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200 Jahre im Dienste der Gesundheit - Kurstadt Bad Berka

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<strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>im</strong> <strong>Dienste</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesundheit</strong><br />

Ein Beitrag über die Entstehung von <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>s Kur- und medizinischen<br />

Einrichtungen, ihr Fortbestehen und Entwicklung bis in unsere heutige Zeit.<br />

Im Juni jährt sich zum <strong>200</strong>. Mal die Eröffnung <strong>der</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>er <strong>Bad</strong>eanlagen. In dem<br />

für Europa so schicksalsschweren Jahr 1813, als die Völker begannen, sich von <strong>der</strong><br />

Unterjochung durch Napoleon zu befreien, wurde <strong>im</strong> kleinen Landstädtchen <strong>Berka</strong>,<br />

<strong>im</strong> damaligen Herzogtum Sachsen-We<strong>im</strong>ar-Eisenach gelegen, ein Kurort gegründet.<br />

Von Quellenentdeckern und <strong>Bad</strong>egrün<strong>der</strong>n.<br />

<strong>Berka</strong>s damaliger Mädchenschullehrer und Organist Heinrich Friedrich Schütz hatte<br />

die Idee zur Gründung einer <strong>Bad</strong>eanstalt. Schon seit längeren war ihm das<br />

schwefelhaltige Wasser <strong>im</strong> Teichgebiet unterhalb des Arlsberges, dem heutigen<br />

Kurpark, aufgefallen. Die Karpfen und Hechte aus den Teichen schmeckten schlecht<br />

o<strong>der</strong> waren sogar ungenießbar. Auch erinnerte man sich an Erzählungen über einen<br />

Erdfall, welcher <strong>im</strong> <strong>Jahre</strong> 1555 entstanden war, aus welchem „daraus so ein giftiger<br />

Hauch ging, dass niemand ohne Verletzung hinein sehen konnte“. Beweis aber war<br />

das weißgelbliche Pulver, welches sich an den Pflanzen <strong>der</strong> Abflussgräben und des<br />

Teiches absetzte.<br />

Schütz befasste sich auch mit einer weiteren Quelle. Sie befand sich an <strong>der</strong> Stelle<br />

des heutigen Goethe-Brunnens. Er hatte festgestellt, dass aus ihr eisenockerhaltiges<br />

Wasser zum Vorschein kam. Setzte sich doch hier brauner Schlamm ab. Allerdings<br />

hatte dies schon <strong>der</strong> <strong>Berka</strong>er Jakob Ludwig Geist (er war von1795 bis 1804 Goethes<br />

Sekretär) 1807 entdeckt. Seine angeregten Untersuchungen aber unterblieben.<br />

Schütz überreichte den Landesherrn Herzog Carl August <strong>im</strong> Dezember 1811 Proben<br />

<strong>der</strong> beiden <strong>Berka</strong>er Wässer, teilte ihm seine Vermutungen mit und schlug die<br />

Errichtung einer <strong>Bad</strong>eanstalt vor. Carl August war erfreut über Schützens<br />

Nachforschungen. Ihm wäre es recht, in <strong>der</strong> Nähe seiner Residenz eine <strong>Bad</strong>eanstalt<br />

gründen zu können, sah er doch darin wirtschaftliche Aspekte. Es blieb das Geld <strong>der</strong><br />

Untertanen <strong>im</strong> Lande, zum an<strong>der</strong>en könnte man mit dem Besuch von Gästen<br />

rechnen.<br />

Er beauftragte die Professoren Döbereiner und Kieser aus Jena umgehend mit<br />

Wasseruntersuchungen. Sie bestätigten die Bestandteile Eisen, Gips und<br />

Kohlensäure in <strong>der</strong> sogenannten „Stahlquelle“, wie man die von Schütz und Geist<br />

entdeckte Quelle nun nannte. Im Schwefelwasser <strong>im</strong> Teichgebiet fanden sich 30%<br />

Schwefel und 15% Kohlensäure sowie Gips, Kalk und Glaubersalz. Die Mediziner<br />

rieten dem Herzog beson<strong>der</strong>s den Schwefelschlamm zu nutzen.<br />

Carl August und sein Sohn, <strong>der</strong> Erbprinz Carl Friedrich, waren von <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Berka</strong>er Heilquellen<br />

überzeugt und fest entschlossen, eine <strong>Bad</strong>eanstalt zu gründen. Der Erbprinz<br />

allerdings for<strong>der</strong>te noch das Urteil des Herrn Gehe<strong>im</strong>rat und Staatsminister von<br />

Goethe.


Goethe kommt nach <strong>Berka</strong>.<br />

Am 30 Oktober 1812 kam Goethe nach <strong>Berka</strong>. Nach Besichtigung des Ortes, seiner<br />

Umgebung und <strong>der</strong> geplanten Anlagen, ging er mit großer Gründlichkeit an die<br />

Erarbeitung eines Berichtes über die Rentabilität einer eventuell zu errichtenden<br />

<strong>Bad</strong>eanstalt. Er beschäftigte sich mit den geologischen und hydrologischen<br />

Verhältnissen, mit verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Problemen, aber auch<br />

mit <strong>der</strong> Lage und den Baulichkeiten des Ortes. Mehrfach wurden Wissenschaftler in<br />

Jena von ihm konsultiert.<br />

Schon am 22. November legte er dem Erbprinzen seinen Bericht vor. Goethe<br />

erläuterte darin seine geologischen Untersuchungen und verhehlte nicht, dass es<br />

sich seiner Meinung nach nicht um eine Schwefelquelle, son<strong>der</strong>n um<br />

schwefelhaltiges Schichtwasser handele, das nach Trockenlegung des umgebenden<br />

Sumpfgebietes versiegen würde. Auch bezweifelte er, dass die <strong>der</strong>zeitig anfallende<br />

Menge des Wassers überhaupt ausreichen werde, um den <strong>Bad</strong>ebetrieb über <strong>Jahre</strong><br />

aufrecht zu erhalten. Er machte aber auch umfangreich Vorschläge über die<br />

Gestaltung und Einrichtung des <strong>Bad</strong>es, falls <strong>der</strong> Herzog sich für dessen Bau<br />

entscheiden würde. So schlug er vor, das schwefelhaltige Wasser über Gräben in ein<br />

versteckt gehaltenes, als Quelle deklariertes Wasserreservoirs zu leiten. Er listete<br />

eine Vielzahl von Arbeiten, welche zur <strong>Bad</strong>egründung notwendig wären, auf. So auch<br />

das Pflastern <strong>der</strong> wichtigsten Straßen und Wege <strong>im</strong> Ort, um diesen sauber zu halten<br />

o<strong>der</strong> das Anlegen von Wan<strong>der</strong>wegen und Rastplätzen in <strong>der</strong> Umgebung. Er wendete<br />

sich bau- und verwaltungstechnischen Fragen zu. Auch machte er Vorschläge über<br />

ein zu errichtendes <strong>Bad</strong>ehaus und einen Ballsaal, über anzulegende Dämme,<br />

Gräben, Brücken und Wege <strong>im</strong> Bereich des heutigen Parks. Er dachte an einen<br />

tüchtigen Verwalter, einen <strong>Bad</strong>earzt, an notwendiges Personal und an eine<br />

polizeiliche Aufsicht. Selbst die Geselligkeit kam nicht zu kurz. So schlug Goethe die<br />

Anstellung von Musikern vor. Zur Finanzierung des gesamten Unternehmens würden<br />

nach Goethes Meinung 5.000 bis 6.000 Taler reichen.<br />

<strong>Berka</strong> wird <strong>Bad</strong>eanstalt.<br />

Auf die Warnung Goethes hin ließ <strong>der</strong> Herzog erneut Wissenschaftler herbeiholen<br />

und nach <strong>der</strong> Schwefelquelle suchen. Obwohl sich diese nicht fand, entschied er am<br />

26.1.1813 mit einem Dekret, in <strong>Berka</strong> a. d. Ilm eine <strong>Bad</strong>eanstalt zu gründen. Er stellte<br />

dafür 2.000 Taler zur Verfügung. Die Bedenken Goethes versuchte er zu zerstreuen.<br />

Er behauptete, da das Schwefelwasser bei großer Kälte nicht zufriere, müsse eine<br />

ausgiebige Quelle in großer Tiefe vorhanden sein. Auch sei das Schwefelwasser in<br />

<strong>Berka</strong> schon über <strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> bekannt.<br />

Im Frühjahr 1813 begann man mit allen notwendigen Arbeiten.Im März wurde <strong>im</strong><br />

Beisein des We<strong>im</strong>arer Hofes und Goethes ein Richtfest am Schwefelbadehaus<br />

gefeiert. Nachfolgend erfolgten die Errichtung des Schwefelbrunnens und <strong>der</strong> Bau<br />

eines Ballsaales. Mit viel Arbeit verbunden war das Trockenlegen des<br />

Sumpfgebietes, dem heutigen Kurpark, das Anlegen von Wassergräben und <strong>der</strong> Bau<br />

<strong>der</strong> „Großen Allee“, <strong>der</strong> heutigen Goetheallee. Der <strong>Bad</strong>eplatz wurde gestaltet mit<br />

Blumenrabatten, Promenadenwegen und begrünten Plätzen mit Sitzgelegenheiten.<br />

Später kam eine Kegelbahn hinzu.


