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SCHRIFfEN des Vereins für Geschichte und ... - Baarverein.de

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<strong>SCHRIFfEN</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

<strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />

Dona ueschingen<br />

37. Band -1991<br />

Selbstverlag <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />

7710 Donaueschingen 1991


Schriftleitung: Dr. Karl Kwasnüschka<br />

Die Autoren sind <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Inhalt ihrer Arbeit selbst verantwortlich<br />

ISSN 0340-4765<br />

ISBN 3-88277-015-5<br />

Druck: Moog-Druck, 7713 Hüfingen<br />

Lithos: Industrie-Repro, 7730 Villingen-Schwenningen<br />

Printed in Gerrnany


Vorwort<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Georg Goerlipp<br />

Der älteste Donaueschinger Grenzstein am Laubenhauser Brunnen<br />

Rolf König<br />

Zur Deutung <strong>de</strong>r Bergnamen Lupfen <strong>und</strong> Karpfen<br />

Emil Ketterer<br />

Vorgeschichte Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmale im Raum Löffingen<br />

Thomas Maya <strong>und</strong> Bernd Volzer<br />

Das Krumpenschloß<br />

Kar! Kwasnitschka<br />

Laubenhausen, eine befestigte keltische Siedlung<br />

Helmut Gehring<br />

Quantitative Brutvogelerfassung im<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis 1987<br />

Susanne Buchta-Hohm<br />

Zur alamannischen Besiedlung von Donaueschingen<br />

Olav Röhrer-Ertl<br />

Das alemannische Reihengräberfeld Donaueschingen-Tafelkreuz<br />

(6. bis 8 Jhdt. n. Chr.). Anthropologische Fallstudie<br />

zu Bevölkerungsbiologie <strong>und</strong> Bevölkerungsdichte<br />

Buchbesprechungen<br />

<strong>Vereins</strong>chronik<br />

Anschriften <strong>de</strong>r Verfasser<br />

Seite<br />

Abb. auf <strong>de</strong>r Vor<strong>de</strong>rseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Umschlags zeigt <strong>de</strong>n Ältesten Donaueschinger Grenzstein, Vor<strong>de</strong>ransicht,<br />

Draufsicht.<br />

7<br />

8<br />

12<br />

18<br />

32<br />

46<br />

77<br />

113<br />

127<br />

215<br />

217<br />

221


Vorwort<br />

Die Redaktion <strong><strong>de</strong>s</strong> vorliegen<strong>de</strong>n Ban<strong><strong>de</strong>s</strong> 37 <strong>de</strong>r Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar fiel mit <strong>de</strong>n Veranstaltungen zur 1100<br />

Jahrfeier <strong>de</strong>r Stadt Donaueschingen zusammen.<br />

Es ist <strong><strong>de</strong>s</strong>halb verständlich, daß sich einige Beiträge beson<strong>de</strong>rs mit <strong>de</strong>r<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Gemarkung dieser Stadt beschäftigen <strong>und</strong><br />

zeigen, daß lange vor <strong>de</strong>m Jahre 889, <strong>de</strong>r ersten urk<strong>und</strong>lichen Erwähnung von<br />

Donaueschingen, auf seiner Gemarkung bereits be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Siedlungen bestan<strong>de</strong>n<br />

haben.<br />

Wie stets, beschäftigen sich weitere Beiträge mit <strong>de</strong>r <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte<br />

von an<strong>de</strong>ren Orten <strong>de</strong>r Baar, sodaß sich auch <strong>de</strong>r Band 37 in die bewährte<br />

Tradition <strong>de</strong>r Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> einreiht.<br />

Zu danken haben wir allen Autoren, welche auch diesmal ihre Beiträge <strong>de</strong>m<br />

Verein kostenlos zur Verfügung gestellt <strong>und</strong> damit ihre Verb<strong>und</strong>enheit mit ihm<br />

gezeigt haben.<br />

Verständnisvolle Geldunterstützungen <strong>für</strong> die Drucklegung haben wie<strong>de</strong>r<br />

geholfen, die hohe Kostenbelastung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verein zu verringern. Wir haben zu<br />

danken:<br />

S.D. Joachim Fürst zu Fürstenberg<br />

Landra tsam t Sch warzwald-B aar-Kreis<br />

Stadt Donaueschingen<br />

Bezirkssparkasse Donaueschingen<br />

RolfL. Bonnert, Hüfingen<br />

7<br />

DM 2000<br />

DM 500<br />

DM 500<br />

DM 500<br />

DM 500<br />

Karl Kwasnitschka


8<br />

Der älteste Donaueschinger Grenzstein<br />

am Laubenhauser Brunnen<br />

von Georg Goerlipp<br />

Im sogenannten " Oberholz", eine m weitläufigen Waldgebiet zwischen Mistelbrunn<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>m Bregtal <strong>und</strong> zur Gemarkung Donaueschingen gehörend, steht an <strong>de</strong>r<br />

westlichen Grenze <strong>de</strong>r Waldabteilung "Ebene", ganz in <strong>de</strong>r Nähe <strong><strong>de</strong>s</strong> sogenannten<br />

" Laubenhauser Brunnens"(einer Quelle), ein steine rne r Zeuge, <strong>de</strong>r im Jahre 1989<br />

eine 400-jährige Existenz feiern konnte. Es han<strong>de</strong>lt sich um einen rechteckig behauenen<br />

Grenzstein aus he lle m Sandstein-Material, <strong>de</strong>r über <strong>de</strong>m Wald bo<strong>de</strong>n eine<br />

H öhe von 65 cm hat, in <strong>de</strong>r Breite 28 cm <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Tiefe 20-22 cm mißt. D er nicht<br />

behauene Sockel ist ca. 5 cm breiter <strong>und</strong> ti efer <strong>und</strong> hat eine Höhe von 60 cm. Dieser<br />

Stein markiert die Grenze zwischen <strong>de</strong>m D onaueschinger Stadtwald <strong>und</strong> einem<br />

westlich davon anschließen<strong>de</strong>n Waldgebiet <strong><strong>de</strong>s</strong> H au es Fürstenberg, <strong>de</strong>m<br />

sogenannten "Krumpenwald".<br />

In <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Stadtwald zugekehrten Seite ist oben die Jahreszahl 1589 als Jahr <strong>de</strong>r<br />

Setzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Steines eingehauen, darunter di e Steinnummer 32 <strong>und</strong> ganz unten<br />

in zwei Zeilen ,TO N ES I G O A". Auf Anhieb, d.h. beim ersten flüchtigen Lesen<br />

di eser bei<strong>de</strong>n Zeilen, wird <strong>de</strong>r Betrachter über <strong>de</strong>n Sinn di eser Buchstaben herumrätseln,<br />

wird dann aber feststellen, daß dieses Wort <strong>für</strong> " Donaueschingen" steht. Es<br />

war die Schreibweise <strong><strong>de</strong>s</strong> damaligen Steinh auers. Auf <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n Seite<br />

befin<strong>de</strong>n sich eingehauen ledi glich di e Buchstaben "FF" abkürzend fü r "Fürstentum<br />

Fürstenberg".<br />

Interessant <strong>und</strong> nicht alltäglich sind die Einmeißelungen auf <strong>de</strong>r rechteckigen<br />

oberen Fläche. Außer einer leicht abgewinkelten tiefen Linie, welche die Richtung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Grenzve rlaufes anzeigt, sind zwei überkreuzte Knochen mit natürlichen<br />

verbreiterten E n<strong>de</strong>n darüber eingehauen. Sie sollten sicherlich darauf hinweisen,<br />

daß ein unbefugtes Versetzen di eses Grenzzeugen wi<strong>de</strong>rrechtlich ist <strong>und</strong> bestraft<br />

wi rd.<br />

Dieser altehrwürdige Markstein wur<strong>de</strong> bei einer späteren Wald- bzw. Grenzvermessung<br />

teilweise wegen neuer aktueller Fakten überarbeitet, was daraus<br />

ersichtlich ist, daß di e heutige Steinnummer 32 in eine nachgearbeitete tieferliegen<strong>de</strong><br />

Fläche ei ngehauen ist. Hier war ursprünglich eine an<strong>de</strong>re Kennzeichnung.<br />

Sucht man nach einer fr üheren Beschreibung dieser Grenzlinie in <strong>de</strong>n Archivalien,<br />

so fi n<strong>de</strong>t man im ersten Band <strong><strong>de</strong>s</strong> vierbändigen Donaueschinger U rbars aus <strong>de</strong>m<br />

Jahre 1793, welches zu <strong>de</strong>n Bestän<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürstlich Fürstenbergischen Archives in<br />

D onaueschingen zählt, di e Bestätigung dieser Beobachtung.<br />

Aus eine m Text mi t <strong>de</strong>r Bezeichnung "Circumfe renz <strong>und</strong> Marckenbeschreibung<br />

über die Bänne <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> D onaueschingen" geht hervor, daß <strong>de</strong>r damalige<br />

" Marktflecken Donaueschingen", wie di e allgemeine Bezeichnung vor <strong>de</strong>r<br />

E rhebung zu " Stadt" im Jahre 181 0 (27. Januar) war, zwei Bänne sein eigen nann te.<br />

D as Vorwort di eses Kapitels lautet: " Vor allen Dingen i t zu wissen, daß di e Gemein<strong>de</strong><br />

Donaueschingen mi t zwey beson<strong>de</strong>ren Bännen versehen seye, in <strong>de</strong>m<br />

E rsten befind et sich vorzüglich zur Zeit di e Hoch<strong>für</strong>stLich Fürstenbergi che<br />

Resi<strong>de</strong>nz nebst <strong>de</strong>m Orth Donaueschingen elbst, wenigstens zum größten Theile,<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n zweiten Bann machet die <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> D onaueschingen zugehörige Waldung<br />

das Oberholz genannt aus. Bee<strong>de</strong> diese Bänne wer<strong>de</strong>n gegenwärtig in nachfolgen<strong>de</strong>r<br />

Ordnung, <strong>und</strong> zwar


A) zuerst <strong>de</strong>r Bann in weIchem sich gedachte Fürstliche Resi<strong>de</strong>nz <strong>und</strong> Respective<br />

<strong>de</strong>r Orth Donaueschingen befin<strong>de</strong>t <strong>und</strong> dann<br />

B) erwehnte Waldung das Oberholz beschrieben."<br />

In <strong>de</strong>r zweiten Abteilung, in weIcher <strong>de</strong>r Grenzverlauf <strong><strong>de</strong>s</strong> " Bannes Oberholz"<br />

beschrieben wird, fin<strong>de</strong>t man unter Stein-Nummer 25 diesen unseren beson<strong>de</strong>ren<br />

Grenzstein wie folgt beschrieben:<br />

" Von diesem Stein (Nr. 24) gehet es in <strong>de</strong>r vorigen Richtung 47 Ruthen 7 Schuhe zu<br />

einem ohnweit <strong>de</strong>m sogenannten Laubenhauser Brunnen stehen<strong>de</strong>n - rechts mit<br />

Nr. 25 - <strong>de</strong>r Jahreszahl 1589, <strong>de</strong>m Donaueschinger Fleckenzeichen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />

Buchstaben TONESIGOA Donaueschingen be<strong>de</strong>utend - <strong>und</strong> oben mit zwey<br />

kreuzweis über einan<strong>de</strong>r gelegten Todtenbeinern bemerkten viereckigt gehauenen<br />

- Sandsteinigten - ohngefehr zwey Schuhe hohen gleich vorigem Schei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Stein" .<br />

Auf <strong>de</strong>r Fläche <strong><strong>de</strong>s</strong> Steines, auf weIcher heute die Nummer 32 in die nachgebauene<br />

ca. 2 cm tieferliegen<strong>de</strong> Fläche eingemeißelt ist, befand sich <strong>de</strong>mnach ursprünglich<br />

di e Nr. 25 <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Mitte das " Donaueschinger F1eckenzeicben" . Mit<br />

diesem Zeichen - ein Kreis, darin in <strong>de</strong>r Mitte eine waagrechte Linie <strong>und</strong> über <strong>de</strong>rselben<br />

von <strong>de</strong>r Mitte ausgehend eine kürzere senkrechte Linie - das schon im späten<br />

18. Jahrh<strong>und</strong>ert als ein von schräg oben gesehener Sester (ein Fruchtmaß)<br />

bezeichnet <strong>und</strong> erklärt wur<strong>de</strong>, sind zahlreiche Grenzsteine sowohl im Oberholz als<br />

auch auf <strong>de</strong>m Schellenberg versehen, weIche städtische Gemarkungsgrenzen bzw.<br />

Waldabteilungsgrenzen markieren.<br />

D er sog. " Sester" kam seit 1790 auch auf <strong>de</strong>m Stempel <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>m Siegel <strong>de</strong>r<br />

Donaueschinger Gemein<strong>de</strong>verwaltung vor. Am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

scheint dieses Markierungs- o<strong>de</strong>r Erkennungsymbol nicht mehr verstan<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n<br />

zu sein o<strong>de</strong>r es wur<strong>de</strong> als zu einfach <strong>und</strong> bezuglos empf<strong>und</strong>en. Die Stadtverwaltung<br />

Donaueschingen suchte Rat <strong>und</strong> erbat Vorschläge <strong>für</strong> ein neues Stadtwappen vom<br />

9


10<br />

Badi chen Generallan<strong><strong>de</strong>s</strong>archiv in Karlsruhe. Dieses empfahl im Jahre 1895 als<br />

Inhalt eines weiß-blauen Wappenschil<strong><strong>de</strong>s</strong> ein sechsspeichiges Rad mit verkehrten<br />

Farben. Das sechsspeichige R ad wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Wappen <strong>de</strong>r im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert ausgestorbenen<br />

"Herren von Eschingen" entliehen.<br />

Die Rückseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Grenzsteines, wenn wir die beschei<strong>de</strong>nere Seite, was die Einmeißelung<br />

betrifft, so bezeichnen dürfen, zeigt heute nur die bei<strong>de</strong>n Buchstaben<br />

"FF". Die Kennzeichnung kann aber erst im o<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Jahre 1870 eingehauen<br />

wor<strong>de</strong>n sein, <strong>de</strong>nn in jenem Jahr hat das Haus Fürstenberg die Baulichkeiten <strong>und</strong> die<br />

Feld- <strong>und</strong> Waldgr<strong>und</strong>stücke <strong><strong>de</strong>s</strong> früheren <strong>und</strong> damals verganteten ,Krumpenhofes"<br />

käuflich erworben. Der Hof selbst lag unten im Bregtal am Zugang zum " Krumpendobel"<br />

<strong>und</strong> gehörte früher zur heute nicht mehr existieren<strong>de</strong>n selbständigen<br />

Gemarkung Bregenbach. Tatsächlich waren laut Eintragung im Donaueschinger<br />

Urbar vom Jahre 1793 dieser <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Grenzsteine, welche die Grenze zwischen<br />

<strong>de</strong>m Stadtwald von Donaueschingen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Waldgr<strong>und</strong>stücken <strong><strong>de</strong>s</strong> früheren<br />

Krumpenhofes markierten, auf <strong>de</strong>r Rückseite mit einem " K" versehen, was nach<br />

<strong>de</strong>r Beschreibung <strong>für</strong> " Krumpenhof" stand.<br />

Ursprünglich scheint dieser Grenzstein nicht <strong>de</strong>r einzige gewesen zu sein, <strong>de</strong>r die<br />

Jahreszahl 1589 trug, <strong>de</strong>nn in <strong>de</strong>m im Jahre 1793 exakt beschriebenen Grenzverlaufes<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> " Donaueschinger Oberholzes" wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n insgesamt 37 Grenzsteinen,<br />

welche <strong>de</strong>n Wald im Donaueschinger Oberholz eingrenzten, noch zwei<br />

weitere Steine aufgeführt, in welche diese Jahreszahl eingemeißelt war. Bei einem<br />

dieser Steine, <strong>de</strong>m Stein mit <strong>de</strong>r alten Nummer 22, vermerkt Philipp Jakob Kraus,<br />

<strong>de</strong>r <strong>für</strong>stlich <strong>für</strong>stenbergische Renovator, <strong>de</strong>r im Jahre 1793 das Donaueschinger<br />

Urbar erstellt hat, " ... daß darauf die Jahreszahl 1859 - anstat 1589 -" zu fin<strong>de</strong>n sei.<br />

Die meisten an<strong>de</strong>ren Grenzsteine tragen die Jahreszahl 1753 o<strong>de</strong>r 1760, Jahre in<br />

<strong>de</strong>nen Vermessungen tattgef<strong>und</strong>en haben müssen. Auffallend ist, daß diejenigen<br />

Grenzsteine, welche auf <strong>de</strong>r Grenze zwischen <strong>de</strong>m Stadtwald Donaueschingen <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>mjenigen von Bräunlingen stehen, die Jahreszahl 1742 tragen. Hier scheint schon<br />

in jenem Jahr eine Vermessung <strong>und</strong> FestJegung <strong>de</strong>r Grenze stattgef<strong>und</strong>en zu haben.<br />

Nun hat er, <strong>de</strong>r steinerne Zeuge im entlegenen tiefen Tannenforst <strong>und</strong> Wächter<br />

<strong>de</strong>r Grenze zwischen Waldungen <strong>de</strong>r Stadt Donaueschingen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Hause<br />

Fürstenberg, nach 400 Jahren noch einen Zwillingsbru<strong>de</strong>r erhalten. Im Jahre 1989,<br />

<strong>de</strong>m Jahr <strong>de</strong>r 1l00-Jahrfeier <strong>de</strong>r Stadt Donaueschingen, nahm S.D. Joachim<br />

Fürst zu Fürstenberg - Ehrenbüger <strong>de</strong>r Stadt Donaueschingen - diese Gelegenheit<br />

zum Anlaß, <strong>de</strong>r Stadt <strong>und</strong> ihren Bürgern eine naturgetreue Nachbildung <strong><strong>de</strong>s</strong> Steines<br />

anfertigen <strong>und</strong> übergeben zu lassen. Schon am 1. Januar, <strong>de</strong>m offiziellen Beginn <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Jubiläumsjahres, konnte Bürgermeister Dr. Everke während eines Festaktes auf<br />

<strong>de</strong>m neugestalteten Rathausplatz <strong>und</strong> in Anwesenheit zahlreicher Donaueschinger<br />

Bürger die sorgfältig ausgeführte <strong>und</strong> aufgesteUte Kopie enthüllen <strong>und</strong> als<br />

Jubiläumsgeschenk entgegennehmen. Der Donaueschinger Steinmetzmeister<br />

Emmerich Esterle hat di ese naturgetreue Nachbildung in rotem Sandstein<br />

geschaffen. Eine Bronzetafel, di e in <strong>de</strong>r Nähe <strong><strong>de</strong>s</strong> Steines in die Mauer eingelassen<br />

wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> in Zukunft Interessenten über <strong>de</strong>n Anlaß <strong>und</strong> die Absicht <strong>de</strong>r Aufstellung<br />

informieren kann, trägt folgen<strong>de</strong>n Widmungstext:<br />

" Kopie <strong><strong>de</strong>s</strong> ältesten Donaueschinger Grenzsteines.<br />

Das Original im Donaueschinger Oberholz, Abteilung "Ebene", steht auf <strong>de</strong>r<br />

Grenze zwischem <strong>de</strong>m Stadtwald (daher <strong>de</strong>r Ortsname "TONESIGOA" ) <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>m <strong>für</strong>stlich <strong>für</strong>stenbergischem Forst (F.F.) <strong>und</strong> stammt aus <strong>de</strong>m Jahre 1589. - Der<br />

Stadt Donaueschingen sei aus diesem Anlaß <strong>de</strong>r 1l00-Jahrfeier im Jahre 1989 eine<br />

Nachbildung di eses 400 Jahre alten Zeugen <strong>de</strong>r jahrh<strong>und</strong>ertelangen Nachbarschaft


in enger Verb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> guter Fre<strong>und</strong>schaft übergeben. - Ad Multos Annos­<br />

Joachim Egon Fürst zu Fürstenberg<br />

Oberholz<br />

Im vorstehen<strong>de</strong>n Text wur<strong>de</strong> immer wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Begriff " Oberholz" erwähnt<br />

<strong>und</strong> als feststehen<strong>de</strong> Bezeichnung <strong>für</strong> ein großes Waldgebiet zwischen Hubertshofen<br />

<strong>und</strong> Mistelbrunn <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Bregtal genannt. Es war auch die Re<strong>de</strong> davon, daß das<br />

Donaue chinger Oberholz eine eigene Gemarkung von Donaueschingen ist, was aus<br />

<strong>de</strong>n Eintragungen im Donaueschinger Urbar vorn Jahre 1793 hervorgeht. Außer<br />

<strong>de</strong>r heutigen Stadtgemein<strong>de</strong> Donaueschingen besitzen auch die viel älteren Städte<br />

Bräunlingen <strong>und</strong> Hüfingen in jenem Raum <strong>und</strong> zum Teil angrenzend an das Donaueschinger<br />

Oberholz große Waldgebiete. Ebenso hatte die frühere selbständige<br />

Gemein<strong>de</strong> Allrnendshofen - seit 1933 nach Donaueschingen eingemein<strong>de</strong>t - in<br />

diesem Gebiet einen verhältnismäßig großen Waldbesitz.<br />

Versucht man nun zu erforschen warum <strong>und</strong> seit wann diese vier Gemein<strong>de</strong>n<br />

r<strong>und</strong> zwei bis drei Wegst<strong>und</strong>en entfernt von ihren eigentl.ichen Gemarkungen eigene<br />

Waldgemarkungen besitzen, so stößt man auf unerwartete Schwierigkeiten. Es<br />

existieren sowohl in <strong>de</strong>n zuständigen Stadtarchiven, als auch im Fürstlich FÜfstenbergischen<br />

Archiv keine schriftlichen Quellen, die hierüber Aufschluß geben<br />

könnten. Keinerlei Hinweise lassen auf Urk<strong>und</strong>en schließen, aus <strong>de</strong>nen man<br />

Näheres erfahren könnte. Es scheint, daß die Erschließung <strong>und</strong> Aufteilung<br />

dieses r<strong>und</strong> 800 ha großen Waldgebietes in eine Zeit zurückgeht, aus welcher noch<br />

keine schriftlichen Quellen existieren. Sollte es welche gegeben haben <strong>und</strong> sie sind<br />

verloren gegangen?<br />

Der mündlichen Überlieferung nach waren die vier Orte <strong>de</strong>r "Urmark<br />

Bräunlingen", d.h. <strong>de</strong>r Mutterpfarrei in Bräunlingen zugeteilt. Die Toten dieser<br />

Siedlungen wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Gottesacker in Bräunlingen beigesetzt <strong>und</strong> man mußte<br />

<strong>de</strong>m dortigen Pfarrherrn zinsen. Nach <strong>de</strong>m Größerwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Siedlungen (im 9.<br />

o<strong>de</strong>r 10. Jahrh<strong>und</strong>ert!) sollen diese eigene Pfarreien erhalten haben <strong>und</strong> bekamen<br />

quasi als Mitgift Teile <strong>de</strong>r "Urmark".<br />

Diese These ist heute nicht mehr haltbar, hier müssen eingehen<strong>de</strong> Forschungen<br />

Klarheit schaffen. Dies wird aber <strong>de</strong>r schlechten schriftlichen Quellenlage wegen<br />

sehr schwierig sein.<br />

We<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Chronist <strong>de</strong>r Bräunlinger <strong>Geschichte</strong>, Dr. Johannes Hornung - erschienen<br />

im Selbstverlag <strong>de</strong>r Stadt Bräunlingen, 1964 -, noch August Vetter in <strong>de</strong>r<br />

1984 von <strong>de</strong>r Stadt Hüfingen herausgegebenen Chronik von Hüfingen, können<br />

mangels Quellenlage ausführlich auf dieses Thema eingehen. Nur an<strong>de</strong>utungsweise<br />

kommt in <strong>de</strong>n genannten Chroniken dieses Problem zur Sprache. Auch Dr. Volkard<br />

Huth, Donaueschingen - Stadt am Ursprung <strong>de</strong>r Donau -, Jan Thorbecke Verlag<br />

Sigmaringen 1989, behan<strong>de</strong>lt dieses Thema nicht.<br />

Auf alten Karten kommt die Bezeichnung " Oberholz" nur <strong>für</strong> die Waldgemarkung<br />

Donaueschingen <strong>und</strong> Allmendshofen vor (heute zusammen 480 ha.). Der<br />

Anteil <strong>de</strong>r Stadt Hüfingen (136 ha.) wird <strong>de</strong>r " Obere Wald" genannt, <strong>de</strong>r Anteil von<br />

Bräunlingen (121 ha.) wird mit " R.imsen " bezeichnet. Selb t <strong>de</strong>r südlich von<br />

Hubertshofen <strong>und</strong> Mistelbrunn gelegene <strong>für</strong>stlich <strong>für</strong>stenbergische Wald<br />

" Habseck", <strong>de</strong>r früher <strong>de</strong>m Kloster Maria Hof in Neudingen gehörte, trägt die Bezeichnung"<br />

Waldgemarkung" .<br />

So muß vorerst das "seit Wann <strong>und</strong> Warum" <strong><strong>de</strong>s</strong> "Donaueschinger Oberholz"<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r angrenzen<strong>de</strong>n Waldgemarkungen noch ungeklärt bleiben.<br />

11


12<br />

Zur Deutung <strong>de</strong>r Bergnamen Lupfen <strong>und</strong> Karpfen<br />

von Rolf Koenjg<br />

In <strong>de</strong>r süd<strong>de</strong>utschen Landschaft Baar, <strong>de</strong>r in 700 bis 800 m Höhe liegen<strong>de</strong>n welligen<br />

Hochfläche zwischen <strong>de</strong>m südlichen Schwarzwald <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schwäbischen Alb,<br />

gibt es zwischen Schwenningen <strong>und</strong> Tuttlingen im Abstand von nur wenigen Kilometern<br />

zwei markante Bergkuppen, die wie Köpfe aus ihrer Umgebung hervorragen,<br />

<strong>de</strong>n Hohenkarpfen (912 m), Gemein<strong>de</strong> Hausen ob Verena, <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Hohenlupfen<br />

(977m), Gemein<strong>de</strong> Talheim. Sie sind die letzten Ausläufer <strong>de</strong>r Schwäbischen Alb.<br />

Erdgeschichtlich läßt sich <strong>de</strong>r einstige Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Albbergen leicht<br />

daran erkennen, daß die bei<strong>de</strong>n frei sich erheben<strong>de</strong>n Kuppen im Gegensatz zum<br />

Untergr<strong>und</strong> (Sockel), <strong>de</strong>r aus braunem Jura besteht, aus weißem Jura gebil<strong>de</strong>t sind<br />

gleich <strong>de</strong>m benachbarten Albgebirge. Bei <strong>de</strong>r allmählichen Abtragung <strong><strong>de</strong>s</strong> weißen<br />

Jura sind die Berge als Zeugenberge übrig geblieben. Der Karpfen ist unbewal<strong>de</strong>t<br />

<strong>und</strong> ein völliger Kegelberg. Der Lupfen teilt einen mit Wald bewachsenen, ca.<br />

1 km langen Bergrücken dar. Bei<strong>de</strong> Erhebungen trugen früher Burgen, von <strong>de</strong>nen<br />

heute nur noch geringe Reste vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />

Es ist bis jetzt noch nicht gelungen die Namen Karpfen <strong>und</strong> Lupfen einwandfrei<br />

zu <strong>de</strong>uten. Aber schon <strong>de</strong>r württembergi che Arzt, Geschichtsforscher, Kulturhistoriker<br />

<strong>und</strong> Namenfor cher Michael Richard BUCK nahm in seinem im Jahre<br />

1880 erschienenen "Ober<strong>de</strong>utschen Flurnamenbuch" an daß sie vor<strong>de</strong>utschen<br />

Ursprungs sind, ebenso wie die Namen <strong>de</strong>r süd<strong>de</strong>utschen Berge Hohenhewen,<br />

Hohenkrähen, Hohenneuffen, Hohentwiel, Hohenzollern, Ipf <strong>und</strong> Teck, die<br />

ebenfalls in auffallen<strong>de</strong>r Weise aus ihrer Umgebung herausragen. Die heutige<br />

Wissenschaft teilt diese Meinung, in<strong>de</strong>m sie die Namen als vorgermanisch ansieht I).<br />

Dieser Reihe lassen sich noch hinzufügen die Berge Bal<strong>de</strong>nberg (alter Name <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Dreifaltigkeitsbergs bei Spaichingen), Bussen (Kreis Biberach), Plettenberg bei<br />

Dotternhausen, Lochenstein bei Balingen, Rosenstein bei Heubach <strong>und</strong> Wirtenberg<br />

(alter Name <strong><strong>de</strong>s</strong> Rotenbergs bei Bad Cannstatt), die Burgberge Bal<strong>de</strong>rn bei<br />

Bopfingen <strong>und</strong> Wallerstein im Ries bei Nördlingen sowie die hohen Berge Arber,<br />

Lusen, Osser <strong>und</strong> Rachel im Bayrischen Wald an <strong>de</strong>r Grenze zur Tschechoslowakei,<br />

<strong>de</strong>ren Namen kaum slawisch sein dürften. Wahrscheinlich sind auch die Landschaftsnamen<br />

Baar <strong>und</strong> Scheer (alter Name <strong>de</strong>r sich östlich an die Baar<br />

anschließen<strong>de</strong>n Gegend) sowie <strong>de</strong>r Gebirgsname Ran<strong>de</strong>n (Höhenzug zwischen<br />

Schaffhausen am Rhein <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Donau) vorgermanisch.<br />

Eine zusammenfassen<strong>de</strong> Darstellung <strong>de</strong>r in Süd<strong>de</strong>utschland relativ zahlreichen<br />

vorgermanischen Bergnamen gibt es nicht. Auch gibt es nur wenig brauchbare<br />

Literatur, die sich mit <strong>de</strong>r Deutung <strong>de</strong>r Namen befaßt.<br />

Bei einigen Bergnamen hat schon BUCK die in ihnen enthaltenen vorgermanischen<br />

(keltischen) amenwurzeln erkannt. So führte er <strong>de</strong>n Namen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Hohenhewen im Hegau auf das keltische Wort *cebennos 2) " Bergrücken" zurück,<br />

das "in hewen fortgeschoben" wor<strong>de</strong>n ist. 3 ) . Das Wort *cebennos liegt u. a. <strong>de</strong>m<br />

Namen <strong>de</strong>r Cevennen in Frankreich zu Gr<strong>und</strong>e. Den Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> ebenfalls im Hegau<br />

gelegenen Hohenkrähen teilte er in Zusammenhang mÜ <strong>de</strong>m iri chen Wort craig<br />

'Fels', da die erste urk<strong>und</strong>lich erwähnte Namensform <strong><strong>de</strong>s</strong> Berges Craige (1221)<br />

lautet 4 ) . In <strong>de</strong>m Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> Hohenzollem bei Hechingen (1100 Zolra, 1110 Zolro,<br />

1134 Zolr) sah er die keltische Wurzel *tol, *tul 'Berg' 5). Das Wort Hohen- wur<strong>de</strong><br />

übrigens allen in Re<strong>de</strong> stehen<strong>de</strong>n Bergen erst ab <strong>de</strong>m 13. Jh. angehängt.


Wir wollen versuchen, die Namen Karpfen <strong>und</strong> Lupfen zu <strong>de</strong>uten, um damit<br />

etwas Licht in das Dunkel <strong>de</strong>r vorgermanischen Bergnamen Süd<strong>de</strong>utschland zu<br />

bringen.<br />

Die ältesten Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> Karpfen lauten Calphen(1050), Calluphun, Calphe,<br />

Calphin, Calfo <strong>und</strong> Calfen 6). Die ältesten Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> Lupfen sind Luphun (1126),<br />

Lupphun, Luppfen <strong>und</strong> Lupfin 7).<br />

Was bei <strong>de</strong>n alten Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> Karpfen auffällt, ist die Tatsache, daß sie nicht mit<br />

Car-, son<strong>de</strong>rn mit Cal- anlauten. Der Name Karpfen kann also nichts mit <strong>de</strong>m Fisch<br />

gleichen Namens zu tun haben, ganz abgesehen davon, daß zwischen <strong>de</strong>m Kegelberg<br />

<strong>und</strong> einem Fisch nicht die geringste Ähnlichkeit besteht. Der Wan<strong>de</strong>l von Calzu<br />

Car- beruht auf <strong>de</strong>r im Schwäbischen nicht seltenen Auswechslung <strong><strong>de</strong>s</strong> I durch<br />

r 8 ). Bei <strong>de</strong>r Deutung <strong><strong>de</strong>s</strong> Namens muß man daher von Cal- ausgehen. Der be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />

schwäbische Namensforscher Adolf BACMEISTER dachte dabei an eine Herleitung<br />

von Calvarienberg, doch wird dies zu Recht abgelehnt, weil es auf <strong>de</strong>m Berg<br />

keine Anzeichen <strong>für</strong> eine ehemalige Wallfahrtsstätte gibt 9).<br />

Was <strong>de</strong>n Lupfen betrifft, so stellte <strong>de</strong>r Großherzoglieh Badische Archivdirektor<br />

MONE , <strong>de</strong>n man als " Keltomanen" bezeichnete, <strong>de</strong>n Namen in Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>n inselkeltischen Wörtern lu 'klein' <strong>und</strong> beann 'Höhe' 10). Dagegen führte<br />

H . BAUR (S. 228) zu Recht aus: " Aber diese Deutung ist bei <strong>de</strong>m Lupfen, <strong>de</strong>r<br />

'Baarkönig' heißt, sachlich wi<strong>de</strong>rsinnig <strong>und</strong> sprachlich völlig wertlos .... ". Doch<br />

ganz so abwegig war die Deutung MONEs mit ihrer Bezugnahme auf beann, *benn<br />

'Höhe' auch wie<strong>de</strong>r nicht, wie wir sehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei seiner eigenen Deutung <strong><strong>de</strong>s</strong> Namens Lupfen ging BAUR (S. 229) von <strong>de</strong>m<br />

ober<strong>de</strong>utschen Zeitwort lupfen (transitiv 'heben , intransitiv 'sich erheben') aus,<br />

von <strong>de</strong>m er ein Substantiv *lupfo ableitete, mit <strong>de</strong>m Sinn '<strong>de</strong>r sich Heben<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r<br />

Berg'. Er führte aus: "Dieses Substantiv liegt nach meiner Meinung in unserem<br />

Namen".<br />

Bei seiner Deutung <strong><strong>de</strong>s</strong> Namens Karpfen ging BA UR einerseits von <strong>de</strong>r<br />

Namensform Calluphun aus, an<strong>de</strong>rerseits davon, daß man bei <strong>de</strong>m kahlen Karpfen<br />

auch <strong>für</strong> die ältere Zeit Waldlosigkeit wenigstens <strong>für</strong> <strong>de</strong>n obersten Teil annehmen<br />

kann. Er schrieb: "Von <strong>de</strong>m Fehlen <strong><strong>de</strong>s</strong> Wal<strong><strong>de</strong>s</strong> gehe ich zur Namens<strong>de</strong>utung über.<br />

Calluphun hat in <strong>de</strong>r zweiten Worthälfte Luphun = Höhe, Berg, während <strong>de</strong>r erste<br />

Bestandteil mit <strong>de</strong>m ahd. calo 'kahl' i<strong>de</strong>ntisch ist. Ich setze als älteste Form *Caloluphun<br />

an .... ".<br />

Zu ganz an<strong>de</strong>ren Deutungen kam <strong>de</strong>r Geologe <strong>und</strong> Geograph Otto<br />

EISENSTUCK 11). Er ging von <strong>de</strong>r ältesten überlieferten Form Luphun <strong><strong>de</strong>s</strong> Namens<br />

Lupfen aus <strong>und</strong> schrieb dazu: "Dieses ahd. Luphun läßt sich auf*lupi zurückführen,<br />

<strong>und</strong> das fin<strong>de</strong>t Anschluß an die in Mitteleuropa <strong>und</strong> Sü<strong>de</strong>uropa weitverbreitete<br />

Wortsippe Lupia/Lupa, die im Flußnamen Lippe ebenso liegt wie im Flußnamen<br />

Luppe bei Leipzig .... ". Dann fuhr er fort: " Damit ist die Frage aufgeworfen,<br />

welcher <strong>de</strong>r Bäche im Umkreis <strong><strong>de</strong>s</strong> Lupfen <strong>de</strong>n Flußnamen Lupia o<strong>de</strong>r Lupa trug<br />

<strong>und</strong> wie <strong>de</strong>r Flußnamen zum Bergnamen wer<strong>de</strong>n konnte. Die Frage muß einstweilen<br />

offengelassen wer<strong>de</strong>n" . -Den Namen Karpfen führte ErSENsTuCK auf ein althoch<strong>de</strong>utsches<br />

Wort calawa mit <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung 'die kahle Stelle' zurück, wobei er<br />

darauf hinwies, daß <strong>de</strong>r Karpfen noch heute unbewal<strong>de</strong>t ist.<br />

Diese Ableitungen <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Bergnamen aus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache halten<br />

wir nicht <strong>für</strong> richtig. Insbeson<strong>de</strong>re erscheint uns eine Herleitung <strong><strong>de</strong>s</strong> Bergnamens<br />

Lupfen aus einem Gewässernamen Lupia/Lupa, <strong>de</strong>r ja nur einen kleinen Bach bezeichnet<br />

haben könnte, <strong>für</strong> sehr unwahrscheinlich. Nach unserer Meinung hat schon<br />

Adolf BACMEISTER 12) das <strong>für</strong> die Deutung <strong>de</strong>r Bergnamen wesentliche Moment<br />

13


14<br />

erkannt, in<strong>de</strong>m er (zum Lupfen) ausführte:"Kelto-römisches p entspricht ahd. ph,<br />

pf, f; planta 'Pflanze', porta 'Pforte' . . . . ". Er fuhr dann fort: " lch bin sehr geneigt,<br />

auch im Lupfen ein altes Lupodunum o<strong>de</strong>r Lopodunum zu erkennen", wobei er auf<br />

<strong>de</strong>n keltischen Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> heutigen Ortes La<strong>de</strong>nburg am Neckar Bezug nahm.<br />

Diese Verbindung kann aber nicht richtig sein, <strong>de</strong>nn Lopodunum be<strong>de</strong>utet wahrscheinlich<br />

'Seeburg, Wasserburg, Moorburg', paßt also nicht auf einen Berg in <strong>de</strong>r<br />

Lage <strong><strong>de</strong>s</strong> Lupfen.<br />

Aber aus <strong>de</strong>m ersten Satz von BACMEISTER ergibt sich unseres Erachtens die<br />

Deutung <strong>de</strong>r Bergnamen, <strong>de</strong>nn danach haben wir von einem vor<strong>de</strong>utschen p<br />

(althoch<strong>de</strong>utsche Lautverschiebung von p zu ph, pf) auszugehen, also zunächst von<br />

<strong>de</strong>n Namen *Calpen <strong>und</strong> * Lupen. Wir sehen darin aus einem Bestimmungswort <strong>und</strong><br />

einem Gr<strong>und</strong>wort zusammengesetzte Namen mit einem ersten Bestandteil *Calbzw.<br />

*Lu- <strong>und</strong> einem zweitem Bestandteil *-pen, also di e Namen *CaL-pen <strong>und</strong><br />

* Lu-pen.<br />

Was <strong>de</strong>n Bestandteil *-pen betrifft, so haben wir sehr wahrscheinlich das keltische<br />

Wort pennos vor uns, das die Be<strong>de</strong>utung 'Kopf, Gipfel, Horn, Höhe, Berg'<br />

hat <strong>und</strong> das die Kelten in zahlreichen Fällen zur Bildung von Bergnamen<br />

verwandten.<br />

Manchmal kam das Wort pennos unverb<strong>und</strong>en vor. In dieser Form lebt es heute<br />

noch weiter in <strong>de</strong>n französischen Ortsnamen Pannes, Penne, Lapenne <strong>und</strong><br />

Pennes 13). In England hat <strong>de</strong>r keltische Name pennos in späterer Zeit zu einer<br />

Reihe von interessanten Tautologien geführt, in<strong>de</strong>m die Angelsachsen, als sie<br />

seinen Sinn nicht mehr verstan<strong>de</strong>n, das in etwa be<strong>de</strong>utungsgleiche germanische<br />

Wort hili hinzufügten; die betreffen<strong>de</strong>n Orte heißen heute PenhiU <strong>und</strong> Pendle<br />

HiJI 14 ). Hauptsächlich fin<strong>de</strong>t sich pennos aber in Komposita wie *Maro-pennos<br />

'großer Bergvorsprung, großer Bergkopf', jetzt Merpins (1081 Merpens) im Dep.<br />

Charente in Frankreich 15" Penno-crucium (Itinerarium Antonini 16») 'Gipfelwall' ,<br />

jetzt Penkridge in Staffordshire, England 17) <strong>und</strong> Penno-Iocus (Peutingersche<br />

Tafel 18) <strong>und</strong> Itinerarium Antonini), jetzt Villeneuve am Genfer See, aus <strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />

Übersetzung vom Jahre 826 in caput laci man die Be<strong>de</strong>utung 'Seeshaupt' erschliessen<br />

kann 19). Man kann sich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Karpfen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Lupfen kaum eine treffen<strong>de</strong>re<br />

Benennung vorstellen, als daß man sie als 'Köpfe', als 'Bergköpfe' bezeichnet.<br />

Wenn wir uns zunächst <strong>de</strong>m amen *Cal-pen zuwen<strong>de</strong>n, so fin<strong>de</strong>n wir zu <strong>de</strong>m<br />

Gr<strong>und</strong>wort pennos leicht ein Bestimmungswort *cala- o<strong>de</strong>r *calo-. In <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Wissenschaft ist dieses Wort bisher kaum beachtet wor<strong>de</strong>n. Die französische<br />

Forschung führt es dagagen seit langem auf eine keltische <strong>und</strong> sogar vorkeltische<br />

Wurzel *cal- mit <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung 'Stein' zurück 20). Es liegt zahlreichen heutigen<br />

französischen Ortsnamen zu Gr<strong>und</strong>e wie Cale, Callas, ChaLiers, Challans,<br />

Chalancon, Challes, Chelles, Chalamont, Chälons, Calais, Chalais u. a. 2 1 ) . Wir<br />

kämen damit bei Kalphen/ Karpfen zu <strong>de</strong>m keltischen Namen *Cala-pennos o<strong>de</strong>r<br />

*Calo-pennos mit <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung 'Steinkopf. Stellt man sich <strong>de</strong>n Karpfen auch in<br />

keltischer Zeit waldlos vor, so daß das Gestein zu Tage trat, so wür<strong>de</strong> dieser Name<br />

einer " Realprobe" gut standhalten.<br />

Nach <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache konnte <strong>de</strong>r Name *Cala-/*Calopennos<br />

leicht zu Kalphen wer<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>n zusammengesetzten viersilbigen keltischen<br />

Namen lag in aller Regel <strong>de</strong>r Hauptton auf <strong>de</strong>r ersten Silbe <strong><strong>de</strong>s</strong> Bestimmungswortes<br />

<strong>und</strong> ein Nebenton auf <strong>de</strong>r ersten Silbe <strong><strong>de</strong>s</strong> Gr<strong>und</strong>wortes. In <strong>de</strong>r<br />

germanisch-<strong>de</strong>utschen Sprache blieb diese Betonung erhalten, im Gegensatz<br />

zur romanisch-französischen Sprache, wo sich die Betonung umkehrte. Demgemäß<br />

mußten bei einern keltischen *Cala-/*Calo-pennos in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache das


unbetonte a/o <strong><strong>de</strong>s</strong> Bestimmungsworte (<strong>de</strong>r Fugenvokal) <strong>und</strong> die unbetonte Buchstabenfolge<br />

-os <strong><strong>de</strong>s</strong> Gr<strong>und</strong>wortes wegfallen, was *Cal-pen ergab, das durch die althoch<strong>de</strong>utsche<br />

Lautverschiebung zu Cal-phen wur<strong>de</strong>. Wir fin<strong>de</strong>n diesen Vorgang<br />

in einer ganzen Reihe von keltischen Ortsnamen in Deutschland. So wur<strong>de</strong> aus<br />

<strong>de</strong>m schon von Strabon <strong>und</strong> Ptolemäus genannten Kambo-dunum 'Burg an <strong>de</strong>r<br />

Flußkrümmung' das heutige Kempten im Allgäu, aus <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>m römischen<br />

Dichter <strong>und</strong> Staatsmann Ausonius erwähnten Lopo-dunum 'See- o<strong>de</strong>r Moorburg'<br />

das heutige La<strong>de</strong>n(burg) bei Hei<strong>de</strong>lberg, aus <strong>de</strong>m von Ptolemäus genannten Tarodunum<br />

'Burg am Flu se Taros, <strong>de</strong>m Schnellen' das heutige Zarten östlich von<br />

Freiburg im Breisgau, <strong>und</strong> aus *Viro-dunum 'starke Burg' (vgl. Verdun an <strong>de</strong>r<br />

Maas) <strong>de</strong>r Name Wirten berg (1089-1090 Wirtineberg), <strong>de</strong>r alte Name <strong><strong>de</strong>s</strong> heutigen<br />

Rotenbergs bei Bad Cannstatt, auf <strong>de</strong>m sich das Stammschloß <strong>de</strong>r württembergischen<br />

Fürsten befand <strong>und</strong> von <strong>de</strong>m das. Land Württemberg seinen Namen hat 22).<br />

Aber es wäre <strong>für</strong> <strong>de</strong>n KaLphen/ Karpfen auch noch eine an<strong>de</strong>re Erklärung<br />

möglich, nämlich <strong>de</strong>r Ansatz eines ursprünglichen Namens *Canto-pennos<br />

'weisser Kopf, zu <strong>de</strong>m keltischen Wort *canto 'glänzend, weiss', das in zahlreichen<br />

geographischen Namen im ehemals keltischen Gebiet enthalten ist. Bei <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />

dieses Namens wären nach <strong>de</strong>r oben dargestellte Regel wie<strong>de</strong>rum <strong>de</strong>r<br />

Fugenvokal, das 0, <strong>und</strong> die Buchstabenfolge-os weggefallen, so daß sich ein<br />

*Cant-pen ergeben hätte, das aber, weil es "zu schwer auf <strong>de</strong>r Zunge liegt", "zu<br />

kantig ist", sich zu einem *Cal-pen hätte "abschleifen" können. Die Sprachwissenschaft<br />

bezeichnet einen solchen Vorgang als Assimilation (Angleichung). Mit <strong>de</strong>m<br />

Namen *Canto-pennos 'glänzen<strong>de</strong>r, weißer Kopf' wäre <strong>de</strong>r unbewal<strong>de</strong>te Karpfen<br />

mit seinem Weißjuragestein in i<strong>de</strong>aler Weise bezeichnet gewesen. Im übrigen hätte<br />

er dann eine Art Namensvetter in <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>m fränkischen Bischof Gregor von<br />

Tours (gest. 594) in seinem berühmten Werk "Historia Francorum" (" <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>de</strong>r Franken") genannten Cantobennicus mons, jetzt <strong>de</strong>r Mont Chanturge bei<br />

Clermont-Ferrand, <strong>de</strong>m die französische Wissenschaft die Be<strong>de</strong>utung 'brillant pic'<br />

('glänzen<strong>de</strong> Bergspitze') zumißt 23) . Nicht allzuweit von <strong>de</strong>r Baar entfernt erscheint<br />

das keltische Wort *canto in <strong>de</strong>m Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> Flusses Kan<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Schwarzwald<br />

kommend unterhalb von Basel in <strong>de</strong>n Rhein mün<strong>de</strong>t; aus <strong>de</strong>r ältesten Form<br />

<strong>de</strong> Namens <strong><strong>de</strong>s</strong> Ortes Kan<strong>de</strong>rn (790 in villa Cantara), <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> Kan<strong>de</strong>rtales<br />

liegt, kann man <strong>de</strong>n keltischen Flußnamen *Cant-ara 'Weißache' erschließen,<br />

<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>m Namen <strong>de</strong>r Kan<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Schweiz, die in <strong>de</strong>n Thuner See mün<strong>de</strong>t, zu<br />

Gr<strong>und</strong>e liegt 24). Auch <strong>de</strong>r Name <strong><strong>de</strong>s</strong> Berges Kan<strong>de</strong>l südöstlich von Waldkirch im<br />

Südschwarzwald (1111 in monte Kan<strong>de</strong>n) scheint von kelt. *canto abgeleitet zu<br />

sein 25).<br />

Was <strong>de</strong>n Namen * Lu-pen betrifft, so läßt sich, wenn man davon ausgeht, daß<br />

<strong>de</strong>r Gipfel <strong><strong>de</strong>s</strong> Berges in keltischer Zeit nicht o<strong>de</strong>r nur teilweise bewal<strong>de</strong>t war (weil<br />

er vielleicht eine Befestigung trug), eine ähnliche Deutung fin<strong>de</strong>n. Das Bestimmungswort<br />

könnte nämlich das keltische Wort *Louco-, eine Variante <strong><strong>de</strong>s</strong> Wortes<br />

*leuco- sein mit <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung 'Leuchtend, glänzend' 26). Bei einem * Louco-pennos<br />

wären wie<strong>de</strong>rum <strong>de</strong>r unbetonte Fugenvokal 0 <strong>und</strong> die unbetonte Buchstabenfolge<br />

-os }Veggefallen, was zu * Luc-pen geführt hätte. Dieser Name hätte wohl wegen<br />

schwerer Sprechbarkeit um das c "erleichtert" wer<strong>de</strong>n müssen, so daß sich ein<br />

* Lu-pen ergeben konnte, das nach <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>r althoch<strong>de</strong>utschen Lautverschiebung<br />

zu Lupfen führen mußte. Das keltische Wort *Ieuco fin<strong>de</strong>t sich auch in an<strong>de</strong>ren<br />

Zusammenhängen in Bergnamen. In römischen Inschriften aus Veleia ist von<br />

einem saltus Leucomellum die Re<strong>de</strong> 27) . Der Name geht sehr wahrscheinlich auf<br />

kelt. *Leuco-mello 'glänzen<strong>de</strong> Höhe' zurück, von kelt. *mello 'Höhe'. Darüber<br />

15


16<br />

hinaus ist in römischer Zeit aus England ein Name Leuco-magus 'Weißfeld' überliefert,<br />

<strong>de</strong>r sich auf einen Ort in <strong>de</strong>r Kalkregion von Hampshire bezog 28). Auch zur<br />

Bezeichnung von Flüssen mit heller Farbe wur<strong>de</strong> das Wort *Ieuco benutzt. So ist<br />

z. B. aus <strong>de</strong>m römischen Britannien ei n Fluß mit <strong>de</strong>m Namen Leuca überliefert,<br />

jetzt <strong>de</strong>r River Loughor in Süd-Wales 29). Im <strong>de</strong>utschen Sprachgebiet gehen auf<br />

kelt. *Ieuca zurück <strong>de</strong>r Name <strong><strong>de</strong>s</strong> Leuk-Baches, <strong>de</strong>r in Saarburg in die Saar mün<strong>de</strong>t<br />

(964 Luica), <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Name <strong><strong>de</strong>s</strong> Loich-Baches, Nebenfluß <strong>de</strong>r PiLlach in Nie<strong>de</strong>rösterreich<br />

mit Ortsname Loich (1307 Leuch). Schließlich ist aus römischer Zeit<br />

mehrfach überliefert <strong>de</strong>r keltische Göttername Leucetios 'Gott <strong><strong>de</strong>s</strong> Blitzes' 30.<br />

Wenn un e re Deutungen richtig sind, so hätten wir im Karpfen <strong>und</strong> im Lupfen<br />

genau das, was <strong>de</strong>r geographi chen <strong>und</strong> geologischen Situation <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Berge<br />

entspricht, einen 'gLänzen<strong>de</strong>n, weißen Kopf <strong>und</strong> einen 'Leuchten<strong>de</strong>n Kopf.<br />

Die Berge Karpfen <strong>und</strong> Lupfen <strong>und</strong> ihr Umland müs en in kelti cher Zeit eine<br />

erhebliche Be<strong>de</strong>utung gehabt haben. Am Fuße <strong><strong>de</strong>s</strong> Karpfen auf <strong>de</strong>r Seitinger<br />

Markung befand sich eine große Siedlung <strong>de</strong>r Hallstatt- <strong>und</strong> Latenezeit. Auf <strong>de</strong> m<br />

Rücken <strong><strong>de</strong>s</strong> Lupfen östlich <strong>de</strong>r mittelalterlichen Burg lag eine hallstattzeitliche<br />

Siedlung. Es ist möglich, daß im Zusammenhang damit auf <strong>de</strong>m Berg ein befestigter<br />

Herrensitz bestand. Wenigstens einer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n mächtigen mittelalterlichen Burggräben,<br />

die die Vorburg <strong>und</strong> die Hauptburg vom übrigen Bergrücken abschnei<strong>de</strong>n,<br />

könnte in seiner ältesten Anlage schon aus <strong>de</strong>r Hall tattzeit stammen. Weitere<br />

Siedlungen au dieser Zeit lagen am Südhang <strong>de</strong> Lupfen <strong>und</strong> an <strong>de</strong>r Stelle <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Alemannenfriedhofs bei Oberflacht am Ostfuß <strong><strong>de</strong>s</strong> Berges.<br />

Wir sind mit W. KLEIBER <strong>de</strong>r Meinung, daß es dringend notwendig wäre, eine umfassen<strong>de</strong><br />

Untersuchung über kelti che Bergnamen in Süd- <strong>und</strong> Südwe t<strong>de</strong>utschland<br />

durchzuführen. Eine solche Arbeit könnte einen wichtigen Beitrag leisten zu <strong>de</strong>r<br />

vielumstrittenen <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r Archäologie allein nicht zu lösen<strong>de</strong>n Frage <strong>de</strong>r Siedlungs-<br />

<strong>und</strong> Bevölkerungskontinuität von <strong>de</strong>r keltisch-römischen in die alemannisch-<strong>de</strong>utsche<br />

Zeit, zu <strong>de</strong>r KLEIBER 3 1) unseres Erachtens zu Recht ausführt:"Die<br />

antike Hochkultur war dahingesunken, von römischer Wirtschaft, Technik <strong>und</strong><br />

Verwaltung rettete sich nur wenig. Im Status sozialer Min<strong>de</strong>rung blieben jedoch<br />

bäuerliche Men chen auch unter <strong>de</strong>n neuen Herren itzen. Was am Bo<strong>de</strong>n haftete,<br />

wur<strong>de</strong> von ihnen tradiert: Seit Jahrtausen<strong>de</strong>n haben Flüsse, Bäche <strong>und</strong> Berge, ja<br />

einige Fluren, ihre vorgermani chen Namen bewahrt".<br />

Anmerkunge n<br />

I) Wolfgang KLEIBER, Zwi ehen Antike <strong>und</strong> Mittelalter. Das Kontinuitätsproblem in Südwest<strong>de</strong>utschland<br />

im Lichte <strong>de</strong>r Sprachgeschichtsforschung. Frühmittelalterliche Studien 7, 1953, S. 27 ff. (S.39<br />

<strong>und</strong> Anm. 46); Adolf BA H, Deut ehe Namenk<strong>und</strong>e, Band 11, Teil 2, Hei<strong>de</strong>lberg 1953, S. 43 <strong>und</strong><br />

S.296.<br />

2) Die mit • gekennzeichneten Formen ind nicht schriftlich überliefert, on<strong>de</strong>m au päteren chriftlieh<br />

(urk<strong>und</strong>lich) genannten Formen erschlos en.<br />

3) Michael Richard BUCK, Ober<strong>de</strong>utsches Flurnamenbuch, 2. Auflage, Bayreuth 1931, S. 104.<br />

4) BUCK S.143.<br />

5) BUCK S. 309 fr.<br />

6) H. BAu R, Lupfen <strong>und</strong> Karpfen, in: Zeitschrift <strong>für</strong> OrlSnamenforschung 6, 1930, S. 227 ff. (S. 229);<br />

OtlO EISENSruCK, Alte <strong>und</strong> ältesle Namen von Zeugenbergen vor <strong>de</strong>m Trauf <strong>de</strong>r Schwäbischen Alb,<br />

in: Beiträge zur Namensforschung, Neue Folge 18, 1983, S. 433 rf. (S.434).<br />

7) Adolf BA CMEISTER, Alemannische Wan<strong>de</strong>rungen, Stuttgart J 867, S. 10 Anm. I ; BAUR S. 228;<br />

EISENSTUCK S. 434.


