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Download der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum - Richard ...

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06<br />

Mit <strong>der</strong> „Tonhalle“ an <strong>der</strong><br />

Lindenstraße erhielt Minden 1871<br />

erstmals ein ansprechendes Gebäude für<br />

Konzerte und Theateraufführungen.<br />

Die zahlreicher anzutreffenden Konzerte <strong>der</strong> Militärkapellen<br />

o<strong>der</strong> privat zusammengestellten Ensembles boten <strong>zum</strong>eist<br />

leichtere Unterhaltungsmusik und dienten z. B. zur<br />

Untermalung eines Sonntagsausflugs in einem <strong>der</strong> vielen<br />

Lokale außerhalb <strong>der</strong> Stadtmauern. Eine Musikpflege, die<br />

mit großen Konzerten und Opern den Ansprüchen eines<br />

mo<strong>der</strong>nen, großstädtischen Publikums Genüge geleistet<br />

hätte, scheiterte ganz einfach auch an den fehlenden<br />

Räumlichkeiten in Minden, da außer den Kirchenbauten<br />

und einigen wenigen Gaststätten kaum adäquate Säle zur<br />

Verfügung standen. Insofern konzentrierte sich das Mindener<br />

Musikleben im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t auf die Kirchenmusik<br />

und das Laienelement, welches sich in bürgerlichen Gesangvereinen<br />

und Lie<strong>der</strong>kreisen zusammenfand. 7<br />

Seit 1797 bestand mit einer Scheune an <strong>der</strong> Hahler Straße<br />

erstmals ein „festes“ Theatergebäude in Minden, das 1807<br />

in eine ebensolche „Kunstscheune“ an den Petrikirchweg<br />

(heute rückwärtiger Teil von Obermarktstraße 34) verlegt<br />

wurde. Dieses privat betriebene „Schauspielhaus“, manchmal<br />

auch zutreffen<strong>der</strong> als „Comödienhaus“ bezeichnet,<br />

wurde vornehmlich an wan<strong>der</strong>nde Theatergesellschaften<br />

vermietet. 8 Die bisweilen vollmundig als „Thaliens Tempel“<br />

bezeichnete Einrichtung erregte eher durch seine baulichen<br />

Mängel Aufsehen denn durch kulturelle Höchstleistungen.<br />

1823 drohten die eingebauten Logen einzustürzen<br />

und konnten erst zwei Jahre später durch Spenden <strong>der</strong><br />

Bürger repariert werden, während das Dach in einem so<br />

schlechten Zustand war, dass es „den Blick in den Himmel<br />

gestattete.“ 1854 wurde das Haus aus baupolizeilichen<br />

Gründen geschlossen, doch musste man die „Kunstscheune“<br />

kurz darauf notdürftig wie<strong>der</strong> herrichten, da ein geplanter<br />

städtischer Theaterneubau aus finanziellen Gründen<br />

gescheitert war. Auch um das Auftreten des Publikums<br />

war es dort nicht immer <strong>zum</strong> Besten bestellt, sodass z. B.<br />

Geschwätz, Kin<strong>der</strong>geschrei und jugendliche Randalierer<br />

den Kunstgenuss trübten. 1859 schil<strong>der</strong>te ein Beobachter<br />

im Minden-Lübbecker Kreisblatt sogar: „Minden, 24.<br />

Oktober. [Musikalisches.] Mit dem Einzugsmarsch aus R.<br />

Wagner‘s Oper „Tannhäuser“, eröffnete gestern Herr Musik-Director<br />

Wahnschaffe den Cyclus seiner Winter-Concerte.<br />

Das gewählte Programm fand allgemeinen Beifall<br />

und die Ausführung war, wie wir es unter solchem Dirigenten<br />

nur gewohnt sind, ausgezeichnet, so daß einigemal<br />

Das 1908 neben <strong>der</strong> Tonhalle<br />

eingeweihte Stadttheater erweiterte<br />

das kulturelle Angebot in Minden<br />

und arbeitete später eng mit dem<br />

Wagnerverband zusammen.<br />

ein gewaltiger Beifallssturm hervorbrach. – Das einzige<br />

Element, was diesmal wie auch bei früheren Concerten<br />

störend in den Weg trat und Manchem diese reine Freude<br />

trübte, war <strong>der</strong> Tabacksrauch. Es ist daher wohl Zeit,<br />

daß endlich den Wünschen <strong>der</strong> Damen auch Rechnung<br />

getragen wird. Aber auch die Executirenden und namentlich<br />

die Blasinstrumente haben stark zu leiden, wie das<br />

je<strong>der</strong> Musikverständige wissen wird. Der beißende Qualm<br />

macht die Lippen spröde und diese versagen zuletzt den<br />

Dienst. Wie wir hören, soll fortan das Rauchen erst nach<br />

dem Schlusse des ersten Theiles gestattet werden, und dies<br />

scheint uns <strong>der</strong> beste Ausweg zu sein.“ 9 Erst 1871 erhielt<br />

die Stadt Minden durch Spendensammlung <strong>der</strong> Bürger mit<br />

<strong>der</strong> Tonhalle an <strong>der</strong> Lindenstraße einen ansprechenden<br />

Aufführungsraum für Theater- und Musikdarbietungen. Einen<br />

allen mo<strong>der</strong>nen Anfor<strong>der</strong>ungen entgegenkommenden<br />

Musentempel erhielt Minden erst weitere 40 Jahre später,<br />

mit <strong>der</strong> Eröffnung des benachbarten Stadttheaters am 1.<br />

Oktober 1908. 10 Bühne und Orchestergraben waren freilich<br />

einer adäquaten Aufführung großer Opern, namentlich<br />

<strong>der</strong> Wagnerschen Musikdramen, immer noch nicht<br />

voll gewachsen. Insofern erschien Wagner in den Spielplä-<br />

7 Jürgen Brandhorst, Musikgeschichte <strong>der</strong> Stadt Minden. Schriften zur Musikwissenschaft aus Münster, Band 3. Hamburg/ Eisenach 1991, S. 293-303.<br />

8 Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen, Bd. 50 Stadt Minden, Teil IV, Altstadt 3, Die Profanbauten, Teilband 2, Essen 2000, S. 1694. Marianne Nordsiek, „…daß Minden viele Freunde <strong>der</strong> dramatischen<br />

Kunst zählt“. Die Mindener Theatergeschichte bis 1854 / Sie begann mit Wan<strong>der</strong>bühnen des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts, in: Mindener Tageblatt vom 27.6.1981 (<strong>Jubiläum</strong>s-Ausgabe), S. 2-4. Vgl. auch: Arno Tänzel,<br />

Von <strong>der</strong> Kunstscheune <strong>zum</strong> Stadttheater. Die dramatische Kunst in <strong>der</strong> Stadt Minden, in: Mindener Tageblatt vom 3.10.1931 (<strong>Jubiläum</strong>s-Ausgabe).<br />

9 Minden-Lübbecker Kreisblatt vom 26.10.1859. Vgl. auch: Hans-Peter Holzhäuser, Ein lebendiger Spiegel <strong>der</strong> Geschichte. Kulturberichterstattung als<br />

Gegengewicht <strong>zum</strong> Tempo <strong>der</strong> Zeit / Eingebettet in das tägliche Geschehen, in: Mindener Tageblatt vom 27.6.1981 (<strong>Jubiläum</strong>s-Ausgabe), S. 9-10.

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