25.08.2013 Aufrufe

Zukunft der EU-Umweltpolitik - EU-Koordination

Zukunft der EU-Umweltpolitik - EU-Koordination

Zukunft der EU-Umweltpolitik - EU-Koordination

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<strong>Umweltpolitik</strong><br />

Auf dem Weg zu einem siebten Umweltaktionsprogramm<br />

1 Einleitung<br />

Die europäische <strong>Umweltpolitik</strong> wird seit 1973 durch Umweltaktionsprogramme (UAP) strukturiert.<br />

Diese haben <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Kommission die Richtung vorgegeben und die Mandate legitimiert. Die<br />

Umsetzungen waren allerdings oft von Kompromissen geprägt. Dies ist <strong>der</strong> Grund, warum die <strong>EU</strong><br />

noch immer nicht ökologisch nachhaltig ist. Trotzdem sind das Europäische Umweltbüro (EEB) und<br />

die deutschen Umweltverbände überzeugt, dass diese Umweltaktionsprogramme mit binden<strong>der</strong><br />

Wirkung für die <strong>EU</strong>-Organe wichtig sind und fortgesetzt werden müssen.<br />

Das sechste Umweltaktionsprogramm (6. UAP) läuft bis Mitte 2012. Es hat gewisse Schwächen und<br />

seine Umsetzung wurde auf Grund fehlen<strong>der</strong> Ambition <strong>der</strong> Kommission, durch Wi<strong>der</strong>stände aus den<br />

Mitgliedstaaten und ökonomische Interessen behin<strong>der</strong>t.<br />

Jetzt ist es Zeit für ein neues Programm. Die Vorbereitungen für das 7. UAP müssen früh beginnen, da<br />

es Zeit braucht, Parlament und Ministerrat in die Entscheidungsprozesse zu integrieren.<br />

Das Europäische Umweltbüro (EEB) und die deutschen Umweltverbände haben eine Reihe von<br />

Gründen und aus Verbandssicht erfor<strong>der</strong>lichen Zielen für ein 7. UAP erarbeitet und dargestellt,<br />

welche Instrumente zu <strong>der</strong>en Umsetzung benutzt werden sollen. Diese haben die deutschen<br />

Umweltverbände unter <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>führung <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<strong>Koordination</strong>sstelle des DNR zur Grundlage<br />

genommen, um ihre Position darzustellen. Umweltrelevante Probleme können heutzutage nicht<br />

mehr allein durch spezifische umweltpolitische Maßnahmen gelöst werden: Die Wirtschaft und die<br />

gesamte Gesellschaft müssen dafür mobilisiert werden.<br />

Die deutschen Umweltverbände und das EEB for<strong>der</strong>n eine offene und ausführliche Diskussion<br />

zwischen <strong>der</strong> Kommission und <strong>der</strong> Zivilgesellschaft, dem <strong>EU</strong>-Parlament und dem Ministerrat über die<br />

Inhalte des 7. UAP. Das EEB und die belgische Ratspräsidentschaft haben durch ihre Veranstaltungen<br />

zur <strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<strong>Umweltpolitik</strong> und zum 7. UAP im Herbst 2010 die Diskussion um die<br />

Notwendigkeit und Dringlichkeit eines 7. UAP angestoßen.<br />

Die Kommission zweifelt an <strong>der</strong> Notwendigkeit eines 7. UAPs, da ein relativ vollständiges Bündel von<br />

Umweltrecht, zahlreiche spezialisierte Strategien z.B. bei Klima, Energie und Biodiversität und bald<br />

auch eine Ressourceneffizienzstrategie existieren. Die Umweltverbände sowie ein Großteil <strong>der</strong><br />

europäischen Regierungen – darunter Deutschland – sind überzeugt, dass die europäische<br />

<strong>Umweltpolitik</strong> und ihre Integration in die horizontale und vertikale Politik einen übergeordneten<br />

Horizont brauchen. Eine übergeordnete Vision, <strong>der</strong> die drei Institutionen zustimmen und <strong>der</strong> damit<br />

für sie bindend ist und <strong>der</strong> europaweit die europäische Umwelt- und Klimapolitik stärkt.<br />

Der Grund des Zögerns <strong>der</strong> Kommission mag auch an den komplexen Entscheidungsprozessen, die<br />

die <strong>EU</strong>-Verträge vorschreiben, liegen. Gleichzeitig kann gerade das Mitentscheidungsverfahren dazu<br />

1


eitragen, dass Ministerrat und <strong>EU</strong>-Parlament sich zum 7. UAP und seinen Inhalten bekennen und<br />

sich dadurch stärker dem Umwelt- und Klimaschutz verbunden fühlen. Die Tatsache, dass die<br />

Wirkung des 6. UAPs bis jetzt noch nicht evaluiert wurde, ist eine willkommene Entschuldigung, die<br />

Arbeit <strong>der</strong> Kommission zum 7. UAP herauszuschieben. Diese Verzögerungen verringern dabei auch<br />

die Möglichkeiten in den Jahren 2011 und 2012 Schlüsselstrategien wie die Gemeinsame Agrar- und<br />

Fischereipolitik (GAP und GFP), die Kohäsionspolitik (Struktur und Kohäsionsfonds) und die<br />

Zielsetzung <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Forschung- und Entwicklungsfonds zu beeinflussen.<br />

Allerdings hat <strong>der</strong> Umweltrat am 20. Dezember 2010 die Kommission „eingeladen“, spätestens bis<br />

Anfang 2012 auf Basis <strong>der</strong> Auswertung des 6. UAP und im Einklang mit dem Vertrag über die<br />

Arbeitsweise <strong>der</strong> Europäischen Union (A<strong>EU</strong>V), einen Vorschlag für ein neues<br />

Umweltaktionsprogramm vorzulegen.<br />

2 Ziele des 7. Umweltaktionsprogramms – unsere For<strong>der</strong>ungen<br />

2a. Halbierung des „Ökologischen Fußabdruckes“<br />

Die Übernutzung <strong>der</strong> natürlichen Ressourcen (energetischen und biotischen sowie abiotischen<br />

Ressourcen) und die daraus resultierenden Folgen für die Ökosysteme ist <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> meisten<br />

unserer Umweltprobleme in Europa und weltweit. Dies trägt zu den ökonomischen und sozialen<br />

Problemen bei o<strong>der</strong> verursacht sie. Die Pro-Kopf-Werte dieser Übernutzung sind in den OECD-<br />

Staaten, in den post-kommunistischen Län<strong>der</strong>n, die veraltete und verschwen<strong>der</strong>ische<br />

Produktionspraktiken geerbt haben, und in den rapide wachsenden Schwellenlän<strong>der</strong>n wie Brasilien,<br />

China und Indien am höchsten.<br />

Auch wenn <strong>der</strong> „Ökologische Fußabdruck“ kein perfekter Indikator <strong>der</strong> menschlichen Beeinflussung<br />

von natürlichen Ökosystemen ist, schafft er einen klaren und einfachen Überblick über die<br />

Dimensionen <strong>der</strong> Eingriffe des Menschen in die Natur. Der letzten Berechnung des „Ökologischen<br />

Fußabdruckes“ zufolge benutzt die <strong>EU</strong> im Durchschnitt das 2,8fache ihres Gesamtbestandes an<br />

produktiver Fläche (Biokapazität). Seit <strong>der</strong> Entwicklung dieses Indikators in den 1960ern hat er sich<br />

nahezu verdreifacht. Zunehmend benutzt die <strong>EU</strong> nicht nur Biokapazität aus <strong>der</strong> eigenen Region:<br />

Mehr und mehr werden Güter und Dienstleistungen aus an<strong>der</strong>en Teilen <strong>der</strong> Welt importiert,<br />

wodurch die Ökosysteme dort beeinträchtigt werden.<br />

Die Hälfte <strong>der</strong> Übernutzung rührt nach heutigem Kenntnisstand aus exzessiven<br />

Treibhausgasemissionen, die an<strong>der</strong>e Hälfte stammt aus <strong>der</strong> Übernutzung natürlicher Ressourcen. Ein<br />

Bericht des Ressourcenpanels des UN-Umweltprogramms (UNEP) beschreibt die ökologischen Folgen<br />

des Verbrauchs und <strong>der</strong> Herstellung wichtiger Produkte und Materialien. Der Bericht analysiert die<br />

tatsächlichen Folgen verschiedener Aktivitäten wie industrielle Produktion, Endverbrauch und<br />

Materialverbrauch für die natürlichen Systeme <strong>der</strong> Erde .<br />

Die Hauptergebnisse des UNEP-Berichts sind:<br />

Konventionelle Landwirtschaft und Nahrungsverbrauch verursachen die größten ökologischen<br />

Beeinträchtigungen, insbeson<strong>der</strong>e bezüglich Habitatverän<strong>der</strong>ungen, Klimawandel,<br />

Wasserverbrauch und giftigen Emissionen.<br />

2


Die Nutzung fossiler Rohstoffe für Heizung, Verkehr, Metallverarbeitung und Produktion ist<br />

von ähnlicher Wichtigkeit. Sie erschöpft fossile Energiequellen und verursacht CO2-Emissionen.<br />

Ein „weiter-so“ in den genannten Bereichen wird diese Effekte nur noch vergrößern. Da CO2<br />

Emissionen stark mit Einkommens-, Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum eingehen,<br />

werden diese steigen solange nicht die gewohnten Verbrauchs- und Produktionsmuster<br />

verän<strong>der</strong>t werden.<br />

Sich nur mit einigen spezifischen Problemen zu befassen, kann dazu führen, dass sich an<strong>der</strong>e<br />

dafür vergrößern. Zum Beispiel beruhen zahlreiche vorgeschlagene Lösungen für eine<br />

nachhaltige Stromerzeugung auf <strong>der</strong> Verwendung von seltenen Metallen (in Batterien,<br />

Solarzellen und Brennstoffzellen). Die Metallverarbeitung ist zumeist sehr energieaufwendig,<br />

sodass die Einführung von solchen Technologien sowohl größere Mengen Energie verbrauchen<br />

als auch zur Knappheit solcher Metalle führen könnte. Solche Belange wurden bis jetzt noch<br />

nicht eingehend untersucht. Deshalb besteht die Notwendigkeit, diese zu analysieren und die<br />

besten Kompromisse zu finden.<br />

Auch in Wirtschaftskreisen wächst das Bewusstsein für die Begrenztheit <strong>der</strong> natürlichen Ressourcen<br />

und aus diesem Verständnis heraus entstehen interessante <strong>Zukunft</strong>sszenarien. Der<br />

Weltwirtschaftsrat für Nachhaltige Entwicklung (WBCSD) hat seine „Vision 2050“ im Februar 2010<br />

veröffentlicht. Darin sind die grundlegenden Bedürfnisse aller Menschen erfüllt, <strong>der</strong> „Ökologische<br />

Fußabdruck“ überträfe aber nicht mehr das Limit. Das Weltwirtschaftsforum hat seinen Fahrplan für<br />

nachhaltige Nutzung unter dem Titel „Redesigning business value“ veröffentlicht. Es führt darin aus,<br />

dass schrittweise Verbesserungen nicht ausreichen, son<strong>der</strong>n eine komplette Umstrukturierung <strong>der</strong><br />

Wirtschaft nötig ist.<br />

Der zunehmende Landnutzungsdruck durch Produktion von Nahrung, Kraftstoffen und Fasern hat<br />

ernsthafte Konsequenzen: Die Nachfrage für Landwirtschaftliche Produkte wächst und wird auch<br />

weiter wachsen, da die Produktion von Biokraftstoffen und voraussichtlich auch von Bioplastik aus<br />

nachwachsenden Rohstoffen zunehmen wird. Kombiniert mit <strong>der</strong> Vergrößerung <strong>der</strong> Städte, <strong>der</strong><br />

Versteppung in Teilen Europas und Landverlust durch steigende Meeresspiegel wird ein intelligentes<br />

Landnutzungsmanagement eine zentrale Herausfor<strong>der</strong>ung sein, um unseren „Ökologischen<br />

