Wir bilden aus - Schwäbische Post
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BERUFLICHE SCHULZENTREN IM OSTALBKREIS Samstag, 13. November 2010 18<br />
Kreativ<br />
mit<br />
edlem<br />
Metall<br />
Berufskolleg für Design,<br />
Schmuck und<br />
Gerät in Schwäbisch<br />
Gmünd bildet seit 22<br />
Jahren Gold- und Silberschmiede<br />
<strong>aus</strong><br />
Walk on the wild side. Frei<br />
übersetzt: Wage ein Abenteuer.<br />
Der Song von Lou Reed ist<br />
ihr Motto für die nächste Münchner<br />
Schmuckmesse im Frühjahr,<br />
die „Inhorgenta“. Die Schülerinnen<br />
und Schüler des Berufskollegs<br />
für Design, Schmuck und Gerät in<br />
Schwäbisch Gmünd tüfteln zurzeit<br />
an Ideen. Schmuck, der für ein<br />
Abenteuer steht, wollen sie bei der<br />
„Inhorgenta“ zeigen. Ein Besuch<br />
im Gmünder Arenh<strong>aus</strong>.<br />
„Vom Ruf her ist dies die beste<br />
Schule“, erklärt Diana Württemberger,<br />
weshalb sie am Berufskolleg<br />
lernt. Sie ist im zweiten Ausbildungsjahr<br />
und arbeitet fleißig an<br />
ihrem „Inhorgenta“-Entwurf. Es<br />
soll ein Ring werden. So groß, dass<br />
ein Lippenstift reinpasst. Erklärt<br />
sie, die Feile in der Hand, den Entwurf<br />
vor sich auf dem Tisch wie<br />
auch den Lippenstift.<br />
Diana Württemberger ist eine<br />
von gut 70 angehenden Gold- und<br />
Silberschmieden. Präziser formuliert:<br />
Staatlich geprüften Designern<br />
Schmuck und Gerät. Deren<br />
Motivationen und Vor<strong>aus</strong>setzungen<br />
für diese dreijährige Ausbildung<br />
sind unterschiedlich: „Mir<br />
macht das Handwerkliche Spaß“,<br />
sagt Julia Sailer <strong>aus</strong> Böhmenkirch.<br />
Sie will nach der Ausbildung die<br />
Meisterprüfung anpacken, an der<br />
ebenfalls in Gmünd beheimateten<br />
Fachschule für Gestaltung –<br />
Schmuck und Gerät. Dann will sie<br />
sich selbstständig machen, eine ei-<br />
Von der Idee über den Entwurf bis zum fertigen Schmuck – die Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs<br />
für Design, Schmuck und Gerät bei der Arbeit am Werkbrett.<br />
gene Werkstatt eröffnen.<br />
Christine Laxy geht einen ganz<br />
anderen Weg: Sie ist Ärztin, hat<br />
in diesem Beruf auch schon gearbeitet.<br />
„Der Schmuck der Patienten<br />
hat mich begeistert“, erzählt<br />
sie, wie sie ins Arenh<strong>aus</strong> kam. Ihre<br />
Perspektive: die Selbstständigkeit.<br />
„In mehreren Berufen geschnuppert“<br />
hat dagegen Daniel Knöll. Als<br />
Systemelektroniker hat er eine<br />
Ausbildung begonnen und dann<br />
abgebrochen. „Design, das fand<br />
ich schon immer interessant“, sagt<br />
er. Deshalb will er nach der Ausbildung<br />
am Berufskolleg ein Design-<br />
Studium anhängen – im Bereich<br />
Auto-Design. Vom Schmuck zum<br />
Auto? „Kreativität hat keine Grenzen“,<br />
sagt dazu der junge Mann.<br />
Sie wisse noch nicht, was sie nach<br />
der Ausbildung am Berufskolleg<br />
machen werde, sagt dagegen die<br />
Abiturientin Rebecca Forster. Ins<br />
Arenh<strong>aus</strong> kam sie durch Freunde,<br />
auch weil sie „etwas Handwerkliches“<br />
machen wollte.<br />
Fünf Schüler, die ein Querschnitt<br />
der <strong>aus</strong> ganz Deutschland<br />
stammenden Auszu<strong>bilden</strong>den im<br />
Arenh<strong>aus</strong> sind. „Eine BRD im Kleinen“,<br />
