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Nachgefragt März 2010<br />

Regensburgs gesammelte teil 1: Der Neupfarrplatz<br />

Scheußlichkeiten<br />

Der zweite Weltkrieg hat dank glücklicher,<br />

schicksalhafter Fügung der Domstadt<br />

nur wenige Blessuren zugefügt,<br />

sie nicht entstellt oder gar zur Unkenntlichkeit<br />

verstümmelt – so wie die meisten anderen<br />

deutschen Mittel- und Großstädte. Ihre kleinen<br />

Häuschen und verwinkelten Gässchen sind<br />

anmutig und wie in einer Zeitkapsel bewahrt<br />

der Nachwelt erhalten. Sogar die heute völlig<br />

unfassbaren „verkehrsgerechten Umgestaltungspläne“<br />

der 60er Jahre (sie sahen neben<br />

dem Abriss der Steinernen Brücke auch eine<br />

weitgehende Vernichtung der historischen<br />

Altstadt vor) überstand Regensburg weitgehend<br />

unbeschadet – aber nur, weil ein leerer<br />

Stadtsäckel der geplanten Barbarei finanziell<br />

den Garaus machte. Leider kam die rettende<br />

Geldknappheit für ein paar romantische Fleckchen<br />

Regensburgs zu spät. Grobe Bausünden<br />

wurden begangen, die einfach nicht wieder<br />

gut zu machen sind. Um aufkommende Sanierungspläne<br />

der Stadt aufmerksam zu machen<br />

und die Sensibilität der Bürger und vor allem<br />

Bauherren für ihr einzigartiges Kulturgut zu<br />

schärfen, schreibt die RSZ eine Serie über „Regensburgs<br />

gesammelte Scheußlichkeiten“. In<br />

dieser <strong>Ausgabe</strong> berichtet Stadtheimatpfleger<br />

Dr. Werner Chrobak von „Teil 1“: der Entwicklung<br />

des Neupfarrplatzes zum sterilen „Plattensee“.<br />

Pfennigabsätze und Kehrmaschinen<br />

bestimmen stadtbild<br />

Einst galt der Neupfarrplatz als beliebtes Postkartensymbol<br />

für „ein Stück malerische Altstadt“.<br />

In den 70er Jahren war Schluss damit.<br />

Der Altstadtcharme wurde durch eine städtebauliche<br />

Schande, das Kaufhaus Horten, erfolgreich<br />

verdrängt. „Weil die Moderne endlich<br />

auch in Regensburg Einzug halten und sich<br />

ein Kaufhaus in der Stadtmitte präsentieren<br />

sollte, wurden 20 bis 25 kleinteilige Gebäude<br />

ROMANTISCH. Blick vom Dom auf den Neupfarrplatz im Jahre 1941. Kopfsteinpflaster bildete damals die Basis für die<br />

kleinen Häuschen und die Neupfarrkirche. (Fotos: Stadt Regensburg, Bilddokumentation)<br />

dem sogenannten Fortschritt<br />

geopfert“ erinnert sich Chrobak<br />

schaudernd. Besonders<br />

schmerzlich war und ist für ihn<br />

in unmittelbarem Zusammenhang<br />

mit dem Kaufhaus die<br />

Umgestaltung der „Alten Wache“,<br />

die 1611 als Wachstube für<br />

die Bürgerwehr und Soldaten<br />

erbaut wurde. Die ehemals hölzerne<br />

Frontansicht wurde der<br />

des Kaufhauses angepasst und<br />

- nicht nur äußerlich - versteinert.<br />

„Die Unvernunft der Nachkriegszeit<br />

hat Wunden geschlagen“<br />

kommentiert Chrobak die<br />

„Modernisierung um jeden Preis“. Eine weitere<br />

Wunde, die nie heilt und dem Auge des Betrachters<br />

immer wieder Schmerzen bereitet:<br />

der Bodenbelag des Platzes.<br />

In den 90ern wollte Altoberbürgermeisterin<br />

Christa Meier dem Ausspruch „Regensburg<br />

sei die nördlichste Stadt Italiens“ Ausdruck<br />

STERIL lässt der „Plattensee“ das ehemals mittelalterliche Stadtbild wirken. Versteinert und künstlich in den<br />

Kaufhaus-Betonkomplex eingefügt wurde die „Alte Wache“ (rotes Haus, linkes Bild).<br />

HOFFNUNGSVOLL bleibt<br />

Stadtheimatpfleger Dr. Werner<br />

Chrobak in Bezug auf künftige<br />

Sanierungen.<br />

verleihen und den Neupfarrplatz<br />

in eine italienische Piazza<br />

verwandeln. Geplant war: einen<br />

Ort zu schaffen, an dem sich<br />

Menschen gerne treffen, plaudern,<br />

verweilen, sich im Stadtbild<br />

verlieren und... an dem die<br />

Damen nicht mit ihren eleganten<br />

Pfennigabsätzen im Gestein<br />

hängen bleiben, wenn sie über<br />

den Platz flanieren. Kurzum: Der<br />

<strong>gesamte</strong> Neupfarrplatz wurde<br />

mit Granitplatten überzogen.<br />

Die alten sogenannten „Katzenbuckel“<br />

(Kopfsteinpflaster), die<br />

einst das Judenviertel, das bei<br />

Ausgrabungen freigelegt wurde, unter sich<br />

verbargen, mussten weichen - für einen meditarrenen<br />

Flair, der von vorn herein nie einer<br />

hatte werden können. „Die Vornehmheit einer<br />

italienischen Piazza steht mit unserer herben<br />

mittelalterlichen Architektur einfach nicht im<br />

Einklang“ äußert sich Stadtheimatpfleger Dr.<br />

Werner Chrobak kopfschüttelnd zum „Plattensee<br />

Neupfarrplatz“ und merkt dabei ironisch<br />

an, dass Granit allerdings einen Vorteil hätte: er<br />

sei für Kehrmaschinen sehr pflegeleicht...<br />

Und so säuberten die Maschinen den Platz<br />

auch vom letzten Hauch eines aufwirbelnden<br />

Postkartencharmes noch bevor High Heels<br />

darauf herum tippeln konnten. Wollte man nun<br />

ernsthaft einen positiven Ansatz im künstlich<br />

entstellten Neupfarrplatz sehen, könnte man<br />

ihn als große Flächen bedeckendes Mahnmal<br />

betrachten. „Die Tatsache Welterbe zu sein, erfordert<br />

eine Wachsamkeit über Generationen“<br />

bringt es Dr. Werner Chrobak auf den Punkt<br />

und die RSZ tut es ihm schon in der nächsten<br />

<strong>Ausgabe</strong> der <strong>Regensburger</strong> Stadtzeitung unter<br />

„Regensburgs gesammelte Scheußlichkeiten –<br />

Teil 2“ gleich. (Nicole Seidinger)<br />

12 Die <strong>Regensburger</strong> Stadtzeitung

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