Fußabdruckes“ zu reduzieren.<br />

Einhergehend mit den knapper werdenden Rohstoffen an Land beginnt <strong>der</strong> Wettlauf um die<br />

Ressourcen <strong>der</strong> Meere: Wir überfischen nicht nur die Bestände, auch die Erschließung von<br />

Mineralienvorkommen in <strong>der</strong> Tiefsee verursacht ökologische Schäden. Der Wettbewerb um<br />

Seegebiete verdrängt marine Arten in kleinere Gebiete und die Auswirkungen des Klimawandels<br />

schaffen zusätzliche Beeinträchtigungen von Ökosystemen im Meer. Marine Raumplanung wird ein<br />

Schlüsselmechanismus sein, um den „Ökologischen Fußabdruck“ <strong>der</strong> <strong>EU</strong> zu verringern.<br />

Die nachhaltige Verwendung von Ressourcen ist zentral, um soziale Probleme, Umweltschäden und<br />

wirtschaftliche Knappheit zu verhin<strong>der</strong>n. Sie ist entscheidend, den Klimawandel und den Verlust von<br />

Artenvielfalt zu bekämpfen, um damit Armut und Umweltschäden außerhalb Europas zu verhin<strong>der</strong>n<br />

und um Europa weniger abhängig von seltenen Rohstoffen mit unvermeidlich steigenden Preisen zu<br />

3


machen. Deshalb ist es erfor<strong>der</strong>lich, die nachhaltige Nutzung von Ressourcen zum zentralen Anliegen<br />

<strong>der</strong> <strong>Umweltpolitik</strong> zu machen und auch in an<strong>der</strong>e Politikbereiche zu integrieren.<br />

Obwohl dies bereits zu den Zielen des 6.UAP gehörte und in <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Strategie zur nachhaltigen<br />

Entwicklung 2006 wie<strong>der</strong>holt wurde, waren in <strong>der</strong> Praxis nur geringe Fortschritte in diesen Bereichen<br />

festzustellen.<br />

In <strong>der</strong> Europa-2020-Strategie unterstrich die Kommission Ressourceneffizienz als ein Schlüsselziel.<br />

Dies ist eine logische Konsequenz aus den Bedenken über weltweit zunehmende<br />

Ressourcenknappheit in den kommenden Jahrzehnten. Es darf aber nicht nur um ökonomische<br />

Knappheit gehen. Ökologische Auswirkungen <strong>der</strong> Übernutzung von natürlichen Ressourcen müssen<br />

stärker im Fokus stehen. Vor allem, weil unsere ökonomische Arbeitsleistung von diesem natürlichen<br />

Kapital abhängt, aber auch, weil <strong>der</strong> Markt hier vermutlich eher versagen wird, anstatt schnell und<br />

adäquat zu reagieren.<br />

Die <strong>EU</strong> muss ihren großen „Ökologischen Fußabdruck“ regional und global den Kapazitäten <strong>der</strong><br />

Ökosysteme anpassen, die dem menschlichen Leben als Grundlage dienen. Dafür muss sie als ein<br />

übergeordnetes Ziel umweltpolitische und ökonomische Maßnahmen zur Halbierung ihres<br />

„Ökologischen Fußabdruckes“s in den kommenden 20 Jahren setzen. Das 7. UAP soll in seiner<br />

zehnjährigen Laufzeit ein zentrales Instrument zum Erreichen dieses Ziels sein.<br />

Auf dem Weg zu diesem Ziel sollten die von Friends of the Earth Europe und dem Forschungsinstitut<br />

Sustainable Europe entwickelten vier Indikatoren genutzt werden:<br />

Landgebiete: die Gesamtfläche, die genutzt wird, in Hektar;<br />

Materialien: die Gesamtmasse in Tonnen, aufgeteilt in biologisches Material und Mineralien;<br />

Wasser: Wasserfußabdruck, in Litern gemessen;<br />

Klima: CO2-Fußabdruck unter Berücksichtigung von CO2, das mit importierten Produkten<br />

assoziiert ist.<br />

Je<strong>der</strong> dieser Indikatoren sollte mit Zielen verknüpft und durch angemessene Politikmaßnahmen<br />

unterstützt werden. Diese sollten ihren Schwerpunkt auf Angebot und Nachfrage, auf weniger<br />

Materialverbrauch und Wie<strong>der</strong>verwendung, auf Standardisierung und Marktinstrumente sowie auf<br />

Innovation und Information legen.<br />

2.b. Eine zentrale Rolle für die Europäische Union<br />

Seit den frühen 1970ern hat die <strong>EU</strong> einen weitreichenden umweltpolitischen Acquis Communitaire 1<br />

entwickelt, <strong>der</strong> Naturschutz, Luft-, Lärm- und Chemieemissionen, Abfall- und Wassermanagement,<br />

Großindustrieanlagen, Klima und Energie sowie Produkte reguliert. Zudem werden Mindeststandards<br />

für demokratische Entscheidungsprozesse – vor allem zu Transparenz und öffentlicher Beteiligung<br />

durch den Acquis festgelegt. Die <strong>EU</strong>-<strong>Umweltpolitik</strong> war für die Mitgliedstaaten <strong>der</strong> fast<br />

hun<strong>der</strong>tprozentige Antrieb für die nationale <strong>Umweltpolitik</strong>.<br />

1 Der Acquis Communitaire bezeichnet die Gesamtheit <strong>der</strong> verbindlichen <strong>EU</strong>-Rechtsakte, also Primär- und<br />

Sekundäerrecht.<br />

4


Die Frage, wie weit die <strong>EU</strong> in <strong>der</strong> Harmonisierung von <strong>Umweltpolitik</strong> gehen soll, hat dabei schon<br />

immer eine Rolle gespielt. Seit <strong>der</strong> Annahme des 6. UAP ist die <strong>EU</strong> von 15 auf 27 Staaten gewachsen,<br />

was zu einer verstärkten Komplexität <strong>der</strong> demokratischen Entscheidungsfindung und <strong>der</strong><br />

Umsetzungskontrolle führt.<br />

Die Lissabon-Strategie (2000-2009) hat die kritische Revision von bestehen<strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Gesetzgebung<br />

ausgelöst und als Teil <strong>der</strong> Paradigmen „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Better Regulation“<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen für neue Politikmaßnahmen festgelegt. Lei<strong>der</strong> hat dies zu fragwürdigen Revisionen<br />

<strong>der</strong> Luft- und Abfallpolitik geführt sowie zu Verzögerungen bei Revisionen und neuen<br />

Gesetzgebungen, die im 6. UAP vorgesehen waren. So gibt es immer noch keinen<br />

Kommissionsvorschlag zur Revision <strong>der</strong> Richtlinie zur Festlegung nationaler Obergrenzen für<br />

Emissionen, die Kommission lehnt es noch immer ab, eine Bioabfall-Richtlinie vorzuschlagen und<br />

selbst Klimapolitikmaßnahmen litten unter dem „Lissabonner“ Druck zur Wettbewerbsfähigkeit. Im<br />

Falle <strong>der</strong> vorgeschlagenen Bodenschutzrichtlinie war die Kommission entschlossen, aber eine Gruppe<br />

„alter“ Mitgliedstaaten fand sich zu einer Sperrminorität zusammen, die noch immer<br />

aufrechterhalten wird unter dem vorgeschobenen Hinweis auf Subsidiarität.<br />

Die Zeit ist reif, die umweltpolitische Agenda als zukunftsweisend für die <strong>EU</strong> anzuerkennen, um die<br />

notwendigen Funktionen unserer Gesellschaften aufrechtzuerhalten und um global menschliches<br />

Wohlbefinden und schließlich Frieden und Sicherheit zu erlangen. Die <strong>EU</strong> sollte mit dem 7. UAP ihr<br />

Bekenntnis zu spezifischen umweltpolitischen Interventionen sowie auch zu Strategien und Aktionen<br />

in diversen Politikfel<strong>der</strong>n erneuern und beginnen, wo nötig auf denen des 6. UAP aufzubauen.<br />

Tatsächlich sollte eine wichtige Rolle des 7. UAP die Darstellung einer klaren, konzeptionellen<br />

Einigung über die zentrale Rolle <strong>der</strong> <strong>EU</strong> bei umweltpolitischer Entscheidungsfindung und<br />

Umsetzung sein – sowohl innerhalb <strong>der</strong> <strong>EU</strong> als auch global.<br />

Schlüsselelemente dieser Einigung sollten sein:<br />

Kein gemeinsamer Markt ohne ein hohes Niveau an gemeinsamer ökologischer Leistung: die<br />

Umwelt zu schützen und ihre Qualität zu verbessern ist als Verpflichtung im Vertrag <strong>der</strong> <strong>EU</strong><br />

festgelegt. Gesetzesvorschläge und an<strong>der</strong>e Maßnahmen und Aktivitäten müssen immer<br />

hinsichtlich ihrer ökologischen Auswirkungen untersucht werden. Sind diese negativ, müssen<br />

sie im Einklang mit Artikel 11 des Vertrags über die Arbeitsweise <strong>der</strong> <strong>EU</strong> verän<strong>der</strong>t werden:<br />

„Die Erfor<strong>der</strong>nisse des Umweltschutzes müssen bei <strong>der</strong> Festlegung und Durchführung <strong>der</strong><br />

Unionspolitiken und -maßnahmen insbeson<strong>der</strong>e zur För<strong>der</strong>ung einer nachhaltigen<br />

Entwicklung einbezogen werden“.<br />

För<strong>der</strong>ung eines weltweit hohen Umweltschutzniveaus, in dem hohe Standards für <strong>EU</strong>-<br />

Unternehmen gesetzt und respektiert werden und in dem die gleichen Standards von<br />

importierten Produkten verlangt werden. So werden europäische Bürger und Produzenten<br />

vor Produkten mit niedriger Qualität und unfairem Wettbewerb geschützt. Die<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong> müssen dabei unterstützt werden, die höheren Standards zu erreichen.<br />

Schutz <strong>der</strong> BürgerInnen durch mehr Befugnisse und Mittel zur Umsetzungskontrolle, analog<br />

zu den Kompetenzen <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Kommission im Wettbewerbsrecht o<strong>der</strong> bei den Regelungen zu<br />

Tierhygiene. Dies sollte durch die Etablierung eines <strong>EU</strong>-Inspektorats zur Umsetzung von<br />

Umweltrecht geschehen.<br />

5


För<strong>der</strong>ung technologischer Innovationen zur Reduzierung <strong>der</strong> menschlichen Belastungen auf<br />

die Umwelt, während gleichzeitig anerkannt wird, dass Technologie bestimmte physikalische<br />

Grenzen nicht überwinden kann.<br />

2.c. Das 7. UAP: Ein Fahrplan für das nächste Jahrzehnt<br />

Im Dezember 2008 hat die <strong>EU</strong> die Grundlage für die Klimapolitik des nächsten Jahrzehnts gesetzt.<br />

2010 hat die Arbeit an einer Strategie zur Artenvielfalt begonnen. In an<strong>der</strong>en Bereichen wie<br />

Wasserschutz o<strong>der</strong> Chemikalien bestehen bereits Gesetzgebungen, die für die kommenden Jahre<br />

relevant sind. Zudem wurden 2009 Teilbereiche <strong>der</strong> <strong>Umweltpolitik</strong> innerhalb <strong>der</strong> Kommission in<br />

einzelnen Generaldirektionen neu aufgeteilt (Klima, Umwelt sowie Gesundheit und Verbraucher). In<br />

diesem Kontext ist die Frage aufgekommen, ob ein umfassendes UAP nützlich und möglich ist und<br />

was sein Mehrwert sein könnte. Das EEB und die deutschen Umweltverbände sind davon überzeugt,<br />

dass das 7. UAP äußerst wichtig ist, um sicherzustellen, dass umweltpolitische Interessen Priorität in<br />

allen <strong>EU</strong>-Politikmaßnahmen und -praktiken erhalten. Das ist notwendig, um den „Ökologischen<br />