8) EI ENSTUCK S. 434.<br />

9) Vgl. BAUR S. 229.<br />

\ 0) F. J. MONE, Keltische Forschungen zur <strong>Geschichte</strong> Mitteleuropas, Freihurg i. Br. \867, S. 111 <strong>und</strong><br />

S. 287; vgl. BAUR S. 228.<br />

1\) Siehe Anm. 6.<br />

12) Siehe Anm.7.<br />

13) Albert DAUZAT <strong>und</strong> Charles ROSTAI G, Dictionnaire etymologique <strong><strong>de</strong>s</strong> noms <strong>de</strong> lieux en France,<br />

2. Auflage, Paris 1984, S. 517.<br />

14) Kenneth CAMERON, Engl.ish place-names, London 1961, S. 33/34.<br />

15) DAUZAT-RoSTAJ G S. 452.<br />

16) Römisches Straßen- <strong>und</strong> Stationsverzeichnis aus <strong>de</strong>m 3. Ih.<br />

17) A. L. F. RlVET <strong>und</strong> Colin SMITH. The place-names of Roman Britain, Princeton/New Jersey, 1979,<br />

S.436.<br />

18) Römische Straßen- <strong>und</strong> Stationskarte aus <strong>de</strong>m 3. Jh.<br />

19) J. U. HUBSCHMIED, Sprachliche Zeugen <strong>für</strong> das späte Aussterben <strong><strong>de</strong>s</strong> Gallischen, in: Vox Romanica,<br />

Band 3, 1938, S. 48ft. (S. 52, 54 <strong>und</strong> 57).<br />

20) DAUZAT- RoSTAING S. 167. Ebenso RJ VET-SMITH S. 288.<br />

21) DA UZAT- RoSTAl G S. 131, 132 <strong>und</strong> 167.<br />

22) Lutz REICHARDT, Ortsnamen buch <strong><strong>de</strong>s</strong> Stadtkreises Stuttgart <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Landkreises Ludwigsburg,<br />

Stuttgart 1982, S. 172 ff.<br />

23) Albert DAUZAT, La toponymie francaise, Pari 1946, S. 214.<br />

24) Albrecht GREULE, Vor <strong>und</strong> Frühgermanische Flußnamen am Oberrhein, Hei<strong>de</strong>lberg 1973, S. 207<br />

(= Beiträge zur Namenforschung, eue Folge, Bei.heft 10).<br />

25) GREULE a. a. O.<br />

26) Siehe dazu Alfred HOLDER, AIt-celtischer Sprachschatz, Leipzig 1897 ff., Band 2, Sp. 291 <strong>und</strong> 195.<br />

27) HOLDER sp.196.<br />

28) RIVET-SMlTH S. 389.<br />

28) Rl vET-SMITH S. 388<br />

30) HOLDER Sp.195.<br />

31) Wie Anm. I , S. 50.<br />

17


18<br />

Vorgeschichtliche Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmale im Raum Löffingen<br />

von Emil Ketterer<br />

Soweit bekannt hat sich mit <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalen <strong>de</strong>r Westbaar erststmaLs <strong>de</strong>r<br />

humanistisch gebil<strong>de</strong>te auf Burg Ran<strong>de</strong>gg hausen<strong>de</strong> Reichsritter Hans <strong>de</strong>r Gelehrte<br />

v. SCHELLE BERG um das Jahr 1605 beschäftigt. Er kümmerte sich um die Altertümer<br />

am Hüfinger Galgenberg <strong>und</strong> wohnte <strong>de</strong>r Öffnung von Grabhügeln in<br />

BräunJingen <strong>und</strong> Waldhausen bei .<br />

R<strong>und</strong> zweih<strong>und</strong>ert Jahre später trug nach einem Bericht aus <strong>de</strong>m F.F. Archiv<br />

<strong>de</strong>r aus Bachheim gebürtige Johann KUTIRUFF an <strong>de</strong>r "Brugger Hal<strong>de</strong>" gegen <strong>de</strong>n<br />

Donaueschinger " Schellenberg" gelegene Steinhügel ab <strong>und</strong> zerstörte dabei zwei<br />

Gräber. Wegen unterlassener Anzeige ließ ihn FüRST JOSEF WlLHELM ERNST<br />

1761 zwei Tage ,einthurmen" . KUTIRUFF hatte sowohl gegen kriminalpolizeiliehe<br />

Vorschriften wie gegen Intere sen <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalerhaltung verstoßen.<br />

Der 1787 verstorbene F.F. Archivrat DÖPSER hat Grabhügel <strong>und</strong> Abschnittswälle<br />

im Fürstentum Fürstenberg erforscht <strong>und</strong> beschrieben.<br />

Starke Impulse erhielt die Suche nach Zeugen <strong>de</strong>r Vorgeschichte durch die<br />

Ent<strong>de</strong>ckung <strong><strong>de</strong>s</strong> Römerkastelles bei Hüfingen im Jahre 1821. Im Auftrag <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

FüRSTE KARL EGON II zu FüRSTE BERG untersuchten <strong>de</strong>r Freiburger Historiker<br />

Heinrich SCHREIBER, <strong>de</strong>r aus Behla stammen<strong>de</strong> Gelehrte Alois HIRT <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

FF Leibarzt W.A. REH MANN Grabhügel u.a. am " Kapf" bei Waldhausen <strong>und</strong><br />

ordneten sie <strong>de</strong>n Kelten zu. Man machte dieser Epoche <strong>de</strong>r Forschung <strong>de</strong>n Vorwurf<br />

<strong>de</strong>r " Keltomanie", weil sie alles Heil als von diesem geheimnisvollen Volke<br />

kommend sah. Eine spätere Zeit teilte dieses Verdienst ebenso zu Unrecht <strong>de</strong>n<br />

Germanen zu.<br />

Der be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Archäologe Ernst WAGN ER hat die damals bekannten Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmale<br />

in seinem 1885 erschienenen Werk "Die Hügelgräber- <strong>und</strong> Urnenfel<strong>de</strong>rfriedhöfe<br />

in Ba<strong>de</strong>n" zusammengefaßt. Wagner verwen<strong>de</strong>te erstmals die kurz zuvor<br />

empfohlenen Begriffe " Hall tatt- <strong>und</strong> Latenezeit".<br />

In <strong>de</strong>n Jahren nach 1920 durchstreifte <strong>de</strong>r unvergessene Altmeister Paul<br />

REVELLlO die Baar auf <strong>de</strong>r Suche nach Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalen. Er fand <strong>und</strong> beschrieb<br />

zahlreiche Abschnittswälle, Grabhügel <strong>und</strong> auch Vierecksschanzen. Die Letzteren<br />

hielt er <strong>für</strong> Verteidigungsanlagen. Auf Gr<strong>und</strong> seines F<strong>und</strong>wissens stellte Revellio<br />

fest: Die Dichte <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Osten vorgetragenen Besiedlung <strong>de</strong>r Baar nimmt<br />

zumSchwarzwald hin ab <strong>und</strong> hört mit <strong>de</strong>r Buntsandsteingrenze auf. (Aus <strong>de</strong>r Ur<strong>und</strong><br />

Frühgeschichte <strong>de</strong>r Baar von Paul R EVELLlO S. 10). E r vermutete Verbindungswege<br />

in Ost-Westrichtung von <strong>de</strong>r Donau über <strong>de</strong>n Schwarzwald zum<br />

Oberrhein<br />

In <strong>de</strong>m 1981 erschienen Standardwerk " Die Kelten in Ba<strong>de</strong>n-Würrtemberg"<br />

teilen namhafte Archäologen im Wesentlichen die Ansicht von Professor REVEL­<br />

LlO. Wie die Karte im hinteren Vorsatzblatt <strong><strong>de</strong>s</strong> Buches <strong>de</strong>utlich zeigt, schlägt die<br />

Verbindungslinie <strong>de</strong>r vorgeschichtlichen F<strong>und</strong>steIJen von Villingen über Singen<br />

nach Rheinau einen weiten Bogen um Westbaar <strong>und</strong> Schwarzwald. Die dürftigen<br />

vorgeschichtlichen Einzelf<strong>und</strong>e schienen kaum erwähnenswert.<br />

Bewegung in die erstarrten Fronten brachten die hart kritisierten Ausführungen<br />

von Herrn Dr. Karl KWAS ITSCHKA bei <strong>de</strong>r Exkursion <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Baarverein</strong>s nach<br />

Laubenhausen, <strong>de</strong>m Krumpenschloß <strong>und</strong> Hammereisenbach im Oktober 1987.<br />

Weitere Anstöße gab Frau Dr. Verena NüBLlNG vom Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt<br />

Freiburg mit ihrem im November <strong><strong>de</strong>s</strong>selben Jahres vor <strong>de</strong>m Kolpingverein


20<br />

Die Grabhügelfel<strong>de</strong>r<br />

Auf <strong>de</strong>r Markung Löffingen einschließljch Rötenbach liegen in 740 bis 870 m<br />

ü.d.M. zwanzig Grabhügelfel<strong>de</strong>r. Sie umfassen 25 bis 360 einzelne Tumuli <strong>und</strong><br />

gehören damit zu <strong>de</strong>n größten vorgeschichtlichen Nekropolen <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> Ba<strong>de</strong>n­<br />

Würrtemberg. Mit Wald bestockt si nd 18 <strong>de</strong>r Friedhöfe. Sie haben dadurch dje<br />

Jahrtausen<strong>de</strong> ziemlich unversehrt überdauert. Im offenen nur extensiv genutzten<br />

Wei<strong>de</strong>- <strong>und</strong> Wiesenland blieben die Anlagen vom " Weißbühl" <strong>und</strong> von "Burg"<br />

bei Löffingen erhalten. Mit Sicherheit sind weitere Grabfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nbearbeitung<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Überbauung zum Opfer gefallen. Sie sind nur noch anhand <strong>de</strong>r<br />

Flurnamen faßbar. Die Gewanne" Hei<strong>de</strong>" bei Unadjngen, "Leiblestal" <strong>und</strong><br />

"TännLeschachen" bei Bachheim, " Wanne" <strong>und</strong> "ALenberg" nahe Löffingen sowie<br />

"Baierleh" südlich von Döggingen beweisen dies zur Genüge. Alle erhaltenen<br />

Nekropolen nahmen ackerbaulich ungeeigneten o<strong>de</strong>r ertragsarmen Bo<strong>de</strong>n in<br />

Anspruch. Knapp die Hälfte <strong>de</strong>r 20 Grabfel<strong>de</strong>r säumt alte Feldwege o<strong>de</strong>r sie wird<br />

von solchen durchschnitten. Sechs Bestattungsplätze haben ausgesprochene<br />

Hanglage entlang <strong>de</strong>r Täler von Enge- <strong>und</strong> Bittenbach <strong>und</strong> Gauchach <strong>und</strong> Mauchach.<br />

Nur vier Anlagen krönen markante Kuppen <strong>und</strong> lassen an Kultstätten <strong>de</strong>nken.<br />

Außer diesen drei Kriterien läßt sich keinerlei Ordnung in <strong>de</strong>r Anlage <strong>de</strong>r<br />

Friedhöfe erkennen, we<strong>de</strong>r die Himmelsrichtung noch dje Lage an Sommer- o<strong>de</strong>r<br />

Winterseite haben eine Be<strong>de</strong>utung. Allen gemeinsam ist die langgezogene Form, sie<br />

<strong>de</strong>hnen sich in <strong>de</strong>r Regel dreimal so breit wie lang aus. Neben <strong>de</strong>n 20 Großfel<strong>de</strong>rn<br />

bestehen fünf kleinere Anlagen von 9 bis 15 Grabhügeln. Westlich Seppenhofen<br />

ragt in 870 m Höhe im "ALLmendholz" ein einsamer Großhügel auf.<br />

Zusammenstellung <strong>de</strong>r Grabhügelfel<strong>de</strong>r<br />

r. Gemarkung <strong>und</strong> Flur Mittelwert Koordinaten Koordinaten Anzahl d.<br />

Höheü.d.M. rechts hoch Grabhü.<br />

Löffingen:<br />

1. Burg 828,5 50.875 06.900 45<br />

2. Hasle 800,0 51.400 05.150 50<br />

3. Weißbühl 856,8 49.875 04.500 50<br />

Seppenhofen:<br />

4. Weißholz 870,0 49.750 03.750 155<br />

5. Letzle 825,0 50.600 04.000 125<br />

6. Sommerhal<strong>de</strong> 810,0 52.375 03.675 80<br />

7. Winterhal<strong>de</strong> 800,0 52.425 03.250 135<br />

Göschweiler:<br />

8. Großwald 841,4 46.750 04.000 25<br />

9. Stallegg 780,0 47.400 02.250 35<br />

10. Hinterberg 790,0 47.825 02.000 45<br />

11. Floh 792,3 49.250 01 .375 45<br />

Reiselfingen:<br />

12. Hohegerten 780,0 53.500 03.300 165


Bachheim:<br />

13. Allen berg 740,0 54.200 02.050<br />

Unadingen:<br />

14. Großwald 800,0 54.800 07.500<br />

15. Wanne 780,0 56.000 08.1 00<br />

Dittishausen:<br />

16. Berrenbühl 810,0 53.900 08.900<br />

17. Hal<strong>de</strong> 830,0 52.625 06.850<br />

18. Kapf 820,0 51.400 06.800<br />

19. Gispert 840,0 53.900 07.000<br />

20. Hagelbo<strong>de</strong>n 800,0 54.500 07.800<br />

Rötenbach:<br />

21. Mühlwangen 840,0 47.500 04.575<br />

Löffingen<br />

Seppenhofen<br />

Göschweiler<br />

Reilselfingen<br />

Bachheim<br />

Unadingen<br />

Dittishausen<br />

Rötenbach<br />

Anzahl <strong>de</strong>r Grabhügel auf <strong>de</strong>n Teilmarken:<br />

Die Grabhügel<br />

Im Berichtsraum hat die Mehrheit <strong>de</strong>r Grabhügel eine kreisr<strong>und</strong>e Form,<br />

wenige sind oval o<strong>de</strong>r länglich. An <strong>de</strong>n Hängen sind die Tumuli talwärts<br />

verflossen. Die Durchmesser <strong>de</strong>r Hügel schwanken zwischen zwei <strong>und</strong> zehn<br />

Metern, die heutige Höhe geht kaum mehr über zwei Meter hinaus. Der Anteil<br />

<strong>de</strong>r Großhügel mit über fünf Metern Durchmesser liegt bei etwa 25%. Alle Grabfel<strong>de</strong>r<br />

begen auf <strong>de</strong>m oberen Muschelkalk, nur <strong>de</strong>r "Allenberg" bei Bachheim fußt<br />

auf unterem Keuper. Durchweg scheinen die Totenmale aus Sammelsteinen<br />

aufgeschichtet zu sein. Sie bestehen aus groben Buntsandsteingeschieben o<strong>de</strong>r aus<br />

kl einerformatigen r<strong>und</strong>geschliffenen Trochitenkalken. Es bleibt offen, ob die Hügel<br />

mit Er<strong>de</strong> an geböscht <strong>und</strong> damit begrünt o<strong>de</strong>r als bloße Steinanhäufungen<br />

belassen waren. Die Anordnung <strong>de</strong>r Grabmale innerhalb eines Fel<strong><strong>de</strong>s</strong> läßt kaum<br />

ein Schema erkennen. Die Grabhügel entsprechen <strong>de</strong>m Typus <strong>de</strong>r vom Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt<br />

Freiburg im "Weißwald" bei Überauchen, Gemein<strong>de</strong> Brigachtal<br />

freigelegten Bestattungen. (" Archäologische Ausgrabungen in Ba<strong>de</strong>n­<br />

Württemberg" 1986 S. 63) Diese wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Hügelgräberbronzezeit um 800 v. Chr.<br />

zugeordnet. Im " Großwald" nördlich von Unadingen <strong>und</strong> im " Berrenbühl" bei<br />

Dittishausen lagen jeweils am Fuße eines mittelgroßen Grabhügels je eine oben<br />

spitz zulaufen<strong>de</strong> ortsfrem<strong>de</strong> Muschelkalksteinplatte von etwa 100 cm Höhe,<br />

40 cm Breite <strong>und</strong> 18 cm Stärke. Der Vergleich mit <strong>de</strong>r ei nschlägigen Literatur<br />

21<br />

85<br />

85<br />

35<br />

360<br />

40<br />

45<br />

235<br />

225<br />

35<br />

Sa. 2100<br />

145<br />

495<br />

150<br />

165<br />

85<br />

120<br />

905<br />

35<br />

2100


22<br />

Abb. 2 Grabhügel<br />

U nadingen: großer Wald, Grabhügelfeld<br />

Aufnahme: G. Goerlipp


läßt an "Grabstelen" <strong>de</strong>nken. Nach Konrad SPlNDLER " Die frühen Kelten" hat<br />

man statt ursprünglich nur hölzerner Pfeiler später stilisierte Menschendarstellungen<br />

aus Stein auf die Grabmale gestellt. SPlNDLER geht in <strong>de</strong>m erwähnten Werk auf<br />

S. 172 ff ausführlich auf die Stelen ein. Ebenso behan<strong>de</strong>ln die Archäologischen<br />

Ausgrabungen in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg" . Jahrgang 1987 auf S. 69 ff <strong>und</strong> " Die<br />

Kelten in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg." auf <strong>de</strong>n Seiten 164, 344, 400, 476, <strong>und</strong> 493 das<br />

Thema. (Siehe Abb 2)<br />

Die "Steinmauern"<br />

Mit diesem Gräbertyp weisen die Hügelfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Westbaar eine Eigenheit<br />

auf, von <strong>de</strong>r erst in jüngster Zeit vereinzelt im Lan<strong>de</strong> vergleichbares gef<strong>und</strong>en wur<strong>de</strong><br />

z.B. Tauberbischofsheim-Impfingen <strong>und</strong> Rottenburg-Baisingen. Am " ALLenberg"<br />

bei Bachheim streuen einige bis zu 1 0 Metern in die Länge gezogene Steinhügel<br />

zwischen <strong>de</strong>n r<strong>und</strong>en Anlagen. Sie liegen sowohl eben als auch senkrecht zum<br />

Hang <strong>und</strong> vermitteln das Bild eines Steinriegels o<strong>de</strong>r einer Mauer. Das Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt<br />

Freiburg hat 1986 am Ran<strong>de</strong> eines Tuffsteinbruches südlich von<br />

Lembach im Kreis Waldshut eine ähnliche Grabform freigelegt. Zwischen zwei<br />

offenbar ältere Hügel sind dort eckige, teilweise untergeteilte Bestattungen so<br />

angelegt, daß ein mauerartiges Gebil<strong>de</strong> entstand. (S. " Archäologische Ausgrabungen<br />

in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg 1986" S. 73). Alle übrigen Grabfel<strong>de</strong>r im<br />

Raume Löffingen weisen ohne Ausnahme eine o<strong>de</strong>r mehrere lange "Steinmauern"<br />

auf. Im " Berrenbühl" bei Dittishausen erreicht die längste Anlage 250 Meter. Die<br />

Mauern sind nicht streng geometrisch ausgerichtet, ebenso schwanken Breite<br />

<strong>und</strong> Höhe. Sie beginnen <strong>und</strong> en<strong>de</strong>n mit r<strong>und</strong>en Hügeln <strong>und</strong> sind auch öfters von<br />

solchen unterbrochen. Einige Stein mauern bil<strong>de</strong>n rechte Winkel, wobei immer ein<br />

größerer R<strong>und</strong>ling <strong>de</strong>n Scheitelpunkt bil<strong>de</strong>t. Diese rätselhaften " Mauern" haben<br />

schon immer die Phantasie <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes angeregt. In <strong>de</strong>r " Wanne" nördlich<br />

Unadingen <strong>und</strong> bei "Hardheim" zwischen Reiselfingen <strong>und</strong> Bachheim vermutete<br />

man" im Schwe<strong>de</strong>nkrieg untergegangene Dörfer" . Auf Gemarkung Döggingen<br />

entstand die Sage von einer ominösen " Eulenburg", die an zwei räumlich voneinan<strong>de</strong>r<br />

getrennten Standorten gesucht wird. Zu fin<strong>de</strong>n sind an allen genannten<br />

Stellen außer <strong>de</strong>n vorgeschichtlichen Steinriegeln <strong>und</strong> R<strong>und</strong>hügeln keinerlei<br />

Spuren aus <strong>de</strong>m Mittelalter, vor allem fehlt jeglicher schriftlicher Nie<strong>de</strong>rschlag.<br />

Nach eingehen<strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>r Funktion <strong>de</strong>r Steinmauern schei<strong>de</strong>n sie als<br />

Verteidigungsanlagen o<strong>de</strong>r Viebpfercbe mit Sicherheit aus, sie können nur als eine<br />

beson<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r Bestattung angesehen wer<strong>de</strong>n. Das Gräberfeld von Lembach<br />

gehört <strong>de</strong>r Stufe Hallstatt C (750 - 600 v. Chr.) an, die Belegung hört mit <strong>de</strong>m<br />

Beginn <strong>de</strong>r Latenezeit (um 450 v. Chr.) auf.<br />

Ein Stein kreis<br />

Ein Steinkreis von etwa 15 Metern Durchmesser bestimmt das Sü<strong>de</strong>n<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

aus 35 Hügeln bestehen<strong>de</strong>n kleinen Grabhügelfel<strong><strong>de</strong>s</strong> im Gewann " Wanne" auf<br />

Gemarkung Unadingen. Zwei ähnliche, aus einem Kreisgraben mit Resten von<br />

Steinkreisen bestehen<strong>de</strong> Anlagen sind besprochen in " Die Kelten in Ba<strong>de</strong>n­<br />

Württemberg", auf <strong>de</strong>n Seiten 129 - 131. Bayern hat mehrere Denkmale dieses<br />

Types aufzuweisen. Laut F<strong>und</strong>bericht im F.F. Archiv sind 1868 beim Bau <strong>de</strong>r<br />

Schwarzwaldbahn auf <strong>de</strong>r Mark Grüningen siebzehn Gräber <strong>und</strong> ein "Steinkreis"<br />

angeschnitten wor<strong>de</strong>n. Den Letzteren hat man schon damals als Kultstätte<br />

eingestuft. Die heutige Forschung hält diese Annahme aufrecht. Sie vermutet hier<br />

<strong>de</strong>m Bestattungsritus o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Totenkult dienen<strong>de</strong> Einrichtungen.<br />

23


24<br />

Abb. 3 »Steinmauern«<br />

Dittishausen<br />

Grabhügelfeld Nr. 20:<br />

Gewann »H age/bo<strong>de</strong>n« 818,0 m.ü.d.M.<br />

Rechtswert 54.250<br />

Hochwert 07.500<br />

r IE----- 60 m<br />

Grabhügelfeld Nr. 19:<br />

Gewann »Gispert« 841,5 m.ü.d.M.<br />

Rechtswert 53.250<br />

Hochwert 07.000<br />

27 m<br />

Maßstab<br />

o LI _..&....---1.._....&..---1_ ....... 25m


Viereckschanzen<br />

Im Verlaufe <strong>de</strong>r Latenezeit erlangte die rechtwinklige Einfassung von bisher<br />

kreisr<strong>und</strong>en Gräbern <strong>und</strong> Kultbezirken eine hohe Be<strong>de</strong>utung. Neben <strong>de</strong>n rechtwinkligen<br />

Mauern <strong>und</strong> <strong>de</strong>m nur einmal vorkommen<strong>de</strong>n Steinkreis weisen drei<br />

Grabhügelfel<strong>de</strong>r im Raum Löffingen annähernd rechteckige, fast geschlossene<br />

Gebil<strong>de</strong> auf. Sie krönen jeweils Bergkuppen <strong>und</strong> könnten Vorstufen <strong>de</strong>r<br />

" Viereckschanzen" sein. Während die wohl durch fortdauern<strong>de</strong> Nachbestattungen<br />

entstan<strong>de</strong>nen Mauerzüge bei <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Systemen nahe Dittishausen klar erkennbar<br />

erhalten sind (s. Skizze), lassen sich die Umrisse im Gewann "Setzele"westlich<br />

Seppenhofen infolge starker VerschJeifung kaum mehr festhalten.<br />

Die innerhalb <strong>de</strong>r Wissenschaft lange heftig umstrittenen, immer in <strong>de</strong>r Nähe<br />

o<strong>de</strong>r inmitten von Grabhügelfel<strong>de</strong>rn angelegten Viereckschanzen o<strong>de</strong>r nach einem<br />

keltischen Wort " nemeta" waren Stätten <strong><strong>de</strong>s</strong> Totenkultes. (s. "Die Kelten in<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württemberg" S.104 ff). Nach <strong>de</strong>n bisherigen Erkenntnissen scheinen sie<br />

überwiegend <strong>de</strong>m ersten vorchristlichen Jahrh<strong>und</strong>ert zuzuordnen zu sein.<br />

Im Auftrag <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamtes Freiburg beflog im Januar 1987 <strong>de</strong>r<br />

Archäologe Otto Braasch <strong>de</strong>n Schwarzwald-Baar-Kreis. Er ent<strong>de</strong>ckte 750m<br />

nordostwärts von M<strong>und</strong>elfingen im Gewann " Ruftle" eine Viereckschanze <strong>und</strong> hat<br />

sie im Luftbild festgehalten. Sie hat 80 auf 95 m Seitenlange <strong>und</strong> ist ohne Kenntnis<br />

<strong>de</strong>r Luftaufnahme im flachen Wiesengelän<strong>de</strong> nicht auffindbar. Das Denkmalamt<br />

stellt das " nemeton" in die Latenezeit. Der Flurname <strong>de</strong>utet auf inzwischen eingeebnete<br />

Grabhügel hin: (ruffe m<strong>und</strong>artlich = Schorf, Pickel, Buckel <strong>und</strong> die<br />

Endung -Ie = Grabhügel). Etwa 1000 m ostwärts <strong>de</strong>r Kultstätte sind im Flurstück<br />

"vor Gatter" um 1908 die vier letzten Grabhügel bei M<strong>und</strong>elfingen abgetragen<br />

wor<strong>de</strong>n. (s. Badische F<strong>und</strong>berichte 1925).<br />

Am "Allenberg" bei Bachheim <strong>und</strong> im " Berrenbühl" nordostwärts von<br />

Dittishausen ent<strong>de</strong>ckte vergleichbare flache Erdwälle <strong>und</strong> Gräben könnten<br />

Reste solcher nemeta sein. Das Denkmalamt versucht dies mittels Luftbildaufnahmen<br />

zu klären.<br />

"Hohlwege"<br />

Am En<strong>de</strong> einer <strong>de</strong>m Vergleichen dienen<strong>de</strong>n Begehungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebietes<br />

" Laubenhausen" mit <strong>de</strong>m Altrevierförster Erich Fesenmeyer aus Hubertshofen<br />

stießen wir oberhalb <strong>de</strong>r 1906 abgegangenen "Badmühle" etwa 1800m nordwestlich<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Dorfes Hubertshofen im Wal<strong>de</strong> auf rätselhafte "Steinwälle" mit dazwischen<br />

liegen<strong>de</strong>n eingetieften "Hohlwegen". Je sieben dieser Wälle laufen von<br />

einem Punkt am "Badbach" wie die gespreizten Finger einer Hand auseinan<strong>de</strong>rstrebend<br />

etwa 120m hangaufwärts nach Nor<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>r Südseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Baches<br />

hat die Anlage ein fast spiegelbildliches Gegenstück. Etwa 1 000 m westwärts<br />

durchschnei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Zufahrtsweg zur "Fesenmeyerhütte" eine weitere Anzahl von<br />

Wällen <strong>und</strong> Gräben.<br />

Ein ähnliches System verläuft knapp 250m ostwärts von Seppenhofen vom<br />

Bahndamm aus <strong>de</strong>m" Wiesental" senkrecht zum Hang durch <strong>de</strong>n Wald auf die<br />

Hochebene. Es besteht aus drei Gräben <strong>und</strong> zwei parallelen Steindämmen von<br />

90 <strong>und</strong> 180 m Länge. Der eine äußere Hohlgraben diente früher als Feldweg.<br />

Im "Kirchhölzle" 2000m nordostwärts von Bonndorf, in <strong>de</strong>r Nähe <strong><strong>de</strong>s</strong> dort<br />

errichteten Freilichtmuseums <strong>für</strong> Grenzsteine, liegt eine ebensolche Anlage quer<br />

zum Hang. Vier bis zu 180 m lange Steinwälle mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Gräben<br />

25


26<br />

laufen spitzwinklig ineinan<strong>de</strong>r. R<strong>und</strong> 1000 m nördlich ragt die Burgruine " Tanneck"<br />

auf. Sie grün<strong>de</strong>t auf einer keltischen Fliehburg mit doppelten Abschnittswällen.<br />

Auf <strong>de</strong>m "Saigerberg" 2000m westlich <strong>de</strong>r Bahnstation Neustadt im Schwarzwald<br />

in 830m Meereshöhe machte die sich um die Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmale <strong><strong>de</strong>s</strong> Hochschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

kümmern<strong>de</strong> Familie KATZ-HöR auf drei mehrere h<strong>und</strong>ert Meter<br />

lange, spitz aufeinan<strong>de</strong>r zulaufen<strong>de</strong> Gräben mit zwei dazwischen aufgeschichteten<br />

Wällen aufmerksam.<br />

R<strong>und</strong> 1250 m südostwärts <strong>de</strong>r Klosterkirche von Frie<strong>de</strong>nweiler führen im<br />

" Schanzhau" zwei parallellaufen<strong>de</strong> Dämme von 90 <strong>und</strong> 160 m Länge mit drei Hohlgräben<br />

von <strong>de</strong>r Rötenbacher Straße senkrecht <strong>de</strong>n Hang hinauf. Unmittelbar<br />

darüber bün<strong>de</strong>ln sich fünf durch Gräben getrennte etwa 80 m lange strahlenförrnig<br />

auseinan<strong>de</strong>r streben<strong>de</strong> Steinkämme in einem Punkt in <strong>de</strong>r Nähe <strong><strong>de</strong>s</strong> "Mör<strong>de</strong>rkreuzes".<br />

Während alle besprochenen Anlagen inmitten o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Nähe hallstattzeitlicher<br />

Grabhügelfel<strong>de</strong>r liegen, ist die Suche danach in Frie<strong>de</strong>nweiler bisher<br />

ohne Ergebnis geblieben. Die Dämme sind durchweg etwa mannshoch <strong>und</strong> am<br />

Fuße bis zu fünf Meter breit.<br />

Sämtliche geschil<strong>de</strong>rten Systeme schei<strong>de</strong>n als Befestigungen, Wegebauten o<strong>de</strong>r<br />

Gewerbeanlagen aus. Wegen ihrer Nähe zu Grabstätten kann man die rätselhaften<br />

Anlagen nur als eine beson<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r Totenbestattung ansehen. Vergleichbares<br />

ist in <strong>de</strong>r Fachliteratur nicht zu fin<strong>de</strong>n. Siegfried HEIZMANN beschreibt in "Alte<br />

Grenzen <strong>und</strong> Grenzsteine rings um Schwenningen" (F.F. Hofbibliothek LW. 555)<br />

auf Seite 55 " Hohlen", die <strong>de</strong>n Typen von Seppenhofen <strong>und</strong> Frie<strong>de</strong>nweiler entsprechen.<br />

Klarheit kann nur die Archäologie schaffen.<br />

Schemata <strong>de</strong>r Hohlwege<br />

Hubertshofen Seppenhofen Bonndorf<br />

Neustadt Frie<strong>de</strong>nweiler Frie<strong>de</strong>nweiler


Fernwege<br />

Eine uralte Straße führt von Bonndorf über die Wutach nach Hüfingen. Auf<br />

Gemarkung Bachheim wird sie in schellenberger <strong>und</strong> st. blasianischen Urbarien<br />

1509 <strong>und</strong> 1569 "Heerweg" <strong>und</strong> " Heersteig" genannt. Nach einem Vertrag zwischen<br />

<strong>de</strong>n GRAFEN zu FÜRSTENBERG <strong>und</strong> Hans Ludwig von SCHELLENBERG verläuft<br />

die Grenze ihrer Jag<strong>de</strong>n 1649 von "Der Dietfurt" <strong>de</strong>m "alten Heerweg" folgend<br />

durch Unadingen "<strong>de</strong>r Landstraß nach" gegen Döggingen. In Flurnamen wie<br />

"Steige" <strong>und</strong> "gestalter Rain" ist die Erinnerung noch lebendig. Fußgänger haben<br />

<strong>de</strong>n Weg bis um 1935 benutzt. Anfangs Juli 1987 riß ein Hochwasser die Teer<strong>de</strong>cke<br />

eines Teilstückes oberhalb Dietfurt auf <strong>und</strong> legte rörrnsches Pflaster frei. Die<br />

Suche nach einem "untergegangenen Ort Hardheim" bei Reiselfingen führte zum<br />

F<strong>und</strong> hallstattzeitlicher Grabhügel entlang <strong><strong>de</strong>s</strong> "Heerenweges". Südlich <strong>de</strong>r Wutach<br />

läßt sich die Fernstraße über BoU, Bonndorf, Wellendingen <strong>und</strong> Mauchen bis<br />

Untereggingen verfolgen. Auf allen diesen Markungen säumen sie Grabhügelfel<strong>de</strong>r.<br />

Es haben <strong>de</strong>mnach schon in <strong>de</strong>r Bronzezeit Saumtiere <strong>und</strong> Rin<strong>de</strong>rher<strong>de</strong>n<br />

einen gradlinigen Pfad getreten, <strong>de</strong>n die Kelten <strong>und</strong> Römer <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verkehr von<br />

Karren <strong>und</strong> starrachsigen Wagen ausbauten. Erst 1614 hat man das Überschreiten<br />

<strong>de</strong>r oft reißen<strong>de</strong>n Wutach bei <strong>de</strong>r Dietfurt durch <strong>de</strong>n Bau einer Brücke erleichert.<br />

Im Sommer 1781 fuhr <strong>de</strong>r Verleger <strong>und</strong> Publizist Heinrich NICOLAI aus Berlin<br />

mit <strong>de</strong>r Postkutsche durch Deutschland in die Schweiz. Anschaulich schil<strong>de</strong>rt er<br />

im 12. Band seiner "Beschreibung" die abenteuerliche Fahrt mit <strong>de</strong>r dreispännigen<br />

Kutsche von Donaueschingen nach Bonndorf (s. F.F.Hofbibliothek LR.84). Die<br />

uralte Fernstraße ist mittlerweile völlig in Vergessenheit geraten.<br />

Eine zweite auf <strong>de</strong>r Großmark Löffingen fast parallele Fernverbindung läuft vom<br />

Wutachübergang Stallegg über Göschweiler, Löffingen <strong>und</strong> Dittishausen zum<br />

"Bittelbrunnerhof' bei Waldhausen. Bei Dittishausen lebt die Trasse als " Bengelweg"<br />

(Knüppeldamm?) <strong>und</strong> als "Römerstaße" noch im Bewußtsein <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes.<br />

Sie quert die obere Gauchach im Gewann " Hagelbo<strong>de</strong>n" Dort traten 1914 bei<br />

Wegebauarbeiten bronzezeitliche Siedlungsreste zutage. Grabhügelfel<strong>de</strong>r belegen<br />

Verlauf <strong>und</strong> Alter <strong>de</strong>r vorgeschichtlichen Straße. Sie hat bei Stallegg die hier sehr<br />

enge Wutachschlucht mittels einer Brücke überschritten. Im F.F. Walddistrikt<br />

"Saatfeld" <strong>und</strong> im Raum Grünwald ist <strong>de</strong>r Weg in Abschnitten noch zu verfolgen.<br />

Er fin<strong>de</strong>t Anschluß an <strong>de</strong>n "Hatzenweg" ostwärts <strong><strong>de</strong>s</strong> heute aufgestauten Schluchsees<br />

<strong>und</strong> leitet in <strong>de</strong>n Raum "Eisenbreche" bei Blasiwald. Die nördliche Fortsetzung<br />

führt über Bräunlingen <strong>und</strong> Donaueschingen (Flur auf Lehen) in <strong>de</strong>n oberen<br />

Neckarraum.<br />

Von Unadingen zweigt ein ebenfalls sehr alter Verbindungsweg nach Waldhausen<br />

ab. Er durchquert bei <strong>de</strong>m 1513 letztmals erwähnten Weiler Mauchen<br />

das gleichnamige Tal. Der Ortsname <strong>und</strong> Kerarnikf<strong>und</strong>e belegen das abgegangene<br />

Dorf als Ansiedlung <strong>de</strong>r Kelten. Im "Großwald" nördlich Unadingen<br />

gaben damals noch nicht als solche erkannte Grabhügel entlang <strong>de</strong>r Straße bei<br />

Kulturarbeiten ein Bronzeversteck, Eisenbarren <strong>und</strong> ein eisernes Langschwet frei.<br />

REVELLIO schloß nach diesen in Abstän<strong>de</strong>n gemachten F<strong>und</strong>en auf einen Han<strong>de</strong>lsweg<br />

von <strong>de</strong>r Donau zum Oberrhein. Nach neuesten Erkenntnissen verlief sie von<br />

Nor<strong>de</strong>n nach Sü<strong>de</strong>n. Sie überschritt, gebün<strong>de</strong>lt mit <strong>de</strong>r Strecke Stallegg - Bittelbrunnerhof<br />

im "Hagelbo<strong>de</strong>n" die Gauchach <strong>und</strong> strebte in <strong>de</strong>n Raum "Laubenhausen".<br />

Südlich <strong><strong>de</strong>s</strong> "Kapfes" bei Waldhausen mit seinen längstbekannten Grabhügeln<br />

kreuzten die bei <strong>de</strong>n letztbeschriebenen Fernwege die Römerstraße, die das<br />

27


28<br />

Kohortenkastell Brigobanne mit <strong>de</strong>m Rheinübergang Sasbach verband. Nach<br />

Aussage <strong>de</strong>r sie begleiten<strong>de</strong>n Grabhügelfel<strong>de</strong>r ist auch diese Ost-Westverbindung<br />

vorrömisch. Mit <strong>de</strong>m Vorschieben <strong>de</strong>r römischen Sicherungslinie vom Hochrhein im<br />

Jahre 46 n. Chr. wer<strong>de</strong>n die Truppen <strong>de</strong>n alten Saumpfad über <strong>de</strong>n Schwarzwald<br />

benutzt <strong>und</strong> ausgebaut haben. R<strong>und</strong> dreißig Jahre lang markierte er die Nordgrenze<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Römischen Reiches. Nach <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Kinzigtalstraße <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Vorverlegen<br />

<strong>de</strong>r Donaukastelle auf die Alb verlor die nur in Teilen ausgebaute Straße<br />

ihre Be<strong>de</strong>utung. Das Kastell Hüfingen wur<strong>de</strong> 84 n. Chr. aufgelas en.<br />

Bei<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Löffinger Raum queren<strong>de</strong>n alten Han<strong>de</strong>lswege liefen von Nord nach Süd.<br />

Die Ost-Westroute über <strong>de</strong>n Hochschwarzwald ist mittelalterlich, sie erlangte erst<br />

in <strong>de</strong>r Neuzeit ihre heutige Be<strong>de</strong>utung.<br />

Die Siedlungen<br />

Wie oben ange<strong>de</strong>utet ind im Tale <strong>de</strong>r oberen Gauchach an <strong>de</strong>r auf alten<br />

Karten als "ehemaliges Hagel(s)bo<strong>de</strong>n" bezeichneten Stelle vorgeschichtliche<br />

Siedlungsspuren zutage getreten. Der Name Hagelbo<strong>de</strong>n kann keltisch "hochgelegene<br />

Hütten" be<strong>de</strong>uten. Der abgegangene Ort "Muchen" (schrift<strong>de</strong>utsch<br />

Mauehen) nördlich von Unadingen hinterließ keltische Keramik <strong>und</strong> einen als<br />

, kleiner Weiler" auslegbaren Namen. Der beschriebene Nord-Südweg verband<br />

ihn mit <strong>de</strong>m südostwärts von Bonndorf gelegenen gleichnamigen Dorf <strong>und</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong>sen Grabhügeln. Flurnamen im Mauchachtal wie " Bohl, Au, Donatesberg <strong>und</strong><br />

Russental" lassen sich au <strong>de</strong>m Keltischen ableiten. Der Volksm<strong>und</strong> nennt eine<br />

halbverschüttete Höhle westlich <strong>de</strong>r Eisenbahnbrücke das " Nanteleloch". Die<br />

Kelten verehrten eine "Nantosuelta" als Göttin <strong>de</strong>r Höhlen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Unterwelt.<br />

(s. "Die Kelten in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg" S.114). Auf <strong>de</strong>r gleichlauten<strong>de</strong>n Gemarkung<br />

Mauehen im Kreis Lörrach fand man einen bronzezeitlichen Siedlungsplatz,<br />

ausführlich beschrieben in <strong>de</strong>n " Archäologischen Nachrichten aus Ba<strong>de</strong>n"<br />

in Heft 37, 1986. Weitere Wohnplätze waren bisher nicht zu fin<strong>de</strong>n. Die bei<strong>de</strong>n<br />

erwähnten Nie<strong>de</strong>rlassungen lagen erhöht auf <strong>de</strong>n Sonnenseiten windgeschützter<br />

Bachtäler. Nach Erkenntnissen <strong>de</strong>r Wissenschaft hatten die Siedlungen in <strong>de</strong>r<br />

Regel Blickverbindungen mit ihren Nekropolen. Nach diesen bei<strong>de</strong>n Kriterien<br />

dürfte die "Ohlmühle" mit <strong>de</strong>r Wüstung " Künsingen" nördlich von Löffingen,<br />

<strong>de</strong>r Kern <strong>de</strong>r Stadt Löffingen selbst, Teile vom heutigen Seppenhofen (einst Ober<strong>und</strong><br />

Unterhofen) mit <strong>de</strong>n zwei Mühlen sowie Bachheim auf hallstattzeitlichen<br />

Vorgängern grün<strong>de</strong>n.<br />

Im Tale <strong>de</strong>r oberen Mauchach südlich Dittishausen, am Engebach westlich<br />

Seppenhofen, beim ö<strong>de</strong>n "Litzelstetten" südwestlich von Löffingen, in <strong>de</strong>r Nähe<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Stallegger Hofes <strong>und</strong> am "Tränkebach" oberhalb Bachheim sind verschollene<br />

Weiler o<strong>de</strong>r Höfe zu suchen. Die gesicherten <strong>und</strong> vermuteten Ansiedlungen<br />

konnten ihr Wasser aus <strong>de</strong>n klaren Bächen o<strong>de</strong>r nahen Quellen<br />

entnehmen. Bewohner <strong>de</strong>r angenommenen kleineren Hofgruppen südlich von<br />

Rötenbach, vom " Allenberg" bei Bachheim <strong>und</strong> <strong>de</strong>r "Wanne" nördlich von<br />

Unadingen müßten Brunnen gegraben haben. Dasselbe gi lt <strong>für</strong> die inmitten <strong>de</strong>r<br />

hochgelegenen Ackerfel<strong>de</strong>r angelegten Dörfer Dittishausen, Unadingen, ReiseIfingen<br />

<strong>und</strong> Göschweiler. Unter Umstän<strong>de</strong>n si nd die Letzteren spätere Gründungen<br />

<strong>de</strong>r alemannischen Eroberer.


30<br />

Vom Westen her ist <strong>de</strong>r ebene, an <strong>de</strong>r engsten Stelle nur 20 m breite Zugang von<br />

einem DoppelwaU unterbrochen. Nach sechzehn Metern ist ein dritter WaUgraben<br />

aufgeschüttet. Dahinter erstreckt sich ein 40m breites Plateau 67 m weit zur Hauptbefe<br />

tigung. Diese besteht aus zwei tiefen Gräben mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Wällen.<br />

Der Hauptwall hat noch 4 m Höhe, er wird in <strong>de</strong>r Art <strong><strong>de</strong>s</strong> "murus gallicus ' gebaut<br />

gewesen sein. Der Doppelgraben schwingt in einem 85 m langen Ringgraben aus, er<br />

hatte <strong>de</strong>n nicht so ganz steilen Teil <strong>de</strong>r Nordflanke zu sichern. Etwa 60m nördlich<br />

<strong>de</strong>r Vorwälle entspringt eine heute fast versiegte Quelle, die im VerteidigungsfaUe<br />

außerhalb <strong>de</strong>r Pallisa<strong>de</strong>n lag. Daher führt ein steil absteigen<strong>de</strong>r Serpentinenweg zu<br />

<strong>de</strong>m 80 m tiefer gelegenen "Schloßbrunnen", <strong>de</strong>r einem Angreifer kaum zugänglich<br />

war.<br />

R<strong>und</strong> 250m ostnordostwärts <strong>de</strong>r beschriebenen Fliehburg, aber 80?n tiefer<br />

gelegen, horstet hart oberhalb <strong>de</strong>r Einmündung <strong><strong>de</strong>s</strong> Rosenbaches in die Wutach<br />

eine weitere Befestigung. Der Kern <strong><strong>de</strong>s</strong> "Schlosses" mißt nur 10 auf 15 m, doch<br />

scheint ein Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Muschelkalkfelsens einmal abgebrochen <strong>und</strong> in die tief unten<br />

schäumen<strong>de</strong> Wutach gestürzt zu sein. Ihre Lage auf <strong>de</strong>m nach drei Seiten fast<br />

senkrecht abfallen<strong>de</strong>n Bergsporn machte die winzige Burg uneinnehmbar. Die<br />

Frontseite ist durch zwei ausgehobene, heute noch drei <strong>und</strong> vier Meter tiefe Halsgräben<br />

<strong>und</strong> einen spitzen Wall von 18m Länge äußerst wirkungsvoll verstärkt.<br />

Vorgelagert ist ein sehr gut <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> angepaßter 12m breiter Wall mit 85m<br />

Länge, <strong>de</strong>r ei nen künstlich angelegten Tiefbrunnen umschließt. Nach Aussage<br />

Einheimischer ei <strong>de</strong>r mittlerweile versiegte "Schloßbrunnen" bis zum Bau <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

vorbeiführen<strong>de</strong>n Waldweges munter geflossen. Ein zufällig vor Ort angetroffener<br />

Wünschelrutengänger will eine sehr starke, von diesen Brunnen angezapfte Wassera<strong>de</strong>r<br />

festgestellt haben.<br />

Diese kleine Befestigung könnte <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>r Wasserversorgung <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

Flankenschutz <strong>de</strong>r oberen Burg gedient haben. Sie ist auch als allerletzte Zuflucht<br />

o<strong>de</strong>r als Bergungsstätte <strong>de</strong>r wertvollsten Personen o<strong>de</strong>r Güter <strong>de</strong>nkbar. Endlich<br />

kann sie von <strong>de</strong>r Hauptburg unabhängig zu einem früheren o<strong>de</strong>r späteren Zeitabschnitt<br />

gebaut wor<strong>de</strong>n sein.<br />

Das Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt stuft die sicher als Fliehburg eingerichtete Wehranlage<br />

vorläufig in die ausgehen<strong>de</strong> Bronzezeit um etwa 800 v. ehr. ein. Sie ist ein ganz<br />

ungewöhnliche Bei piel <strong>für</strong> <strong>de</strong>n hohen Stand <strong>de</strong>r vorgeschichtlichen Befestigungstechnik.<br />

Flurnamen<br />

Im Standardwerk" Die Kelten in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg" sind im topografischen<br />

Teil auf S. 288 F.F. Ausgrabungen <strong>und</strong> Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmäler ausführlich beschrieben.<br />

Im ganzen Lan<strong>de</strong> liegen Grabhügelfel<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Einzelgräber in Gewannen mit <strong>de</strong>n<br />

gleichen ich wie<strong>de</strong>rholen<strong>de</strong>n Namen. Ihre Häufung kann nicht zufällig sein. Allein<br />

das Wort "Lehen" o<strong>de</strong>r die Endung -leCh) erscheinen in vielerlei Form bei 35<br />

Nekropolen. Die Kenntnis <strong><strong>de</strong>s</strong> Flurnamens hat in einigen Wäl<strong>de</strong>rn das Auffin<strong>de</strong>n<br />

von Gräbern ermöglicht. In dreizehn Fällen kommt das Vorwort " Bettel" o<strong>de</strong>r<br />

"Bitle/" vor, darunter fünf mal als .. Bettlerkochi" . Anläßbch einer kleinen<br />

Exkursion bei Bachheim hat Mr. Laurie THOMPSON, Professor <strong>für</strong> Keltike am<br />

Lampeter College in Wales, <strong>de</strong>n Ausdruck nach <strong>de</strong>m Wallisischen als "Fels o<strong>de</strong>r<br />

Stein <strong>de</strong>r Beten" ge<strong>de</strong>utet. In <strong>de</strong>r keltischen Mythologie sind Anbete, Borbete <strong>und</strong><br />

Wilbete die Mütter o<strong>de</strong>r Göttinnen von Sonne, Mond <strong>und</strong> Er<strong>de</strong>. Gleichstark ver-


treten ist das Gewann " Wanne" o<strong>de</strong>r " Wang(en)". Es hat immer Bezug auf Grabhügel<br />

<strong>und</strong> eine Kuppe.<br />

Der mit <strong>de</strong>m Substantiv " Bären-" zusammengesetzte Flurname lautet in <strong>de</strong>r<br />

heimischen M<strong>und</strong>art " Berre". Er hat mit <strong>de</strong>m Meister Petz nichts zu tun. Es scheint<br />

eine Verbindung mit (Trag)bahre näher zu liegen, sie heißt in <strong>de</strong>r Baar " berre".<br />

Sicher haben die Erbauer <strong>de</strong>r zum Teil monumentalen Grabhügel zum leichteren<br />

Transport <strong>de</strong>r Steine Tragbahren verwen<strong>de</strong>t.<br />

Nach alten Auslegungen soll ein Al(J)enberg auf heidnische Kultstätte weisen.<br />

"Hei<strong>de</strong>" be<strong>de</strong>utet nach Fischers Schwäbischen Wörterbuch ein mit ortsfrem<strong>de</strong>n<br />

Steinen o<strong>de</strong>r Steinanhäufungen be<strong>de</strong>cktes Feld. Daraus ist <strong>de</strong>r Begriff "Hei<strong>de</strong>n" <strong>für</strong><br />

vorchristliche Menschen entstan<strong>de</strong>n.<br />

Interessant wäre die Auswertung einer möglichst großen Anzahl, wenn nicht<br />

aller Flurnamen von Ba<strong>de</strong>n-Württemberg unter diesem Aspekt.<br />

Die genannten Gewannbezeichnungen sind auch im Löffinger Raum jeweils<br />

im Zusammenhang mit gesicherten <strong>und</strong> verebneten Grabfel<strong>de</strong>rn im Gebrauch:<br />

Löffingen: Alenberg, Wanne <strong>und</strong> Hasle.<br />

Seppenhofen: Setzle.<br />

Bachheim: Allenberg, Bettlerkochi, <strong>und</strong> Berreloch<br />

Unadingen: Wanne <strong>und</strong> Hei<strong>de</strong>.<br />

Dittishausen: Berrebühl.<br />

Daneben benutzt das Volk noch rätselhafte Flurnamen, die alemannisch nicht zu<br />

<strong>de</strong>uten sind. Bei keltischer Auslegung stimmen sie aber auffallend mit <strong>de</strong>m Wesen<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Örtlichkeit überein. Neben <strong>de</strong>n längst als keltisch anerkannten Fluß<strong>und</strong><br />

Bergnamen <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> bil<strong>de</strong>n sie mit <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalen ein erhaitenswertes<br />

Gut <strong>de</strong>r heimatlichen Vorgeschichte.<br />

31


32<br />

Das Krumpenschloß<br />

von Thomas Maya <strong>und</strong> Bernd Volzer<br />

Vorwort<br />

Der nachfolgen<strong>de</strong> Bericht befaßt sich mit <strong>de</strong>r archäologisch-topographischen<br />

A ufnahme <strong>de</strong>r Befestigungsanlage " KrumpenschLoß" bei Hammereisenbach­<br />

Bregenbach. Diese Gelän<strong>de</strong>aufnahme mit anschließen<strong>de</strong>r Erstellung einer maßstäblichen<br />

Karte <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebietes war Thema einer Diplomarbeit, die wir - zwei<br />

Stu<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r Fachhochschule <strong>für</strong> Technik in Stuttgart - im Rahmen <strong>de</strong>r Diplomprüfung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Studienganges Vermessungswesen gewählt hatten. Die Durchführung<br />

erfolgte im Auftrag <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamtes Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, das schon seit<br />

mehreren Jahren in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Fachhochschulen Stuttgart <strong>und</strong> KarIsruhe<br />

Themen im Bereich <strong>de</strong>r archäologisch-topographischen Gelän<strong>de</strong>aufnahmen<br />

<strong>für</strong> Diplomarbeiten anbietet.<br />

Die Aufnahme sollte <strong>für</strong> das Schwerpunktprogramm »Atlas <strong>de</strong>r obertägig<br />

sichtbaren archäologischen Denkmale« Ba<strong>de</strong>n-Württembergs durchgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Dieses Projekt umfaßt u. a. die vor- <strong>und</strong> frühgeschichtlichen Befestigungsanlagen,<br />

die inventarisiert, archäologisch bearbeitet, topographisch vermessen <strong>und</strong> kartographisch<br />

dargestellt wer<strong>de</strong>n müssen <strong>und</strong> in Form eines Atlanten, bestehend aus<br />

Karten- <strong>und</strong> Textteil, veröffentlicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Obwohl die Befestigung bereits vor über 200 Jahren von <strong>de</strong>m Fürstlich Fürstenbergischen<br />

Hofrat <strong>und</strong> Archivar Carl-Friedrich DÖPSER (1782) beschrieben wur<strong>de</strong>,<br />

existiert bisher keine <strong>de</strong>n heutigen Ansprüchen genügen<strong>de</strong> Planaufnahme. Eine<br />

archäologisch-topographische Aufnahme war <strong><strong>de</strong>s</strong>halb dringend erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

Das Ziel unserer Diplomarbeit sollte sein, die Befestigungsanlage in ihrem <strong>de</strong>rzeitigen<br />

Zustand <strong>für</strong> die Denkmalpflege <strong>und</strong> Forschung zu dokumentieren. Die<br />

Auswertung umfaßte u.a. einen Gr<strong>und</strong>rißplan im Maßstab 1:500 mit Darstellung<br />

<strong>de</strong>r 1 rn-Höhenlinien. Es war uns wichtig, nicht nur die fachliche Seite (Vermessungstechnik)<br />

zu berücksichtigen, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>n geschichtlich-historischen Bezug zur<br />

Anlage herzustellen.<br />

Die Diplomarbeit wur<strong>de</strong> von uns im Zeitraum von Juli bis Dezember 1988 in<br />

gemeinschaftlicher Arbeit durchgeführt.<br />

Die Befestigungsanlage "Krumpenschloß"<br />

Da uns zunächst durch das Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt Ba<strong>de</strong>n-Württemberg zu <strong>de</strong>r<br />

Befestigungsanlage " KrumpenschLoß" - diese wird in älteren Unterlagen auch als<br />

"ALt<strong>für</strong>stenberg" bezeichnet - außer einer Erwähnung durch E. WAGNER (1908)<br />

keine weiteren Unterlagen zur Verfügung gestellt wer<strong>de</strong>n konnten, gestalteten<br />

sich unsere Nachforschungen über die Hintergrün<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum <strong>de</strong>r Entstehung<br />

zunächst extrem schwierig.<br />

Das von uns zusammengetragene Material stammt überwiegend aus <strong>de</strong>m<br />

»Fürstlich Fürstenbergischen Archiv« in Donaueschingen <strong>und</strong> beginnt mit <strong>de</strong>r nach<br />

unserem Erkenntnisstand ältesten Darstellung <strong>de</strong> " Krumpenschlosses" in <strong>de</strong>r<br />

"Mappa <strong>de</strong>r Landgrafschaft Baar" aus <strong>de</strong>m Jahre 1620 (von DÖPSER I )SO bezeichnet).<br />