Der <strong>Bad</strong>eplatz in <strong>Berka</strong>. Reproduktion nach einem Stich von Theodor Goetz, entstanden <strong>im</strong> August 1813<br />

Die Eröffnung des <strong>Berka</strong>er <strong>Bad</strong>es – Goethe als <strong>Bad</strong>egast.<br />

Am 24.Juni 1813 erfolgte die feierliche Einweihung <strong>der</strong> <strong>Berka</strong>er Schwefelbadeanstalt<br />

durch den Erbprinzen Carl Friedrich. Anwesend war erneut die gesamte We<strong>im</strong>arer<br />

Hofgesellschaft, an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Landesherr Carl August. Als <strong>Bad</strong>earzt hatte man<br />

den Mediziner Kieser aus Jena berufen, <strong>Bad</strong>einspektor war <strong>der</strong> Lehrer und Organist<br />

Heinrich Friedrich Schütz. Die <strong>Berka</strong>er hatten mit Wohnungen vorgesorgt, 60 Stuben,<br />

47 Kammern und Stallung für73 Pferde wurden von ihnen angeboten. Nach dem<br />

Urteil <strong>der</strong> Ärzte sollten das Schwefelwasser und <strong>der</strong> Schwefelschlamm vorzüglich<br />

wirksam sein zur Behandlung von Rheumatismus und Gicht, Lähmungen,<br />

Geschwülsten, Hautausschlägen, Hämorrhoidalbeschwerden und an<strong>der</strong>en<br />

Krankheiten. Erste <strong>Bad</strong>egäste waren <strong>der</strong> Baron von Fritsch, Baumeister Steinert aus<br />

We<strong>im</strong>ar und Herr und Frau Justizrat Ackermann aus Ilmenau.<br />

Von Anfang an fehlte es am Geld für die Anlage. Goethe, <strong>der</strong> sich nach wie vor um<br />

die kleine <strong>Bad</strong>eanstalt sorgte, versuchte über die Schwiegertochter Carl Augusts, die<br />

Erbprinzessin Maria Pawlowna, vom Herzog einen Zuschuss zu erwirken. Er<br />

schreibt: „Meine Absichten sind diesmal die allerreinsten. Die Anlage ist ohne meine<br />

Überzeugung gemacht, allein sie ist einmal da, sie hat Geld gekostet und bringt eine<br />

diesem kleinen Orte, <strong>der</strong> durch den Krieg so viel gelitten hat, höchst för<strong>der</strong>liche<br />

Bewegung hervor“. Goethe hatte Glück mit seiner Bitte. Der Herzog stellte 500 Taler<br />

zur Verfügung und künftig jährlich 400 Taler, welche bis 1849 gezahlt wurden.<br />

Vom 13. Mai bis 28. Juni 1814 weilte Goethe mit seiner Frau Christiane in <strong>Berka</strong>, um<br />

am eigenen Körper die Heilkraft des Wassers zu erproben. Beide wohnten <strong>im</strong><br />

Edelhof, eine Tafel am Eingang des heutigen Forstamtes in <strong>der</strong> Ilmstraße erinnert


daran. Während seines Aufenthaltes in <strong>Berka</strong> nahm sich Goethe viel Zeit, die<br />

Umgebung kennenzulernen. So besichtigte er den Schlossberg, die <strong>Berka</strong>er<br />

Sandsteinbrüche, wan<strong>der</strong>te zu den Köhlerhütten <strong>im</strong> Kohlgrund, besuchte die Harth,<br />

den Hexenberg und München sowie umliegende Dörfer. Er nutzte aber auch die<br />

Ruhe und Abgeschiedenheit <strong>Berka</strong>s, um an seinem Festspiel „Des Ep<strong>im</strong>enides<br />

Erwachen“ zu arbeiten. Mit Schütz, dem neuen <strong>Bad</strong>einspektor, besichtigte er die<br />

Stadt und die Anlagen. Er gab diesem gute Ratschläge für die Verbesserung des<br />

Stadtbildes und für eine weitere Parkgestaltung. Goethes Aufenthalt in <strong>Berka</strong><br />

bewirkte, dass nachfolgend zahlreiche Freunde Goethes, Künstler, Mitglie<strong>der</strong> des<br />

Hofes und wohlhabende We<strong>im</strong>arer Bürger nach <strong>Berka</strong> zur <strong>Bad</strong>ekur kamen.<br />

In den Rechnungsbüchern des <strong>Bad</strong>es finden sich <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> Eintragungen über<br />

Geldausgaben „…um nach einer Schwefelquelle zu graben“ und „….um<br />

Schwefelschlamm zu suchen“. 1818 bewahrheiteten sich erstmalig Goethes<br />

Befürchtungen: Das Wasser reichte für die Bä<strong>der</strong> nicht mehr aus. Je mehr man sich<br />

mit <strong>der</strong> Trockenlegung des Parks beschäftigte, umso stärker sank <strong>der</strong> Wasserspiegel<br />

des schwefelhaltigen Wassers. Eine Quelle aber fand sich nicht. Mit erheblichem<br />

Aufwand wurde eine Anlage geschaffen, in welcher Mineralwässer und auch<br />

Schwefelwasser künstlich erzeugt werden konnte. Wegen großer Proteste <strong>der</strong><br />

<strong>Bad</strong>egäste wurde sie schnell wie<strong>der</strong> aufgegeben. Dem Herzog kamen nun Zweifel<br />

über das Weiterbestehen des <strong>Bad</strong>es. Goethe aber machte ihm klar „…dass man<br />

dieses <strong>Bad</strong> nicht liegen lassen könne“. Erneut machte er auf die schöne Gegend, die<br />

gesunde Lage aufmerksam und den Vorteil, in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Residenzstadt We<strong>im</strong>ar<br />

eine <strong>Bad</strong>eanstalt zu besitzen. Er schlug, neben den wenigen Schwefelbä<strong>der</strong>n,<br />

welche man noch geben konnte, auch die Nutzung <strong>der</strong> Stahlquelle vor.<br />

Die Weiterentwicklung des <strong>Bad</strong>es.<br />

Erstmalig wurden 1823 Stahlba<strong>der</strong> verabreicht. In einem nahe <strong>der</strong> Quelle<br />

befindlichen Hause hatte man eine <strong>Bad</strong>ezelle eingerichtet, in welcher das Wasser<br />

<strong>der</strong> Quelle auch mit Kräutern versetzt angeboten wurde.<br />

Goethe nutzte die Bä<strong>der</strong> nicht wie<strong>der</strong>. Er kam aber regelmäßig nach <strong>Berka</strong>, um sich<br />

über die Weiterentwicklung des <strong>Bad</strong>es zu informieren. Er traf sich mit dem<br />

<strong>Bad</strong>einspektor Schütz, mit dem ihn freundschaftliche Beziehungen verbanden. In<br />

je<strong>der</strong> Weise versuchte Goethe, för<strong>der</strong>nd auf die Entwicklung des kleinen <strong>Bad</strong>es<br />

einzuwirken. Oft war er auch Gast <strong>im</strong> Hause des „<strong>Bad</strong>ekönigs“, wie er Schütz<br />

scherzhaft nannte. Er schätzte dessen vortreffliches Spiel auf dem Klavier, seine<br />

musikalischen Fähigkeiten und Kenntnisse, aber auch die liebevoll von Frau Schütz<br />

für den hohen Gast zubereiteten „Schmerlen“ und das Hetschburger Bier, welches <strong>im</strong><br />

