Der gläserne Bürger - Unabhängiges Landeszentrum für ...

Thilo Weichert: 

Der gläserne Bürger 

Erhält der Staat über die Steuer-Identifikationsnummer 

Einblick in alle wirtschaftlichen Aktivitäten der 

betroffenen Person? 

Sicherheit contra Überwachung 

LandFrauenVerband Schleswig-Holstein 

15.04.2008, Restaurant Holstenhallen Neumünster, 

19.00 

www.datenschutzzentrum.de 

• Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz 

• Datenschutz 

• Finanzverwaltung und Datenschutz 

• Steuer-ID als zentraler Baustein einer eGovernment- 

Strategie 

• Klassische Ermittlungsbefugnisse der Finanzämter 

• Das Steuergeheimnis 

• Regelung der Steuer-ID 

• Wirkungen der Steuer-ID 

• Offizielle Planungen 

• Perspektiven 

Inhalt 

LandFrauenVerband SH: Steuer-ID - Der gläserne Bürger Folie 2


Unabhängiges Landeszentrum für 

Datenschutz - ULD 

• Datenschutzkontrolle im öffentlichen Bereich – u.a. 

Steuerverwaltung (LDSG) 

• Datenschutzkontrolle im Bereich der Wirtschaft – u.a. 

gesamtes privates Finanzgebaren (BDSG) 

• Moderation zur Informationsfreiheit – u.a. Finanzämter 

(IFG SH) 

• Datenschutzausbildung – DATENSCHUTZAKADEMIE SH 

• Datenschutzberatung 

• Datenschutz-Gütesiegel und -Audit 

LandFrauenVerband SH: Steuer-ID - Der gläserne Bürger Folie 3 


Datenschutz I 

• Seit 70er Jahre (Aufkommen der EDV) 

- keine zentrale Meldedatei, kein Personenkennzeichen 

(PKZ) 

• 1983 Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts: 

Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Grundrecht) 

- Gesetzesvorbehalt (überwiegendes Allgemeininteresse) 

- Zweckbindung 

- Verbot von Persönlichkeitsbildern (Profilbildung) 

- Verbot der Vorratsdatenspeicherung 

• Weitere Rechtsprechung 

- Schutz des Kernbereichs persönl. Lebensentfaltung 

- Verbot der Rundumüberwachung 



Datenschutz II 

• 1991: Abschaffung des Zentralen Melderegisters der DDR, 

Abschaffung der PKZ-DDR 

• 2001 Neues BDSG – ohne Regelungen zur 

Finanzverwaltung > Abgabenordnung 

• BVerfG 2005 (Kontodatenabfrage): „Die Gleichmäßigkeit 

der Erhebung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 

sowie die Verhinderung des unberechtigten Bezugs 

von Sozialleistungen sind gewichtige Gemeinwohlbelange.“ 

• BVerfG 2008: Auskunftsanspruch gegen Steuerverwaltung 

nach BDSG 



Finanzverwaltung und Datenschutz 

• Früher: Steuerverwaltung unterliegt nicht der 

Datenschutzkontrolle 

• Bis vor kurzem: Steuerverwaltung unterliegt wegen AO- 

Spezialregelung nicht den Datenschutzgesetzen 

• Bis heute: Steuerverwaltung unterliegt nicht dem IFG 

Bundesfinanzhof (BFH) deckt Verwaltungspraxis 



Steuer-ID und eGovernment I 

• Bisher: dezentrale Meldebehörden-Daten Grundlage für 

Ausstellung von Lohnsteuerkarten 

• 2003: Entscheidung über Einführung bundeseinheitliche 

Steuer-ID 

zusätzlich Wirtschafts-ID bei gewerblicher Tätigkeit für 

Betriebe und juristische Personen 

• 2006 Schaffung Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) 

Dienstleister ZIVIT (Zentrum für Informationsverarbeitung 

und IT) 

• Ab 1.1.2007: Vergabe der Steuer-ID von Geburt bis 20 

Jahre nach Tod 

• 2008 Entwurf eines BundesMeldeG mit Steuer-ID 



Steuer-ID und eGovernment II 

Föderalismusreform: Melderecht wird Bundesangelegenheit 

Andere bundesweit zentrale Datenanwendungen 

• (Registergestützte) Volkszählung und Statistik 

• Wahlen 

• Biometrischer (RFID-) Reisepass und Personalausweis 

• Wehrerfassung 

• Staatsangehörigkeits- und Ausländerrecht 

• Waffen- und Strengstoffrecht 

• Bundesweite Sozialverwaltung (z.B. Renten) 

