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Grundbegriffe des Haushaltsrechts* - Ja-Aktuell

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AUFSATZ Öffentliches Recht Staatsrecht<br />

mungen decken, in Einzelfragen aber auch abweichen. 4 Haushaltsrechtlich<br />

bedeutsam sind auch das »Gesetz zur Förderung<br />

der Stabilität und <strong>des</strong> Wachstums der Wirtschaft« (StWG) 5 sowie<br />

europarechtliche Vorgaben für die Haushaltswirtschaft im Vertrag<br />

zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG). 6 Außer Betracht<br />

bleiben sollen an dieser Stelle das Haushaltsrecht der Gemeinden<br />

und der sonstigen juristischen Personen <strong>des</strong> öffentlichen<br />

Rechts, die befugt sind, über den eigenen Haushalt selbst zu<br />

bestimmen.<br />

B. HAUSHALT<br />

Unter Haushalt versteht man das gemeinsame Wirtschaften der<br />

in einer Gruppe lebenden Personen, insb einer Familie. 7 Da auch<br />

Staaten als Körperschaften <strong>des</strong> öffentlichen Rechts sich aus<br />

natürlichen Personen zusammensetzen, nämlich den Staatsbürgerinnen<br />

und -bürgern, bezeichnet man auch ihr Wirtschaften als<br />

Haushalt.<br />

I. Haushaltsgesetz<br />

Anders als die meisten Familien wirtschaftet der Staat allerdings<br />

nach einem komplexen, schriftlichen und vor allem vorausschauenden<br />

Wirtschaftsplan, dem Haushaltsplan. Der Haushaltsplan<br />

dient der Feststellung und Deckung <strong>des</strong> Finanzbedarfs, der zur<br />

Erfüllung der Aufgaben im Bewilligungszeitraum voraussichtlich<br />

erforderlich ist (vgl § 2 S 1 HGrG). In ihn – und nur in ihn – sind<br />

alle Einnahmen und Ausgaben einzustellen (Art 110 I 1 GG, sog<br />

Grundsatz der Einheitlichkeit und Vollständigkeit).<br />

Der Haushaltsplan für den Bund wird durch ein Bun<strong>des</strong>gesetz<br />

(Art 110 II 1 GG) und die Haushaltspläne der Länder werden<br />

jeweils durch Lan<strong>des</strong>gesetz festgestellt. 8 Dabei ist der Haushaltsplan<br />

eine Anlage <strong>des</strong> Haushaltsgesetzes, das meist nur wenige<br />

Paragrafen umfasst. Das Haushaltsgesetz ist ein bloß formelles<br />

Gesetz. Das bedeutet, dass zwar das für die Gesetzgebung<br />

zuständige Organ (Bun<strong>des</strong>tag, Landtag) in einem formellen<br />

Gesetzgebungsverfahren beschließen muss und dass die anderen<br />

Staatsorgane, insb die Exekutive, durch das Gesetz gebunden<br />

werden; der einzelne Bürger kann aus dem Plan aber weder<br />

Ansprüche ableiten noch werden seine Ansprüche auf Grund<br />

anderer Gesetze aufgehoben (§ 3 II HGrG).<br />

Das Erfordernis eines Haushaltsgesetzes war in der historischen<br />

Perspektive der entscheidende Schritt zum Parlamentarismus.<br />

9 Denn durch das Budgetrecht hat es das Parlament in der<br />

Hand, die Exekutive zum Ausgeben von Geld zu ermächtigen –<br />

oder die Ermächtigung zu unterlassen. Gleichzeitig hat es die<br />

Möglichkeit, die Exekutive periodisch zu kontrollieren und zu beeinflussen.<br />

10<br />

II. Mittelfristige Finanzplanung<br />

Der Haushaltsplan wird für ein oder mehrere Rechnungsjahre,<br />

nach <strong>Ja</strong>hren getrennt, vor Beginn <strong>des</strong> ersten Rechnungsjahres<br />

festgestellt (Art 110 II 1 GG). Dieser Grundsatz der Jährlichkeit<br />

bedeutet, dass der Haushaltsplan nicht aufzuzeigen vermag,<br />

wie sich Einnahmen und Ausgaben langfristig entwickeln sollen. 11<br />

Insb ist nicht immer zu erkennen, mit welchen Belastungen in den<br />

nachfolgenden Haushaltsjahren zu rechnen ist. Deshalb müssen<br />

Bund und Länder ihrer Haushaltswirtschaft je für sich eine fünfjährige<br />

Finanzplanung zu Grunde legen (§ 50 I 1 HGrG, §§ 9 I, 14<br />

StWG), wobei das erste Planungsjahr das Haushaltsjahr ist (§ 50<br />

II HGrG). Der Finanzplan wird nicht vom Parlament beschlossen<br />

und hat <strong>des</strong>halb auch keinen Gesetzescharakter. Er liefert ledig-<br />