Auf <strong>de</strong>r Abbildung 1 ist schwach die mit " ALt<strong>für</strong>slenberg" bezeichnete Walldarstellung<br />

erkennbar.<br />

Die er te uns bekannt gewor<strong>de</strong>ne urk<strong>und</strong>liche Erwähnung stammt von DÖPSER;<br />

dieser hat sich im "Heumonath" (Juni) <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres 1782 selbsten auf <strong>de</strong>n Schwarz-


wald begeben, um dieses Alte Fürstenberg aufzusuchen, <strong>und</strong> seine etwa vorfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Überbleibsel in einen ohngefähren Entwurf zu bringen.<br />

Er fand auf <strong>de</strong>r obersten Spitze <strong><strong>de</strong>s</strong> auch heute noch als "Schloßberg" bezeichneten<br />

<strong>und</strong> "bey <strong>de</strong>m Bauern Hof zum Grumpen genannt ( ..... ) gegen Abend<br />

gelegenen steilen Berg ( ..... ) zwar keine Spur von Mauern mehr ( ..... ), hingegen in <strong>de</strong>r<br />

darauf befindlichen Waldung in einem zirckelförmigen Bezirk von 7 - bis 800 Schritt<br />

ein Bollwerk ( ..... ), das aus einer ungeheuren Menge aufeinan<strong>de</strong>r gethürmter Steine<br />

bestehet, ( ..... )" (DÖPSER (1782), S. 11 08f.)<br />

Seinem "Entwurf" konnten wir auch die in Abb. 2 dargestellte ziemlich <strong>de</strong>tailgetreue<br />

Abbildung dieses Abschnittes <strong><strong>de</strong>s</strong> Bregtales entnehmen (a.a.O.). Diese von<br />

ihm im Jahre 1782 angefertigte Zeichnung (im "Fürstlich Fürstenbergischen Generalrepertoire")<br />

stellt sehr <strong>de</strong>utlich <strong>de</strong>n während seiner Besichtigung gewonnenen<br />

Eindruck vom Wall dar. Darin ist auch das zur damaligen Zeit noch bestehen<strong>de</strong><br />

Herrenhaus <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpenhofs mit <strong>de</strong>r kleinen Kapelle dargestellt; heute existiert<br />

als " Krumpenhof' nur noch das ehemalige Gesin<strong>de</strong>haus, im nahegelegenen<br />

"Fischerhof' ist ein Pflegeheim untergebracht.<br />

. Die Ansicht, daß fälschlich erweise <strong>de</strong>r Name "Alt<strong>für</strong>stenberg" <strong>für</strong> die Befestigungsanlage<br />

auf <strong>de</strong>m "Schloßberg" gebraucht wird, wird in <strong>de</strong>n uns als nächste<br />

Erwähnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Objektes bekannten " Kleineren Mitteilungen" aus <strong>de</strong>m Jahre 1880<br />

durch RrEZLER <strong>und</strong> BAUMANNvertreten. Diese äußern die Meinung, daß man "sich<br />

aber durch diesen Namen ("Alt<strong>für</strong>stenberg") <strong>und</strong> die Bezeichnung Schloßberg nicht<br />

bestimmen lassen (sollte), hier eine mittelalterliche Burg zu suchen. Eine Burg<br />

Alt<strong>für</strong>stenberg wird in <strong>de</strong>n Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Akten nie erwähnt <strong>und</strong> hat nie bestan<strong>de</strong>n;<br />

vielmehr hieß die Befestigung auf <strong>de</strong>m Schloßberge im M<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Umwohner<br />

früher wohl nur " das alte Schloß" <strong>und</strong> hier<strong>für</strong> mag, da die Burg Neu<strong>für</strong>stenberg bei<br />

Hammereisenbach nur eine halbe St<strong>und</strong>e entfernt liegt, im Gegensatz zu dieser ( .... )<br />

wohl auch die Bezeichnung Alt<strong>für</strong>stenberg gebraucht wor<strong>de</strong>n sein." (a.a.O.) Die<br />

Vermutung DÖPSER's, daß dieses " Bollwerk ( ..... ) wahrscheinlich von <strong>de</strong>n Einwohnern<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> in vorigen Kriegsunruhen aus <strong>de</strong>n Ruinen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Schlosses Alten Fürstenberg theils zur Sicherheit ihrer geflüchteten Habschaften,<br />

<strong>und</strong> theils zur feindlichen Gegenwehr aufgeführet wur<strong>de</strong>", scheint RlEZLER <strong>und</strong><br />

BAUMANN nicht begrün<strong>de</strong>t, "da, wie (oben bereits) gesagt, eine Burg Alt<strong>für</strong>stenberg<br />

hier nie bestan<strong>de</strong>n hat."<br />

Im Jahre 1885 wird von MA YER (S. 111) zum ersten mal die Bezeichnung<br />

" Krumpenschloß" <strong>für</strong> diese Befestigung gebraucht. Es wird die Ansicht geäußert,<br />

daß "dieser Name ("Alt<strong>für</strong>stenberg") <strong>für</strong> das hier sich befindliche Refugium nur auf<br />

einem Irrthum beruhen (kann), da die hier befindliche Befestigung in die vorgeschichtliche<br />

Zeit zurückgeht <strong>und</strong> von Mauerresten keine Spur vorhan<strong>de</strong>ne!) ist.<br />

Im Volksm<strong>und</strong>e wird diese Stätte auch das Krumpenschloß genannt, mit Bezug auf<br />

<strong>de</strong>n am Fuße <strong><strong>de</strong>s</strong> Bergkopfes liegen<strong>de</strong>n Krumpenhof, zu <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Areal sie gehört."<br />

Eine weitere Erwähnung fin<strong>de</strong>t die Befestigung in <strong>de</strong>r bereits angesprochenen<br />

Arbeit von WAGNER aus <strong>de</strong>m Jahre 1908. Diese Aufzeichnung unterschei<strong>de</strong>t sich<br />

jedoch kaum von <strong>de</strong>n früheren Berichten.<br />

Die Bezeichnung "Krumpenschloß" ist heute allgemein gebräuchlich. Nachfolgend<br />

soll einmal die Entwicklung in <strong>de</strong>r Kartendarstellung <strong><strong>de</strong>s</strong> "Krumpenschlosses"<br />

über einen Zeitraum von vier Jahrh<strong>und</strong>erten gegeben wer<strong>de</strong>n (siehe<br />

Abb. 3-6 auf <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Seite).<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser uns bisher vorliegen<strong>de</strong>n historischen Auszüge läßt sich<br />

natürlich nicht auf die genaue Entstehungszeit <strong>de</strong>r Befestigungsanlage " Krumpenschloß"<br />

schließen; fällt sie zeitlich in das (frühe) Mittelalter? O<strong>de</strong>r wäre es <strong>de</strong>nkbar,<br />

33


archäologische (Grabungs-) F<strong>und</strong>e <strong>und</strong> weitere historische Nachforschungen<br />

könnten hier vielleicht Klarheit über Entstehungszeit <strong>und</strong> -gr<strong>und</strong> schaffen.<br />

Abb 3 »Mappa <strong>de</strong>r Landgrafschaft Baar«,<br />

1620 (Autor unbekannt nach R EICHELT)<br />

Quelle: FF Archiv, Kasten LV, Fach I, O.Z. 5<br />

Abb.5 »Topographischer Atlas <strong><strong>de</strong>s</strong> Großherzogtums<br />

Ba<strong>de</strong>n« im Maßstab I : 250000,<br />

1878 (Autor: Topograpphische Bureau unter<br />

<strong>de</strong>r Oberdirektion <strong><strong>de</strong>s</strong> Wasser- <strong>und</strong> Straßenbaus)<br />

Quelle: FF Archiv<br />

35<br />

Abb 4 » Verjüngte Karte über die LandgrafschafLen<br />

Baar <strong>und</strong> Stiihlingen auch HerrschafL<br />

Hohenhewen nebst einem Teil <strong>de</strong>rangrenzen<strong>de</strong>n<br />

HerrschafLen«, 1798 (Autor: Bourz v. SeethaI)<br />

Quelle: FF Archiv, Kasten IV, Fach I, O.Z. 4<br />

Abb 6 Topographische Karte im Maßstab<br />

1 : 25000 (TK 25)<br />

Blatt 8016, Ausgabe 1985<br />

Autor <strong>und</strong> Quelle: Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>vermessungsa mt<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />

Beschreibung <strong><strong>de</strong>s</strong> Aufnahmegebietes<br />

Die Befestigungsanlage "Krumpenschloß" liegt ungefähr 2km ostsüdöstlich<br />

von Hammereisenbach-Bregenbach auf einem Höhenrücken. Dieser als<br />

" Schloß berg" bezeichnete Bergrücken, <strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n Krumpendobel im Südosten<br />

<strong>und</strong> das Bregtal im Nordosten gebil<strong>de</strong>t wird, ist mit lichtem bis dichtem Hochwald<br />

bewachsen. Die ovale Anlage breitet sich von <strong>de</strong>r östüchen Abbruchkante nach<br />

Westen hin auf einer Länge von etwa 150m aus, die Nord-Süd-Aus<strong>de</strong>hnung beträgt<br />

maxjmal ungefähr 80 m.


36<br />

Die Abgrenzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Aufnahmegebiete durch <strong>de</strong>n zuständigen Leiter <strong>de</strong>r Vermessungsabteilung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamtes, D. MÜLLER, erfolgte zu Beginn <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Außendienstes. Im allgemeinen wird angestrebt, das Gelän<strong>de</strong> in einem größeren<br />

Umkreis um das eigentliche Objekt herum zu erfassen, um <strong>de</strong>n Bezug zwischen <strong>de</strong>r<br />

Befestigungsanlage <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gelän<strong>de</strong>gestalt anschaulich zu machen. In unserem<br />

Falle war somit eine Fläche von ca. 300m x 400m aufzunehmen.<br />

Ein mächtiger Schildwall durchschnei<strong>de</strong>t die im Westen im Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> Höhenrückens<br />

liegen<strong>de</strong> Flachzone. Er wird zusätzlich durch einen flacheren vermutlich<br />

aus Erdreich aufgeschütteten Vorwail geschützt, <strong>de</strong>m ein (mittlerweile?) flacher<br />

<strong>und</strong> stellenweise ziemlich breiter Graben vorgelagert ist. Es wur<strong>de</strong> somit ein ausreichen<strong>de</strong>r<br />

Schutz <strong>de</strong>r am meisten gefähr<strong>de</strong>ten Seite <strong>de</strong>r Anlage gewährleistet<br />

(Abb.14 <strong>und</strong> 15). Für die Sicherung <strong><strong>de</strong>s</strong> Areals an <strong>de</strong>n nach Nor<strong>de</strong>n, Osten <strong>und</strong><br />

Sü<strong>de</strong>n relativ steil abfaUen<strong>de</strong>n Hängen reichte ein direkt an <strong>de</strong>r Abbruchkante<br />

weitergeführter niedrigerer Randwall aus. Der gesamte die Hochfläche einschließen<strong>de</strong><br />

<strong>und</strong> zusammenhängen<strong>de</strong> Befestigungswall ist wie <strong>de</strong>r mächtige westliche Wallbereich<br />

aus z.T. behauenen Stein brocken aufgebaut. Es konnten auch Reste von<br />

Trockenmauern 2) in <strong>de</strong>r Wallböschung ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n; diese wur<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r<br />

Aufnahme beson<strong>de</strong>rs berücksichtigt.(Solite es sich ursprünglich doch um eine Befestigungs"mauer"<br />

gehan<strong>de</strong>lt haben, die im Laufe <strong>de</strong>r Jahrh<strong>und</strong>erte zu <strong>de</strong>r heutigen<br />

Form <strong>de</strong> "Befestungswalles" verfiel?)<br />

Der Wallinnenbereich ist sehr flach ausgeprägt. Es treten kaum Störungen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Gelän<strong><strong>de</strong>s</strong> auf, die auf archäologische Objekte wie Wohnpodien, Gebäu<strong>de</strong>gr<strong>und</strong>risse<br />

o<strong>de</strong>r sonstige Merkmale schließen lassen; die relativ häufig anzutreffen<strong>de</strong>n (kreis-<br />

Abb. 7 Trockenmauer(n) im Wallbereich<br />

(Foto: Maya)


förmigen) Vertiefungen wur<strong>de</strong>n von uns größtenteils als Windwürfe interpretiert.<br />

Auf <strong>de</strong>r nördlichen Seite <strong>de</strong>r Befestigung zieht sich direkt runter <strong>de</strong>m Steinwall<br />

eine langgestreckte Mul<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Wallinnenbereich; diese könnte durch Materialentnahme<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n HauptwaLl entstan<strong>de</strong>n sein.<br />

Im Bereich <strong>de</strong>r nach Nor<strong>de</strong>n, Osten <strong>und</strong> Sü<strong>de</strong>n relativ steil abfallen<strong>de</strong>n Hänge<br />

treten kaum nennenswerte Störungen <strong>de</strong>r natürlichen Gelän<strong>de</strong>formen auf. Im stark<br />

geneigten nordwestlichen Hangabschnitt wur<strong>de</strong> eine ganze Anzahl Gruben bemerkt,<br />

die eine schwach linienhafte Anordnung besitzen. Hierbei könnte es sich<br />

um " Pingen" han<strong>de</strong>ln, da in <strong>de</strong>r näheren Umgebung im Mittelalter Erz im Tagebau<br />

gewonnen wur<strong>de</strong> (wie auch <strong>de</strong>r Name " Hammereisenbach" an<strong>de</strong>utet).<br />

Erwähnenswert ist noch eine relativ mächtige Felsnase, die aus <strong>de</strong>m östlichen<br />

Hangabschnitt kurz unterhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Walles herausragt. In diesem Bereich sowie<br />

über die gesamten Abhänge liegen mehr o<strong>de</strong>r weniger große Steine <strong>und</strong> Felsbrocken<br />

verstreut umher. Es könnte durchaus sein, daß sich speziell im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Felsnase die Hauptentnahmestelle <strong>für</strong> das (steinerne) Baumaterial <strong>de</strong>r Befestigung<br />

(smauer) befand.<br />

Im gesamten zum Bregtal hin abfallen<strong>de</strong>n östlichen Hangabschnitt sind sehr<br />

viele Holzabfuhrwege angelegt wor<strong>de</strong>n. Einer dieser Wege durchschnei<strong>de</strong>t gleich<br />

an zwei Stellen <strong>de</strong>n nördlichen Ringwall <strong>de</strong>r Befestigungsanlage, <strong>de</strong>r in diesem<br />

Bereich recht stark zerstört wur<strong>de</strong>. Bei einem späteren Gelän<strong>de</strong>besuch wur<strong>de</strong><br />

festgestellt, daß in <strong>de</strong>r Zwischenzeit im Wallinnenbereich Holz geschlagen <strong>und</strong> die<br />

Stämme zum Abtransport über die Wallkrone auf die Wege gezogen wor<strong>de</strong>n waren.<br />

Der Wall ist dadurch in einigen Bereichen ziemlich stark beschädigt <strong>und</strong> abgetragen<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Abb. 8 Zerstörung <strong>de</strong>r ursprünglichen WaUform durch Holzabfuhrwege<br />

(Foto: Maya)<br />

37


38<br />

Die vermessungstechnische Bearbeitung<br />

Wie bereits geschil<strong>de</strong>rt, bestand <strong>de</strong>r Zweck unserer Tätigkeit in <strong>de</strong>r Erstellung<br />

einer maßstäblichen Darstellung <strong><strong>de</strong>s</strong> gegenwärtigen Zustan<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>r Befestigung <strong>und</strong><br />

ihres Umfel<strong><strong>de</strong>s</strong>. Dazu wur<strong>de</strong>n die topographischen bzw. archäologischen Kleinformen<br />

<strong>und</strong> Gelän<strong>de</strong>merkmale lage- <strong>und</strong> höhenmäßig aufgenommen. Anhand <strong>de</strong>r<br />

festgelegten Gelän<strong>de</strong>punkte, die an chließend in einem Koordinatensystem kartiert<br />

wer<strong>de</strong>n, sind dann in <strong>de</strong>r Karte die entsprechen<strong>de</strong>n Gelän<strong>de</strong>formen durch die Wahl<br />

entsprechen<strong>de</strong>r Linienelemente im Gr<strong>und</strong>riß dargestellt. Die topographischen<br />

Messungen wer<strong>de</strong>n heute überwiegend auf das GAuss-KRÜGER-Koordinatensystem<br />

(GK-Netz) bezogen, welches in <strong>de</strong>r Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>republik in <strong>de</strong>r gesamten Vermessungsverwaltung<br />

Anwendung fin<strong>de</strong>t. Für die Höhenfestlegung <strong>de</strong>r Punkte wird<br />

das Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>höhennetz zugr<strong>und</strong>egelegt, in weIchem die Höhen in Metern über<br />

Normalnull (m ü. NN) angegeben wer<strong>de</strong>n.<br />

Um das <strong>für</strong> die spätere Gelän<strong>de</strong>aufnahme benötigte Aufnahmepunktfeld zu<br />

schaffen, war eine umfangreiche Polygonierung erfor<strong>de</strong>rlich. Das heißt, zwischen<br />

die in Abstän<strong>de</strong>n von etwa 2 - 3 km vorhan<strong>de</strong>nen Trigonometrischen Festpunkte<br />

(sog. TP's) mußten neue Polygon-Punkte <strong>de</strong>rart koordiniert <strong>und</strong> höhenmäßig festgelegt<br />

wer<strong>de</strong>n, so daß sie <strong>für</strong> die anschließen<strong>de</strong> Detailaufnahme zweckmäßig waren.<br />

Dies begann zunächst mit <strong>de</strong>m Aufsuchen <strong>de</strong>r in Frage kommen<strong>de</strong>n TP. Sodann<br />

konnte die Erk<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> Festlegung <strong>de</strong>r einzelnen Polygon punkte erfolgen,<br />

wobei <strong>de</strong>r Verlauf eines je<strong>de</strong>n Zuges 3) in etwa durch die Topographie <strong><strong>de</strong>s</strong> Gelän<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

vorgegeben war. Die Polygonzüge wur<strong>de</strong>n zwecks <strong>de</strong>r besseren Sicht weitgehend am<br />

Wege-Verlauf orientiert bzw. im Hinblick auf die spätere Gelän<strong>de</strong>punktaufnahme<br />

auf die Wallkrone gelegt. Dies ermöglichte auch die gleichzeitige Aufnahme <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Wallinnenbereichs, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r WaLlkrone aus fast vollständig eingesehen <strong>und</strong><br />

erfaßt wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Die Aufnahmepunkte wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Örtlichkeit durch bo<strong>de</strong>neben eingeschlagene<br />

r<strong>und</strong>e Pflöcke vermarkt. Zu allen Pflöcken wur<strong>de</strong>n eckige Beipflöcke<br />

geschlagen, auf <strong>de</strong>nen die Punktnummer vermerkt wur<strong>de</strong>.<br />

Für di e gesamte archäologisch-topographische Vermessung stand uns<br />

mo<strong>de</strong>rnstes Gerät <strong>de</strong>r Fachhochschule <strong>für</strong> Technik in Stuttgart zur Verfügung. Als<br />

Vermessungsinstrument kam das neue »Elta 4« <strong>de</strong>r Firma Carl Zeiss, Überkochen,<br />

zum Einsatz (siehe Abb. 10), das sowohl <strong>für</strong> die Polygonierung als auch <strong>für</strong> die<br />

Gelän<strong>de</strong>aufnahme Verwendung fand. Dies ist ein Elektrooptischer Tachymeter<br />

(also ein Entfernungsmesser mit integriertem Theodolit = Winkelmesser), <strong>de</strong>r mit<br />

Hilfe von (Infrarot-)Licht die E ntfernung vom Instrument zu einem auf <strong>de</strong>m jeweiligen<br />

aufzunehmen<strong>de</strong>n Punkt aufgestellten »Reflektor« (ein Stab mit aufmontiertem<br />

Spiegel) mißt. Dies stellt natürlich gegenüber <strong>de</strong>n trüher üblichen<br />

Aufnahmemetho<strong>de</strong>n mit Meßstangen o<strong>de</strong>r Meßbän<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> mechanischen<br />

Winkelmeß-Theodoliten einen immensen Zeit- <strong>und</strong> Genauigkeitsgewinn gera<strong>de</strong> in<br />

geneigtem <strong>und</strong> unebenem Gelän<strong>de</strong> dar.<br />

Bei <strong>de</strong>r herkömmlichen Gelän<strong>de</strong>aufnahme wer<strong>de</strong>n auch heutzutage (z.B. <strong>für</strong><br />

Lage- <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r Bestandspläne ) sog. Feldbücher geführt, in <strong>de</strong>nen die aufgenommenen<br />

Zahlenwerte <strong>für</strong> di e Richtung <strong>und</strong> die Entfernung zum aufgenommenen<br />

Punkt sowie <strong>de</strong>r Höhenunterschied Instrument-Reflektor notiert wer<strong>de</strong>n. Wir<br />

jedoch strebten bei di eser Diplomarbeit eine automatische elektronische Registrierung<br />

<strong>de</strong>r Meßwerte an, da die anschließen<strong>de</strong> Datenaufbereitung <strong>und</strong> Weiterverarbeitung,<br />

also die Kartierung <strong>de</strong>r aufgenommenen Gelän<strong>de</strong>punkte, ebenfalls<br />

automatisch erfolgen sollte. Hierzu konnten wir einen kleinen hand-held-Computer


40<br />

Abb. l0 Verwen<strong>de</strong>te Meßausrüstung: Elektrooptischer Entfernungsmesser »Elta 4« <strong>und</strong><br />

Elektronisches Feldbuch »REC 500«; rechts ein »Reflektor« mit Stativ<br />

(Firma earl ZElSS, überkochen)<br />

(Foto: Maya)<br />

Bei <strong>de</strong>r Aufnahme dieser Gelän<strong>de</strong>punkte wird nun <strong>de</strong>r aufgehaltene Reflektor<br />

an gezielt <strong>und</strong> am Meßinstrument die Messung ausgelöst. Anschließend wur<strong>de</strong>n<br />

von uns die Punkte direkt im Gelän<strong>de</strong> maßstäblich kartiert. Im elektronischen<br />

Feldbuch konnten dazu die einzelnen Datensätze mit <strong>de</strong>n Messungsergebnissen,<br />

die automatisch vorn »Elta 4« zum »REC 500« übertragen wor<strong>de</strong>n waren, wie<strong>de</strong>r<br />

angezeigt wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>n Messungsergebnissen von Horizontalstrecke <strong>und</strong><br />

Richtungswinkel konnten dann dje aufgenommenen Punkte polar vom eingezeichneten<br />

Standpunkt im »Kroki« (Bezeichnung <strong>für</strong> im Fel<strong>de</strong> geführte Lageskizze<br />

mit Punktnummern) kartiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Die maßstäbliche Feldkartierung empfiehlt sich bei <strong>de</strong>r Aufnahme komplizierter<br />

Gelän<strong>de</strong>formen <strong>und</strong> bietet bei einer topographischen Gelän<strong>de</strong>aufnahme<br />

in einem Gebiet, in <strong>de</strong>m keinerlei Anhaltspunkte (Grenzen, Gr<strong>und</strong>risse von Gebäu<strong>de</strong>n<br />

u. ä.) vorhan<strong>de</strong>n sind, viele Vorteile. Die allgemein bekannten Schwierigkeiten<br />

bei <strong>de</strong>r Führung von »Krokis« (Feldskizzen), nämlich die halbwegs maßstäbliche<br />

Übertragung <strong>de</strong>r Topographie in das Feldbuch, treten bei <strong>de</strong>r direkten<br />

Feldkartierung nicht auf.<br />

Auswertung <strong>de</strong>r örtlichen Messungen<br />

Nach <strong>de</strong>n notwendigen umfangreichen Berechnungen, also Bestimmung <strong>de</strong>r<br />

Koordinaten <strong>de</strong>r insgesamt 2353 aufgenommenen Gelän<strong>de</strong>punkte, mußte <strong>de</strong>r<br />

Gr<strong>und</strong>riß <strong>de</strong>r archäologisch-topographjschen Karte erstellt wer<strong>de</strong>n. Da eine


42<br />

Abb. 12 Graphischer Datenverarbeitungsplatz mit Grafiktablett, Farbmonitor <strong>und</strong><br />

Plotter (Zeichengerät)<br />

(Foto: Maya)<br />

Feldkarrierung im Gelän<strong>de</strong> zeigte, daß letztere schon einen recht genauen <strong>und</strong> somit<br />

brauchbaren Gr<strong>und</strong>rißentwurf geliefert hat.<br />

Der Zeitaufwand <strong>für</strong> solch eine graphische Auswertung am Bildschirm ist beträchtlich<br />

<strong>und</strong> nicht zu unterschätzen. Es wird relativ viel Zeit <strong>für</strong> die Erstellung <strong>de</strong>r<br />

Linienzüge benötigt <strong>und</strong> das Korrigieren einzelner Bereiche mit <strong>de</strong>m notwendigen<br />

Auswählen, Vergrößern <strong>und</strong> Verschieben <strong><strong>de</strong>s</strong> Bildausschnittes ist trotz <strong>de</strong>r vermeintlichen<br />

Geschwindigkeit zeitraubend.<br />

Höhenlinienplan<br />

Von <strong>de</strong>m »PLot« (also <strong>de</strong>r automatischen Kartierung) <strong><strong>de</strong>s</strong> Gr<strong>und</strong>risses wur<strong>de</strong>n<br />

Folienlichtpausen angefertigt. Nach einigen wenigen retuschieren<strong>de</strong>n Arbeiten an<br />

<strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>rißdarstellung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ergänzung <strong>de</strong>rselben durch Böschungsschraffen,<br />

Felsen, Geröllfel<strong>de</strong>r, Höhenkoten usw. konnte dann mit <strong>de</strong>r Konstruktion <strong>de</strong>r<br />

Höhenlinien begonnen wer<strong>de</strong>n.<br />

Dazu wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Arbeitsplan nun vollständig interpoliert: hierbei wer<strong>de</strong>n<br />

zwischen die im Plan mit Höhenkoten versehenen Punkte die jeweiligen zwischen<br />

ihnen verlaufen<strong>de</strong>n ganzzahligen 1 rn-Höhenlinien eingerechnet. Anschließend<br />

wer<strong>de</strong>n diese Höhenlinienmarkierungen ausgezogen, d. h. Punkte gleicher Höhe mit<br />

Gera<strong>de</strong>n verb<strong>und</strong>en. Die erleichtert die Konstruktion <strong>de</strong>r Höhenlinien gera<strong>de</strong> in<br />

steilem, gleichmäßig geneigtem Gelän<strong>de</strong> wesentlich. Beim Ausr<strong>und</strong>en <strong>de</strong>r Höhenlinien<br />

ist aber darauf zu achten, daß man sich nicht zu stark an <strong>de</strong>n eckigen Hilfslinien<br />

orientiert. Nach <strong>de</strong>m Ausr<strong>und</strong>en <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Entfernen <strong>de</strong>r Interpolations<strong>und</strong><br />

Hilfslinien wur<strong>de</strong>n noch die 10 m-Höhenlinien mit einem etwas breiteren Strich<br />

hervorgehoben.


Abb. 13 Auszug aus <strong>de</strong>r Archäologisch-topographischen Karte »Befestigungsanlage<br />

Krumpenschloß«<br />

(Vorabveröffentlichung mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamtes<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württemberg)<br />

Diese Höhenlinienkarte im Maßstab 1 : 500 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt<br />

übergeben. Nach einer abschließend geführten Gelän<strong>de</strong>begehung, die zur Endkontrolle<br />

durchgeführt wird, dient <strong>de</strong>r Plan als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die archäoloisch-topographische<br />

Karte <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebietes, die im Maßstab 1 : 1000 vom Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt<br />

hergestell t wi rd.<br />

43


44<br />

Archäologisch-topographische Karte<br />

Diese archäologisch-topographische Karte wird als Bestandteil <strong>für</strong> <strong>de</strong>n »Atlas<br />

<strong>de</strong>r obertägig sichtbaren archäologischen Denkmale« Ba<strong>de</strong>n-Württembergs im<br />

Maßstab 1 : 1000 zusammen mit einer geschichtlichen Abhandlung veröffentlicht.<br />

Es ist durchaus möglich, daß es außer <strong>de</strong>n von uns zitierten Aufzeichnungen<br />

noch an<strong>de</strong>re Quellen gibt. Im Rahmen dieser Diplomarbeit war es uns lei<strong>de</strong>r nicht<br />

möglich, sich intensiver mit <strong>de</strong>r <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpenschlosses zu befassen.<br />

Dank <strong>für</strong> die fre<strong>und</strong>liche Bereitstellung <strong><strong>de</strong>s</strong> CAD-Paketes »MEMOplot IV((<br />

<strong>de</strong>r Firma DCS Computer Systeme in Ainring, Herrn GOERLIPP vom "Fürstlich<br />

Fürstenbergischen Archiv" in Donaueschingen <strong>und</strong> Herrn Oberforstdirektor i. R.<br />

Dr. KWASNITSCHKA,<strong>de</strong>r uns die Anregung zu diesem Bericht gab.<br />

Mag unser Beitrag ein Anreiz <strong>für</strong> die Erforschung <strong>und</strong> die Beschäftigung mit <strong>de</strong>r<br />

noch im Dunkeln liegen<strong>de</strong>n <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpenschlosses sein!<br />

Literaturverzeichnis<br />

Anmerkung: Die im Text erwähnten Historischen Karten konnten wir im Fürstlich<br />

Fürstenbergischen Archiv in Donaueschingen ei nsehen.<br />

DÖPSER, Carl-Friedrich: Fürstlich Fürstenbergisches Generalrepertoire (Manuskript).<br />

Donaueschingen 1782, S. 11 08 f.<br />

MA YER, C.F.: Die prähistorischen Zufluchten zwischen <strong>de</strong>r obern Donau <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

obern Rheine. In: Correspon<strong>de</strong>nz-Blatt <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Gesellschaft <strong>für</strong> Anthropologie,<br />

Ethnologie <strong>und</strong> Urgeschichte, XVI. Jahrgang 1885, S. 110 f.<br />

OEHME, Rudhardt: Die <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Kartographie <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>utschen Südwestens.<br />

Konstanz <strong>und</strong> Stuttgart 1961, S. 83 f.<br />

REICHELT, Günther: Die Landschaft <strong>de</strong>r Baar im Spiegel alter Karten. In: Schriften<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar, Heft 28, Donaueschingen<br />

1970, S. 34 ff.<br />

RJEZLER/BAUMANN: Alte Befestigungen an <strong>de</strong>r Breg <strong>und</strong> oberen Donau. In:<br />

Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar, Heft 3,<br />

Donaueschingen 1880, S. 284<br />

WAGNER, Ernst: F<strong>und</strong>stätten <strong>und</strong> F<strong>und</strong>e aus vorgeschichtlicher, römischer <strong>und</strong><br />

alamannisch-fränkischer Zeit im Großherzogtum Ba<strong>de</strong>n, Band I, Tübingen<br />

1908, S. 224.<br />

I) DÖPSERs »Mappa <strong>de</strong>r Landgra[scha[t Baar« ist wohl i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>r von R. OEHMESO bezeichneten<br />

»Landtafel <strong>de</strong>r Baar« (nach R EICHELT(1970»<br />

2) Aus z. T. behauenen Steinen zusammengefügte Mauer ohne Verwendung von Bin<strong>de</strong>material<br />

3) Verbindungslinien zwischen Trigonometrischen Festpunkten.


Abb.14 Reste <strong><strong>de</strong>s</strong> SchildwaUes (Osueil)<br />

Abb.15 Reste <strong><strong>de</strong>s</strong> SchildwaLles (Westteil)<br />

45


46<br />

Laubenhausen -<br />

eine befestigte keltische Siedlung<br />

von Karl Kwasnttschka<br />

1. Einleitung<br />

Im Oktober 1979 führte <strong>de</strong>r Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r<br />

Baar eine Exkursion in das Bregtal durch, wobei auch das Gebiet von Laubenhausen<br />

besucht wur<strong>de</strong>. Die Diskussionen zeigten sehr <strong>de</strong>utlich, daß die Kenntnis über diese<br />

sagenumwobene Örtlichkeit sich seit <strong>de</strong>r Beschreibung von RIEZLER <strong>und</strong><br />

BAU MANN von 1880 nicht erweitert hat <strong>und</strong> daß die Archäologie von diesem Gebiet<br />

bisher keine Kenntnis nahm. Es ist das Verdienst von GOTIWALD (1979) in<br />

einem Artikel im Südkurier alles bisher Bekannte über Laubenhausen,<br />

insbeson<strong>de</strong>re die Sagen, mündliche Überlieferungen <strong>und</strong> Literatur zusammengetragen<br />

<strong>und</strong> dargestellt zu haben. Da diese bei<strong>de</strong>n Veröffentlichungen <strong>de</strong>m Leser nur<br />

schwer zugänglich sind, wird die Mitteilung von RrEZLER <strong>und</strong> BAUMANN als<br />

Anhang zur Einführung über Laubenhausen wie<strong>de</strong>rgegeben.<br />

Eine Kartierung <strong>de</strong>r Stein wälle ist seltsamerweise nie erfolgt, sodaß eine zusammenhängen<strong>de</strong><br />

Wertung <strong>und</strong> Erklärung bereits dadurch nicht möglich war. Aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong>e entschloß ich mich, eine KartierllOg <strong>de</strong>r obertägig sichtbaren Steinwälle,<br />

beziehungsweise <strong>de</strong>ren Reste, zu versuchen <strong>und</strong> damit einer Deutung <strong>de</strong>r Anlagen<br />

näher zu kommen.<br />

Diese Arbeiten führte ich in <strong>de</strong>n Sommern 1988 <strong>und</strong> 1989 durch, wobei erhebliche<br />

Schwierigkeiten dadurch auftraten, daß insbeson<strong>de</strong>re im Südteil die SteinwäUe vollständig<br />

abgetragen waren <strong>und</strong> in <strong>de</strong>n 60ger <strong>und</strong> 70ger Jahren zur Befestigung <strong>de</strong>r<br />

Waldstraßen verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n. Es waren ja nur unbeachtete <strong>und</strong> unerklärliche<br />

Steinhaufen.<br />

Der Verlauf <strong>de</strong>r ehemaligen Steinwälle konnte nur durch übrig gebliebene <strong>und</strong><br />

noch erkennbare Wallgräben <strong>und</strong> meist sehr flache ErdwäJle, auf <strong>de</strong>nen früher die<br />

Steinwälle lagen, festgestellt wer<strong>de</strong>n. Die Kartierung erfolgte durch Schrittmaß.<br />

Bussolenzüge <strong>und</strong> Anhängen an Festpunkte <strong>de</strong>r Forstkarte1: 10000.<br />

Sehr dankbar bin ich Herrn E. FESENMEYER, <strong>de</strong>r lange Jahre das auf Gemarkung<br />

Donaueschingen liegen<strong>de</strong> Forstrevier verwaltete, eine sehr gute Ortskenntnis<br />

besitzt <strong>und</strong> mir wertvolle Erklärungen <strong>und</strong> Hilfen geben konnte. Dank zu sagen<br />

habe ich auch <strong>de</strong>m B.W. Forstamt Donaueschingen, das mir alle benötigten<br />

Unterlagen bereitwillig zur Verfügung stellte, ebenso <strong>de</strong>m F.F. Archiv <strong>und</strong><br />

insbeson<strong>de</strong>re Herrn F.F. Archivar GOERLLPP.<br />

2. Die Lage von Laubenhausen<br />

Laubenhausen liegt im Forstdistrikt Oberholz auf Gemarkung Donaueschingen,<br />

<strong>de</strong>r sich seit Jahrh<strong>und</strong>erten im Besitz dieser Stadt befin<strong>de</strong>t (GOERLIPP 1990) <strong>und</strong><br />

zwischen Mistelbrunn <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Bregtal bei Bregenbach-Zin<strong>de</strong>lstein auf <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>sandstein<br />

hochfläche im Ostschwarzwald in einem ausge<strong>de</strong>hnten Waldgebiet<br />

gelegen ist (Abb. 1).<br />

In alten Landkarten fin<strong>de</strong>t man die Eintragung "Auf Laubenhausen" <strong>und</strong> auch<br />

<strong>de</strong>r in mo<strong>de</strong>rneren Karten eingezeichnete "Laubenhauser Brunnen" erinnert an<br />

die Vergangenheit.


Abb.l Laubenhausen, Lageübersicht<br />

Keltischer Han<strong>de</strong>lsweg<br />

Krumpenweg<br />

Eisenerzlagerstätten<br />

Reiche Eisenerzlagerstätten<br />

3. Die Befestigungsanlagen<br />

Wie die Karte in Abb. 2 zeigt, ergab die Kartierung <strong>de</strong>r Steinwälle, bzw. ihrer<br />

Reste, das Bild von ausge<strong>de</strong>hten Anlagen, weIche sich in einen Nordteil <strong>und</strong> Südteil<br />

glie<strong>de</strong>rn lassen. Vor einer zusammenfassen<strong>de</strong>n Deutung wird es <strong><strong>de</strong>s</strong>halb zu<br />

empfehlen sein, diese zwei Teile zuerst geson<strong>de</strong>rt zu schil<strong>de</strong>rn.<br />

Im Nordteil (Abb. 3) sind die Steinwälle zum Teil noch gut erhalten. Sie sind<br />

ca. 2,5 bis 3 Meter breit <strong>und</strong> ca. 0,5 bis 0,8 Meter hoch. An einzelnen Stellen ist noch<br />

eine Einfassung durch gesetzte Steinreiben zu erkennen (Abb. 5).<br />

47


Am Sauerbrunnenweg kann man auf ca. 250 m ca. 5 bis 20 m nördlich dieses<br />

Weges einen Steinwall, z.T. nur in Resten verfolgen, <strong>de</strong>r bis zum Krumpenweg<br />

hinführt <strong>und</strong> jenseits sich noch ca. 30 m nach Osten verfolgen läßt. Ca. 20 m ostwärts<br />

dieses Weges beginnt wie<strong>de</strong>r hart südlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Sauerbrunnenweges ein Steinwall, <strong>de</strong>r<br />

sich nach SO zuerst gut verfolgen läßt, jedoch nach 250 m schwer erkennbar wird,<br />

sich aber noch bis zur Stagnogleyfläche hinzieht <strong>und</strong> hier anscheinend mit insgesamt<br />

ca. 330 m auch aufhört.<br />

Eine völlig an<strong>de</strong>re Technik zeigen die Steinwälle, weIche ihrer AnJage nach<br />

einen beson<strong>de</strong>ren Schutz <strong>für</strong> diesen Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpenweges dargestellt haben<br />

müssen. Sie sind in Form eines Doppelwalles gebaut, wobei <strong>de</strong>r Abstand hart<br />

nördlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Sauerbrunnenweges ca. 8 m beträgt, sind nach Nor<strong>de</strong>n aber ausweitet<br />

<strong>und</strong> im Profil IV (Abb. 4) bereits einen Abstand von ca. 14 m erreicht. Im weiteren<br />

Verlauf schwenkt <strong>de</strong>r innere WaU in einem Bogen zum Krumpenweg ein, <strong>de</strong>n er<br />

nach einer Gesamtlänge von ca. 200 m fast berührt. Der äußere WaU führt noch ca.<br />

120 m weiter, in<strong>de</strong>m er einen größeren Bogen beschreibt, scharf nach Osten abbiegt<br />

<strong>und</strong> an <strong>de</strong>r Hangkante zum Wilddobel en<strong>de</strong>t.<br />

Einen Einblick in die Anlage <strong><strong>de</strong>s</strong> Doppelwalles bietet das Profil IV in Abb. 4.<br />

Der innere Steinwall mit einer Höhe von ca. 0,6 m <strong>und</strong> einer Breite von 2,5 bis 3 m<br />

liegt auf einem flachen Erdwall von ca. 4 m Breite <strong>und</strong> einer Höhe von ca. 0,5 m. Vor<br />

<strong>de</strong>m Erdwall nach außen ist eine kleine Vertiefung, ein Graben, von ca. 2 m Breite<br />

<strong>und</strong> ca. 0,5 m Tiefe festzustellen. Von SteinwaUmitte in einer Entfernung von ca. 14<br />

m nach außen fin<strong>de</strong>t sich ein weiterer Steinwall mit 2 bis 2,5 m Breite <strong>und</strong> ca. 0,5 m<br />

Höhe, also etwas schmaler als <strong>de</strong>r innere Wall. Eine Vertiefung als Graben ist hier<br />

sehr <strong>und</strong>eutlich zu erkennen.<br />

Dieses Profil zeigt <strong>de</strong>utlich die Schwierigkeiten einer Kartierung <strong>de</strong>r<br />

Wallanlagen, wenn die Steinwälle fehlen. Man kann <strong>de</strong>n Verlauf nur noch nach <strong>de</strong>n<br />

Erdwällen <strong>und</strong> Gräben feststellen, wobei bei<strong>de</strong> oft sehr <strong>und</strong>eutlich ausgebil<strong>de</strong>t <strong>und</strong><br />

durch Abtragung, Sturmwurf usw. streckenweise auch nicht mehr sichtbar sein<br />

können.<br />

Wie die Karte Abb. 3 weiter zeigt, beginnt gegenüber <strong>de</strong>m nördlichen En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

inneren Walles ca. 25 m westlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpenweges ein weiterer Doppe!wall mit<br />

einem gJeichbleiben<strong>de</strong>n Abstand <strong>de</strong>r Wälle von ca. 8 m. Er folgt zuerst ca. 200 m in<br />

einem Abstand vom Krumpenweg von ca. 50 -100 m diesem nach Sü<strong>de</strong>n, um dann<br />

einen leichten Bogen nach N zu machen <strong>und</strong> sich in einem <strong>de</strong>utlichen Knick nach W<br />

zu wen<strong>de</strong>n. Nach<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n Waldweg überquert hat, auf <strong>de</strong>m noch bei<strong>de</strong> Wälle im<br />

Steinsatz <strong>de</strong>utlich erkennbar sind, verliert er sich plötzlich ohne obertägige Spuren.<br />

Eine weitere Verfolgung war mir dadurch nicht mehr möglich. Die Gesamtlänge<br />

dieses Doppelwalles beträgt etwas mehr als 230 m, wobei <strong>de</strong>r innere Wall noch zum<br />

größten Teil einen Stein wall aufweist, während dieser <strong>de</strong>m äußeren fast vollständig<br />

fehlt.<br />

Wenn man die Form <strong><strong>de</strong>s</strong> Doppelwalles betrachtet, so ist durch Anlage <strong>und</strong><br />

Verlauf ein beson<strong>de</strong>rer Schutz <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Krumpenweg zu erkennen, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Eintritt in<br />

die AnJage vermutlich auch eine Torbefestigung aufwies. Auch bei <strong>de</strong>m Einfachwall<br />

entlang <strong><strong>de</strong>s</strong> Sauerbrunnenweges ist sowohl am Krumpenweg, als auch am<br />

Sauerbrunnenweg unweit <strong>de</strong>r Kreuzung durch <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r Wälle eine<br />

Torbefestigung zu vermuten.<br />

Der Einfachwall <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Doppelwall sind ein Beweis da<strong>für</strong>, daß es sich um<br />

verschie<strong>de</strong>n alte Befestigungen han<strong>de</strong>lt, wobei <strong>de</strong>r Einfachwall wohl die ältere<br />

Anlage darstellen dürfte. Die erkennbare Gesamtlänge <strong><strong>de</strong>s</strong> Einfachwalles beträgt<br />

ca. 620 m <strong>und</strong> jene <strong><strong>de</strong>s</strong> DoppelwalJes ca. 470 m.<br />

49


50<br />

Abb. 3 Laubenhausen, Nordteil <strong>de</strong>r Befestigung, Zeichenerklärung s.iehe Abb. 2<br />

Südteil: Ca. 500 m südlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Einfachwalles entlang <strong><strong>de</strong>s</strong> Sauerbrunnenweges<br />

beginnen in <strong>de</strong>r Forstabteilung 5 <strong><strong>de</strong>s</strong> OberhoLzes ausge<strong>de</strong>hnte Befestigungsanlagen,<br />

welche sich in einer Länge von ca. 1850 m von NW nach SO erstrecken <strong>und</strong><br />

ihr En<strong>de</strong> im Südteil <strong><strong>de</strong>s</strong> Walddistriktes Rimsen <strong>de</strong>r Stadt Bräunlingen fin<strong>de</strong>n. Auch<br />

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I, "<br />

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hier kann man Einfachwälle <strong>und</strong> Doppelwälle unterschei<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Steinwälle<br />

jedoch ausnahmslos abgeräumt wur<strong>de</strong>n.<br />

Wie die Karte Abb. 7 zeigt, beginnt ca. 100 m westlich <strong>de</strong>r Besitzgrenze Oberholz-<br />

Rimsen im hier verlaufen<strong>de</strong>n Doppelwall ein langer Einzelwall, welcher sich in<br />

fast gera<strong>de</strong>r Linie nach NW fortsetzt. Nach <strong>de</strong>m Überschreiten <strong>de</strong>r Abteilungslirue<br />

3/17 ist eine halbr<strong>und</strong>e u. anschließend eine viereckige Ausbuchtung im Verlauf <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

schwer erkennbaren Grabens zu bemerken, wohl die von RlEZLER <strong>und</strong> BAUMANN<br />

(Anlage) erwähnten "me <strong>und</strong> da Vorsprünge <strong><strong>de</strong>s</strong> Steinwalles". Nach diesen<br />

Vorsprüngen, wohl WebrtÜTme beson<strong>de</strong>rer Art, wird <strong>de</strong>r Graben immer <strong>de</strong>utlicher<br />

<strong>und</strong> größer <strong>und</strong> erreicht im Profil III in Abb. 4 <strong>und</strong> in Abb. 6 eine Grabenbreite von<br />

immerhin ca. 4 m bei einer Tiefe von knapp 1 m. Auf <strong>de</strong>r Nordseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Grabens ist<br />

ein flacher Erdhügel von ca. 4 m Breite <strong>und</strong> ca. 0,5 m Höhe zu erkennen.<br />

Ca. 80 m vor <strong>de</strong>r I. Planie gabelt sich dieser Graben, wobei ein Zweig seine<br />

Richtung nach NW fortsetzt, während <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re nach NNW abbiegt.<br />

Verfolgen wir zuerst <strong>de</strong>n südlichen Graben. Er setzt seinen NW -Verlauf weiter<br />

fast geradlinig fort, bis er auf <strong>de</strong>n Krumpenweg trifft. Ca. 90 m vor diesem Weg<br />

zweigt ein weiterer Graben südlich ab, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Hauptgraben im Abstand <strong>de</strong>r<br />

bereits bekannten ca. 8 m fo lgt <strong>und</strong> am Krumpenweg en<strong>de</strong>t. Westlich dieses<br />

Weges setzt sich <strong>de</strong>r Hauptgraben in seiner Richtung wie<strong>de</strong>r fort. Nach ca. 20 m<br />

beginnt hier ebenfalls ein Parallelgraben wie<strong>de</strong>r in einer Entfernung von ca. 8 m, <strong>de</strong>r<br />

nach ca. 120 m en<strong>de</strong>t. Diese Doppelwälle beidseitig <strong><strong>de</strong>s</strong> Krupenweges können nur<br />

als beson<strong>de</strong>rer Schutz dieser Durchfahrt erklärt wer<strong>de</strong>n, die durch ein Tor<br />

vermutlich noch beson<strong>de</strong>rs gesichert war.<br />

Im Profil II in Abb. 4 ist <strong>de</strong>r östliche Doppelwall im Querschnitt dargestellt. Am<br />

Nordrand <strong><strong>de</strong>s</strong> Hauptwalles ist ein ca. 4 m breiter <strong>und</strong> ca. 1 m hoher Erdwall zu<br />

erkennen, <strong>de</strong>m ein Graben von ca. 3,5 m Breite <strong>und</strong> ca. 0,5 m Tiefe vorgelagert ist.<br />

Ca. 14 m südlich vom Erdwall ist ein weiterer Erdwall zu erkennen, <strong>de</strong>r mit ca. 2,5<br />

bis 3 m schmäler ist <strong>und</strong> von einem ebenfalls kleineren Graben mit ca. 3 m Breite<br />

<strong>und</strong> ca. 0,5 m Tiefe gefolgt wird. Nach E. FESENMEYER betrugen mer die Steinwälle<br />

vor <strong>de</strong>r Antragung ca. 0,5 bis 1,0 m.<br />

I<br />

n.<br />

.i."[<br />

Monstab:1m Liinqe = 1m Höhe<br />

Abb. 4 Laubenhausen, Querprofile <strong>de</strong>r Befestigungsanlagen<br />

51


52<br />

Abb. 5 Steinwall im Nordteil <strong>de</strong>r Befestigung.<br />

Abb. 6 Wallgraben im Südteil <strong>de</strong>r Befestigung


54<br />

in<strong>de</strong>rn er an Sichtbarkeit abnimmt <strong>und</strong> ab <strong>de</strong>r Abteilungsgrenze 11/5 nicht mehr<br />

weiter verfolgt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Wie bereits geschil<strong>de</strong>rt, zweigt von diesem Graben noch vor <strong>de</strong>r 1. Planie ein<br />

weiterer Einzelgraben mit einem ähnlichen Profil wie NI. Irr in Abb. 4 ab, <strong>de</strong>r zuerst<br />

nach NW verläuft <strong>und</strong> dann ebenfalls nach W ca. 40 m parallel zum bereits<br />

beschriebenen Graben abbiegt, auf <strong>de</strong>n Krumpenweg trifft <strong>und</strong> diesem Weg südlich<br />

dicht folgend sich bis zur Abteilungslinie 5/3 fortsetzt. Hier biegt er nach SW ab <strong>und</strong><br />

mün<strong>de</strong>t nach ca. 150 m, wie beschrieben, in <strong>de</strong>n Hauptgraben.<br />

Wie in <strong>de</strong>r Karte Abb. 7 weiterhin zu erkennen ist, beginnt im Walddistrikt<br />

Rimsen mit <strong>und</strong>eutlichem Anfang ein Doppelwallgraben, <strong>de</strong>r fast geradlinig nach<br />

NW <strong>und</strong> zu <strong>de</strong>n bereits beschriebenen Gräben parallel verläuft. Ca. 60 m ostwärts<br />

<strong>de</strong>r Distriktgrenze verengt sich <strong>de</strong>r Doppelgraben <strong>und</strong> gibt <strong>de</strong>m verlängerten<br />

Sauerbrunnenweg einen Durchjaß. Ob hier ein befestigtes Tor war?<br />

Ca. 70 m westlich <strong>de</strong>r Besitzgrenze trifft <strong>de</strong>r Doppelwallgraben auf <strong>de</strong>n bereits<br />

beschriebenen Hauptgraben. Ab <strong>de</strong>r Abteilungsgrenze 3/17 kann er nicht mehr auf<br />

<strong>de</strong>r ganzen Strecke verfolgt wer<strong>de</strong>n, aber die sichtbaren Stücke genügen, um die<br />

Richtung weiter festlegen zu können. Er trifft schließlich auf <strong>de</strong>n Einzelgraben <strong>und</strong><br />

fin<strong>de</strong>t hier sein En<strong>de</strong>. RIEzEL ER <strong>und</strong> BAUMANN (Anhang) schil<strong>de</strong>rn diesen<br />

Doppelwallgraben wie folgt: " Ungefähr die ersten 500 Meter weit ist <strong>de</strong>r Steinwall<br />

doppelt, die innere Parallele etwas höher als die äußere <strong>und</strong> 7- 8 m von dieser<br />

entfernt." Der Doppelwall meiner Kartierung ist ca. 850 m lang. Profil I, Abb. 4 zeigt<br />

einen Querschnitt durch diesen Doppelwall. Am nördlichen Rand ist ein ErdwaU<br />

von ca. 4 m Breite <strong>und</strong> ca. 0,6 m Höhe zu erkennen, <strong>de</strong>m ein schwach sichtbarer<br />

Graben von knapp 1 m Breite folgt. Nach ca. 8 m ist ein weiterer ErdwaU zu<br />

bemerken, <strong>de</strong>r mit ca. 3 m Breite <strong>und</strong> einer Höhe von 0,5 m kleiner al <strong>de</strong>r vorhergehen<strong>de</strong><br />

ist. RIEZLER <strong>und</strong> BAUMANN (Anhang) haben bei <strong>de</strong>n noch damals<br />

vorhan<strong>de</strong>nen SteinwäHen auch festgestellt, daß die innere Parallele etwas höher als<br />

die äußere ist.<br />

Die BefestigungsanJagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Süd teiles sind wesentlich komplizierter als jene <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Nordteils. Auch hier sind verschie<strong>de</strong>ne Zeitabschnitte <strong>de</strong>r Erbauung zu erkennen,<br />

wie die vermutlich älteren <strong>de</strong>r Einfachwälle <strong>und</strong> <strong>de</strong>r jüngere Doppelwall. Ich nehme<br />

an, daß von <strong>de</strong>n Einfachwällen <strong>de</strong>r innere kürzere <strong>de</strong>r ältere ist, da er wie jener im<br />

Nordteil sich betont an <strong>de</strong>n Krumpenweg anJegt <strong>und</strong> die innerste Befestigung<br />

darstellt. Ihm vorgelagert <strong>und</strong> damit das verteidigte Gebiet ausweitend ist <strong>de</strong>r ca.<br />

1450 m lange Einfachwall, <strong>de</strong>r durch die kurzen Doppelwälle am Tor einen<br />

beson<strong>de</strong>ren Torschutz <strong>und</strong> durch seine Länge einen wirkungsvollen Flankenschutz<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Krumpenweg bietet. Der jüngere Doppelwall verstärkt <strong>de</strong>n linken<br />

Flankenschutz <strong>und</strong> schließt in die Verteidigungsanlage auch <strong>de</strong>n verlängerten<br />

Sauerbrunnenweg ein, <strong>de</strong>r inzwischen wohl an Be<strong>de</strong>utung gewonnen hat <strong>und</strong><br />

vermutlich in die Gegend <strong><strong>de</strong>s</strong> heutigen Hubertshofen zum Han<strong>de</strong>lsweg hinführte.<br />

Vielleicht gehören zu dieser Wegführung auch die Hohlwege oberhalb <strong>de</strong>r<br />

ehemaligen Badmühle, welche sternförmig auf einen Übergang über das<br />

Reichenbächle zulaufen. Die Hohlwege, welche im Distrikt Rimsen <strong>de</strong>n Doppelwall<br />

schnei<strong>de</strong>n, sind ehemalige Holzabfuhrwege.<br />

Das Gesamtbild: Mit einer Länge <strong>de</strong>r Wallanlagen im Nordteil von ca. 1160 m<br />

(Einzelwall 610 m, DoppelwaU 550 m) <strong>und</strong> im Südteil von ca. 2950 m (älterer<br />

EinzelwaU 640 m, jüngerer EinzelwaU 1450 m<strong>und</strong> DoppelwalJ 850 m), das sind<br />

insgesamt 4110 m, ergibt sich das Bild einer gewaltigen Befestigungsanlage, welche<br />

eine Fläche von 70 bis 100 ha einschließt, je nach<strong>de</strong>m, wo man die westliche<br />

Begrenzung annimmt.


