Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Allgemeines<br />
18<br />
Inneres Sonnensystem<br />
Venus bewegt sich in einer Entfernung von 108.2 Millionen Kilometer auf einer fast kreisförmigen<br />
Bahn (Exzentrizität = 0.0068) in 224,7 Tagen einmal um die Sonne. Ihre Bahnebene ist um 3.4°<br />
gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> Ekliptik geneigt. Sie kann sich bis auf 41 Millionen Kilometer <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> nähern (Mars:<br />
55.8 Millionen Kilometer) <strong>und</strong> ist damit <strong><strong>de</strong>r</strong> erdnächste Planet. Auch sonst ähnelt sie auf <strong>de</strong>m ersten<br />
Blick <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong>: fast gleiche Größe (0.95 R E ) <strong>und</strong> Masse (0.8 M E ), dichte, mit Wolken be<strong>de</strong>ckte<br />
Atmosphäre, ähnlicher innerer Aufbau. Damit en<strong>de</strong>n aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Bereits<br />
1932 wur<strong>de</strong> spektroskopisch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Venusatmosphäre Kohlendioxid, später dann auch Kohlenmonoxid,<br />
Fluorwasserstoff <strong>und</strong> Salzsäure – wenn auch in verschwin<strong>de</strong>nd geringen Mengen im Vergleich zu CO 2<br />
- nachgewiesen. Heute weiß man, daß das Kohlendioxidgas für <strong>de</strong>n enormen Treibhauseffekt<br />
verantwortlich ist, <strong><strong>de</strong>r</strong> die untere Venusatmosphäre gleichmäßig auf eine Temperatur von r<strong>und</strong> 750 K<br />
aufheizt. Erste Oberflächen<strong>de</strong>tails konnten mit Hilfe <strong>de</strong>s Radioteleskops in Arecibo (Radar-Echo-<br />
Metho<strong>de</strong>) noch vor <strong><strong>de</strong>r</strong> erfolgreichen Erk<strong>und</strong>ung <strong>de</strong>s Planeten durch sowjetische <strong>und</strong> amerikanische<br />
Son<strong>de</strong>n unter <strong><strong>de</strong>r</strong> optisch <strong>und</strong>urchdringbaren Wolkenschicht aufgelöst wer<strong>de</strong>n.<br />
Da sich die Venus innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Erdbahn um die Sonne bewegt, kann sie sich nur maximal 47° von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Sonne entfernen (Elongation). Das ist auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Gr<strong>und</strong>, weshalb man sie – genauso wie Merkur – nur in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Abend- bzw. Morgendämmerung mit <strong>de</strong>m freien Auge auffin<strong>de</strong>n kann. Dann ist sie aber auch<br />
selten zu übersehen, da sie eine scheinbare Helligkeit von –3 bis –4 Größenklassen erreicht. Im frühen<br />
antiken Griechenland nannte man die Venus als Morgenstern Phosphoros (was soviel wie<br />
„Lichtbringer“ be<strong>de</strong>utet) <strong>und</strong> als Abendstern Hesperos. Später erkannte man, daß es sich um ein <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>mselben Planeten han<strong>de</strong>lt <strong>und</strong> brachte ihn mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Göttin Aphrodite in Verbindung.<br />
Venus rotiert in 243 Tagen einmal um ihre Achse (retrograd), d.h. sie benötigt für eine Umdrehung ein<br />
wenig mehr Zeit als für einen kompletten Umlauf um die Sonne. Wäre die Rotationsperio<strong>de</strong> (243.01<br />
Tage) nur geringfügig größer (243.16 Tage), dann hätte man es mit einer 5:2-Resonanz in bezug auf<br />
die synodische Umlaufszeit zu tun. Wenn in ferner Zukunft diese Resonanz erreicht ist, wird Venus bei<br />
<strong>de</strong>n Konjunktionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> immer dieselbe Seite zuwen<strong>de</strong>n.<br />
Innerer Aufbau<br />
Dadurch, das die Venus nur geringfügig kleiner als die Er<strong>de</strong> ist <strong>und</strong> auch ihre mittlere Dichte sich<br />
kaum von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Planeten Er<strong>de</strong> unterschei<strong>de</strong>t, ist es eine gute Arbeitshypothese anzunehmen, daß<br />
auch ihr innerer Aufbau weitgehend <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> gleicht. Sie besteht <strong>de</strong>mnach aus einem metallischen<br />
inneren Kern (flüssig), einem mächtigen Gesteinsmantel <strong>und</strong> einer Kruste, wobei die Kruste im<br />
Gegensatz zur Er<strong>de</strong> keine verschiebbaren Großplatten aufweist <strong>und</strong> <strong>de</strong>mentsprechend auch keine<br />
tektonischen Strukturen in Form von Faltengebirgen <strong>und</strong> Subduktionszonen besitzt. Ein Gr<strong>und</strong> dafür<br />
könnte sein, daß die gegenwärtige Mantelkonvektion dazu einfach nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage ist. Ob es in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
fernen Vergangenheit einmal Plattentektonik gegeben hat, ist noch Gegenstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Forschung <strong>und</strong><br />
nicht unwahrscheinlich. Das aus <strong>de</strong>n Messungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Magellan-Son<strong>de</strong> gefolgerte Fehlen eines festen<br />
zentralen Kerns könnte nach Meinung <strong><strong>de</strong>r</strong> Planetenphysiker auch das fehlen<strong>de</strong> Eigenmagnetfeld