Hause ausgeschenkt wurde.<br />

Auch <strong>der</strong> berühmte Arzt Dr. Hufeland war begeistert von <strong>Berka</strong>. Nach einem Besuch<br />

schrieb er: „Die Gegend ist herrlich, ein romantisches, von schönen waldigen Bergen<br />

begränztes Thal, aus dem, ganz in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Quelle, die Ruinen einer alten Burg<br />

hervorragen, und zu den angenehmsten Spaziergängen einladen…“<br />

Die günstige Aussage über <strong>Berka</strong> von Hufeland, aber auch an<strong>der</strong>er berühmter<br />

Gäste, wie <strong>der</strong> Ausspruch des 1825-26 in <strong>Berka</strong> tätigen <strong>Bad</strong>earztes Dr. le Goullon:


„Je<strong>der</strong> Atemzug <strong>Berka</strong>er Luft ist ein Dukaten wert“, wurden nun oft zu Werbezwecken<br />

genutzt.<br />

Trotz aller Anstrengungen <strong>der</strong> Verantwortlichen des <strong>Bad</strong>es, die Anzahl <strong>der</strong><br />

<strong>Bad</strong>egäste zu erhöhen, war dies nicht sehr erfolgreich. Goethe wies den Herzog Carl<br />

August <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> darauf hin, wie notwendig die Errichtung eines<br />

Gesellschaftshauses mit Ballsaal sei. Der Herzog st<strong>im</strong>mte ihm bei, Oberbaudirektor<br />

Coudray erhielt den Auftrag, Entwürfe für ein solches Haus vorzulegen. 1824 wurde<br />

mit dem Bau unter <strong>der</strong> Leitung von Coudray begonnen. Am 24.Juni 1825 <strong>im</strong> Beisein<br />

<strong>der</strong> gesamten We<strong>im</strong>arer Hofgesellschaft feierlich eingeweiht. Von nun an war das<br />

neu errichtete <strong>Bad</strong>egesellschaftshaus, das heutige „Coudrayhaus“, Mittelpunkt des<br />

<strong>Berka</strong>er <strong>Bad</strong>elebens.<br />

Der Park mit dem Schwefelbadehaus und dem von Coudray errichteten <strong>Bad</strong>egesellschaftshaus um 1830<br />

Getreu den Vorstellungen von Goethe erschlossen die <strong>Berka</strong>er die schöne<br />

Umgebung <strong>der</strong> Stadt <strong>im</strong>mer mehr für ihre Gäste. Zum Schloßberg, dem Adelsberg,<br />

<strong>der</strong> Harth und <strong>der</strong> Trebe wurden Spazierwege angelegt, Ruheplätze mit Tischen und<br />

Bänken und den beliebten Mooshütten errichtet. Eine beson<strong>der</strong>e Attraktion befand<br />

sich <strong>im</strong> Dammbachsgrund. Hier hatte man ein Häuschen errichtet, die sogenannte<br />

„Einsiedelei“. Das Haus konnte gemietet werden, um Tag und Nacht in <strong>der</strong> schönen<br />

Waldeinsamkeit zu verbringen. Hungern brauchten seine Bewohner nicht, wurden sie<br />

doch von <strong>Berka</strong>er Wirten mit Speisen und Getränken bestens versorgt.<br />

1835 erfolgte <strong>der</strong> Bau des Stahlbadehauses an <strong>der</strong> Stelle <strong>der</strong> heutigen Tourist-<br />

Information. Immer öfter wurde das Wasser <strong>der</strong> Stahlquelle zu Bä<strong>der</strong>n, beson<strong>der</strong>s<br />

auch zu Dampfbä<strong>der</strong>n genutzt. Neu waren auch in den 30er <strong>Jahre</strong>n die Ilmbä<strong>der</strong>. In<br />

ihnen konnte man, vor neugierigen Blicken geschützt, ein Ilmbad nehmen und wurde<br />

auf Wunsch vom <strong>Bad</strong>emeister mit Wasser übergossen. Das Ilmbad wurde vermutlich<br />

vom Hochwasser zerstört. 1840 ließ Großherzog Carl Friedrich ein Wellenbad in <strong>der</strong>


Ilm errichten. Hier wurde das Wasser an einem Wehr gestaut und <strong>der</strong> <strong>Bad</strong>emeister<br />

erzeugte dabei mit einem großen Holzrechen Wellen. Zusätzlich goss man von einer<br />

darüber gehenden Brücke Bottiche mit Wasser als sogenannte Sturzbä<strong>der</strong> aus, mit<br />

einer weiteren Vorrichtung wurden auch Brausebä<strong>der</strong> verabreicht. Auch diese<br />

Anlage wurde 1847 ein Opfer des Hochwassers.<br />

1845 kam das endgültige aus für das Schwefelwasser. Die Gräben blieben trocken,<br />

selbst den Winter über war das Sammelbecken leer. Erneut wurde künstlich<br />

erzeugtes Schwefelwasser angeboten, allerdings mit wenig Erfolg<br />

<strong>Berka</strong>s neue Heilmittel<br />

Ein neuer <strong>Bad</strong>earzt brachte neue Ideen nach <strong>Berka</strong>. 1847 ließ sich Dr. Carl Ebert<br />

hier als Arzt nie<strong>der</strong>. Zuständig auch für das <strong>Bad</strong> hatte er die schwere Aufgabe, die<br />

Anstalt vor dem Nie<strong>der</strong>gang zu bewahren. Um den Kurbetrieb zu för<strong>der</strong>n, führte er<br />

eine Reihe neuer Kurmittel ein. Da waren zunächst seine Ziegenmolkenkuren. Diese<br />

wurden gegen Krankheiten <strong>der</strong> Schle<strong>im</strong>häute, <strong>der</strong> Lungenorgane und <strong>der</strong> Nerven<br />

verordnet. Beson<strong>der</strong>s den <strong>Bad</strong>egästen mit Lungenerkrankungen empfahl er den<br />

Aufenthalt in <strong>der</strong> „…milden, weichen Waldluft…“, um „die aromatisch harzigen<br />

Ausdünstungen <strong>der</strong> Fichten und Tannenwaldungen zusätzlich zu nutzen“. Seiner<br />

Meinung nach för<strong>der</strong>ten diese den Genesungsprozess. 1850 führte Ebert erstmalig<br />

deutschlandweit Kiefer- und Fichtennadelbä<strong>der</strong> ein. Mit großem Erfolg wurden diese<br />

zur Behandlung von rheumatischen und gichtigen Beschwerden, Brustleiden und<br />

Hautausschlag angewendet. Auch bei Erkrankung <strong>der</strong> Atemwege verordnete Ebert<br />

Dampfbä<strong>der</strong> mit Zusätzen von Kiefernadeln. Eine weitere Neuerung war die<br />

Vermietung von „Waldwollmatratzen“. <strong>Bad</strong>egäste mit Beschwerden des Rückens und<br />

<strong>der</strong> Wirbelsäule erhielten statt dicker Fe<strong>der</strong>betten mit Waldgras gefüllte Matratzen.<br />

Das kleine bescheidene <strong>Bad</strong>estädtchen wurde <strong>im</strong>mer beliebter. Zum einen, weil die<br />

vielfältigsten Heilmethoden in Anspruch genommen werden konnten, zum an<strong>der</strong>en<br />

<strong>der</strong> schönen Umgebung und <strong>der</strong> ruhigen und kl<strong>im</strong>atisch günstigen Lage des Ortes<br />

wegen.<br />

Inzwischen war auch in baulicher Hinsicht <strong>im</strong> Ort viel geschehen. Wie einst Goethe<br />

vorgeschlagen, hatte man schöne Häuser und Pensionen in <strong>der</strong> Nähe des Parks und<br />

<strong>der</strong> <strong>Bad</strong>eanlagen errichtet. In <strong>der</strong> Stadt waren angenehme, ruhige Gästewohnungen<br />

und neue Gasthöfe entstanden und Straßen und Wege durch Pflasterung verbessert.<br />

Ab 1851 stellte die Pferdepost, von We<strong>im</strong>ar und Rudolstadt kommend, <strong>im</strong><br />

Bedarfsfalle „Beiwagen“ für die <strong>Berka</strong>er <strong>Bad</strong>egäste. Die Poststelle in <strong>der</strong> Apotheke<br />

wurde regelmäßig angefahren.<br />

Zu allen Zeiten hatten die Verantwortlichen des <strong>Bad</strong>es mit finanziellen Problemen zu<br />

kämpfen. Die niedrigsten Tarife und billigsten Preise von ganz Thüringen gab es in<br />

