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Symeon Neos Theologos, Mystiker und Dichter

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Johannes Koder<br />

<strong>Symeon</strong> <strong>Neos</strong> <strong>Theologos</strong>, <strong>Mystiker</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Dichter</strong><br />

als Teil der Ringvorlesung „Heilige Ost- <strong>und</strong><br />

Südosteuropas“,<br />

WS 2010/2011, 6. Dezember. 2010, 18.30-<br />

20.00


<strong>Symeon</strong> <strong>Neos</strong> <strong>Theologos</strong>, <strong>Mystiker</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Dichter</strong> / Gliederung<br />

• Zur Definition (christlicher) Spiritualität<br />

• Gibt es eine spezifisch orthodoxe Spiritualität?<br />

• Warum <strong>Symeon</strong> <strong>Neos</strong> <strong>Theologos</strong>?<br />

• Lebensdaten <strong>Symeon</strong>s (949 – 1022)<br />

• Der Name <strong>Symeon</strong> <strong>Neos</strong> <strong>Theologos</strong><br />

• <strong>Symeon</strong>s schriftliche Hinterlassenschaft<br />

• Die „Hymnen“ / Gründe für die Abfassung der Hymnen<br />

• Vorbilder <strong>und</strong> Quellen<br />

• <strong>Mystiker</strong> <strong>und</strong> Gottesschauer: Erleben, Inhalte der Visionen<br />

• Demut <strong>und</strong> Tränengabe<br />

• Personen <strong>und</strong> Dimensionen der Gottesschau<br />

• Empfindungen, Reaktinen, Streben <strong>Symeon</strong>s (<strong>und</strong> aller Menschen)


Wichtige griechische patristische Texte<br />

• Viten <strong>und</strong> Regeln des Pachomios († 346) <strong>und</strong> des Horsiesios<br />

• Vita Antonii † 356 (Athanasios v. Alexandreia, † 373)<br />

• Ephraim der Syrer († 373)<br />

• Basileios v. Kaisareia († 379, bes. Mönchsregeln)<br />

• Gregor v. Nyssa († 394)<br />

• Euagrios Pontikos († 399)<br />

• Historia Lausiaka (Palladios, † ca. 431)<br />

• Philotheos Historia (Theodoret v. Kyrros, † ca. 466)<br />

• Diadochos v. Photike († vor 486)<br />

• Apophthegmata ton pateron (5./6. Jh.)<br />

• Scala paradisi des Johannes Klimax († nach 654)<br />

• Schriften des Maximos Homologetes († 662)


Drei Stufen spirituellen Lebens<br />

praxis des eisagogikos anthropos (praktische<br />

Tugendübung des „eingeführt Werdenden“)<br />

theoria physike des mesos anthropos (Betrachtung,<br />

verb<strong>und</strong>en mit apatheia = Entwicklung der<br />

Leidenschaftslosigkeit, des „auf dem Weg Befindlichen“)<br />

theologia des teleios anthropos = (unmittelbare)<br />

Gotteserfahrung, Gottesschau des „der Vollendung<br />

Angenäherten“


Warum <strong>Symeon</strong> <strong>Neos</strong> <strong>Theologos</strong>?<br />

• gut dokumentiert, sowohl in eigenen Werken, als<br />

auch biographisch<br />

• eigenständigster byzantinischer <strong>Mystiker</strong>, erster<br />

mittelalterlicher byzantinischer <strong>Mystiker</strong><br />

• Sowohl authentische eigene mystische<br />

Erfahrung, als auch eigenständiger <strong>Dichter</strong><br />

• Hervorhebung der Verantwortung des poimen<br />

(Hirten) <strong>und</strong> pneumatikos pater (Spiritual)<br />

gegenüber dem pneumatikon teknon („Kind“) –<br />

Gr<strong>und</strong>frage pos sothó? – Gabe der diakrisis<br />

(„Unterscheidung“)


