 - 81826881 Telefon: 0541-385748 Telefon: 038354 - 31712<br />

Email: irmoc@web.de<br />

Beate Kle<strong>in</strong> Norbert Schlüter<br />

Hanna Rieger Abt-Leonhard-Weg 4 Esterner Grenzweg 18<br />

Bienwaldmühle 4a 88074 Meckenbeuren 48712 Gescher<br />

76779 Scheibenhardt Telefon: 07542 - 980510 Telefon: 02542 - 6492<br />

Telefon: 06340 - 8904<br />

Email: hanna.rieger@t-onl<strong>in</strong>e.de Georg Kuchelbauer Judith Schmidt<br />

Hai<strong>der</strong> Str. 18 Im Kessel 12<br />

84558 Kirchweidach 66640 Namborn<br />

Erweiterter Vorstand Telefon: 08623-1207 Telefon: 06857 - 6545<br />

Gerd Schmidt<br />

Paul-Pieper-Str. 22 Kerst<strong>in</strong> Moschel-Haenle Alexandra Teipel<br />

40625 Düsseldorf Mühlgasse 22 Posthornweg 6<br />

Telefon: 0211 - 299252 66440 Blieskastel 44339 Dortmund<br />

Email: gik.schmidt@web.de Telefon: 06942-930183 Telefon: 0231 - 850138<br />

So können Sie uns erreichen:<br />

Die Geschäftsstelle<br />

<strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe e. V.<br />

Zentrale Beratungs- und Dokumentationsstelle<br />

Marlis Meierl<strong>in</strong>g<br />

Ludwigstr. 16<br />

44135 Dortmund<br />

Telefon 0231 - 525859<br />

Fax 0231 - 526048<br />

Email AKGeV@web.de<br />

www:arbeitskreis-kunstfehler-geburtshilfe.de<br />

Unsere<br />

Sprechzeiten:<br />

Montag bis Mittwoch<br />

10 bis 15 Uhr<br />

Donnerstag 10 bis 18 Uhr<br />

Impressum<br />

Herausgeber: <strong>Arbeitskreis</strong> <strong>Kunstfehler</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geburtshilfe e.V.<br />

Verantwortlich: Der Vorstand, Geschäftsstelle Ludwigstr. 16, 44135 Dortmund<br />

Redaktion: Marlis Meierl<strong>in</strong>g, AKG-Geschäftsstelle<br />

Layout: Barbara Schaffert, Dortmund; Marlis Meierl<strong>in</strong>g<br />

Konto: Sparkasse Dortmund, Konto-Nr. 161007986, BLZ 44050199<br />

Copyright: beim AKG e.V., Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben die Me<strong>in</strong>ung des Verfassers wie<strong>der</strong><br />

Der Nachdruck von Artikeln, soweit sie nicht schon als Nachdruck aus an<strong>der</strong>en Zeitschriften gekennzeichnet<br />

s<strong>in</strong>d, ist unter folgen<strong>der</strong> Quellenangabe gestattet: „AKG e.V. weiterleben Nr….“ Belegexemplar erwünscht.<br />

ISSN 0934-5817<br />

Preis: Der Bezugspreis beträgt 5,- Euro, bei Versand 6,- Euro<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Mitgliedschaft wird „weiterleben“ ohne beson<strong>der</strong>e Bezugsgebühr geliefert. Alte Ausgaben<br />

können, soweit noch verfügbar, gegen Vorauszahlung von 6,- Euro pro Heft gegen Scheck o<strong>der</strong> Überweisung<br />

angefor<strong>der</strong>t werden.<br />

43<br />

www.arbeitskreis-kunstfehler-geburtshilfe.de


www.arbeitskreiskunstfehlergeburtshilfe.de<br />

Die folgenden<br />

Broschüren und<br />

Infomaterialien<br />

können <strong>in</strong> <strong>der</strong> AKG-<br />

Geschäftsstelle<br />

gegen Portokosten<br />

angefor<strong>der</strong>t werden.<br />

Bitte rufen Sie an<br />

o<strong>der</strong> mailen Sie uns!<br />

- Das Testament - Vererben zugunsten beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ter Menschen, Hrsg. bvkm<br />

- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung nach dem SGB XII<br />

Merkblatt für beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Menschen und ihre Angehörigen, Hrsg. bvkm<br />

- Das Persönliche Budget - Leistungen und Hilfe selbst e<strong>in</strong>kaufen, Hrsg. bvkm<br />

- Der Rechtsweg ist nicht ausgeschlossen - Leben im Wohnheim/<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohngruppe<br />

H<strong>in</strong>weise für Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen und ihre Angehörigen, BAG Selbsthilfe<br />

- Konduktive För<strong>der</strong>ung nach Prof. Dr. Andràs Petö, Hrsg. Fachausschuss Konduktive För<strong>der</strong>ung<br />

- Delph<strong>in</strong>-Netzwerk - ganzheitliche Therapien & mehr, Ausgaben 1/2008, 2/2008 und 1/2009<br />

- weiterleben - Zeitschrift des AKG, Ausgaben von 2004 - 2006, Jubilärumsausgabe 2007<br />

- Eltern helfen Eltern - Faltblatt des AKG<br />

- Wie kann ich me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d bei <strong>der</strong> Geburt schützen - Broschüre des AKG

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