<strong>Berka</strong>, auch eine Kurtaxe wurde nicht erhoben. Das erhöhte zwar den Zuspruch an<br />

Gästen, das <strong>Bad</strong> aber konnte nicht bestehen. 1862 musste eingeführt werden, was in<br />

an<strong>der</strong>en Bä<strong>der</strong>n längst üblich war, die Kurtaxe. Sie wurde nun künftig für die<br />

Verbesserung <strong>der</strong> <strong>Bad</strong>ebibliothek, die <strong>Bad</strong>emusik sowie zur Gestaltung des Parks<br />

verwendet. 1870 führte Dr. Ebert eine weitere Neuerung ein: die Verabreichung von<br />

Sandbä<strong>der</strong>n. In einem gegenüber dem Brunnen errichteten Sandbadehaus wurden<br />

Voll- o<strong>der</strong> Teilbä<strong>der</strong> aus getrocknetem und erhitztem Ilmsand bereitet. Mit Erfolg


wurden Neuralgien, Ischias, Lähmungen und Nierenentzündungen behandelt. Auch<br />

auf diesem Gebiet war <strong>Berka</strong> in dieser Zeit führend in Deutschland.<br />

Sandbä<strong>der</strong>, bei den <strong>Berka</strong>er <strong>Bad</strong>egästen sehr beliebt<br />

1873 gründete sich <strong>der</strong> <strong>Berka</strong>er Verschönerungsverein. Über viele Jahrzehnte<br />

setzten sich seine Mitglie<strong>der</strong> für die Verschönerung des Stadtbildes und <strong>der</strong><br />

Umgebung ein. Es wurden Wan<strong>der</strong>wege und Ruheplätze in den Wäl<strong>der</strong>n und <strong>im</strong><br />

Park geschaffen o<strong>der</strong> finanziert, kleine Denkmäler errichtet sowie Quellen und Teiche<br />

angelegt. Neben Blumen- und Strauchbepflanzungen in <strong>der</strong> Stadt legten sie den<br />

Kaiserhain an und erbauten den Ilmsteg nach <strong>der</strong> Trebestraße. Ihr größtes Werk war<br />

die Errichtung des Paulinenturmes auf dem Adelsberg 1884.<br />

Im <strong>Jahre</strong> 1874 entdeckte man <strong>im</strong> Bereich des Kurparkes Moor. Die Verantwortlichen<br />

entschlossen sich, dies für Heilzwecke zu nutzen. Zwei <strong>Jahre</strong> später hatte man die<br />

Moorbadeanstalt errichtet. Hier konnten Moorbä<strong>der</strong> zur Behandlung von Gicht und<br />

Neuralgien sowie Muskel- und Gelenkrheumatismus verabreicht werden.<br />

Die Stahlquelle versiegt.<br />

Sorgen bereitete den Verantwortlichen die Stahlquelle. Durch den erhöhten<br />

Wasserverbrauch, auch für die Moorbä<strong>der</strong>, war ihr Wasser nicht mehr ausreichend.<br />

1877 entschloss man sich zu einer Tiefbohrung, welche mit erheblichem Aufwand<br />

verbunden war. Bei einer Tiefe von 35 Metern stieß man auf eine genügende<br />

Wassermenge. Diese wurde mit 150 Kubikmetern am Tag angegeben. Doch die<br />

Bestandteile des Wassers hatten sich nun geän<strong>der</strong>t. Enthielt es vorher eine<br />

erhebliche Menge an Eisenbikarbonat und freier Kohlensäure, so überwog nun <strong>der</strong>


Gehalt an Gips und doppeltkohlensaurem Kalk sowie Bitter- und Glaubersalz. Man<br />

bezeichnete die Quelle zunächst als erdige Gipsquelle. Nach neuesten<br />

Erkenntnissen und Untersuchungen bezeichnen wir heute ihr Heilwasser als<br />

„Calcium-Sulfat-Wasser“ mit balneologisch wertvollen Inhaltsstoffen wie Eisen, Jodit,<br />

Sulfitschwefel, Fluorid, Rodon und freiem gelösten Kohlenstoffdioxid. Neben <strong>der</strong><br />

Verwendung für Bä<strong>der</strong> fand das Heilwasser <strong>im</strong>mer mehr auch Verwendung als<br />

Trinkkur bei Magen-, Darm- und Blasenerkrankungen. Der Brunnen erhielt 1882 den<br />

offiziellen Namen „Carl-August-Brunnen“, nach dem Grün<strong>der</strong> des <strong>Bad</strong>es, dem<br />

Großherzog Carl August von Sachsen-We<strong>im</strong>ar-Eisenach.<br />

Der heutige Goethebrunnen <strong>im</strong> <strong>Jahre</strong> 1888<br />

Die große Allee <strong>im</strong> Park wurde zur Goethe-Allee. Inzwischen verwendete man nicht<br />

mehr die Bezeichnung <strong>Bad</strong>estädtchen. In allen Prospekten und Veröffentlichungen<br />

war <strong>Berka</strong> zum Kurort, die <strong>Bad</strong>egäste zu Kurgästen, die <strong>Bad</strong>ehäuser zu Kuranlagen,<br />

das <strong>Bad</strong>egesellschaftshaus zum Kurhaus und <strong>der</strong> Park zum Kurpark geworden. Der<br />

1882 nach <strong>Berka</strong> gekommene Amtsphysikus und <strong>Bad</strong>earzt Dr. Willrich vertrat in<br />

führen<strong>der</strong> Position den Kurort <strong>Berka</strong> <strong>im</strong> neu gegründeten Thüringer Bä<strong>der</strong>verband.<br />

Auch auf kulturellem Gebiet wurden zahlreiche Verbesserungen eingeführt.<br />

Regelmäßig fanden <strong>im</strong> Kurhaus Kulturveranstaltungen, Gesangsdarbietungen und<br />

Theateraufführungen von <strong>Berka</strong>er Vereinen, Wan<strong>der</strong>bühnen, aber auch des<br />

We<strong>im</strong>arer Hoftheaters statt. Der Wirt und <strong>Berka</strong>er Vereine veranstalteten regelmäßig<br />

Tanzabende. Seit 1886 hatte man eine aus 25 Musikern bestehende Kurkapelle,<br />

welche dre<strong>im</strong>al wöchentlich Kurkonzerte gab. Eine Zeitung für Kurgäste, die<br />

sogenannten „Saisonnachrichten“, erschien regelmäßig. Die Anzahl <strong>der</strong> Gaststätten<br />

und Gasthöfe in <strong>der</strong> Stadt und <strong>der</strong> Umgebung hatten enorm zugenommen.<br />

Beson<strong>der</strong>s beliebt bei gut situierten Gästen war das 1887 auf <strong>der</strong> Trebe errichtete<br />

Hotel „Kaiser Wilhelmsburg“.


Der Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz wurde 1887 Wirklichkeit. Durch die<br />

Bahn war die Fahrt nach <strong>Berka</strong> günstiger und die Besucherzahlen erhöhten sich.<br />

1888 feierten die <strong>Berka</strong>er mit ihren Gästen das 75jährige Bestehen als Kurort.<br />

Erstmalig gestalteten <strong>Berka</strong>er Vereine und Gewerbetreibende, Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendliche einen großen Festumzug. In zahlreichen historischen Bil<strong>der</strong>n wurde die<br />

Geschichte des <strong>Bad</strong>es und <strong>der</strong> Stadt dargestellt. Begeistert von den Gästen<br />

aufgenommen, wurden nachfolgend die jährlich von Vereinen gestalteten<br />

Trachtenfeste zur Tradition in <strong>Berka</strong>. Mit Spiel und Tanz sowie kleinen<br />

Theateraufführungen am Brunnen, <strong>im</strong> Park, aber auch auf den Festwiesen an <strong>der</strong><br />

Trebe und <strong>im</strong> Dammbachsgrund, endeten die Feste jedes Mal mit einem Umzug.<br />

Begeistert beteiligten sich dabei auch <strong>Berka</strong>s Kurgäste. Über Jahrzehnte erhalten,<br />

führte diese Tradition zu unseren heutigen Brunnenfesten.<br />

Die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Berka</strong>er Lungenheilanstalten.<br />

Dr. Willrich war nicht nur als städt. Arzt und <strong>Bad</strong>earzt tätig. Er beschäftigte sich<br />

<strong>im</strong>mer mehr mit <strong>der</strong> Behandlung lungenkranker Patienten. Dabei war für ihn <strong>Berka</strong><br />