Lebensdaten <strong>Symeon</strong>s (949–1022) (1)<br />

• Ende der „makedonischen“ „Renaissance“<br />

• Biographie von seinem Schüler Niketas Stethatos (ca. 1000-1090)<br />

• 949 Georgios in Paphlagonien geboren; familiäre Probleme:<br />

Eltern erwiesen mir die Zuwendung natürlicher Liebe nicht,<br />

Brüder <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e, sie alle verspotteten mich,<br />

sie sagten, dass sie mich liebten, doch sie logen (H.20.98-100)<br />

• seit 960 zur Ausbildung in Konstantinopel bei seinem Oheim<br />

• Georgios-<strong>Symeon</strong> war nicht bildungswillig, daher agrammatos<br />

• Tod des Oheims, Ende familiärer Bindungen, Vereinsamung <strong>und</strong><br />

erster Versuch, in das Studiu-Kloster einzutreten, seit damals<br />

Kontakt mit <strong>Symeon</strong> Eulabes<br />

• Seit 969 Visionen<br />

• 976 Eintritt in Studiu-Kloster, 977 Übertritt in H. Mamas-Kloster<br />

• 980, Priesterweihe, Abt des Mamas-Klosters


Lebensdaten <strong>Symeon</strong>s (949–1022) (2)<br />

• 986/7 Tod des <strong>Symeon</strong> Eulabes <strong>und</strong> erneute Vereinsamung, Beginn<br />

des Heiligenkultes:<br />

… Da vermochte ich sogleich zu glauben, dass ein kleiner Wasserstrahl,<br />

wenn er nur andauert, des Felsens Härte aushöhlt,<br />

<strong>und</strong> dass wahrlich nichts unwandelbar ist im Leben. …<br />

… Weh dem, der das Flüchtige des Lebens<br />

als beständig sieht <strong>und</strong> daran sich erfreut!<br />

Das selbe wird er erleiden wie ich Unseliger:<br />

Nacht trennte mich vom liebsten Bruder<br />

<strong>und</strong> teilte das unteilbare Licht der Liebe. (H. 10).<br />

• 998 Mönchsrevolte, ab 1003 Streit mit Angehörigen des Episkopats<br />

• 1005 Resignation als Abt, 1009 Prozess vor dem Patriarchatsgericht<br />

(endemusa) <strong>und</strong> Verbannung nach Chrysupolis (Üsküdar)<br />

• 1011 Rehabilitation, aber nunmehr freiwilliges Exil in Chrysupolis<br />

• Tod am 12. März 1022


Der Name <strong>Symeon</strong> <strong>Neos</strong> <strong>Theologos</strong><br />

• <strong>Symeon</strong>: Wahl des Mönchsnamens normalerweise mit<br />

gleichem Anfangsbuchstaben wie Taufnamen; er aber<br />

nach seinem pneumatikos pater <strong>Symeon</strong><br />

• neos: griechisch ein Wort mit zwei gleichwertigen<br />

Bedeutungen (in vielen europäischen Sprachen), neu<br />

<strong>und</strong> jung – beides gemeint. Die wissenschaftliche<br />

Debatte in der Vergangenheit ob neu oder jung hat<br />

daher komische Züge.<br />

• theologos: („der mit Gott spricht“, der über Gott lehrt“):<br />

Vorbilder Johannes <strong>Theologos</strong> <strong>und</strong> Gregorios <strong>Theologos</strong><br />

(Nazianzenos)


<strong>Symeon</strong>s schriftliche<br />

Hinterlassenschaft (1)<br />

• Prosa:<br />

• Katecheseis: an die Mönche des Klosters gerichtete Predigten<br />

• theologischen <strong>und</strong> ethischen Traktate<br />

• Kephalaia (capita)<br />

• Briefe<br />

• Dichtung – 58 „Hymnen“:<br />

• die meisten wahrscheinlich erst im Exil entstanden<br />

• nicht Hymnen im geläufigen religiösen bzw. christlichen Kontext des<br />

Begriffes im Sinne der kirchlichen Hymnographie<br />

• Versuch eigenes Erleben anderen zu vermitteln: vgl. Lehrgedichte,<br />

metrische Predigten<br />

• Auch Lyrik (in Byzanz selten), z. B. H. 57:


