01.09.2013 Aufrufe

ms060508 Geschichte der Medizin1 - Folge 8 - Das 19. Jahrh - WDR 5

ms060508 Geschichte der Medizin1 - Folge 8 - Das 19. Jahrh - WDR 5

ms060508 Geschichte der Medizin1 - Folge 8 - Das 19. Jahrh - WDR 5

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Leonardo - Wissenschaft und mehr<br />

Sendedatum: 7. Januar 2008<br />

Schwerpunkt: Die <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Medizin - Serie in 12<br />

<strong>Folge</strong>n<br />

<strong>Folge</strong> 8: <strong>Das</strong> neunzehnte <strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>t - Endlich eine<br />

Narkose<br />

von Susanne Billig und Petra Geist<br />

O-Ton:<br />

„Halten Sie still und lassen Sie die Sache passieren. Sind Sie bereit?“<br />

O-Ton:<br />

„Yes, Sir! Bin bereit, Sir, halte still ...“<br />

Sprecher: 1825. William Beaumont ist amerikanischer Militär-Chirurg und ein<br />

neugieriger Mann. Eine Frage lässt ihm keine Ruhe: Was geschieht im Magen mit<br />

<strong>der</strong> Nahrung? Weicht sie auf, wie manche sagen? Verwest sie? Ein neuer Patient<br />

hilft ihm, das Rätsel zu lösen. Der junge Trapper hat eine schwere Schussverletzung<br />

überlebt. Seitdem klafft in seinem Bauch ein großes Loch – ein Loch für die<br />

Forschung.<br />

O-Ton:<br />

„So, ein Stück Rindfleisch à la mode, ein Stück Schweinefleisch, trockenes<br />

Brot und etwas Weißkohl.“<br />

Sprecher: An einem Augusttag um die Mittagszeit beginnt William Beaumont sein<br />

Experiment. Vorsichtig führt er durch die offene Bauchdecke in den Magen seines<br />

Patienten verschiedene Nahrungsmittel ein – fein säuberlich an einen Seidenfaden<br />

gebunden.<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

1


O-Ton:<br />

„Die Zeit ist um, jetzt ziehen wir alles wie<strong>der</strong> raus.“<br />

Sprecher: Der Chirurg ist mit seinem Experiment sehr zufrieden. Er stellt fest: Kohl<br />

und Brot werden zuerst verdaut, am längsten braucht das Rindfleisch. William<br />

Beaumont macht eine große Entdeckung: Die Salzsäure im Magen zersetzt die<br />

Nahrung.<br />

Sprecherin: Beaumont ist <strong>der</strong> typische Forscher des neunzehnten <strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>ts: Mit<br />

wagemutigen Methoden blickt er ins Innere des Körpers. In dieser Zeit wird die<br />

wissenschaftliche Medizin geboren, die misst und forscht und um Exaktheit ringt.<br />

Sprecher: Nun werden große Krankenhäuser errichtet. Einige haben Platz für<br />

tausende von Betten.<br />

O-Ton:<br />

„Machen Sie bitte den Oberkörper frei. Und jetzt einatmen.“<br />

O-Ton:<br />

„Rechte Seite, metallisches Klingeln. Und jetzt husten. Tuberkulöse Kaverne<br />

im rechten Lungenflügel. Sehr schön zu hören. <strong>Das</strong> hat man wirklich selten.“<br />

Sprecherin: Heilung gibt es in den neuen Hospitälern selten – aber es wird geforscht.<br />

Die vielen Kranken bieten den Ärzten reichlich "klinisches Material", wie es jetzt<br />

heißt. Zum ersten Mal in <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Medizin nehmen Ärzte<br />

Massenuntersuchungen vor und erstellen Statistiken. Sie erkennen Zusammenhänge<br />

zwischen den Symptomen <strong>der</strong> lebenden Patienten und den Befunden an ihren<br />

Leichen. Viele Ärzte sind wie besessen von <strong>der</strong> Forschung. Der Wiener Arzt Carl von<br />

Rokitansky zum Beispiel zerschneidet im Laufe seiner Karriere sechzigtausend Tote.<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

2


Sprecher: An den Krankenbetten benutzt <strong>der</strong> Arzt die neuesten Instrumente. Mit dem<br />