<strong>der</strong> richtige Ort. Er war von <strong>der</strong> idyllischen waldreichen Lage, <strong>der</strong> Umgebung mit<br />

seiner kräftigen und gesunden Luft begeistert. Willrich bezeichnete <strong>Berka</strong> als das<br />

„Meran Thüringens“. Zur Behandlung von Patienten mit Reizzuständen <strong>der</strong><br />

Schle<strong>im</strong>häute und <strong>der</strong> Lunge setzte er, wie schon Dr. Ebert, auf die ozonreiche<br />

Waldluft mit ihren aromatischen harzigen Fichten- und Kiefernwaldungen in<br />

Verbindung mit kräftiger ländlicher Kost.<br />

1888 ließ Dr. Willrich vom Besitzer <strong>der</strong> Pension Schloss Rodberg, Herrn Petzold, auf<br />

<strong>der</strong> Hardt eine Freiluftstation errichten.<br />

Dr. Willrichs Waldschlafstätten auf <strong>der</strong> Harth


In 14 Hütten, getrennt für Damen und Herren, konnten Patienten mit<br />

Lungenkrankheiten <strong>im</strong> Sommer, Tag und Nacht, <strong>der</strong> heilsamen Waldluft ausgesetzt<br />

werden. Willrichs Behandlungsmethode hatte guten Erfolg. Auch auf Grund seiner<br />

umfangreichen Reklame war <strong>der</strong> Zuspruch groß.<br />

Je günstiger sich die Anlage auf <strong>der</strong> Harth entwickelte, umso schädlicher wirkte sie<br />

sich auf den Kurort <strong>Berka</strong> aus. Immer mehr blieben die Kurgäste von <strong>Berka</strong> fern. Ihre<br />

Meinung war: „Da, wo die Schwindsucht kuriert wird, fahren wir nicht zur Kur“. Erste<br />

Vorwürfe gegen die Waldschlafstätten sowie Dr. Willrich und Petzold wurden laut. Als<br />

das Ausbleiben <strong>der</strong> Kurgäste in den nächsten <strong>Jahre</strong>n größer wurde, begann ein<br />

langer Kampf zwischen <strong>der</strong> Stadt <strong>Berka</strong> und ihrem <strong>Bad</strong>earzt. Nachdem die <strong>Berka</strong>er<br />

das Staatsministerium um Hilfe angerufen hatten, verfügte dieses Anfang 1897 den<br />

Abriss <strong>der</strong> „Tuberkelbaracken“ wegen ungenügen<strong>der</strong> medizinischer Sicherheit. Im<br />

Sommer des gleichen <strong>Jahre</strong>s erfolgte die Bekanntgabe über den Bau einer<br />

Lungenheilanstalt auf dem Emskopf bei München. Da von staatlicher Seite<br />

angeordnet, verhallten die Proteste <strong>der</strong> <strong>Berka</strong>er.<br />

Die neue Heilstätte in München wurde ärztlich zunächst vom We<strong>im</strong>arer Sophienhaus<br />

betreut. 80 Kranke konnten aufgenommen werden. Aus Rücksicht auf die geringe<br />

Bettenzahl und die große Nachfrage nach einer Kur, war die Kurdauer auf 13<br />

Wochen beschränkt. 1904 nahm die Thüringer Landesversicherung die<br />

Sophienheilstätte in ihre Obhut. Ihren Namen hatte die Heilstätte von <strong>der</strong><br />

Großherzogin Sophie erhalten. Die Monarchin hatte sich sehr für das<br />

<strong>Gesundheit</strong>swesen <strong>im</strong> Lande eingesetzt. Die Verbreitung <strong>der</strong> Tuberkulose in dieser<br />

Zeit war so groß, dass <strong>im</strong> Alter von 15 bis 60 <strong>Jahre</strong>n je<strong>der</strong> Dritte an dieser Krankheit<br />

starb. Um die Bettenzahlen zu erhöhen, erfolgten schon 1904, 1908 und 1911<br />

Erweiterungen <strong>der</strong> Heilstätte. Der langjährige Leiter Dr. Kobbert sah für die<br />

Heilbehandlung seiner Patienten täglich Liegekuren, körperliche Betätigung an <strong>der</strong><br />

frischen Luft, Waldspaziergänge und Atemgymnastik vor. Wichtig war auch die<br />

Verabreichung kräftiger Kost.<br />

In den <strong>Jahre</strong>n 1898 und 1904 entstand ein weiteres Sanatorium an <strong>der</strong> heutigen<br />

Heinrich-Heine-Straße. Es war das Dr. Starck`sche Sanatorium „Schloß Harth“, eine<br />

diätetische Kuranstalt. Großzügig und mo<strong>der</strong>n eingerichtet, gehörte ein großer Park<br />

mit Sommerliegehallen und schönen Anlagen zum Sanatorium.<br />

Verdienter Lohn für große Mühe – Aufschwung in <strong>Berka</strong>.<br />

Als 1902 <strong>Berka</strong>s neuer Bürgermeister Paul Strauchenbruch sein Amt antrat, erkannte<br />

dieser, dass für einen mo<strong>der</strong>nen Kurort dringend bauliche Verbesserungen in den<br />

Kuranlagen und in <strong>der</strong> Stadt erfor<strong>der</strong>lich waren. Um überhaupt Verän<strong>der</strong>ungen<br />

vornehmen zu können, wurden zunächst die Anlagen und das Kurhaus vom Staat<br />

erworben. Das Wichtigste war jedoch die Verbesserung <strong>der</strong> hygienischen<br />

Verhältnisse in <strong>Berka</strong>. Aus diesem Grund erfolgte 1905/06 <strong>der</strong> Bau einer<br />

Hochdruckwasserleitung und einer Abwasseranlage. Gleichzeitig wurde <strong>der</strong> offen<br />

durch die Stadt fließende Hungerbach verrohrt. 1907/08 errichtete man ein<br />

Benoidgaswerk zur Erzeugung von Gas für Beleuchtungszwecke. 1910 erfolgte <strong>der</strong><br />

Bau <strong>der</strong> Bürgerschule und 1911 des Waldpädagogiums auf dem Hexenberg.<br />

Zahlreiche Straßen und Wege in <strong>der</strong> Stadt wurden gepflastert. Zur gleichen Zeit gab


es <strong>im</strong> Bereich des Kurwesens zahlreiche Verbesserungen. Das Heilwasser des Carl-<br />

August-Brunnens füllte man nun in Flaschen ab, um es <strong>im</strong> Land zu vertreiben. Der<br />

Brunnen selbst erhielt 1909 seinen heutigen Pavillon. In <strong>der</strong> Goethe-Allee hatte man<br />

schon 1903 die Schwarzpappeln wegen Überalterung gefällt und junge Linden<br />

gepflanzt. Das alte Moorbadehaus entsprach nicht mehr den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zeit.<br />

Durch den Bau eines neuen Kurbadehauses wurde die größte Investition getätigt. Es<br />

entstand ein formschöner Bau, welcher <strong>der</strong> <strong>Bad</strong>eanlage alle Ehre machte. Mit<br />

mo<strong>der</strong>nsten medizinischen Geräten ausgestattet, wurde <strong>der</strong> Neubau bei seiner<br />

Einweihung am 24.Juni 1910 sehr bewun<strong>der</strong>t.<br />

Einweihung des neu erbauten Kurbades 1910<br />

Die Staatsregierung honorierte die Anstrengungen <strong>der</strong> <strong>Berka</strong>er. Die Stadt erhielt am<br />

8. Februar 1911 den Titel „<strong>Bad</strong>“ verliehen. In <strong>der</strong> Zeitung „Ilm – Bote“ war zu lesen:<br />

„ Seine Königliche Hoheit, <strong>der</strong> Großherzog, haben nach Vortrag <strong>im</strong><br />

Gesamtministerium gnädigst zu genehmigen geruht,<br />

daß die Gemeinde <strong>Berka</strong> a. Ilm künftig den Namen<br />

„<strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>“ führt.<br />

We<strong>im</strong>ar, den 8. Februar 1911<br />

Großherzoglich S. Staatsministerium<br />

gez. Paulsen“<br />

1911/12 errichtete die Berliner Buchdruckerkrankenkasse am Rodberg ein<br />

Erholungshe<strong>im</strong> für ihre Mitglie<strong>der</strong>. Es erhielt zunächst den Namen „Schloß<br />

Gutenberg“, später umbenannt in „Schloss Rodberg“. In <strong>der</strong> Stadt hatte man das