<strong>Symeon</strong>s schriftliche<br />

Hinterlassenschaft (2)<br />

In Schatten gefangen, sehe ich Wahrheit;<br />

sie ist nichts anderes als die sichere Hoffnung.<br />

Welche Hoffnung denn? – Die die kein Auge sah.<br />

Was also ist sie? – Das Leben, nach dem wir alle uns sehnen.<br />

Was aber ist Leben, wenn nicht Gott, der Schöpfer des Alls? 5<br />

Ihn ersehne <strong>und</strong> hasse die Welt!<br />

Welt ist Tod, was hat sie Unvergängliches? (H. 57)<br />

• Edition von Niketas Stethatos nach 1035<br />

• Der Titel der Sammlung „ton theion hymnon hoi erotes“ („Die<br />

Liebeserfüllungen / Liebesekstasen der göttlichen Hymnen“) stammt<br />

von Niketas Stethatos<br />

• knapp 11000 Verse, akzentuierende (nicht quantitierende) Metren,<br />

wovon etwa die Hälfte in Fünfzehnsilbern (polítikos stichos,<br />

„politischer Vers“, also „Hauptstadtvers“)


Gründe für die Abfassung der<br />

„Hymnen“<br />

• Anderes Genre als Katechesen, daher spontaner, emotionaler,<br />

intensiver<br />

• Zwang zu schreiben, gegen seinen Willen, auf Befehl des Heiligen<br />

Geistes (H. 1.42-45):<br />

Ich wollte schweigen (ach, wenn ich es nur könnte!),<br />

doch das erschütternde W<strong>und</strong>er bewegt mein Herz<br />

<strong>und</strong> zwingt mich, meinen befleckten M<strong>und</strong> zu öffnen<br />

<strong>und</strong> bringt mich gegen meinen Willen dazu, zu sprechen <strong>und</strong> zu schreiben.<br />

• Nächstenliebe – auch andere sollen teilhaben:<br />

... <strong>und</strong> alle sollen erleuchtet werden, nach dem Maß<br />

des Glaubens, des Handelns, der Hoffnung <strong>und</strong> der Liebe,<br />

der Reinigung <strong>und</strong> der Erleuchtung durch Deinen Heiligen Geist,<br />

Gott, Du allein langmütiger Richter aller ... (H. 1.144-147)


Vorbilder <strong>und</strong> Quellen (1)<br />

• AT bes. Psalmen <strong>und</strong> Genesis<br />

• NT bes. Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15,11ff.),<br />

Römerbrief <strong>und</strong> die Korintherbriefe<br />

• die Theologen:<br />

• Prolog des Johannes-Evangeliums, 1. Johannes-Brief<br />

• Gregor von Nazianz, „Auf sein eigenes Leben“:<br />

Die Absicht dieser Rede ist, meiner bösen Taten<br />

Weg zu erforschen – oder auch meiner rechten Taten …<br />

… Unterweisung <strong>und</strong> Süßigkeit für die Jugend zugleich,<br />

ein erfreuender Trost. An euch aber richten sich meine Rede,<br />

die ihr einst mit uns gewesen, nun aber Fremde seid,<br />

alle, die eines Glaubens mit mir sind, sei auch ein Abweichler darunter.


Vorbilder <strong>und</strong> Quellen (2)<br />

• Gregor von Nazianz, Nachruf auf seinen 379 verstorbenen Fre<strong>und</strong><br />

Basileios von Kaisareia, vgl. <strong>Symeon</strong>, H. 39.8-10:<br />

... Die Sehnsucht (pothos) nach Dir ist größer<br />

<strong>und</strong> überdeckt jede menschliche Liebe (agape)<br />

<strong>und</strong> vertreibt die Liebeserfüllungen der fleischlichen Freuden (hedonai) ...<br />

Beispiele für eros bei <strong>Symeon</strong> (H. 20.236f., H. 29.339-348):<br />

... Du entfachst eine mächtige Flamme göttlichen Liebens<br />

<strong>und</strong> pflanzt mir den eros göttlicher Sehnsucht gleich einem Feuer ein ...<br />

... Mich zu sehnen, soviel ich will, ist Sehnsucht über aller Sehnsucht,<br />

<strong>und</strong> ich zwinge meine Natur, über die Natur hinaus (hyper physin) zu lieben.<br />

Doch der schwachen Natur schwindet selbst die Kraft,<br />

die sie besitzt, <strong>und</strong> sie erstirbt unerwartet.<br />

Der eros aber, desto mehr auflebend, lebt in mir <strong>und</strong> blüht.


