23.10.2012 Aufrufe

Abschied vom Erinnern – Leben mit Demenz - Asklepios

Abschied vom Erinnern – Leben mit Demenz - Asklepios

Abschied vom Erinnern – Leben mit Demenz - Asklepios

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Titelthema<br />

<strong>Abschied</strong> <strong>vom</strong> <strong>Erinnern</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />

Derzeit ist in der Bundesrepublik über eine Million Menschen an einer <strong>Demenz</strong> erkrankt, zwei Drittel von ihnen<br />

leiden unter Alzheimer. Die Prognose ist erschreckend: Bereits in 20 Jahren soll es in Deutschland mehr als zwei Millionen<br />

Menschen <strong>mit</strong> einer <strong>Demenz</strong> geben. <strong>Asklepios</strong> intern sprach über diese Entwicklung <strong>mit</strong> Dr. Claus Wächtler,<br />

Chefarzt der V. Psychiatrischen Abteilung der <strong>Asklepios</strong> Klinik Nord.<br />

<strong>Asklepios</strong> Intern: Kann jeder Mensch an einer <strong>Demenz</strong> erkranken?<br />

Dr. Claus Wächtler: Der größte und relevanteste Risikofaktor<br />

ist und bleibt ein hohes <strong>Leben</strong>salter. Im Alter steigt die Anzahl<br />

der Erkrankungen exponenziell an. Derzeit ist ein Fünftel aller<br />

Deutschen über 65 Jahre alt, in 20 Jahren werden es fast 35<br />

Prozent sein. Es wird also in zwei Jahrzehnten auch mehr Menschen<br />

geben, die an <strong>Demenz</strong> erkranken.<br />

In drei Prozent aller Fälle ist eine genetische Veranlagung die<br />

Ursache der Erkrankung. Die genetische Botschaft setzt sich<br />

dann zu 100 Prozent durch.<br />

Was passiert im Gehirn eines <strong>Demenz</strong>-Betroffenen?<br />

Die Veränderungsprozesse im Gehirn eines <strong>Demenz</strong>erkrankten<br />

beginnen bereits 30 Jahre vor Ausbruch der Erkrankung. Ursache<br />

ist die Produktion abnormer, giftiger Eiweißmoleküle, die<br />

den Hippocampus, den Kurzzeitspeicher des Gehirns, durchdringen.<br />

Später sind auch weitere Teile des Gehirns betroffen.<br />

Nervenzelle um Nervenzelle stirbt ab, ihre Funktion für das Gehirn<br />

erlischt. Dadurch können all die Dinge, die der <strong>Demenz</strong>kranke<br />

liest, hört und sagt, nicht mehr gespeichert und an die<br />

anderen Teile des Gehirns weitergeleitet werden. Erinnerungen,<br />

Gedanken und das Gedächtnis gehen für immer verloren.<br />

Welche typischen Merkmale prägen eine <strong>Demenz</strong>?<br />

Häufig werden die Anfänge einer <strong>Demenz</strong> von Angehörigen<br />

und auch Hausärzten nicht adäquat wahrgenommen und <strong>mit</strong><br />

der gutartigen „Alterstütteligkeit“ verwechselt. Das Kernsymptom<br />

ist jedoch eine rasante Zunahme der Vergesslichkeit.<br />

Absprachen, Termine, Namen und Bezeichnungen werden<br />

vergessen. Später treten Wortfindungsstörungen auf, die rasch<br />

zunehmen. Es beginnen räumliche Orientierungsstörungen.<br />

Orte, die bisher vertraut waren, werden nicht mehr erkannt.<br />

<strong>Demenz</strong>kranke verlaufen sich im Stadtbezirk, in dem sie seit 30<br />

Jahren leben. Sie finden den Supermarkt nicht mehr, in dem sie<br />

seit 20 Jahren einkaufen, und sie suchen nach ihrem Haus, das<br />

sie selbst gebaut haben. Auch das Autofahren muss aufgegeben<br />

werden.<br />

Beim Ausbruch der Erkrankung werden die meisten Symptome<br />

von den Betroffenen noch sehr bewusst wahrgenommen. Das<br />

kann zu Depressionen, Ungeduld, Angst und Gereiztheit führen.<br />

Einige Patienten sind überfordert und werden laut, manche<br />

furchtsam und traurig. <strong>Demenz</strong> kann langsam voranschreiten<br />

oder schnell. Sie ist unberechenbar und kann unver<strong>mit</strong>telt ihr<br />

Tempo wechseln. Sicher ist nur eines: Sie verkürzt das <strong>Leben</strong>.<br />

6 <strong>Asklepios</strong> intern 38/2008 <strong>Asklepios</strong> intern 38/2008 7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!