Fußabdruck“ <strong>der</strong> <strong>EU</strong> zu verkleinern und um die Vorreiterrolle <strong>der</strong> <strong>EU</strong> in diesem Bereich<br />

sicherzustellen.<br />

Erstens muss das 7. UAP die Natur und Dimension <strong>der</strong> ökologischen Herausfor<strong>der</strong>ung des<br />

kommenden Jahrzehnts darstellen auf Basis des übergeordneten Ziels, den „Ökologischen<br />

Fußabdruck“ <strong>der</strong> <strong>EU</strong> in 20 Jahren zu halbieren. Zweitens muss es klare Ziele setzen, um<br />

sicherzustellen, dass die Gesundheit <strong>der</strong> europäischen BürgerInnen bis 2020 nicht mehr durch<br />

Verschmutzung und gefährliche Stoffe beeinträchtigt wird.<br />

Diese Herausfor<strong>der</strong>ungen müssen in spezifische Ziele und Fahrpläne zur Revision und Einführung von<br />

Politikmaßnahmen übersetzt werden sowie klar darstellen, wie horizontale und sektorale<br />

Wirtschaftspolitik und an<strong>der</strong>e relevante Politikfel<strong>der</strong> reformiert werden müssen. Zudem sollte es für<br />

eine frühzeitige Vorbereitung von Aktivitäten des nächsten Jahrzehnts sorgen.<br />

Während das UAP einerseits ein umweltpolitisches Programm sein muss, das auf<br />

unmissverständliche Weise klarmacht, was zur Sicherung <strong>der</strong> Gesundheit europäischer BürgerInnen<br />

notwendig ist, muss es an<strong>der</strong>erseits auch eine klare Botschaft beinhalten, welche ökonomischen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen notwendig sind. Das bedeutet, dass es die Europa-2020-Strategie aufgreifen muss<br />

und Antworten auf Fragen wie Marktmobilisierung, internationale Wettbewerbsfähigkeit und<br />

Innovation finden muss.<br />

Das UAP und vor allem seine Vision sollte zudem das umweltpolitische Fundament für eine neue<br />

europäische Nachhaltigkeitsstrategie bauen, die auch notwendige und mit den umweltpolitischen<br />

Zielsetzungen kompatible soziale Ziele und Maßnahmen identifiziert und darstellt, wie die<br />

europäische Wirtschaft den sozialen und ökologischen Zielen dienen muss.<br />

Die Endfassung des UAP muss zwischen dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat<br />

ausgehandelt werden. Das bedeutet, dass es, nachdem die Kommission ihren Vorschlag<br />

veröffentlicht hat, eine öffentliche Debatte geben wird und dass alle drei Institutionen sich<br />

anschließend für das verabschiedete UAP und die Umsetzung seiner Inhalte verantwortlich fühlen.<br />

Dies ist wichtig, weil das UAP auf diese Weise eine klare Verpflichtung und ein klares Mandat für<br />

Kommission über die strategische Richtung <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<strong>Umweltpolitik</strong> festsetzt.<br />

6


Daher muss das 7. UAP folgendes aufweisen:<br />

Eine Vision, die in spezifische Zielsetzungen für die 10-jährige Laufzeit des Programms<br />

übertragen wird;<br />

Lösungsorientierte und effektive Politikmaßnahmen und klare Prioritäten für<br />

Aktivitätsbereiche;<br />

Tiefere und stärkere Verbindungen mit Wirtschaftspolitik und an<strong>der</strong>en relevanten<br />

Politiksektoren;<br />

Begleitende Finanzierungsinstrumente, die Kohärenz mit den Zielsetzungen <strong>der</strong> verwandten<br />

Politikmaßnahmen sicherstellen;<br />

Es muss auf dem Vorsorge-, Vermeidungs- und dem Verursacherprinzip und <strong>der</strong><br />

Schadensvermeidung basieren.<br />

Es muss auf dem Vorsorgeprinzip basieren sowie wissenschaftliche Erkenntnisse und<br />

technologischen Fortschritt berücksichtigen.<br />

Zudem muss es die Auswirkungen <strong>der</strong> <strong>EU</strong> auf den weltweiten Zustand <strong>der</strong> Umwelt berücksichtigen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e muss das 7. UAP beinhalten:<br />

Mechanismen und ambitionierte Ziele, die notwendig sind, um das übergeordnete Ziel, den<br />

Ressourcenverbrauch <strong>der</strong> <strong>EU</strong> wie<strong>der</strong> auf ein nachhaltiges Niveau zurückzuführen, zu<br />

erreichen. Bis 2030 sollte das Ziel sein, den Fußabdruck <strong>der</strong> <strong>EU</strong> um 50 Prozent zu reduzieren.<br />

Bis 2040 sollte die <strong>EU</strong> innerhalb ihrer ökologischen Grenzen leben.<br />

Eine ambitionierte Vision <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<strong>Umweltpolitik</strong> für das Jahr 2050, die Umweltprobleme in<br />

einen globalen Kontext stellt und klar Prioritäten und Umweltziele benennt sowie<br />

erreichbare Ziele und Zeitpläne für 2020.<br />

Einen Fahrplan mit Zielen und Zeitplänen für die Verringerung von konkreten<br />

Umweltbelastungen sowie allen Hauptformen <strong>der</strong> Verschmutzung und <strong>der</strong> Integration von<br />

Umweltzielen in alle europäischen sektoralen Politiken. Schwerpunkte sollten dabei folgende<br />

Themenkomplexe sein: Klimawandel, Biodiversität, die effiziente und nachhaltige<br />

Ressourcennutzung, die städtische Umwelt sowie die Verbesserung <strong>der</strong> menschlichen<br />

Gesundheit und <strong>der</strong> Lebensqualität.<br />

Verbesserte Kohärenz und Synergien mit an<strong>der</strong>en relevanten europäischen Strategien wie<br />

die Initiativen zur Ressourceneffizienz Europas, die europäische Nachhaltigkeitsstrategie, die<br />

<strong>EU</strong>-Biodiversitätsstrategie und die Umwelt- und Gesundheitsstrategie.<br />

Verbesserte Kohärenz durch eine bessere Integration <strong>der</strong> Umwelt, inklusive des Wertes <strong>der</strong><br />

natürlichen Ressourcen in alle relevanten Politiken wie Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr,<br />

Energie, Industrie, Handel, Entwicklung und Forschung.<br />

Einen erneuerten Schwerpunkt auf Regulierung in Kombination mit Marktinstrumenten und<br />

Stellenschaffung/Fähigkeitsför<strong>der</strong>ung und eine bessere Kohärenz zwischen diesen<br />

Mechanismen als bisher.<br />

Einen Fahrplan hin zu einer grünen Wirtschaft mit dem Fokus auf einer <strong>EU</strong>-weiten<br />

ökologischen Steuerreform. Dies beinhaltet die Umstellung auf nachhaltige Produktions- und<br />

7


Verbrauchsmuster sowie die Entkopplung von wirtschaftlichem Wachstum und<br />

Umweltzerstörung sowie von Wirtschaftswachstum und Wohlstand.<br />

Die Konsistenz mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von ökologisch nachhaltiger Entwicklung weltweit. Dafür<br />

müssen die negativen Auswirkungen <strong>der</strong> europäischen Wirtschafts-, Handels- und<br />

Entwicklungspolitik vermieden sowie gezielte Aktivitäten ergriffen werden, die positive<br />

Entwicklungen hin zu einer wirklichen Anwendung des „Prinzips <strong>der</strong> gemeinsamen aber<br />

differenzierten Verantwortung“ unterstützen und stimulieren.<br />

Eine verbesserte Umsetzung und Durchsetzung sowie Kontrolle vorhandener<br />

Umweltinstrumente.<br />

Die Entwicklung des 7. UAP muss jetzt beginnen, da <strong>der</strong> Prozess 2012 anstehende <strong>EU</strong>-<br />

Entscheidungen in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Kohäsion sowie die Debatte über das<br />

<strong>EU</strong>-Budget ab 2014 so weit wie möglich beeinflussen muss. Das 7. UAP muss darüber hinaus eine<br />

unterstützende Rolle bei <strong>der</strong> Formulierung von ehrgeizigeren Klima-, Energie- und Verkehrspolitiken<br />

einnehmen.<br />

Die 2011 von <strong>der</strong> Kommission durchgeführte Evaluierung des 6. UAP darf nicht als Ausrede genutzt<br />

werden, um die Arbeit an einem neuen Programm aufzuschieben. Die Evaluierung wird klarstellen,<br />

wo und warum Ambitionen und Ziele des 6. UAPs nicht erreicht wurden. Sie wird die Rolle von<br />

internen und externen Wi<strong>der</strong>ständen sowie Komplikationen beim Erreichen von Zielen<br />

verdeutlichen. Diese Auswertung wird jedoch nicht viel än<strong>der</strong>n an Visionen und Zielsetzungen <strong>der</strong><br />

kommenden Jahre sowie den Anfor<strong>der</strong>ungen für die Integration von <strong>Umweltpolitik</strong> in an<strong>der</strong>e<br />

Politikbereiche.<br />

Es ist zudem wichtig, dass das 7. UAP als ein Kommunikationsinstrument mit den europäischen<br />

BürgerInnen gesehen wird, so dass es diese mobilisieren kann – unter an<strong>der</strong>em für die<br />

Umsetzungskontrolle von verabschiedeten Maßnahmen vor Ort.<br />

3. Umweltpolitische Prioritäten<br />

3.a. Klimawandel verhin<strong>der</strong>n<br />

Während des letzten Jahrzehnts ist <strong>der</strong> Kampf gegen den Klimawandel zu einem Hauptthema von<br />

<strong>EU</strong>-PolitikerInnen geworden. Zunehmende Beweise des bereits stattfindenden Klimawandels,<br />

potentielle Schäden ausgelöst durch Klimaän<strong>der</strong>ungen und insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> 4. Bericht des<br />

Weltklimarats (IPCC) (2007) sowie <strong>der</strong> Stern-Bericht „The Economics of Climate Change“ (2005)<br />

haben viele überzeugt, dass es unverantwortlich ist, Maßnahmen aufzuschieben<br />

Allerdings haben die letzten Jahre auch gezeigt, dass <strong>der</strong> Kampf gegen den Klimawandel mit allen<br />

Mitteln auch ungewollt negative ökologische Folgen haben kann. Das offensichtlichste Beispiel dafür<br />

ist <strong>der</strong> politische Antrieb für einen rapiden Anstieg <strong>der</strong> Biotreibstoffproduktion, trotz zunehmen<strong>der</strong><br />

Hinweise, dass die meisten Biokraftstoffe nicht nur große ökologischen Auswirkungen haben,<br />

son<strong>der</strong>n, dass sie noch nicht einmal zu den erhofften Treibhausgasreduktionen führen. Ein weiteres<br />

Beispiel ist <strong>der</strong> Bau von Wasserkraftwerken in ökologisch sensiblen Gebieten, mit den<br />

8


einhergehenden verän<strong>der</strong>ten Wasserflüssen und Sedimentablagerungen und den daraus<br />

resultierenden Störungen von Deltaregionen und Wasserknappheiten in an<strong>der</strong>en Gebieten.<br />

Es ist daher notwendig, eine systemische Perspektive bei <strong>der</strong> Problemlösung einzunehmen, um zu<br />

vermeiden, dass ökologische Belastungen von einem Problem auf ein an<strong>der</strong>es umgeschichtet<br />

werden. Zudem sind sie Beispiel für Loslösung von Wissenschaft und politischer<br />

Entscheidungsfindung, vor allem wo an<strong>der</strong>e Interessen den Vorzug vor Wissenschaft bekommen.<br />

Beunruhigend ist die Tatsache, dass sie auch Beispiele für die wachsende Verzweiflung bei <strong>der</strong> Suche<br />

nach kohlenstoffarmen Lösungen für ein nicht-nachhaltiges und wachsendes<br />

Energieverbrauchsniveau sind, ohne dass <strong>der</strong> Verbrauch selbst angetastet wird.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite kann <strong>der</strong> Druck zur Senkung des Erdölverbrauchs wichtige zusätzliche Vorteile<br />

für die Umwelt und menschliche Gesundheit mit sich bringen. So können strategische Maßnahmen<br />