<strong>Mystiker</strong> <strong>und</strong> Gottesschauer: die<br />

unverdiente Gnade<br />

• Jesu Verklärung am Berg <strong>und</strong> andere ntl. Vorbilder (H. 11.75-78):<br />

... Diesen habe ich gef<strong>und</strong>en, den sie von ferne sahen,<br />

den Stephanos gesehen hat, als sich die Himmel öffneten,<br />

<strong>und</strong> später wieder Paulos, der durch seine Schau geblendet wurde,<br />

ihn sah ich wahrhaft ganz als Feuer inmitten meines Herzens.<br />

• Unverdientheit der Visionen (H. 55.1-5):<br />

Du kennst mich, Christus, als Täter jeglicher<br />

Ungesetzlichkeit <strong>und</strong> Werkzeug von Bösem aller Art.<br />

Dies weiss ich ja auch <strong>und</strong> bin voll der Schande,<br />

der Schmerz von Scham <strong>und</strong> Trauer drückt mich nieder<br />

<strong>und</strong> unerträgliches Weh hält mein Herz fest.<br />

• Die Lichtschau ist ausschließlich ein Gnadenakt Gottes (H. 11.15f.:<br />

Die durch die Apostel an Christus glauben<br />

empfingen auch die Gnade als ein Geschenk des Glaubens.


Pflicht aller Menschen, sich um die<br />

Schau zu bemühen<br />

• Jeder Mensch ist sündig, kann <strong>und</strong> muss aber die Gottesschau<br />

erstreben (H.27.127-136):<br />

Sagt nicht, dass die Menschen das göttliche Licht nicht sehen<br />

oder dass es in diesen Zeiten unmöglich sei!<br />

Niemals ist dies unmöglich, Fre<strong>und</strong>e,<br />

sondern sehr wohl möglich denen, die es wollen;<br />

nur denen freilich, die im Leben Reinigung von den Leidenschaften<br />

erfuhren,<br />

die das Auge der Erkenntnis gereinigt hat,<br />

den anderen aber wurde Blendung, Unreinheit der Sünden zuteil,<br />

die hier wie dort vom göttlichen Licht trennt<br />

<strong>und</strong> – täuscht euch nicht! – dem Feuer <strong>und</strong> der Finsternis überantwortet.


Verlauf der Visionen (1)<br />

• Zahlreiche Darstellungen in unterschiedlicher Ausführlichkeit; kurz:<br />

In meiner Zelle sitze ich Nacht <strong>und</strong> Tag.<br />

Unsichtbar <strong>und</strong> unerkannt ist die Liebe bei mir;<br />

ausserhalb aller Geschöpfe, ist sie doch wiederum in allen,<br />

sie ist Feuer, sie ist Glanz, sie wird zur Lichtwolke,<br />

besteht aus Sonne. (H. 17.319-327) oder:<br />

Sie erstrahlt in mir ... wie die Sonne oder die Sonnenscheibe,<br />

zeigt sich wie eine Kugel, wie ein Licht, wie eine Flamme. (H. 1.38-40)<br />

• Detailreicher:<br />

Wie ein Stern wird es (das Licht) von mir gesehen, der in der Ferne aufgeht,<br />

<strong>und</strong> wiederum ist es gleich einer großen Sonne,<br />

die nicht Maß noch Gewicht noch Grenzen in ihrer Größe hat,<br />

<strong>und</strong> es wird zum kleinen Flackern, das doch als Flamme zu sehen ist<br />

das sich in meinem Herzen, in meinem Innern<br />

vielfach bewegt <strong>und</strong> alles in meinem Leib<br />

entflammt <strong>und</strong> zu Licht macht. (H. 22.5-11)


