Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und ... - Familientext.de
selten ist dazu eine gründliche Diagnostik von belasteten Kindern notwendig
und in einigen Fällen auch das Angebot spezifischer Hilfen für Kinder
(s. Kapitel 3).
• Bewältigungsfähigkeiten statt Beziehungsstreitigkeiten: Nicht selten kommen
zerstrittene Eltern – aus eigenem Antrieb oder auf Zuweisung von Gericht
oder Jugendamt – mit einem doppelten Auftrag: konkrete Regelungen zu
finden und ihre »Kommunikation zu verbessern«. Gleichzeitig kommen sie
mit einer belastenden Beziehungsgeschichte von Enttäuschungen, Verletzungen
und Rachegefühlen. Hochkonfliktberatung wird versuchen müssen,
Fähigkeiten bei den Eltern zu verbessern, ohne Differenzen über die Vergangenheit
klären zu können. Hierzu sollten konkrete Regelungen gesucht
und ausprobiert werden, um die Eltern unmittelbar zu entlasten. Erzieherische
Defizite in der Belastungssituation müssen erkannt und bearbeitet
werden, was wiederum Eltern und Kinder entlastet.
Hinweis:
Der Beratung sollte es gelingen, bei den Eltern die Fähigkeiten zum Aushalten
und Bewältigen gegenseitiger negativer Emotionen zu stärken, um dadurch die
Elternbeziehung belastbarer zu machen.
• Iteration (Wiederholung) statt Interpunktion: Alle fachlichen Beteiligten
werden in der Arbeit mit Hochkonfliktfamilien damit konfrontiert werden,
dass eine dauerhafte Lösung in einigen Familien nicht zu finden ist. Einvernehmen
ist kein dauerhafter Zustand, sondern ein Prozess, der immer wieder
erarbeitet werden muss. Häufig sind Lösungen nur für einen begrenzten
Zeitraum tragfähig, und die Eltern sind nach ein oder zwei Jahren wieder
in Konflikte verstrickt. Hilfe bedeutet hier, immer wieder beraterisch und
gerichtlich zu intervenieren und sowohl Eltern als auch den Kinder Unterstützung
anzubieten (s. Kapitel 2)
• Indikationen statt Illusionen: Zu einer angemessenen Sicht auf realistische
Interventionsziele gehört auch die Entwicklung von nachvollziehbaren Indikationen
für einzelne Interventionen. ScheidungsforscherInnen und MediatorInnen
machen darauf aufmerksam, dass das Konfliktniveau dafür
entscheidend ist, ob einer Familie Mediation hilft oder ob sie eine gerichtliche
Entscheidung braucht. Beratung wird sich auf einem Feld dazwischen
ansiedeln und mit den zuständigen Gerichten und Jugendämtern klären
müssen, welche Fälle für Beratung geeignet sind und welche nicht.
• Fachkräfte koordinieren statt fachliche Unterschiede planieren: Beratungsstellen
sind an vielen Orten Mitglieder interdisziplinärer Arbeitskreise. Sie
arbeiten ohnehin mit zuweisenden Jugendämtern zusammen und werden
zunehmend auch fallspezifische Kooperationen mit dem Gericht aufbauen
(s. Kapitel 5). Diese Kooperation braucht Synchronisation von Arbeitsabläufen.
Gleichzeitig ist es notwendig, fachspezifische Besonderheiten zu
bewahren.
45 Arbeit mit hochkonflikthaften Trennungs- und Scheidungsfamilien: Eine Handreichung für die Praxis
4.5.2