Luftverschmutzung und Abfallaufkommen verringern.<br />

Es ist daher wichtig, dass <strong>der</strong> Klimawandel weiterhin in erster Linie als Umweltangelegenheit gesehen<br />

wird, die fortwährend in alle an<strong>der</strong>en Politikfel<strong>der</strong> integriert wird. Die Reduktion von<br />

Treibhausgasemissionen muss weiterhin von dem Ziel angetrieben sein gefährlichen und nichtumkehrbaren<br />

Klimawandel zu verhin<strong>der</strong>n. Klimaschutzmaßnahmen müssen sich zudem positiv o<strong>der</strong><br />

neutral auf an<strong>der</strong>e ökologische Herausfor<strong>der</strong>ungen auswirken.<br />

Die weltweiten Treibhausgasemissionen müssen spätestens im nächsten Jahrzehnt ihren<br />

Höhepunkt erreichen und dann zurückgehen.<br />

In den vergangenen Jahren gab es einen breiten wissenschaftlichen und politischen Konsens, dass<br />

<strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> globalen Durchschnittstemperatur nicht mehr als 2˚C gegenüber vorindustriellen<br />

Temperaturen betragen soll, um verheerende Folgen für die globale Bevölkerung zu vermeiden. Seit<br />

kurzem mehren sich jedoch die Hinweise, dass die Herausfor<strong>der</strong>ung noch dramatischer ist: <strong>der</strong><br />

Temperaturanstieg muss unter 1,5 ˚C bleiben, um große Katastrophen wie beispielsweise das<br />

Korallensterben für den Planeten zu vermeiden.<br />

Auch wenn Treibhausgasemissionen heute schneller in sogenannten Schwellenlän<strong>der</strong>n wachsen,<br />

tragen die <strong>EU</strong> und die an<strong>der</strong>en OECD-Län<strong>der</strong> eine entscheidende Verantwortung bei <strong>der</strong> Vermeidung<br />

<strong>der</strong> Katastrophen-Szenarien. Die OECD sagte in ihrer „Umweltprognose“ (2007) voraus, dass die Pro-<br />

Kopf-Treibhausgasemissionen 2030 in OECD-Län<strong>der</strong>n noch immer dreimal höher als in an<strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n sein werden. Die Prognose unterstreicht zudem, dass 40 Prozent <strong>der</strong> aktuellen chinesischen<br />

Treibhausgasemissionen auf die Herstellung von Exportgütern entfallen – von denen die meisten in<br />

OECD-Län<strong>der</strong> verfrachtet werden.<br />

Die <strong>EU</strong> sollte deshalb eine Vorreiterrolle in <strong>der</strong> Verringerung des Energieverbrauchs einnehmen,<br />

indem sie zum Vorbild für die Produktion von ökologisch ausgewogenen erneuerbaren Energien und<br />

beson<strong>der</strong>s energieeffizienten Produkten wird.<br />

Es ist wahrscheinlich, dass eine globale Einigung zur Verringerung von Treibhausgasemissionen vor<br />

<strong>der</strong> Verabschiedung des 7. UAP erzielt wird. Es ist ebenfalls wahrscheinlich, dass diese Einigung nicht<br />

ausreichend ehrgeizig sein wird, um den Temperaturanstieg auf wenigstens 2˚C zu begrenzen<br />

(obwohl die Rettung <strong>der</strong> Korallenriffe nur 1,5˚C möglich ist). Wie Sir Nicholas Stern bereits dargestellt<br />

9


hat, sollte die <strong>EU</strong> ihre aktuellen Treibhausgasemissionen bis 2030 halbieren von ihren aktuellen 5<br />

Tonnen pro Kopf hin zu 2,5 Tonnen. Diese Verringerung um 50 Prozent (60 Prozent im Vergleich zum<br />

Niveau von 1990) muss so schnell wie möglich initiiert werden.<br />

Das Klima- und Energie-Paket von 2008 kann daher nicht die Grundlage für das nächste Jahrzehnt<br />

darstellen. Die unzureichenden Emissionsverringerungsziele, die 2008 gesetzt wurden, in<br />

Kombination mit <strong>der</strong> großen Rolle des Clean Development Mechanism (CDM) und <strong>der</strong><br />

kontraproduktiven kostenlosen Verteilung <strong>der</strong> Emissionszertifikate im Emissionshandel (ETS)<br />

untergraben die Umstellung hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Das Paket wird die Nachfrage<br />

nach Energieeffizienz und Erneuerbaren schwächen und wird die notwendigen infrastrukturellen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen zur effizienteren Energienutzung nicht ausreichend vorantreiben.<br />

Das 7. UAP sollte eine Klimastrategie beinhalten mit dem übergeordneten Ziel, einer <strong>EU</strong>-weiten<br />

Treibhausgasverringerung um mindestens 90 Prozent bis 2050 (im Vergleich mit 1990) und mit dem<br />

Zwischenziel von 40 Prozent bis 2020. Das 2050-Ziel muss auf die Zielmarke 1,5 ˚C hin untersucht und<br />

ggf. angepasst werden.<br />

Wichtige Bausteine sind unter an<strong>der</strong>em:<br />

Einführung von CO2-Budgets für Län<strong>der</strong> und Schlüsselsektoren.<br />

Innerstaatliche Energieeinsparstrategien, die verbindliche Ziele und eine langfristige Vision<br />

aufweisen mit dem Ziel Energienachfrage und –verbrauch zu verringern.<br />

Verstärkte Klimaschutzaktivitäten in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und<br />

energieverbrauchende Geräte.<br />

100% <strong>der</strong> Energieproduktion muss bis 2050 erneuerbar sein.<br />

Eine bessere Politikintegration und Kohärenz zwischen Klima und an<strong>der</strong>en Politikbereichen,<br />

um kontraproduktive Politikmaßnahmen zu vermeiden – vor allem in den Bereichen Wasser,<br />

Rohstoffe, Artenvielfalt, Landwirtschaft, Fischerei, Waldwirtschaft, Abfall, Produkte und in<br />

neueren Politikfel<strong>der</strong>n wie nachhaltige Industrie- und Innovationspolitik.<br />

Die sofortige, vollständige Versteigerung von Emissionszertifikaten im <strong>EU</strong>-ETS, dynamische<br />

Standards für den Energieverbrauch von Produkten sowie international koordinierte Energie-<br />

und CO2-Steuern in ausreichen<strong>der</strong> Höhe.<br />

Effektive bilaterale und multilaterale Vereinbarungen, in denen CDM-Gel<strong>der</strong> durch direkte<br />

finanzielle und technische Unterstützung und Zusammenarbeit ersetzt werden.<br />

Keine Unterstützung für Atomkraft.<br />

Neben diesen Klimaschutzmaßnahmen, ist die Anpassung an unvermeidbare Klimaän<strong>der</strong>ungen<br />

entscheidend. Dies hat Konsequenzen für die Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>EU</strong> in den Bereichen Artenvielfalt,<br />

Wasserwirtschaft, Landwirtschaft usw.<br />

3.b. Artenvielfalt erhalten und wie<strong>der</strong> herstellen zum Schutz von<br />

Ökosystemen, die die Grundlage für menschliches Leben darstellen<br />

Das Ziel den Artenverlust bis 2010 zu stoppen, hat die <strong>EU</strong> nicht erreicht. Das neue <strong>EU</strong>-weite Ziel heißt<br />

nun: „Den Artenverlust bis 2020 stoppen und die Wie<strong>der</strong>herstellung von verlorener Artenvielfalt und<br />

Ökosystemen wo möglich“ erreichen. Die von <strong>der</strong> Kommission auf 2011 verschobene Strategie soll<br />

10


umreißen, wie dieses neue Ziel zu erreichen ist. Die Strategie soll auch eine Reihe von Subzielen<br />

enthalten und eine neue Referenzlinie, die eine genauere und regelmäßige Beurteilung über den<br />

Fortschritt hin zur Zielsetzung ermöglichen soll.<br />

Das 7. UAP sollte dabei helfen, die entscheidende Rolle, die Ökosysteme für das Funktionieren<br />

unserer Gesellschaft spielen, deutlich zu machen und die Verbindungen mit an<strong>der</strong>en Politikfel<strong>der</strong>n,<br />

die wichtige Auswirkungen auf die Artenvielfalt haben, herstellen. Das ist vor allem bei den <strong>EU</strong>-<br />

Politikfel<strong>der</strong>n Landwirtschaft, Fischerei, Waldwirtschaft, Verkehr, Wasser, Rohstoffe, Produkte,<br />

Industrie und Außenpolitik <strong>der</strong> Fall. Es trifft zudem in den Bereichen Landnutzung und Raumordnung<br />

zu, obwohl es hier keine <strong>EU</strong>-Kompetenz gibt. Das 7. UAP muss kurzfristige Maßnahmen aufzeigen,<br />

damit Artenvielfalt mittelfristig eindeutiger in diesen Politikfel<strong>der</strong>n berücksichtigt werden kann. Das<br />

7. UAP sollte auch einen Rahmen für die Entwicklung und Etablierung von notwendigen regulativen<br />

und finanziellen Instrumenten bilden. Die gesicherte Finanzierung von Natura 2000 mit einem<br />

Finanzbedarf von mindestens 5,1 Milliarden Euro muss am Anfang stehen.<br />

Um die neuen Artenvielfaltsziele zu erreichen, ist <strong>der</strong> gesamte umweltpolitische Acquis <strong>der</strong> <strong>EU</strong><br />

wichtig: von <strong>der</strong> Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) und <strong>der</strong> Vogelschutzrichtlinie, die<br />

Lebensräume und Arten schützen, bis hin zur Chemikalien- und Industriepolitik, um<br />

Schadstoffemissionen zu reduzieren. Neue rechtliche Instrumente zum Schutz von Artenvielfalt<br />

sollten deshalb nicht die Form einer einzelnen, übergeordneten Rahmenrichtlinie annehmen, die<br />

versucht alle Aspekte administrativ unter einen Hut zu bringen. Besser sind gezielte, spezifische<br />

Maßnahmen, die Probleme und Bereiche, die bisher noch nicht berücksichtig wurden, in Angriff<br />

nehmen. Beispiele hierfür sind Maßnahmen zu gebietsfremden invasiven Arten und Bodenschutz<br />

sowie die Entwicklung von grüner Infrastruktur – einem Netzwerk zur Verbindung von<br />

Lebensräumen, während gleichzeitig wichtige Ökosystemdienstleistungen erbracht werden.<br />

Dies kann teils durch finanzielle Instrumente, verbesserte Umsetzung <strong>der</strong> Rahmenrichtlinien zum<br />

Vogel-, FFH-, Wasser- und Meeresschutz und teils durch neue rechtliche Instrumente erreicht<br />

werden. Ein weiteres Element <strong>der</strong> neuen Biodiversitätsstrategie wird vermutlich die Wertschätzung<br />

von Ökosystemen und den von diesen erbrachten Dienstleistungen sein. Diese Entwicklung sollte wo<br />

sinnvoll und möglich zu einer Anwendung von Marktinstrumentenführen, um die Belastung von<br />

Ökosystemen zu reduzieren. Ein Anfang könnte die konsequente Anwendung des<br />

Verursacherprinzips in <strong>der</strong> Wasserrahmenrichtlinie sowie eine ökologische Besteuerung von<br />

Chemikalien (wie z.B. Pestizide), die Auswirkungen auf Ökosysteme haben, darstellen. Zudem sollte<br />

<strong>der</strong> Schutz von Ökosystemen eine zentrale Rolle in strategischen Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />

spielen.<br />

Das 7. UAP sollte dabei helfen, Instrumente, die zur besseren Integration von Artenvielfalt in die<br />

Politiken zu Landwirtschaft, Waldwirtschaft, Energie, Rohstoffe und Fischerei nötig sind, zu<br />

entwickeln. Die internen Reformprozesse, die demnächst in diesen Politikfel<strong>der</strong>n anstehen, bieten<br />

eine gute Gelegenheit, um den Schutz von Artenvielfalt als “natürliches Kapital“, auf das diese<br />