Stethoskop horcht er in die Körperhöhlen. Die Temperatur misst er mit dem<br />

Fieberthermometer – dreißig Zentimeter ist es lang und misst zwanzig Minuten. Im<br />

Labor wird mit dem Mikroskop das Blut untersucht.<br />

Sprecherin: Von nun an hängen über den Betten <strong>der</strong> Patienten die berühmten<br />

Verlaufskurven für Temperatur, Puls und Atmung.<br />

O-Ton:<br />

„Morgen, meine Herren, gut geschlafen?!“<br />

Sprecher: Chefarzt und Oberarzt, Assistenten und Studenten erscheinen zur<br />

Morgenvisite, eilen von einem Bett zum nächsten, murmeln unverständliche Worte.<br />

Sprecherin: Die Patienten fühlen sich von den Kliniken eingeschüchtert. Kurierte man<br />

sein Leiden nicht besser zu Hause bei den Angehörigen? Ein Arzt empört sich schon<br />

damals: "Der Kranke wird zum Gegenstand!“<br />

O-Ton:<br />

„Legen Sie sich hin, wir binden Sie jetzt fest.“<br />

O-Ton:<br />

„Hier drauf?“<br />

Sprecher: Ängstlich legt sich <strong>der</strong> Patient für die Operation auf den Holztisch voller<br />

Sägemehl. Der Chirurg kommt direkt aus <strong>der</strong> Leichenhalle, seine Hände sind<br />

eiterverschmiert.<br />

Sprecherin: Die neuen Kliniken sind Orte des Schreckens. In den Betten liegen die<br />

Ärmsten <strong>der</strong> Armen – und die meisten sterben hier. Wohlhabende meiden die Klinik<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

3


und bestellen den Arzt auch zur Operation nach Hause.<br />

O-Ton:<br />

„Wasser, bitte Wasser ... Mir ist so kalt, ich friere so sehr ... Herr Doktor, wo<br />

ist mein Kind, ich möchte mein Kind sehen!“<br />

Sprecher: Wien, Juli 1846. Der junge Arzt Ignaz Semmelweis macht Visite auf <strong>der</strong><br />

Wöchnerinnenstation. Eine Frau nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en stirbt nur wenige Tage nach <strong>der</strong><br />

Entbindung. <strong>Das</strong> Kindbettfieber grassiert. Semmelweis ist entsetzt: Sechsunddreißig<br />

Todesfälle in einem Monat!<br />

Sprecherin: Der junge Arzt kann nicht glauben, wie seine Kollegen die Katastrophe<br />

erklären: Von Verstopfung und Gefühlswallungen ist die Rede, ja sogar von<br />

"nahenden Erdbeben" und "zu hohen Fensterbrettern".<br />

O-Ton:<br />

„Da sehe ich ja schon den Kopf. Pressen Sie, pressen Sie!<br />

Ich brauche einen Waschlappen und warmes Wasser.“<br />

Sprecher: Semmelweis beobachtet genau die Arbeit <strong>der</strong> Hebammen. Sie betreiben in<br />

<strong>der</strong>selben Klinik eine eigene Station – und hier sterben kaum Frauen. Die<br />

Hebammen achten darauf, dass alles sauber ist und fassen – an<strong>der</strong>s als die Ärzte –<br />

vor <strong>der</strong> Geburt keine Leichen an!<br />

Sprecherin: Semmelweis kommt ein schrecklicher Verdacht: An den Toten muss ein<br />

Gift kleben, das die Ärzte auf die Frauen übertragen.<br />

Sprecher: Ignaz Semmelweis lässt überall in <strong>der</strong> Klinik Behälter mit Chlorwasser<br />

aufstellen. Er und seine Studenten waschen sich nun vor je<strong>der</strong> Visite gründlich die<br />

Hände. Mit Freude stellt er fest, dass in seiner Abteilung kaum noch Wöchnerinnen<br />

sterben.<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

4


Sprecherin: Warum das so ist, weiß <strong>der</strong> Arzt nicht. Die Bakterienforschung steckt<br />

noch in den Kin<strong>der</strong>schuhen. Umgehend leitet Semmelweis die Erkenntnisse an die<br />

Fachwelt weiter. Er erntet nur Hohn und Verachtung: <strong>Das</strong> medizinische<br />