Verlauf der Visionen (2)<br />

• eine ausführlichere Verlaufsschilderung (H. 25.5-19):<br />

Ich saß beim Licht einer Lampe, die mir leuchtete<br />

<strong>und</strong> die mir Dunkel <strong>und</strong> Finsternis der Nacht erhellte,<br />

<strong>und</strong> ich meinte, mich im Licht mit der Lesung zu befassen,<br />

meinte, Wörter zu erforschen <strong>und</strong> deren Verknüpfungen zu erwägen.<br />

Als ich mich nun damit beschäftigte, Herr,<br />

da erschienst du mir plötzlich von oben, viel größer als eine Sonne<br />

<strong>und</strong> leuchtetest aus den Himmeln bis in mein Herz,<br />

alles andere sah ich als tiefe Finsternis,<br />

nur eine Lichtsäule durchschnitt die ganze Luft<br />

<strong>und</strong> reichte aus den Himmeln bis zu mir, dem Elenden.<br />

Sogleich vergaß ich das Licht meiner Lampe,<br />

vergaß, dass ich in meiner Behausung war.<br />

Ich meinte, in des Dunkels Luft zu sitzen,<br />

hatte selbst von meinem Körper keinerlei Wahrnehmung mehr<br />

<strong>und</strong> sprach zu Dir <strong>und</strong> spreche noch jetzt aus der Tiefe meines Herzens.


• Verlauf der Visionen (3)<br />

• Die Beziehung des Dunkels (skotos) zum Licht (H. 25.45.-53):<br />

Ich verharrte inmitten der Finsternis sitzend, ich weiß es;<br />

In ihrem Innern, umhüllt von der Finsternis,<br />

erschienst du mir als Licht, erleuchtetest mich mit Deinem ganzen Licht,<br />

<strong>und</strong> ich wurde zu Licht, der ich doch in der Finsternis war.<br />

Weder erfasste die Finsternis Dein Licht zur Gänze,<br />

noch vertrieb das Licht die sichtbare Finsternis,<br />

nein, sie waren vermengt unvermischt, ganz getrennt,<br />

fern von einander, wie es sein soll, nicht vermischt,<br />

jedoch zugleich alles erfüllend, wie ich glaube.<br />

• Die Visionen werden vielfältiger, Christus spricht (H. 22.14-24):<br />

Ich bin der süße Stern, von dem du einst vernahmst,<br />

dass er von Jakob ausging, zweifle nicht! …<br />

… Ich zeige mich dir als Strahl <strong>und</strong> lasse mich dir als Flamme sehen;<br />

ohne zu verbrennen brenne ich die Leidenschaften deines Herzens aus,<br />

mit der Kühle der Süße <strong>und</strong> meiner göttlichen Gnade<br />

wasche ich deine Befleckung ab ...


Demut <strong>und</strong> Tränengabe<br />

• Gott spricht zu <strong>Symeon</strong> (H. 55.80-85):<br />

Du weißt, wie viel du geweint <strong>und</strong> dich zerknirscht hast,<br />

wie du der ganzen Welt entsagt hast, <strong>und</strong> ich mit Mühe,<br />

die Gebete deines Vaters <strong>Symeon</strong> erhörend,<br />

dich anfangs allein in deinem Geist, in deiner geistigen Wahrnehmung<br />

meiner Stimme für würdig befand, dann auch eines Lichtstrahls,<br />

um dir dann als Leuchten zu erscheinen, in meiner Menschenliebe ...<br />

• <strong>Symeon</strong> bittet um die Tränengabe (H. 4.85-89):<br />

Gewähre mir Tränen der Reue,<br />

Tränen der Sehnsucht, Tränen des Heils,<br />

Tränen, die das Dunkel meines Denkens reinigen<br />

<strong>und</strong> von oben her mich erstrahlen lassen,<br />

der Dich schauen will, das Licht der Welt!