Die Doppelwälle stellen eine beson<strong>de</strong>rs wirksame Verteidigungsanlage dar. Sie<br />

sind bei vielen keltischen Besfestigungen <strong>und</strong> insbeson<strong>de</strong>re in unserer Gegend zu<br />

fin<strong>de</strong>n .<br />

Die Wälle weisen einen Abstand von 8 bis 10m auf, wobei <strong>de</strong>r äußere etwas<br />

niedriger als <strong>de</strong>r innere ist <strong>und</strong> als erste Verteidigungfront diente. Hatte <strong>de</strong>r<br />

Feind dies Hin<strong>de</strong>rnis erstürmt, mußte er <strong>de</strong>n Zwischenraum zwischen <strong>de</strong>n<br />

Wällen überwin<strong>de</strong>n, wo sicherlich noch beson<strong>de</strong>re Hin<strong>de</strong>rnisse eingebaut<br />

waren. Und dies unter <strong>de</strong>m Beschuß vom inneren, höheren Wall auf einer tötlichen<br />

Entfernung <strong>für</strong> Speer, Pfeil, Schleu<strong>de</strong>r <strong>und</strong> auch Steinwürfe.<br />

Diese Doppelwall-Verteidigung wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Römern kaum angewen<strong>de</strong>t, da<br />

sie durch bessere Geschoßtechniken mehr Wert auf ein freies Schußfeld vor <strong>de</strong>n<br />

Mauern legten. Bei <strong>de</strong>r älteren Stadtbefestigung von Villingen fin<strong>de</strong>n wir jedoch<br />

wie<strong>de</strong>r eine Doppelmauer mit Doppelgraben, welche uns diese alte Verteidigungstechnik<br />

beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich macht.<br />

Aus <strong>de</strong>r Karte Abb. 2 sieht man " daß die Befestigung auf bei<strong>de</strong>n Seiten an<br />

Stellen, wo kein natürliches Terrainhin<strong>de</strong>mis als Ersatz eintritt, plötzlich abbricht"<br />

(RIEZLER <strong>und</strong> BAUMANN, Anlage). Hier hilft aber die Bo<strong>de</strong>nkartierung dieses<br />

Walddistriktes weiter. Aus dieser Karte (SEEGER 1962) habe ich die Flächen <strong>de</strong>r<br />

Stagnogleye in Abb. 2 eingesetzt. Dies sind Bö<strong>de</strong>n, welche durch das Relief <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong>urchlässige Bo<strong>de</strong>nschichten bedingt, eine ungenügen<strong>de</strong> Entwässerung<br />

aufweisen <strong>und</strong> zur Bildung von vernäßten Flachen, <strong>de</strong>n sogenannten Mösern,<br />

geführt haben. Deren Entstehung reicht bis in <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>r Eichenmischwaldzeit,<br />

also bis ca. 3000 vor Christus, zurück. Sie hatten Wald-, z.T. auch<br />

Hochmoorcharakter <strong>und</strong> es war leicht, diese Flächen durch einfache Aufstauungen<br />

<strong>für</strong> Mensch <strong>und</strong> Tier unpassierbar zu machen. Sie sind erst im 19. Jhdt. entwässert<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Forstwirtschaft nutzbar gemacht wor<strong>de</strong>n. (KWASNITSCHKA 1970).<br />

Insbeson<strong>de</strong>re bei <strong>de</strong>n ausge<strong>de</strong>hnten Befestigungsanlagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Südteils sehen wir,<br />

mit welchem Geschick die Standortsverhältnisse ausgenutzt wur<strong>de</strong>n. Die Anlagen<br />

wur<strong>de</strong>n an einern nach Sü<strong>de</strong>n leicht abfallen Hang angelegt, in<strong>de</strong>m zwischen <strong>de</strong>m<br />

Wall <strong>und</strong> <strong>de</strong>m vorgelagerten, ausge<strong>de</strong>hnten Stagnogley ein schmales Glacis von 50<br />

bis 100 m freigehalten wur<strong>de</strong>. Man beachte auch, mit welcher Raffinesse <strong>de</strong>r<br />

Krumpenweg an <strong>de</strong>n schmalsten Stellen <strong><strong>de</strong>s</strong> Stagnogley unter Ausnutzung <strong>de</strong>r<br />

trockenen Brauner<strong>de</strong>n sich nach Sü<strong>de</strong>n durchschlängelt.<br />

Nun wer<strong>de</strong>n auch die nach Sü<strong>de</strong>n in einem Bogen auslaufen<strong>de</strong>n En<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

älteren Einfachwalles verständlich, die sicherlich eine Anlehnung an <strong>de</strong>n<br />

Stagnogley suchten, ebenso wie <strong>de</strong>r jüngere, lange Einfachwall, <strong>de</strong>r an bei<strong>de</strong>n<br />

En<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n Stagnogley trifft. Auch das unge<strong>de</strong>ckte östliche En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Doppelwalles erreicht das Bachtälchen.<br />

Ähnliches ist auch im Nordteil zu beobachten. Hier en<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Einfachwall<br />

ebenfalls an <strong>de</strong>r Stagnogleyfläche, die anscheinend als ausreichen<strong>de</strong> Sicherung nach<br />

Nor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Osten angesehen wur<strong>de</strong>.<br />

Unklar bleibt, ob die Lücke im Westen, wo ich keine obertägigen Spuren von<br />

Wällen gef<strong>und</strong>en habe, tatsächlich offen, o<strong>de</strong>r durch Palisa<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Spuren<br />

verschw<strong>und</strong>en sind, gesichert war. Diesem Gelän<strong>de</strong> westlich vorgelagert sind die<br />

ausge<strong>de</strong>hnten Stagnogleye <strong><strong>de</strong>s</strong> Falz- <strong>und</strong> Blessingmooses, die an sich schon einen<br />

ausreichen<strong>de</strong>n Schutz boten.<br />

Wenn man als geschützte Fläche die podsoligen Brauner<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>n<br />

südlichen Befestigungsanlagen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m nördlich davon gelegenen Stagnogley,<br />

sowie die sich nach <strong>de</strong>m Westen zwischen <strong>de</strong>n Befestigungen anschließen<strong>de</strong>n<br />

podsoligen Brauer<strong>de</strong>n mit einern angenommenen bogenförmigen Abschluß<br />

55


56<br />

annimmt, schließt die Festungsanlage eine Fläche von ca. 70 bis 100 ha ein!<br />

Die sorgfältige Ausnutzung <strong>de</strong>r Standsortsvorteile, das Ausmaß <strong>und</strong> die<br />

Technik <strong>de</strong>r Verteidigung anlagen zeigen <strong>de</strong>utlich, daß <strong>de</strong>r Feind vor allem aus <strong>de</strong>m<br />

Sü<strong>de</strong>n <strong>und</strong> weniger aus <strong>de</strong>m Nor<strong>de</strong>n erwartet wur<strong>de</strong>. Es ist auch nicht zu übersehen,<br />

daß <strong>für</strong> die Anlage <strong>de</strong>r Krumpenweg von großer Be<strong>de</strong>utung war <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Sauerbrunnenweg ebenfalls in die Befestigungen, allerdings in geringerer Form,<br />

einbezogen wur<strong>de</strong>.<br />

Das Alter <strong>de</strong>r Befestigungen wur<strong>de</strong> von F.F. Archivar DÖPSER (1782) als<br />

heidnisch <strong>und</strong> älter als VilJingen beschrieben. RIEZLER <strong>und</strong> BA UMANN (AnJage)<br />

gelanten zum Ergebrus, nach<strong>de</strong>m sich keine geschichtlichen Beweise <strong>für</strong> eine<br />

mittelalterliche BurganJage ergaben, <strong>und</strong> eine römische Befestigung ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n konnte, daß es sich um eine keltische Anlage han<strong>de</strong>lt. Prof. Dr.S. RIEZLER<br />

war ein weit bekannter Historiker <strong>de</strong>r Universität München, Dr.F.L. BAUMANN ein<br />

langjähriger F.F. Archivrat <strong>und</strong> bei<strong>de</strong> waren Vorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong>.<br />

Auch K.S. BAADER fand bei seinen Studien über die Gescillchte <strong>de</strong>r Baar keine<br />

historischen Belege <strong>für</strong> Laubenhausen, ebenso G. GOERLlPP, <strong>de</strong>r sich als F.F.<br />

Archivar mit <strong>de</strong>r Heimatgeschichte sehr intensiv beschäftigt hat. Die archivalischen<br />

Unterlagen reichen weit in die Merowingerzeit zurück <strong>und</strong> es kann ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n, daß eine Befestigungsanlage dieses Ausmaßes in <strong>de</strong>n Urk<strong>und</strong>en nicht<br />

erwähnt wor<strong>de</strong>n wäre. Auch die Römerzeit ist durch geschichtliche Belege <strong>und</strong><br />

Ausgrabungen in <strong>de</strong>r Baar gut belegt. Die Technik <strong>de</strong>r Wehranlagen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren<br />

Lage wi<strong>de</strong>rspricht einem römischen Ursprung.<br />

Es ist <strong><strong>de</strong>s</strong>halb RIEZLER <strong>und</strong> BAUMANN (Anlage) zuzustimmen, daß diese<br />

Anlagen von <strong>de</strong>n Kelten herrühren. Sie entsprechen <strong>de</strong>n bereits von CÄSAR<br />

beschriebenen keltischen Befestigungen in Gallien <strong>und</strong> Britannien nach<br />

Aus<strong>de</strong>hnung, Befestigungstechnik <strong>und</strong> Anlage. Die vorhan<strong>de</strong>nen Stein- bzw.<br />

Erdwälle sind Reste von Befestigungsmauern, welche in einer Holz-, Stein-,<br />

Er<strong>de</strong>-Technik ausgeführt wur<strong>de</strong>n. SPINDLER (1983) schil<strong>de</strong>rt diese Technik wie<br />

folgt: "Das Prinzip dabei ist, daß man mit Hilfe vertikal in <strong>de</strong>n Untergr<strong>und</strong><br />

gegrabener Pfosten <strong>und</strong> querliegen<strong>de</strong>r Ankerhölzer ein Kastensystem aufschlägt,<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong>sen Schotten mit SteingeröLl <strong>und</strong> Er<strong>de</strong> verfüllt wer<strong>de</strong>n. Die feindseitige<br />

Außenfront <strong>und</strong> die Innenfront bekommen eine in Kleinsteinmauerwerk<br />

hochgezogene VerbLendung. " Die Technik dieser Mauern kann örtlich je nach<br />

vorhan<strong>de</strong>nen Materialien stark variieren, es ist anzunehmen, daß <strong>de</strong>ren Krone mit<br />

einer Brustwehr ans Holz o<strong>de</strong>r starkem Astgeflecht geschützt war. Über die hier<br />

angewandte Technik können erst Ausgrabungen näheren Aufschluß geben.<br />

4. Die Hügelgräbergruppen<br />

In <strong>de</strong>r Übersichtskarte Abb. 2 ist ca. 500 m NW <strong>de</strong>r nördlichen Besfestigung ein<br />

Hügelgräberfeld mit 4 Hügelgräbergruppen eingezeichnet. Sie liegen hart westlich<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Wilddobel-Hüttenweges am Gefällsknick zum steil abfallen<strong>de</strong>n Hang <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Wilddobels, knapp oberhalb <strong>de</strong>r Grenze Eisenbacher Grarut - Mittlerer <strong>und</strong> Oberer<br />

B<strong>und</strong>sandstein. Im Volksm<strong>und</strong> wird <strong>de</strong>r Ort " Zu <strong>de</strong>n drei Hügelgräbern" o<strong>de</strong>r nur<br />

"Zu <strong>de</strong>n drei Gräbern" bezeichnet, eine unheimliche Gegend, die vom<br />

" Laubenhauser Geist" unsicher gemacht wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Auf <strong>de</strong>n ersten Blick zeigen sich zwei kleinere <strong>und</strong> ein größerer Erdhügel, an<br />

<strong>de</strong>ren Fuß stellenweise ein verfallenes Trockenmauerwerk aus B<strong>und</strong>sandstein zu<br />

erkennen ist. Wie GOTTW ALD (1979) darstellt, sind die e Erdhügel in<br />

verschie<strong>de</strong>nster Weise ge<strong>de</strong>utet wor<strong>de</strong>n, z.B. als abgestürzte Mauem o<strong>de</strong>r Ruinen<br />

mittelalterlicher Siedlungen.


58<br />

große Menge von Steinen hat man aus dirket westlich anschließen<strong>de</strong>n Steinbrüchen<br />

gewonnen, wie Steinvergleiche leicht beweisen.<br />

Hügelgräbergruppe 1 ist die nördlichste Anlage <strong>und</strong> von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Gruppen<br />

<strong>de</strong>utlich abgesetzt. (Abb. 14) Sie ist ca. 30 m lang <strong>und</strong> ca. 20 m breit. An <strong>de</strong>r<br />

Hangseite kann man trocken gesetzte Stützmauern <strong>für</strong> die darüber gelegenen Hügel<br />

erkennen. Auffällig ist ein großer Hügel mit ca. 10m Durchmesser <strong>und</strong> ca. 4 m<br />

Höhe. Kleinere Hügel mit 8, 4, 6 <strong>und</strong> 5 m sind noch in dieser Gruppe zu erkennen,<br />

welche hangseitig von einem schmalen Weg umschlossen wird, <strong>de</strong>r an bei<strong>de</strong>n En<strong>de</strong>n<br />

auf <strong>de</strong>r Ebene ausläuft. Die Anlage <strong>und</strong> die Breite <strong><strong>de</strong>s</strong> Weges mit nur ca. 2 - 2,5 m<br />

erklären ihn nicht als Holzrückeweg.<br />

Im angrenzen<strong>de</strong>n Steinbruchgraben fällt ein großer Stein auf mit einer Länge<br />

von ca. 2 m, am oberen En<strong>de</strong> 50 x 30 cm <strong>und</strong> am unteren En<strong>de</strong> 70 x 50 cm messend.<br />

Der Stein stammt aus einer ortsfrem<strong>de</strong>n Bank <strong><strong>de</strong>s</strong> mittleren Buntsandsteines ca. 500<br />

m südlich. Sein Hertransport war wegen seiner Mächtigkeit kein Zufall. Diente er<br />

einst als Stele auf einem Hügel dieser Gruppe?<br />

Ca. 100 m südlich dieser Gruppe befin<strong>de</strong>t sich die größte Hügelgräbergruppe 2<br />

in einer Aus<strong>de</strong>hnung von ca. 50 x 30 m. Im Nordteil ist eine Gruppe von ca. 3<br />

Hügeln im Ausmaß von ca. 15 x 10 m durch einen Graben vom Hauptteil mit ca.<br />

40 x 30 m getrennt. Im Hauptteil kann man ca. 4 Hügel außen am Hang <strong>und</strong> 2 innen<br />

erkennen. Ein Hügel hat am Fuße eine kreisförmig angelegte Stützmauer, trocken<br />

gesetzt, von ca. 20 m Länge <strong>und</strong> einer Höhe von 1 - 2 m, die leicht nach innen<br />

geneigt sich nach oben kegelförmig verjüngt. Innen ist <strong>de</strong>r Hügel mit losen Steinen<br />

ausgefüllt <strong>und</strong> mit Er<strong>de</strong> hügelförmig über<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n. Hier sieht man sehr <strong>de</strong>utlich<br />

<strong>de</strong>n Aufbau eines Grabhügels (Abb. 10).<br />

Beson<strong>de</strong>rs bemerkenswert ist ein schmaler bis 2,5 m breiter Weg, <strong>de</strong>r vom<br />

Hüttenweg kommend in einem Bogen um die Gruppe 2 herumschwingt, um am<br />

Nor<strong>de</strong>n<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Ebene auszulaufen. Auf einem schmalen Grat, <strong>de</strong>r offensichtlich<br />

beim Abbau <strong>de</strong>r Steine in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Steinbrüchen <strong>de</strong>r Gruppen 2 <strong>und</strong> 3 ausgespart<br />

wur<strong>de</strong>, zwängt er sich durch diese bei<strong>de</strong>n Gruppen. Bergseitig ist er durch eine im<br />

Ostteil40 bis 80 cm hohe Stützmauer befestigt, talseitig durch eine bis 1 m hohe. Im<br />

Westteil ist diese bergseitig 40 bis 60 cm <strong>und</strong> talseitig bis 150 cm hoch. Die<br />

bergseitigen Stützmauern sind zugleich ein Sockel <strong>für</strong> die darüberliegen<strong>de</strong>n<br />

Grabhügel, sodaß dadurch <strong>und</strong> durch das gratartige Zwischenstück bewiesen ist,<br />

daß Weg <strong>und</strong> Hügelgräbergruppen zusammengehören <strong>und</strong> gleichen Alters sein<br />

müssen. Dieser Weg <strong>und</strong> jener <strong>de</strong>r Gruppe 1 kann <strong><strong>de</strong>s</strong>halb wie jener beim<br />

Magdalenenberg nach SPINDLER (1970) als "Prozessionsweg" beim Begräbniskult<br />

ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n (Abb. 9).<br />

Hügelgräbergruppe 3 ist wie bereits erwähnt, von Gruppe 2 nur durch einen<br />

schmalen Erdgrat mit <strong>de</strong>m Prozessionsweg getrennt. Sie ist etwa 30 m lang <strong>und</strong> ca.<br />

20 m breit <strong>und</strong> besteht aus 6 sichtbaren Hügelgräbern. Im Steinbruchgraben am<br />

Nor<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Liegt ein auffallen<strong>de</strong>r Stein mit 1,50 m Länge <strong>und</strong> Ausmaßen 40 x 30 cm<br />

<strong>und</strong> 75 x 30 cm, wahrscheinlich auch eine ehemalige Stele. Ein Prozessionsweg, <strong>de</strong>r<br />

von Gruppe 4 herführt, ist sehr schwer zu erkennen, da er wohl an <strong>de</strong>m hier steilen<br />

Hang durch Erosion abgetragen wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> sicherlich nicht so gut ausgebaut war wie<br />

bei Gruppe la<strong>de</strong>r 2.<br />

Hügelgräbergruppe 4 bil<strong>de</strong>t im Sü<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Abschluß <strong><strong>de</strong>s</strong> Hügelgräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong>. Sie<br />

hat eine Aus<strong>de</strong>hnung von ca. 25 x 15 m <strong>und</strong> besteht aus anscheinend drei<br />

Hügelgräbern. Unterhalb <strong>de</strong>r Hügel bemerkt man eine ca. 7 m lange Trockenmauer,<br />

welche wohl als Stützmauer <strong>für</strong> die darüberliegen<strong>de</strong>n Hügel <strong>und</strong> vielleicht auch <strong>für</strong><br />

einen Prozessionsweg gebaut wur<strong>de</strong> (Abb. 11).


Abb. 9 Prozessionsweg unterhalb <strong>de</strong>r Hügelgräbergruppe 2<br />

Abb. 10 Grabhügel in Hügelgräbergruppe 2<br />

59


60<br />

Abb. 11 Stützmauer unterhalb <strong>de</strong>r Hügelgräbergruppe 4<br />

Abb. 12 Der Laubenhauser Brunnen


Während bei <strong>de</strong>n Befestigungen nur festgestellt wer<strong>de</strong>n konnte, daß sie<br />

keltischen Ursprungs sind, kann man das Hügelgräberfeld genauer datieren <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Hallstattzeit zuordnen, welche auf die Zeit von 750 bis 450 vor Christus angesetzt<br />

wird.<br />

Die Hügelgräbergruppen setzen sich aus mehreren Grabhügeln zusammen, die<br />

man zum Teil noch unterschei<strong>de</strong>n kann, jedoch in vielfältiger Weise ineinan<strong>de</strong>rgeschachtelt<br />

<strong>und</strong> überlagert scheinen. Je<strong>de</strong> Gruppe ist wohl die Begräbnisstätte<br />

einer Familie o<strong>de</strong>r einer Sippe, die Wert darauf legte, von <strong>de</strong>r benachbarten Gruppe<br />

räumlich <strong>und</strong> sichtbar abgegrenzt zu sein. Das Ausmaß <strong>de</strong>r einzelnen Gruppen weist<br />

auf eine beson<strong>de</strong>re gesellschaftliche Stellung <strong>de</strong>r Toten hin. Durch ihre<br />

Prozessionswege sind beson<strong>de</strong>rs herausgehoben die Gruppen 1 <strong>und</strong> 2, wobei durch<br />

die Größe <strong>und</strong> <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs fest ausgebauten Prozessionsweg diese letztere<br />

Gruppe beson<strong>de</strong>rs auffällt.<br />

Es ist sicher kein Zufall, daß insbeson<strong>de</strong>re die Gruppe 1, wenn man sich <strong>de</strong>n<br />

heutigen Waldbestand weg<strong>de</strong>nkt, eine ungehin<strong>de</strong>rte Sichtverbindung zu <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r<br />

Luftlinie nur 9,5 km entfernten Magdalenenberg bei Villingen mit <strong>de</strong>m keltischen<br />

Fürstengrabhügel aufweist. Sieht man diesen Zusammenhang mit <strong>de</strong>m<br />

Fürstengrab, das 577 v. Chr. errichtet wur<strong>de</strong>, dann sind die Hügelgräbergruppen<br />

etwa gleich alt <strong>und</strong> jünger.<br />

Archäologisch sind diese Hügelgräber bisher nicht untersucht wor<strong>de</strong>n.<br />

"Schatzgräber" haben an einigen Stellen Ausgrabungsversuche gemacht, die jedoch<br />

an <strong>de</strong>n be<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Stein massen bisher gescheitert sind.<br />

Auffallend ist weiterhin <strong>de</strong>r Aufbau <strong>de</strong>r Grabhügel mit im angrenzen<strong>de</strong>n<br />

Steinbruch gewonnen, aus <strong>de</strong>n anstehen<strong>de</strong>n Bänken <strong><strong>de</strong>s</strong> oberen Buntsandsteins<br />

gebrochenen Steinen. Wenn man die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Steinbruche <strong>für</strong> eine<br />

Schätzung zugr<strong>und</strong>e legt, sind hier ca. 8 bis 10000 m 3 Steine gebrochen wor<strong>de</strong>n, eine<br />

beachtliche Leistung, die auf bergmännisches Können hinweist.<br />

5. Eine Viereckschanze?<br />

Auf einem Luftbild dieses Waldgebietes von 1956 fiel mir ca. 1 00 m nördlich <strong>de</strong>r<br />

Hügelgräbergruppe 1 ein ca. 110m langes <strong>und</strong> ca. 50 m breites Rechteck auf, das<br />

sich durch seine Bestockung <strong>de</strong>utlich von <strong>de</strong>n benachbarten Bestän<strong>de</strong>n<br />

unterschei<strong>de</strong>t.<br />

Naheliegend war die Erklärung, daß es sich um eine aufgelassene Pflanzschule<br />

han<strong>de</strong>lt. Nach<strong>de</strong>m FESENMEYER sich nicht an eine solche Pflanzschule erinnern<br />

konnte, hatte ich dank <strong>de</strong>r Unterstützung <strong><strong>de</strong>s</strong> Staatlichen Forstamtes<br />

Donaueschingen die Möglichkeit, die alten Forsteinrichtungswerke seit <strong>de</strong>r<br />

Ersteinrichtung von 1839 zu überprüfen, ob an dieser Stelle eine Pflanzschule<br />

bestan<strong>de</strong>n hat. Dies war nicht <strong>de</strong>r Fall.<br />

Da sich Bestan<strong><strong>de</strong>s</strong>beson<strong>de</strong>rheiten auch über mehrere Baumgenerationen<br />

erhalten, ist es nicht ausgeschlossen, daß diese Fläche alt angelegt ist <strong>und</strong> in<br />

Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Grabhügelfeld gebracht wer<strong>de</strong>n kann. Gräben o<strong>de</strong>r Wälle<br />

als Begrenzung sind jedoch nicht zu erkennen. Ob es sich tatsächlich um eine Art<br />

Viereckschanze han<strong>de</strong>lt, müßte jedoch erst untersucht wer<strong>de</strong>n.<br />

6. Ein Hügelgräberfeld auf <strong>de</strong>r Nordbefestigung<br />

Ca. 150 - 200 m nordostwärts <strong><strong>de</strong>s</strong> Wegekreuzes Krumpenweg -<br />

Sauerbrunnenweg knapp unterhalb <strong>de</strong>r Hangkante <strong>de</strong>r Karnische <strong><strong>de</strong>s</strong> oberen<br />

Wilddobels fallen ca. 20 Steinhügel auf (Abb. 3), welche einen Durchmesser von bis<br />

61


62<br />

zu 6 m <strong>und</strong> eine Höhe von 1,5 - 2 aufwei en. Auf <strong>de</strong>n ersten Blick könnte man<br />

meinen, daß es sich um WurzelbalJen ehemaliger Sturmwürfe han<strong>de</strong>lt.<br />

Dem wi<strong>de</strong>rspricht jedoch, daß die Hügel fast zur Gänze aus Steinen gebil<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n, weIche benachbart aus <strong>de</strong>m Hang herausgeschafft sind. Die Größe dieser<br />

Gruben <strong>und</strong> das Ausmaß <strong>de</strong>r Hügel übersteigen auch größere WurzelbaUen. Am<br />

Fuße einiger Hügel sind einfache Stützmäuerchen aus trocken gesetzten Steinen zu<br />

erkennen, ein Zeichen da<strong>für</strong>, daß es sich nicht um Sturmwürfe, son<strong>de</strong>rn um<br />

künstlich errichtete Hügel, also um einfache Hügelgräber, han<strong>de</strong>ln könnte.<br />

7. Hügelgräber vor <strong>de</strong>r Südbefestigung<br />

Südlich <strong>de</strong>r Fesenmeyer-Hütte, wenige Meter außerhalb <strong>de</strong>r Befestigungsanlage<br />

(siehe Abb. 7), fin<strong>de</strong>n sich einige noch gut erkennbare Steinringe, weIche die<br />

Begrenzung von Hügelgräbern darstellen könnten, <strong>de</strong>ren Steinhügel ebenfaUs<br />

abgetragen wur<strong>de</strong>n. Die Steinringe haben einen Durchmesser von ca. 4 bis 5 m.<br />

8. QuelLfassungen <strong>und</strong> Brunnen<br />

Am Grenzstein 32 (GOERLIPP 1990) zum Fürstlich Fürstenbergischen Walddistrikt<br />

Hammerwald ist in <strong>de</strong>n topografischen Karten <strong>de</strong>r sogenannte<br />

Laubenhauser Brunnen eingezeichnet, wodurch auch die Erinnerung an<br />

Laubenhausen wachgehalten wur<strong>de</strong>. Dieser Brunnen, im Quellhorizont zwischen<br />

Buntsandstein <strong>und</strong> Granit gelegen, ist ein ca. 12 m langer <strong>und</strong> ca. 1,5 bis 2 m<br />

eingetiefter Graben, <strong>de</strong>r dadurch die Quelle, weIche das ganze Jahr Wasser führt,<br />

gut erschließt. Ein ca. 1 bis 1,5 m hoher Steinwall aus <strong>de</strong>m Grabenaushub bei<strong>de</strong>rseits<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Grabens unter treicht die künstliche Anlage <strong>de</strong>r Quellfassung (Abb. 12).<br />

Ca. 120 m südlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Grenzsteines 32 befin<strong>de</strong>t ich eine weitere<br />

Brunnenfassung, weIche nach Aussage von FESENMEYER von <strong>de</strong>r Stadtverwaltung<br />

bei <strong>de</strong>r Suche nach Quellen <strong>für</strong> die Wasserversorgung <strong>de</strong>r Stadt aufgegraben, dann<br />

aber wie<strong>de</strong>rhergestellt wur<strong>de</strong>. Diese Quelle ist durch <strong>de</strong>n auslaufen<strong>de</strong>n Bogen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

östlichen Steinwalles in die Befestigungsanlage einbezohen (Abb. 3).<br />

In <strong>de</strong>r sehr gut ausgebil<strong>de</strong>ten Karnische, in <strong>de</strong>r sich ebenfalls im Quellhorizont<br />

die Quellen <strong><strong>de</strong>s</strong> Wilddobels befin<strong>de</strong>n, ist ein <strong>de</strong>m Laubenhauser Brunnen ähnlicher<br />

Graben zu erkennen, <strong>de</strong>r noch ein Trockenmauerwerk als Brunnenfassung<br />

erkennen läßt. Dieser Brunnen weist mit <strong>de</strong>n benachbarten Entwässerungsgräben<br />

ebenfalls eine ganzjährige Wasserführung auf, die stärkste <strong>und</strong> beständigste <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Gebietes von Laubenhausen <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong>halb, sowie nach Anlagetechnik, zur<br />

Befestigungsanlage zu rechnen ist. Ein Hinweis da<strong>für</strong> kann aber auch <strong>de</strong>r östliche<br />

SteinwaU <strong><strong>de</strong>s</strong> Doppelwalles sein, <strong>de</strong>r in einem Bogen bis zum Steilabfal1 <strong>de</strong>r<br />

Hangkante geführt ist <strong>und</strong> dadurch auch einen Schutz <strong>für</strong> diese Brunnenanlage<br />

darstellt.<br />

In <strong>de</strong>r Abteilung Sauerbrunnen <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürstlich Fürstenbergischen Distriktes<br />

Hammerwald, zu welcher <strong>de</strong>r <strong>für</strong> Laubenhausen wichtige Sauerbrunnenweg<br />

hinführt, ist mir seit langem ein seltsamer S-förmiger Graben aufgefallen, <strong>de</strong>r kein<br />

gewöhnlicher Entwässerungsgraben sein konnte. Erst durch die Untersuchung von<br />

Laubenhausen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r dortigen Quellfassungen zeigten sich Zusammenhänge.<br />

Diese QueUfassung befin<strong>de</strong>t sich im Quellgebiet <strong><strong>de</strong>s</strong> sogennanten Breitbrunnen,<br />

einer weiten Karnische <strong><strong>de</strong>s</strong> Breitbrunnendobels, <strong>de</strong>r nach Nor<strong>de</strong>n verlaufend zum<br />

Krumpenschloß hin entwässert (Abb. 2). Sie beginnt durch eine verbreiterte, ca. 1,5<br />

m tiefe Grube, welche die Quelle erfaßt. Ein ca. 11 m langer Graben schließt sich an,


64<br />

schwanken<strong>de</strong>m Gehalt von meist kaolinisiertem Feldspat <strong>und</strong> weißem<br />

Glimmer, be<strong>de</strong>ckt die Oberfläche. Er Liefert basenarme zur Versauerung,<br />

Vernässung <strong>und</strong> Verdichtung neigen<strong>de</strong> Bö<strong>de</strong>n.<br />

Die staunassen Stagnogleye be<strong>de</strong>cken weite Flächen (Abb. 2). Es sind dies<br />

ehemals ertraglose Waldrnoore, die "Möser", welche im vorigen Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

entwässert <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Forstwirtschaft nutzbar gemacht wur<strong>de</strong>n.<br />

Auf Gelän<strong>de</strong>formen, die einen günstigen Wasserhaushalt gewährleisten, fin<strong>de</strong>n<br />

sich podsolige Brauner<strong>de</strong>n (Abb. 2). Als Bo<strong>de</strong>nmaterial herrschen lehmige San<strong>de</strong><br />

vor, bei Staublehmbeimengungen, die an <strong>de</strong>r gelbbraunen Färbung erkennbar sind,<br />

sandige Lehme. Diese Beimengungen sind beson<strong>de</strong>rs an <strong>de</strong>r 11. Planie bei <strong>de</strong>r<br />

Fischertanne zu erkennen. In Abb. 2 sind mit <strong>de</strong>r podsoligen Brauner<strong>de</strong> auch<br />

kleinere Flächen von Übergängen zum Stangnogley zusammengefaßt.<br />

Im Waldbild herrschen Fichten vor, <strong>de</strong>nen in wechseln<strong>de</strong>r Mischung Kiefern<br />

<strong>und</strong> Tannen beigemengt sind. In tannenreichen Altbestän<strong>de</strong>n sind in jüngster Zeit<br />

sehr gute Tannen - NaturverjÜllgen erzielt wor<strong>de</strong>n. Laubhölzer fehlen volJständig.<br />

Durch Bo<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Klima bedingt, ergibt sich als natürliche RegionalgeseLlschaft ein<br />

boreaLmontaner Tannen-Fichten-Kiefernwald.<br />

R. HAUFF (Abb. 13) untersuchte das Pollenprofil einer kleinen MoorsteLle in<br />

Abt. 16, nur knapp 500 m von <strong>de</strong>r Südbefestigung entfernt. Es reicht bis in die<br />

Eichenmischwald-Buchenzeit (= späte Wärmzeit = VIII) zurück. Sie wird auf die<br />

Zeit von 2500 bis 500 v. ehr. angesetzt. Durch das allmählich um 2°C kälter <strong>und</strong><br />

atlantisch gewor<strong>de</strong>ne Klima ist <strong>de</strong>r Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> Eichenmischwal<strong><strong>de</strong>s</strong> zurückgegangen,<br />

die Tanne wird mit 77 % die vorherrschen<strong>de</strong> Baumart <strong>und</strong> die Buche gewinnt an<br />

Be<strong>de</strong>utung.<br />

In <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Buchenzeit (Ältere Nachtwärmzeit = IX) von 500 v. Chr. bis<br />

500 n. Chr., eine Zeit also, welche uns in Laubenhausen beson<strong>de</strong>rs interessiert,<br />

erreicht <strong>de</strong>r Eichemischwald noch 11, die Buche 13, die Fichte bereits 20, die Kiefer<br />

5 <strong>und</strong> die Tanne als immer noch vorherrschen<strong>de</strong> Baumarte 56 %. Es han<strong>de</strong>lte sich<br />

also um einen Tannen-Fichten-Buchenwald mit Eichenmischwaldresten <strong>und</strong><br />

Kiefern. Nach <strong>de</strong>n Erfahrungen <strong><strong>de</strong>s</strong> benachbarten F.F. Hammerwal<strong><strong>de</strong>s</strong> dürften sich<br />

die Laubhölzer vor allem auf <strong>de</strong>n guten Standorten <strong>de</strong>r Karnische <strong>und</strong> am Hang <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Wilddobels erhalten haben. Der Anteil <strong>de</strong>r Kräuter <strong>und</strong> Wildgräser ist gegenüber<br />

<strong>de</strong>n benachbarten Profilen in Oberbränd, Bubenbach, Klosterwald <strong>und</strong><br />

Bräunlingen gleich niedrig, sodaß es sich um einen gut geschlossenen Urwald<br />

gehan<strong>de</strong>lt haben muß. Überraschend sind die gef<strong>und</strong>enen Getrei<strong>de</strong>poLlen, die<br />

man nach <strong>de</strong>r Profiltiefe wohl <strong>de</strong>r späten Latene-Zeit zuordnen kann. HAUFF setzt<br />

zu diesem F<strong>und</strong> ein Fragezeichen, da er sich diese Vorkommen nicht erklären kann.<br />

Ist dies ein Hinweis da<strong>für</strong>, daß zu jener Zeit hier doch bereits Feldbau betrieben<br />

wur<strong>de</strong>?<br />

Mit <strong>de</strong>m heutigen Klima verglichen war jenes <strong>de</strong>r Älteren Nachwärmzeit<br />

atlantischer mit kühleren Sommern <strong>und</strong> mil<strong>de</strong>ren Wintern, vielleicht auch mit<br />

höheren Nie<strong>de</strong>rschlägen.<br />

Nach <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r Untersuchung <strong><strong>de</strong>s</strong> natürlichen Standortes kann<br />

ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n, daß landwirtschaftliche Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> die Standortswahl von<br />

Laubenhausen maßgebend waren. Wie die Untersuchung von KETIERER (1990)<br />

zeigt, lag <strong>de</strong>r Schwerpunkt <strong>de</strong>r keltischen Besiedlung in <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Westbaar,<br />

in <strong>de</strong>r ehemaligen Kornkammer Ba<strong>de</strong>ns mit ihren fruchtbaren MuscheLkalkbö<strong>de</strong>n<br />

mit einer Lößlehmüberlagerung o<strong>de</strong>r zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t Beimengung. Hier war damals<br />

sicherlich noch genügend Siedlungsraum vorhan<strong>de</strong>n, so daß ein Ausweichen auf die<br />

<strong>de</strong>nkbar schlechtesten Standorte <strong>de</strong>r Gegend nicht nötig war.


66<br />

Lagerstätten.<br />

Der letzte Stollen in Eisenbach, <strong>de</strong>r Rappenlochstollen, wur<strong>de</strong> erst 1943 stillgelegt!<br />

Die Betriebsorganisation eines keltischen Bergbaues unterschei<strong>de</strong>t sich kaum<br />

von uns aus <strong>de</strong>m Mittelalter bekannten Bergwerken, wie z.B. bier in<br />

Hammereisenbach. Das Werk bestand aus 5 räumlich <strong>und</strong> organisatorisch<br />

getrennten Abteilungen:<br />

1. Holzabteilung mit Holzmeister, etlichen Hackern, Spaltern, Schin<strong>de</strong>lmacbem<br />

<strong>und</strong> Zimmermann.<br />

2. Köhlerei mit Kohlmeister <strong>und</strong> mehreren Kohlknechten.<br />

3. Bergwerk mit Erzknappen <strong>und</strong> -wäschern .<br />

4. Schmelzhütte mit Schmelzer, Aufsetzer, mehreren Ofenknechten <strong>und</strong> Schlackepochern.<br />

5. Schmie<strong>de</strong> mit Läutermeister, Schmie<strong>de</strong>meister <strong>und</strong> Knechten.<br />

Hierzu kamen noch Taglönher, Fuhrleute, Hufschmie<strong>de</strong> <strong>und</strong> Wagner, sowie ein<br />

Han<strong>de</strong>lsort zur Vermarktung <strong>de</strong>r Produkte.<br />

Die Lage von Laubenhausen an einem wichtigen Verbindungsweg <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Nähe eines be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Handlesweges, wie wir später sehen wer<strong>de</strong>n, war sowohl<br />

als Han<strong>de</strong>lsplatz als auch als Stützpunkt <strong>und</strong> Wohnplatz <strong>für</strong> <strong>de</strong>n umliegen<strong>de</strong>n<br />

Bergbau geeignet.<br />

Eine Parallele fin<strong>de</strong>n wir in Neuenbürg im Nordschwarzwald, wo auf <strong>de</strong>m<br />

Schloßberg F<strong>und</strong>e aus <strong>de</strong>n Frühlatene-Zeit darauf hinweisen, daß die nahen<br />

Eisenerzvorkommen <strong>de</strong>n wirtschaftlichen Hintergr<strong>und</strong> dür diese Keltensiedlung am<br />

Ran<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> auch hier wenig siedlungsfre<strong>und</strong>lichen Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> bil<strong>de</strong>ten (BIlTEL<br />

1981).<br />

Eisenerzvorkommen sind nachweisbar in unmittelbarer Nähe <strong>de</strong>r Siedlung im<br />

Wilddobel, im benachbarten Krumpendobel <strong>und</strong> im ca. 1 km entfernten<br />

Schmelzdobel, wo nicht datierte Reste einfacher Rennöfen gef<strong>und</strong>en wur<strong>de</strong>n.<br />

Eisenvererzungen im mittleren Buntsandstein zur Grenze zum Granit fin<strong>de</strong>n sich im<br />

oberen Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Wilddobels am Ran<strong>de</strong> von Laubenhausen.<br />

Die wicbtigstens Eisenerzlagerstätten fin<strong>de</strong>n sich aber im Eisenbachtal <strong>und</strong> im<br />

Fahlenbach bei Hammereisenbach nur 4 bis 7 km von Laubenhausen entfernt.<br />

(FAlSI 1941). SCHALCH (1902) kartierte hier insbeson<strong>de</strong>re am linken Talbang <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Eisenbaches zwischen <strong>de</strong>m Wolfbach <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Scholl ach zahlreiche Eisen- <strong>und</strong><br />

Manganerzgänge. Hier ist die Erdoberfläche stellenweise völlig umgebrochen,<br />

be<strong>de</strong>ckt mit kleinen Gruben <strong>und</strong> zahlreichen Pingen. Die Eisen- <strong>und</strong><br />

Manganerzgänge bei Vöhrenbach hatten eine untergeordnete Be<strong>de</strong>utung <strong>und</strong><br />

wur<strong>de</strong>n kaum abgebaut (VOGELGESANG 1860).<br />

Geschmolzen wur<strong>de</strong> damals das Erz in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Erzgruben in einfachen<br />

Rennöfen, nur ca. 1,5 m hoch. Dazu waren erhebliche Mengen von Holzkohle nötig,<br />

die in <strong>de</strong>n weiten Wäl<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Umgebung leicht gewonnen wer<strong>de</strong>n konnte. Köhler,<br />

Bergleute <strong>und</strong> Schmelzer waren nicht seßhaft, sie wechselten ihren Standort nach<br />

<strong>de</strong>m Rohmaterial. Seßhafter waren sicherlich die Schmie<strong>de</strong>, welche das Roheisen zu<br />

ban<strong>de</strong>lfähigen Doppelspitzbarren, <strong>de</strong>n sogenannten Luppen o<strong>de</strong>r zu Fertigprodukten<br />

verarbeiteten <strong>und</strong> in <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l brachten.<br />

Da bisher keine Untersuchungen nach Siedlungsspuren in Laubenhausen<br />

durchgeführt wur<strong>de</strong>n, kann man nur vermuten, daß hier Schmie<strong>de</strong> <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re<br />

weiterverarbeiten<strong>de</strong> Handwerker neben Kaufleuten <strong>und</strong> Fuhrleuten wohnten. Es ist<br />

nicht ausgeschlossen, daß diese Bevölkerung zur Eigenversorgung in geringem<br />

Umfange auch Landwirtschaft <strong>und</strong> Viehzucht durch Waldwei<strong>de</strong> betrieb, wie die<br />

Getrei<strong>de</strong>pollen <strong>und</strong> die Brunnenfassung <strong><strong>de</strong>s</strong> Breitbrunnen vermuten lassen.


10. Die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpenweges<br />

Im Abschnitt 3 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, daß <strong>de</strong>r sogenannte Krumpenweg in die<br />

Befestigungsanlage einbezogen <strong>und</strong> daß seine Be<strong>de</strong>utung bei <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Ausbauten anscheinend noch größer wur<strong>de</strong>. Es kann <strong><strong>de</strong>s</strong>halb kein Zweifel darüber<br />

bestehen, daß dieser Weg genau so alt, vermutlich noch älter als die Befestigungsanlage<br />

selbst ist.<br />

Die Infrastruktur <strong>de</strong>r Verkehrswege hat sich über Jahrh<strong>und</strong>erte gut erhalten, da<br />

sich die Verkehrstechnik <strong>und</strong> die Ansprüche an das Wegenetz seit <strong>de</strong>r Keltenzeit bis<br />

in das 18. Jahrh<strong>und</strong>ert nur unwesentlich geän<strong>de</strong>rt haben. Erst die technischen<br />

Umwälzungen im 19. Jht. mit Eisenbahnen <strong>und</strong> Automobilen erzwang große<br />

Umstellungen im Verkehrsnetz. In Waldgebieten haben sich alte Wegezüge<br />

beson<strong>de</strong>rs gut erhalten können, sie wur<strong>de</strong>n nicht durch die Landwirtschaft beseitigt.<br />

So können wir im Wal<strong>de</strong> uralte Verkehrswege an Wagenspuren <strong>und</strong> Hohlwegen<br />

verschie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlicher Ausprägung, insbeson<strong>de</strong>re an Steigungen, gut verfolgen.<br />

Auch alte Landkarten bis zum 18. Jht. sind verläßliche Zeugen alter<br />

Wegeführungen, ebenso wie alte Wegebezeichnungen.<br />

In <strong>de</strong>n Forstkarten <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberholzes ist <strong>de</strong>r Weg durch Laubenhausen seit jeher<br />

als Krumpenweg bezeichnet, er läßt sich gut bis zum Krumpenhof im Bregtal<br />

verfolgen. In <strong>de</strong>r Landkarte <strong>de</strong>r Gemarkung Bregenbach (SORGER 1790) ist <strong>de</strong>r<br />

Weg nach Laubenhausen, also <strong>de</strong>r Krumpenweg, als "Vicinalfahrweg nach<br />

Mistelbrunn" eingezeichnet. Er führt über <strong>de</strong>n Krumpenhof zum Fischerhof über<br />

eine alte Furt durch die Breg.<br />

In Abb. 15 ist diese Furt dargestellt, sie zeigt in mustergültiger Weise die<br />

Technik solcher Anlagen. Für sie wur<strong>de</strong> eine breite TalsteIle ausgesucht, an <strong>de</strong>r die<br />

Breg die Prallhänge wechselt. Um die Furt darüberhinaus noch seichter zu machen,<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bach unter Bildung einer Insel in zwei Arme künstlich aufgeteilt. Der in<br />

<strong>de</strong>r Karte eingezeichnete Furtweg schnei<strong>de</strong>t nun in einer Diagonale die Bregarme,<br />

um an <strong>de</strong>r weitesten <strong>und</strong> damit auch seichtesten Stelle das Gewässer zu überqueren.<br />

Heute ist nur noch ein Bachbett vorhan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r Furt selbst fehlen je<strong>de</strong><br />

Spuren.<br />

Nach<strong>de</strong>m dieser Weg die Furt <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Fischerhof durchquert hat, umschließt<br />

er in einem Bogen <strong>de</strong>n sogenannten "Villinger Acker" <strong>und</strong> führt als<br />

"Vicinal-Fahrweg von Villingen", nun genannt die "Fischerstraße", durch <strong>de</strong>n<br />

Fischerwald <strong>und</strong> F.F. Glaserforst nach Herzogenweiler <strong>und</strong> weiter über<br />

Pfaffenweiler nach Villingen. Es spricht <strong>für</strong> die uralte Be<strong>de</strong>utung dieses Weges, daß<br />

<strong>de</strong>r Fischerhof mit mehr als 400 ha einer <strong>de</strong>r größten Höfe <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> war.<br />

Auch <strong>de</strong>r Krumpenhof mit ca. 300 ha hatte eine stattliche Größe. So waren bei<strong>de</strong> <strong>für</strong><br />

Son<strong>de</strong>rfunktionen, wie Rast- <strong>und</strong> Vorspanndienste, gut geeignet.<br />

Die Be<strong>de</strong>utung dieses Weges <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Keltenstamm wird ganz beson<strong>de</strong>rs durch<br />

das " Krumpenschloß", einer keltischen Befestigung oberhalb <strong>de</strong>r Furt auf einem<br />

Bergvorsprung unterstrichen. Sie diente unter an<strong>de</strong>rem <strong>de</strong>r Sicherung <strong>de</strong>r Furt <strong>und</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Weges als Zugang nach Laubenhausen.<br />

Südlich von Laubenhausen führt uns <strong>de</strong>r Krumpenweg, in<strong>de</strong>m er geschickt die<br />

Standortsverhältnisse ausnützt, nach <strong>de</strong>m 1 km entfenten Mistelbrunn, das er<br />

durchquert, durch <strong>de</strong>n "Götzenwald", das Gebiet von Unterbränd <strong>und</strong> schließlich<br />

<strong>de</strong>n keltischen "Verkehrsknotenpunkt" beim Hagelbo<strong>de</strong>n erreicht (KETfERER<br />

1990). Damit ist dieses dicht besie<strong>de</strong>lte Gebiet <strong><strong>de</strong>s</strong> Stammes mit Laubenhausen <strong>und</strong><br />

Villingen durch <strong>de</strong>n Krumpenweg verb<strong>und</strong>en wor<strong>de</strong>n. (Abb. 1).<br />

1'HUMBüLT (1908) schil<strong>de</strong>rt, daß GRAF EGEN VON FüRSTENBERG 1310 eine<br />

67


68<br />

Abb. 14 Hügelgräber in Hügelgräbergruppe I<br />

neue Straße von Villingen über Herzogenweiler, Bregenbach (d.h. Fischerhof),<br />

Urach, Hohle r Graben, St. Märgen, Wagensteig <strong>und</strong> Buchenbach nach Freiburg<br />

ba ute, da auf <strong>de</strong>r alten Straße Baar-Löffingen-Neustadt-HöUental-Freiburg<br />

<strong>de</strong>n Villingern Schwierigkeiten bereitet wur<strong>de</strong>n. Durch diese neue Straße geriet<br />

<strong>de</strong>r Krumpenweg wohl bald in Vergessenheit, nicht jedoch rechtlich als VicinaJ­<br />

Verbindungsweg.<br />

11. Das Krumpenschloß<br />

Auf <strong>de</strong>m SchJoßberg, einer beherrschen<strong>de</strong>n Bergkuppe 400 m über <strong>de</strong>r Bregfurt<br />

beim Fischerhofbefin<strong>de</strong>t sich im F.F. Hammerwald das sogenannre Krumpe nschloß,<br />

fälsch lich auch Alt<strong>für</strong>stenberg genannt. Die erste Erwähnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpenschlosses<br />

erhalten wir wie<strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n F.F. Hofrat <strong>und</strong> Archivar D ÖPSER, <strong>de</strong>r 1782 diese<br />

Anlage aufsuchte <strong>und</strong> beschrieb (Anlage).<br />

Die Anlage bestehtaus ei nemovalen Steinwall150m x 80 m im Durchmesser, <strong>de</strong>r<br />

an <strong>de</strong>r Westseite durch einen starken Doppelwall gegen das Vorgelän<strong>de</strong> geschützt ist.<br />

Durch archivalische Studien kann ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n, daß sie mittelalterlichen<br />

Ursprungs ist. Ebenso a usgeschlossen ist sie römischen Ursprungs durch Lage <strong>und</strong><br />

Bauart mit ausschließlich trockengesetztem Mauerwerk. RI EZLER <strong>und</strong> BAUMANN<br />

(Anlage) haben <strong><strong>de</strong>s</strong>halb mit Recht angenommen, daß es sich auch hier um eine<br />

keltische Anlage han<strong>de</strong>ln muß, <strong>für</strong> die allerdings keine hinreichen<strong>de</strong> Erklärung<br />

gef<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Im Sommer 1989 haben MA Y A <strong>und</strong> VOLZER (1990) als Vermessungsstu<strong>de</strong>nten<br />

<strong>de</strong>r Fachhochschule Stuttgart im Auftrage <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamtes das<br />

Krumpenschloß vermessen. Das Ergebnis haben diese bei<strong>de</strong>Herren dankenswerter-


J<br />

in9f" {l';'j, .. /"<br />

.<<br />

Abb. L5 Die alte Furt durch die Breg beim Fischerhof<br />

69<br />

weise in dieser Schrift dargestellt.<br />

Diese Arbeit<br />

schil<strong>de</strong>rt nach Größe, Befestigungstechnik<br />

<strong>und</strong> Befestigungsumfang<br />

einen<br />

Ringwall, <strong>de</strong>r seinesgleichen<br />

sucht <strong>und</strong> insbeson<strong>de</strong>re<br />

durch die ehemals<br />

bis ca. 10m hohe Schildmauer<br />

mit vorgelagertem<br />

Graben <strong>und</strong> Wall <strong>für</strong><br />

damalige Zeiten nahezu<br />

uneinnehmbar war. Was<br />

war <strong>de</strong>r Sinn <strong>und</strong> Zweck<br />

eines solchen Bauwerkes?<br />

Nur 400 m von <strong>de</strong>r<br />

Breg<strong>für</strong>t beim Fischerhof<br />

entfernt, hatte das<br />

Krumpenschloß die Aufgabe,<br />

diesen wichtigen<br />

Übergang <strong>und</strong> <strong>de</strong>n nördlichen<br />

Zugang nach <strong>de</strong>m<br />

ca. 1,5 km entfernten<br />

Laubenhausen zu sichern.<br />

Die Größe <strong>de</strong>r Anlage<br />

kann auch ein<br />

Hinweis da<strong>für</strong> sein, daß sie als Fliehburg <strong>für</strong> die Bewohner von Laubenhausen <strong>und</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Bergbaues in beson<strong>de</strong>rer Not dienen konnte, vielleicht auch <strong>de</strong>m Fürsten <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Keltenstammes als Wohnsitz. Alles Vermutungen <strong>und</strong> Fragen, die erst durch<br />

archäologische Untersuchungen, welche bisher fehlen, geklärt wer<strong>de</strong>n können.<br />

12. Die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>s</strong> Sauerbrunnenweges<br />

Wie wir in Abschnitt 3 gesehen haben, ist <strong>de</strong>r sogenannte Sauerbrunnenweg<br />

sowohl in die Nordbefestigung, als auch in die Südbefestigung einbezogen <strong>und</strong><br />

beson<strong>de</strong>rs gesichert. Wohl aus <strong>de</strong>r Gegend von Hubertshofen kommend,<br />

durchquert er in einem Durchlaß <strong>de</strong>n Ostteil <strong><strong>de</strong>s</strong> Doppelwalles <strong>de</strong>r Südbefestigung<br />

(Abb.7).<br />

in einem Bogen umschwingt er dann die Stagnogleyflächen <strong>de</strong>r Abteilungen 1<br />

<strong>und</strong> 7 <strong>und</strong> führt an <strong>de</strong>r Kante <strong>de</strong>r Karnische weiter, wo er in Abteilung 6 am En<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Stagnogleys bis zum Krumpenweg links von einem Einfachwall <strong>de</strong>r<br />

Nordbefestigung gefolgt wird. Vor <strong>de</strong>m Krumpenweg überquert dieser Wall <strong>de</strong>n


SPTNDLER (1983) bemerkt, daß <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r antiken Fernstraßen vor<br />

allem die großen Flußsysteme in Anspruch genommen wur<strong>de</strong>n. So ist an Hand von<br />

griechi chen F<strong>und</strong>en die Straße von Massilia rhoneaufwärts bis Lyon nachzuweisen,<br />

wo sie einerseits über <strong>de</strong>n Genfer See <strong>und</strong> das Schweizer Mittelland <strong>de</strong>m<br />

Hochrhein <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Donau zustrebte.<br />

Der an<strong>de</strong>re, vermutlich ältere Wegzug, führte von Lyon weiter nördlich durch<br />

die Burg<strong>und</strong>er Pforte nach Breisach, <strong>und</strong> weiter einerseits in das Mittelrheingebiet,<br />

an<strong>de</strong>rerseit, wie CUNLIFFE (1980) in <strong>de</strong>r Karte <strong>de</strong>r keltischen Han<strong>de</strong>lswege vom 8.<br />

bis zum 6. Jhdt. v. Chr. darsteUt, sich nach Osten wen<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n Schwarzwald in<br />

Richtung Baar überwin<strong>de</strong>t <strong>und</strong> im Sinne von SPTNDLER Anschluß an das Flußsystem<br />

<strong>de</strong>r Donau <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lsweg nach Osten fin<strong>de</strong>t.<br />

E muß wohl angenommen wer<strong>de</strong>n, daß diese keltischen Han<strong>de</strong>lswege auch von<br />

<strong>de</strong>n Römern übernommen <strong>und</strong> weiterbenutzt wur<strong>de</strong>n, sodaß vom Verlauf <strong>de</strong>r<br />

Römerstraßen auch auf die Wege <strong>de</strong>r Kelten geschlossen wer<strong>de</strong>n kann. Das von<br />

F1 GERLLN (1985) gesicherte Straßen kreuz bei Hüfingen weist auf einen<br />

Schwarzwaldübergang hin, <strong>de</strong>r heute aJlgemein angenommen wird. OlT (1986)<br />

vermutet folgen<strong>de</strong>n Verlauf: Hüfingen - Bräunlingen - Unterbränd - Oberbränd -<br />

Eisenbach <strong>und</strong> weiter nach Westen über St. Märgen, wo sich die Straße geteilt haben<br />

mag in Richtung Himmelreich <strong>und</strong> Glottertal. E r verweist auch auf Mistelbrunn mit<br />

seiner Kapelle St. Marcus aus <strong>de</strong>m frühen Mittelalter <strong>und</strong> auch REICHELT (1972)<br />

bringt sie in Zusammenhang mit einem alten Schwarzwald übergang.<br />

1889 wur<strong>de</strong>n 11 Eisenluppen in Form von Doppelpyrami<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r<br />

Bruggerhal<strong>de</strong> <strong>und</strong> 1930 zwei weitere gef<strong>und</strong>en, die <strong>de</strong>r frühen Latene-Zeit<br />

zugeordnet wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> als Hinweis da<strong>für</strong> gelten können, daß durch die<br />

Bruggerhal<strong>de</strong> ein keltischer Han<strong>de</strong>lsweg führte. Er hat vermutlich in <strong>de</strong>r uralten<br />

Furt die Brigach bei <strong>de</strong>r Stadtmühle in Donaueschingen überquert <strong>und</strong> nach alten<br />

Wegführungen <strong>und</strong> Karten zu schließen zum Distrikt Berg hingeführt. Ab hier läßt<br />

er sich als alter Waldweg weiterverfolgen, <strong>de</strong>r dann als Hohlweg in einer weiten<br />

Serpentine die Bruggerhal<strong>de</strong> überwin<strong>de</strong>t <strong>und</strong> bei Bruggen die Breg in einer Furt<br />

überquert (Abb. 1).<br />

Auch diese Furt zeigt in ihrer Anlage die uralte Technik, wie wir sie bei <strong>de</strong>r Furt<br />

über die Breg beim Fischerhof gesehen haben. Sie ist inmitten <strong>de</strong>r Talaue zwischen 2<br />