Establishment fällt über ihn her. Semmelweis verliert seine Arbeit, <strong>der</strong> Nachfolger<br />

lässt sämtliche Waschbecken entfernen.<br />

Sprecher: Dicht gedrängt sitzen die Zuschauer auf <strong>der</strong> Tribüne. Es herrscht atemlose<br />

Spannung. Einmal pro Woche ist öffentlicher Operationstag. Aus Paris und London<br />

kommen berühmte Chirurgen. <strong>Das</strong> Publikum feiert sie wie Stars.<br />

O-Ton:<br />

„Meine Damen und Herren, Sie sehen heute: die Amputation an <strong>der</strong> Hüfte.<br />

Skalpell!“<br />

Sprecher: Blitzschnell schneidet das Messer durch das Fleisch.<br />

O-Ton:<br />

„Säge!“<br />

Sprecher: Entschlossen sägt <strong>der</strong> Chirurg den Knochen durch. Nach neunzig<br />

Sekunden ist alles vorbei, ein neuer Rekord.<br />

Sprecherin: Die Leidenschaft für die Geschwindigkeit hat einen Grund: Sämtliche<br />

Eingriffe erfolgen ohne Narkose. Die Schmerzen <strong>der</strong> Patienten sind unvorstellbar.<br />

O-Ton:<br />

„Haltet sie fester ..., drückt sie nach unten ..., in zehn Minuten ist es vorbei ...,<br />

nach unten mit ihr ...“<br />

Sprecher: Fromme singen Kirchenlie<strong>der</strong>, an<strong>der</strong>e versuchen es mit Schnaps. 1810<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

5


muss sich die englische Schriftstellerin Fanny Burney eine Brust entfernen lassen.<br />

Sie glaubt, sterben zu müssen.<br />

O-Ton:<br />

„Als <strong>der</strong> furchtbare Stahl in die Brust gestoßen wurde, begann ich einen<br />

Schrei, <strong>der</strong> während <strong>der</strong> ganzen Zeit des Schneidens anhielt. Als ich aber<br />

erneut das Instrument spürte – es beschrieb einen Bogen, während ihm das<br />

Fleisch so anhaltend wi<strong>der</strong>stand – , da allerdings war mir, als wäre mein<br />

Leben ausgelöscht.“<br />

Sprecherin: Seit <strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>ten suchen Ärzte nach einer wirksamen Narkose. Im<br />

Mittelalter benutzte man manchmal einen "schlafenmachenden Schwamm", <strong>der</strong> mit<br />

Opium, Alraune und Bilsenkraut getränkt war – doch oft schläferte er die Kranken für<br />

immer ein.<br />

O-Ton:<br />

„Meine Herren, Sie sehen den geschwollenen Kiefer dieses Gentlemans.“<br />

Sprecher: Boston, 16. Oktober 1846. Zwei Ärzte schneiden einem Patienten ein<br />

Geschwür aus dem Kiefer. Als das Messer ins Fleisch eindringt, schreit er nicht,<br />

auch zuckt er nicht zusammen. Die Zuschauer, Medizinstudenten und Ärzte, trauen<br />

ihren Augen nicht.<br />

O-Ton:<br />

„Schiebung! ... Betrug! ... Hokuspokus!“<br />

O-Ton:<br />

„Glauben Sie doch, meine Herren, das ist kein Trick!“<br />

Sprecher: Die beiden Ärzte haben dem Patienten kurz vor <strong>der</strong> Operation einen<br />

kleinen Trichter auf den Mund gedrückt. Daraus strömten stechend riechende<br />

Dämpfe.<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

6


O-Ton:<br />

„Es ist Äther!“<br />

Sprecherin: Die chemische Revolution des neunzehnten <strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>ts ermöglicht<br />

diese Sensation. Von nun an können die Chirurgen ohne Zeitdruck operieren, die<br />

Techniken werden feiner. Ein an<strong>der</strong>es Problem <strong>der</strong> Chirurgie des neunzehnten<br />

<strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>ts ist damit nicht gelöst: Noch immer sterben vierzig Prozent aller<br />

Operierten an Blutvergiftung und eiternden Wunden.<br />

Sprecher: Joseph Lister ist Professor für Chirurgie in Glasgow. Er kann die vielen<br />

