medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios
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Medtropole | Ausgabe 22 | Juli 2010<br />
Das erworbene<br />
von Willebrand-Syndrom<br />
Prof. Dr. Ulrich Budde, Dr. Sonja Schneppenheim, Dr. Hala El Abd-Müller, Dr. Rita Dittmer<br />
Das 1926 erstmals durch Erik von Willebrand beschriebene von Willebrand-Syndrom (VWS) ist die häufigste<br />
vererbbare Bluterkrankheit, die Männer und Frauen aller Ethnien gleichermaßen betrifft. Das erworbene VWS<br />
gilt als sehr viel seltener und wurde daher deutlich später erstmals beschrieben. Es ist davon <strong>aus</strong>zugehen, dass es<br />
häufig übersehen wird, vor allem wenn Erfahrungen mit diesen Patienten fehlen. Grundsätzlich können alle<br />
Disziplinen mit diesen Patienten in Kontakt kommen und bei vielen wird die Diagnose noch nicht gestellt sein.<br />
Daher ist es wichtig, die Aufmerksamkeit auf diese Hämostasestörung zu wecken und diagnostische Wege<br />
aufzuzeigen. Vor allem ist es wichtig zu wissen, dass Blutungen nicht nur durch erniedrigte Gerinnungseiweiße<br />
<strong>aus</strong>gelöst werden können, son<strong>der</strong>n auch bei nicht selten exzessiv erhöhten Faktoren, wenn diese Faktoren<br />
dysfunktionell sind.<br />
Synthese und Funktion des<br />
von Willebrand-Faktors (VWF)<br />
Syntheseorte <strong>für</strong> den VWF sind <strong>aus</strong>schließlich<br />
Endothelzellen und Megakariozyten.<br />
Die Synthesewege sind komplex (Abb. 1)<br />
und es entstehen Multimere gleicher<br />
Zusammensetzung, jedoch, abhängig von<br />
<strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Monomere, unterschiedlicher<br />
Größe zwischen 500 – 20000 KD.<br />
Die Größe <strong>der</strong> Multimere wird durch die<br />
Metalloprotease (ADAMTS13) reguliert.<br />
Der im Blut zirkulierende VWF ist das Produkt<br />
<strong>aus</strong> Synthese, Speicherung, Sekretion<br />
und Modifikation im Kreislauf. Der VWF<br />
bewirkt gemeinsam mit dem subendothelialen<br />
Collagen und Thrombozyten den primären<br />
Wundverschluss.<br />
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Pathomechanismus und häufigste<br />
Grundkrankheiten des erworbenen von<br />
Willebrand-Syndroms (eVWS)<br />
Bei den meisten Patienten mit eVWS wird<br />
<strong>der</strong> VWF in normaler, nicht selten sogar<br />
erhöhter Konzentration synthetisiert und<br />
ins Plasma sekretiert. Die quantitativen<br />
und/o<strong>der</strong> qualitativen Verän<strong>der</strong>ungen des<br />
VWF entstehen erst nach <strong>der</strong> Synthese<br />
durch unterschiedliche Pathomechanismen,<br />
die typisch <strong>für</strong> die jeweiligen Erkrankungen<br />
sind, jedoch nicht selten in Kombination<br />
auftreten (Tab. 1).<br />
Durch (1) pathologisch erhöhten Scherstress<br />
wird <strong>der</strong> VWF aktiviert und bindet<br />
vermehrt an seine Rezeptoren. Der gebundene<br />
VWF unterliegt anschließend einer<br />
Proteolyse durch ADAMTS13, die zu<br />
einem Verlust <strong>der</strong> großen Multimere und<br />
gesteigerter Bildung proteolytischer Fragmente<br />
führt. Das eVWS bei angeborenen<br />
Herzfehlern wurde bereits 1986 beschrie-<br />
ben. [4]<br />
Im Erwachsenenalter fallen vor allem<br />
Patienten mit Aortenstenosen [10] durch eine<br />
hämorrhagische Diathese auf. Die Koinzidenz<br />
von Aortenstenose und gastrointestinalen<br />
Blutungen ist als Heyde Syndrom<br />
(1958) bekannt. Aktuelle Publikationen [9]<br />
berichten vor allem bei Herzunterstützungssystemen<br />
(sog. künstlichen Herzen)<br />
über gravierende, sogar tödliche Blutungskomplikationen<br />
(Abb. 2). Ein weiterer<br />
Mechanismus <strong>für</strong> ein eVWS im höheren<br />
Alter ist die durch arteriosklerotische Prozesse<br />
induzierte zunehmende Einengung<br />
des Gefäßlumens im arteriellen Gefäßsystem.<br />
Erreicht hierdurch <strong>der</strong> Scherstress<br />
pathologische Werte, kommt es zum Verlust<br />
großer Multimere.<br />
Bei krankhaft erhöhten Thrombozytenzahlen<br />
sind die (2) Rezeptoren auf <strong>der</strong> Thrombozytenoberfläche<br />
expandiert. Die an sich<br />
physiologische Adhäsion in Gebieten mit<br />
hohem Scherstress entfernt dadurch<br />
vermehrt die beson<strong>der</strong>s aktiven großen<br />
Multimere <strong>aus</strong> dem Plasma. Auch hier<br />
werden sie nach erfolgter Bindung durch<br />
ADAMTS13 proteolysiert, so endgültig <strong>aus</strong>