PraUhängen angelegt. Ob sie einen Ausbau ähnlich jener am Fischerhof gehabt hat,<br />

ist nicht mehr feststell bar. Der Ortsname Bruggen weist auf die Aufgabe dieser<br />

Siedlung hin.<br />

Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Weg die Furt überw<strong>und</strong>en hat, setzt er sich fast genau nach<br />

Westen fort <strong>und</strong> fuhrt nun die Bezeichnung " Römerweg" sowohl in alten<br />

Landkarten, als auch im Volksm<strong>und</strong>. Ein echter Römerweg kann er jedoch nicht<br />

gewesen sein, da er mit <strong>de</strong>m KasteU Hüfingen in keine Verbindung gebracht<br />

wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> einwandfrei wie<strong>de</strong>r nach alten Karten <strong>und</strong> auch im Gelän<strong>de</strong> in Richtung<br />

Hubertshofen <strong>und</strong> Mistelbrunn verfolgt wer<strong>de</strong>n kann. Es war üblich, daß auch<br />

ehemalige keltische Wege von <strong>de</strong>r alemannischen Bevölkerung als Römerwege o<strong>de</strong>r<br />

-Straßen bezeichnet wur<strong>de</strong>n.<br />

Im Museum Allerheiligen in Schaffhausen befin<strong>de</strong>t sich eine keltische<br />

Eisenluppe, <strong>für</strong> die ein F<strong>und</strong>ort bei Hubertshofen angegeben wird. Auch <strong>de</strong>r F<strong>und</strong><br />

einer keltischen Lappenaxt bei Mistelbrunn mag ein Hinweis auf keltische<br />

Tätigkeiten sein. In <strong>de</strong>r mündlichen Überlieferung (GOlTWALD 1979) lebt eine<br />

Siedlung " Holzhausen" weiter, welche zeitgleich mit Laubenhausen bei<br />

Mistelbrunn existiert haben soU <strong>und</strong> als Raststation an <strong>de</strong>r wichtigen Kreuzung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

West-Ost-Han<strong>de</strong>lsweges mit <strong>de</strong>m Krurnpenweg vor <strong>de</strong>r damals nicht einfachen<br />

71


72<br />

Schwarzwaldübe rquerung gedi ent haben könnte.<br />

Von Mistelbrunn dürfte <strong>de</strong>r Weg weiter nach Oberbränd, <strong>de</strong>m Höchsten, <strong>de</strong>r<br />

Magremme, <strong>de</strong>m H ochberg <strong>und</strong> schließlich ins Rhein tal geführt haben. Mit <strong>de</strong>r<br />

E rrichtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Römerkastells Hüfi ngen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m dortigen Straßenkreuz dürfte sich<br />

die Schwarzwaldüberquerung von Mistelbrunn etwas südlicher nach Waldhausen -<br />

Unter-Oberbränd usw. verlagert haben. E in Beweis da<strong>für</strong> ist das römische<br />

Straßenstück westlich von Waldhausen.<br />

Mit großer Wahrscheinlichkeit führte ein Wegzug auch in das Zartener Becken<br />

nach <strong>de</strong>m keltischen Oppidum Tarodunum mit seiner 6 km langen Befestigung,<br />

we Iche eine Fläche von ca. 190 ha umschloß. Das hi er nachgewiesene Tor im<br />

,H ei<strong>de</strong>ngraben" im Osten <strong>de</strong>r Befestigung weist auf einen Gebirg übergang hin<br />

<strong>und</strong> damit auch auf einen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> n Han<strong>de</strong>lsplatz, <strong>de</strong>r bereits von <strong>de</strong>m<br />

alexandrischen Gelehrten K1 audios Ptolemaios II erwähnt wur<strong>de</strong>. Tarodunum hatte<br />

sicherlich Verbindung mit Breisach <strong>und</strong> damit mit <strong>de</strong>m Fernhan<strong>de</strong>lsweg nach<br />

Marseille.<br />

Nach diesen Überlegungen können wir annehmen, daß Mistelbrunn an <strong>de</strong>m<br />

wichtigen keltischen Han<strong>de</strong>lsweg von Breisach über Tarodunum in die Baar gelegen<br />

war, wo sich die H an<strong>de</strong>lswege nach <strong>de</strong>m Osten entlang <strong>de</strong>r Donau mit jenen von<br />

Nor<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Alpeoraum kreuzten. Nun wird auch die Lage von Laubenhausen,<br />

das sich nur knapp einen Kilometer nördlich von Mistelbrunn befin<strong>de</strong>t,<br />

verständlicher.<br />

Wenn wir die Lage von Laubenhausen in Abb. 1 betrachten, sehen wir die<br />

günstige Lage zu <strong>de</strong>n Ei enerzvorkommen <strong>und</strong> zum keltischen Femhan<strong>de</strong>lsweg bei<br />

Mistelbrunn, von <strong>de</strong>m es aus Sicherheitsgrün<strong>de</strong>n <strong>und</strong> unter Ausnützung aller<br />

Standortsvorte ile, wie wir früher gesehen haben, etwa abgesetzt ist. Ein i<strong>de</strong>aler<br />

Standort <strong>für</strong> die Verhüttung <strong>de</strong>r benachbarten Eisenerzvorkommen, <strong>de</strong>r<br />

Weiterverarbeitung <strong>und</strong> schließlich Vermarktung. Laubenhausen war also<br />

tatsächlich, wie DÖPSER (Anhang) berichtet <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Volksm<strong>und</strong> erzählt, "eine<br />

ehemalig berühmt gewesen sein sollen<strong>de</strong> große H an<strong>de</strong>lsstadt. Ihr Umfang soll sich<br />

auf eine St<strong>und</strong>e Weges erstreckt haben <strong>und</strong> ihr Dasein fälJt in di e Zeiten <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Hei<strong>de</strong>ntum. Wer sie zerstört, hat die Sage nicht auf uns gebracht, nur soll nach ihrem<br />

Ruin Villingen erbaut wor<strong>de</strong>n sein."<br />

Es ist erstaunlich, wie sich über Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg auch das Bewußtsein <strong>de</strong>r<br />

Verbindung zum Raum ViHingen, wenn auch in abgewan<strong>de</strong>lter Form, erhalten hat.<br />

Laubenhausen ist ein Beispiel da<strong>für</strong>, wie genau di e mündliche Überlieferung längst<br />

vergangene Tatbestän<strong>de</strong> <strong>und</strong> E reignis e weitergeben <strong>und</strong> damit auch <strong>de</strong>r<br />

Archäologie eine wertvo Lle Hilfe sein kann.<br />

14. Schlußbetrachtungen<br />

Das keltische Fürstengrab auf <strong>de</strong>m Magdalenenberg bei Villingen ist mit einem<br />

Durchmesser von 104 m <strong>und</strong> einer Aufschüttung von ca. 45000 m 3 <strong>de</strong>r mächtigste<br />

keltische Grabhügel Mitteleuropas. Das sichtbare Zeichen <strong>de</strong>r wirtschaftlichen <strong>und</strong><br />

wohl auch politischen Macht <strong><strong>de</strong>s</strong> Kelten<strong>für</strong>sten. Die Bauzeit dauerte ca. 20 Jahre<br />

<strong>und</strong> benötigte eine große Anzahl von Untertanen.<br />

Im Schwarzwald-Baar-Kreis sind vor allem auf <strong>de</strong>r Baar mehr als 2000<br />

Hügelgräber bekannt, von <strong>de</strong>nen die weitaus größte Zahl <strong>de</strong>r Hallstattzeit<br />

zuzuordnen ist. Diese <strong>und</strong> di e zahlreichen Fliehburgen <strong>und</strong> Abschnittsbefestigungen<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r große hallsta ttzeitliche Brandopferplatz bei Waldhausen<br />

zeugen von einer beson<strong>de</strong>rs dichten keltischen Besiedlung <strong>de</strong>r Baar, die zu<strong>de</strong>m als


wichtiger Kreuzungspunkt <strong>de</strong>r West-Ost- <strong>und</strong> Nord-Süd-Han<strong>de</strong>lswege eine<br />

beson<strong>de</strong>re wirtschaftliche <strong>und</strong> politische Be<strong>de</strong>utung besessen haben muß.<br />

Reichtum <strong>und</strong> Macht <strong>de</strong>r Fürsten vom Magdalenenberg waren jedoch vor allem<br />

bedingt durch die Ausbeutung <strong>de</strong>r reichen Eisenerzvorkommen im Bregtal <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Vermarktung über <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lsplatz Laubenhausen, das als frühhallstattzeitliche<br />

Siedlung erstaunliche Ausmaße erreichte, mit Besfestigungsanlagen von min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens<br />

4110 m Länge geschützt war, die eine Fläche von ca. 70 bis 100 ha. umschlossen. Als<br />

zusättzlicher Schutz diente das stark befestigte Krumpenschloß.<br />

Das dichtbesie<strong>de</strong>lte Gebiet <strong><strong>de</strong>s</strong> Keltenstammes <strong>de</strong>r Fürsten vom Magdalenenberg<br />

war in jener Zeit sicherlich eines <strong>de</strong>r wirtschaftlichen <strong>und</strong> politischen Zentren<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> keltischen Siedlungsraumes, sodaß es nicht verw<strong>und</strong>ern kann, wenn die K<strong>und</strong>e<br />

darüber auch die antike Welt erreichte. H erodot z.B. berichtete, daß die Donau<br />

bei <strong>de</strong>n Kelten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r " Stadt" Pyrene entspringe (SPINDLER 1983).<br />

Großes Kopfzerbrechen bereitete <strong>de</strong>n Historikern bisher die Nennung <strong>de</strong>r Stadt<br />

Pyrene, <strong>für</strong> die man keinen Anhalt <strong>und</strong> keine Erklärung fand <strong>und</strong> eher geneigt war,<br />

es als Verwechselung mit <strong>de</strong>n Pyrenäen zu erklären.<br />

Heute besteht kein Zweifel darüber, daß das keltische OppiduID bei Zarten im<br />

Breisgau <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>m alexandrinischen Gelehrten Ptolemaios genannten<br />

Tarodunum entspricht. Sollte nun Laubenhausen das gesuchte Pyrene sein?<br />

Es ergeben sich Fragen über Fragen <strong>und</strong> ich hoffe, daß die vorliegen<strong>de</strong>n Untersuchungen<br />

einen Beitrag zur Erklärung von Laubenhausen <strong>und</strong> seiner Umgebung<br />

leisten <strong>und</strong> einige Fragen beantworten konnten. Ich hoffe aber beson<strong>de</strong>rs, das<br />

dadurch auch die Archäologie angeregt wird, hier Untersuchungen durchzuführen.<br />

Die weitläufigen Befestigungen, das ausge<strong>de</strong>hnte Grabhügelfeld, die einbezogenen<br />

alten Wege, <strong>de</strong>r Eisenerzbergbau, dies alles gesichert <strong>und</strong> geschützt durch das<br />

mächtige Krumpenschloß <strong>und</strong> angeb<strong>und</strong>en an <strong>de</strong>n keltischen Fernhan<strong>de</strong>lsweg<br />

versprechen Ergebnisse, wie sie in einem solchen Zusammenhang wohl selten<br />

geboten wer<strong>de</strong>n.<br />

Diese Untersuchungen sollten aber auch Anregung sein, die noch vorhan<strong>de</strong>nen<br />

kärglichen Reste von Laubenhausen zu schützen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Nachwelt zu bewahren.<br />

Anhang<br />

Alte Befestigungen an <strong>de</strong>r Breg <strong>und</strong> oberen Donau<br />

Von S. RI EZLER <strong>und</strong> F.L. BAUMANN<br />

Band 3 <strong>de</strong>r Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar, Donaueschingen 1880<br />

(Alte Befestigungen an <strong>de</strong>r Breg <strong>und</strong> oberen Donau.)<br />

Noch auf <strong>de</strong>m jüngsten Anthropologencongreß in Straßburg wur<strong>de</strong> die Ansicht ausgesprochen daß im<br />

Schwarzwal<strong>de</strong> alte, d.h. vorrömische Befestigungen nicht bekannt seien. (S. AUSLAND, 1879, S. 805.) Es<br />

fragt sich, ob dieser Satz gegenüber <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Mittheilungen nicht einer Einschränkung bedarf.<br />

Zwischen <strong>de</strong>m Bregthal <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Krumpenbachtobel, gegenüber <strong>de</strong>m Hofe <strong>und</strong> Gasthause zum<br />

Fischer, erhebt sich aus <strong>de</strong>r Thalsohle von 2490' steil ansteigend <strong>de</strong>r sogenannte " Scb.loßberg" bis zur<br />

Höhe von 3219'. Dort verzeichnet Blatt 36 <strong>de</strong>r topographischen Karte <strong><strong>de</strong>s</strong> Großherzogthums Ba<strong>de</strong>n (v.<br />

1845; in <strong>de</strong>r neuen Auflage ist dieses Blatt noch nicht erschienen) in einer Höhe von 2939' ein gleich<br />

einer Ruine eingetragenes "Alt<strong>für</strong>stenberg" . Man darf sich aber durch di esen Namen <strong>und</strong> di e<br />

Bezeichnung " Schloßberg" nicht bestimmen lassen, hier eine mittelalterliche Burg zu suchen. Eine Burg<br />

" Alt<strong>für</strong>stenberg wird in <strong>de</strong>n Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Akten nie erwähnt <strong>und</strong> hat nie bestan<strong>de</strong>n; vielmehr hieß die<br />

Befestigung auf <strong>de</strong>m Schloß berge im M<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Umwohner früher woh.1 nur "das alte Schloß" <strong>und</strong><br />

hier<strong>für</strong> mag, da di e Burg " Neu<strong>für</strong>stenberg bei Hammereisenbach nur eine halbe St<strong>und</strong>e entfernt liegt, im<br />

Gegensatz zu dieser von <strong>de</strong>m einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Waldhüter o<strong>de</strong>r Bauern wohl auch die Bezeichnung<br />

" Alt<strong>für</strong>stenberg" gebraucht wor<strong>de</strong>n sein . Heutzutage lebt dieselbe nicht im M<strong>und</strong>e <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes. Im<br />

Donaueschinger Archive fin<strong>de</strong>t sich nun <strong>de</strong>r Bericht über einen Besuch, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r <strong>für</strong>stliche Archivar<br />

DÖPSER im Jahre 1782 dieser Stelle abstattete. Döpser fand auf <strong>de</strong>m damals wie heute mit dichtem<br />

73


74<br />

Na<strong>de</strong>lwal<strong>de</strong> überwachsenen Berge keine Spur von Mauern, " hingegen in einem zirkelförmigen Bezirk<br />

von 700 - 800 Schritten ein Bollwerk, das aus einer ungeheuren Menge aufeinan<strong>de</strong>r gethürmter Steine<br />

besteht." Er spricht die Vermuthung aus, daß dieses Bollwerk in Kriegsunruhen von Bewohnern <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> aus <strong>de</strong>n Ruinen <strong><strong>de</strong>s</strong> Schlosses Alt<strong>für</strong>stenberg, theils zur Sicherheit ihrer geflüchteten<br />

Habe, theils zur Abwehr <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> ausgeführt ward. Aber diese Annahme scheint uns nicht begrün<strong>de</strong>t,<br />

da, wie gesagt, eine Burg Altfü rstenberg hier nie bestan<strong>de</strong>n hat. lJie ältere Burg Fürsten berg, im<br />

Gegensatz zu welcher die im 14. Jah rh <strong>und</strong>ert bei Hammereisenbach wohl vornehmlich zur Deckung <strong>de</strong>r<br />

Straße durch die Urach angelegte Burg " Neufü rstenberg" genannt wur<strong>de</strong>, ist keine an<strong>de</strong>re, als die<br />

be kannte Stamm burg <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>für</strong>stl ichen Hauses auf <strong>de</strong>m Fürstenberg.<br />

E ine ähnliche, aber nicht r<strong>und</strong>e Befestigung fi n<strong>de</strong>t sich, in <strong>de</strong>r Luftlinie nur etwa eine Viertelst<strong>und</strong>e<br />

entfern t, in ungefähr gleicher Höhe, 2900 - 3100' südöstlich vom WiJdtobel, im Donaueschinger<br />

Oberholz, ebenfa lls auf <strong>de</strong>r Südseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Bregthals. Unser <strong>Vereins</strong>mitglied, Herr Oberförster J(jßling,<br />

hatte die Güte uns mit <strong>de</strong>rselben bekannt zu machen. Wir fa n<strong>de</strong>n im Na<strong>de</strong>lhochwald, <strong>de</strong>r schon am 17.<br />

Oktober voll Schnee lag, einen Steinwall aus regellos ohne Bin<strong>de</strong>mittel übereinan<strong>de</strong>r gehäuften,<br />

un behauenen Sandsteinen, wie sie auf <strong>de</strong>r Höhe über <strong>de</strong>m Bregthal brechen, theilweise mit mehr o<strong>de</strong>r<br />

mi n<strong>de</strong>r hoher Humusschicht be<strong>de</strong>ckt, theilweise bloßliegend. Die kenntlichen Reste ziehen sich anfangs<br />

in ziemlich gera<strong>de</strong>r Linie, hie <strong>und</strong> da mit Vorsprüngen, von Südost nach Nordwest <strong>und</strong> gehen in <strong>de</strong>r<br />

Gegend <strong><strong>de</strong>s</strong> Laubenhauserbrunnens in eine nach einwärts gekriimmte Richtung über. Das Ganze ist<br />

ungefahr 1200 Meter weit zu verfolgen. Ungefähr die ersten 500 Meter weit ist <strong>de</strong>r Steinwall doppelt, die<br />

innere Parallelle etwas höher als die äußere <strong>und</strong> 7 - 8 m von dieser entfernt. Die durchschnittliche Höhe<br />

d!!s Walles wi rd sich erst nach einer Ausgrabung, zu welcher heuer die Jahreszeit schon zu weit vorgerückt<br />

wa r, bestimmen lassen.<br />

Nun erinnern sich wohl alte Leute, daß die Donaueschinger vor Zeiten im Sommer ihr Vieh zur<br />

Wei<strong>de</strong> in diesen Gemein<strong>de</strong>wald trieben <strong>und</strong> aus Aufzeichnungen <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>für</strong>stlichen Archivs erfahren wir,<br />

daß dieß, um das Vieh vor <strong>de</strong>n einrücken<strong>de</strong>n Franzosen zu bergen, auch in <strong>de</strong>n Kriegsjahren am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts geschah. Man könnte also fragen, ob hier nicht etwa nur eine Mauer gestan<strong>de</strong>n sei,<br />

die das Vieh zusammenhalten o<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>m Absturz an <strong>de</strong>r steilen Berghal<strong>de</strong> bewahren sollte. Aber<br />

wozu dann <strong>de</strong>r doppelte Wall? Und wü r<strong>de</strong> man zu solchem Zwecke, <strong>de</strong> r sich auch durch eine min<strong>de</strong>r<br />

anstregen<strong>de</strong> A rbeit erreichen ließ, wohl so ungeheure Stein massen aufgehäuft haben? Aelter als 200<br />

Jahre ist <strong>de</strong>r Steinwall je<strong>de</strong>nfalls, da wir an einer Stelle einen uralten Sta mm in <strong>de</strong>r über <strong>de</strong>n Steinen<br />

angeflogenen Er<strong>de</strong> wu rzeln sahen.<br />

Wir möchten annehmen, daß wie auf <strong>de</strong>m "Schloßberg", so auch hier alte Befestigungen stan<strong>de</strong>n.<br />

Auffallend bleibt bei dieser Deutung fre ilich vor allem <strong>de</strong>r Umstand, daß <strong>de</strong>r Steinwall nicht unmittelbar<br />

über <strong>de</strong>r steil in <strong>de</strong>n Wildtobel <strong>und</strong> ins Bregthal abfa Uen<strong>de</strong>n Hal<strong>de</strong> angelegt wur<strong>de</strong>, wo er gegen einen<br />

anstürmen<strong>de</strong>n Feind <strong>de</strong>n besten Schutz gewährt hätte, son<strong>de</strong>rn einige h<strong>und</strong>ert Schritte weiter südlich, wo<br />

die Hochebene nur mehr sehr mäßig ansteigt. Sollte etwa weiter außen an <strong>de</strong>r Berghal<strong>de</strong> <strong>de</strong>reinst ein<br />

weiterer Stein wall sich hingezogen haben, <strong>de</strong>r im Laufe <strong>de</strong>r Zeit in das Thal abgestürtzt ist? Fern er ist<br />

merkwürdig, daß die Befestigung auf bei<strong>de</strong> n Sei ten an Stellen, wo kein natürliches Terrainhin<strong>de</strong>rniß als<br />

Ersatz ein tritt, plötzlich abbricht. Daß die Steine von dort zu an<strong>de</strong>ren Zwecken entfernt wur<strong>de</strong>n, ist auf<br />

dieser Waldhöhe kaum anzunehmen. Darf man etwa hieraus sowie aus <strong>de</strong>r theilweisen Verdoppelung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Walls <strong>de</strong>n Schluß ziehen, daß die Verschanzung nicht vollen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, daß <strong>de</strong>r Einbruch <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

erfolgte, während man noch an <strong>de</strong>r Arbeit war?<br />

Man sieht: mehr als ein Punkt bleibt hier räthselhaft. Zur Aufhellung trägt nichts bei, daß an dieser<br />

Oertlichkeit <strong>de</strong>r Name Laubenhausen haftet, <strong>de</strong>r sich beson<strong>de</strong>rs im Laubenhauserbrunnen, einen immer<br />

gleich stark unmittelbar außerhalb <strong>de</strong>r Befestigung hervorspru<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Quell, erhalten hat. Der Name<br />

<strong>de</strong>utet auf eine abgegangene Nie<strong>de</strong>rlassung, aber bis jetzt haben sich keine <strong>de</strong>utlichen Spuren gef<strong>und</strong>en,<br />

daß auf dieser, soweit die E rinnerung zurückreicht, immer dichtbewal<strong>de</strong>ten Höhe je eine solche<br />

gestan<strong>de</strong>n sei . Vielleicht liegt <strong>de</strong>m Namen ebenso wie <strong>de</strong>m " Schloßberg" nur eine irrige Deutung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

alten Steinwalles durch das Volk zu Gr<strong>und</strong>e. Nach Döpser ist die <strong>Geschichte</strong> von Laubenhausen, "einer<br />

ehemalig berühmt gewesen sein sollen<strong>de</strong>n großen Han<strong>de</strong>lsstadt"(!) laut Tradition auf <strong>de</strong>m Schwarzwal<strong>de</strong><br />

fo lgen<strong>de</strong>. " Ihre Lage war zwischen Mistelbrunn <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Krumpenhof von Morgen gegen Abend" (man<br />

beachte die Uebereinstimmung mit Lage <strong>und</strong> Richtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Steinwalles); "ihr Umfang soll sich auf eine<br />

St<strong>und</strong>e Wegs erstreckt haben <strong>und</strong> ihr Dasein fällt in die Zeiten <strong><strong>de</strong>s</strong> Hei<strong>de</strong>nthums. Wer sie zerstört, hat die<br />

Sage nicht auf uns gebracht, nur soll erst nach ihrem Ruin Villingen erbaut wor<strong>de</strong>n sein ." Diese Sage wird<br />

in <strong>de</strong>r Literatur mehrfach erwähnt (u. a. bei Schnetzier, bad. Sagenbuch 1. 454 - 457) <strong>und</strong> lebt noch heute<br />

im M<strong>und</strong>e <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes. Der uns begleiten<strong>de</strong> Waldhüter von Hubertshofen ergänzte sie dahin, daß auch an<br />

<strong>de</strong>r Stelle <strong><strong>de</strong>s</strong> heutigen Mistelbrunn, ungefähr 3/4 St<strong>und</strong>en vo n Laubenhausen entfernt, eine Stadt,<br />

Namens Holzhausen, gestan<strong>de</strong>n sei. Wie beim Laubenhauser Steinwalle, so hat man auch bei <strong>de</strong>n<br />

vorgeschichtlichen Ringwällen im Rheinlan<strong>de</strong> beobachtet, daß sich oft in <strong>de</strong>ren Innerem o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>ren<br />

Nähe eine Quelle befin<strong>de</strong>t (s. <strong>de</strong>n Bericht über einen Vortrag von Schaaffhausen in <strong>de</strong>r Kölnischen<br />

Zeitung v. 1. Januar 1880,2. Blatt).<br />

Verfolgen wir die Breg <strong>und</strong> dann die junge Donau weiter nach Osten, treten wir aus <strong>de</strong>m<br />

Schwarzwal<strong>de</strong> in das Juragebiet über, so stoßen wir zunächst wie<strong>de</strong>r bei Geisingen auf eine noch heute<br />

kenntliche alte Befestigung. Auf <strong>de</strong>m Höhepunkte nördlich dieser Stadt ist auf <strong>de</strong>r topographischen<br />

Karte, Blatt 44, eine "Ehren burg" verzeichnet. Auch eine Burg dieses Namens erscheint nie in<br />

Urk<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Name ist wohl aus einem mißverstan<strong>de</strong>nen dialektischen "erre Burg", d.h. alte,<br />

einstige Burg, entstan<strong>de</strong>n. Mauern sind an <strong>de</strong>r bezeichneten Stelle nicht sichtbar, son<strong>de</strong>rn nur Erdwälle<br />

<strong>und</strong> Gräben. Aehnliche alte Erdwerke fin<strong>de</strong>n sich an vier Stellen in <strong>de</strong>r Nähe: auf <strong>de</strong>r sogenannten


Hei<strong>de</strong>nburg bei Bachzimmern, wo auch nie eine eigentliche Burg gestan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Name " Hei<strong>de</strong>nburg"<br />

wohl eben diesen Befestigungen ertheilt wur<strong>de</strong>; ferner bei <strong>de</strong>m ehemaligen Kloster Amtenhausen;<br />

zwischen <strong>de</strong>m Thalhof <strong>und</strong> Ippingen; <strong>und</strong> zwischen <strong>de</strong>m Thalhof <strong>und</strong> Geisingen. Alle diese Erdwerke<br />

sind nach Mütheilung <strong><strong>de</strong>s</strong> f. Forstverwalters Gresser in Bachzimmern einan<strong>de</strong>r gleich: sie erheben sich<br />

auf steilabfallen<strong>de</strong>n Bergvorsprüngen, wo man nur auf <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m Bergrücken zusammenhängen<strong>de</strong>n<br />

Seite einer künstlichen Befestigung bedurfte <strong>und</strong> diese besteht bei allen aus einem Doppelwall <strong>und</strong><br />

Doppelgraben. Was aber die Namen Ehren burg <strong>und</strong> Hei<strong>de</strong>nburg betrifft, so ist daran zu erinnern, daß die<br />

urspründliche Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>s</strong> alt<strong>de</strong>utschen "Burg" nur " umschlossener, befestigter Ort" war. Der Name<br />

Burg haftet daher auch sonst wohl an Stellen, wo nie eine Burg im jetzigen Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> Wortes gestan<strong>de</strong>n ist.<br />

Bei Birchweil in <strong>de</strong>r Schweiz (s. Keller, XVI, 86) treffen wir <strong>für</strong> zwei alte Erdwerke auch die Namen<br />

"Hei<strong>de</strong>nburg" wie<strong>de</strong>r. Diese Namen können jedoch nicht, wie Keller meint, schon von <strong>de</strong>n ersten<br />

<strong>de</strong>utschen Einwan<strong>de</strong>rern ertheilt wor<strong>de</strong>n sein, da ja diese selbst Hei<strong>de</strong>n waren, son<strong>de</strong>rn stammen<br />

je<strong>de</strong>nfalls erst aus <strong>de</strong>r christlichen Zeit.<br />

Die ganze Anlage sowohl dieser fünf Erdwerke im Juragebiet, welche sich, wie es scheint im<br />

Wirtembergischen fortsetzen (s. Beschreibung <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberamtes Tu tilingen , S. 228 flgd.), als <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Steinrings <strong>und</strong> Steinwalls im Schwarzwal<strong>de</strong> schließt ihren römischen Ursprung aus. Einzelne<br />

Forscher (so Walther, die Alterthümer <strong>de</strong>r heidnischen Vorzeit außerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Großherzogthums<br />

Hessen, S 29 - 33) haben ähnliche Befestigungen <strong>für</strong> die Germanen beansprucht. Ueberwiegend<br />

aber <strong>und</strong>, wie uns scheint, besser begrün<strong>de</strong>t ist die Annahme, daß <strong>de</strong>rartige Werke von <strong>de</strong>n Kelten<br />

rühren. So hat insbeson<strong>de</strong>re Ferdinant Keller die von ihm genau beschriebenen Bergfesten an <strong>de</strong>n Ufern<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Rheins unterhalb Schaffhausen <strong>und</strong> an an<strong>de</strong>ren Orten <strong>de</strong>r Schweiz <strong>de</strong>n Kelten zugesprochen <strong>und</strong><br />

dabei wohl mit Recht an Cäsars Schil<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r keltischen Befestigungen in Gallien <strong>und</strong> Britannien<br />

erinnert (Mittheilungen <strong>de</strong>r Antiquar. Gesellschaft in Zürich, VII, 175 flgd ., XVI, 53). Oppida,<br />

Festungen - sagt Cäsar <strong>de</strong> bello Gall. V., 21 von Britannien - sind in diesem Lan<strong>de</strong> nichts an<strong>de</strong>res als<br />

schwer zugängliche Wäl<strong>de</strong>r, mit Wall <strong>und</strong> Graben verschanzt, <strong>de</strong>r gewöhnliche Zufluchtsort vor <strong>de</strong>m<br />

ersten Sturm <strong><strong>de</strong>s</strong> einbrechen<strong>de</strong>n Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>. In solche Festungen warf sich in GaHien <strong>und</strong> Britannien, wenn<br />

ein feindlicher Angriff drohte, die ganze Bevölkerung <strong>de</strong>r Gegend mit ihrer fahren<strong>de</strong>n Habe, unter<br />

Preisgebung ihrer Wohnungen, so lange, bis die Gefahr vorüber war. Die Kelten auf <strong>de</strong>utschem Bo<strong>de</strong>n<br />

dürften nicht an<strong>de</strong>rs gehan<strong>de</strong>lt haben. Es ist bemerkenswerth, daß in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Laubenhauser<br />

Befestigung, im Ackerfel<strong>de</strong> bei Mistelbrunn, 1846 ein Erzbeil gef<strong>und</strong>en wur<strong>de</strong> (s. Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Alterthums- <strong>und</strong> Geschichtsvereine zu Ba<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Donaueschingen, ll, 187), das darauf hin<strong>de</strong>utet, daß<br />

auch diese rauhe Hochebene an <strong>de</strong>r Breg schon von <strong>de</strong>n Kelten besie<strong>de</strong>lt war.<br />

Vielleicht bietet sich unserem Verein <strong>de</strong>mnächst Gelegenheit, an <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>r<br />

bezeichneten Stellen Ausgrabungen <strong>und</strong> genauere Messungen zu veranstalten. Diese Vorläufige<br />

Mittheilung will mehr das Interesse <strong>für</strong> weitere Nachforschungen anspornen als abschüeßne<strong>de</strong> Urtheile<br />

aussprechen. Das eine aber kann mit Bestimmtheit gesagt wer<strong>de</strong>n, daß mittelalterliche Burgen auf<br />

keinem <strong>de</strong>r bezeichneten Punkte stan<strong>de</strong>n.<br />

Riezler <strong>und</strong> Baumann<br />

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Worring, H-J.: Das Fürstenbergische Eisenwerk Hammerei enbach, Allensbach 1954.


Quantitative Brutvogelerfassung im<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis 1987<br />

von H. Gehring<br />

Einleitung<br />

In <strong>de</strong>r Brutsaison 1987 wur<strong>de</strong> im Rahmen eines lan<strong><strong>de</strong>s</strong>weiten Kartierungsprojektes<br />

versucht, alle Brutvögel Ba<strong>de</strong>n-Württembergs quantitativ zu erfassen.<br />

Dazu wur<strong>de</strong>n 10 x 10km Rasterquadrate <strong><strong>de</strong>s</strong> UTM Netzes Mitarbeitern <strong>und</strong> Mitarbeitergruppen<br />

zur Bearbeitung zugeteilt. (Karte 1 <strong>und</strong> 2 zeigen die UTM<br />

Netzeinteilung <strong>für</strong> Ba<strong>de</strong>n-Württemberg <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Schwarzwald-Baar-Kreis.) Die<br />

Gesamtorganisation stand unter <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>r Avifauna Ba<strong>de</strong>n-Wfuttemberg<br />

<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Deutschen Bun<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>für</strong> Vogelschutz (OBV), Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>verband Ba<strong>de</strong>n­<br />

Württemberg. Das Land Ba<strong>de</strong>n-Württemberg unterstützte das Projekt finanziell.<br />

Dank <strong>de</strong>r Mitarbeit von 10 Feldornithologen <strong>de</strong>r Kreisgruppe Schwarzwald­<br />

Baar <strong><strong>de</strong>s</strong> DBV konnte <strong>de</strong>r Schwarzwald-Baar-Kreis flächen<strong>de</strong>ckend bearbeitet<br />

wer<strong>de</strong>n. Der geleistete Arbeitsaufwand liegt bei ca. 500 Arbeitsst<strong>und</strong>en.<br />

Mitarbeiter<br />

St. Ebert<br />

H. Gehring<br />

U. Schaumann<br />

J. Unger<br />

eh. Wegener<br />

H. Kaiser<br />

K.H. Leyhe<br />

H. Schonhardt<br />

B. Scherer<br />

F. Zinke<br />

Bearbeitetes Quadrat:<br />

Blumberg<br />

Dona ueschingen<br />

Donaueschingen<br />

Donaueschingen<br />

Donaueschingen<br />

Wol terdi ngen<br />

Geisingen<br />

St. Georgen, Furtwangen, Triberg<br />

St. Georgen, Furtwangen, Triberg<br />

Eisenbach, Hüfingen, Löffingen, Schwenningen,<br />

Villingen, Zimmern<br />

Die langjährige ornithologische Erfahrung <strong>und</strong> die Fachkenntnisse von<br />

H. Kaiser <strong>und</strong> F. Zinke erlauben teilweise Vergleiche mit früheren Erfassungen<br />

<strong>und</strong> eine Wertung <strong>de</strong>r aktuellen Erfassungsergebnisse.<br />

Die vorliegen<strong>de</strong> Dokumentation ist nur durch das Engagement <strong>de</strong>r Mitarbeiter<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> überbetrieblichen Ausbildungszentrums <strong>de</strong>r Firma WINKLER möglich gewesen.<br />

Metho<strong>de</strong><br />

Zur quantitativen Erfassung <strong>de</strong>r Brutvögel eines vorgegebenen Rasterquadrates<br />

wur<strong>de</strong>n zunächst die vorkommen<strong>de</strong>n Biotoptypen (z.B. Na<strong>de</strong>lwald,<br />

Laubwald, Fel<strong>de</strong>r, Wiesen, Streuobstwiesen, Ried, Gewässer, Ortschaften) kartiert<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Flächengrößen bestimmt. Für 5 - 10 % <strong>de</strong>r Fläche je<strong><strong>de</strong>s</strong> Biotoptyps<br />

wur<strong>de</strong>n dann mittels <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Linientaxierung die Revierzahlen <strong>de</strong>r Brutvögel<br />

erfaßt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gesamtbestand durch Hochrechnung auf 100 % Biotopfläche<br />

ermittelt.<br />

77


Bei <strong>de</strong>r Linientaxierung zählt man alle singen<strong>de</strong>n Männchen o<strong>de</strong>r sonst revierverdächtige<br />

Vögel entlang einer festgelegten Wegstrecke im Abstand bis zu SOm<br />

(bzw. 100m) links <strong>und</strong> rechts <strong><strong>de</strong>s</strong> Weges. Man erhält so rue Revierzahlen <strong>de</strong>r Brutvögel<br />

auf einer leicht zu berechnen<strong>de</strong>n Fläche, weIche eine Hochrechnung auf die<br />

Gesamtfläche erlaubten.<br />

Beispiel:<br />

Ermittlung <strong><strong>de</strong>s</strong> Brutbestan<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>r Feldlerche im Rasterquadrat Bad Dürrheim:<br />

Brutbiotop <strong>de</strong>r Feldlerche: Freie Wiesen- <strong>und</strong> Ackerlandschaft<br />

Gesamtfläche <strong><strong>de</strong>s</strong> Biotoptyps im Quadrat: 73qkm<br />

Zählergebnis: Auf SKontrollgängen mjt <strong>de</strong>r Gesamtlänge von 16,4km wur<strong>de</strong>n<br />

im Bereich von 100 m, links <strong>und</strong> rechts <strong><strong>de</strong>s</strong> Weges 126 Reviere festgestellt.<br />

Erfaßte Fläche: 16,4km x 0,2km = 3,28qkm<br />

Auswertung: Revierzahl auf 3,28qkm = 126<br />

Revierzahl auf 73qkm = 126 x 73 km<br />

3,28qkm<br />

= 2800<br />

Ergebnis: Bestandsgröße <strong>de</strong>r Feldlerche im Rasterquadrat: bis 3000 Reviere<br />

Die Bestandserfassung durch Linientaxierung führt nur zu einer groben Angabe<br />

über rue Bestän<strong>de</strong> von Brutvögeln. Die Abweichungen vom realen Wert dürften<br />

bei + /- 30 % liegen. Dennoch ist sie ein bewährtes Verfahren zur Abschätzung<br />

von Brutvogelbestandsgrößen. Eine genaue Beschreibung <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong> enthält:<br />

Die Vögel <strong><strong>de</strong>s</strong> Bo<strong>de</strong>nseegebietes, Ornithologische Arbeitsgemeinschaft (1983).<br />

Seltenere Vogelarten « 30 Reviere) wur<strong>de</strong>n meistens durch direkte Erfassung einzeln<br />

gezählt. Die Bestandsgrößen wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel in folgen<strong>de</strong>n Größenklassen<br />

angegeben: bis 3, bis 10, bis 30, bis 100, bis 300, bis 1000, bis 3000, bis 10000<br />

Für beson<strong>de</strong>rs genau erfaßte Arten sind die ermittelten Revierzahlen <strong>und</strong> nicht<br />

die Größenklassen dargestellt. Diese Arten sind in <strong>de</strong>n Verbreitungskarten durch *<br />

gekennzeichnet. Zu einzelnen Arten wur<strong>de</strong>n fachk<strong>und</strong>ige Außenstehen<strong>de</strong> befragt.<br />

Den Zahlenangaben liegen meist Reviererfassungen <strong>und</strong> keine Brutnachweise<br />

zugr<strong>und</strong>e. Die Angaben zu <strong>de</strong>n Gesamtbestän<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Liste <strong>de</strong>r Brutvögel <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Schwarwald-Baar-Kreises sind sehr kritisch abgeschätzt <strong>und</strong> entsprechen wohl <strong>de</strong>n<br />

Bestandsuntergrenzen.<br />

Ziele<br />

Hauptziel <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Brutvogelerfassung ist es, die aktuellen Bestandsgrößen<br />

aller Brutvogelarten unserer Heimat zu analysieren <strong>und</strong> zu dokumentieren.<br />

Die Ergebnisse bil<strong>de</strong>n eine Vergleichsbasis <strong>für</strong> spätere Untersuchungen. Künftig<br />

auftreten<strong>de</strong> Bestandsverän<strong>de</strong>rungen können somit nachgewiesen <strong>und</strong> eventuell<br />

begrün<strong>de</strong>te Maßnahmen zur Erhaltung <strong>de</strong>r natürlichen Artenvielfalt gefor<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Da die Brutvogelerfassung Bestandteil eines lan<strong><strong>de</strong>s</strong>weiten Projektes ist, erlaubt<br />

sie auch Vergleiche mit an<strong>de</strong>ren Gebieten <strong>und</strong> eine relative Bewertung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

ökologischen Zustan<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwarzwald-Baar-Kreises.<br />

Eine Dokumentation <strong>de</strong>r Ergebnisse soll <strong>de</strong>n Entscheidungsträgem über<br />

Eingriffe in die Natur (Politiker, Behör<strong>de</strong>n) vorgelegt wer<strong>de</strong>n mit einem Appell<br />

an ihre Verantwortung, <strong>de</strong>n noch vorhan<strong>de</strong>nen Artenreichtum <strong>für</strong> künftige<br />

Generationen zu bewahren.<br />

79


SCHWARZWALD<br />

BAAR-KREIS<br />

Zahl <strong>de</strong>r Brutvogelarten<br />

pro<br />

Rasterq uadrat<br />

Karte 3<br />

6 7<br />

3<br />

2<br />

o<br />

9<br />

Anzahl<br />

SCHWARZWALD<br />

BAAR-KREI S<br />

"Rote Liste"- Arten<br />

pro Rasterqupdrat<br />

Karte 4<br />

6 7<br />

3<br />

2<br />

9<br />

00<br />

N


88<br />

Bestandsentwic k lungen frUher bereits erfasster<br />

Vogelarten:<br />

Art Geb i et damals<br />

-<br />

Bestand<br />

Auerhuhn Villinger Stadtwald 50 männl.(1979)<br />

Baullfalke Riedbaar 8 (1976)<br />

Bekassine Riedbaar 12 (1980)<br />

Teichhuhn Riedbaar 70 (1976)<br />

Wasserralle Riedbaar . 30 (1976)<br />

We i ßs torch S-B-Kreis 13 (1920)<br />

Zwerg taucher Riedbaar 16 (1976)<br />

Graureiher S-B-Kreis 5 (1976)<br />

Wan<strong>de</strong>rfa lke S - B- Kreis 1 (1970)<br />

Tabelle 5<br />

1987<br />

13 männl.<br />

4<br />

4<br />

18<br />

7<br />

1<br />

5<br />

50<br />

3


90<br />

Wachtel: 11<br />

Klengen-Ankenbuck. 10.05.87<br />

Zeit: 8 . 00 - 10.00 Uhr Weglänge: 3.8 k.<br />

Fe 1 d lerche: J.Ht mt 11ft Wt Utt J.m Wt 1<br />

Wiesenpieper:<br />

Bachatelze : 1<br />

Klappergras.Ucke: 111<br />

DorngrasIDUcke : Ufi 1<br />

Elster : 11<br />

Rabenkrähe: 11<br />

feldsperling:II<br />

Buch.fink : 11<br />

GrUnfink: "<br />

( J. Unaer )


Feldlerche :W' WUHt lHt"<br />

Golda.lller: /l<br />

Rabenkrähe: I<br />

Hirschhal<strong>de</strong> (Bad Dürrheim ) , 27.04.87<br />

Zeit: 6.20 - 7 . 20 Weg länge: 1.7 km<br />

( H. Gehring )<br />

91


96<br />

FICHTENKREUZSCltNA8EL<br />

HTIS<br />

Fl.USS llEGENPFEIFER* -l---f"'-"""--!- GARTENBAUMLÄUFER


98<br />

GRUNANK o<strong>de</strong>! GRÜNLI NG GRUNSI'EOIT


HABIOIT *<br />

IIANFlING<br />

HAUBENMEISE<br />

.HALSH ANDSCHNÄPPER ..<br />

HASELHUHN "*<br />

HAUBENTA UCHER'" -!-f-'""'--1f-<br />

99


102<br />

KRICKENTE<br />

*


103


104


106<br />

SC!-IWARZKEHLCHEN *<br />

so IWAR7..MII..AN


T EICHHUH" l EICllROl l RSA NGER *<br />

107


108<br />

STOCKENTE<br />

\\ ANI)[RI AI.KI; *<br />

SU MPFRO f"IRSÄNGER<br />

WALOBAUMLAUFER


TRAUl:RSCH!'oIAPPER*<br />

WASSERAMSEL *<br />

TURKLNTAUBE<br />

WASSERRAlUf<br />

109


WIESENPIEPER<br />

Wlt--ITERGOLDllÄllNClIGN<br />

111


112<br />

ZILPZALP Z.WE.RG fAUCI1ER *


Zur alamannischen Besiedlung von Donaueschingen<br />

von Susanne Buchta-Hohm<br />

113<br />

Die Auswertung <strong><strong>de</strong>s</strong> merowingerzeitlichen F<strong>und</strong>materials von Donaueschingen<br />

war Thema einer Dissertation I), die Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres 1988 abgeschlossen<br />

wur<strong>de</strong>. Im Zuge dieser Arbeit konnte Herr Dr. O. RÖHRER-ERTL, wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter <strong>de</strong>r Anthropologischen Staatssammlung in München, gewonnen<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r fre<strong>und</strong>licherweise die Untersuchung <strong><strong>de</strong>s</strong> Skelettmaterials aus <strong>de</strong>m<br />

Gräberfeld "Am Tate/kreuz" übernahm. Seine Untersuchungsergebnisse wer<strong>de</strong>n<br />

im nachfolgen<strong>de</strong>n Beitrag dieses Ban<strong><strong>de</strong>s</strong> ausführlich dargestellt. 2)<br />

Abb. J Lage <strong>de</strong>r F<strong>und</strong>orte im Stadtbild Donaueschingens. 1 = Gräberfeld am Tafelkreuz, 2 = Gräberfeld<br />

an <strong>de</strong>r SI. Sebastianskapelle; Kartengr<strong>und</strong>lage: Topographische Karte J : 25000, Ausschnitt aus<br />

Blatt 8016, hrsg. vom Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>verme sungsamt Ba<strong>de</strong>n-Württemberg.<br />

Nach Auswertung <strong>de</strong>r alamannischen F<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e muß davon ausgegangen<br />

wer<strong>de</strong>n, daß während <strong>de</strong>r merowingerzeitlichen Epoche innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Stadtgebietes von Donaueschingen zwei Gräberfel<strong>de</strong>r bestan<strong>de</strong>n, die offensichtlich<br />

zu zwei verschie<strong>de</strong>nen Siedlungen gehörten. Es han<strong>de</strong>lt sich um die Gräberfel<strong>de</strong>r<br />

"Am Tate/kreuz" <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>r St. Sebastianskapelle an <strong>de</strong>r Spitalstraße.<br />

Zum besseren Verständnis sei vorab gesagt, daß die Aussagekraft bei<strong>de</strong>r F<strong>und</strong>plätze<br />

eng mit <strong>de</strong>r <strong>Geschichte</strong> ihrer Erforschung verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> daher lei<strong>de</strong>r eingeschränkt<br />

ist, so daß auf die Forschungsgeschichte näher eingegangen wer<strong>de</strong>n muß.<br />

Das Gräberfeld bei <strong>de</strong>r St. Sebastianskapelle<br />

Am Fuße <strong><strong>de</strong>s</strong> Buchberges (700 m NN), an <strong>de</strong>r Stelle, an <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r alte Höhenweg<br />

nach Klengen von <strong>de</strong>r ehemaligen Römerstraße nach Rottweil abzweigte, liegt<br />

die St. Sebastianskapelle. Hier befin<strong>de</strong>t sich das Areal <strong><strong>de</strong>s</strong> älteren Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

von Donaueschingen. Vom heutigen Karlsplatz (685 m NN) ist es etwa 350m


114<br />

Abb. 2 Gräberf<strong>und</strong>e bei <strong>de</strong>r SI. Sebastian kapelle <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Spitalstraße; Kartengr<strong>und</strong>lage: Deutsche<br />

Gr<strong>und</strong>karte I : 5000, Ausschnitt aus Blatl 8015/1 7, hrsg. vom Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>vermessungsamt Ba<strong>de</strong>n­<br />

Würtlemberg.<br />

entfernt. Die Bannkarte 3) von 1793 weist im Gelän<strong>de</strong> östlich <strong>de</strong>r St. Sebastianskapelle<br />

<strong>und</strong> nördlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Karlsbau (heutige F.F. Sammlungen) vier bemerkenswerte<br />

Flurnamen auf: "Auf <strong>de</strong>m oberen Fronhof', " hinter <strong>de</strong>m alten Haus", "auf <strong>de</strong>m<br />

unteren Fronho!, <strong>und</strong> " auf <strong>de</strong>m alten Morgen".<br />

1788 berichtet <strong>de</strong>r Fürstliche Hofkammerrat <strong>und</strong> Archivar Johann P. Merk,<br />

daß bei <strong>de</strong>r Errichtung einer Hütte <strong><strong>de</strong>s</strong> Seifensie<strong>de</strong>rs H<strong>und</strong> an <strong>de</strong>r Kirchhofmauer<br />

<strong>de</strong>r St. SebastianskapeUe fünf Gräber ent<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>n (Abb. 2,1).4) Es han<strong>de</strong>lte<br />

sich dabei um Stein kisten aus Trockenmauerwerk, die mit großen Steinplatten<br />

abge<strong>de</strong>ckt waren. Die Bestattungen wur<strong>de</strong>n West-Ost-ausgerichtet aufgef<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> waren ohne Beigaben beigesetzt wor<strong>de</strong>n.<br />

Beim Aushub <strong>de</strong>r Baugrube <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebäu<strong><strong>de</strong>s</strong> Spitalstraße 1, <strong>de</strong>m sog.<br />

Davied'schen Haus, wur<strong>de</strong>n 1907 acht merowingerzeitliche Gräber aufge<strong>de</strong>ckt<br />

(Abb. 2,2). Sie wur<strong>de</strong>n "millen in <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>" angetroffen 5), d. h. ohne erkennbare<br />

Grabeinbauten. Die F<strong>und</strong>stücke gelangten in die Hän<strong>de</strong> von verschie<strong>de</strong>nen<br />

Besitzern. 6 ) Gymnasialdirektor Luckenbach vermachte später seinen Teil <strong>de</strong>n<br />

F.F. Sammlungen.<br />

Ein weiteres Grab konnte P. REVELLlO 1933 untersuchen, das beim Ausheben<br />

eines Kellers im Anwesen Schulstraße 23 (heute abgebrochen) (Abb. 2,3) zum<br />

Vorschein kam. 7) Die F<strong>und</strong>e: ein Sax, ein Schildbuckel <strong>und</strong> ein Messer lagen<br />

F. GA RSCHA schon in <strong>de</strong>n dreißiger Jahren nicht mehr zur Bearbeitung vor. 8)<br />

Außer<strong>de</strong>m beobachtete P. REVELLIO noch ein Grabprofil an <strong>de</strong>r Einmündung <strong>de</strong>r<br />

Scheffelstraße in die Spitalstraße (Abb. 2,4). 9)<br />

Damit kann die Aus<strong>de</strong>hnung dieses Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> ungefähr wie folgt umrissen<br />

wer<strong>de</strong>n: von <strong>de</strong>r St. Sebastianskapelle weiter nach Osten <strong>de</strong>r Spitalstraße folgend


115<br />

sowie rechts <strong>und</strong> links von dieser. Die Fläche, auf <strong>de</strong>r sich die 15 Gräber verteilen,<br />

gibt P. REVELLIO mit 50 auf 100m an. 10)<br />

Abb. 3 Bügelfibelpaar <strong>und</strong> Rippengefäß von <strong>de</strong>r<br />

F<strong>und</strong>steIle Spitalstraße (Abb. 2,2)<br />

Lei<strong>de</strong>r stehen uns heute nur noch ein<br />

Bügelfibelpaar <strong>und</strong> ein Rippengefäß zur<br />

Beurteilung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> zur Verfügung.<br />

(Abb. 3) Bei <strong>de</strong>n Fibeln<br />

(Gewandspangen) han<strong>de</strong>lt es sich um<br />

<strong>de</strong>n Typ von gleichbreitem Fuß mit<br />

Laternenknöpfen, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Datierung auf<br />

das zweite Viertel <strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jh. eingegrenzt<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Das handgearbeitete Rippengefäß<br />

konnte nur aus relativ wenigen Scherben<br />

rekonstruiert wer<strong>de</strong>n. Gefäße dieser Art<br />

können <strong>de</strong>r Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> 6 Jhs. zugeordnet<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Ein weiteres Bügelfibelpaar<br />

(Abb. 4) könnte ebenfalls zu<br />

diesem Gräberfeld gehört<br />

haben. Es wur<strong>de</strong> 1911 bei <strong>de</strong>r<br />

Anlage eines Weges in <strong>de</strong>m<br />

neuen Friedhof an <strong>de</strong>r Friedhofstraße<br />

gef<strong>und</strong>en. Da dieser<br />

Friedhof bis heute in Benutzung<br />

ist <strong>und</strong> bislang keine<br />

weiteren F<strong>und</strong>e zum Vorschein<br />

kamen, kann angenommen<br />

wer<strong>de</strong>n, daß die<br />

bei <strong>de</strong>n Stücke hierher<br />

verschleppt wur<strong>de</strong>n. Es<br />

han<strong>de</strong>lt sich um Bügelfibeln<br />

mit rechteckiger Kopfplatte<br />

<strong>und</strong> acht Knöpfen, die als Typ<br />

Montale/Weimar m die<br />

Literatur eingegangen sind,<br />

<strong>de</strong>r in die Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jhs.<br />

datiert wird. Abb. 4 Bügelfibelpaar von <strong>de</strong>r F<strong>und</strong>steIle Neuer Friedhof<br />

an <strong>de</strong>r Friedhofstraße M. 1: 1<br />

Diese F<strong>und</strong>stücke zeigen somit, daß hier zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t schon in <strong>de</strong>r ersten Hälfte<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jhs. ein Gräberfeld bestand, das offensichtlich bis in das ausgehen<strong>de</strong> 7. Jh.<br />

belegt wur<strong>de</strong>, worauf die beigabenlosen Bestattungen <strong>de</strong>r Steinkistengräber an <strong>de</strong>r<br />

St. Sebastianskapelle hinweisen.


116<br />

Das Gräberfeld " Am Tafelkreuz"<br />

Abb. 5 Ortsan icht von Donaueschingen, Kr. Schwarzwald-Baar, von Sü<strong>de</strong>n. Ausschnitt au einer<br />

Donaueschinger Handwerksk<strong>und</strong>schaft um 1790 (Kupferstich). Der Pfeil kennzeichnet <strong>de</strong>n F<strong>und</strong>ort<br />

»Am Tafelkreuz«.<br />

Auf <strong>de</strong>m nach Sü<strong>de</strong>n geneigten Hang <strong><strong>de</strong>s</strong> Bucbberges, etwa 30m bangaufwärts<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Ortskerns am heutigen Rathaus (692m NN) <strong>und</strong> etwa 850m von diesem<br />

entfernt liegt das Gräberfeld "Am Tafelkreuz" (120m NN). Der alte Höhenweg<br />

nach Klengen 13), <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r St. SebastianskapeUe von <strong>de</strong>r ehemaligen Römerstraße<br />

nach Rottweil abzweigte, führte an <strong>de</strong>r Ostseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> vorbei.<br />

In <strong>de</strong>m Donaueschinger Urbar von 1584 wird dieses Areal " bei <strong>de</strong>m Hai<strong>de</strong>nkreuz"<br />

genannt; möglicherweise ein Ausdruck <strong>de</strong>r lebendigen Erinnerung an einen<br />

Friedhof aus vorchristlicher Zeit. Doch langsam scheint dieses Wissen zu verblassen.<br />

So fin<strong>de</strong>t man in <strong>de</strong>n Urbaren von 1661-1690zwarnoch <strong>de</strong>n Namen "beim Hai<strong>de</strong>nkreuz"<br />

, aber daneben kommt schon die Bezeichnung "bei <strong>de</strong>r Taften" auf <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Bannkarte bzw. Urbar von 1793 erscheint nur noch "beim Tafelkreuz" 14) .<br />

S. RIEZLER nennt das Gewann "Auf <strong>de</strong>r Tafel" 15) <strong>und</strong> heute heißt die Verbindungsstraße<br />

zwischen Villinger- <strong>und</strong> Alemannenstraße "Am Tafelkreuz".<br />

1870 wur<strong>de</strong>n im westlichen Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> 22 gemauerte <strong>und</strong> mit großen<br />

Platten abge<strong>de</strong>ckte Gräber geöffnet. 16)<br />

Anläßlich eines Manövers von Pionieren wur<strong>de</strong>n 1894 zwei weitere Gräber<br />

aufge<strong>de</strong>ckt. 17) Man fand ein Skelett mit einem Langsax, einigen Eisenbeschlägen<br />

<strong>und</strong> Bronzeplättchen, mit dünnem Silberblech belegt. Später stieß man noch auf<br />

ein offenbar beigabenloses Kin<strong>de</strong>rgrab. ( 8)<br />

Bei Planierungsarbeiten <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Bau eines Offizierskasinos, das heute in <strong>de</strong>rselben<br />

Funktion <strong>de</strong> m französischen Militär dient, kamen im August 1937 erneut<br />

Gräber zutage. In einer dramatischen Rettungsaktion von nur einer Woche legte<br />

P. REVELLIO 19) mit Hilfe <strong>de</strong>r Bauarbeiter auf einer Fläche von 75 x 36m, die er<br />

mütels Suchschnitte durchkämmen ließ, 70 Gräber frei . Neben <strong>de</strong>n Beigaben<br />

barg er auch das Skelettmaterial <strong>für</strong> eine anthropologische Untersuchung, die aber<br />

erst 50 Jahre später erfolgte. Gleichzeitig sorgte er <strong>für</strong> die Vermessung <strong>de</strong>r Grabgruben<br />

<strong>und</strong> legte einen, wenn auch mangelhaften, Plan an.