Die Trinität:<br />

Personen der Gottesschau<br />

Licht ist der Vater, Licht der Sohn, Licht der Heilige Geist.<br />

Sieh, was du sagst, Bruder, sieh, dass du nicht fehlgehst:<br />

Ein Licht sind die drei, eines, nicht getrennt,<br />

sondern vereint in drei Personen unvermischt;<br />

denn Gott ist gänzlich unteilbar in der Natur<br />

<strong>und</strong> im Wesen wahrhaft über jedem Wesen. (H. 33.1-6)<br />

… das eine Licht der heiligen Dreifaltigkeit,<br />

dreifach unteilbar geteilt, eines in drei ‚Charakteren’,<br />

unerkennbar, doch erkannt, soweit es will … (H. 2.91-94)


Dimensionen der Gottesschau<br />

• Die umfassende Wirkung auf <strong>Symeon</strong>:<br />

... <strong>und</strong> er, der nicht in dieser Welt ist, liebt mich,<br />

<strong>und</strong> ich liebe ihn, der nirgends in der sichtbaren Welt ist;<br />

ich sitze auf meiner Ruhstatt, bin ausserhalb der Welt,<br />

<strong>und</strong> inmitten meiner Zelle sehe ich den ausserhalb der Welt<br />

Seienden <strong>und</strong> ich spreche auch mit ihm<br />

<strong>und</strong> – Kühnheit es auszusprechen! – ich küsse ihn <strong>und</strong> er mich.<br />

Ich esse, nähre mich wohl, nur durch die Schau,<br />

<strong>und</strong> überschreite die Himmel, mit ihm vereint.<br />

Und ich weiss, dass dies wahrhaft <strong>und</strong> sicher geschieht,<br />

doch wo dann mein Körper ist, weiss ich nicht. (H. 13.61-70)<br />

Plötzlich zeigt er sich mir, gleichsam vor dem Antlitz aufleuchtend,<br />

solchermaßen vollkommen in mir aufblitzend erscheint er<br />

<strong>und</strong> als ganzer erfüllt er mich Demütigen zur Gänze<br />

mit Freude, mit Begierde <strong>und</strong> göttlicher Süße. (H. 8.63-66)


Empfindungen <strong>Symeon</strong>s<br />

• Wirkung der „göttlichen Leidenschaftslosigkeit“ (theia apatheia) (H.<br />

46.32-37):<br />

... sie bewirkt in mir unsägliche Lust des Zusammenseins<br />

Und unermessliche Sehnsucht der Ehe göttlicher Vereinigung;<br />

da auch ich daran teilhatte, wurde ich leidenschaftslos,<br />

befeuert durch die Lust, entflammt durch ihre Sehnsucht,<br />

über jeder Leidenschaft stehend, ausserhalb alles Bösen.<br />

„Vergöttlichung“ in der Vision:<br />

O Tiefe der Geheimnisse, o Höhe des Ruhmes,<br />

o Aufstieg, o Vergöttlichung, o Reichtum,<br />

o unsägliche Erleuchtung dessen, was gesprochen wurde! (H. 24.268-270)<br />

... durch sie reinigt er auch den ganzen Leib gänzlich,<br />

<strong>und</strong> macht dich zu Gott der Gnade nach,<br />

gleich dem Urbild, o W<strong>und</strong>er! (H 44.162-165)


<strong>Symeon</strong>s (<strong>und</strong> aller Menschen)<br />

Streben in den Visionen<br />

• Streben nach Vereinigung mit Gott, nach „Vergöttlichung“<br />

• Der Schöpfer erfasst die Seele des Geschöpfes (H. 30.590-595):<br />

Wenn das göttliche Feuer in sie fällt, entfacht es auch sie,<br />

entflammt <strong>und</strong> befeuert sie durch Vereinigung <strong>und</strong> Bindung<br />

<strong>und</strong> bewirkt die Untrennbarkeit des Geschöpfes vom Schöpfer.<br />

• Doch hält <strong>Symeon</strong> klar an der Unterscheidung zwischen<br />

menschlicher Natur (anthropos physei) <strong>und</strong> göttlicher Gnade (theos<br />

chariti) fest (H. 30.457-462):<br />

Mensch bin ich nach der Natur, Gott der Gnade nach.<br />

Sieh, welche Gnade ich meine, die Vereinigung mit ihm,<br />

fühlbar <strong>und</strong> wahrnehmbar, seinsmäßig <strong>und</strong> geistig.

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