nennt dies Arenh<strong>aus</strong>-Chef<br />
und Studiendirektor Dr. Werner<br />
Sand. Das Berufskolleg gibt es seit<br />
1988. Zu jener Zeit standen bei den<br />
Schülern das Künstlerische und<br />
das Handwerkliche im Vordergrund.<br />
Dieses habe sich in den vergangenen<br />
Jahren etwas verschoben,<br />
sagt Sand. Denn Gold und Sil-<br />
ber werden weniger und auch teurer,<br />
und es gibt keine Gewissheit,<br />
dass allein mit dem Handwerk des<br />
Gold- und Silberschmieds ein Leben<br />
lang ein Auskommen zu erzielen<br />
ist. „Deshalb“, sagt Sand,<br />
„müssen wir den Schülern die<br />
Möglichkeit eines Studiums offen<br />
halten.“<br />
Dafür ist die Ausbildung zum<br />
„Staatlich geprüften Designer<br />
Schmuck und Gerät“ eine gute Vor<strong>aus</strong>setzung.<br />
Die Chancen unserer Schüler<br />
auf ein Studium sind unheimlich<br />
hoch“, sagt die Goldschmiedin<br />
Sibylle Don. Sie ist eine von zwölf<br />
Lehrkräften am Arenh<strong>aus</strong>. Was<br />
vermitteln sie den Schülern in drei<br />
Jahren? Zusammengefasst den<br />
Weg von den Ideen über die Entwürfe<br />
bis zum Schmuck. Dazwischen<br />
liegen das Erlernen von<br />
Kreativtechniken, das Zeichnen<br />
von Schmuckstücken, plastisches<br />
Gestalten, Material formen und<br />
bearbeiten und handwerkliche<br />
Techniken wie Ziselieren, Gravieren<br />
oder Emaillieren. Nach drei<br />
Jahren sind die Schüler, wenn sie<br />
ihre Prüfungen bestehen, „Staatlich<br />
geprüfte Designer Schmuck<br />
und Gerät“. Oder einfach Goldund<br />
Silberschmiede. Nicht aber<br />
Gesellen. Diesen sind sie zwar<br />
gleichgestellt, dürfen sich jedoch<br />
nicht so nennen. Gesellen, erläutert<br />
Studiendirektor Sand, sind nur<br />
diejenigen, die eine Ausbildung in<br />
einer Gold- und Silberschmiede<br />
durchlaufen haben, inklusive<br />
theoretischem Teil an der Berufsschule<br />
auf dem Hardt.<br />
Dies ist – neben Berufskolleg und<br />
Fachschule zur Meister<strong>aus</strong>bildung<br />
– der dritte Zweig der Edelmetall-<br />
Ausbildung in Schwäbisch<br />
Gmünd. Allerdings, sagt Sand, tendiere<br />
die Ausbildungsbereitschaft<br />
in den Betrieben gegen Null. Dies,<br />
wie auch die Zukunft des vor 22<br />
Jahren im Arenh<strong>aus</strong> gegründeten<br />
Berufskollegs, beschäftigt den Studiendirektor.<br />
Anliegen des Kollegs war, den<br />
Beruf des Gold- und Silberschmieds<br />
nicht <strong>aus</strong>sterben zu lassen.<br />
Doch Sand sieht, dass Gold<br />
und Silber endlich sind und teurer<br />
werden. Er sieht aber auch, dass<br />
Gold und Silber in Schwäbisch<br />
Gmünd etwas Besonderes sind.<br />
Deshalb hat Sand die Idee eines<br />
weiterführenden Studiums entwickelt.<br />
Diese sieht so <strong>aus</strong>: Schmuckstücke<br />
sollen nicht mehr <strong>aus</strong> Gold,<br />
Silber oder Platin, sondern <strong>aus</strong> anderen<br />
Materialien hergestellt werden.<br />
Den naturwissenschaftlichen<br />
Teil, diese Materialien zu entwickeln,<br />
sieht Sand bei der Fachhochschule<br />
Aalen, beim Forschungsinstitut<br />
für Edelmetall und<br />
Metallchemie FEM oder Umicore<br />
Galvanotechnik in Gmünd. Gespräche<br />
hat er auch mit der Hochschule<br />
für Gestaltung geführt. In<br />
der auf Produkt- und Mediende-<br />
Fortsetzung auf Seite 19