Politikbereiche letztendlich angewiesen sind, zu integrieren.<br />

Ganz konkret sollte das 7. UAP folgendes enthalten:<br />

11


Das neue Biodiversitätsziel mit seinen Subzielen und Referenzlinien; <strong>der</strong> Hauptaugenmerk<br />

sollte dabei auf einer ehrgeizigen Umsetzung des übergeordneten Ziels liegen, damit<br />

verhin<strong>der</strong>t wird, dass „wo machbar“ eine Ausrede für ein einfaches „weiter so“ wird.<br />

Die Voraussetzung schaffen, dass das gemeinsame Umweltinformationssystem für Europa<br />

soweit funktionstüchtig sein wird, damit es jährliche Fortschrittsprüfungen über den Zustand<br />

<strong>der</strong> Artenvielfalt und dessen Trend abliefern kann.<br />

Die Entwicklung von neuen Mechanismen zum Vollzug von relevanter <strong>EU</strong>-Gesetzgebung,<br />

darunter die Gründung einer Untersuchungseinrichtung speziell für Artenvielfalt.<br />

Einen Plan, <strong>der</strong> eine umfassende Finanzierung und Umsetzung von Natura 2000 sicherstellt.<br />

Ein Bekenntnis zu dem Vorschlag einer neuen Gesetzgebung zu gebietsfremden invasiven<br />

Arten.<br />

Eine solide <strong>EU</strong>-Politik, um negative Auswirkungen auf Ökosysteme durch Genetisch<br />

Verän<strong>der</strong>te Organismen (GVOs) in Land- und Waldwirtschaft zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Ein Bekenntnis zur Entwicklung von grüner Infrastruktur.<br />

Einen Schwerpunkt auf die Integration von Artenvielfalt in Politikmaßnahmen zu Rohstoffen<br />

(auch Boden), Produkten, Abfall, Industrie und Chemikalien.<br />

Ankündigung eines Son<strong>der</strong>programms zur Erfassung und Rettung <strong>der</strong> verbliebenen<br />

Wildnisgebiete in <strong>der</strong> <strong>EU</strong>.<br />

3.c. Rohstoffverbrauch substantiell verringern<br />

Ein starkes und klares Ziel zur Verringerung des europäischen Rohstoffverbrauchs ist notwendig,<br />

damit die <strong>EU</strong> einen klaren Weg zu einem nachhaltigen Rohstoffverbrauch geht.<br />

Die größten ökologischen Auswirkungen unseres Lebens stammen aus den Bereichen Ernährung,<br />

Gebäude und elektronische Geräte, Mobilität und Energieproduktion.<br />

Deshalb muss das 7. UAP folgendes beinhalten:<br />

Als übergeordnetes Ziel eine absolute Verringerung <strong>der</strong> Rohstoffnutzung auf Grundlage von<br />

Höchstgrenzen für bestimmte Schlüsselrohstoffe, <strong>der</strong> Einführung des Suffizienz-Prinzips und<br />

damit <strong>der</strong> Vermeidung des Rebound-Effekts.<br />

Ein Paket mit konkreten Teilzielen für die absolute Reduktion im Verbrauch bestimmter<br />

Rohstoffe und umsetzende Maßnahmen. Das Paket muss Ziele zur Ressourcenproduktivität<br />

und -effizienz beinhalten, vor allem für Schlüsselrohstoffe.<br />

Ein gezielter Fokus auf Schlüsselrohstoffe und -sektoren, wie:<br />

o Rohstoffe: Biomasse, Holzprodukte, Hightech-Metalle, Mineralien für Industrie und<br />

den Bausektor, Stahl und Zement.<br />

o Sektoren: Landwirtschaft, Fischerei, Gebäude und Verkehr.<br />

Messbare Indikatoren für den Import, die Nutzung und den Export von einzelnen Rohstoffen.<br />

Auf dieser Grundlage können anschließend detailliertere Herangehensweisen für den jeweils<br />

betroffenen Rohstoff und/o<strong>der</strong> den betroffenen Sektor entwickelt werden.<br />

12


Verbindungen zwischen Rohstoff-, Produkt- und Abfallpolitik, um die Schwerpunktsetzung<br />

auf Vermeidung am Ursprung voranzutreiben, anstatt sich weiterhin erst am Ende mit den<br />

Problemen auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Entwicklung einer Landnutzungspolitik, um durch bessere Nachhaltigkeitsmaßnahmen und<br />

Verlinkung mit nachhaltigem Konsum und nachhaltigen Produktionsweisen dem steigenden<br />

Druck auf Landnutzung begegnen zu können.<br />

Im Hinblick auf Instrumente muss eine umfassende Herangehensweise entwickelt werden, die<br />

folgendes beinhaltet:<br />

Maßnahmen für Hersteller: Einführung o<strong>der</strong> Verstärkung von Produzentenverantwortung,<br />

um die Internalisierung von Umweltkosten zu intensivieren, wo möglich nach dem Prinzip<br />

<strong>der</strong> Ökoeffektivität und Wie<strong>der</strong>verwertbarkeit („Cradle-to-Cradle“).<br />

Produktpolitik: Dynamische Standardsetzung für Ökodesign, Maximierung von<br />

Wie<strong>der</strong>verwendung und Materialrecycling, Minimierung des Energieverbrauchs während <strong>der</strong><br />

Nutzung, Vermeidung von Stoffen, die eine Bedrohung für Mensch o<strong>der</strong> Umwelt darstellen.<br />

Verbrauchsorientierte Maßnahmen: Steuer- und Subventionsreformen, eine grüne<br />

öffentliche Beschaffung, die För<strong>der</strong>ung von nachhaltigem Konsumverhalten.<br />

Starke Verknüpfungen mit verwandten Politiken wie Landwirtschaft, Fischerei,<br />

Waldwirtschaft, Artenvielfalt, Wasser und Energie.<br />

3.d. Die <strong>EU</strong> zu einem gesunden Lebensraum machen<br />

Die <strong>EU</strong> hat eine lange Tradition im Schutz <strong>der</strong> menschlichen Gesundheit durch umweltpolitische<br />

Gesetzgebung, z.B. in den Bereichen Wasserqualität, Luftverschmutzung, Lärm und Chemikalien.<br />

Allerdings wurde die Verbindung zwischen Gesundheit und Umwelt erst im 6. UAP offiziell zu einem<br />

<strong>der</strong> vier Prioritätsbereiche gemacht mit dem Ziel, einen Beitrag „zu hoher Lebensqualität und sozialer<br />

Wohlfahrt für die Bürger durch eine Umwelt, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> Verschmutzung keine schädlichen<br />

Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat“ (6. UAP §Art. 2 II) zu leisten.<br />

Dies führte zu neuen o<strong>der</strong> geän<strong>der</strong>ten Gesetzesvorschlägen in den Bereichen Wasserpolitik,<br />

Chemikalien, Pestiziden und Luftqualität und unterstützte die Entwicklung einer <strong>EU</strong>-Strategie und<br />

eines Aktionsplans zu Umwelt und Gesundheit.<br />

Dabei konnten einige Fortschritte erzielt werden, aber sogar die Weltgesundheitsorganisation meint,<br />

dass größere Anstrengungen notwendig sind, um Luft- und Wasserqualität zu verbessern.<br />

Lärmemissionen sind eine <strong>der</strong> größten Belästigungsquellen geworden. Das Chemiemanagement<br />

befasst sich noch nicht mit den realen Auswirkungen von Cocktail-Effekten durch die multiple<br />

Belastung durch Chemikalien. Die wachsende Nutzung von neuen und potentiell gefährlichen Stoffen<br />

wie Nanomaterialien ohne existierende Risikotestmethoden hat bestehende<br />

Sicherheitsgesetzgebungen wirkungslos gemacht.<br />

In <strong>der</strong> <strong>EU</strong> steigt unter an<strong>der</strong>em die Zahl von Krebs- und Atemwegserkrankungen, was zeigt, dass die<br />

menschlichen Immunsysteme überfor<strong>der</strong>t sind. Kausale Zusammenhänge sind jedoch nur schwer<br />

nachweisbar. Auch das 7. UAP muss deshalb einen Schwerpunkt auf Umwelt und Gesundheit legen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e Belastungen verringern und Wi<strong>der</strong>standsfähigkeiten stärken. Hier ist die Anwendung<br />

des Vorsorgeprinzips beson<strong>der</strong>s wichtig, um neue Erkenntnisse, die negative Auswirkungen auch<br />

13


schon von Niedrigdosen bei multiplen Chemikalienbelastungen vermuten lassen, weiter zu<br />

untersuchen.<br />

Einer <strong>der</strong> größten Erfolge des 6. UAP war die neue Chemikaliengesetzgebung REACH, die auf dem<br />

Markt befindliche gefährliche Chemikalien registrieren, bewerten, zulassen und beschränken sollte.<br />

Sie wurde jedoch während des Gesetzgebungsprozesses stark verwässert und die Umsetzung geht zu<br />

langsam voran.<br />

Das 7. UAP sollte einen Schwerpunkt auf nachhaltige Chemikaliennutzung und Ökodesign für<br />

Produkte legen und nicht nur den Umgang mit schädlichen Stoffen festlegen. „Grüne Chemie“, die<br />

versucht, Umweltverschmutzung einzudämmen, Energie zu sparen und Produktionsprozesse<br />

möglichst umweltverträglich zu gestalten, kann dabei ein wichtiges Element werden und sollte eine<br />

zentrale Rolle in Maßnahmen zu Chemikalien, Industrie, Rohstoffen und Produkten spielen.<br />

Nichtsdestotrotz muss auch „Grüne Chemie“ stets umfassend auf Umweltverträglichkeit hin geprüft<br />

werden.<br />

Aus den spezifischen Aktivitäten zu Umwelt und Gesundheit und auch unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Analysen <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation (WHO) ergeben sich drei prioritäre Themen: gefährdete<br />

Risikogruppen, menschliches Biomonitoring und Gesundheitsinformationssysteme.<br />

Obwohl die <strong>EU</strong> politische Übereinkommen wie die WHO-Erklärung von Parma über Umwelt und<br />

Gesundheit (2010) unterzeichnet hat, hat sie bisher keine Fortschritte im Bereich <strong>der</strong> gefährdeten<br />

Risikogruppen (wie Kin<strong>der</strong>, Föten, schwangere Frauen und ältere Menschen) erzielt.<br />

Der Bereich menschliches Biomonitoring gilt als einer <strong>der</strong> beiden Haupterfolge des Aktionsplans zu<br />

Umwelt und Gesundheit und als gutes Beispiel für Kohärenz von Politikmaßnahmen und<br />

Politikintegration. Die vorgeschlagene Gründung eines permanenten harmonisierten Systems wird<br />

voraussichtlich eine Schlüsselrolle im Wissenszuwachs über die Zusammenhänge zwischen Umwelt<br />

und Gesundheit spielen. Die Informationen zu langfristigen Auswirkungen auf die Gesundheit sollten<br />

als Instrumente für die Entwicklung von weiteren umweltpolitischen Maßnahmen genutzt werden.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die Finanzierung eines solchen permanenten Systems ist sicherzustellen.<br />

Das 7. UAP muss deshalb folgendes beinhalten:<br />

Wissenszuwachs über die Zusammenhänge zwischen Umwelt und Gesundheit, insbeson<strong>der</strong>e<br />

zu Auswirkungen von niedrigen Dosierungen bei multiplen Belastungen för<strong>der</strong>n.<br />

Methoden <strong>der</strong> Risikoprüfung von endokrin wirksamen Chemikalien verbessern und in die <strong>EU</strong>-<br />

Gesetzgebung zu Chemikalien integrieren. Die Auswirkungen niedriger Dosierungen sollten<br />

beson<strong>der</strong>s beachtet werden.<br />

Gefährdete Risikogruppen identifizieren und schützen.<br />

Aktivitäten zum Schutz von Risikogruppen priorisieren und ein permanentes Systems zu<br />

menschlichem Biomonitoring zur Dokumentation von Langzeiteffekten einführen.<br />

