Moderne Herzschrittmachertherapie - Erkan Arslan
Moderne Herzschrittmachertherapie - Erkan Arslan
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Abb. 1 8 Relatives Risiko für die Gesamtmortalität unter physiologischer (AAI/DDD) und ventrikulärer<br />
Stimulation (VVI). (Nach [16])<br />
mischer (frequenzabhängiger) AV-Zeit.<br />
Dieser Suchalgorithmus führt zur Vermeidung<br />
unnötiger ventrikulärer Stimulation<br />
und bringt damit hämodynamische<br />
Vorteile, da eine intrinsische AV-Überleitung<br />
(sofern intakt) den hämodynamisch<br />
optimalen ventrikulären Kontraktionsablauf<br />
ermöglicht. Der Algorithmus für reduzierte<br />
ventrikuläre Stimulation ist eine<br />
Weiterentwicklung der AV-Hysterese. Dabei<br />
wird innerhalb vorgeschriebener (zu<br />
programmierender) Grenzen in bestimmten<br />
Zeitabständen nach intrinsischer AV-<br />
Überleitung gesucht. Die Zeit, in der gerade<br />
noch eigene Überleitung stattfindet,<br />
wird vom Schrittmacher als AV-Delay<br />
übernommen. Ventrikuläre Stimulation<br />
wird somit vermieden.<br />
Frequenzadaptation<br />
Beim Sinusknotensyndrom (Syndrom<br />
des kranken Sinusknotens) fehlt die Frequenzkompetenz<br />
des Sinusknotens. Frequenzadaptive<br />
Herzschrittmacher versuchen<br />
diese mit verschiedenen Frequenzsensoren<br />
zu kompensieren (Kodierung<br />
im Schrittmachercode mit „R“ für „rate<br />
response“, . Tab. 1). Der gängigste Frequenzsensor<br />
ist das Akzelerometer (Beschleunigungssensor/Aktivitätssensor).<br />
Grundlage ist ein Piezokristall, der Vibrationen<br />
und Körperbewegungen in<br />
elektrische Signale umsetzt, die mit Bewegung<br />
korrelieren. Geeignet ist dieser<br />
zur Beschleunigung der Stimulation z. B.<br />
1026 | Der Internist 10 · 2006<br />
Schwerpunkt: Herzrhythmusstörungen<br />
beim Laufen und Treppensteigen, inadäquat<br />
z. B. bei der Autofahrt über Kopfsteinpflaster.<br />
Aktivitätsschwellen und Reaktionsschnelligkeit<br />
des Sensors können<br />
zwar programmiert werden, besser ist jedoch<br />
die Kombination mit einem zweiten<br />
Sensor, der die Nachteile des „Schüttelsensors“<br />
ausgleicht. Bewährt hat sich dazu der<br />
Atemminutenvolumensensor, der die sich<br />
durch die Atmung verändernde Thoraximpedanz<br />
misst. Schnellere Atmung und<br />
tiefere Atemexkursionen werden mit Belastung<br />
korreliert und die Stimulationsfrequenz<br />
entsprechend beschleunigt. Technisch<br />
ebenfalls innovativ ist die Lösung,<br />
die sich belastungsabhängig ändernde<br />
(katecholamingesteuerte) QT-Zeit zu<br />
messen und daraus Hinweise zur Anforderung<br />
an schnelleren Herzschlag abzuleiten.<br />
Nachteil dieses Sensors ist, dass er<br />
bisher nur die QT-Zeit stimulierter Kammerkomplexe<br />
messen kann und damit eine<br />
intermittierende Kammerstimulation<br />
erforderlich ist.<br />
Fazit für die Praxis<br />
Beim symptomatischen Sinusknotensyndrom<br />
sind frequenzadaptative Schrittmacher<br />
mit Vorhofbeteiligung zu bevorzugen.<br />
Beim jungen, sonst gesunden Patienten<br />
ohne AV-Überleitungsstörung ist<br />
der AAI(R)-Schrittmacher das System der<br />
Wahl. Bei Hinweisen auf eine zusätzliche<br />
AV-Überleitungsstörung, beim älteren<br />
Patienten und bei struktureller Herz-<br />
erkrankung ist ein frequenzadaptives<br />
Zweikammersystem mit Algorithmen zur<br />
Vermeidung unnötiger ventrikulärer Stimulation<br />
sinnvoll.<br />
Bradykardie-Tachykardie-Syndrom<br />
Da das Sinusknotensyndrom oft Ausdruck<br />
eines „elektrisch kranken“ Vorhofs<br />
ist, ist es nicht selten mit anderen Vorhofarrhythmien<br />
vergesellschaftet. Die größte<br />
Rolle dabei spielt Vorhofflimmern, dessen<br />
Inzidenz wie die des Sinusknotensyndroms<br />
im Alter zunimmt [10]. Tritt das Sinusknotensyndrom<br />
zusammen mit paroxysmalem<br />
Vorhofflimmern auf, spricht<br />
man vom Brady-Tachy-Syndrom, wobei<br />
Vorhofflimmern nicht selten aus der Bradykardie<br />
heraus entsteht und die Asystolie<br />
verhindert. Vorhofstimulation mittels<br />
Schrittmacher verringert die Inzidenz<br />
von Vorhofflimmern beim Sinusknotensyndrom<br />
[1, 21].<br />
Wenn paroxysmales Vorhofflimmern<br />
einer antiarrhythmischen Therapie bedarf,<br />
kann sich durch die bradykardisierende<br />
Wirkung der Antiarrhythmika ein<br />
Sinusknotensyndrom demaskieren, welches<br />
durch die Bradykardie wiederum<br />
Vorhofflimmern begünstigt. Nicht selten<br />
ergibt sich eine Schrittmacherindikation,<br />
wenn auf Antiarrhythmika nicht verzichtet<br />
werden kann. Ein Schrittmacher mit<br />
Algorithmen zur Vorhofflimmerprävention<br />
kann dann sinnvoll sein.<br />
Tritt bei implantiertem Zweikammersystem<br />
Vorhofflimmern auf, wird dies<br />
durch die Vorhofsonde wahrgenommen<br />
und (wegen der hohen Frequenz des<br />
Vorhofflimmerns) mit der maximal programmierten<br />
Stimulationsfrequenz (obere<br />
Grenzfrequenz) übergeleitet. Dies führt<br />
zur schrittmacherinduzierten Tachykardie,<br />
die nur durch Umprogrammierung<br />
des Schrittmachers (oder durch Terminierung<br />
von Vorhofflimmern) zu beheben<br />
ist. Nahezu alle Schrittmacherhersteller<br />
bieten Aggregate an, die diese Umprogrammierung<br />
selbstständig vornehmen.<br />
Überschreitet die Vorhoffrequenz<br />
eine bestimmte Schwelle (programmierbar,<br />
meist um 180/min), wechselt der<br />
Schrittmacher seinen Modus und arbeitet<br />
im VVI(R)-Modus (Einkammermodus)<br />
oder im DDI(R)-Modus (keine vorhofgetriggerte<br />
Ventrikelstimulation bei