Hotel „Wettiner Hof“ errichtet. Günstig in <strong>der</strong> Nähe des Bahnhofes gelegen, war es<br />

von nun an das „erste Haus am Platze“.<br />

1913 – 100 <strong>Jahre</strong> Kurort.<br />

1913 feierten die <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>er und ihre Gäste das 100jährige Bestehen des Kurortes.<br />

Es war eines <strong>der</strong> größten Feste in unserer Stadt. Drei Tage waren ausgefüllt mit<br />

zahlreichen Veranstaltungen am Brunnen, auf dem Festplatz <strong>im</strong> Park und in<br />

zahlreichen Hotels und Gaststätten. Mehrere tausend Gäste kamen in Son<strong>der</strong>zügen<br />

aus We<strong>im</strong>ar, aber auch aus Jena und Erfurt. Langjährige treue Kurgäste reisten<br />

sogar extra zur Feier aus Leipzig an. Höhepunkt des Festes war <strong>der</strong> große<br />

Festumzug.<br />

Festumzug zum 100 jährigen <strong>Bad</strong>ejubiläum 1913<br />

Hier hatten Handwerksbetriebe, Unternehmen und Vereine um den schönsten<br />

Wagen gewetteifert. Dargestellt wurden auf 48 Wagen Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Geschichte des<br />

<strong>Bad</strong>es und seiner Entwicklung sowie die Vorstellung <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>er Produkte <strong>der</strong><br />

Industrie, des Handwerks, <strong>der</strong> Landwirtschaft und des Kunsthandwerks. Zahlreiche<br />

Kin<strong>der</strong>- und Jugendgruppen, Turner, Sänger, Militärvereine, Schützen,<br />

Trachtengruppen und Musiker befanden sich <strong>im</strong> Festzug. Dre<strong>im</strong>al zog dieser durch<br />

zahlreiche Straßen und Gassen <strong>der</strong> Stadt, damit er auch ordentlich von den Gästen<br />

bestaunt werden konnte. Im Park nahm <strong>der</strong> Festzug dann noch einmal Aufstellung.<br />

Volksbelustigungen verschiedener Art sorgten für die Unterhaltung <strong>der</strong> Gäste, ein<br />

großes Festzelt für die gastronomische Versorgung. Ein großes Feuerwerk und die<br />

Illumination des Parks, <strong>der</strong> Kuranlagen und vieler Pensionshäuser am Abend, fand<br />

viel Beifall.


Inzwischen war <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> auch ein beliebtes Ausflugsziel an den Wochenenden<br />

geworden. Gäste kamen aus den größeren Städten <strong>der</strong> Umgebung als Wan<strong>der</strong>er,<br />

Reiter, Radfahrer, beson<strong>der</strong>s aber mit <strong>der</strong> Eisenbahn. Beliebte Ziele waren die<br />

damaligen Ausflugslokale „Polka“ bei Neusaalborn, „Kaiser-Wilhelmsburg“,<br />

„Waldschlösschen“, „Rauschenburg“ und zahlreiche Gasthöfe in <strong>der</strong> Stadt.<br />

Gewan<strong>der</strong>t wurde meist zum Hexenberg, zur Harth, zur Trebe sowie in den<br />

Dammbachsgrund. Beson<strong>der</strong>s bevorzugt wurde <strong>der</strong> Adelsberg mit seinem<br />

Paulinenturm.<br />

Der 1. Weltkrieg brachte den völligen Nie<strong>der</strong>gang des Kurwesens. Einnahmen<br />

blieben aus, die erheblichen Schulden <strong>der</strong> Stadt konnten nicht abgebaut werden.<br />

1917 wurde <strong>der</strong> Tafelwasser-Abfüllbetrieb verpachtet, 1920 die gesamten Anlagen<br />

an eine in <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> gegründete <strong>Bad</strong>e- und Kurhausbetriebsgesellschaft mbH<br />

verkauft.<br />

Nach dem Krieg kam es nach und nach wie<strong>der</strong> zum Aufschwung. 1925/26<br />

entstanden gleich zwei große Erholungshe<strong>im</strong>e. An <strong>der</strong> Hetschburger Straße ließ die<br />

Thüringer Bäckerinnung für ihre Mitglie<strong>der</strong> ein Ferienhe<strong>im</strong> errichten. Auf <strong>der</strong> Trebe<br />

entstand das „Hartmannhaus“, später umbenannt in „Ärztehe<strong>im</strong>“, ein Erholungshe<strong>im</strong><br />

des Verbandes Deutscher Ärzte. Sehr viel Zuspruch erhielt <strong>der</strong> Ort ab 1935 durch die<br />

von den Nationalsozialisten organisierten Urlaubsaufenthalte „Kraft durch Freude“.<br />

Regelmäßig kamen <strong>im</strong> Sommer beson<strong>der</strong>s Berliner Gäste zu acht- und 14tägigen<br />

Kur- und Ferienaufenthalten nach <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>. Das 1935 erbaute Freibad, in dieser<br />

Zeit das mo<strong>der</strong>nste seiner Art über die Kreisgrenzen hinaus, fand bei den Besuchern<br />

großen Zuspruch.<br />

Neue Heilmethoden für Lungenkranke<br />

Ab 1924 erfolgte nach und nach die Umwandlung <strong>der</strong> Sophienheilstätte in eine<br />

klinische Heilstätte.<br />

Die Sophienheilstätte auf dem Emskopf bei München 1938


Es wurden Behandlungsräume und Laboratorien geschaffen und umfassende, neue<br />

Behandlungsmethoden für Lungenkranke eingeführt. Oberarzt Dr. Adolf Tegtmeier,<br />

seit 1924 in <strong>der</strong> Heilstätte tätig und ab 1934 ihr ärztlicher Direktor, nutzte erstmalig<br />

die Röntgentechnik. Auch erste operative Eingriffe wurden von ihm vorgenommen.<br />

Unter seiner Leitung wurde die Heilstätte zu einer <strong>der</strong> führenden Einrichtungen in<br />

Thüringen bei <strong>der</strong> Bekämpfung <strong>der</strong> Volksseuche Tbc.<br />

Gymnastik an <strong>der</strong> frischen Luft war Bestandteil von Prof. Tegtmeiers Therapie in <strong>der</strong> Sophienheilstätte um 1930<br />

Das Dr. Starck`sche Sanatorium, „Schloss Harth“, verkaufte sein Besitzer 1921 an<br />

die Knappschaft Pensionskasse Halle. Es entstand ein Genesungshe<strong>im</strong> für<br />

sächsische Bergleute, die sogenannte „Knappschaftsheilstätte“. Behandelt wurden<br />

Herz und Magenleiden, Asthma und sehr zum Leidwesen <strong>der</strong> Verantwortlichen <strong>der</strong><br />

Stadt, die Staublungen <strong>der</strong> Bergleute. 1936 wurde die Heilstätte geschlossen und<br />

eine Gebiets- und Staatsführerschule zur Ausbildung für Hitler-Jugend-Führer<br />

eingerichtet.<br />

Der 2. Weltkrieg brachte das Kurwesen erneut zum Stillstand. In den<br />

Erholungshe<strong>im</strong>en und einem Teil <strong>der</strong> Kuranlagen entstanden Lazarette für<br />

verwundete deutsche Soldaten und nach <strong>der</strong> Beendigung des Krieges Wohnungen<br />

für <strong>im</strong> Krieg ausgebombte Familien, Evakuierte und Flüchtlinge.<br />

Schwerer Anfang – Wie<strong>der</strong>aufbau des Kurwesens<br />

Langsam normalisierte sich nach 1945 das Leben. 1948 erfolgten erstmals wie<strong>der</strong><br />

Heilbehandlungen <strong>im</strong> Kurbad. 1950 wurde das „Volksheilbad“ gegründet. Alle<br />

vorhandenen Kuranlagen gingen in „Volkseigentum“ über. 250 Betten standen meist<br />

in Privatquartieren zur Verfügung. Die Verpflegung <strong>der</strong> Kurgäste erfolgte in <strong>Bad</strong>


<strong>Berka</strong>er Gaststätten. Das Kurzentrum bestand aus dem Kurpark, dem Kurmittelhaus,<br />

<strong>der</strong> Trinkhalle und einem Verwaltungsgebäude. Der „Carl-August-Brunnen“ wurde<br />

1949 in „Goethebrunnen“ umbenannt. Gleichzeitig erhielt er eine Brunnenfigur: die<br />