117<br />

Er begann mit seiner Grabung in <strong>de</strong>r Nordwestecke <strong><strong>de</strong>s</strong> Baugelän<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>und</strong><br />

stieß hier offensichtlich auf di e schon 1870 freigelegten Grabgruben. In einer<br />

Steinkiste (Grab 37124) fand er schließlich mehrere Schä<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Knochen "in<br />

wirrem Durcheinan<strong>de</strong>r", so daß <strong>de</strong>r Eindruck entsteht, daß die 1870 geborgenen<br />

Skelette hier wie<strong>de</strong>r bestattet wor<strong>de</strong>n sind. 20)<br />

Nord- <strong>und</strong> Südgrenze <strong><strong>de</strong>s</strong> Gelän<strong><strong>de</strong>s</strong> waren durch die Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Baugrube<br />

gegeben. An <strong>de</strong>r Ostseite schien das Gräberfeld durch eine Felsrippe abgeschlossen<br />

zu sein, <strong>und</strong> er sah das Gräberfeld als erschöpft an. 21) Aber während seiner nun<br />

folgen<strong>de</strong>n Abwesenheit wur<strong>de</strong>n noch etwa 70 Gräber durch <strong>de</strong>n Bagger zerstört. 22)<br />

Danach konnte er nur noch einen schmalen Streifen innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Baugelän<strong><strong>de</strong>s</strong> untersuchen<br />

<strong>und</strong> legte nochmals sieben Steinkisten frei (Grab 37/43,37/62 - 37/67).<br />

Aus seinen spärlichen Notizen 23) konnten weitestgehend nur technische Angaben<br />

entnommen wer<strong>de</strong>n. So stand <strong>für</strong> die Auswertung dieses Gräberfeldteils lediglich<br />

ein kurzer Aufsatz 24) als Grabungsbericht zur Verfügung.<br />

Für das Jahr 1953 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Bau <strong>de</strong>r französischen Schule geplant. Diese<br />

sollte auf <strong>de</strong>r östlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Offizierskasinos anschließen<strong>de</strong>n Parzelle erbaut wer<strong>de</strong>n.<br />

Erstmals konnte vor Baubeginn eine planmäßige Untersuchung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gelän<strong><strong>de</strong>s</strong> vom<br />

Staatlichen Amt <strong>für</strong> Ur- <strong>und</strong> Frühgeschichte Freiburg 25) von A. ECKERLE durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die zweimonatige Grabungskampagne erbrachte insgesamt 102<br />

Gräber 26).<br />

Im darauffolgen<strong>de</strong>n Jahr konnte die Untersuchung fortgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Zunächst stand aber nur das südlich <strong>de</strong>r Gartenmauer <strong>de</strong>r französischen Schule<br />

anschließen<strong>de</strong> Areal zur Verfügung. Die Grabungsfläche nahm <strong>de</strong>n nordwestlichen<br />

Teil eines Baugelän<strong><strong>de</strong>s</strong> ein, auf <strong>de</strong>m Mehrfamilienhäuser errichtet<br />

wer<strong>de</strong>n sollten. Mittels 16 Suchschnitte wur<strong>de</strong> die Fläche systematisch untersucht,<br />

aber nur im nordöstlichen Teil wur<strong>de</strong>n sieben Gräber freigelegt, die zum Teil von<br />

<strong>de</strong>r Gartenmauer geschnitten wur<strong>de</strong>n. Die Ausschachtungsarbeiten <strong>de</strong>r Baugruben<br />

wur<strong>de</strong>n dazuhin überwacht, doch auch hier konnten keine weiteren Bef<strong>und</strong>e<br />

festgestellt wer<strong>de</strong>n. 27)<br />

Damit ist die Südgrenze, zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t <strong>für</strong> die Osthälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> gesichert.<br />

Der schmale Streifen zwischen <strong>de</strong>m Mäuerchen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r letztjährigen Grabungsgrenze<br />

konnte nun anschließend noch untersucht wer<strong>de</strong>n. Es wur<strong>de</strong>n nochmals<br />

51 Grabgruben aufge<strong>de</strong>ckt. Sicher wären es noch einige mehr gewor<strong>de</strong>n, hätte man,<br />

wie aus <strong>de</strong>m Plan ersichtlich, östlich anschließend weitergraben können. Dies war<br />

aber 1954 nicht möglich <strong>und</strong> wird es weiterhin nicht sein, da in <strong>de</strong>r Zwischenzeit<br />

die Gräber <strong>de</strong>m Bau einer Tiefgarage zum Opfer gefallen sein dürften.<br />

Als Ostgrenze <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> kann <strong>de</strong>r Verlauf <strong>de</strong>r heutigen Alemannenstraße<br />

angenommen wer<strong>de</strong>n, da bislang keine F<strong>und</strong>e östlich dieser Straße bekannt wur<strong>de</strong>n.<br />

Ebenso darf die Villingerstraße als Westgrenze <strong><strong>de</strong>s</strong> Friedhofes angenommen<br />

wer<strong>de</strong>n, da wenige Meter westlich dieser Straße ein Steilhang zum Brigachtal das<br />

Gelän<strong>de</strong> abschließt.<br />

Auch die Nordgrenze <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> kann als gesichert gelten. Schon 1950<br />

konnte A. ECKERLE die Baugruben <strong>für</strong> insgesamt neun Mehrfamilienhäuser durch<br />

Suchschnitte untersuchen. 28) Fünf davon wur<strong>de</strong>n nördlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Offizierskasinos<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r französischen Schule angelegt; sie blieben ohne Bef<strong>und</strong>.<br />

Damit dürfte das Gräberfeld in seiner Gesamtaus<strong>de</strong>hnung erfaßt wor<strong>de</strong>n sein<br />

<strong>und</strong> nahm eine Fläche von knapp 160m Länge <strong>und</strong> etwa 60m Breite ein.(Abb. 6)<br />

Die Verteilung <strong>de</strong>r Grabgruben auf <strong>de</strong>r Westhälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong>, di e<br />

1937 aufge<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>n, spiegelt nicht das tatsächliche Belegungsbild <strong><strong>de</strong>s</strong> Friedhofes<br />

wi<strong>de</strong>r. Hier muß mit erheblichen Verlusten gerechnet wer<strong>de</strong>n. Ein rea-


119<br />

listischeres Bild gibt die Grabung von 1953/54 wie<strong>de</strong>r. Daher wur<strong>de</strong> die Schätzung<br />

<strong>de</strong>r zu erwarten<strong>de</strong>n Gräberanzahl auf das Ergebnis <strong>de</strong>r Kampagnen von 1953 <strong>und</strong><br />

1954 bezogen. So dürfte das Gräberfeld ehemals etwa 600 Gräber umfaßt haben,<br />

d. h. es wur<strong>de</strong>n schätzungsweise nur 40% <strong>de</strong>r ehemaligen Gräber aufge<strong>de</strong>ckt.<br />

Das Belegungsbild <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> weist eine unregelmäßige Verteilung <strong>de</strong>r<br />

Grabgruben auf. Nur bei <strong>de</strong>m 1954 gegrabenen Teil kann von einer Reihung<br />

<strong>de</strong>r Gräber gesprochen wer<strong>de</strong>n. Beson<strong>de</strong>rs im Areal <strong>de</strong>r Grabung von 1953 fä llt<br />

ein r<strong>und</strong>licher, nicht belegter Teil auf, während die Grabgruben, zum Teil dicht<br />

gedrängt, djese Konfiguration umran<strong>de</strong>n. Diese Erscheinung könnte damit erklärt<br />

wer<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>r alamannische Friedhof möglicherweise auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> eines<br />

ehemaligen vorgeschichtlichen GrabhügeLfel<strong><strong>de</strong>s</strong> angelegt wor<strong>de</strong>n war. Doch fehlen<br />

dazu die F<strong>und</strong>e. Auch fehlen Kreisgräben <strong>und</strong> dazu gehören<strong>de</strong> Zentralbestattungen,<br />

die hier alamannische Grabhügel vermuten lassen könnten. Wahrscheinlicher<br />

ist, daß hier di e geologischen Gegebenheiten das Belegungsbild prägten. Wie<br />

schon erwähnt, wur<strong>de</strong> P. REVELLlO von einer relativ langen <strong>und</strong> breiten Fel -<br />

rippe getäuscht. Auch aus Grabungsberichten von A. ECKERLE geht immer wie<strong>de</strong>r<br />

hervor, daß er auf f1ach gründige, felsige Gelän<strong>de</strong>abschnitte stieß. Diese Hinweise<br />

lassen darauf schließen, daß die r<strong>und</strong>lichen Aussparungen <strong>de</strong>n anstehen<strong>de</strong>n Fels aus<br />

Mergelkalken repräsentieren, zwischen <strong>de</strong>nen mehr o<strong>de</strong>r weniger tiefgründiger<br />

Kalkverwitterung bo<strong>de</strong>n angetroffen wur<strong>de</strong>.<br />

Aus <strong>de</strong>n Grabungsberichten geht weiterhin hervor, daß die Grabgrubenurnrisse<br />

in <strong>de</strong>m KaLkverwitterungsbo<strong>de</strong>n kaum zu erkennen <strong>und</strong> nur durch die unterschiedlichen<br />

Bo<strong>de</strong>nverhäItnisse zu ermitteln waren. Deshalb dürften die in <strong>de</strong>n<br />

Grabskizzen oft sehr weiten <strong>und</strong> unregelmäßigen Umrisse 29) nicht als die antike<br />

Schachtaus<strong>de</strong>hnung angesehen wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> so kann we<strong>de</strong>r nach Größe noch nach<br />

typischen Formen <strong>de</strong>r Grabgruben unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Soweit aber aus <strong>de</strong>n<br />

HoLzspuren einiger Gräber zu schließen ist, wur<strong>de</strong>n die Grabgruben so<br />

angelegt, daß <strong>de</strong>r Sarg bzw. <strong>de</strong>r Leichnam gera<strong>de</strong> Platz darin fand ; Karnrnergräber<br />

konnten nicht ermittelt wer<strong>de</strong>n. 30)<br />

Von insgesamt 163 Grabgruben wiesen 58 Steineinbauten auf, wobei <strong>de</strong>r untere<br />

Teil <strong>de</strong>r Grubenwand mit ei ner, meist knapp einen halben Meter hoben Steineinfassung<br />

aus geschichtetem Trockenmauerwerk ausgeklei<strong>de</strong>t war. Nur einmal<br />

(Grab 53/7) wär die Steineinfassung vermörtelt <strong>und</strong> Ost- bzw. Westseite <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Grabes wur<strong>de</strong>n durch senkrecht stehen<strong>de</strong> Platten abgeschlossen. Lediglich Grab<br />

37/18 kann als reines Plattengrab angesprochen wer<strong>de</strong>n.<br />

HoLzspuren, die auf einen separaten Sarg schließen lassen, konnten innerhalb<br />

<strong>de</strong>r Steineinfassung nicht festgesteUt wer<strong>de</strong>n.<br />

HoLzspuren haben sich generell schlecht erhalten. Obwohl <strong>de</strong>r Ausgräber ihnen<br />

größte Aufmerksamkeit schenkte, konnten nur 37 Gräber mit meist geringen<br />

HoLzspuren freigelegt wer<strong>de</strong>n. In dreizehn Fällen dürfte es sich dabei um einen<br />

geschlossenen HoLzsarg geban<strong>de</strong>lt haben. Achtmal wur<strong>de</strong> eine HoLzausschalung<br />

<strong>de</strong>r Grabgrube beobachtet. In drei Gräbern war <strong>de</strong>r Leichnam offensichtlich auf<br />

einem Totenbrett gelagert, welches sich nur noch parziell als Spur erbalten batte, so<br />

daß zur Form <strong>de</strong>r Bretter keine näheren Angaben gemacht wer<strong>de</strong>n können. Bei<br />

Grab 53/57 weist zusätzlich eine hauchdünne Spur r<strong>und</strong> um das Skelett auf ein<br />

Leichentuch o<strong>de</strong>r eine Matte hin, worin <strong>de</strong>r Tote gewickelt war.<br />

In 68 Gräbern konnten keine Grabeinbauten festgesteUt wer<strong>de</strong>n.<br />

Abge<strong>de</strong>ckt waren dje Grabgruben meist mit einer Anhäufung von Kalksteinbrocken<br />

o<strong>de</strong>r durch große Deckplatten, ebenfalls aus Kalkstein. Mit großen Platten<br />

waren, bis auf eine Ausnahme (Grab 53/1 7), nur Steinkisten abge<strong>de</strong>ckt. Grab 53/7


120<br />

wies zusätzlich noch eine Anhäufung von Kalksteinbrocken über <strong>de</strong>n Deckplatten<br />

auf.<br />

Bei <strong>de</strong>n Gräbern mit Holzeinbauten stieß man in 17 Fällen (46%) auf eine<br />

Ab<strong>de</strong>ckung durch Kalksteinbrocken; mjt Platten waren diese Gräber in keinem<br />

Fall abge<strong>de</strong>ckt.<br />

Knapp <strong>de</strong>r gleiche Prozentsatz (48,5%) <strong>de</strong>r 33 Erdgräber war ebenfalls mit<br />

einer Anhäufung von Kalksteinbrocken abge<strong>de</strong>ckt. Ein Erdgrab (Grab 54/119)<br />

war offensichtlich rrtit einem Deckbrett verschlossen wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Gräber kamen auf verschie<strong>de</strong>nem Niveau zutage; die Grabtiefen variieren<br />

zwischen 0,2 m <strong>und</strong> 2,Om. Die Grabtiefen können aber nur als relative Angaben<br />

angesehen wer<strong>de</strong>n, da sie auf die Oberfläche <strong><strong>de</strong>s</strong> Bo<strong>de</strong>ns, wie er sich 1953 bzw.<br />

1954 darsteUte, bezogen wur<strong>de</strong>n. AUe Grabarten fan<strong>de</strong>n sich im hohen wie im<br />

tiefen Niveau. 93% <strong>de</strong>r Stein kisten lagen aber höher als Gräber mit Holzeinbauten.<br />

Auch die Erdgräber fan<strong>de</strong>n sich nie tiefer als 1,5 m; sieben Erdgräber wur<strong>de</strong>n dicht<br />

unter <strong>de</strong>r Oberfläche, in einer Tiefe zwischen 0,2 m<strong>und</strong> 0,5 m angetroffen.<br />

Die Grabgruben waren nach Osten ausgerichtet. A. ECKERLE ermittelte zu<br />

je<strong>de</strong>r Bestattung die exakte östliche Au richtung. Die Abweichungen bewegen sich<br />

zwischen 34° (NO) <strong>und</strong> 92° (0). Wahrscheinlich beeinflußten die Bo<strong>de</strong>nverhältnisse<br />

di e abweichen<strong>de</strong> Ausrichtung <strong>de</strong>r Gräber.<br />

Von insge amt 260 Gräbern wiesen 121 (46,5%) Störungen auf. Zu 53 Gräbern<br />

fehlen dazu Angaben, vor allem bedingt durch die unvoll tändigen Grabungsnotizen<br />

von 1937. 42 Gräber sind sicher antik gestört, 22 fielen <strong>de</strong>m Grabraub<br />

zum Opfer <strong>und</strong> neun wur<strong>de</strong>n durch Überschneidung <strong>de</strong>r Grabgrube zerstört.<br />

Bei 10 Gräbern, die sicher antik gestört wur<strong>de</strong>n, konnte die Ursache nicht geklärt<br />

wer<strong>de</strong>n, während die Gräber 54/118 <strong>und</strong> 54/134 offensichtlich Indizien <strong>für</strong> Grabfrevel<br />

lieferten.<br />

Nur 33,5% <strong>de</strong>r dokumentierten Gräber (87) waren nicht gestört: 24 Männergräber,<br />

33 Frauengräber, 5 Mädchen- <strong>und</strong> 3 Knabengräber; zu 22 Gräbern konnten<br />

keine Angaben zum Geschlecht gemacht wer<strong>de</strong>n, da das Skelettmaterial nicht<br />

mehr vorhan<strong>de</strong>n war.<br />

Für 73 Gräber konnte eine Mehrfachbelegung <strong>de</strong>r Grabgrube be timmt wer<strong>de</strong>n.<br />

Es konnten bis zu fünf Mehrfachbelegungen einer Grabgrube bestimmt nachgewiesen<br />

wer<strong>de</strong>n, wobei aber die doppelte Nutzung überwiegt. Lei<strong>de</strong>r fehlte <strong>für</strong><br />

insgesamt 100 Gräber das Skelettmaterial, so daß allein 38 Gräber von <strong>de</strong>n<br />

Kampagnen von 1953 <strong>und</strong> 1954 ohne Angaben bleiben müssen. Für 52 Gräber<br />

konnte eine Mehrfachbelegung <strong>de</strong>r Grabgrube nachgewiesen wer<strong>de</strong>n, d.h. 42%<br />

<strong>de</strong>r bestimmbaren Gräber wur<strong>de</strong>n mehrfach genutzt.<br />

Steinkisten wur<strong>de</strong>n am häufigsten mehrfach belegt. 30 Gräber mit Steineinbauten<br />

zeigten diesen Bef<strong>und</strong>. Doch auch 21 Erdgräber sowie 7 Gräber mit Holzeinbauten<br />

wur<strong>de</strong>n öfter als einmal genutzt.<br />

Normalerweise befand sich in je<strong>de</strong>r Grabgrube nur eine Bestattung in gestreckter,<br />

W /O-orientierter Rückenlage. Nur in 9 <strong>de</strong>r 260 Gräber wur<strong>de</strong>n<br />

Bestattungen gef<strong>und</strong>en, die von dieser NormaUage abwichen.<br />

In Grab 53/24 wur<strong>de</strong> eine intakte männliche Bestattung in Bauchlage <strong>und</strong><br />

offensichtlich an Hän<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Füßen gefesselt angetroffen. Die einzige Beigabe war<br />

eine Axt. Sie lag in Höhe <strong>de</strong>r gekreuzten Unterschenkel, rrtit <strong>de</strong>r Schnei<strong>de</strong> nach<br />

außen, so daß <strong>de</strong>r Axtstiel in Richtung <strong>de</strong>r gekreuzten Unterarme wies. Möglicherweise<br />

kann die Lage <strong>de</strong>r Bestattung als Ausdruck eines juristischen Urteils gewertet<br />

wer<strong>de</strong>n. Zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t sollte <strong>de</strong>r Mann offensichtlich über <strong>de</strong>n Tod hinaus gestraft<br />

wer<strong>de</strong>n, da er abweichend zur rituellen Grablegung bestattet wur<strong>de</strong>.


121<br />

In Seitenlage <strong>und</strong> HockersteUung wur<strong>de</strong> eine im 6. o<strong>de</strong>r 7. Monat schwangere<br />

Frau in Grab 53/65 nie<strong>de</strong>rgelegt.<br />

In <strong>de</strong>rselben Lage kam das Skelett eines 8-9 Monate alten Kleinkin<strong><strong>de</strong>s</strong> zutage<br />

(Grab53/47).<br />

Vier Gräber wiesen in zwei Fällen eine Doppelbestattung auf <strong>und</strong> zweimal<br />

waren sogar drei Individuen gleichzeitig in einer schmalen Steinkiste nie<strong>de</strong>rgelegt.<br />

Während die bei<strong>de</strong>n Skelette <strong>de</strong>r Gräber 53/16 sowie 53/83 <strong>und</strong> 53/84 nebeneinan<strong>de</strong>r<br />

liegend angetroffen wur<strong>de</strong>n, fan<strong>de</strong>n sich in Grab 53/8 <strong>und</strong> Grab 53/9<br />

die Skelette übereinan<strong>de</strong>rgeschichtet in Steinkisten, die nur Platz <strong>für</strong> eine Bestattung<br />

boten. In Grab 53/8 befan<strong>de</strong>n sich nur Reste <strong>de</strong>r drei Individuen, während<br />

die Skelette in Grab 53/9 alle fast voUständig erhalten waren. Dort lag die oberste<br />

Bestattung mit <strong>de</strong>m Kopf im Westen, die bei<strong>de</strong>n unteren aber mit <strong>de</strong>m Kopf nach<br />

Osten. Lei<strong>de</strong>r fehlt gera<strong>de</strong> zu diesen bei<strong>de</strong>n Gräbern das gesamte Skelettmaterial,<br />

so daß keine Bestimmung durchgeführt wer<strong>de</strong>n konnte, die nähere Angaben<br />

gebracht <strong>und</strong> damit die Interpretation <strong><strong>de</strong>s</strong> Befun<strong><strong>de</strong>s</strong> erleichtert hätte.<br />

Bei <strong>de</strong>n Gräbern 54/118 <strong>und</strong> 54/134 scheint die Lage <strong>de</strong>r Skelette auf Grabfrevel<br />

hinzuweisen. So befand sich <strong>de</strong>r linke Arm einer weiblichen Bestattung<br />

aus Grab 54/118 nach oben gestreckt, im anatomischen Verband,in <strong>de</strong>r EinfüUer<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Grabschachtes.<br />

Der Schä<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r ansonsten ungestörten männlichen Bestattung aus Grab<br />

54/134 lag auf Höhe <strong><strong>de</strong>s</strong> linken Knies. Wahrscheinlich soUte hierdurch ein<br />

Wie<strong>de</strong>rgänger gebannt wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei <strong>de</strong>r anthropologischen Bearbeitung <strong><strong>de</strong>s</strong> Skelettmaterials von Grab 37/48<br />

wur<strong>de</strong> neben <strong>de</strong>n Skelettresten einer Körperbestattung <strong>de</strong>r Leichenbrand eines<br />

weiteren Individuums aufgef<strong>und</strong>en. Lei<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> dieser vom Ausgräber nicht<br />

erkannt. Daher fehlen weiterführen<strong>de</strong> Bef<strong>und</strong>beschreibungen.<br />

Dagegen wur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Kampagne von 1953 ein weiteres Brandgrab aufge<strong>de</strong>ckt.<br />

Die Grabgrube von Grab 53/22 war mit Holz ausgeschalt. Darin befan<strong>de</strong>n<br />

sich verstreut liegen<strong>de</strong> Beigaben, die ein<strong>de</strong>utig Brandspuren aufweisen.<br />

Die in <strong>de</strong>n Gräbern gef<strong>und</strong>enen Tierknochen können nicht als Speisebeigaben<br />

gewertet wer<strong>de</strong>n. Wie die fehlen<strong>de</strong> Keramik an<strong>de</strong>utet, war die Sitte <strong>de</strong>r Speisebeigaben<br />

bereits aufgegeben wor<strong>de</strong>n. Hier han<strong>de</strong>lt es sich vielmehr um KüchenabfaU<br />

, <strong>de</strong>r durch die Mistauftragung zur Düngung <strong>de</strong>r Fel<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Höfen hierher<br />

transportiert wur<strong>de</strong>. So dürfen die Knochenfragmente als Oberflächenfuo<strong>de</strong> betrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n, die sowohl bei Anlage <strong>de</strong>r Gräber durch die Einfüller<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r durch<br />

spätere Störungen in die Graber<strong>de</strong> gerieten. Ähnliches gilt <strong>für</strong> die Knochenfragmente<br />

von Wildtieren. Sie stammen sicher von auf <strong>de</strong>r Oberfläche veren<strong>de</strong>ten<br />

Tieren.<br />

Den ungewöhnlichsten Bef<strong>und</strong> wies Grab 54/134 mit 260 Fragmenten von<br />

Fuchsknochen auf, die aber nicht von einem Tier, son<strong>de</strong>rn min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens von<br />

zwei Individuen, wahrscheinlich sogar von dreien, stammen. Dabei konnte ein<br />

Individuum als Alttier <strong>und</strong> die an<strong>de</strong>ren als Jungtiere bestimmt wer<strong>de</strong>n. Offensichtlich<br />

sind die Tiere in ihrem Fuchsbau veren<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n sie zufälligerweise in diesem<br />

Grab angelegt hatten. Die Füchse können also nicht als rituelle Beigaben angesehen<br />

wer<strong>de</strong>n, auch wenn <strong>de</strong>r ungewöhnliche Bef<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bestattung aus Grab 54/134<br />

außergewöhnliche Beigaben vermuten ließe.<br />

Bei <strong>de</strong>m Gräberfeld "Am Talelkreuz" han<strong>de</strong>lt es sich um einen Bestattungsplatz<br />

<strong>de</strong>r jüngeren Merowingerzeit. Er wur<strong>de</strong> offensichtlich am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jh.<br />

angelegt, doch <strong>de</strong>r Hauptteil <strong>de</strong>r Gräber gehört <strong>de</strong>r spätmerowingischen Perio<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> 7. Jh. an. Nach <strong>de</strong>n Einzelf<strong>und</strong>en von 1937 zu urteilen, die


122<br />

überwiegend <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jh. <strong>und</strong> <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> 7. Jh. angehören, muß<br />

die älteste Belegungsschicht im Zentrum <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> gelegen haben. Ein<br />

ein<strong>de</strong>utiger Nachweis hier<strong>für</strong> ist lei<strong>de</strong>r nicht möglich, da diese Gräber <strong>de</strong>m Bagger<br />

zum Opfer fielen. Den Hauptteil <strong>de</strong>r Einzelf<strong>und</strong>e machen 20 Spathaklingenfragmente<br />

<strong>und</strong> 35 Saxe aus, die einen Hinweis auf die Anzahl <strong>de</strong>r zerstörten Gräber<br />

geben. Dazu muß die gleiche Anzahl an zerstörten Frauengräbem ergänzt wer<strong>de</strong>n,<br />

obwohl <strong>de</strong>r F<strong>und</strong>anteil von Trachtbestandteilen aus Frauengräbern wesentlich<br />

geringer ist, was aber durch <strong>de</strong>n Auffindungsmodus zu erklären ist.<br />

Abb. 7 Trachtbestandteile aus einem gestörten Frauen­ Abb. 8 G rabbeigaben aus eine m<br />

grab (54/ 139) <strong><strong>de</strong>s</strong> ausgehen<strong>de</strong>n 7. Jhs.<br />

gestörten Männergrab (5317) <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

beginnen<strong>de</strong>n 8. Jhs.<br />

Von diesem Zentrum aus wur<strong>de</strong> das Areal gleichermaßen nach Osten wie auch<br />

nach Westen ausge<strong>de</strong>hnt. Da<strong>für</strong> sprechen die in direkter Nachbarschaft zum Zentrum<br />

liegen<strong>de</strong>n Gürtelgarnituren, die <strong>de</strong>m zweiten Drittel <strong><strong>de</strong>s</strong> 7. Jh. angehören. Daran<br />

anschließend, im Verlauf <strong>de</strong>r westlichen <strong>und</strong> östtichen Aus<strong>de</strong>hnung, fin<strong>de</strong>n sich<br />

Gräber <strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> 7. Jh. Diese wer<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>n Männergräbern


123<br />

beson<strong>de</strong>rs durch Gürtelgarnituren <strong>und</strong> bei Frauengräbern durch Schuhschnallen,<br />

Wa<strong>de</strong>nbin<strong>de</strong>n <strong>und</strong> einfache, über 5 cm große Bronzedrahtohrringe gekennzeichnet.<br />

Gräber, die <strong>de</strong>m ausgehen<strong>de</strong>n 7. Jh. angehören, zeichnen sich durch Männergräber<br />

mit beschläglosen, ovalen Eisenschnallen aus. In diesen Zeitraum <strong>und</strong><br />

jünger sind auch die ungestörten, beigabenlosen bzw. beigabenarmen Gräber zu<br />

datieren. Sie sind im Ostteil <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> gleichmäßig über das gesamte Areal<br />

verstreut. Das Phänomen <strong>de</strong>r Aufgabe <strong>de</strong>r Beigabensitte wird im allgemeinen<br />

mit <strong>de</strong>m Einfluß <strong>de</strong>r christlichen Religion erklärt. Offensichtlich hielten aber<br />

<strong>de</strong>nnoch einige Personen an <strong>de</strong>n heidnischen Traditionen fest. Dies zeigt die<br />

reichhaltige Trachtausstattung <strong><strong>de</strong>s</strong> Frauengrabes 54/139 (Abb. 7), das <strong>de</strong>m<br />

ausgehen<strong>de</strong>n 7. Jh. zugeordnet wer<strong>de</strong>n kann. Ebenso das Männergrab 53/7<br />

(Abb. 8), das schon <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> 8. Jh. angehört.<br />

Im Verlauf <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> 8. Jhs. wur<strong>de</strong> dieser Bestattungsplatz aufgegeben.<br />

Ob <strong>und</strong> wo ein neuer Friedhof angelegt wur<strong>de</strong>, kann nur vermutet<br />

wer<strong>de</strong>n: Unter <strong>de</strong>m Skelettmaterial vom Gräberfeld " Am Tafelkreuz" befan<strong>de</strong>n<br />

sich einige Kisten mit <strong>de</strong>n Resten von Bestattungen, die bei Ausschachtungsarbeiten<br />

<strong>für</strong> einen Kabelgraben am Gasthaus "Zur Lin<strong>de</strong>" - Ecke Karl- <strong>und</strong><br />

Hal<strong>de</strong>nstraße - geborgen wur<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>r anthropologischen Bestimmung<br />

han<strong>de</strong>lt es sich dabei um hoch- bis spätmittelalterliche Bestattungen. Möglicherweise<br />

befand sich hier <strong>de</strong>r verlagerte <strong>und</strong> neu angelegte Friedhof.<br />

Zur Siedlungsgenese <strong>und</strong> Demographie<br />

Die heutige Zweipoligkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Stadtbil<strong><strong>de</strong>s</strong> von Donaueschingen läßt sich durch<br />

das Zusammenwachsen zweier Siedlungen erklären. Die Siedlungskerne können<br />

auf alamannische Wurzeln zurückgeführt wer<strong>de</strong>n. Die ältere <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

Siedlungen ist im Bereich <strong>de</strong>r Schloßanlagen am Karlsplatz zu suchen. Nördlich<br />

dieses Areals fin<strong>de</strong>n sich auf <strong>de</strong>r Bannkarte von 1793 vier bemerkenswerte Flurnamen:<br />

" Auf <strong>de</strong>m oberen Fronhof', " Hinter <strong>de</strong>m alten Haus", " Auf <strong>de</strong>m unteren<br />

Fronho!, <strong>und</strong> " Auf <strong>de</strong>m alten Morgen". Möglicherweise spiegeln sie aber nur die<br />

hoch- <strong>und</strong> spätmittelalterlichen o<strong>de</strong>r gar noch jüngeren Verhältnisse wi<strong>de</strong>r, doch<br />

können sie auch eine Kontinuität seit <strong>de</strong>m Frühmittelalter anzeigen. Bekannt ist<br />

je<strong>de</strong>nfalls, daß 889 Königsgut zu Donaueschingen an das Kloster Reichenau verschenkt<br />

wur<strong>de</strong>, doch lei<strong>de</strong>r ohne genaue Stellenangabe. Den Mittelpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong> jetzt<br />

reichenauischen Besitzes bil<strong>de</strong>te aber ein Haupthof (Kelnhof), <strong>de</strong>r auf einen<br />

früheren Herrenhof (Fronhof) zurückzuführen ist. Dem Kelnhof waren Län<strong>de</strong>reien<br />

<strong>und</strong> Hofstellen <strong>de</strong>r " villa Esginga" zugeordnet.<br />

R<strong>und</strong> 350 m westlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Karlsplatzes befin<strong>de</strong>t sich das Areal <strong><strong>de</strong>s</strong> alamannischen<br />

Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> bei <strong>de</strong>r St. Sebastianskapelle an <strong>de</strong>r Spitalstraße. Soweit die spärlichen<br />

F<strong>und</strong>e eine chronologische Beurteilung zulassen, wur<strong>de</strong> hier Anfang <strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jhs. ein<br />

Reihengräberfeld angelegt. Dieses wur<strong>de</strong> wahrscheinlich kontinuierlich zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t<br />

bis in das ausgehen<strong>de</strong> 7. Jh. benutzt, worauf die fünf beigabenlosen Steinkistengräber<br />

an <strong>de</strong>r St. Sebastianskapelle hin<strong>de</strong>uten.<br />

Der Friedhof hatte offensichtlich eine geringere Aus<strong>de</strong>hnung als das Gräberfeld<br />

"Am Tafelkreuz", wur<strong>de</strong> aber etwa ein Jahrh<strong>und</strong>ert früher angelegt. Deshalb<br />

ist zu vermuten, daß er einer kleineren Siedlergruppe diente, die folglich einem<br />

kleinerem Siedlungsplatz zugeordnet wer<strong>de</strong>n kann. Vielleicht han<strong>de</strong>lte es sich<br />

sogar um einen Einzelhof, aus <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r spätere Fronhof, dann Kelnhof, hervorgegangen<br />

ist.<br />

Gegen En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jbs. wur<strong>de</strong> ein zweites Gräberfeld, das Gräberfeld "Am


124<br />

Tafelkreuz", auf einer Hangterrasse <strong><strong>de</strong>s</strong> Buchberges angelegt. Da das Gräberfeld<br />

an <strong>de</strong>r St. Sebastianskapelle weiter in Benutzung war, ist anzunehmen, daß<br />

" Am Tafelkreuz" die Bewohner einer zweiten Siedlung bestatteten. Die Siedlungsstelle<br />

di eses Ausbauortes <strong>de</strong>r jüngeren Merowingerzeit kann im Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> heutigen<br />

Rathauses vermutet wer<strong>de</strong>n, obwohl die E ntfernung zum zugehörigen Bestattungsplatz<br />

etwa 850m beträgt. Diese große Distanz kann dadurch erklärt wer<strong>de</strong>n,<br />

daß hier ein Areal mit beson<strong>de</strong>rs guten Ackerbö<strong>de</strong>n berücksichtigt wur<strong>de</strong>. 31)<br />

Der Friedhof " ,Am Tafelkreuz" wa r etwa 150 Jahre genutzt wor<strong>de</strong>n. Die geschätzte<br />

ursprünliche Gesamtzahl <strong>de</strong>r Gräber beträgt 600.<br />

Nach <strong>de</strong>n Berechnungen von O. R ÖHRER-ERTL 32) muß hier <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum<br />

von 150 Jahren statistisch mit 7,5 Generati onen gerechnet wer<strong>de</strong>n, wobei 132 Individuen<br />

einer Generation angehörten. Geht man davon aus, daß 18-36 Personen zu<br />

einem Hof gehörten, muß mit einer Siedlungsgröße von etwa 4-8 Gehöften gerechnet<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Zur Bewertung <strong>de</strong>r sozialen Stellung <strong>de</strong>r Individuen sowie <strong>de</strong>r gesellschaftlichen<br />

Struktur stehen nur di e materiellen Hinterlassenschaften aus <strong>de</strong>n einzelnen<br />

Gräbern zur Verfügung. Diese aber unterstan<strong>de</strong>n schon bei ihrer Nie<strong>de</strong>rlegung<br />

einer Selektion. Da ab <strong>de</strong>r Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> 7. Jhs. ein Nachlassen <strong>de</strong>r Beigabensitte im<br />

allgemeinen <strong>und</strong> auch hier zu beobachten ist, muß mit einem Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r Jenseitsvorstellung<br />

<strong>de</strong>r damaligen Bevölkerung gerechnet wer<strong>de</strong>n. Beigabenlose Gräber<br />

können also nicht als Armut zu Lebzeiten gewertet wer<strong>de</strong>n bzw. reichere Grabausstattungen<br />

müssen nicht unbedingt eine hochgestellte Persönlichkeit repräsentieren.<br />

Weiterhin wur<strong>de</strong>n "A m Tafelkreuz" nur etwa 40% <strong>de</strong>r ehemaligen Gräber<br />

erfaßt, wobei fast die Hälfte (46,5 %) Störungen aufweisen, so daß von archäologischer<br />

Seite keine Aussagen zur gesellschaftlichen Strukturierung zu treffen sind.<br />

E inen Einblick in die Lebensbedingungen dieser Gruppe gibt aber die<br />

anthropologische Untersuchung <strong><strong>de</strong>s</strong> Skelettmaterials. Es han<strong>de</strong>lt sich <strong>de</strong>mnach um<br />

eine relativ einheitliche Population. Körperliche Konstitution <strong>und</strong> relativ geringe<br />

Krankheitsbelastung aller hier Bestatteten sprechen <strong>für</strong> eine stets ausgeglichene<br />

<strong>und</strong> ausreichn<strong>de</strong> Ernährung. Die Muskulatur <strong>de</strong>r Individuen war viel, aber nicht<br />

einseitig entwickelt, was darauf schließen läßt, daß <strong>de</strong>r Lebensunterhalt nicht durch<br />

regul äre körperliche Schwerarbeit verdient wer<strong>de</strong>n mußte. Nach diesen Ergebnissen<br />

33)dürften alle untersuchten Bestattungen einer ländlichen Führungsschicht<br />

angehört haben, wobei zum rechtlichen Status <strong>de</strong>r Gesamtgruppe sowie <strong>de</strong>r<br />

Personen untereinan<strong>de</strong>r Fragen offen bleiben müssen.


ANMERKU GEN<br />

125<br />

1) Die Dissertation entstand in <strong>de</strong>n Jahren 1983-88. Die GesamtpupLikation ist vorgesehen.<br />

2) Für die Aufnahme dieser bei<strong>de</strong>n Aufsätze sei <strong>de</strong>r Redaktion <strong>de</strong>r Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar, allen voran <strong>de</strong>n Herren HILBERT <strong>und</strong> Dr. KWASNITSCHKA<br />

herzlich gedankt.<br />

3) F.F. Archiv Donaueschingen.<br />

4) Handschriftl.icher Bericht; Ortsakte LDA Freiburg.<br />

5) Brief <strong><strong>de</strong>s</strong> Gymnasialdirektors H . LUCKENBACH vom 5. Mai 1907; Ortsakte LDA Freiburg.<br />

6) P. R EVELLlO, Schr. Baar 15, 1924, 47f. Angeblich fan<strong>de</strong>n sich in aUen 1907 gegrabenen Gräbern<br />

je ein schwarzer Topf mit Stempelverzierung zu Füßen <strong>de</strong>r Toten.<br />

7) P. REVELLlO, Schr. Baar 20, 1937, 192.<br />

8) F. GARSCHA, Die Alemannen in Südba<strong>de</strong>n, Germ. Denkmäler <strong>de</strong>r Völkerwan<strong>de</strong>rungszeit.<br />

Ser. A, 11 (1970) 38.<br />

9) P. REVELLlO, Schr. Baar 15, 1924, 47f.<br />

10) <strong>de</strong>rs., wie Anm. 7.<br />

LI) G. HASELOFF, Die germanische Tierornamentik <strong>de</strong>r Völkerwan<strong>de</strong>rungszeit. Vorgesch. Forsch. 17<br />

(1981), II, 638-643.<br />

12) W. H OBEN ER, Absatzgebiete frühgesch.ichtlicher Töpfereien nördlich <strong>de</strong>r Alpen, Antiquitas,<br />

Reihe 3, Bd . 6 (1969) 120.<br />

U. KOCH, Das Reihengräberfeld bei Schretzheim. Germ. Denkmäler <strong>de</strong>r Völkerwan<strong>de</strong>rungszeit,<br />

Ser. A, 13 (1977) 138.<br />

13) S. RIEZLER. <strong>Geschichte</strong> von Donaueschingen; in: Schr. Baar, H.2, 1872, 2. -Po REVELLlO,<br />

Schr. Baar 20, 1937, 183.- Der Verlauf dieses Höhenweges ist auf einern Ölgemäl<strong>de</strong> von Meurad<br />

(um 1680), das die Ortsansicht von Donaueschingen wie<strong>de</strong>rgibt, gut zu erkennen. Das Gemäl<strong>de</strong><br />

befin<strong>de</strong>t sich in Privatbesitz <strong>de</strong>r Fürstlichen Familie. Der Höhenweg ist auch in <strong>de</strong>r Bannkarte von<br />

1793 eingetragen. Diese Karte wird im F.F. Archiv Donaueschingen aufbewahrt.<br />

14) N.N. , F1ur- <strong>und</strong> Waldnamen auf <strong>de</strong>r Donaueschinger Gemarkung, hrsg. vom F.F. Archiv Donaueschingen;<br />

in: Sehr. Baar, H.xI, 1904,227.<br />

L5) S. RI EZLER. wie Anm 13.<br />

16) eben da<br />

17) F. WAGNER, F<strong>und</strong>stätten <strong>und</strong> F<strong>und</strong>e 1 (1908),93.<br />

18) P. REVELLlO, Schr. Baar 20,1937, 184.<br />

19) Grabungsbericht in <strong>de</strong>r Form eines Briefes vom 5. Okt. 1937 von P.REvELLlo; Ortsakte<br />

LDA Freiburg.<br />

Den unermüdlichen Bemühungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Gymnasialprofessors Dr. P. REVELLIO verdanken wir einen<br />

großen Teil <strong>de</strong>r vor- <strong>und</strong> fruhgeschichtlichen Erforschung <strong>de</strong>r Baar. Er betreute als Kreispfleger<br />

<strong>de</strong>n südlichen Teil <strong>de</strong>r Baar sowie die prähistorische Schausammlung <strong>de</strong>r F.F. Sammlungen.<br />

20) P. R EVELLlO, Schr. Baar, 20, 1937, 184.<br />

21) P. REVELLlO, wie Anm.19.<br />

22) Brief Garscha vom 10. Sept. 1937 an Prof. Kraft; Ortsakte LDA Freiburg.<br />

23) Den Brü<strong>de</strong>rn Klaus <strong>und</strong> Ernst REvELLlO möchte ich an dieser SteUe nochmal herzlich da<strong>für</strong><br />

danken, daß sie mir d.ie Unterlagen Ihres Vaters zu Verfügung gesteUt haben.<br />

24) P. REVELLlO, Sehr. Baar 20, 1937, 183-193.<br />

25) Heute Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>amt <strong>für</strong> Denkmalpflege, Abt. Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalpflege, AußensteIJe Freiburg.<br />

26) Grabungsbericht von 1953 von A. ECKERLE; Ortsakte LDA Freiburg.<br />

27) Handschriftliche Notiz von A. ECKERLE; Ortsakte LDA Freiburg.<br />

28) Bericht <strong>und</strong> Pläne vom 9.-11. Nov. ] 950; Ortsakte LDA Freiburg.<br />

29) Die Grabgrubenumrisse waren im Gesamtplan nie eingetragen. Bei <strong>de</strong>r Überarbeitung <strong><strong>de</strong>s</strong> Planes<br />

mußten diese nach <strong>de</strong>n Grabskizzen ergänzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Informationen zum Grabbau <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Bestattungen sind nur aus <strong>de</strong>n Grabun gsberichten <strong>de</strong>r Kampagnen<br />

vo n 1953/54 zu entnehmen. Lei<strong>de</strong>r fü hrte P. REVELLlO seine Grabungsnotizen so inkonsequent,<br />

daß sie zu einer Auswertung nur bedingt herangezogen wer<strong>de</strong>n können. Demnach<br />

kann nur <strong>de</strong>r östliche Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Gräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> betrachtet wer<strong>de</strong>n.


126<br />

30) Bei Grab 54/ 124 könnte zwar di e Lage <strong>de</strong>r Lanzenspitze zur Bestattung ein solches Grab an<strong>de</strong>uten,<br />

doch ist di es nicht ein<strong>de</strong>utig zu klären. Die Lanzenspitze könnte auch zu einem früheren, zerstörten<br />

bzw. au geräumten Männergrab gehört haben, zumal <strong>de</strong>r anthropologische Bef<strong>und</strong> hier ei ne<br />

Mehrfachbelegung <strong>de</strong>r Grabgrube erbrachte, darunter die Reste eines als maskulin, spät-matur<br />

bestimmten Mannes.<br />

31) F. SCHALCH, Erläuterungen zu Blatt Donaueschingen (Nr. 120).<br />

Geolog. Spezialkarte <strong>de</strong>r Großherzog!. badischen Geolog. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>anstalt (Hei<strong>de</strong>lberg 1904),<br />

unverän<strong>de</strong>rter Nachdruck Stuttga rt 1 984.<br />

32) O. ROHRE-ERTL, in diesem Bd ., Kap. 4.1.1. Bevölkerungsbiologie.<br />

33) ebenda, Kap. 4.1.2-4.1.4.; 4.2.<br />

LITERATU R<br />

REVELLIO. P.: Die Baar in vor- <strong>und</strong> rruhgeschichtlicher Zeit; in: Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar 15,1924, 47ff.<br />

REVELLIO. P. Der alamannische Reihengräberfriedhof auf Gewann " Beim Tafelkreuz" bei Donaueschingen;<br />

in : Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar 20,<br />

1937, 183- L 93<br />

RI EZLER. S.: <strong>Geschichte</strong> von Donaueschingen; in : Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte<br />

<strong>de</strong>r Baar, H.2, 1872, 1-33.


127<br />

Das alemannische Reihengräberfeld Donaueschingen -<br />

Tafelkreuz (6. bis 8. Jahrh<strong>und</strong>ert n. Chr.)<br />

Anthropologische Fallstudie zu Bevölkerungsbiologie <strong>und</strong> Bevölkerungsgeschichte<br />

von Olav Röhrer-Ertl<br />

Vorbemerkungen<br />

Die anläßLich <strong>de</strong>r Grabungen 1937 <strong>und</strong> 1953/54 geborgenen <strong>und</strong> bis heute erhaltenen<br />

Menschenreste vom alemannischen Reihengräberfeld Donaueschingen­<br />

(Do-es)-Tafelkreuz wur<strong>de</strong>n Verf. zur Präparation <strong>und</strong> Erstellung <strong>de</strong>r sogenannten<br />

Standard bestimmungen (Sterbealter <strong>und</strong> Geschlecht <strong>für</strong> je<strong><strong>de</strong>s</strong> Skelett-Individuum)<br />

überwiesen. Im Zuge dieser Arbeiten konnte eine Reihe weiterer Bef<strong>und</strong>e erhoben<br />

<strong>und</strong> gesichert wer<strong>de</strong>n, welche Verf. persönlich interessierten <strong>und</strong> von ihm weiter<br />

verfolgt wur<strong>de</strong>n. Die engere Themenauswahl <strong>für</strong> diese Studie erfolgte dann nach<br />

Absprache mit <strong>de</strong>r archäologischen Bearbeiterin <strong><strong>de</strong>s</strong> F<strong>und</strong>platzes, Frau S. BUCHTA­<br />

HOHM/Obernburg a. Main.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r neu bestätigten Lückenhaftigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> anthropologischen<br />

Materials ergaben sich immer wie<strong>de</strong>r begrenzen<strong>de</strong> Faktoren <strong>für</strong> eine Bef<strong>und</strong>auswertung,<br />

was sich dann verschie<strong>de</strong>ntlich auch auf die erreichbare Aussage nachteilig<br />

auswirkte.<br />

Im Verlauf <strong>de</strong>r Arbeiten waren immer wie<strong>de</strong>r Kollegen - auch aus Nachbardisziplinen<br />

- zu konsultieren. Ihnen allen möchte Verf. an dieser Stelle <strong>für</strong> Ihre<br />

Zuvorkommenheit <strong>und</strong> Hilfsbereitschaft danken.<br />

Material<br />

Das zur Bearbeitung übergebene Material <strong><strong>de</strong>s</strong> Reihengräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong> Do-es-Tafelkreuzstammt<br />

aus <strong>de</strong>n Grabungs-Campagnen 1937 (Grbg. REVELLIO) <strong>und</strong> 1953/54<br />

(Grbg. ECKERLE). Infolge<strong><strong>de</strong>s</strong>sen hatten die menschlichen Skelet-Reste eine oberirdische<br />

Liegezeit von ca. 50 bzw. 301ahrenhintersich, als sie Verf. überstellt wur<strong>de</strong>n.<br />

Nach Ausweis <strong>de</strong>r Knochenerhaltung selbst kann geschlossen wer<strong>de</strong>n, daß das<br />

Liegemilieu in <strong>de</strong>n Gräbern - je nach individueller Situation - mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r<br />

anaerob gewesen ist. Denn es wur<strong>de</strong> überall, wenn auch z.T. sehr unterschiedlich<br />

stark, die Wirkung anaerober Mikroorganismen an <strong>de</strong>n Knochen festgestellt. Von<br />

daher gestaltete sich die Präparation <strong><strong>de</strong>s</strong> Materials nicht immer einfach. (Zur<br />

Wirkung anaerober Mikroorganismen auf <strong>de</strong>o Knochen vergl. RÖHRER-ERTL<br />

1985)<br />

Von ca. 600 im gesamten Grabungsareal als ehe<strong>de</strong>m vorhan<strong>de</strong>n zu postulieren<strong>de</strong>n<br />

Gräbern (frdl. Mitt. S. BUCHTA-HOHM) sind 246 grabungsmäßig erfaßt wor<strong>de</strong>n<br />

(80 bei <strong>de</strong>r Grbg.REVELLIO, 166 bei <strong>de</strong>r Grbg. ECKERLE). Zur Zeit <strong>de</strong>r Präparation<br />

gab es nur zu 169 (= 68,7 % <strong>de</strong>r ergrabenen) Skelet-Reste. Dazu wur<strong>de</strong>n Reste von<br />

insgesamt 287 Skelet-Idividuen bestimmt. So ist also ein Materialverlust zu konstatieren.<br />

Der Materialverlust <strong>für</strong> die Grbg. REVELLIO stellt sich dabei mit 47,5 % <strong>de</strong>r<br />

geborgenen Gräberinhaite als gravieren<strong>de</strong>r dar, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r <strong>für</strong> die Grabung ECKERLE<br />

mit23,5 %.


128<br />

Laut zur Verfügung stehen<strong>de</strong>r Grabungsunterlagen scheinen Gräber, in <strong>de</strong>nen<br />

bei <strong>de</strong>r Ausgrabung keine Skelet-Reste angetroffen wor<strong>de</strong>n sind, außeror<strong>de</strong>ntlich<br />

selten gewesen zu sein. Bei einem wohl nicht so großen Teil <strong>de</strong>r Gräber gestaltete sich<br />

die Bergung <strong><strong>de</strong>s</strong> Skelet-Materi als offensichtlich schwierig. In solchen Fällen sind also<br />

keine nennenswerten Skelet-Reste zu erwarten gewesen, was durch einzelne<br />

Gräberinhalte bestätigt wird.<br />

Es ist bekannt, daß schon R EVELLIO sich bemüht hatte, alle ergrabenen Skelet­<br />

R este zu bergen. Wennn also aus <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Grabung sowohl aus weniger Gräbern<br />

Skelet-Reste vorliegen, als aus <strong>de</strong>r von ECKE RLE, als auch die erhaltenen z.T.<br />

erheblich fragmentarischer erhalten sind als jene, sollte <strong>de</strong>r Schw<strong>und</strong> im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>r unterschiedlichen Länge <strong>de</strong>r oberirdischen Liegezeit betrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n. Hier sollte es genügen, auf <strong>de</strong>n ungehin<strong>de</strong>rt fortschreiten<strong>de</strong>n Zerfall von<br />

ungehärtetem Skelet-Materi al zu verweisen, das aus eine m mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r<br />

anaerob bestimmten Bo<strong>de</strong> nmilieu geborgen wur<strong>de</strong>. Denn die hier interessanten<br />

anaeroben Mikroorganismen haben das Collagen <strong>de</strong>r Knochen zur Lebensgr<strong>und</strong>lage<br />

(z.B . RÖHRER-ERTL 1985) <strong>und</strong> zerstören damit <strong>de</strong>n inneren Knochenzusammenhalt.<br />

E rst daneben sollte dann an die Wirkung zeitbedingter Unregelmäßigkeiten<br />

(z.B . Um- <strong>und</strong> Auslagerung) gedacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Insgesamt erschien das Material von daher als a priori weniger aussagefähig.<br />

Dieser Eindruck war aber nach <strong>de</strong>r Präparation insofern zu korrigieren, als es nun<br />

möglich erschien, diese Mängel in ihrer Wirkung <strong>für</strong> die Mehrheit aller<br />

Arbeitsfel<strong>de</strong>r zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t zu relativieren.<br />

Metho<strong>de</strong>n<br />

Alle übergebenen Menschenreste sind einer sogenannten Oberflächenhärtung<br />

mit Ponal-Wasser-Lösungen unterzogen <strong>und</strong> so vollständig wie möglich geklebt<br />

wor<strong>de</strong>n. Die D atenerhebung erfolgte nach eingeführten <strong>und</strong> möglichst auch<br />

standardisierten Metho<strong>de</strong>n. Ebenso wur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Datenauswertung (Diskussion)<br />

verfahren.<br />

Für die individuelle Geschlechtsdi agnose ist pri nzi piell FEREMBACH et alii<br />

(1979) gefolgt wor<strong>de</strong>n. Dabei wur<strong>de</strong>n neben bereits zuvor verwen<strong>de</strong>ten Metho<strong>de</strong>n<br />

(vergl. RÖHRE R-E RTL 1987) vor allem MEINDL et alii (1985) beachtet.<br />

Für die Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> individuellen Sterbealters sind herangezogen wor<strong>de</strong>n:<br />

FEREMBACH et alii (1979), KATZ & MYERS-SUCHEY (1986), LOVEJOY (1985),<br />

LOVEJOY, MEINDL & alli (1985), LOVEJOY, MENSFORTH et alii (1985), MEI DL &<br />

LOVEJOY (1985), MErNDL et ali i (1 985) <strong>und</strong> MENSFORTH & LOVEJOY (1985). In<br />

bestimmten Einzelfällen wur<strong>de</strong>n darüber hinaus auch an<strong>de</strong>re Metho<strong>de</strong>n verwen<strong>de</strong>t<br />

(vergl. RÖHRER-ERTL, 1987). Als wesentliche Hilfe in praktisch allen Fällen erwies<br />

sich auch hier, daß durch WALKER & LOVEJOY (1 985) eine alteingeführte<br />

Bestimmungsmetho<strong>de</strong> erstmals quantifiziert wor<strong>de</strong>n ist. D emgegenüber erbrachten<br />

an<strong>de</strong> re Arbeiten (z.B . SZlLVAssy 1988) keine neuen Aspekte.<br />

Bei allen genannten Bestimmungsmetho<strong>de</strong>n <strong>für</strong> Sterbealter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

wird zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t das schwach signifikante (= 70 % -Niveau), in einer Mehrheit <strong>de</strong>r<br />

Fälle aber auch das signifikante (= 95 % -Niveau) Niveau erreicht.llierbei, wie auch<br />

auf an<strong>de</strong>ren Untersuchungsfel<strong>de</strong>rn, ist in diffizilen Fällen eine Abstimmung mit<br />

H errn Dr. P. SCHRÖTER/Münche n erfolgt.