Die Bereiche Luft- und Wasserqualität ambitionierter behandeln und unverzüglich die<br />

Richtlinie zu nationalen Emissionsobergrenzen aufwerten.<br />

14


Auf Prävention anstatt auf Heilung fokussieren. Dabei sind potentielle<br />

Gesundheitsgefährdungen schon in <strong>der</strong> Entwicklungsphase zu stoppen und daher „Grünes“<br />

Ingenieurswesen, Ökodesign und „Grüne“ Chemie zu entwickeln.<br />

Entwicklung von nachhaltigen Industrie-, Rohstoff-, Innovations- und<br />

Produktpolitikmaßnahmen, in denen <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Gesundheit und die Vermeidung von<br />

Verschmutzung und an<strong>der</strong>en Auswirkungen schon in <strong>der</strong> Entwicklungsphase integriert<br />

werden.<br />

Entwicklung von effektiven Maßnahmen, um negative Auswirkungen von Produkten auf die<br />

Luftqualität in Innenräumen zu verhin<strong>der</strong>n.<br />

Den vorbeugenden Gesundheitseffekt von Natur im täglichen Leben berücksichtigen und<br />

anerkennen, indem siedlungsnahe Naturgebiete und Stadtwäl<strong>der</strong> geschützt werden.<br />

Auf Angebots- und Nachfrageseite weiterhin Maßnahmen ergreifen, um<br />

Quecksilberemissionen zu verringern und diese in an<strong>der</strong>e relevante Maßnahmen und<br />

Gesetze zu integrieren. Ziel sollte die Reduzierung von Quecksilber in <strong>der</strong> Umwelt und<br />

weniger menschliche Belastung vor allem auch durch Methyl-Quecksilber in Fischen sein.<br />

Und im Hinblick auf REACH:<br />

o Weniger Ausnahmen von nicht regulierten Chemikalienkategorien mit niedrigerem<br />

Schutzniveau.<br />

o Registrierpflicht auch für Stoffmengen unter einer Tonne pro Unternehmen und Jahr.<br />

o Steigende Datenanfor<strong>der</strong>ungen für die Registrierung in allen Mengen.<br />

o Verlängerte Zeiträume zwischen Registrierung und Markteinführung, die eine<br />

verbesserte Schnelldiagnose zur Auswertung ermöglichen.<br />

o Strenge Anfor<strong>der</strong>ungen an umfassende und frühe Substitution; für große<br />

Stoffmengen o<strong>der</strong> Stoffe mit gefährlichen Eigenschaften sollten schon in <strong>der</strong><br />

Registrierungsphase Ersatzstoffe festgelegt werden.<br />

o Weniger Engpässe bei niedrigeren Hürden und zeitliche Begrenzungen für den<br />

Prozess zur Aufnahme von Stoffen in die Zulassungsprozedur.<br />

o Ein automatisches Verbot für Stoffe mit krebserregenden, erbgutverän<strong>der</strong>nden und<br />

reproduktionstoxischen (CMR) Eigenschaften sowie mit persistenten,<br />

bioakkumulierenden, toxischen (PTB) sowie auch mit sehr persistenten, sehr<br />

bioakkumulierenden (vPvB) Eigenschaften und Chemikalien mit an<strong>der</strong>en gefährlichen<br />

inhärenten Eigenschaften.<br />

o Eine signifikant verringerte Beweislast für öffentliche Agenturen, wenn es um<br />

Entscheidungen über Einschränkungen geht.<br />

o Verstärkte Transparenz im Hinblick auf Daten, die von Industrie und Agenturen zur<br />

Verfügung gestellt werden.<br />

o Eine systematische Berücksichtigung von Mischeffekten in den Risikoprüfungen.<br />

15


4. Die Gesellschaft mobilisieren, um den „Ökologischen<br />

Fußabdruck“ zu verringern<br />

4.a. Integration von umweltpolitischen Zielen in alle<br />

Politikmaßnahmen<br />

Artikel 11 des neuen Vertrags über die Arbeitsweise <strong>der</strong> <strong>EU</strong> lautet: „Die Erfor<strong>der</strong>nisse des<br />

Umweltschutzes müssen bei <strong>der</strong> Festlegung und Durchführung <strong>der</strong> Unionspolitiken und -<br />

maßnahmen, insbeson<strong>der</strong>e zur För<strong>der</strong>ung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“.<br />

Dieser Artikel ist seit 1991 Bestandteil <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Verträge, aber er hat bisher nicht zu systematischen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im <strong>EU</strong>-Politikprozess geführt. Zurzeit ist die Umweltverträglichkeitsprüfung das<br />

Hauptinstrument zur Feststellung <strong>der</strong> ökologischen Konsequenzen jedes (relevanten)<br />

Politikvorschlags <strong>der</strong> Kommission. Dieser Prozess stellt zumindest eine Möglichkeit dar, um mögliche<br />

negative ökologische Auswirkungen aufzuzeigen.<br />

Die Umweltaktionsprogramme <strong>der</strong> <strong>EU</strong> haben Integration von <strong>Umweltpolitik</strong> immer in einem<br />

positiveren Sinne berücksichtigt: Über das einfache Verhin<strong>der</strong>n von negativen Auswirkungen hinaus<br />

suchen sie nach Synergien zwischen sektoralen und umweltpolitischen Zielen. Nichtsdestotrotz<br />

tragen europäische und nationale Politiken zu Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Handel und<br />

Kohäsion weiterhin zu <strong>der</strong> Zerstörung <strong>der</strong> europäischen und globalen Umwelt bei.<br />

Theoretisch sollte die <strong>EU</strong>-Nachhaltigkeitsstrategie dafür sorgen, dass alle <strong>EU</strong>-Politiken zu<br />

ökologischer Nachhaltigkeit beitragen. In <strong>der</strong> Praxis ist diese Strategie jedoch wirkungslos, weil ihr die<br />

politische Unterstützung und die nötigen Instrumente fehlen.<br />

Damit sektorale Politikmaßnahmen <strong>der</strong> <strong>EU</strong> wirklich dazu beitragen, den „Ökologischen Fußabdruck“<br />

<strong>der</strong> <strong>EU</strong> zu verkleinern, muss das 7. UAP konkrete Ziele für die zentralen Politikfel<strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />

Verkehr und Fischerei beinhalten.<br />

Landwirtschaft: Ökosysteme stärken<br />

In <strong>der</strong> kommenden Diskussion über die Reform <strong>der</strong> Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) werden das EEB<br />

und die deutschen Umweltverbände gemeinsam für Maßnahmen werben, die sicherstellen, dass<br />

öffentliche (<strong>EU</strong>-)Gel<strong>der</strong> für öffentliche Güter verwendet werden. Die europäische Agrarpolitik muss<br />

sich von <strong>der</strong> Logik <strong>der</strong> Abhängigkeit und Kompensierung verabschieden und sich hin zu einer Logik<br />

<strong>der</strong> Bereitstellung von öffentlichen Gütern entwickeln, die auf einem neuen Vertrag zwischen<br />

Landwirten und Gesellschaft basiert. Diese fundamentale Umstellung würde Landnutzungsaktivitäten<br />

belohnen, die wirkliche Leistungen für die Allgemeinheit erbringen, und die Nutzung von öffentlichen<br />

Gel<strong>der</strong>n für die Unterstützung von Aktivitäten mit negativen ökologischen Auswirkungen verbieten.<br />

Die <strong>EU</strong> sollte mit Hilfe <strong>der</strong> GAP und an<strong>der</strong>er Maßnahmen mit Auswirkungen auf den Agrarsektor<br />

landwirtschaftliche Produktion langfristig durch den Schutz von Ökosystemen und ihren<br />

Dienstleistungen (Böden, Luft und Wasser) und die nachhaltige Nutzung von Rohstoffen, von denen<br />

wir für unsere Lebensmittelproduktion abhängig sind, sichern.<br />

Das 7. UAP sollte im Agrarbereich vor allem folgendes sicherstellen:<br />

16


Ressourceneffiziente Landwirtschaft, wobei auf Wasser und fossilen Brennstoffen ein<br />

Hauptaugenmerk liegen muss.<br />

Systematische Integration von Landwirtschaftsmethoden in Artenschutzpläne.<br />

Konkrete Maßnahmen, um die Vermin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> den Stopp von Pestiziden und an<strong>der</strong>en<br />

Einsatzstoffen mit problematischen ökologischen Folgen sicherzustellen.<br />

Ökologischer Landbau als Standard für Landwirtschaft. Dabei muss unter an<strong>der</strong>em<br />

sichergestellt werden, dass Marktinstrumente faire Wettbewerbsbedingungen herstellen.<br />

Fischerei: nachhaltige Fischbestände für eine größere Meeresartenvielfalt<br />

In den kommenden zwei Jahren stehen wichtige Entscheidungen in <strong>der</strong> Gemeinsamen<br />

Fischereipolitik (GFP) an. Das EEB und die deutschen Umweltverbände unterstützen OCEAN 2012 in<br />

ihren For<strong>der</strong>ungen für eine Reform. Das 7. UAP sollte diese For<strong>der</strong>ungen verstärken.<br />

Europäische Fischereimaßnahmen sollten die Überfischung und zerstörerische Fischereipraktiken<br />

stoppen und eine faire und gerechte Nutzung von gesunden Fischbeständen ermöglichen.<br />

Verantwortungsbewusste Fischereiaktivitäten, die zu den übergeordneten Zielen ökonomischer,<br />

sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit beitragen, sollten belohnt werden. Subventionen und<br />

Anreize, die zerstörerische und ineffiziente Praktiken künstlich am Leben erhalten, sollten hingegen<br />

verboten werden. Die <strong>EU</strong> sollte einen guten Umweltstatus <strong>der</strong> Meere im Sinne <strong>der</strong> durch die<br />

Meeresschutzrahmenrichtlinie definierten Standards erreichen.<br />

Verkehr: Schwerpunkt auf Nachfragemanagement und modaler Verschiebung<br />

Europäische Verkehrspolitik ist traditionell auf die Unterstützung einer schnellen Mobilität für<br />

Menschen und Güter ausgerichtet. Für Probleme wie die urbane Ausbreitung und die<br />

Defragmentierung von Landschaften sowie verstärkte Umweltverschmutzung und Belästigungen<br />

wurden flankierende Politiken erarbeitet. Durch technische Lösungen konnten in den Bereichen Luft-<br />

und Lärmverschmutzung teilweise Fortschritte erzielt werden, aber tendenziell wird die Umwelt<br />

immer stärker belastet.<br />

Die <strong>EU</strong>-Regierungschefs unterstrichen beim Gipfel von Göteborg 2001, dass „Maßnahmen<br />

erfor<strong>der</strong>lich [sind], um den Anstieg des Verkehrsaufkommens deutlich vom BIP-Wachstum<br />

abzukoppeln, insbeson<strong>der</strong>e durch eine Verlagerung von <strong>der</strong> Straße auf die Schiene, die Wasserwege<br />

und den öffentlichen Personenverkehr“. Diese Zielorientierung wurde jedoch nicht von <strong>der</strong><br />

Kommission verfolgt, die sich auf die För<strong>der</strong>ung von technischen Verbesserungen innerhalb <strong>der</strong><br />

einzelnen Verkehrsformen konzentrierte, um relative Umweltbelastungen zu reduzieren.<br />

Das 7. UAP sollte auf ein nachhaltiges Verkehrssystem abzielen, das den Verbrauch von nichterneuerbaren<br />

Ressourcen, Landnutzung sowie Auswirkungen auf Ökosysteme und die menschliche<br />

Gesundheit minimiert. Abfall und Emissionen müssen in diesem System innerhalb <strong>der</strong> Kapazitäten<br />

des Planeten liegen. Ein nachhaltiges Verkehrssystem muss sozial ausgewogen sein.<br />

Grundlage des Kapitels zu Verkehr im 7. UAP sollte die doppelte Entkopplung von Wachstum im<br />

Verkehrsaufkommen vom Wirtschaftswachstum und eine absolute Entkopplung von<br />

Umwelteinwirkungen von steigendem Verkehrsaufkommen sowohl im Passagier- und Güterverkehr<br />

