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Zugleich Anmerkung zu OLG Frankfurt, Beschluss vom ... - WilmerHale

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Wirtschaftsrecht<br />

Steinmeyer/Santelmann · Zur Widerleglichkeit der Angemessenheitsvermutung beim übernahmerechtlichen Squeeze out<br />

angezweifelt wurde 30 . Dennoch bejahen sowohl das LG 31 als auch das<br />

<strong>OLG</strong> <strong>Frankfurt</strong> a.M. 32 sowie Teile der Literatur 33 die Einbeziehung<br />

von Irrevocables in die Annahmeschwelle des § 39a Abs. 3 S. 3<br />

WpÜG.<br />

Dem ist <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Wie das <strong>OLG</strong> <strong>zu</strong> Recht hervorhebt 34 , ist gerade<br />

das Eingehen von Irrevocables durch Großaktionäre, die gegenüber<br />

Kleinaktionären in der Regel einen besseren Erkenntnisstand hinsichtlich<br />

des Unternehmenswerts haben, ein Indiz für die Angemessenheit<br />

der angebotenen Gegenleistung. Auch wenn der Großaktionär<br />

sich <strong>zu</strong>r Annahme des Angebots verpflichtet hat, erfolgt doch der Erwerb<br />

rechtstechnisch durch Voll<strong>zu</strong>g des Angebots und damit auch<br />

„auf Grund“ des Angebots. Die Motive der Annahme spielen hierfür<br />

keine Rolle.<br />

4. Berücksichtigung von parallelen Paketerwerben<br />

Ein ähnliches Problem stellt sich auch bei der Behandlung von parallelen<br />

Paketerwerben im Rahmen des § 39a WpÜG. Unter parallelen<br />

Paketerwerben versteht man Paketerwerbe des Bieters, die zeitlich<br />

während des und damit parallel <strong>zu</strong>m Angebotsverfahren verlaufen.<br />

a) Einbeziehung paralleler Paketerwerbe in die<br />

95%-Ausschlussschwelle<br />

Soweit ersichtlich ist die Einbeziehung von Aktien aus parallelen Paketerwerben<br />

in die 95%-Ausschlussschwelle unstreitig 35 . Dies ist auch<br />

richtig, weil es für die Möglichkeit der Antragstellung nach § 39a<br />

Abs. 1 S. 1 WpÜG nur darauf ankommt, dass dem Bieter nach der<br />

Durchführung des Angebots Aktien der Zielgesellschaft in Höhe von<br />

mindestens 95% des stimmberechtigten Grundkapitals gehören.<br />

b) Berücksichtigung paralleler Paketerwerbe im Rahmen<br />

der Erfolgsschwelle<br />

Die Berücksichtigung von Aktien aus parallelen Paketerwerben im<br />

Rahmen der Erfolgsschwelle nach § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG ist allerdings<br />

verglichen mit Irrevocables zweifelhaft. Während bei den Irrevocables<br />

noch argumentiert werden kann, dass die Erfüllung der vertraglichen<br />

Verpflichtung durch die Annahme im Angebotsverfahren<br />

und damit der Erwerb der Aktien durch den Bieter „auf Grund des<br />

Angebots“ erfolgte, so erwirbt der Bieter die Aktien im Rahmen von<br />

parallelen Paketerwerben gerade außerhalb des förmlichen Angebotsverfahrens.<br />

Aus diesem Grund verneinen Teile der Literatur 36 auch die Einbeziehung<br />

von Aktien aus parallelen Paketerwerben in die Berechnung der<br />

Annahmeschwelle des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG. Es wird darauf hingewiesen,<br />

dass sich die verkaufenden Aktionäre gerade nicht für die Annahme<br />

des Angebots entschieden, sondern stattdessen die Aktien direkt<br />

an den Bieter oder aber an der Börse veräußert hätten. Dergestalt<br />

erworbene Aktien könnten nach Sinn und Zweck der Angemessenheitsvermutung<br />

jedoch keine Berücksichtigung finden.<br />

Nach anderer Ansicht 37 seien Aktien aus parallelen Paketerwerben<br />

hingegen durchaus <strong>zu</strong> berücksichtigen, weil auch Parallelerwerbe die<br />

Kriterien des mit § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG beabsichtigten Markttests<br />

erfüllten. Schließlich hätte die im Rahmen von parallelen Paketerwerben<br />

seitens des Bieters angebotene Gegenleistung auch maßgebliche<br />

Auswirkungen auf die den anderen Aktionären im Angebotsverfahren<br />

an<strong>zu</strong>bietende Gegenleistung. Gem. § 31 Abs. 4 WpÜG ist der Bieter<br />

nämlich verpflichtet, die bei Parallelerwerben möglicherweise vereinbarte,<br />

wertmäßig höhere Gegenleistung auch im Angebotsverfahren<br />

an<strong>zu</strong>bieten. Sollte der Bieter hingegen im Wege des parallelen Paketerwerbs<br />