<strong>Gesundheit</strong> und Lebensfreude dokumentierende „Brunnennixe“.<br />

Zwischen 1956 und 1959 baute man oberhalb des Kurparks ein Klinisches<br />

Sanatorium mit <strong>200</strong> Betten. Durch die Einbeziehung mehrere ehemaliger<br />

Ferienhe<strong>im</strong>e und einem Hotel, konnte die Kapazität auf 400 Betten erhöht werden.<br />

Behandelt wurden Kurpatienten mit gastroenterologischen Krankheiten. Weiterhin<br />

Leber-, Herz- und Kreislauferkrankungen und Krankheiten des<br />

Bewegungsapparates. Langjähriger Arzt <strong>im</strong> Kliniksanatorium war Dr. Kurt Predel, seit<br />

1975 leiten<strong>der</strong> Chefarzt.<br />

Dr. Kurt Predel, seit 1975 leiten<strong>der</strong> Chefarzt des Kliniksanatoriums mit Mitarbeitern während <strong>der</strong> Visite.<br />

1954 entstand auf <strong>der</strong> Festwiese <strong>im</strong> Park ein Musikpavillon. Regelmäßig fanden hier<br />

Kurkonzerte, Theateraufführungen und an<strong>der</strong>e Veranstaltungen statt.<br />

1963 feierte man die Gründung des <strong>Bad</strong>es vor 150 <strong>Jahre</strong>n erneut festlich. Neben<br />

zahlreichen Veranstaltungen fand ein Festakt mit einem Theaterspiel aus <strong>der</strong><br />

Goethezeit statt. Höhepunkt des Festes war traditionell <strong>der</strong> große Festumzug.<br />

Zahlreiche Bürger, Kin<strong>der</strong> und Jugendliche beteiligten sich mit geschmückten Wagen<br />

und Darstellungen aus <strong>der</strong> Geschichte und <strong>der</strong> heutigen Zeit.<br />

Erneuter Kampf gegen die Tuberkulose.<br />

Der 2. Weltkrieg hatte nicht nur Trümmer und unsägliches Leid hinterlassen. Durch<br />

Not und Entbehrung nahmen auch zahlreiche Krankheiten überhand. An erster Stelle


stand dabei die Tuberkulose. Dr. Adolf Tegtmeier, <strong>der</strong> dies erkannte, for<strong>der</strong>te aus<br />

diesem Grund eine Erweiterung <strong>der</strong> Heilstätten. Zunächst wurde das Haus Rodberg,<br />

nachfolgend Schloss Tonndorf und die ehemalige Knappschaftsheilstätte zu einem<br />

Heilstättenkomplex zusammengefasst.<br />

Trotz vielseitiger Behandlungsmethoden und Erfolge stieg die Zahl <strong>der</strong> Tbc-<br />

Erkrankten weiter an. 1950 kamen auf 10.000 Menschen 23 Neuerkrankungen. Dr.<br />

Tegtmeier schlug den damaligen Behörden den Neubau einer Klinik auf <strong>der</strong> Harth bei<br />

<strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> vor. Unter <strong>der</strong> Leitung des Architekten Dr. Hopf aus Berlin, war bereits<br />

1951 Baubeginn. Unvorstellbare Schwierigkeiten waren dabei zu bewältigen. Die<br />

Materialbeschaffung und <strong>der</strong> Transport des Materials auf die Höhen <strong>der</strong> Harth<br />

stellten die Bauleute vor die größten Probleme. Bereits1954 wurde <strong>der</strong> erste<br />

Bauabschnitt mit 90 Betten fertiggestellt. 1956 erfolgten die ersten Operationen und<br />

ein Jahr später die Übergabe <strong>der</strong> neuen Klinik.<br />

576 Betten in 16 Stationen standen in <strong>der</strong> neuen „Zentralklinik“ zur Verfügung. Dazu<br />

kamen die bisher genutzten Häuser:<br />

- Heilstätte I<br />

Sophienheilstätte München<br />

Abteilung für Skelett-Tuberkulose und Urogenitaltuberkulose,<br />

209 Betten<br />

- Heilstätte II<br />

ehemalige Knappschaftsheilstätte<br />

Abteilung für Siliko-Tuberkulose,<br />

134 Betten<br />

- Heilstätte III<br />

Haus Rodberg<br />

Umschulungsabteilung<br />

50 Betten<br />

- Heilstätte IV<br />

Schloss Tonndorf<br />

als konservative Heilstätte<br />

91 Betten<br />

Insgesamt konnten ab 1958 in <strong>der</strong> Zentralklinik für Lungenkrankheiten<br />

1.060 Patienten aufgenommen werden. Dank <strong>der</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>er Klinik und dem<br />

verdienstvollen Wirken von Prof. Dr. habil. Adolf Tegtmeier ging die Tuberkulose in<br />

<strong>der</strong> DDR erheblich zurück. In den 1960 er <strong>Jahre</strong>n erfolgte nach und nach eine<br />

Umprofilierung in Richtung Herzchirurgie. Daraus resultierte 1974 die Umbenennung<br />

in „Zentralklinik für Herz- und Lungenkrankheiten“. In den nachfolgenden <strong>Jahre</strong>n<br />

entwickelte sich die Klinik in <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> zu einer <strong>der</strong> führenden herzchirurgischen<br />

Zentren <strong>der</strong> DDR.


Hauptportal <strong>der</strong> Zentralklinik <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> 1971<br />

Die Wende - <strong>im</strong> <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>er Kur- und <strong>Gesundheit</strong>swesen<br />

Nach dem Zusammenbruch des „staatlich gelenkten“ <strong>Gesundheit</strong>swesens <strong>der</strong><br />

ehemaligen DDR entstanden in den beiden großen <strong>Gesundheit</strong>seinrichtungen <strong>Bad</strong><br />

<strong>Berka</strong>s, <strong>der</strong> Zentralklinik für Herz- und Lungenkrankheiten und dem Volksheilbad,<br />

erhebliche Schwierigkeiten. Beide Einrichtungen mussten um ihre Existenz fürchten.<br />

Durch die Bemühungen führen<strong>der</strong> Mitarbeiter dieser Einrichtungen gelang es,<br />

Verbindungen mit renommierten westdeutschen Unternehmen aufzunehmen und so<br />

den Erhalt <strong>der</strong> Kliniken zu sichern. 1991 übernahm die Rhön-Klinikum AG aus <strong>Bad</strong><br />

Neustadt, als Hauptgesellschafter, die Zentralklinik. Es erfolgten langjährige<br />

umfassende Erweiterungen und Umbauten <strong>der</strong> Klinik. Als erstes konnte 1993 ein neu<br />

errichtetes Operations- und Intensivmedizinisches Zentrum seiner Best<strong>im</strong>mung<br />

übergeben werden. 1994 folgte eine Klinik für Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie.<br />

1995 die Eröffnung des an <strong>der</strong> Südseite <strong>der</strong> Klinik errichteten Bettenhauses. Das<br />

<strong>im</strong>posante Gebäude, das als architektonische und bautechnische Meisterleistung<br />

bezeichnet werden kann, besitzt 488 Betten in mo<strong>der</strong>nen Zweibettz<strong>im</strong>mern, einen<br />

gläsernen Innenhof und eine Aussichtsplattform. Entstanden ist auch ein Empfangs-<br />

und Aufenthaltsbereich in <strong>der</strong> Klinik, welcher gleichzeitig den OP-Trakt und das<br />

Bettenhaus verbindet. Hier befinden sich Dienstleistungseinrichtungen für Patienten<br />

und Besucher. 1998 erfolgte die Einweihung des Westtrakts <strong>der</strong> Klinik. Es entstand<br />

ein Zentrum für Querschnittsgelähmte mit 66 Betten und ein PET-Zentrum. Im 1999<br />

fertiggestellten Osttrakt nahm eine nuklearmedizinische Therapiestation ihre Arbeit<br />

auf. Ende <strong>200</strong>0 entstand auf dem Gelände <strong>der</strong> Zentralklinik eine „Intensiv-Transport-<br />

Hubschrauber-Station“. <strong>200</strong>8 wurde ein Funktionsbau errichtet. In diesem befinden<br />

sich eine Wachstation und eine Tagesklinik.