lich Orientierungsdaten, mit denen die Deckung und der Finanzbedarf<br />

für einen mittelfristigen Zeitraum geprüft werden kann. 12<br />

Die Regierung soll gem § 50 VII HGrG allerdings rechtzeitig geeignete<br />

Maßnahmen treffen, die nach der Finanzplanung erforderlich<br />

sind, um eine geordnete Haushaltsentwicklung zu sichern.<br />

C. DER HAUSHALTSPLAN<br />

I. Gliederung <strong>des</strong> Haushaltsplans<br />

Der Haushaltsplan besteht aus mehreren Einzelplänen und dem<br />

Gesamtplan (§ 10 I HGrG). Die Einzelpläne folgen idR dem sog<br />

Ressortprinzip, dh, es gibt für den Zuständigkeitsbereich eines<br />

jeden Ministeriums einen eigenen Einzelplan. 13 Jeder Einzelplan<br />

wird in Kapitel und Titel eingeteilt (§ 10 II 2 HGrG). Die Kapitel<br />

zeigen einzelne Sachgebiete an, zB nachgeordnete Behörden.<br />

Sie sind dann weiter in Titel unterteilt, die die Grundlage für die<br />

parlamentarische Einzelbewilligung bilden. Die Einteilung und<br />

Nummerierung der Titel richtet sich nach den »Verwaltungsvorschriften<br />

über die Gruppierung der Einnahmen und Ausgaben<br />

<strong>des</strong> Haushaltsplans nach Art«, den sog Gruppierungsplan (§ 10 II<br />

3 HGrG). Dieser gibt eine bestimmte Systematik von fünfstelligen<br />

Titelnummern vor, wobei die ersten drei Ziffern für Bund und<br />

Länder verbindlich sind. 14 Die jeweils erste Ziffer zeigt an, ob der<br />

Titel eine Einnahme (Ziffern 0 bis 3) oder eine Ausgabe (Ziffern 4<br />

bis 9) beinhaltet.<br />

Innerhalb der Einnahme- und Ausgabetitel wird streng danach<br />

unterschieden, ob sie Investitionen betreffen (Ziffern 3, 7,<br />

8) oder nicht (die übrigen Ziffern). Was eine Investition ist, definiert<br />

§ 10 III Nr 2 HGrG 15 : Ausgaben für Baumaßnahmen, bewegliche<br />

Sachen, soweit sie nicht als sächliche Verwaltungsausgaben<br />

veranschlagt werden, den Erwerb von unbeweglichen Sachen<br />

und von Beteiligungen oder sonstigem Kapitalvermögen,<br />

von Forderungen oder Anteilsrechten an Unternehmen, von<br />

Wertpapieren sowie für die Heraufsetzung <strong>des</strong> Kapitals von Unternehmen,<br />

Ausgaben für Darlehen, für die Inanspruchnahme<br />

aus Gewährleistungen und für Zuweisungen oder Zuschüsse<br />

zur Finanzierung von Ausgaben für die vorgenannten Zwecke.<br />

Alle Titel eines Haushaltsplans, die Investitionen in diesem Sinne<br />

betreffen, bilden zusammen den sog Finanzhaushalt (vgl § 9 II 1<br />

HGrG), der auch Vermögenshaushalt genannt wird. Die Einnahmen<br />

bestehen hier aus Zuführungen vom – sogleich zu erläuternden<br />

– Verwaltungshaushalt (Überschuss), Einnahmen aus<br />

der Veränderung <strong>des</strong> Anlagevermögens und aus Rücklagen, Zuweisungen<br />

und Zuschüssen Dritter für Investitionen und für die<br />

Förderung von Investitionen 16 sowie schließlich – und in der<br />

Praxis derzeit am bedeutendsten – aus Einnahmen aus Krediten<br />

und inneren Darlehen, dh aus der Aufnahme von Schulden.<br />

4 Aus Platzgründen wird nachfolgend auf den Nachweis der lan<strong>des</strong>-(verfassungs-)rechtlichen<br />

Bestimmungen verzichtet.<br />

5 Sartorius I 720<br />

6 Sartorius II 150<br />

7 Duden Bd 10: Das Bedeutungswörterbuch, 3. Aufl, 2002<br />

8 In Hamburg wird der Haushaltsplan durch »Beschluss« der Bürgerschaft festgestellt.<br />

Auf diesen Beschluss finden die Vorschriften über das Gesetzgebungsverfahren<br />

»entsprechende Anwendung« (Art 66 II HmbVerf).<br />

9 Vgl Arndt JuS 1990, 343, 344<br />

10 Kloepfer Jura 1979, 179, 180<br />

11 Zu weiteren Nachteilen vgl Heller (Fn 3) Rn IV/41<br />

12 Heller (Fn 3) Rn X/2<br />

13 Heller (Fn 3) Rn V/23 § 10 II 1 HGrG spricht von »Verwaltungszweigen«.<br />

14 Heller (Fn 3) Rn V/28 f<br />

15 Zur Weite der Definition krit Kirchhof DVBl 2002, 1569, 1575; Siekmann in Sachs, GG,<br />

3. Aufl, 2002, Art 115 Rn 37 ff; Henneke, Öffentliches Finanzwesen – Finanzverfassung,<br />

2. Aufl, 2000, Rn 578 ff<br />

16 Hierzu gehören insb die Zuschüsse und Zuweisungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> nach Art 91 a GG,<br />

dh für Gemeinschaftsaufgaben wie Hochschulen, Verbesserung der Agrarstruktur<br />

und Küstenschutz.<br />

JA 2004 · Heft 12 933

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