Todesfälle nach den Operationen kaum ertragen. Da stößt er auf die Arbeiten des<br />

französischen Forschers Louis Pasteur. Der hat bewiesen: Gärung und Fäulnis<br />

werden durch mikroskopisch kleine Lebewesen verursacht. Ob dies auch für<br />

Wunden gilt? Und wäre es dann nicht ratsam, die Wunden mit einem<br />

Desinfektionsmittel zu behandeln, zum Beispiel Karbolsäure? Lister entwickelt<br />

karbolsäurehaltige Luftsprays und Kittel für Chirurgen. Und es wirkt, die Operierten<br />

überleben!<br />

Sprecherin: <strong>Das</strong> medizinische Establishment lacht über die unsichtbaren Lebewesen.<br />

Bis Robert Koch beweisen kann: Bakterien übertragen Krankheiten. <strong>Das</strong> Zeitalter <strong>der</strong><br />

keimfreien Chirurgie beginnt. Vieles, was heute in <strong>der</strong> Medizin selbstverständlich<br />

erscheint, hat seinen Ursprung im neunzehnten <strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>t: <strong>der</strong> Blick in den Körper,<br />

das hoch technisierte Krankenhaus, Hygiene und Antisepsis, das medizinische<br />

Labor. Nach <strong>der</strong> Entdeckung <strong>der</strong> Mikroorganismen boomt die Forschung.<br />

Sprecher: Schlag auf Schlag finden Wissenschaftler die Erreger von Diphtherie und<br />

Milzbrand, Malaria und Lepra, Tuberkulose, Syphilis und Gonorrhö. Erfolgreich<br />

testen Ärzte Impfstoffe gegen Tollwut, Tetanus und Diphtherie.<br />

Sprecherin: Damit erwachsen aus <strong>der</strong> Grundlagenforschung endlich konkrete<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

7


Therapien. Humanistisch engagierte Ärzte träumen davon, die Menschheit von allen<br />

Leiden zu befreien. Doch die schrecklichsten Krankheiten des neunzehnten<br />

<strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>ts haben soziale Ursachen.<br />

Sprecher: Die Städte Europas wachsen und wachsen. Die Menschen leben unter<br />

katastrophalen Bedingungen: dunkle, feuchte Wohnungen, überlaufende Latrinen,<br />

Armut und Verelendung. Ein Arbeiter wird oft nicht älter als zwanzig. Die Tuberkulose<br />

grassiert, <strong>der</strong> Scharlach, die Diphtherie. Die Cholera fällt über Europa her und tötet<br />

Millionen. Wie bei den Pestepidemien des Mittelalters haben sich die Reichen längst<br />

aufs Land gerettet.<br />

O-Ton:<br />

„Ein Stärkungsmittel. Nehmen Sie das. Und viel Bettruhe.“<br />

Sprecher: Der Hausarzt greift nicht mehr zum A<strong>der</strong>lass, diese Zeiten sind vorbei.<br />

Stattdessen gibt er wirkungslose Pillen.<br />

Sprecherin: Aus Angst vor Elendsrevolutionen beschließen die Regierungen<br />

Europas, die verslumten Städte zu sanieren und die Bevölkerung mit sauberem<br />

Wasser zu versorgen. Noch bevor neue Impfstoffe die Menschen erreichen, steigt<br />

ihre Lebenserwartung, denn die soziale Lage bessert sich.<br />

Sprecher: Die Arbeiter streiken. Sie for<strong>der</strong>n höhere Löhne und setzen sich durch.<br />

Auch das verlängert ihr Leben. Nun können sie sich besseres Essen leisten – und<br />

besseres Essen macht stärker und gesün<strong>der</strong>, vor allem die Kin<strong>der</strong>.<br />

Sprecherin: Im neunzehnten <strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>t entstehen riesige Klinikkomplexe. Es sind<br />

Orte des Schreckens – bis die Hygiene Einzug hält. Dank des technischen<br />

Fortschritts kann <strong>der</strong> Arzt seine Patienten immer genauer untersuchen – und endlich<br />

auch wirksam vor Operationen betäuben. Zu den großen Leistungen des<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

8


neunzehnten <strong>Jahrh</strong>un<strong>der</strong>ts gehört auch die Entdeckung <strong>der</strong> Bakterien. Nun wird <strong>der</strong><br />

große Kampf <strong>der</strong> Medizin gegen die Infektionskrankheiten beginnen.<br />

© Westdeutscher Rundfunk Köln 2007<br />

Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong> engen<br />

Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das Manuskript we<strong>der</strong><br />

vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!