129<br />

Konstitutionsbiologischen Daten - z.B. zur Konstitutionsvariante I (= Körperproportionierung)<br />

<strong>und</strong> II (= Körperdimensionierung) - wur<strong>de</strong>n nach CONRAD<br />

(1963) <strong>und</strong> neueren Angaben (z.B. RÖHRER-ERTL & HELMER 1984,<br />

RÖHRER-ERTL 1987) erhoben.<br />

Körperhöhen sind nach BREITlNGER (1937) <strong>für</strong> Männer <strong>und</strong> BACH (1965) <strong>für</strong><br />

Frauen aus <strong>de</strong>n da<strong>für</strong> vorgesehenen Langknochen-Maßen berechnet wor<strong>de</strong>n.<br />

Weil, wie auch bei an<strong>de</strong>rem Reighengräbermaterial <strong><strong>de</strong>s</strong> Raumes (vergl. z.B.<br />

CZARNETZKl et alii 1985), nur bei einem relativ kleinen Teil <strong>de</strong>r Individuen die<br />

hier<strong>für</strong> notwendigen Längenmaße erhebbar waren, sind an<strong>de</strong>re Metho<strong>de</strong>n zur<br />

Ermittlung <strong>de</strong>r ehemaligen Knochenlängen aufgr<strong>und</strong> von Abschnittsmaßen angewen<strong>de</strong>t<br />

wor<strong>de</strong>n. Dabei erwiesen sich die nach STEEL & McKERN (1969) ermittelten<br />

Werte bei Prüfungen als korrekter in <strong>de</strong>r Anwendung, als die nach SONDER &<br />

KNUSSMANN (1985) berechneten. Die Ermittlung ehemaliger Knochenlängen aus<br />

Gelenkkopfmaßen (vergl. z.B. RÖHRER-ERTL 1987) nutzte an<strong>de</strong>re Metho<strong>de</strong>n aus.<br />

Die Rassendiagnose wur<strong>de</strong> an Anlehnung an EICKSTEDT (1934) <strong>und</strong> unter<br />

Verwendung <strong>de</strong>r Spezialliteratur (z.B. enthalten in: SCHRÖTER 1986) durchgeführt.<br />

Dabei wur<strong>de</strong> das als Rasse bezeichnet, was EICKSTEDT " Rassekreis" nennt, <strong>und</strong> das<br />

als Rasse-Typ benannt, was bei EICKSTEDT " Rasse" ist.<br />

Es wur<strong>de</strong>n ferner verschie<strong>de</strong>ne Bef<strong>und</strong>e erhoben, welche als Ursache auch <strong>de</strong>n<br />

Knochen verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Erkrankungen vermuten ließen, bzw. eine auffällige Aberration<br />

darstellen, welche keinerlei ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen bedingt. Im<br />

Zusammenhang damit notwendige Untersuchungen wur<strong>de</strong>n mit Herrn Prof. Dr.<br />

K.-W. FREY/München (Do-es-Tafelkreuz), Herrn Prof. Dr. D . HAHN/München<br />

(K<strong>und</strong>l) - Allgemeinmedizin -<strong>und</strong> Frau Dr. L SCHMIDHUBER-SCHNEIDER/<br />

München - Zahnmedizin - durchgefuhrt. Dabei stellten die Genannten auch noch<br />

die jeweiligen Diagnosen mit <strong>de</strong>m jeweils vertretbar erscheinen<strong>de</strong>n Genauigkeitsgrad.<br />

Bef<strong>und</strong>e<br />

Sterbealter <strong>und</strong> Geschlecht<br />

Es wur<strong>de</strong>n Reste von insgesamt 288 Skelet-lndividuen bestimmt. Davon entstammte<br />

1 einer (sek<strong>und</strong>är zerstörten) Brandbestattung (Do-es 37/48-II). Alle<br />

an<strong>de</strong>ren 287 Skelet-Individuen stammen aus West-Ost-Körpergräbern. In allen<br />

Fällen war eine Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> Sterbealters möglich. Dagegen konnte das<br />

Geschlecht <strong>de</strong>r Toten - Metho<strong>de</strong>n- <strong>und</strong> materialbedingt - bei einem Teil <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />

nicht (sonst immer) festgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

In die anthropologische Auswertung <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafel kre uz gingen<br />

nur die o.g. 287 unverbrannten Skelet-Individuen ein. Do-es 37/ 48-II blieb unberücksichtigt,<br />

weil <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Datierung in die Merowingerzeit lange recht zweifelhaft<br />

schien (frdl. Mitt. S. BUCHTA-HOHM). Das Material wur<strong>de</strong> als Gesamt-Stichprobe<br />

behan<strong>de</strong>lt, was be<strong>de</strong>utet, es sind keine weiteren zeitlichen Unterglie<strong>de</strong>rungen<br />

versucht wor<strong>de</strong>n. Denn es bestand <strong>de</strong>r Verdacht, auf einigen Untersuchungsfel<strong>de</strong>rn<br />

könne ansonsten <strong>de</strong>r Fehler <strong>de</strong>r kleinen Zahl eine <strong>de</strong>utlich feststellbare Rolle<br />

spielen. Stellen doch die 287 Skelet-Idividuen sicher nur einen relativ kleinen Teil<br />

<strong>de</strong>r ehe<strong>de</strong>m am Platz Bestatteten <strong>und</strong> somit möglicherweise eine unsystematisch<br />

daraus gezogene Stichprobe dar.


130<br />

Zunächst sind die gef<strong>und</strong>en Sterblichkeitsverhältnisse untersucht wor<strong>de</strong>n. Dem<br />

Material sicher angemessen, wur<strong>de</strong> da<strong>für</strong> die Absterbeordnung berechnet - nach<br />

eingeführter Metho<strong>de</strong> (RöHRER-ERTL 1978). Das erfolgte hier unter verschie<strong>de</strong>nen<br />

Gesichtspunkten bzw. Postulaten (vergl. Abb. 1a,b). Abb. 1a bringt die<br />

Absterbeordnung von Do-es-Tafel kreuz allein aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r ermittelten Rohdaten.<br />

Dabei wur<strong>de</strong> einmal die Kurve <strong>für</strong> alle 287 Skelet-Individuen berechnet <strong>und</strong> dann<br />

(Abb. 1a) die <strong>für</strong> nur 276. Denn es gibt 11 erwachsene Skelet-Individuen <strong>für</strong><br />

welche sich das Sterbealter nur auf 20-JahreskJassen genau <strong>und</strong> nicht, wie bei <strong>de</strong>m<br />

Rest <strong>de</strong>r Erwachsenen zwischen 20 <strong>und</strong> 60 Jahren auf 1 O-JahreskJassen methodisch<br />

genau bestimmen ließ. Trotz<strong>de</strong>m sich nun lediglich die Zahlen innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Sterbealtersgruppen adult <strong>und</strong> matur verschieben, hat das <strong>de</strong>utliche Auswirkungen<br />

auf die gesamte Kurve.<br />

Von daher wird gefolgert, daß <strong>de</strong>r Fehler <strong>de</strong>r kleinen Zahl innerhalb <strong>de</strong>r zu<br />

untersuchen<strong>de</strong>n Stichprobe erkennbar ist <strong>und</strong> somit <strong>für</strong> je<strong><strong>de</strong>s</strong> Untersuchungsfeld<br />

berücksichtigt bzw. möglichst genau beziffert wer<strong>de</strong>n sollte.<br />

Die Absterbeordnung <strong>für</strong> alle Sterbealtersgrupp n <strong>und</strong> bei<strong>de</strong> Geschlechter muß<br />

insgesamt als nicht repräsentativ <strong>für</strong> eine vorindustrielle Bevölkerung (=<br />

Population) angesehen wer<strong>de</strong>n. Obiges E rgebnis legt nahe, daß auch <strong>de</strong>r Bereich<br />

<strong>de</strong>r Erwachsenen hier nicht, bzw. nur zufällig repräsentativ besetzt sein sollte. Von<br />

daher kann also nicht auf die realen Sterblichkeitverhältnisse innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Leben<strong>de</strong>n-Population geschlossen wer<strong>de</strong>n, aus welcher das R eihengräberfeld<br />

belegt wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Nun ist bisher auf allen Reihengräberfel<strong>de</strong>rn ein Kin<strong>de</strong>r- (insbeson<strong>de</strong>rs ein<br />

Kleinkind-) D efizit festgestellt wor<strong>de</strong>n (z. B. BAlER 1988, LANGE SCHElDT 1985).<br />

Die Erwachsenensterbealtersgruppen gelten zumeist aber als repräsentativ besetzt,<br />

entsprechen also <strong>de</strong>n paläo<strong>de</strong>mographisch anhand vorindustrieller Bevölkerungen<br />

(z.B. über die Auswertung von Sterberegistem) erarbeiteten Erwartungswerten.<br />

Prinzipiell legte die Kurve <strong>de</strong>r Erwachsenen (Abb. 1a) somit eine in etwa<br />

repräsentative Besetzung <strong>de</strong>r Sterbealtersgruppen (berechnet auf 7-JahreskJassen)<br />

auch dann nahe, wenn ein Einfluß <strong><strong>de</strong>s</strong> Fehler <strong>de</strong>r kl einen Zahl berücksichtigt wird.<br />

In Abb. 1 b sind die auf 7-Jahresklassen berechneten Sterbealtersgruppen <strong>für</strong><br />

Männer <strong>und</strong> Frauen getrennt als Kurven dargestellt wor<strong>de</strong>n. Da<strong>für</strong> wur<strong>de</strong>, <strong>für</strong> je<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Geschlecht getrennt, das Kin<strong>de</strong>r<strong>de</strong>fizit pauschal berücksichtigt (nach paläo<strong>de</strong>mographischen<br />

Bef<strong>und</strong>en beträgt <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendlichen-Sterbealtersgruppen<br />

an <strong>de</strong>r Gesamtsterblichkeit hier r<strong>und</strong> 50 %).<br />

Die Kurve zeigt <strong>für</strong> Männer annähernd einen Verlauf, welcher <strong>de</strong>n Erwartungswerten<br />

beinahe entspricht. Dagegen stell t sich die <strong>für</strong> Frauen als allen Erwartungen<br />

entgegengesetzt verlaufend dar (vergJ. z.B . RÖHRER-ERTL 1978). D enn danach<br />

sollte die Kurve <strong>für</strong> Frauen - bei vorindustriellen, agrarischen Bevölkerungen - bis<br />

etwa 40 Jahre <strong>de</strong>utlich unterhalb <strong>de</strong>r <strong>für</strong> Männer bleiben <strong>und</strong> diese erst dann<br />

beginnen zu erreichen bzw. überschnei<strong>de</strong>n. (Ein Ausgleich erfolgte dann erst wie<strong>de</strong>r<br />

im senilen Bereich).<br />

Dieses Ergebnis kann von Verf. nun nur so ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>r Fehler <strong>de</strong>r<br />

kleinen Zahl in <strong>de</strong>r Absterbeordnung Do-es-Tafelkreuz eine dominieren<strong>de</strong> Rolle<br />

spielt - beson<strong>de</strong>rs bei Frauen. Betreffs <strong>de</strong>r Sterblichkeitsverteilung stellt sich das<br />

Untersuchungsgut <strong>de</strong>mnach als eine unsystematisch gezogene Stichprobe (aus<br />

einem größeren SampIe) dar. Aussagen über beson<strong>de</strong>re SterbLichkeitsverhältrusse,<br />

<strong>de</strong>ren zeitliche Entwicklung etc. sollten von daher nicht zu erwarten sein. Jedoch<br />

spräche trotz<strong>de</strong>m nichts gegen die Annahme, die das Reih engräberfeld belegen<strong>de</strong><br />

Leben<strong>de</strong>n-Population hätte real eine Absterbeordnung gezeigt, welche <strong>de</strong>n


131<br />

Erwartungen prinzipiell entsprach. Denn <strong>de</strong>r Mensch als biologisches Wesen wird<br />

nach einer biologischen Gr<strong>und</strong>annahme unter vergleichbaren Bedingungen auch<br />

vergleichbar reagieren (zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t im statistischen Mittel). Wird dies, wie hier durch<br />

unabhängige Hinweise aus <strong>de</strong>m Datengut (z.B. Ges<strong>und</strong>heitsstatus - vergl. 3.4) gestützt,<br />

erscheint diese Annahme als einfach geprüft.<br />

Zur weiteren Abklärung <strong><strong>de</strong>s</strong> Aussagewertes von an <strong>de</strong>r Serie erhobenen Daten<br />

wur<strong>de</strong> das Geschlechterverhältnis <strong>de</strong>r Erwachsenen (Jugendliche-juv-als sozial<br />

Erwachsene mit eingeschlossen) untersucht. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um <strong>de</strong>n zahlenmäßigen<br />

Ausdruck <strong>de</strong>r männlichen Anzahlen in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Frauen (G = (n Männer:<br />

n Frauen) 100). Für alle sozial Erwachsenen (juv.-sen.) von Do-es-Tafelkreuz<br />

ergibt sich ein Geschlechterverhältnis von 111 ,9 bei n = 250. Dieser Wert fügt sich<br />

nicht mehr zwanglos in die von an<strong>de</strong>ren Reihengräberfel<strong>de</strong>rn (z.B. LANGEN­<br />

SCHEIDT 1985) bekannten ein. Darüber hinaus ergeben sich aber weitere,<br />

gravierend abweichend erscheinen<strong>de</strong> Werte.<br />

Differenziert man hier nämlich nach Sterbealtersgruppen, erhält man folgen<strong>de</strong><br />

Werte: <strong>für</strong> juv. 62,5 bei n = 13; <strong>für</strong> adult 81 ,8 bei n= 100; <strong>für</strong> matur 156,1 bei n =<br />

105 <strong>und</strong> <strong>für</strong> senil 128,6 bei n = 32. (Für früh-adult 88,0 bei n = 47; <strong>für</strong> spät-adult<br />

100,0 bei n = 44; <strong>für</strong>früh-matur 161 ,1 bei n = 47; <strong>für</strong> spät-matur 154,5 bei n = 56).<br />

Schließt man die 11 nicht enger im Sterbealter einzugrenzen<strong>de</strong>n Individuen hier<br />

mit ein, ergibt sich ein Geschlechterverhältnis von insgesamt 123,8 bei n = 226.<br />

Betrachtet man nun das Geschlechterverhältnis innerhalb <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

Grabungsbereiche (REVELLIO <strong>und</strong> ECKERLE), ergeben sich wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Zahlen.<br />

So ist das Geschlechterverhältnis <strong>für</strong> die Grbg. REVELLIO mit 147,9 bei n = 79 anzugeben,<br />

wogegen <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Wert <strong>für</strong> die Grbg. ECKERLE 100,0 bei n = 170 beträgt<br />

(immer unter Einschluß <strong>de</strong>r Sterbealtersgruppe juvenil).<br />

Danach sollten von juv. über fr-ad. bis sp-ad. abnehmend mehr Frauen<br />

gestorben sein als Männer. In diesen Lebensalter-Gruppen hätte also in <strong>de</strong>r zugehörigen<br />

Leben<strong>de</strong>n-Population ein erheblicher Männerüberschuß bestan<strong>de</strong>n, was<br />

nach paläo<strong>de</strong>mographischen Vergleichsdaten aus <strong>de</strong>r Zeit vor 1800 n. ehr. (<strong>und</strong><br />

danach ebenso) <strong>und</strong>enkbar erscheint. Ebenso wi<strong>de</strong>rspricht das Geschlechterverhältnis<br />

in <strong>de</strong>n höheren Sterbealtersgruppen allen begrün<strong>de</strong>ten Erwartungen total<br />

(z.B. RÖHRER-ERTL 1978, 1980a).<br />

Weil aber <strong>de</strong>r Geschlechterverhältnis-Wert bei<strong>de</strong>r Grabungen nun mehr als nur<br />

signifikant voneinan<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>n erscheint, sollten die gef<strong>und</strong>enen Daten wohl<br />

doch nicht ganz <strong>und</strong>iskutiert bleiben. Für die Grbg. ECKERLE (1953/54) ergab sich<br />

ein Wert von 100,0 bei n = 170 <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Grbg. REVELLIO (1937) ein solcher<br />

von 147,9 bei n = 79. Unter Berücksichtigung o.g. weiterer Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Materalbergung <strong>und</strong> -Erhaltung kann Verf. hier nur erneut schließen, es handle sich<br />

bei <strong>de</strong>m Untersuchungsgut um eine im statistischen Sinne nicht repräsentative Stichprobe,<br />

<strong>de</strong>nn die zu gewinnen<strong>de</strong>n Daten entsprechen nicht solchen aus systematisch<br />

gezogenen Stichproben <strong>de</strong>r Paläo<strong>de</strong>mographie (bei diesen sind alle Hintergr<strong>und</strong>sdaten<br />

bekannt), gleichgültig welcher Provinienz. Auch diesbezüglich erscheint also<br />

die Stichprobe Do-es-Tafelkreuz als eine unsystematisch gezogene. Damit erscheint<br />

als bestätigt, daß eine hohe Anzahl alleine eine Repräsentativität eines Materials<br />

keineswegs <strong>für</strong> alle Fragen verbürgt (vergl. RÖHRER-ERTL 1978). Das Material <strong>de</strong>r<br />

Grbg. REVELLIO erscheint hierbei in sich stärker beeinflußt als das <strong>de</strong>r Grbg.<br />

ECKERLE, wie aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n zu vermuten stand.<br />

Von daher darf angenommen wer<strong>de</strong>n - als Vergleichsbasis dienen hier an<strong>de</strong>re<br />

Reihengräberfel<strong>de</strong>r -, daß ursprünglich auch in Do-es-Tafelkreuz ein leichter<br />

Männerüberschuß existierte (z.B. BAlER 1988, LANGENSCHElDT 1985). Darauf


132<br />

fußend steUt Verf. die Hypothese auf, im Reihengräberfeld Do-es-Tafelkreuz sind<br />

einmal aUe sozial erwachsenen Männer <strong>de</strong>r dort belegen<strong>de</strong>n Population bestattet<br />

wor<strong>de</strong>n. Und dann sollten noch alle in di e Population eingeheirateten Ehefrauen<br />

ebenfalls dort begraben wor<strong>de</strong>n sein . Die Kin<strong>de</strong>rgräber stellten <strong>de</strong>mnach<br />

Ausnahmefälle zur Regel dar. Dies soll in <strong>de</strong>r Folge versucht wer<strong>de</strong>n, weiter zu<br />

untermauern.<br />

Konstitutionsbiologie<br />

Zur Konstitutionsbiologie <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz wur<strong>de</strong>n die Konstitutionsvariante<br />

I (= Körperproportionierung nach CONRAD 1963), II (= Körperdimensionierung<br />

nach CONRAD 1963), die Körperhöhe <strong>und</strong> die Stärke <strong><strong>de</strong>s</strong> Unterhautfettgewebes<br />

am Halsansatz etc. in allen Fällen erhoben bzw. berechnet, wo dies<br />

möglich war.<br />

Zunächst war festzustellen, daß es in <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz we<strong>de</strong>r<br />

Individuen gab, welche als fett, noch solche, welche als ausgesprochen mager zu<br />

diagnostizieren waren. AU e Bef<strong>und</strong>e <strong>de</strong>uten darauf hin, daß das Unterhautfettgewebe<br />

- im alters- <strong>und</strong> konstitutionstypischen Rahmen - immer normal<br />

ausgebil<strong>de</strong>t gewesen ist. Und dies sollte bei Populationen mit vorindustriellem<br />

sozio-ökonomischem Hintergr<strong>und</strong> durchaus nicht selbstverständlich sein . Der<br />

Bef<strong>und</strong> zeigt Verf. E . nämlich an, daß eine im lahresmittel ausgeglichene <strong>und</strong><br />

ausreichen<strong>de</strong> Ernährung <strong>für</strong> die Individuen <strong>de</strong>r hier zugehörigen Leben<strong>de</strong>n­<br />

Population vorhan<strong>de</strong>n war. Ferner sollte n alle Individuen - von ihrer Ernährung her<br />

- prinzipiell gleichgestellt (also wohl auch sozial "gleichwertig") gewesen sein.<br />

Bei Populationsbeschreibungen erscheint die Verteilung <strong>de</strong>r 3 Körperproportionierungsformen<br />

nach CO RAD, pyknomorph (= breitwüchsig), metromorph<br />

(= mittelwüchsig) <strong>und</strong> leptomorph (= schlankwüchsig), ebenso interssant, wie di e<br />

<strong>de</strong>r Körperdimensionierung nach CONRAD, hyperplastisch (starke Weichteilentwicklung),<br />

metroplastisch (mittlere Weichteilbe<strong>de</strong>ckung) <strong>und</strong> hypoplastisch<br />

(schwache Weichteilbe<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Knochen).<br />

Für die Konstitutionsvariante I nach CONRAD (= Körperproportionierung)<br />

ergaben sich folgen<strong>de</strong> Werte:<br />

total, n = 236; leptomorph, n = 140, 59,7%<br />

metro morph, n = 10, 4,2 %<br />

pyknomorph, n = 80, 36,1 %<br />

Frauen, n = 110; leptomorph, n = 77, 64,5 %<br />

metromorph, n = 5 4,5 %<br />

pyknomorph, n = 28, 31,0%<br />

Männer, n = 126; leptomorph, n = 69, 54,8 %<br />

metromorph, n = 5, 4,0%<br />

pyknomorph, n = 52, 41,2 %<br />

D araus folgt, daß in <strong>de</strong>r untersuchten Stichprobe schlankwüchsige Individuen<br />

leicht vorherrschten. Interessant e rscheint nun, daß dies bei Frauen klarer zutage<br />

tritt, als bei <strong>de</strong>n Männern . Erwähnt sei noch, daß alle aufgeführten Konstitutions­<br />

"Typen" in etwa normal verteilt über das Gräberfeld <strong>und</strong> die an<strong>de</strong>ren erscheinungsbildlichen<br />

(phänotypischen) Merkmale streuen. Damit sollte hierin ein repräsentativer<br />

Querschnitt durch die zugehörige Leben<strong>de</strong>n-Population vorliegen.


133<br />

Für die Konstitutionsvariante II nach CONRAD (= Körperdimensionierung)<br />

ergaben sich folgen<strong>de</strong> Werte:<br />

total, n = 237; hypoplastisch, n = 67, 28,6 %<br />

metroplastisch, n = 69, 29,5 %<br />

hyperplastisch, n = 98, 41 ,9 %<br />

Frauen, n = 111; hypoplastisch, n = 47, 42,4 %<br />

metroplastisch, n = 36, 32,4 %<br />

hyperplastisch, n = 28, 25,2 %<br />

Männer, n = 123; hypoplastisch, n = 20, 16,3 %<br />

metroplastisch, n = 33, 26,8 %<br />

hyperplastisch, n = 70, 56,9 %<br />

Für bei<strong>de</strong> Geschlechter ergibt sich ein gegenläufiges Bild. Nimmt bei <strong>de</strong>n<br />

Frauen die Reihe von hyperplastisch zu hypoplastisch zu, liegen die Verhältnisse bei<br />

<strong>de</strong>n Männern genau umgekehrt. Hier dominieren ganz ein<strong>de</strong>utig hyperplastische<br />

Individuen. Diese Angaben bedürfen jedoch noch einer Korrektur, weil- s.o. 3.1.die<br />

weibliche Absterbeordnung nicht <strong>de</strong>n Erwartungen entspricht.<br />

Lt. r s = 0,9000 (n = 5, a = 0,05) <strong>für</strong> die Sterbealtersgruppen juv.-sp-mat. ist<br />

nämlich sowohl bei Männern als auch bei Frauen die Konstitutionsvariante TI nach<br />

CONRAD signifikant mit <strong>de</strong>m Sterbealter korreliert. Der Anteil hyperplastischer<br />

Individuen steigt damit synchron zum Sterbealter, um in spät-matur seinen Gipfel zu<br />

erreichen (Männer: 912 % ; Frauen: 54,6 %). In senil ergibt sich dann ein Abfall<br />

(Männer: 44,4 %; Frauen: 28,6 % ), <strong>de</strong>r aber leicht oberhalb <strong>de</strong>r Werte <strong>für</strong><br />

spät-adult bleibt. Im Gegenzuge fallen dann die Werte <strong>für</strong> hypoplastisch bis sp-mat,<br />

<strong>und</strong> steigen leicht in senil. Es sei festgehalten, daß dies <strong>für</strong> Männer <strong>de</strong>utlicher<br />

erscheint. als <strong>für</strong> Frauen.<br />

Lt. r s = 1,0000 (n = 6, a = 0,01) erscheinen die drei Klassifikationen von Konstitutionsvariante<br />

I nach CONRAD mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Konstitutionsvariante TI nach<br />

CONRAD, jeweils <strong>für</strong> sich nach Sterbealtersgruppen geordnet Uuv.-sen.) in ihren<br />

jeweiligen Verhältnissen als miteinan<strong>de</strong>r korrelieren. Leptomorphe (n = 137) o<strong>de</strong>r<br />

pyknomorphe (n = 86) Individuen zeigen also in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Sterbealtersgruppen<br />

hypo-, metro- <strong>und</strong> hyperplastische Individuen in vergleichbaren Sätzen.<br />

Von daher schließt Verf. auf prinzipiell vergleichbare - letzlich aus <strong>de</strong>n einzelnen<br />

Lebensläufen resultieren<strong>de</strong> - körperliche Belastungen aller Individuen <strong>de</strong>r Stichprobe<br />

im Mittel (nach Geschlechtern getrennt). Auch von daher ergäbe sich also <strong>de</strong>r<br />

Schluß auf prinzipiell vergleichbare Lebensbedingungen <strong>und</strong> -Führungen aller in die<br />

Stichprobe eingegangener Individuen - selbstre<strong>de</strong>nd mit geschlechtsspezifischer<br />

Abweichung.<br />

Als hier aussagefähige, erscheinungsbildliche Merkmale können die " beetartigen<br />

Erhabenheiten" <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberschenkelhalses nach FICK(SAUSER 1935)<br />

(= Eminentia articularis) gelten, seit SAUSER ihre Entstehung funktionell<br />

begrün<strong>de</strong>te. (Am Ran<strong>de</strong> sei erwähnt, daß hier<strong>für</strong> in <strong>de</strong>r Literatur eine Reihe an<strong>de</strong>rer<br />

Namen synonym in Gerauch ist, wie z.B. " Reiterfacette" - CZARNETZKY et alii<br />

1985). Da es sich dabei um Ansatzflächen starker Bän<strong>de</strong>r (Lig. ilio-femorale <strong>und</strong><br />

Lig. ischio-femorale) han<strong>de</strong>lt, erscheint <strong>de</strong>r von SAUSER gef<strong>und</strong>ene <strong>und</strong> belegte<br />

Zusammenhang zur Erklärung völlig ausreichend. Die beetartigen Erhabenheiten<br />

nach FICK sind danach um so stärker ausgeprägt, je höher die mittlere Dauerbelastung<br />

<strong>de</strong>r Hüftgelenke ist.<br />

Im Material Do-es-Tafelkreuz waren bei 104 Individuen die Oberschenkelknochen<br />

(Femora) diesbezüglich beurteilbar (59 Männer <strong>und</strong> 45 Frauen). Davon<br />

zeigten 58 (33 Männer <strong>und</strong> 25 Frauen) beetartige Erhabenheiten nach FICK in


134<br />

schwächerer <strong>und</strong> mäßig starker Au bildung. In so starkem Maße, wie bei SAUSER's<br />

Ötztaler Bergbauern waren sie in Do-es-Tafelkreuz bei keinem Individuum ausgeprägt<br />

nachweisbar. Das Auftreten von beetartigen Erhabenbeiten - es wur<strong>de</strong>n 3<br />

Stufen (ohne, schwach, <strong>de</strong>utlich) ausgeschie<strong>de</strong>n <strong>und</strong> ausgewertet - ist <strong>für</strong> bei<strong>de</strong><br />

Geschlechter mit rs = 1,0000 (n = 5, a = 0,05) signifikant mit <strong>de</strong> m Sterbealter<br />

korreliert. (Für Männer ist mit rs = 0,9566 bei n = 5, a = 0,05, eine signifikante<br />

Korrelation hier feststell bar, <strong>für</strong> Frauen mit rs = 0,7000 bei n = 5, a = 0,05, nicht.<br />

Hier wirkt sich <strong>de</strong>r Fehler <strong>de</strong>r kleinen Zahl aus.)<br />

Mit an<strong>de</strong>ren Worten entwickelt sich die Muskulatur bei bei<strong>de</strong>n Geschlechtern<br />

erst ab ca. 20 Jahren <strong>de</strong>utlich wahrnehmbar. Dann ist ein weiterer An tieg <strong>de</strong>rselben<br />

im Mittel bis ca. 60 Jahren erkennbar. Hierbei erscheinen die Männer <strong>de</strong>n Frauen<br />

gegenüber <strong>de</strong>utlich im Vorteil, was wohl mit <strong>de</strong>n geschlechtsspezifischen<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen im Zu ammenhang betrachtet wer<strong>de</strong>n sollte. Obwohl auch <strong>de</strong>r<br />

Raum um Donaueschingen recht bergig ist, erreicht kein einziges Individuum <strong>de</strong>r<br />

Stichprobe Do-es-Tafelkreuz <strong>de</strong>n Durchschnitt <strong>de</strong>r Ötztaler Bauern SAUSER'S.<br />

Hierzu sein angemerkt, daß die untersuchte Stichprobe insgesamt als grazil<br />

erscheint, was sicher <strong>für</strong> eine Akzeleration (vergl. z.B. ROHRER-ERTL 1984a) <strong>de</strong>r<br />

dort eingegangenen Individuen spricht. Das wird u. a. auch durch die Calotten­<br />

Stärken belegt.<br />

In Zone 1 a nach GENALL (1962) <strong><strong>de</strong>s</strong> Schä<strong>de</strong>ls betragen die Werte:<br />

Männe r: n = 66; x = 5,7 mm ; s = 1,4mm; Inf. = 3,Omm; Sup. = 10,5 mm<br />

Frauen: n = 62; x = 5,1 mm ; s = 1,1 mm; Inf. = 2,2 mm; Sup. = 8.0mm<br />

In Zone 1 b nach GEJVALL (1962) - Hinterhauptbein am Inion betragen die Werte:<br />

Männer: n = 45; x = 14,8mm; s = 2,4 mm ; Inf. = 11 ,5 mm; Sup. = 21,O mm.<br />

Frauen: n = 28; x = 13,1 mm ; s = 2,1 mm ; Inf. = 8,9mm; Sup. = 16,8mm<br />

Dies stimmt dann gut mit <strong>de</strong>r Tatsache überein, daß bei sozial jungen Erwachsenen<br />

Uuv.-fr-ad.) eine Geschlecht diagnose aufgr<strong>und</strong> von Schä<strong>de</strong>lmerkmalen nicht<br />

immer mit ein<strong>de</strong>utigem Ergebnis durchzuführen war. (An hand von Merkmalen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

postcranialen Skelets ist di es aber immer <strong>de</strong>r Fall gewesen, <strong>und</strong> zwar ein<strong>de</strong>utig.) Es<br />

liegt hier also eine z.B . <strong>de</strong>r Stichproben Schwabmünchen 1978 (ROHRER-ERTL<br />

1987) vergleichbare Situation vor.<br />

Die bisherigen Ergebnisse berücksichtigend kann Verf. also in <strong>de</strong>r Stichprobe<br />

Do-es-Tafelkreuz nur einen Ausschnitt au einer Teil-Bevölkerung erblicken,<br />

welche einerseits akzeleriert erscheint <strong>und</strong> dann <strong>de</strong>n körperlichen Belastungen (<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Lebens auf <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>?) sichtbar erst ab <strong>de</strong>m Lebensalter jung-adult ausgesetzt<br />

wur<strong>de</strong>. Dabei blieb diese körperliche Belastung <strong>de</strong>utlich hinter <strong>de</strong>r von vorindustri<br />

ellen, ländlichen Bevölkerungen E uropas (z.B. Ötztaler Bauern) zurück. Die<br />

Muskelausbildung erscheint im Mittel al allseitig ausgewogen <strong>und</strong> spricht somit<br />

nicht <strong>für</strong> die einseitige Dauerbelastung, wie sie z.B. durch " Handarbeit" bedingt<br />

wird. Man kann von quasi " durchtrainierten", beweglichen <strong>und</strong> dabei doch<br />

kräftigen Personen sprechen, welche eine ausgewogene <strong>und</strong> ausreichen<strong>de</strong> (also<br />

quasi eine optimale) Kost erhielten.<br />

Die Körperhöhenwerte <strong>für</strong> bei<strong>de</strong> Geschlechter erscheinen im Wahrscheinlichkeitsnetz<br />

als normalverteilt, was ebenso aus <strong>de</strong>r Summenprozentkurve in halblogarithmischer<br />

Darstellung (Abb. 1c) hervorgeht (z.B. WEBER 1972). Eine Normalverteilung<br />

legen darüber hinaus auch di e Werte selb t nahe (Männer: n = 113;<br />

x = 170,8cm; s = 5,3cm; Inf. = 158cm; Sup. = 182cm. Frauen: n = 92; x =<br />

161,4cm; s = 4,2cm; Inf. = 146cm; Sup. = 174cm). Ein Mittelwertabstand von um<br />

lOcm zwischen Männern (ca. 171 cm) <strong>und</strong> Frauen (ca. 161 cm) entspricht hier <strong>de</strong>n<br />

Er vartungen (<strong>und</strong> ist bereit im sog. Kanon <strong><strong>de</strong>s</strong> "gol<strong>de</strong>nen Schnitts" nach


135<br />

VITRUVlUS enthalten, was allgemeiner bekannt ist), wie sie in <strong>de</strong>r Konstitutionsbiologie<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Menschen fixiert sind. (z.B. MARTIN 1928). Daraus resultieren<strong>de</strong><br />

Schlüsse wer<strong>de</strong>n in an<strong>de</strong>rem Zusammenhang besprochen.<br />

Sowohl die Mittelwerte (mit ihren Standardabweichungen), als auch die jeweils<br />

zugehörigen Variationsbreiten passen sich nahtlos in die bekannten Werte <strong>de</strong>r<br />

Reihengräber Austrasiens ein (z.B. BAIER 1988, LANGENSCHEIDT 1985,<br />

SCHRÖTER 1986).<br />

Rassendiagnose<br />

Wie alle an<strong>de</strong>ren biologischen Gruppen (Taxa) zeigt auch <strong>de</strong>r Mensch erscheinungsbildlich<br />

(phänotypisch) Variationsbreiten. Diese sind bei ihm größer als<br />

bei allen an<strong>de</strong>ren biologischen Systemen - nimmt man hier einmal <strong>de</strong>n Orang-Utan<br />

(z.B. RÖHRER-ERTL 1984b) aus. Nach solchen erscheinungbildlichen Merkmalen<br />

lassen sich nun menschliche Bevölkerungen weiter unterglie<strong>de</strong>rn bzw. klassifizieren.<br />

Nach KURTH (1962) gehören alle heute leben<strong>de</strong>n Menschen zur gleichen<br />

zoologischen Unterart (Subspecies = ssp.) Homo sapiens sapiens. Die darunter<br />

befindliche Klasse <strong>de</strong>r zoologischen Systematik bzw. Taxonomie ist dann die <strong>de</strong>r<br />

sympatrischen Forma, <strong>für</strong> welche heute innerhalb <strong>de</strong>r Zoologie hauptsächlich <strong>de</strong>r<br />

Begriff (Terminus) Rasse synonym verwen<strong>de</strong>t wird. Von daher betrachtet schränkt<br />

sich <strong>de</strong>r Begriff Rasse beim Menschen also auf die Bezeichnungen europid,<br />

mongolid <strong>und</strong> negrid (bzw. <strong>und</strong> Altschicht nach KURTH) ein. Die taxonomjsch<br />

wie<strong>de</strong>rum eine Stufe darunter anzusetzen<strong>de</strong>n Terminj nordid (synonym " nordjsch"<br />

etc.), fa elid (synonym " fälisch" etc.), alpid (synonym " alpin' , "ostisch" etc.),<br />

mediterranid (synonym "westisch etc.) usw. können dann nur als Rasse-Typen<br />

bezeichnet wer<strong>de</strong>n. Am Ran<strong>de</strong> sei erwähnt, daß die zoologische Nomenklatur<br />

generell auf <strong>de</strong>m ssp.-Niveau en<strong>de</strong>t <strong>und</strong> das <strong>de</strong>r sympatrischen Forma nur in<br />

speziellen Fällen verwen<strong>de</strong>t (z.B. Ornitologie/ Vogelk<strong>und</strong>e).<br />

Die Abgrenzung <strong><strong>de</strong>s</strong> einen Rasse-Typs vom an<strong>de</strong>ren ist seit jeher willkürlich<br />

erfolgt. Denn Variationsbreiten kennen keine Sprünge. Rasse-Typen sind -<br />

an<strong>de</strong>rs als z.B. Rassen o<strong>de</strong>r gar Unterarten - immer nur innerhalb biologischer<br />

Populationen (beim Menschen also Heiratskreise als geographische bzw. soziale<br />

Isolate) <strong>und</strong> bestimmter Klassenfrequenzen stabil. Sie sind also primär als<br />

statistische Größe erfaß- <strong>und</strong> auswertbar, können aber auch zur indjviduellen Kennzeichnung<br />

verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Es lassen sich also darüber u.a. auch Personen<br />

wie<strong>de</strong>rerkennen o<strong>de</strong>r - im statistischen Sinne - Populationen in <strong>de</strong>r Zeitfolge.<br />

Für die Rassen-Diagnose eines Individuums können primär sogenannte " nichtmetrische"<br />

Merkmale <strong><strong>de</strong>s</strong> Erscheinungsbil<strong><strong>de</strong>s</strong> herangezogen wer<strong>de</strong>n, wie z.B.<br />

Gesichtsprofiljerung (auch in Maßen ausdrückbar), Nasen-, Augenhöhlen­<br />

(Orbita-) o<strong>de</strong>r Stirnform. Für die Bestimmung <strong><strong>de</strong>s</strong> Rasse-Typs (innerhalb aller<br />

menschlichen Rassen) wer<strong>de</strong>n dann insbeson<strong>de</strong>re Maße be<strong>de</strong>utsam - auch als<br />

Verhältniswerte zweier über einen In<strong>de</strong>x miteinan<strong>de</strong>r in Beziehung gesetzter<br />

Einzeimaße. Dabei spielt seit Alters <strong>de</strong>r Längen-Breiten-In<strong>de</strong>x (LBI) <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Hirnschä<strong>de</strong>ls eine beson<strong>de</strong>re Rolle. Denn darüber kann die relative Schä<strong>de</strong>llänge<br />

(bzw. -Breite) - quasi griffig - ausgedrückt wer<strong>de</strong>n.<br />

In <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung folgen erst dann morphognostisch zu erfassen<strong>de</strong> erscheinungsbildliche<br />

Formmerkmale <strong><strong>de</strong>s</strong> Kopfes. Bei Vorljegen <strong><strong>de</strong>s</strong> Schä<strong>de</strong>ls in<br />

bestimmtem Erhaltungszustand (auch größere Fehlstellen müssen hier njcht<br />

hin<strong>de</strong>rlich sein, bleiben von <strong>de</strong>n hier entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Bereichen ausreichend Teile


137<br />

über die Angabe <strong>de</strong>r Kinneckpunkte. Alle Kinne wirken von daher also erheblich<br />

breiter, als " gewohnt". Wie alle an<strong>de</strong>ren wissenschaftlichen Darstellungen müssen<br />

also auch clie zeichnerischen Gesichtsrekonstruktionen " gelesen" wer<strong>de</strong>n, bzw.<br />

muß sich <strong>de</strong>r Nichtfachmann in sie erst "einsehen". Aber selbst, wenn dies nicht<br />

erfolgt, wird zweierlei augenfällig: Gruppenähnlichkeiten <strong>und</strong> individuelle<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten bei allen hier Dargestellten. Ergänzend sei angemerkt, daß Stirn<strong>und</strong><br />

Augenwinkelfalten nach begrün<strong>de</strong>ten Arbeitshypothesen <strong>und</strong> das Haarkleid<br />

nach Annahmen eingetragen wur<strong>de</strong>n (RÖHRER-ERTL & HELMER 1984).<br />

Bevor auf clie Rassen-Diagnose im Einzelnen einzugehen ist, erscheint es<br />

wichtig zu klären, ob alle Individuen <strong>de</strong>r untersuchten Stichprobe Do-es-Tafel kreuz<br />

einer biologischen Population im Sinne eines menschlichen Heiratskreises angehörten<br />

o<strong>de</strong>r nicht. Zu diesem Zweck wur<strong>de</strong>n 25 Schä<strong>de</strong>lmaße, 21 daraus gebil<strong>de</strong>te<br />

Schä<strong>de</strong>lindices <strong>und</strong> nachstehend aufgeführte " nichtmetrische" erscheinungsbildliche<br />

Formmerkmale (hier: anatomische Varianten) auf ihre Verteilung hin<br />

geprüft. Alle Maße <strong>und</strong> Indices zeigten sich in ihrer Wertevertei.lung nach <strong>de</strong>m Test<br />

im Wahrscheinlichkeitsnetz etc. (WEBER 1972) als normalverteilt <strong>und</strong> streuten<br />

ebenso über das gesamte Grabungsareal. Lediglich clie Variationsbreiten erscheinen<br />

als überdurchschnittlich groß. Bis hier ließ sich also noch kein Individuum erkennen,<br />

welches aus <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>gesamtheit auszuschließen wäre.<br />

An<strong>de</strong>rs steUte sich die Sache betreffs <strong>de</strong>r Auswertung " nichtmetrischer" erscheinungsbildlicher<br />

Merkmale dar.<br />

Die Hinterhauptansicht vom Schä<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>s</strong> mo<strong>de</strong>rnen Menschen Homo sapiens<br />

sapiens beschreibt in Etwa ein "ger<strong>und</strong>etes" Pentagramm als H-Form nach<br />

KURTH (1962) (Haus-Form). Der Nean<strong>de</strong>rthaler, H.s. nean<strong>de</strong>rthalensis, zeigt<br />

dagegen die P-Form (Pfannkuchen-Form) nach KURTH . Dabei liegt dann das Maß<br />

Nr. 8 (gr. Hirnschä<strong>de</strong>lbreite n. MARTIN 1928) dicht über <strong>de</strong>r Schä<strong>de</strong>lbasis. In <strong>de</strong>r<br />

untersuchten Stichprobe war nun auffällig, daß die Schä<strong>de</strong>l in Hinterhauptansicht<br />

(Norma occipitalis) mehrheitlich eine Konfiguration zeigten, welche in ihren<br />

extremen Ausprägungen voll in die Variationsbreite <strong>de</strong>r P-Form nach KURTH<br />

(Abb. 27e) gehört. Mehrheitlich aber liegen H/P-Mischformen vor (z.B. Abb. 2m,<br />

29c). Daneben gibt es dann auch die H-Form nach KURTH (z.B. Abb. 7b). Dies ist<br />

auch bei <strong>de</strong>r Durchsicht Z.B. <strong>de</strong>r abgebil<strong>de</strong>ten Frontalansichten weiter zu verfolgen.<br />

Die eben beschriebenen Konfigurationen lassen sich nun mit <strong>de</strong>r Höhe, in<br />

welcher Maß Nr. 8 am jeweiligen Schä<strong>de</strong>l zu fin<strong>de</strong>n ist (Meßpunkte Euryon li. u. re.),<br />

parallelisieren. Bei n = 84 diesbezüglich auszuwerten<strong>de</strong>n Schä<strong>de</strong>ln (Männer: n =<br />

49; Frauen: n = 35) ergibt sich dann folgen<strong>de</strong> Verteilung:<br />

P-Form n. KURTH i.w.S. (= Eurya frontal vor Angulus mastoi<strong>de</strong>us, also tief) =<br />

75 % ; H IP-Form n. KURTH (= Eurya zwischen Ang. mast. u. Tubera parietalia, also<br />

in mittlerer Lage) = 7,1 % <strong>und</strong> H-Form n. KURTH (= Eurya auf Tubera Par. bzw.<br />

dicht darunter) = 17,9 %. Diese Verhältnisse bestätigen sich auch anband <strong>de</strong>r nicht<br />

meßbaren Schä<strong>de</strong>l prinzipiell. Anzumerken wäre hier noch, daß die H-Form<br />

ausschließlich bei extrem schmalen <strong>und</strong> extrem breiten Schä<strong>de</strong>ln vorkommt.<br />

Sowohl von daher, als auch von <strong>de</strong>r gesamten Schä<strong>de</strong>l-Kurvatur her, erscheint<br />

hier lediglich die Frau Do-es 54/131 (Abb. 7b) als aus <strong>de</strong>m Rahmen <strong>de</strong>r Stichprobe<br />

Do-es-Tafelkreuz fallend.<br />

Weiterhin war auffällig, daß die Oberschuppe <strong><strong>de</strong>s</strong> Hinterhauptsbeines (=<br />

Squama ossis occipita.lis) - <strong>und</strong> damit ebenso "Seitenteil" (= Pars lateralis 0.0.)<br />

<strong>und</strong> Basisteil (= Pars basilaris 0.0.) - tief nach fußwärts (basal) ausgewölbt erscheint,<br />

wodurch <strong>de</strong>r Warzenfortsatz (= Processus mastoi<strong>de</strong>us) augenfällig zierlich ausgebil<strong>de</strong>t<br />

ist (Vermin<strong>de</strong>rung <strong><strong>de</strong>s</strong> Muskelzuges hier, durch Vergrößerung <strong>de</strong>r Muskel-


138<br />

ansatzfläche dort). Damit enthält bei diesen Schä<strong>de</strong>ln nicht <strong>de</strong>r Warzenfortsatz <strong>de</strong>n<br />

tiefsten Schä<strong>de</strong>lpunkt bei Gera<strong>de</strong>ausblick (= Ohr-Augen-Ebene bzw. OAE),<br />

son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>t sich nun im Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> Kopfgelenkes (= Condyli occipitalis).<br />

Bei n = 99 (bei<strong>de</strong> Geschlechter) stehen 66,7 % Individuen mit tief ausgezogenem<br />

Hinterhauptsbein 33,3 % mit flachen gegenüber (unter diesen ist auch Do-es<br />

54/131). Auch hier tritt letztere Form - sie ist bei Homo sapiens s. die absolut<br />

dominieren<strong>de</strong> - <strong>de</strong> facto nur in <strong>de</strong>n Extrembereichen von lang- <strong>und</strong> kurzschä<strong>de</strong>lig<br />

(= dolicho- <strong>und</strong> brachykran) auf. (z.B. Abb 2a, d, 3a, d, f, m, 5a).<br />

Daneben wer<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>re, erscheinungsbildliehe Merkmale auffällig. Einmal ist<br />

hier die " Schiefschä<strong>de</strong>ligkeit" o<strong>de</strong>r Plagiocephalie zu nennen. Dabei stoßen die<br />

Symmetrieebenen von Gesichts- <strong>und</strong> Hirnschä<strong>de</strong>l stumpfwinklig aufeinan<strong>de</strong>r. Die<br />

Mediansagittalebene erscheint also geknickt. Hier wer<strong>de</strong>n Schä<strong>de</strong>l (<strong>und</strong> Gesichtsrekonstruktionen)<br />

nach <strong>de</strong>r Symmetrieebene <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesichtes ausgerichtet, weil Verf.<br />

die Blickrichtung entschei<strong>de</strong>nd erscheint. Es kommen (bei<strong>de</strong> Geschlechter) 34,7 %<br />

links- (z.B. Abb 4m) <strong>und</strong> 65,3 % rechtsverlagern<strong>de</strong> Plagiocephalie (z.B. Abb 2c) in<br />

<strong>de</strong>r Stichprobe vor. Plagiocephalie tritt mit einer Frequenz von 23,6 % bei n = 11 °<br />

auf. Plagiocephale Schä<strong>de</strong>l zeigen i.A. dieses Merkmal <strong>de</strong> facto immer in auffäWger<br />

Weise. Daß sich dies am Leben<strong>de</strong>n z.T. sehr stark relativiert, sei am Ran<strong>de</strong> erwähnt<br />

(z.B. Abb. 7e, 14e).<br />

Angemerkt sei, daß Plagiocephalie nicht mit <strong>de</strong>r sogenannten Erd<strong>de</strong>formation<br />

zu verwechseln ist, welche ebenfalls vereinzelt im Material von Do-es-Tafel kreuz<br />

vorkommt (z.B. Do-es 54/138). Bei Erd<strong>de</strong>formation han<strong>de</strong>lt es sich oft um ein<br />

"Verziehen" <strong><strong>de</strong>s</strong> frischen Knochens, welches im Wesentlichen durch wie<strong>de</strong>rholte<br />

Wasseraufnahme <strong>und</strong> -Abgabe in vollständigem bzw. teilweisem Zustand <strong>de</strong>r Einsedimentierung<br />

(also unterschiedlichen Drucken) hervorgerufen wird. Wesentlich<br />

dabei erscheint, daß die Collagen-Fasern <strong><strong>de</strong>s</strong> Knochens " arbeiten" können, <strong>de</strong>r<br />

Schä<strong>de</strong>l also nicht mehr ein geschlossenes Ganzes bil<strong>de</strong>t (z.B. Do-es 54/138). Eine<br />

an<strong>de</strong>re Ursache <strong>für</strong> Erd<strong>de</strong>formation ist in <strong>de</strong>r unterschiedlichen Wasseraufnahmefähigkeit<br />

<strong>und</strong> Plastizität <strong>de</strong>r schä<strong>de</strong>lhohlraumfüllen<strong>de</strong>n im Gegensatz zu <strong>de</strong>n <strong>de</strong>n<br />

Schä<strong>de</strong>l (o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re, hohle Knochen) umgeben<strong>de</strong>n Sedimenten zu suchen. Auch<br />

hier wird wie<strong>de</strong>rholte Wasseraufnahme <strong>und</strong> -Abgabe (z.B. im Jahresrhythmus) -<br />

<strong>und</strong> zwar unter Druck - eine Verformung hervorrufen, welche aber von einer<br />

Vielzahl feinster Haarrisse begleitet wird (z.B. Do-es 53/078). Erd<strong>de</strong>formationen<br />

sollten immer klar diagnostizierbar sein.<br />

Ein weiteres erscheinungsbildliches Merkmal, welches über die gesamte<br />

Stichprobe etwa normalverteilt streut (bei<strong>de</strong> Geschlechter) ist das "gespaltene<br />

Kinn" (z.B. Abb. 7e, f, 8b, c, e, f; ge, f; lOb, c; 11b, c; 13b, c; 14b, c; 15b, c; 16b, c;<br />

17b, c, e, f; 18b, c; 1ge, f). Es tritt mit einer Frequenz von 31,3 % bei n = 80 auf.<br />

Darüber hinaus treten folgen<strong>de</strong> anatomische Varianten (Nomenklatur <strong>und</strong><br />

Definition nach REINHARD & RÖSING 1985) auf:<br />

Torus palatinus ("Gaumenverdickung") = 18,3 % bei n= 71 ; Cribra orbitalia<br />

("Augendachfenster") = 1 0,1 % bei n = 119; Sutura metopica ("persistieren<strong>de</strong><br />

Stirnnaht) = 19,3 % bei n = 119 <strong>und</strong> Schaltknochen in <strong>de</strong>n Nähten zwischen<br />

Scheitelbein (Os parietale), Hinterhauptsbein <strong>und</strong> Schläfenbein (Os temporale)<br />

(d.h. von Sut. lambdoi<strong>de</strong>a bis zur Sutura squamosa) = 26,1 % bei n = 119.<br />

Davon fin<strong>de</strong>n sich in Sut. lamdoi<strong>de</strong>a (Abb. 2a, c, g, m) sog. Ossa sut. lambd. =<br />

24,4%, Spitzknoehen (0. lambdae) = 6,7 %, " Inkabein" (Abb. 6g) = 4,2 %;<br />

Ossa sut sqamosae = 6,7 %; Os incisurae parietalis (Abb. 2h, 4a, 6e) = 5,9 % Ossa<br />

sut. sagittalis (Abb. 3c) = 0,8%.


139<br />

Es scheint hier die Anlage zur Ausbildung von Schalt- bzw. Nahtknochen bei<br />

Scheitel- <strong>und</strong> Hinterhauptsbein in unterschiedlich starkem Gra<strong>de</strong> ausgeprägt zu<br />

sein. Denn es ist eine praktisch nahtlose "Reihe" von "Knochenbän<strong>de</strong>rn" bis zu<br />

vereinzelten Schaltknochen feststellbar.<br />

Zahnunterzahlen, also die (erbliche) Nichtanlage einzelner o<strong>de</strong>r mehrerer<br />

Zähne, treten mit einer Frequenz von 8,8 % bei n = 91 auf. Dabei sind in 7 Fällen<br />

bei<strong>de</strong> letzte Mahlzähne (M3) <strong><strong>de</strong>s</strong> Unterkiefers (Mandibula) <strong>und</strong> in einem Falle auch<br />

noch bei<strong>de</strong> M2 nicht angelegt (Abb 24c, d). Ferner sind in 3 Fällen bei<strong>de</strong> M3 <strong>und</strong> in<br />

einem Fall bei<strong>de</strong> äußeren Schnei<strong>de</strong>zähne (12) <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberkiefers (Maxilla) nicht<br />

angelegt. Es gibt insgesamt 8 Individuen mit Zahnunterzahlen.<br />

Zahnüberzahlen, also eine Mehrproduktion <strong>de</strong>r Zahnleiste, treten mit einer<br />

Frequenz von 1,1 % bei n= 91 (bei<strong>de</strong> Geschlechter) auf. Die Frau Do-es 53/050<br />

hatte einen voHausgebil<strong>de</strong>ten 3. Eckzahn (C) quer im Alveolarknochen <strong><strong>de</strong>s</strong> linken<br />

Oberkiefers stecken (Abb 25a, b). Mit gleicher Frequenz von 1,1 % bei n = 91 trat<br />

auch ein Tuberculum CarabelLi an einem MI <strong><strong>de</strong>s</strong> rechten Oberkiefers <strong><strong>de</strong>s</strong> Mädchens<br />

Do-es 54/112 auf. Damit wäre bereits die Grenze zur Zahnschrnelzüberproduktion<br />

überschritten, wie sie durchaus <strong>für</strong> Populationen typisch sein kann.<br />

Die Frau Do-es 54/130-1 hatte am rechten 2. Yormahlzahn (P2) <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Unterkiefers eine " Zahnschmelz-Perle" (Enamelum-Hyperplasie).<br />

Zahnfehlstän<strong>de</strong> <strong>und</strong> Zahnengstän<strong>de</strong> (Abb 24f) wur<strong>de</strong>n mit einer Frequenz von<br />

22,0 % bei n = 91 (Frauen:42,4 % <strong>und</strong> Männer 13,3 % - Zufallsauslese?)<br />

festgestellt. Auch dies gilt als erbliches Merkmal (frdJ. Mitt. 1. SCHMIDHUBER­<br />

SCHNEIDER/München).<br />

Vor die em Hintergr<strong>und</strong> meint Yerf. mit hinreichen<strong>de</strong>r Sicherheit aus agen zu<br />

können, daß alle in die Stichprobe eingegangenen Skelet-Individuen zur gleichen<br />

biologischen Population im Sinne eines menschlichen Heiratskreises (vergl. z.B.<br />

RÖHRER-ERTL 1987) gehören. Dem entspricht dann ja auch, daß aUe erhobenen<br />

Maße <strong>und</strong> Indices im Sinne einer Normalverteilung über die Stichprobe streuen.<br />

Das gilt auch <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Längen-Breiten-In<strong>de</strong>x <strong><strong>de</strong>s</strong> Hirnschä<strong>de</strong>ls (LBI), weIcher<br />

traditionell (z.B. MARTIN 1928) als beson<strong>de</strong>rs wichtig <strong>für</strong> die Diagnose von Rasse­<br />

Typen gilt.<br />

An <strong>de</strong>r Kurve <strong><strong>de</strong>s</strong> LBI (Abb Id) ist ablesbar, daß die Yerteilungeingipflig <strong>und</strong> in<br />

etwa normal verteilt ist (vergl. z.B. WEBER 1972). Auffällig aber erscheint hier (wie<br />

auch bei an<strong>de</strong>ren Werten) die enorme Yariationsbreite von Inf. 58 bis Sup. 103<br />

In<strong>de</strong>x-Einheiten, also eineSpanne von 45 IE. Somit liegt also auch hier eine fließen<strong>de</strong><br />

Reihe vor, bei <strong>de</strong>r aUe Trennungen willkürlich erscheinen müssen. Und <strong><strong>de</strong>s</strong>halb sind<br />

sie auch nach eingeführten <strong>und</strong> standardisierten Gesicht punkten vorgenommen<br />

wor<strong>de</strong>n (z.B. EICKSTEDT 1934, MARTIN 1928 - Abb. le).<br />

1m gleichen Sinne ist es zu werten, wenn in <strong>de</strong>r untersuchten Stichprobe<br />

ausschließlich geschlossene Orbitae (Augenhöhlen) nach GERASIMOV (RÖHRER­<br />

ERTL & HELMER 1984) auftreten. Die einzige Ausnahme auch hier bil<strong>de</strong>t wie<strong>de</strong>rum<br />

die Frau Do-es 54/131, weIche als einzige offene Orbitae nach GERASIMOV (Abb.<br />

7c) zeigt.<br />

Alle Nasen sind an <strong>de</strong>r Wurzel <strong>de</strong>utlich bis tief eingesattelt, mehrheitlich mitteIbreit<br />

<strong>und</strong> haben einen hohen (also <strong>de</strong>utlich bis kräftig vorspringen<strong>de</strong>n), relativ<br />

breiten <strong>und</strong> weich ger<strong>und</strong>eten Rücken. Dabei kommen (bei<strong>de</strong> Geschlechter)<br />

ausschließlich gera<strong>de</strong> (49,9% bei n = 89) bis konvex gebogene Nasen (50,6 % bei n<br />

= 89) in auch hier fließen<strong>de</strong>r Reihe vor (vergl. z.B. Abb 8a-20 u. 21a). (Frequenz<br />

gera<strong>de</strong> <strong>und</strong> konvex gebogene Nasen; Männer 39,6% <strong>und</strong> 60,4% bei n = 48;<br />

Frauen: 61,0% <strong>und</strong> 39,0% bei n = 41).