Heute ist die Zentralklinik <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> ein überregionales<br />

Schwerpunktversorgungskrankenhaus mit 19 Fachkliniken und Instituten sowie<br />

einem interdisziplinären Diagnostikum mit hochqualifizierten Ärzten und<br />

Pflegepersonal. 669 Patienten können in <strong>der</strong> Klinik aufgenommen werden. Sie<br />

kommen aus allen Bundeslän<strong>der</strong>n, aus europäischen Nachbarlän<strong>der</strong>n und aus<br />

Übersee. Für sie sind 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.<br />

Luftaufnahme Zentralklinik<br />

Das Volksheilbad <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> ging 1991 an die in Berlin ansässige<br />

Unternehmensgruppe Dr. Marx über. Auch hier begannen umfangreiche<br />

Baumaßnahmen. Im Mai 1994 konnte ein neu erbauter Klinikkomplex unterhalb des<br />

Adelsberges, die MEDIAN-Klinik I, eröffnet werden. 1997 folgte die Eröffnung <strong>der</strong><br />

MEDIAN-Klinik II. Beide sind Rehabilitationskliniken. Behandelt werden<br />

Erkrankungen <strong>der</strong> Verdauungsorgane, <strong>der</strong> Leber, des Stoffwechsels und<br />

Krebserkrankungen sowie Herz-Kreislauf-Gefäßerkrankungen. Integriert wurde in die<br />

MEDIAN-Klinik I, die Cordian-Pflegeresidenz. Sie bietet 50 He<strong>im</strong>plätze für<br />

pflegebedürftige Menschen in allen Pflegestufen. 2011 entstand in <strong>der</strong> inzwischen<br />

sanierten alten Ilmtal-Klinik eine Rehabilitationsklinik für Psychosomatik und<br />

Psychotherapie mit 60 Betten. Sie erhielt den Namen Quellbrunn-Klinik. Auch die<br />

beiden Reha-Kliniken wurden umbenannt. Die MEDIAN-Klinik I wurde zur Ilmtalklinik,<br />

die MEDIAN-Klinik II zur Adelsberg-Klinik.<br />

Groß waren auch die Anstrengungen <strong>der</strong> Stadt <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> nach <strong>der</strong> Wende, um den<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an einen mo<strong>der</strong>nen Kurort gerecht zu werden. Sämtliche Planungen<br />

und Maßnahmen gingen in diese Richtung. Erste Voraussetzungen dazu waren <strong>der</strong>


Bau eines Klärwerkes, die Schaffung einer verkehrsberuhigten Zone und die<br />

Sanierung <strong>der</strong> Innenstadt. Historische Gebäude wie das Zeughaus, das Rathaus und<br />

an<strong>der</strong>e wurden umfassend rekonstruiert. Auch in den Kuranlagen gab es erheblichen<br />

Bedarf. Es wurden <strong>der</strong> Goethebrunnen, die umliegenden alten <strong>Bad</strong>ehäuser sowie ein<br />

Teil des Kurparkes saniert. Am Goethebrunnen haben nun das Tourismusbüro und<br />

die Kurverwaltung, das Hotel „Am Goethebrunnen“, verschiedene medizinische<br />

Einrichtungen und Dienstleister ihr Domizil. Im Coudrayhaus, welches vom<br />

Kulturkreis betreut wird, finden regelmäßig Kulturveranstaltungen und Ausstellungen<br />

statt. Zur Aufnahme von Gästen entstanden in <strong>der</strong> Stadt und seiner Umgebung<br />

zahlreiche Pensionshäuser und gastronomische Einrichtungen.<br />

1997 erfolgte eine umfangreiche Sanierung des 61 <strong>Jahre</strong> alten Freibades. Es<br />

entstand kein Spaßbad, wie in vielen an<strong>der</strong>en Orten, son<strong>der</strong>n ein sehr beliebtes<br />

Sportbad mit Sprungturm, Schw<strong>im</strong>mbahnen und an<strong>der</strong>en sportlichen Einrichtungen.<br />

<strong>200</strong>2 erhielt <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> das offizielle Prädikat „Staatlich anerkannter Ort mit<br />

Heilquellenkurbetrieb“. Voraussetzung dafür war das heilende Wasser des<br />

Goethebrunnens, das für Trinkkuren angewendet werden kann. Auf Grund <strong>der</strong><br />

schlechten Luftqualität, hervorgerufen durch die beiden Bundesstraßen die <strong>Bad</strong><br />

<strong>Berka</strong> queren, konnte <strong>der</strong> angestrebte Titel „Staatlich anerkanntes Heilbad“ nicht<br />

erreicht werden.<br />

Eine mo<strong>der</strong>ne und sehr ansprechende Anlage entstand <strong>200</strong>5 am Goethebrunnen:<br />

Ein Fußtretbecken, ein Armbecken und ein Barfußpfad für Kneipp`sche<br />

Anwendungen. Sie wird von den <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>ern und ihren Gästen gern genutzt. Auch<br />

entstand in den vergangenen <strong>Jahre</strong>n ein Kneipp-Rundweg durch <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>s Wäl<strong>der</strong><br />

mit weiteren Kneippbecken am Gottesbrünnlein und <strong>im</strong> Dammbachsgrund.<br />

Inzwischen durchzieht ein Wan<strong>der</strong>wegenetz von über <strong>200</strong> km Länge <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>s<br />

Umgebung. Sehr gut ausgeschil<strong>der</strong>t, mit Ruheplätzen und Waldhütten versehen,<br />

werden diese von Wan<strong>der</strong>ern aus Nah und Fern gern angenommen. Ebenso beliebt<br />

sind die Radwege. So berührt einer <strong>der</strong> bekanntesten Radwege <strong>der</strong> Ilmtal-Radweg,<br />

vom Thüringer Wald kommend und bis zur Saale führend, das Territorium <strong>Bad</strong><br />

<strong>Berka</strong>s. Ein Hotel für Radwan<strong>der</strong>er lädt hier zur Übernachtung ein. Weiterhin<br />

entstanden die Radwege „Pflaumenallee“ von <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> nach Saalborn und ein<br />

Radweg nach Tiefengruben. Hier ist eine spätere Anbindung an den Stausee<br />

Hohenfelden und Erfurt geplant.<br />

Seit <strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> finden Menschen Heilung und Erholung in <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong>. Was einst mit<br />

pr<strong>im</strong>itiven Heilmethoden wie Schwefelschlamm, Ziegenmolke und Sandbä<strong>der</strong>n<br />

begann, war bis in unsere heutige Zeit mit seinen mo<strong>der</strong>nen Behandlungsmethoden<br />

in medizinischen Einrichtungen, mit hochqualifizierten Ärzten und Pflegepersonal, ein<br />

langer Weg. Höhen und Tiefen mussten dabei durchschritten werden. Trotz<br />

Schwierigkeiten <strong>der</strong> vielfältigsten Art haben es Verantwortliche <strong>im</strong> Verlauf <strong>der</strong> zwei<br />

Jahrhun<strong>der</strong>te <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> verstanden, <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> als Ort des Kur- und<br />

<strong>Gesundheit</strong>swesens und <strong>der</strong> Erholung zu erhalten.<br />

Einst war es Johann Wolfgang von Goethe, <strong>der</strong> seinen Landesfürsten <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />

mahnte, mehr für den Erhalt des kleinen <strong>Bad</strong>es zu tun. Später <strong>der</strong> <strong>Bad</strong>earzt Dr.<br />

Ebert, <strong>der</strong> mit seinen neuen Heilmethoden <strong>Berka</strong> vor den Nie<strong>der</strong>gang bewahrte und<br />

<strong>der</strong> viel geschmähte Dr. Willrich, <strong>der</strong> letztendlich aber den Grundstein zur


Bekämpfung <strong>der</strong> Tuberkulose in <strong>Berka</strong> legte. Nicht zu vergessen Professor Dr. Adolf<br />

Tegtmeier <strong>der</strong> sich mit ganzer Kraft für den Bau <strong>der</strong> Zentralklinik einsetzte und die<br />

Ärzte, die nach <strong>der</strong> Wende für das Fortbestehen ihrer Kliniken kämpften. An sie alle<br />

und an ihr erfolgreiches Wirken will unser kleiner Beitrag erinnern.<br />

Große Aufgaben wurden <strong>im</strong> Verlauf <strong>der</strong> <strong>200</strong> <strong>Jahre</strong> in <strong>Bad</strong> <strong>Berka</strong> bewältigt. Aber auch<br />

in Zukunft müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um weiterhin eine<br />

„Stadt <strong>im</strong> <strong>Dienste</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesundheit</strong>“ zu sein.<br />

Ludwig Häfner

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