Aktien <strong>zu</strong> einer unter dem Angebot liegenden Gegenleistung<br />

erhalten haben, so spreche dies erst recht für eine Berücksichtigung<br />

dieser Aktien für die Feststellung des Schwellenwerts des § 39a Abs. 3<br />

S. 3 WpÜG.<br />

c) Würdigung und Praxisfolge<br />

Letztgenannter Ansicht ist <strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen. Sinn und Zweck der Angemessenheitsvermutung<br />

stehen einer Berücksichtigung von Aktien aus<br />

parallelen Paketerwerben nicht entgegen; ihre Einbeziehung in die Berechnung<br />

des § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG ist somit gerechtfertigt. Dass<br />

der Erwerb außerhalb des förmlichen Angebotsverfahrens erfolgt, ist<br />

dagegen nachrangig. Gleichwohl ist die Frage der Einbeziehung von<br />

Aktien aus parallelen Paketerwerben mit Rechtsunsicherheiten belastet,<br />

da das <strong>OLG</strong> <strong>Frankfurt</strong> diese Frage ausdrücklich offen gelassen<br />

hat 38 und das LG <strong>Frankfurt</strong> a.M. sich hier<strong>zu</strong> gar nicht geäußert hatte.<br />

Angesichts der gleichartigen Zielrichtung paralleler Paketerwerbe und<br />

der Irrevocables – nämlich den Erfolg des Angebots sicher<strong>zu</strong>stellen –<br />

erscheint es allerdings in der Praxis <strong>zu</strong>r Vermeidung von Unsicherheiten<br />

zweckmäßig, auf parallele Paketerwerbe <strong>zu</strong> verzichten und stattdessen<br />

Irrevocables ein<strong>zu</strong>setzen 39 .<br />

PRAXISTIPP: Angesichts der Möglichkeit durch Irrevocables ebenfalls<br />

den Erfolg des Angebots sicher<strong>zu</strong>stellen, sollte auf parallele Paketerwerbe<br />

verzichtet und stattdessen auf Irrevocables <strong>zu</strong>rückgegriffen werden.<br />

5. Sicherung des Abfindungsanspruchs<br />

Schließlich stellt sich im Verfahren des übernahmerechtlichen Squeeze<br />

out die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Bieter die Abfindungsansprüche<br />

der aus<strong>zu</strong>schließenden Minderheitsaktionäre besichern muss<br />

oder ob in anderer Weise die Gewährung der Gegenleistung des Bieters<br />

für die Aktionäre sichergestellt werden kann. Während § 327b Abs. 3<br />

AktG die Sicherung des Abfindungsanspruchs durch eine <strong>vom</strong> Hauptaktionär<br />

bei<strong>zu</strong>bringende Gewährleistungserklärung eines Kreditinstituts<br />

vorsieht 40 , fehlt es im WpÜG an einer vergleichbaren Regelung.<br />

Die Finanzierungsbestätigung gemäß § 13 WpÜG erstreckt sich zwar<br />

grundsätzlich auf die Sicherstellung der Finanzierung des Erwerbs<br />

sämtlicher ausstehender Aktien. Sie bietet aber keine adäquate Sicherung<br />

der Minderheitsaktionäre und ist <strong>zu</strong>dem dann nicht gegeben,<br />

wenn das Ursprungsangebot als reines Tauschangebot ausgestaltet war.<br />

a) Mögliche Sicherungsalternativen<br />

Insbesondere angesichts der Grundrechtsrelevanz (Art. 14 GG) des<br />

Squeeze out kann das Schutzbedürfnis der Minderheitsaktionäre aber<br />

nicht vollständig außer Acht gelassen werden. Die Minderheitsaktionä-<br />

30 Daher gegen eine Berücksichtigung Schüppen/Tretter (Fn. 1), § 39a Rn. 25.<br />

31 LG <strong>Frankfurt</strong> a. M., BB 2008, 2035.<br />

32 <strong>OLG</strong> <strong>Frankfurt</strong>, BB 2009, 122, 123.<br />

33 Süßmann (Fn. 1), § 39a Rn. 10; Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700; Deilmann, NZG 2007, 721, 723; Paefgen,<br />

WM 2007, 765, 769; ders. (Fn. 1), S. 1221, 1250 f.; implizit auch Johannsen-Roth/Illert, ZIP 2006,<br />

2157, 2161.<br />

34 <strong>OLG</strong> <strong>Frankfurt</strong>, BB 2009, 122, 123.<br />

35 Vgl. nur Ott, WM 2008, 384, 387; Deilmann, NZG 2007, 721, 722.<br />

36 Süßmann (Fn. 1), § 39a Rn. 9; wohl auch Johannsen-Roth/Illert, ZIP 2006, 2157, 2160, sowie Schüppen/<br />

Tretter (Fn. 1), § 39a Rn. 25, die auf individuellen Verhandlungen basierende Erwerbsvorgänge nach dem<br />

Gesetzeszweck nicht als erfasst ansehen.<br />

37 Ott, WM 2008, 384, 389; Paefgen (Fn. 1), S. 1221, 1249 f.; ders., WM 2007, 765, 769; Deilmann, NZG 2007,<br />

721, 723; Mock/Winkelmann, BB 2008, 126.<br />

38 <strong>OLG</strong> <strong>Frankfurt</strong>, BB 2009, 122, 123.<br />

39 Dies gilt jedenfalls dann, wenn es dem Bieter nicht darauf ankommt, sich unabhängig <strong>vom</strong> Erfolg des<br />

Übernahmeangebots entsprechende Aktienpakete <strong>zu</strong> sichern. Vgl. Johannsen-Roth/Illert, ZIP 2006, 2157,<br />

2160.<br />

40 Vgl. hier<strong>zu</strong> Hüffer, AktG, 8. Aufl. 2008, § 327b Rn. 9 f.<br />

Betriebs-Berater // BB 14.2009 // 30.3.2009 677

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