17


sein: Insbeson<strong>der</strong>e sollte <strong>der</strong> Energieverbrauch im Verkehr bis 2020 signifikant reduziert und bis 2030<br />

halbiert werden.<br />

Die Regulierung <strong>der</strong> Nachfrageseite sollte im Zentrum einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung<br />

stehen. Än<strong>der</strong>ungen des Verkehrsbedarfs und von Verkehrsmustern können durch langfristige<br />

Politikmaßnahmen und finanzielle Mittel stattfinden, die die aktuellen nicht-nachhaltigen<br />

Verkehrstrends umkehren.<br />

Als Prioritäten sollte das 7. UAP die folgenden Maßnahmen för<strong>der</strong>n:<br />

Ein System für Verkehr und Infrastruktur, das die realen Kosten für die Gesellschaft<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt und Anreize liefert, um aktuelle Trends umzukehren und Verkehrsaufkommen<br />

von Wirtschaftswachstum zu entkoppeln.<br />

Ein Stopp für den Bau von neuer Infrastruktur, die Ökosystemen schadet. Wirtschaftliche und<br />

ökologische Prüfungen sollten viel früher im Planungsprozess stattfinden, öffentlich<br />

zugänglich sein und von unabhängiger Seite untersucht werden.<br />

Ein koordinierter Ansatz für Finanzinstitutionen und <strong>EU</strong>-Gel<strong>der</strong>, um die Ziele von nachhaltiger<br />

Entwicklung im Verkehr zu unterstützen, insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Entkopplung<br />

und <strong>der</strong> modalen Verschiebung. Ein weitaus höherer Anteil des <strong>EU</strong>-Budgets sollte in die<br />

Innovation von regionalen und nationalen öffentlichen Verkehrsnetzen und -systemen<br />

fließen.<br />

Die durchschnittlichen CO2-Emissionswerte von neuen Autos sollten auf ein Maximum von<br />

80g/km reduziert werden. Dieses Maximum darf keine Abzüge für Biokraftstoffe o<strong>der</strong><br />

Elektrizität beinhalten, solange diese nicht CO2-frei produziert wurden. Auch für LKW,<br />

Flugzeuge und Schiffe müssen Effizienzstandards eingeführt werden.<br />

Luftverschmutzung durch Neufahrzeuge kann und sollte vollständig gestoppt werden.<br />

4.b Den Markt für die Umwelt arbeiten lassen<br />

Seit 1985 legen <strong>EU</strong>-Verträge das Verursacherprinzip fest. Die Internalisierung von Umweltkosten in<br />

Gütern und Dienstleistungen ist im Prinzip eine akzeptierte Herangehensweise. UAPs haben seit<br />

Jahrzehnten die Anwendung von Marktmechanismen befürwortet, damit <strong>der</strong> Markt für die Umwelt<br />

arbeitet. Dies wurde in politischen Papieren wie dem Grünbuch „Marktwirtschaftliche Instrumente<br />

für umweltpolitische und damit verbundene politische Ziele“ (2007) und dem<br />

Energieeffizienzaktionsplan (2006) aufgegriffen.<br />

Marktwirtschaftliche Instrumente können wie folgend unterteilt werden:<br />

Steuern<br />

Gebühren, Abgaben<br />

Subventionen<br />

Emissionshandel<br />

Kennzeichnung und an<strong>der</strong>e Informationsinstrumente für Verbraucher<br />

Grüne öffentliche Beschaffung<br />

18


Bisher ist <strong>der</strong> Erfolg <strong>der</strong> <strong>EU</strong> bei <strong>der</strong> Einführung von Marktinstrumenten gering. Auf <strong>EU</strong>-Ebene gibt es<br />

den Emissionshandel (ETS) für CO2 und die Energiesteuerrichtlinie, die beide Schwächen aufweisen.<br />

Mehrere Mitgliedstaaten stellen sich entschieden gegen <strong>EU</strong>-Initiativen zur Einführung von<br />

Ökosteuern, weil sie solche Instrumente als ausschließlich national ansehen. Obwohl auf nationaler<br />

Ebene Ökosteuern, Gebühren o<strong>der</strong> Systeme zum Handel mit Emissionsrechten verbreiteter sind, hat<br />

<strong>der</strong> Anteil dieser Maßnahmen am BIP seit 2004 laut Kommission abgenommen.<br />

Da Steuerpolitiken auf <strong>EU</strong>-Ebene die Einstimmigkeit <strong>der</strong> Mitgliedstaaten benötigen und das<br />

Europäische Parlament keinen Druck ausüben kann, stagniert dieser Bereich. Die Ökosteuerrichtlinie<br />

von 2003 ist mit vielen Schwächen verabschiedet worden und die Verhandlungen über die<br />

anstehende Revision drohen im Sande zu verlaufen o<strong>der</strong> zu einer Richtlinie mit geringer<br />

Durchschlagskraft zu führen.<br />

Die Einführung einer ökologischen Steuerreform in <strong>der</strong> <strong>EU</strong> ist am besten über eine Rahmenrichtlinie<br />

zu erreichen, die eine Mindesthöhe für bestimmte Ökosteuern festlegt und eine soziale<br />

Kompensationspolitik umreißt, darunter auch die Senkung an<strong>der</strong>er Steuern o<strong>der</strong> Prämien.<br />

2006 hat <strong>der</strong> Europäische Rat im Zuge <strong>der</strong> Überarbeitung <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Strategie zu Nachhaltiger<br />

Entwicklung die Kommission aufgefor<strong>der</strong>t, bis 2008 einen Fahrplan zur Reform von ökologisch<br />

schädlichen Subventionen vorzulegen, um diese dann schrittweise abzuschaffen. Die Kommission hat<br />

zwar vorbereitende Arbeit geleistet,, einen Fahrplan hat sie jedoch nicht veröffentlicht. Die einzige<br />

jüngere Aktivität <strong>der</strong> Kommission zu Beihilfen ist <strong>der</strong> mittlerweile durch Druck aus Deutschland<br />

aufgeweichte Vorschlag zum Stopp von Kohlesubventionen.<br />

Direkte und indirekte umweltschädliche Subventionen untergraben noch immer die Bemühungen um<br />

einen Wechsel zu einer ökologisch verträglichen Wirtschaft.<br />

Freiwillige Abkommen wie das Abkommen mit den europäischen Autoherstellern zur Verringerung<br />

des CO2-Ausstoßes, erweisen sich oftmals als komplette Fehlschläge. Das EEB und die deutschen<br />

Umweltverbände sprechen sich gegen freiwillige Abkommen aus, wenn sie an Stelle von<br />

verbindlicher Gesetzgebung o<strong>der</strong> Marktinstrumenten eingesetzt werden.<br />

Grüne öffentliche Beschaffung kann eine wichtige Rolle bei <strong>der</strong> Entwicklung von Märkten für<br />

ökologische Produkte und Dienstleistungen spielen. Es ist wichtig, dass <strong>EU</strong>-Regelungen dies<br />

unterstützen und gleichzeitig Mindestkriterien dafür festlegen, was als „grüne“ öffentliche<br />

Beschaffung gelten darf. Allerdings basieren die Politiken in diesem Bereich auf <strong>EU</strong>-Ebene bisher nur<br />

auf freiwilligen zwischenstaatlichen Einigungen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten. Die Kommission entwickelt<br />

dabei Kriterien für die grüne öffentliche Beschaffung auf nationaler Ebene. Lei<strong>der</strong> sind diese Kriterien<br />

schwach und scheitern daher als starker Signalgeber an den Markt.<br />

Das 7. UAP sollte folgende Schwerpunkte setzen:<br />

Eine systematische För<strong>der</strong>ung von ökologischer Besteuerung, darunter ermäßigte Sätze für<br />

umweltfreundliche Güter und Dienstleistungen.<br />

Bis 2020 eine Verschiebung um mindestens 10 Prozent des nationalen Steuereinkommens<br />

weg von Arbeit hin zu Umweltbelastungen, Rohstoffnutzung und Kapital. Dies sollte<br />

möglichst durch Einführung einer Ökosteuer-Rahmenrichtlinie geschehen. Eine Alternative<br />

19


wäre die Offene Methode <strong>der</strong> Koordinierung (OMK) in Kombination mit verstärkter<br />

Zusammenarbeit mit einem starken Mandat für die Kommission zur Überprüfung, Beratung<br />

und Auswertung, durch die die nationalen Steuerpolitiken koordiniert werden.<br />

Eine hochrangige Beratungsgruppe zur Einführung von marktwirtschaftlichen Instrumenten<br />

um den Stillstand in <strong>der</strong> <strong>EU</strong> in diesem Bereich aufzubrechen.<br />

Stopp o<strong>der</strong> Umleitung sämtlicher öffentlicher Mittel, die den <strong>EU</strong>-Umweltzielen auch global<br />

entgegenstehen o<strong>der</strong> die den Rohstoff- und Energieverbrauch steigern. Die Regeln <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<br />

Institutionen im Hinblick darauf prüfen.<br />

Ein verbessertes System für den Emissionshandel, zusätzlich zu einem breiteren Steuerpaket,<br />

um absolute Emissionsverringerungen zu erreichen und gleichzeitig effiziente, nachhaltige<br />

Technologien zu för<strong>der</strong>n. Dazu zügiger zu einer hun<strong>der</strong>tprozentigen Versteigerung <strong>der</strong><br />

Emissionszertifikate übergehen.<br />

Ein Fahrplan für das Auslaufen aller direkter und indirekter umweltschädlicher Subventionen<br />

in <strong>der</strong> <strong>EU</strong>, wo nötig begleitet von Maßnahmen, die ungewollte soziale Folgen abfe<strong>der</strong>n.<br />

Ein überarbeiteter gesetzlicher Rahmen für grüne öffentliche Beschaffung mit <strong>EU</strong>-weiten<br />

verbindlichen und ehrgeizigen Kriterien, mit dem Ziel so schnell wie möglich eine<br />

hun<strong>der</strong>tprozentig grüne Auftragsvergabe zu erreichen. Um Missbrauch des Konzepts zu<br />

vermeiden, muss es klare Definitionen für „grüne“ Produkte und Dienstleistungen geben.<br />

Programme zur grünen öffentlichen Beschaffung, insbeson<strong>der</strong>e für öffentliche Gebäude und<br />

Dienstleistungen, die Minimumstandards für Energieeffizienz festlegen.<br />

Das EEB und die deutschen Umweltverbände unterstützen die systematische Anwendung des<br />

Verursacherprinzips in <strong>der</strong> gesamten Wirtschaft. Es sollte aber das Vorsorge- und das<br />

Vermeidungsprinzip nicht ersetzen.<br />

4.c. Steuerung von nachhaltiger Innovation<br />

Innovation gilt mehr und mehr als Schlüssel zu europäischer Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftlicher<br />

Erholung und als Lösung für soziale und Umweltprobleme. Meistens wird es als Synonym für<br />

technologische Innovation verwendet, <strong>der</strong> Prozess durch den neue o<strong>der</strong> verbesserte Technologien<br />

entwickelt und weiter verbreitet werden. Allerdings ist auch soziale Innovation notwendig, damit die<br />

Gesellschaft sich an ökologische Herausfor<strong>der</strong>ungen anpassen kann.<br />

Ein Beispiel für nicht gelungene Integration von ökologischen und sozialen Herausfor<strong>der</strong>ungen ist die<br />

Nanotechnologie. Nanotechnologien und Nanomaterialien stellen eine <strong>der</strong> neuesten und<br />

umstrittensten technologischen Innovationen dar. Nanomaterialien werden als Nanotechnologien<br />

<strong>der</strong> ersten Generation gesehen und haben wahrscheinlich die einfachsten Strukturen, weil sie aus<br />

traditionellen Grundmaterialien bestehen, nur in Nanogröße. Durch den Übergang in die nächste<br />

Generation von Nanotechnologieanwendungen, wird es immer schwieriger ihre Auswirkungen zu<br />

prüfen, weil sie mit an<strong>der</strong>en Technologien zu Hybrid-Technologien vermischt werden. Solche<br />