• Bedarf der Sicherheitsbehörden 



Ermittlungsbefugnisse der Finanzämter 

Ziel: Gleichmäßige und vollständige Erfassung aller steuerrelevanten 

Vorgänge 

> Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit 

• § 93 Abgabenordnung (AO): umfassende Ermittlungsbefugnis der 

Finanzämter auch bei Dritten (Arbeitgeber, Banken, Ärzte/ 

Rechtsanwälte, selbst bei Sittenwidrigkeit, früher Prostitution) 

• 1997 Banken melden Freistellungsaufträge, 

2002 Zinserträge und Dividenden 

• 2005: EU-weite Kontrollmitteilungen 

• Seit 2003/2005: Kontostammdatenabfrage bei Banken (erst zur 

Terrorismusabwehr, dann Besteuerung, Sozialleistungen) 

• 2008: Beschaffung von privaten Informanten (evtl. gegen Geld, evtl. 

per Vermittlung durch BND) 

• Geplant: bundesweite zentrale Steuerdatei 



Steuergeheimnis 

Ziel: Steuerehrlichkeit durch Vertraulichkeitszusage 

Inhalt: Strenge Zweckbindung, keine Weitergabe an Dritte 

- Gilt nicht für Steuerstrafverfahren 

- Gilt nicht zwischen Steuerbehörden (keine interne 

Zweckbindung, keine Beweisverwertungsverbote) 



Regelung der Steuer-ID 

Ziel: eindeutige Identifizierung und Zuordnung 

Datenabgleich zwischen Steuerbehörden 

Form: 11 Ziffern, nicht sprechend 

Ersatz der steuerart- und finanzamtsbezogenen Nummern 

Generierung aus Datenbeständen von ca. 5500 Meldedateien 

Gilt lebenslang von Geburt bis 20 Jahre nach Tod 

Zweckbindung: Nutzung nur in Steuerverfahren 

Ordnungsmerkmal für zentrale Steuerdatei beim BZSt 



Bundesweite zentrale Steuerdatei 

Ca. 82. Mio. Datensätze, geführt beim BZSt 

Datenumfang – zusätzlich zu Steuer-ID: 

Familiennamen, Geburtsnamen/frühere Namen, Vornamen, 

akadem. Grad, Künstlernamen, Geburtstag u. –ort, 

Geschlecht, Adresse, Finanzamt, Sterbetag 

zudem ab 2011: Religion, Ehepartner incl. Steuerklasse, 

Freibeträge, steuerrelevante Kinder, außergewöhnl. 

Belastungen, besondere Werbekostenabzüge 

incl. Onlinezugriff f. Arbeitgeber (elektron. Steuererklärung) 



Wirkungen der Steuer-ID 

Speicherung bei Rentenversicherung 

Speicherung in Bundesmeldedatei 

Verwendung im steuerrelevanten Schriftverkehr 

Weitgehende Verfügbarkeit der Steuer-ID 

Nicht zu verhindernde zweckwidrige Nutzung, v.a. auch 

durch Private 

Steuer-ID wird zur PKZ 

Steigende Begehrlichkeiten, z.B. bei Polizei, 

Sozialbehörden, Ausländerbehörden … 



weitere offizielle Planungen 

Schaffung eines zentralen BundesMeldeRegisters 

Ausbau des Ausländerzentralregisters 

EU-Überlegungen für Biometrie-Datenbank (aus Reisepässen) 

Elektronischer Einkommensnachweis (ELENA, ehem. JobCard) 

Digitales Identitätsmanagement (ePersonalausweis) 

Elektronische Gesundheitskarte mit medizinischer Telematik- 

Infrastruktur 



Perspektiven 

• Option: Modell Steuergeheimnis (Abschottung von allen 

anderen Zwecken) 

• Angestrebtes Modell: Personenkennzeichen (PKZ) zwecks 

Verknüpfung von Datenbanken 

• Modell Schweden: Steuerdaten werden veröffentlicht 

• Modell Vollkontrolle: Steuer-ID wird zum umfassenden 

Kontroll- und Verknüpfungsinstrument 

Was geht in einem freiheitlichen Rechtsstaat? 

Was wollen wir? 



Gerne beantworte ich Ihre Fragen! 

Thilo Weichert 

ULD1@datenschutzzentrum.de 


Holstenstr. 98, 24103 Kiel 

0431 988-1200 (Tel.) -1223 (Fax)

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