Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und ... - Familientext.de
2.2.3 Soziodemographische Merkmale und hilfebezogene Kriterien
Gerichtsanhängigkeit
Anwaltliche Vertretung
Die Forschungsergebnisse des Projekts »Kinderschutz bei hochstrittiger Elternschaft«
zeigen, dass soziodemographische Merkmale keinen Einfluss auf
die Hochkonflikthaftigkeit von Eltern in Trennung und Scheidung ausüben.
Weder Alter noch Geschlecht, Herkunft, Bildungsgrad und kultureller Hintergrund
spielen eine Rolle. Dasselbe gilt für Faktoren, wie Erwerbstätigkeit,
früheren und aktuellen Familienstatus sowie biographische Umbrüche wie Migration
und Trennung/Scheidung in der Herkunftsfamilie.
Hochkonflikthafte Eltern lassen sich auch nicht dadurch typisieren, ob sie
eine Ehe-, Familie- und Lebensberatung, eine Erziehungsberatung oder eine
integrierte Beratung in Anspruch nehmen. Als unbedeutsam erweisen sich
weiterhin die Fragen, ob die Eltern aus eigener Initiative kommen oder vom
Gericht/Jugendamt geschickt werden, ob die Beratung aktuell stattfindet oder
bereits abgeschlossen ist und ob jemals eine Paarberatung durchgeführt wurde
oder nicht.
Als durchaus bedeutsam für das Erkennen hochkonflikthafter Eltern erweisen
sich hingegen die Gerichtsanhängigkeit und die Zahl der bisherigen
anwaltlichen Vertretungen.
Hinweis:
Um hochkonflikthafte Eltern zu erkennen, sollte im Hinblick auf diese Forschungsergebnisse
auf Folgendes geachtet werden:
• aktuelle oder abgeschlossene familiengerichtliche Verfahren zu Umgangsund
Sorgefragen
• Eigene/keine Rechtsvertretung und Häufigkeit ihres Wechsels
Im Hinblick auf gerichtliche Verfahren zeigen hochkonflikthafte Eltern einen
höheren Regelungsbedarf in Sorge- und Umgangsfragen als andere Eltern in
Trennung und Scheidung. Insbesondere ist die Zahl der außergerichtlichen
Einigungen bei ihnen geringer, die Zahl der offenen und abgeschlossenen gerichtlichen
Verfahren höher. Auch eine Unzufriedenheit mit der bisherigen Regelung
kann als typisches Merkmal von Hochkonflikthaftigkeit festgehalten
werden. Damit scheinen Neuregelungen von Sorge- und Umgangsfragen für
die hochkonflikthaften Eltern subjektiv notwendig zu sein. Gleichzeitig ist es
deutlich schwieriger für sie, Neuregelungen autonom, ohne professionelle Hilfe,
zu erzielen.
Die Inanspruchnahme einer anwaltlichen Vertretung und insbesondere der
Wechsel von Rechtsanwälten sind ebenfalls Anhaltspunkte für bestehende
Hochkonflikthaftigkeit der Eltern. Jedoch ist hier Vorsicht geboten: Die Richtung
von Ursache und Wirkung lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Mit
steigender Konflikthaftigkeit der Eltern nimmt auch deren Bereitschaft zu,
17 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung für die Praxis
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