Kombinationen werden oft konvergierende Technologien genannt.<br />

Nanotechnologien und Nanomaterialien machen neue Formen von Steuerungsansätzen,<br />

Instrumenten und Behörden notwendig. Die neuen Ansätze gehen weg von <strong>der</strong> aktuellen<br />

20


Konzentration auf Risikoprüfung auf Basis wissenschaftlicher Beweise hin zu Herangehensweisen, die<br />

anpassungsfähiger sind und die Richtung und Anwendung von Innovationen untersuchen.<br />

Regierungen haben für Nanotechnologien das Konzept „verantwortliche Entwicklung“ verfolgt, ohne<br />

die For<strong>der</strong>ung nach einer vorsichtigeren, vorbeugenden Herangehensweise zu berücksichtigen.<br />

„Verantwortliche Entwicklung“ hat das Ziel, Risikoforschung neben o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong><br />

Kommerzialisierung von Nanotechnologieprodukten durchzuführen. Viele Firmen und Behörden sind<br />

<strong>der</strong> Ansicht, dass es keine nano-spezifischen Verordnungen geben soll, solange es keine weiteren<br />

Informationen über die Schädlichkeit von Nanomaterialien gibt. Diese Herangehensweise verschiebt<br />

die Beweispflicht von Nanotechnologie Herstellern auf die Gesellschaft, die dann die möglichen<br />

Risiken tragen muss.<br />

Innovation hat, wie in <strong>der</strong> Europa-2020-Strategie dargestellt, das Potenzial, viele <strong>der</strong> großen<br />

gesellschaftlichen Herausfor<strong>der</strong>ungen zu lösen. Das wird aber nicht allein durch Innovation<br />

funktionieren. Es ist notwendig, Innovation hin zu langfristigeren Zielen zu leiten. Zudem müssen<br />

Marktbedingungen geschaffen werden, die ausreichende Anreize für Innovation auf hohem Niveau<br />

schaffen und die mit Nachdruck die großen gesellschaftlichen Herausfor<strong>der</strong>ungen anpacken.<br />

Langfristige Ziele sollten eine Verringerung <strong>der</strong> CO2-Emissionen um 80 o<strong>der</strong> 100 Prozent sein und<br />

nicht, wie im aktuellen politischen Rahmen, 20 Prozent. Auch für Materialproduktivität könnte eine<br />

zehnfache Steigerung statt einfach „besserer“ Effizienz das Ziel sein.<br />

Das 7. UAP sollte die Rolle von Innovation in <strong>der</strong> Bewältigung <strong>der</strong> großen gesellschaftlichen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen anerkennen und einen Prozess anstoßen, <strong>der</strong> mittel- und langfristige Ziele zur<br />

Leitung von Innovation herausarbeitet.<br />

Das 7. UAP sollte bezüglich <strong>der</strong> Steuerung von nachhaltiger Innovation folgendes beinhalten:<br />

Eine umsichtige Herangehensweise mit Analysen, ob man auf bestehende Technologie<br />

zurückgreifen kann o<strong>der</strong> tatsächlich neue High-Tech-Lösungen braucht. Dann sollten<br />

Politiken, die solche Innovationen generieren, eingeführt und gestärkt werden. Aufgabe <strong>der</strong><br />

Politiker ist es Ziele zu definieren, denen die Technologien dienen sollen.<br />

Ein Rahmen mit Leitlinien für die Aufsicht – dies würde dabei helfen, die potenziellen Nutzen<br />

und Risiken von Innovation vor <strong>der</strong> Nutzung zu unterstreichen.<br />

Technologieprüfung – dies ist eine systematische Methode, um zukünftige<br />

Technologieentwicklungen und ihren potenziellen Nutzen für die Gesellschaft zu<br />

untersuchen.<br />

Ethik – die ethischen Fragestellungen, die künftige Generationen von Nano- und<br />

konvergierenden Technologien aufwerfen, müssen berücksichtigt werden.<br />

Öffentliche Beteiligung – Innovation ist in einer breiteren gesellschaftlichen Perspektive<br />

einzuordnen.<br />

Frühwarnsysteme – ein Innovationssteuerungssystem muss vorausschauend und anpassbar<br />

sein. Solch ein System würde dabei helfen, nützlichere, sichere und sozial sinnvollere<br />

Anwendungen zu identifizieren und zu entwickeln und dabei sicherzustellen, dass diese<br />

neuen Technologien besser in die Gesellschaft integriert und nachhaltig überwacht werden<br />

und das Vorsorgeprinzip beinhalten.<br />

21


4.d. Bessere Umsetzungskontrolle durch die Mobilisierung von<br />

BürgerInnen und institutionelle Innovation<br />

Die <strong>EU</strong> ist zu einem zentralen „Motor“ für die <strong>Umweltpolitik</strong> ihrer Mitgliedstaaten geworden. Ein<br />

Großteil nationaler Umweltgesetze sind umgesetzte <strong>EU</strong>-Richtlinien und bei Produkten kommen<br />

Verordnungen und Entscheidungen direkt „aus Brüssel“ und sind für die Mitgliedstaaten bindend.<br />

<strong>EU</strong>-Finanzierungs- und <strong>Koordination</strong>saktivitäten unterstützen die Entwicklung und Anwendung von<br />

Umweltgesetzgebung und -technologie. <strong>Koordination</strong> durch die <strong>EU</strong> ersetzt internationale Aktivitäten<br />

von Einzelstaaten mehr und mehr.<br />

Dennoch sehen die meisten BürgerInnen die <strong>EU</strong> noch immer als weit weg an und halten sie oftmals<br />

für eine bürokratische Maschine. Daher wird <strong>EU</strong>-<strong>Umweltpolitik</strong> oft als „von Brüssel“ auferlegt<br />

empfunden – selbst von PolitikerInnen, die die Entscheidungsprozesse mit Einbindung <strong>der</strong> nationalen<br />

Regierungen und ihrer KollegInnen im Europaparlament ganz genau kennen. Zudem weist die <strong>EU</strong>-<br />

<strong>Umweltpolitik</strong> eine weitere Schwäche auf: Die begrenzten Umsetzungskontrollmechanismen, die <strong>der</strong><br />

Kommission zur Verfügung stehen. Gleichzeitig zeigen Umfragewerte, dass die Öffentlichkeit eine<br />

Führungsrolle <strong>der</strong> <strong>EU</strong> beim Angehen von Umweltproblemen erwartet und ihre Legitimität dieser<br />

Rolle hoch ist.<br />

Die aktive Einbeziehung und Unterstützung <strong>der</strong> Öffentlichkeit ist daher äußerst wichtig für<br />

erfolgreiche <strong>EU</strong>-Umweltmaßnahmen. Zivilgesellschaftliche Organisationen können eine<br />

entscheidende Rolle als Schnittstelle zwischen <strong>der</strong> Öffentlichkeit und den <strong>EU</strong>-Institutionen spielen<br />

und sich im Entscheidungsprozess einbringen, aber auch dafür sorgen, dass Umweltmaßnahmen<br />

angewendet werden.<br />

Anstelle von eigenen Inspektoren, kann die <strong>EU</strong> Informationen von Bürgern nutzen.<br />

Umweltorganisationen können bei Verstößen o<strong>der</strong> nicht korrekter Anwendung o<strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong><br />

europäischen Umweltgesetzgebung Beschwerden gegen ihre lokalen o<strong>der</strong> nationalen Behörden<br />

einreichen. Laut Kommissionberichten sind diese Beschwerden wichtige Informationsquellen.<br />

Allerdings sind NGOs oftmals unzufrieden mit <strong>der</strong> Reaktionsgeschwindigkeit <strong>der</strong> Kommission.<br />

Vorsorge ist besser als Nachsorge. Transparenz und öffentliche Beteiligung in ökologisch relevanten<br />

Entscheidungsfindungen ist entscheidend, um die Öffentlichkeit in die Vorbereitung von Projekten,<br />

infrastruktureller und regionaler Planung, Maßnahmen und Gesetzgebungen einzubeziehen. Im<br />

vergangenen Jahrzehnt sind die <strong>EU</strong> und die Mitgliedstaaten <strong>der</strong> Aarhus Konvention beigetreten.<br />

Neue Gesetze wurden verabschiedet, um den <strong>EU</strong>-Acquis an Aarhus anzupassen, insbeson<strong>der</strong>e in den<br />

Bereichen Zugang zu Umweltinformationen, Öffentlichkeitsbeteiligung bei Projekten mit<br />

Umweltauswirkungen und die Anwendung von Aarhus durch <strong>EU</strong>-Institutionen und Einrichtungen. Ein<br />

Vorschlag zu einer Richtlinie über den Zugang zu Gerichten bei Projekten mit Umweltrelevanz liegt<br />

jedoch seit 2003 beim Umweltrat und auch das Klagerecht für Umwelt-NGOs ist auf <strong>EU</strong>-Ebene nicht<br />

gut gewährleistet. Vor allem Regelungen zu öffentlicher Beteiligung und <strong>der</strong> Zugang zu Gerichten<br />

entsprechen in vielen <strong>EU</strong>-Mitgliedstaaten nicht den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Konvention. In den<br />

kommenden Monaten wird ein Urteil des EuGH erwartet zum Klagerecht für Umweltverbände auf<br />

<strong>EU</strong>-Ebene. Der Schlussantrag <strong>der</strong> Generalanwältin geht dabei aus Sicht <strong>der</strong> Umweltverbände in die<br />

richtige Richtung. Eine aktive öffentliche Beteiligung sollte deshalb ein weiteres Schlüsselelement des<br />

7. UAP werden. Zudem sollten <strong>der</strong> Kommission mehr Mittel und Kompetenzen zur Durchsetzung von<br />

22


<strong>EU</strong>-Umweltgesetzen zur Verfügung stehen. Indem eine bessere Umsetzung zum Standard in <strong>der</strong> <strong>EU</strong><br />

wird, wird die Wirkung von Umweltmaßnahmen erhöht und faire Wettbewerbsbedingungen für die<br />

Wirtschaft sichergestellt. Dies ist auch für die öffentliche Wirkung <strong>der</strong> <strong>EU</strong> auch über ihre Grenzen<br />

hinaus von Vorteil.<br />

Das 7. UAP sollte deshalb:<br />

Die wichtige Rolle von ökologischen Bürgerinitiativen in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von effektiven<br />

umweltpolitischen Maßnahmen in <strong>der</strong> <strong>EU</strong> unterstreichen – sowohl gegenüber<br />

Entscheidungsträgern als auch <strong>der</strong> Öffentlichkeit.<br />

Durchsetzung von <strong>EU</strong>-Umweltrecht zu einer Priorität machen und konkrete Vorschläge<br />

machen, wie Unterstützung und rechtliche Schritte eine wirkliche Umsetzung von <strong>EU</strong>-Recht<br />

vor Ort verbessern können, inklusive eines Mandats und Kapazitäten für ein Inspektorat für<br />

<strong>EU</strong>-Umweltrecht.<br />

Systematische Weiterbildungen und den Austausch von Best Practice zwischen umsetzenden<br />

Behörden auf eine transparente Art und Weise organisieren.<br />

Eine kritische Auswertung <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Aarhus Konvention in <strong>der</strong> <strong>EU</strong> durchführen, vor<br />

allem im Hinblick auf Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gerichten. Der Vorschlag zur<br />

Richtlinie über den Zugang zu Gerichten sollte mit den Än<strong>der</strong>ungen des Europaparlaments<br />

von 2004 verabschiedet werden (wie vom Europaparlament 2004 abgeän<strong>der</strong>t).<br />

Das Recht für Umweltorganisationen beim Gerichtshof (EuGH) das Gemeingut Umweltschutz<br />

einzufor<strong>der</strong>n, wie dies im <strong>EU</strong>-Acquis dargelegt ist.<br />

Mehr Transparenz für Beschwerdeführer einfor<strong>der</strong>n, darüber wie die <strong>EU</strong>-Kommission mit <strong>der</strong><br />

eingegangenen Beschwerde verfährt.<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!