140<br />

Nur di e Frau 54/131 hat eine breite Nase mit flachem, konkav gebogenem<br />

Rücken <strong>und</strong> ti ef abgesetzten, r<strong>und</strong>lichen Flügeln (Abb. 20d-f).<br />

Typisch <strong>für</strong> die Gesichter <strong>de</strong>r Stichprobe erscheint, daß sie tief profiliert sind.<br />

Daneben kommt aber auch die z.B. <strong>für</strong> kurzköpfige Individuen oft kennzeichnen<strong>de</strong><br />

Gesichtsflachheit vor - auch außerhalb <strong>de</strong> Rasse-Typs eu-alpid (z.B. Abb. 4c).<br />

Damit gehören alle Individuen <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz zur Rasse<br />

europid. Lediglich die Frau Do-es 54/131 sticht davon ab <strong>und</strong> ist zur Rasse<br />

mongolid zu stellen. Hie r waren keinerlei erscheinungsbildliehe Merkmale<br />

feststeUbar, welche aus <strong>de</strong>m Rahmen von mongolid gefallen <strong>und</strong> damit z.B. eine<br />

Bastardisierung mit <strong>de</strong>r Rasse europid nahegelegt hätten.<br />

In <strong>de</strong>r Taxonomie eine Stufe darunter waren zu bestimmen bzw. unterscheidbar:<br />

die Rasse-Typen eu-nordid = 48,3 %, eu-faelid = 32,2 % <strong>und</strong> eu-alpid = 19,5 %<br />

(<strong>für</strong> bei<strong>de</strong> Geschlechter) <strong>und</strong> zwar bei n = 118.<br />

Die Individuen <strong><strong>de</strong>s</strong> Rasse-Typs eu-no rdid (" nordisch" etc.) (Abb. 2-4b; 5-6g;<br />

7d-l0f;15-17c) wer<strong>de</strong>n durch einen lang-schmalen Hirnschä<strong>de</strong>l <strong>und</strong> ein<br />

hochschmales Gesicht (= R eihengräbertyp nach ECK R) gekennzeichnet, wobei die<br />

hier festgehaltenen Formen <strong>de</strong>r großen Gesichtsorgane in die vorgegebene Variationsbreite<br />

(z.B. EICKSTEDT 1934) fallen . Im Untersuchungsgut fan<strong>de</strong>n sich -<br />

speziell im Extrembereich von lang-schmal - erscheinungsbildliehe Einzelzüge,<br />

welche <strong>de</strong>n Verdacht e rwecken hierbei könne es sich um Individuen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Rasse-Typ eu-mediterranid (" westisch", also vorwiegend am europäischen<br />

Mittelmeer vorkommend) han<strong>de</strong>ln (z.B. Abb. 3f, g, 1 Oa-c). Jedoch war dies mit <strong>de</strong>r<br />

eingeführten Methodik (vergl. z.B . SCHRÖTER 1986) nicht zu fiXieren. Der<br />

Verdacht als solcher blieb aber ebenso unausgeräunt.<br />

Die Individuen <strong><strong>de</strong>s</strong> Ras e-Typs eu-faelid ("fä lisch" etc.) sind durch mitteUange<br />

Hirnschä<strong>de</strong>l <strong>und</strong> hoch-breite Gesichter gekennzeichnet (Abb. 4c-f, 6a-g,<br />

12-13, 17 -19c). Die hier fe tgestellten Formen <strong>de</strong>r großen Gesichtsorgane passen in<br />

die vorgegebene Variationsbreite. Die faeli<strong>de</strong> erscheinungsbildliche Merkmalskombination<br />

muß al <strong>für</strong> die untersuchte Stichprobe dominierend angesehen<br />

wer<strong>de</strong>n (auch wenn Individuen mit mittellangen Hirnschä<strong>de</strong>ln hier nicht die größte<br />

Einzelgruppe darstellen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Mittelwert nicht hier zu fin <strong>de</strong>n ist. Ge mein am mit<br />

<strong>de</strong>m mäßig langen aber bil<strong>de</strong>n sie die größte Einzelgruppe <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Mitte lwert fällt<br />

dann in diese Gruppe).<br />

Die Individuen <strong><strong>de</strong>s</strong> Rasse-Typs eu-alpid (" alpin", "ostisch" etc.) ist durch kurze<br />

Hirnschä<strong>de</strong>l, breit-niedrige Gesichter <strong>und</strong> eine <strong>de</strong>utliche Gesichtsflachheit im<br />

Mittel zu kennzeichnen (Abb. 4g-m, 6h-i, 13d-14, 19d-20c). Die festgestellten<br />

Formen <strong>de</strong>r großen Gesichtsorgane innerhalb <strong>de</strong>r Stichprobe passen noch in die<br />

vorgegebene Variationsbreite.<br />

Nach allen diagnostizierbaren erscheinungsbildlichen Merkmalen fällt die Frau<br />

Do-es 54/131 (Abb. 6k-m, 7a-c, 20d-f) völlig aus <strong>de</strong>m Rahmen <strong>de</strong>r untersuchten<br />

Stichprobe. Für die Rassen-Diagno e mongolid - <strong>und</strong> das legen in diesem Falle aUe<br />

morphognostischen D aten nahe - wird in <strong>de</strong>r Literatur (z.B. LIPTAK 1983,<br />

OSCH1NSKY & I GRAM 1964) eine vor<strong>de</strong>re Interorbitalbreite (Maß Nr. 50) von um<br />

25 mm ein Zygo-MaxilIar-Winkel von über 129 0 <strong>und</strong> ein Naso-Malar-Winkel von<br />

über 139 0 als entschei<strong>de</strong>nd angesehen. Dann erst fo lgen in <strong>de</strong>r Wichtigkeit an<strong>de</strong>re<br />

erscheinungsbildliche Merkmale. Der Mittelwert von Maß Nr. 50 in <strong>de</strong>r Stichprobe<br />

Do-es-Tafelkreuz beträgt 25,2 mm (s = 2,7mm, Inf. = 20 mm ; Sup. = 31 mm, bei<br />

n = 57; Männer <strong>und</strong> Frauen). In einem solchen Rahmen kann di e Frau Do-es<br />

54/131 mit einem Wert <strong>für</strong> Maß 50 von 23 mm, einen Zygo-Maxillar-Winkel von<br />

129 0 <strong>und</strong> einem Naso-Maxillar-Winkel von 139 0 nicht weiter auffalIen, vor allem


141<br />

dann, wenn in <strong>de</strong>r Stichprobe (Rasse-Typen eu-alpid durchgehend <strong>und</strong> eu-faelid<br />

z.T.) Zygo-Maxillar-Winkel von über 129 0 <strong>und</strong> Naso-Malar-Winkel von über 139 0<br />

relativ oft vorkommen. Maße <strong>und</strong> Winkel sollten also nicht isoliert <strong>für</strong> sich allein,<br />

son<strong>de</strong>rn immer im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Gesamt- <strong>und</strong> Einzelformen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Gesichtes bzw. Schä<strong>de</strong>ls betrachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Und dann nämlich ergibt sich eine Schä<strong>de</strong>l-Scheitelkurve (Mediansagittalkurve)<br />

mit fast lotrechter über <strong>de</strong>n Wangen aufsteigen<strong>de</strong>r Stirn, eingesatteltem Scheitel<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>m höchsten Scheitelpunkt (Vertex) im rückenwärtigen Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Schä<strong>de</strong>ldaches.<br />

Das Hinterhaupt ragt also hoch auf, um danach wie<strong>de</strong>rum steil abzufallen.<br />

Es s.ind also nicht nur Augenhöhlen, Nasen etc. bei Do-e 54/131 innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Stichprobe auffällig in ihrer Abweichung. Die Orbitae sind offen nach GERASIMOV,<br />

die Nase ist nicht eingesattelt, breit, mit flachem <strong>und</strong> weich ger<strong>und</strong>etem <strong>und</strong> konkav<br />

gebogenem Rücken (sog. "Hirnmelfahrts-" o<strong>de</strong>r " Stupsnasen"). Die Nasenflügel<br />

setzen tief an <strong>und</strong> beschreiben in etwa einen engen Kreisbogen. Die Nasenspitze<br />

zeigt, wie gesagt, nach oben - alles , wie es <strong>für</strong> die Rasse mongolid als kennzeichnend<br />

gilt. In gleiche Richtung weisen auch alle erscheinungsbildlichen Merkmale, soweit<br />

sie hier aussagefähig sein könnten.<br />

Nach <strong>de</strong>n Proportionen <strong><strong>de</strong>s</strong> Hirnschä<strong>de</strong>ls (mittellang) <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Gesichts<br />

(hoch-breit) (Abb. 6k-m,7a-b, 20d-f) ist <strong>de</strong>r Rasse-Typ mo-sinid (EICKSTEDT<br />

1934) zu diagnostizieren. Die Frau Do-es 54/131 muß <strong>de</strong>mnach als biologisch<br />

fremd in <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz anzusehen sein<br />

Krankhafte Knochenverän<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Aberrationen<br />

Es erscheint einleuchtend, daß nur ein kleiner Teil von Krankheiten sichtbare<br />

Spuren am Knochen hinterlassen kann. Man kann also nur darüber an dieser Stelle<br />

Aussagen erwarten. Unter die hier nicht nachweisbaren Krankheiten zählen lei<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> vor allem auch solche Krankheiten, welche bekanntlich in vorindustriellen<br />

Populationen gut (o<strong>de</strong>r mehr als) 95 % <strong>de</strong>r Gesamtsterblichkeit verursachten - also<br />

praktisch alle sog. Infektionskrankheiten (z.B. RÖHRER-ERTL 1980a).<br />

Und doch liegt in <strong>de</strong>n am Knochen erkennbaren Krankheitsspuren im weiteren<br />

Sinne ein durchaus noch weitgehend unerschlossenes Reservoir an Hinweisen auf<br />

allgemeine <strong>und</strong> spezielle Lebensbedingungen früherer menschlicher Bevölkerungen<br />

(bzw. Teil-Bevölkerungen) vor (vergl. z.B. BArER 1988). Bei aller - vor<br />

allem materialbedingten - Unvollständigkeit, soll das hier kurz expliziert wer<strong>de</strong>n.<br />

Dabei wer<strong>de</strong>n nur dann die Namen <strong>de</strong>r Krankheiten genannt, wenn <strong>de</strong>ren Diagnose<br />

durch <strong>de</strong>n Arzt ein<strong>de</strong>utig durchzuführen war. Ansonsten wird sich auf die Nennung<br />

<strong>de</strong>r diagnostizierbaren Symptome bzw. Gruppe von Erkrankungen beschränkt. Die<br />

Diagnosen stellten: Frau Dr. 1. SCHMIDHUBER-SCHNEIDER/MÜDchen (Zähne <strong>und</strong><br />

Zahnhalteapparat), Herr Prof. Dr. K.-W. FREY / München (medizin. Diagnostik <strong>für</strong><br />

Donaueschingen) <strong>und</strong> Herr Prof. Dr. D. HAHN/München (medizin. Diagnostik <strong>für</strong><br />

K<strong>und</strong>l in TiroJ).<br />

Als wichtigste, weil zahlenmäßig stärkste, Gruppe treten sogenannte<br />

"rheumatische" Erkrankungen in Erscheinung, welche auch als " <strong>de</strong>generative<br />

Prozesse" bezeichnet wer<strong>de</strong>n. Sie treten in, an <strong>und</strong> neben Gelenken <strong>de</strong>r Wirbelsäule<br />

(WS) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Arme <strong>und</strong> Beine (Extremitäten) auf. Wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> überwiegend fragmentarischen<br />

Erhaltungszustan<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>r meisten Skelet-Individuen aus <strong>de</strong>r<br />

Stichprobe Do-es-Tafelkreuz aus insgesamt bis zu 5 Belegungsschichten (z.T. sogar<br />

nur durch 1 Einzelknochen repräsentiert) meint Verf. auf die Mitteilung von


142<br />

Befalls-Frequenzen mehrheitlich verzichten zu müssen (Fehler <strong>de</strong>r kleinen Zahl ist<br />

nicht auszuschließen). Sie lägen aber innerhalb bekannter Rahmen (z.B. BArER<br />

1988). ,<br />

Im Zusammenhang mjt <strong>de</strong>r Ausbildung von SCHMORL'schen Knötchen <strong>und</strong><br />

Randwülsten bzw. -Zacken an Brust- <strong>und</strong> Len<strong>de</strong>nwirbel spricht man von<br />

Spondylosen. Sind die kleinen Wirbelgelenke ebenfalls betroffen, wie das meist <strong>de</strong>r<br />

Fall ist, von Spondylarthrosen (Abb. 21 b). Diese beginnen z.T. bereits in jungen<br />

Jahren - wie heute ebenfalls - <strong>und</strong> verstärken sich immer weiter bis ins hohe Alter<br />

hinein. Die Stärke <strong>de</strong>r Symtome hängt offensichtlich einmal von erblichen<br />

Komponenten ab <strong>und</strong> dann von <strong>de</strong>r jeweiligen individuellen körperlichen Belastung<br />

- speziell bei Einseitigkeit (also Arbeit). Die Diagnose ist bei Grabungsmaterial an<br />

verbranntem Knochen (z.B. röntgenologisch) ein<strong>de</strong>utiger <strong>und</strong> einfacher zu stellen,<br />

als an unverbranntem (vergl. z.B. RÖHRER-ERTL 1987).<br />

Bei <strong>de</strong>r fr-adulten Frau Do-es 37/02-1 wur<strong>de</strong> z.B. Morbus SCHEUERMANN<br />

die sog. Adoleszentenkyphose (= Osteochondrosis <strong>de</strong>formans juvenilis) mit<br />

aseptischer Epiphyseonekrose (mit röntgenologisch nachweisbaren, unruhigen<br />

Kanten <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Deckplatten einzelner Wirbel <strong>de</strong>r mittl. u. unter. Brust-WS,<br />

Keilbildungen etc.) <strong>und</strong> daraus resultieren<strong>de</strong>r Kyphose festgestellt. Diese<br />

Erkrankung befällt primär Jugendliche <strong>und</strong> tritt innerhalb <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es­<br />

Tafelkreuz sehr häufig auf. Morb. SCHEUERMANN heilt oft aus. Es bleibt dann<br />

lediglich eine gewisse Steife zurück.<br />

Fast aUe Individuen mit Morb. SCHEUERMANN zeigen aber zusätzlich eine<br />

Spondylosis <strong>de</strong>formans, also eine sog. <strong>de</strong>generative Erkrankung <strong>de</strong>r Wirbelkörper<br />

<strong>und</strong> Bandscheiben, was sich z.B. röntgenologisch durch unruhige Konturen,<br />

Zacken, Randwulste an <strong>de</strong>n Wirbelkörpern zeigt (Abb. 21 b). Symptome sind vor<br />

allem ausstrahlen<strong>de</strong> Schmerzen <strong>und</strong> Bewegungseinschränkungen.<br />

Bei sehr vielen Skelet-Individuen <strong>de</strong>r Stichprobe, vor allem in <strong>de</strong>r Sterbealtersgruppe<br />

matur, kommen dann noch Spondylarthrosen, also Arthrosen <strong>de</strong>r<br />

kleinen Wirbelgelenke hinzu.<br />

Alle Gelenkerkrankungen <strong>de</strong>generativer Art entstehen vorwiegend aus einem<br />

Mißverhältnis zwischen Beanspruchung <strong>und</strong> Beschaffenheit bzw. Leistungsfähigkeit<br />

<strong>de</strong>r einzelnen Gelenkanteile <strong>und</strong> -Gewebe. Es liegt hier also ein Form­<br />

Funktionsproblem vor. Sie können daher im Einzelnen sehr unterschiedliche <strong>und</strong><br />

dabei komplexe Ursachen haben. Am Knochen allein ist daher dazu wohl nur selten<br />

eine klare bzw. enggefaßte Diagnose möglich. Jedoch soUte wohl in allen Fällen<br />

auch immer eine erbliche Disposition eine RoHe spielen. Insgesamt zeigten 41<br />

Männer <strong>und</strong> 27 Frauen <strong>de</strong>r Stichprobe Symptome <strong>de</strong>r besprochenen Art. Dazu<br />

käme noch eine Anzahl weiterer Skelet-Individuen, bei welchen eine Diagnose aus<br />

Erhaltungsgrün<strong>de</strong>n nicht über eine Vermutung hinaus zu sichern war.<br />

Beim sp-adulten Mann Do-es 37/41 (Abb. 21c,d) sind Kreuzbein (Sacrum) <strong>und</strong><br />

die Len<strong>de</strong>nwirbel 2-5 (Vertebrae lumbales) erhalten. Hier sind aUe Teile über<br />

(ehemals) spondylotische Randwülste miteinan<strong>de</strong>r fest verwachsen. Es liegt also ein<br />

Fall von Morbus FERRIER bzw. Spondylosis (<strong>de</strong>formans) hyperostoticans vor. Nach<br />

Abschluß dieses Verwachsungsprozesses hörten die Schmerzen auf. Da<strong>für</strong> war dann<br />

die Bewegungseinschränkung eine erhebliche (u.V. hat sie <strong>de</strong>n gesamten Rumpf<br />

betroffen). Morbus FERRIER tritt relativ selten auf.<br />

In 8 Fällen wur<strong>de</strong> Blockwirbelbildung festgestellt (Männer: 53/018-1, fr-mat.<br />

LW5/sacrum; 53/049-Isen. 2 LW; 53/057, juv., 2BW; 54/103-1, sp-mat., HW 3/4;<br />

54/124-1, sp-mat.; 3 BW. Frauen: 53/068, sp-ad., HW 2/3; 54/118-1, sen. LW 4/5;<br />

54/131 fr-mat., HW 3/4). Unter Blockwirbelbildung versteht man eine vollständige


143<br />

o<strong>de</strong>r unvollständige Verschmelzung zweier benachbarter Wirbelkörper unter<br />

entsprechen<strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>r betr. Bandscheibe bzw. Knorpelhafte (Wirbelsynchondromgewebes)<br />

auf angeborener (z.B. Störung <strong>de</strong>r Chorda-Entwicklung bei<br />

intrauterinem Sauerstoffmangel, Erb- o<strong>de</strong>r Systemerkrankungen - vergl Morb.<br />

KLIPPEL-FEIL) o<strong>de</strong>r erworbener Gr<strong>und</strong>lage (oft nach Spondylitis tuberculosa).<br />

Die Skelet-TBC kann alle Abschnitte <strong>de</strong>r Wirbelsäule befallen, ist aber bei<br />

Spondylitis tuberculosa meist in <strong>de</strong>r unteren Brust-WS <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Len<strong>de</strong>n-WS zu<br />

fin<strong>de</strong>n. Eine Ausheilung führt dann zu abstützen<strong>de</strong>r Spangen bildung o<strong>de</strong>r Blockwirbelbild<br />

ung.<br />

Daneben gibt es als weitere Hauptursache - bei unspezifischer Spondylitis -<br />

<strong>für</strong> Blockwirbelbildung eine hämatogene Absiedlung von Eitererregern (meist<br />

Staphylococcus aureus) <strong>und</strong> zwar vorwiegend im unteren Bereich <strong>de</strong>r Brust-WS <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Len<strong>de</strong>n-WS zwischen <strong>de</strong>m 20. <strong>und</strong> 30. Lebensjahr. Ohne zusätzliche Bef<strong>und</strong>e<br />

(hier <strong>de</strong>r Fall) ist also eine klare Diagnose allein aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Wirbelbefun<strong><strong>de</strong>s</strong> nicht<br />

zu stellen.<br />

Nun legt das mediale En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> rechten Schlüsselbeines (Clavicula) <strong>de</strong>r sp-mat.<br />

Frau Do-es 53/087-1 <strong>de</strong>n Verdacht auf Skelet-TBC nahe. (Mangels weiterer,<br />

aussagefähiger Skelet-Teile war <strong>de</strong>r Bef<strong>und</strong> nicht abzusichern). Von daher könnte<br />

aber Skelet-TBC durchaus auch in <strong>de</strong>r untersuchten Stichprobe vorgekommen<br />

sein. Vor allem bei <strong>de</strong>m juv. Mann Do-es 53/057 sollte eine an<strong>de</strong>re Erklärung <strong>für</strong><br />

die Blockwirbelbildung nicht leicht fallen.<br />

Blockwirbel treten in praktisch allen Serien <strong>de</strong>r Zeit auf (z.B. BAlER 1988).<br />

Nach <strong>de</strong>r Ausheilung bleibt eine Steifigkeit zurück. Aber <strong>de</strong>r Schmerz ist dann fort.<br />

Auch bei <strong>de</strong>n <strong>de</strong>generativen Gelenkerkrankungen an <strong>de</strong>n Extremitäten, also<br />

<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m Begriff Arthrosis <strong>de</strong>formans zusammengefaßten Erscheinungen,<br />

liegt ein Form-Funktionsproblem vor. Auch hier ist i.A. eine nähere Einengung <strong>de</strong>r<br />

Diagnose auf eine Form nicht möglich. Denn es liegt ja nur <strong>de</strong>r (oft unvollständig<br />

erhaltene) Knochenbef<strong>und</strong> vor. Denn auch hier han<strong>de</strong>lt es sich immer um komplex<br />

begrün<strong>de</strong>te <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r ablaufen<strong>de</strong> Geschehen.<br />

Bei insgesamt 18 Männern <strong>und</strong> 13 Frauen wur<strong>de</strong>n Arthrosen (Arthrosis<br />

<strong>de</strong>formans) festgestellt. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich in 19 Fällen um arthrotische<br />

Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r mittleren Gelenke, wo vor allem das Ellbogengelenk auf einer<br />

Seite stärker betroffen war, als auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren (Abb. 21e). In allen diesen<br />

Fällen waren auch kleine Gelenke (an Hän<strong>de</strong>n <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r Füßen) mitbetroffen.<br />

In 3 Fällen (Mann: Do-es 37/38, fr-mat., li. ; Frauen: Do-es 53/061a-l, sen., Li .;<br />

Do-es 53/065A, fr-ad., re. u. li.) lag eine Arthrosis <strong>de</strong>f. <strong><strong>de</strong>s</strong> KniegeLenkes vor. Alle<br />

an<strong>de</strong>ren Fälle (<strong>und</strong> auch die letztgenannten) zeigten arthrotische Verän<strong>de</strong>rungen<br />

an kleinen Gelenken (Abb. 21 f) .<br />

In 2 Fällen (Mann Do-es 53/095-11, fr-ad. li. Tibia dist.; Frau 54/135-1, fr-ad.<br />

re. Femur an Troch. major) wur<strong>de</strong>n Sehnenverknöcherungen, sog. Exostosen, festgestellt.<br />

Derartige Bildungen sind nicht als krankhaft anzusehen, gehören also ins<br />

Bild <strong><strong>de</strong>s</strong> Normalen <strong>und</strong> stellen eine sog. Aberratio dar.<br />

Auch die Fälle von Arthrosis <strong>de</strong>formans im untersuchten Material stellten<br />

keineswegs beson<strong>de</strong>rs schwere Fälle. Überwiegend müssen die Erkrankungen sogar<br />

als leicht anzusehen sein, weil die Verän<strong>de</strong>rungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Knochen diskret sind.<br />

Die fr-adulte Frau Do-es 37/02-1 zeigt einen lumbal-sacralen Übergangswirbel<br />

(Abb. 22a), also (hier) einen einseitig mit <strong>de</strong>m Kreuzbein " verschmolzenen"<br />

Len<strong>de</strong>nwirbel als angeborene Mißbildung. Daraus resultierte eine angeborene<br />

Wirbelsäulenverkrümmung, eine Skoliose. Denn die Len<strong>de</strong>nwirbelsäule wur<strong>de</strong>


144<br />

dadurch nach rechts abgebogen, was dann im Bereich <strong>de</strong>r Brustwirbelsäule durch<br />

ei ne Biegung nach links ausgeglichen wor<strong>de</strong>n i t.<br />

D er fr- mature Mann Do-es 37/56b-1 zeigt am Kreuzbei n Spaltwirbelbildung,<br />

also eine Spina bifida ab S2. Das ist eine angeborene Aberration, welche hier sicher<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Betroffenen ohne eine erkennbare Benachteiligung blieb.<br />

D as etwa 4-5jährige Mädchen Do-es 37/56-111 zeigt auf <strong>de</strong>r Innenseite <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Hinterha uptbeins (Tab. int. o. occip.) hyperostotische Auflagerungen von<br />

Knochenmaterial (Abb. 22b), also eine Hyperostosis calvariae diffusa. Das ist eine<br />

Krankheit, <strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong> etc. noch diskutiert wer<strong>de</strong>n. Auswirkungen sind in di esem<br />

Falle nicht konkret zu benennen.<br />

Derartige zusätzliche Bildungen von Hartgeweben stehen dann auch immer<br />

wie<strong>de</strong>r Bef<strong>und</strong>e gegenüber, welche einen Abbau <strong>de</strong>rselben zeigen. Hier wird <strong>de</strong>r<br />

Bef<strong>und</strong> vom rechten Schienenbein (Tibia), direkt unterhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Knies <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r<br />

Außenseite (re. Tibia, basal d. Cond. lat.) vorgestellt, wie er am (verbrannten)<br />

Skelett <strong>de</strong>r fr-adulten Frau AG 808 von K<strong>und</strong>l/Tirol (ca. 50-16 v.CIu.) vorliegt.<br />

Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um eine umschriebene Osteoporose mit Spongiosierung <strong>de</strong>r<br />

Corticalis (Abb. 22c), <strong>de</strong>ren Ursache unbekannt ist. Hier war aber <strong>de</strong>r rechte Unterschenkel<br />

nur min<strong>de</strong>r belastbar.<br />

Am rechten Schienenbein (Tibia) <strong><strong>de</strong>s</strong> sp-maturen Mannes Do-es 53/113-III<br />

sind periostotische Auflagerungen (Abb. 22d) auf <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>nschicht (Substantia<br />

coricalis bzw. S. compacta) festzustellen, welche ein beson<strong>de</strong>res Muster zeigen.<br />

Derartige Bildungen treten als regulärer Nebenbef<strong>und</strong> bei tiefen VenenJei<strong>de</strong>n - hier<br />

Krampfa<strong>de</strong>rn genannt - (Varizen) auf. Differentialdiagnostisch sind davon vergleichbare<br />

Bildungen zu trennen, welche als (seltener) Nebenbef<strong>und</strong> bei Lungenkrebs<br />

auftreten können. Hier jedoch wur<strong>de</strong> begrün<strong>de</strong>t auf Varizen, also<br />

Krampfa<strong>de</strong>rn geschlossen. Varizen fin<strong>de</strong>n ihre Begründung oft in angeborener<br />

Bin<strong>de</strong>gewebsschwäche o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>rwertigen Venenklappen. Ihre Entstehung kann<br />

im Einzelfall sehr komplexe Ursachen haben.<br />

Ein partieller Abbau von Hartgewebe ist dann noch bei <strong>de</strong>m senilen Mann<br />

Do-es 54/134 festzustellen gewesen. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um sogenannte<br />

"Parietale Verdünnung". Hier zeigt die plattige, äußere Knochenschicht (Tabula<br />

externa) ovoid geformte "Ein<strong>de</strong>Uu ngen", wobei die darunter liegen<strong>de</strong> spongiöse<br />

Schicht aus Knochenbälkchen (Diploe) in ihrem Volumen stark zusammengeschrumpft<br />

bzw. verdrängt erscheint. Diese "Parietalen Verdünnungen" haben<br />

keine erkennbaren ges<strong>und</strong>heitlichen Auswirkungen. Es wird diskutiert, sie als<br />

altersbedingte Abbauerscheinungen in senil zu <strong>de</strong>uten (z.B. BAIER 1988), wo<strong>für</strong><br />

auch Bef<strong>und</strong>e an Menschenaffen sprächen (z. B. R ÖHRER-ERTL 1984b).<br />

Im angesprochenen Falle zeigt die innere, plattige Knochenschicht <strong>de</strong>r<br />

Scheitelbeine (tab. int. o. par.) eine auffäLLige großvolumige PACCHIONI'sche<br />

Granulation, wie sie bei hohen Calotten-Dicken vorkommen kann <strong>und</strong> dann - wie<br />

hier - im Normalrahmen liegt.<br />

Ein relativ seltener Bef<strong>und</strong> konnte am sp-maturen Mann Do-es 53/090 (Abb.<br />

13a-c) erhoben wer<strong>de</strong>n. Trotz <strong>de</strong>r recht unvollständigen Knochenerhaltung ließ sich<br />

feststellen , daß die Beckenschaufel (Pelvis, hier Os ilium) mit <strong>de</strong>m Kreuzbein - also<br />

bei<strong>de</strong> Ilio-sacral-Fugen - verwachsen war (Abb. 22 e). Daneben liegt hier eine<br />

sogenannte "Bambuswirbelsäule" vor (Abb. 22f), welche vom Becken aufsteigend<br />

bis zum 1. Bru twirbel reicht. Sie i t rechts steiler gestellt als links. Die Halswirbelsäul<br />

e war zwar schon durch Knochenspangen versteift, aber noch nicht total<br />

verwachsen (Abb. 22g). Am Kopfgelenk waren neben stark arthrotischen<br />

Verän<strong>de</strong>rungen ebenfalls Knochenspangen zu erkennen. Die Halswirbelsäule war


145<br />

nach rückwärts extrem gebogen (Abb. 22g). Und das be<strong>de</strong>utet, <strong>de</strong>r Mann Do-es<br />

53/090 konnte nur noch seine Extremitäten bewegen <strong>und</strong> hatte zum Zeitpunkt<br />

seines To<strong><strong>de</strong>s</strong> nur noch in <strong>de</strong>r Halswirbelsäule Schmerzen. Wollte er sich vorwärts<br />

bewegen, konnte er das nur in stark vorübergebeugter Haltung tun, da ansonsten<br />

sein Blick in <strong>de</strong>n Himmel fixiert war. Eine Fortbewegung unter diesen Bedingungen<br />

ist wohl nur unter Zuhilfenahme von zwei Gebhilfen (z.B. Kurze Stöcke) <strong>de</strong>nkbar.<br />

Und wirklich er cheint beson<strong>de</strong>rs die Oberarmmuskulatur <strong><strong>de</strong>s</strong> Mannes als<br />

außergewöhnlich stark entwickelt - insbeson<strong>de</strong>re ist das bei <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

Schulterblättern sichtbar. Am Ran<strong>de</strong> erwähnt sei noch, daß die Verknöcherung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Brustkorbes vollständig war (also auch am Brustbein).<br />

Hier war auf Morb. BECHTEREW zu diagnostizieren. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um<br />

eine chronisch entzündliche Wirbelsäulen erkrankung mit SkJerosierung <strong>und</strong><br />

Verknöcherung <strong>de</strong>r gesamten Wirbelsäule. Ein Erreger ist aber noch unbekannt.<br />

Befallen wer<strong>de</strong>n vorwiegend Männer im 3. Lebensjaht·zehnt.<br />

Bei <strong>de</strong>m sp-maturen Mann Do-es 54/133-1 (Abb. lId-f) wur<strong>de</strong> am linken<br />

Hüftgelenk <strong>de</strong>r Bef<strong>und</strong> einer aseptischen Nekrose <strong>de</strong>r Femurkopfepiphyse<br />

(Abb. 23a,b) diagnostieziert, wie sie im Gefolge einer angeborenen (Luxatio congenita<br />

coxa) o<strong>de</strong>r nach traumatischer Hüftgelenkluxation im Kin<strong><strong>de</strong>s</strong>alter - also am<br />

wachsen<strong>de</strong>n Skelet - auftreten kann. Von <strong>de</strong>r aseptischen (juvenilen) Hüftgelenkkopfnekrose<br />

ist hier differential-diagnostisch Morbus PERTHES zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />

Jedoch kann hier nicht gesagt wer<strong>de</strong>n, welche <strong>de</strong>r möglichen Ursachen im Einzelnen<br />

vorliegt.<br />

Im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Ausheilen <strong>de</strong>r aseptischen Femurkopfnekrose -<br />

also einer Knorpelnekrose - kommt es dann zu einer Arthrosis <strong>de</strong>formans <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Hüftgelenkes, was Schmerzen <strong>und</strong> Bewegungseinschränkungen bedingt.<br />

Am rechten Hüftgelenk <strong><strong>de</strong>s</strong> fr-adulten Mannes Do-es 54/104-1 (Abb. 8a-c)<br />

wur<strong>de</strong> ein " Pilzkopf" <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberschenkels (Abb. 23c) mit korrespondieren<strong>de</strong>r<br />

Deformation <strong>de</strong>r Hüftgelenkpfanne <strong><strong>de</strong>s</strong> Beckens (Acetabulum) festgestellt. Die<br />

rechte Darmbei-Kreuzbein-Fuge (Ilio-sacral-Fuge) war verwachsen (im Gegensatz<br />

z.B. zu Do-es 54/133-1). Das linke Hüftgelenk war <strong>de</strong>mgegenüber normal<br />

entwickelt (Abb. 23e) wie überhaupt das rechte Bein gegenüber <strong>de</strong>m linken als<br />

<strong>de</strong>utlich min<strong>de</strong>r entwickelt er cheint (Inaktivitätsatrophie). Im rechten Hüftgelenk<br />

sind subartikuläre Zysten <strong>und</strong> stellenweise Usuren ausgebil<strong>de</strong>t (Abb. 23e).<br />

Dies alles ("Pilzkopf", Coxa plana, Verwachsung <strong>de</strong>r Uio-sacral-Fuge etc.) ist<br />

nun kennzeichnend <strong>für</strong> Morbus PERTHES (= Osteochondropatia <strong>de</strong>formans<br />

coxae juvenilis), was sich hier differentialdiagnostisch von <strong>de</strong>r aseptischen<br />

Femurkopfnekrose trennen läßt.<br />

Morbus PERTHES befällt vorwiegend Knaben im Alter zwischen 5 <strong>und</strong> 12<br />

Jahren; <strong>und</strong> zwar meist ein-, zuweilen aber auch beidseitig. Die Ursache ist<br />

unbekannt, eine erbliche Disposition möglich. Die Krankheit beginnt schleichend<br />

mit Hinken, Bewegungsschmerz <strong>und</strong> fühzeitiger Einschränkung <strong>de</strong>r Gelenkbeweglichkeit<br />

(beson<strong>de</strong>rs Rotation). Unbehan<strong>de</strong>lt kommt es immer zu Deformationsheilungen<br />

mit " Walzen-" o<strong>de</strong>r "Pilzform" <strong><strong>de</strong>s</strong> Femurkopfes (wie hier) etc.<br />

Die Skelet-Reste <strong><strong>de</strong>s</strong> sp-adulten Mannes Do-es 54/126 waren offensichtlich<br />

in einem so instabilen Zustand, daß sie Verf. in gänzlich ungereinigtem Zustand<br />

übergeben wur<strong>de</strong>n. Deswegen erfolgte die Reinigung trocken. Nach Abschluß <strong>de</strong>r<br />

Präparation konnte folgen<strong>de</strong>r Bef<strong>und</strong> erhoben wer<strong>de</strong>n: Speziell am rechten Femur<br />

fand sich eine grobsträhnige, geflechtartige Knochenstruktur, wobei das Knochenvolumen<br />

vergrößert erscheint <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Knochen eine leichte Verkrümmung zeigt,<br />

also offensichtlich <strong>de</strong>formiert ist (Abb. 23f,g). Das auch röntgenologisch erhaltene


146<br />

Bild war so ein<strong>de</strong>utig, daß hier auf Morbus PAGET bzw. Osteodystrophia <strong>de</strong>formans<br />

zu sch ließen war. Denn die Diagnose dieser Krankheit wird üblicherweise zu 70-<br />

90 % röntgenologisch gestellt.<br />

Morbus PAGET ist als schleichend beginnen<strong>de</strong> mono- o<strong>de</strong>r polyostotische<br />

Knochenverän<strong>de</strong>rung mit starker Verän<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> Verkrümmung <strong>de</strong>r Ober- <strong>und</strong><br />

Unterschenkelknochen (Femur, Tibia, Fibula) <strong>und</strong> Verdickung <strong><strong>de</strong>s</strong> Schä<strong>de</strong>ls<br />

(Leontiasis cranii, Hyperostosis fronta lis) ohne Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Weichteile,<br />

manchmal mit heftigen "rheumatischen" Schmerzen in <strong>de</strong>n erkrankten Knochen,<br />

hochgradigem Schw<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Knochensubstanz etc. zu beschreiben. Im Schä<strong>de</strong>l kann<br />

eine zonale Entmineralisation erfolgen. Es kann zu traumatischen o<strong>de</strong>r spontanen<br />

Knochenbrüchen (Frakturen) kommen. Zunächst erfolgt eine abnorme<br />

Erweichung <strong>de</strong>r Knochen (Verbiegungen), welche später einer abnormen Festigkeit<br />

bei vermin<strong>de</strong>rtem Mineralsatz weicht (Brüche). Die Krankheit kann in<br />

Extremitäten - beson<strong>de</strong>rs oft Beinen - , Len<strong>de</strong>nwirbelsäule, Becken, Kreuzbein<br />

<strong>und</strong>/o<strong>de</strong>rSchä<strong>de</strong>l primär lokalisiert sein.<br />

In verschie<strong>de</strong>nen Bevölkerungen tritt Morbus PAGET mit einer Frequenz von<br />

zwischen 0,01 % <strong>und</strong> 0,1 % auf. Verf. ist bislang kein an<strong>de</strong>rer Fall von Morbus<br />

PAGET aus Zeit <strong>und</strong> R aum bekannt, was er aber primär damit erklären möchte, daß<br />

<strong>de</strong>r Knochen eine normale Knochenwäsche auch hier nicht o<strong>de</strong>r nur sehr<br />

unvollständig überstan<strong>de</strong>n hätte, durch die übliche Präperation also u.U. eine<br />

(ungewollte) Auslese erfolgen könnte.<br />

Am inneren Knöchel (Malleolus medialis tibiae) <strong><strong>de</strong>s</strong> rechten Schienen beins <strong>de</strong>r<br />

sp-maturen Frau Da-es 56/L-I (Hochmittelalter in Donaueschingen selbst) fan<strong>de</strong>n<br />

sich mit plattiger Knochensubstanz (Substantia corticalis bzw. S. compacta)<br />

ausgeklei<strong>de</strong>te Kavernen (Abb. 24a,b). Sie erscheinen in sich gekammert <strong>und</strong> von<br />

r<strong>und</strong>lichen Konfigurationen. Von <strong>de</strong>n festgestellten Merkmalen her war hier auf ein<br />

Osteochondrosarkom, also eine Geschwulst aus Knochen- <strong>und</strong> Knorpelgewebe, zu<br />

schließen (auch die Verknöcherung einer Knorpelgeschwulst erscheint möglich).<br />

Osteochondrosakome sind normalerweise gutartige (benigne) Tumore, können<br />

aber auch bösartig (maligne) entarten, wo<strong>für</strong> hier nichts zu sprechen scheint. Denn<br />

es ist keinerlei Auftreibung o.Ä. am Knochen sichtbar (aber ein breiter<br />

Sklerosesaum).<br />

Bei einer Geburt wird die Schambeinfuge <strong>de</strong>r Frau (Symphysis ossis pu bis)<br />

starken Dehnungen <strong>und</strong> Spannungen unterworfen. Von daher verflacht ihr Profil in<br />

charakteristischer Weise. In allen beobachtbaren Fällen (z.B. sp-adulte Frau Do-es<br />

53/093) zeigte sich, daß die in Do-es-Tafelkreuz bestatteten Frauen wenigstens<br />

einmal geboren hatten (weitere Differenzierungen erschienen angesichts <strong>de</strong>r<br />

üblichen bzw. durchschnittlichen Materialerhaltung hier nicht angezeigt). Die<br />

einzige A usnahme bil<strong>de</strong>te darin die fr-adulte Frau Do-e 53/065A (Abb. 16d-f).<br />

Hier wur<strong>de</strong> aber im Grabe in Bauchhöhe <strong>und</strong> vor <strong>de</strong>m Becken Liegend <strong>de</strong>r Foetus<br />

Do-es 53/065B gef<strong>und</strong>en, sodaß anzunehmen ist, die Frau sei hochschwanger<br />

gestorben.<br />

Zahnunterzahlen, also erblich bedingte Nichtanlage von einzelnen Zähnen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

jeweils individuellen Dauergebisses sind <strong>für</strong> alle Primaten - <strong>und</strong> damit auch <strong>de</strong>n<br />

Menschen - nachgewiesen. So ist bei 5 Frauen <strong>de</strong>r M3 <strong>de</strong>r Unterkiefers <strong>und</strong><br />

zusätzlich bei 1 Frau (Do-es 541117-1, Abb. 15 d-f) auch <strong>de</strong>r M3 <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberkiefers<br />

nicht angelegt. Dagegen fand sich ein (beidseitig) nicht angelegter M3 <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Unterkiefers bei Männern nur 2 Mal. Dem fr-adulten Mann Do-es 54/107 (Abb.<br />

l2d-f) fe hlte im Unterkiefer zusätzlich noch <strong>de</strong>r nicht angelegte M2 (Abb. 24c,d).


147<br />

In einem Fall (Frau Do-es 54/177-1) waren zusätzlich auch die bei<strong>de</strong>n 12<br />

(äußere Schnei<strong>de</strong>zähne) <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberkiefers nicht angelegt.<br />

Zahnunterzahlen gelten als erblich bedingt <strong>und</strong> können von daher zur<br />

Charakteristik <strong>de</strong>r zu untersuchen<strong>de</strong>n Population herangezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

An allen untersuchten bzw. vorhan<strong>de</strong>nen Zähnen wur<strong>de</strong>n Spuren einer ehe<strong>de</strong>m<br />

starken ZahnsteinanJagerungen (Abb. 24e) festgeteIlt. Die Bildung von Zahnstein<br />

hängt offenbar recht wesentlich von <strong>de</strong>r individuellen SpeicheLzusammensetzung<br />

mit ab (frdl. Mittl. I. SCHMlDHUBER-SCHNEIDER/München). Damit wäre eine<br />

erbliche Di position gegeben. Zahnstein för<strong>de</strong>rt zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t Paradontitis ("Zahnfleischschw<strong>und</strong>")<br />

<strong>und</strong> Karies.<br />

Die senile Frau Do-es 53/050 hatte im linken Oberkiefer einen überzähligen<br />

C (Eckzahn, Caninus), welcher <strong><strong>de</strong>s</strong> postmortalen Zahnverlustes im Vor<strong>de</strong>rgebiß<br />

wegen gut sichtbar ist (Abb. 25a,b).<br />

Das etwa 8-jährige Mädchen Do-es 54/112 hat am rechten MI (Dauermahlzahn)<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Oberkiefers ein Tuberculum CARABELLl ("Zusatzhöckerchen").<br />

Die sp-adulte Frau Do-es 54/130-1 hat am rechten P2 (VormahLzahn,<br />

Praemolar) <strong><strong>de</strong>s</strong> Unterkiefers schl<strong>und</strong>wärts (distal) eine perlenförmige<br />

SchmeLzbildung (Hyperplasie).<br />

Die an <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafel kreuz im Mittel festgestellte Abkauung<br />

(Abrasion) <strong>de</strong>r Zähne entspricht offensichtlich <strong>de</strong>m in diesem Horizont Üblichen<br />

(z.B. RADLOFFl973).<br />

Durch die (ständige) Abrasion <strong>de</strong>r Kaufläche kann sich dort nur dann eine<br />

occlusale Karies entwickeln, wenn überwiegend " Weichkost" (z.B . ohne Mühlsteinabrieb<br />

als Schleifmittel) verzehrt wird - wie z.B. heute in Mitteleuropa. O<strong>de</strong>r aber<br />

dann, wenn <strong>de</strong>r Gegenzahn (Antagonist) bereits in vivo (innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Lebens)<br />

verloren ging. Letzteres ist bei 4 Frauen <strong>und</strong> 1 Mann <strong><strong>de</strong>s</strong> Untersuchungsgutes <strong>de</strong>r<br />

Fall gewesen.<br />

Normalerweise aber entwickeln sich bei frühgeschichtlichen Menschen<br />

eine sogenannte Kontaktkaries (vorwiegend P2-MI-Kontakt), was dann durch<br />

Zahnstein begünstigt wer<strong>de</strong>n kann. Erreicht die Karies die Markhöhle (Pulpa) <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Zahnes, entsteht eine Pulpitis. In <strong>de</strong>ren Gefolge bil<strong>de</strong>t sich dann von <strong>de</strong>r<br />

Zahnwurzel her eine Fistel, durch welche das Sekret in die M<strong>und</strong>höhle fließen<br />

kann. Ist die Zahnruine so durch entzündliche Prozesse etc. im Zahnbett sukzessive<br />

an <strong>de</strong>r Wurzel freigelegt (Bildung von Granulationsgewebe), kann sie verloren<br />

gehen <strong>und</strong> es erfolgt eine Abheilung. Im Gefolge davon bil<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r<br />

Alveolarknochen zurück (Atrophie, Abb. 24cf). In die Lücke können an<strong>de</strong>re Zähne<br />

z.T. " hineinrutschen" was dann i.A. zu durch (sek<strong>und</strong>äre) Fehlstellung bedingter<br />

Fehlbelastung führt. Und das kann dann eine Osteomyelitis mitbedingen, was dann<br />

letztlich ebenfalls zu Zahnverlusten in vivo führen kann. Osteomyelitis <strong>und</strong><br />

Atrophie <strong><strong>de</strong>s</strong> Alveolarknochens (<strong>und</strong> damit u.U. Zahnverlust in vivo) wer<strong>de</strong>n auch<br />

durch Zahnstein hervorgerufen, wenigsten aber mitbedingt.<br />

Es waren bei n = 91 Skelett-Individuen <strong>de</strong>r Stichprobe (51 Männer, 40 Frauen)<br />

Zähne <strong>und</strong> Zahnhalteapparate prinzipiell beurteilbar, obwohl hier auch die Gebisse<br />

z.T. relativ fragmentarisch erhalten sind.<br />

Davon waren nur 6,6 % völlig ohne Bef<strong>und</strong>. 93,4 % (92,2 % <strong>de</strong>r Männer <strong>und</strong><br />

95,0% <strong>de</strong>r Frauen) zeigten Erkrankungen wenigstens 1 Zahns (Abb. 2i, k; 3i, k;<br />

5e, m; 6c, d, e). 31,9% (39,2 % <strong>de</strong>r Männer, 22,5 % <strong>de</strong>r Frauen) hatten wenigstens 1<br />

KariessteUe, 60,4 % (60,8 % <strong>de</strong>r Männer, 60,0 % <strong>de</strong>r Frauen) zeigten 1 Zahn o<strong>de</strong>r<br />

mehr mit Pulpits (<strong>und</strong> Fistel). 17,6% (23,5% <strong>de</strong>r Männer, 10,0% <strong>de</strong>r Frauen)<br />

zeigten wenigsten an 1 Stelle Osteomyelitis (<strong>und</strong> Atrophie) <strong>und</strong> 67,0 % (56,9 % <strong>de</strong>r


148<br />

Männer, 80,0 % <strong>de</strong>r Frauen) hatten min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 1 Zahn bereits zu Lebzeiten (in<br />

vivo) verloren.<br />

Frauen (<strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Alte rsstruktur in <strong>de</strong>r Stichprobe erscheint ja in Richtung<br />

jüngerer Altersgruppen verzerrt) haben <strong>de</strong>mnach stärker unter Zahnerkrankungen<br />

gelitten, als Männer <strong>und</strong> insgesamt früher Zahnverluste hinnehmen<br />

müssen als jene. Da offensichtlich alle Frauen schwanger gewesen sind, könnte<br />

hi erin e ine Erklärung gesucht wer<strong>de</strong>n. D enn offensichtlich können Foeti ihren<br />

Mineralbedarf immer <strong>de</strong>cken, a uch wenn di e Mutter diesen nicht mit ihrer Nahrung<br />

zu sich nehmen sollte.<br />

Individuelle U nterschi e<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Zahnerhaltung bestätigen die zahnärztlichen<br />

E rfahrungen, daß "Zahnmaterial" in seiner Zusammensetzung erbtiche Unterschie<strong>de</strong><br />

zeigt; <strong>und</strong> von daher <strong>de</strong>n jeweitigen Belastungen offensichtlich<br />

unterschiedlich gut gewachsen i t.<br />

Im Material beobachtbar waren fe rner Zahnfehl <strong>und</strong> -Engstän<strong>de</strong> (Abb. 25g).<br />

Dabei sind dann z.B. bei<strong>de</strong> 12 <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberkiefers bis zu 90° in ihren Achsen<br />

gegenüber <strong>de</strong>r orm verdreht (mit zum Nasenbo<strong>de</strong>n weisen<strong>de</strong>n, gebogenen<br />

Wurzeln) usw. Auch hierbei ist erbliche Disposition anzunehmen.<br />

Die sp-adulte Frau Do-es 53/067 <strong>und</strong> <strong>de</strong>r fr- mature Mann Do-es 53/074-1<br />

zeigten im Gaumenfenster (Foramen incisivum palatini maxillae) Cavernen.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re beim Mann cheint augenfällig, daß die Infektion von bei <strong>de</strong>n<br />

mittleren Schnei<strong>de</strong>zähnen (11 ) ausgegangen sein könnte bzw. ollte.<br />

Knochenbrüche (Frakturen) können im verheilten Z ustand am Skelett nur dann<br />

auffallen, wenn <strong>de</strong>r betroffene Knochen äußerlich Unregelmäßigkeiten zeigt,<br />

welche von <strong>de</strong>r Norm abweichen. E rst dann kann ein solcher Fall röntgenologisch<br />

<strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r histologisch geklärt wer<strong>de</strong>n.<br />

Von daher sollte es wenig erstaunen, daß z.B. einfache Rippenbrüche im einschlägigen<br />

Schrifttum so selten vorkommen, obwohl gera<strong>de</strong> sie eine beson<strong>de</strong>rs hohe<br />

Frequenz zeigen sollten. Aber ihre Versorgung ist mit einfachsten Mitteln<br />

(elasti che Bin<strong>de</strong> z.B.) bei optimalem Erfolg möglich. Deshalb dürfen einfache<br />

Rippenbrüche nur mit hohem Aufwand in größerer Zahl im Gräbermaterial<br />

nachzuweisen sein. Denn alle einfach zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Brüche sollten in ihrer<br />

absoluten Mehrzahl ohne äußerlich erkennbare Merkmale verheilen - <strong>und</strong> somit in<br />

Gräbermaterial zumeist unerkannt bleiben. Ist aber dann ein Material noch so<br />

lückenhaft <strong>und</strong> stark zerbrochen, wie hier, sollte di e Dunkelziffer diesbezüglich a<br />

priori weiter ansteigen. Verf. konnte also auch hi er nicht erwarten, ein ehe<strong>de</strong>m<br />

realen Verhältnissen entsprechen<strong><strong>de</strong>s</strong> Bild zu erhalten <strong>und</strong> verzichtet folglich auch<br />

hi er auf die Nennung von Frequenzen e tc. Folgen<strong>de</strong> verheilte Brüche wur<strong>de</strong>n aufgef<strong>und</strong>en:<br />

Der sp-mature Mann Do-e 37/35-1 zeigt am rechten Oberschenkel - ca. 20 cm<br />

über <strong>de</strong>m Knie (Condyle eingeschlossen) - einen gut verheilten Bruch. Die Achse<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Knochens ist nur geringfügig gebrochen. Offe nbar ist eine optimale Schienung<br />

erfolgt.<br />

Der rechte Mittelfußknochen <strong><strong>de</strong>s</strong> großen Zehs (Os metatarsale I) - an<strong>de</strong>re<br />

Mitteliußknochen (rechts) fe hlten im Material - <strong>de</strong>r sp-adulten Frau D o-es<br />

53/075-II zeigt einen verheilten Bruch. Deshalb wird geschlossen, daß <strong>de</strong>r Fuß in<br />

optimaler Weise geschient wur<strong>de</strong>. De nn die Heilung erfolgte in einer Weise (Abb.<br />

25c), welche erst mit Hilfe <strong><strong>de</strong>s</strong> Zugverban<strong><strong>de</strong>s</strong> (mo<strong>de</strong>rne Medizin) besser<br />

eingerichtet wer<strong>de</strong>n konnte. Denn davor war die Bän<strong>de</strong>rspannung nicht<br />

ausgleichbar.


149<br />

Die Reste von linkem Oberschenkel <strong>und</strong> Schienenbein (Femur <strong>und</strong> Tibia) <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

senilen Mannes Do-es 54/125-11 zeigen periostotische Auflagerungen <strong>und</strong> eine<br />

starke Kallusbildung - <strong>und</strong> zwar über das Knie hinweg. Das läßt auf einen<br />

(komplizierten?) Bruch im Bereich <strong>de</strong>r Femur-Condyle o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Region direkt<br />

darüber schließen, welcher das Knie durchaus auch mittelbar geschädigt haben<br />

könnte, aber nicht muß (Abb. 25d,e). Weil diese Stelle durch Schienen nicht einfach<br />

stillzulegen sein muß, könnte sich aus einem solchen Problem dieser Bef<strong>und</strong><br />

entwickelt haben. Ähnlich lägen die Dinge, sollte hier ursprünglich ein komplizierter<br />

Bruch bestan<strong>de</strong>n haben, welcher u.U. auch noch die Condyle rnitbetraf.<br />

Das Knie sollte nach <strong>de</strong>r Ausheilung zwar steif geblieben, aber wie<strong>de</strong>r voll belastbar<br />

gewesen sein (ohne Verkürzung).<br />

Bei <strong>de</strong>m sp-adulten Man Do-es 53/021 sind mit <strong>de</strong>m unteren (distalen) En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Speiche (Radius) offensichtlich einige (unbestimmbare) Handwurzelknochen<br />

verschmolzen, wobei es auch zu entzündlichen Prozessen (beim To<strong>de</strong> ausgeheilt)<br />

gekommen war (Abb. 25g). Von daher ist hier auf einen ehemaligen Trümmerbruch<br />

im Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> Handwurzelgelenks zu schließen, bei <strong>de</strong>m es zur Zystenbildung kam.<br />

Der Heilungsprozeß wur<strong>de</strong> also durch eine Sepsis ("Entzündung" bzw. bakterielle<br />

Allgemeininfektion) verzögert. Der Bruch selbst scheint auch hier optimal (<strong>für</strong><br />

einfache Hilfrnittel) geschient <strong>und</strong> allgemein behan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n sein. Die Hand war<br />

nach <strong>de</strong>r Ausheilung ganz sicber in ihrer Beweglichkeit <strong>und</strong> Verwendbarkeit stark<br />

eingeschränkt, ist aber ganz offensichtlich wie<strong>de</strong>r normal belastet wor<strong>de</strong>n.<br />

Mit traumatischen Frakturen (= " Stoßbrüchen" ) sollten spontane nicht zu<br />

verwechseln sein, wie sie hin <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r in Gräbermaterial vorkommen. Denn<br />

<strong>de</strong>ren Ursachen Liegen dann i.A. in Knochenerkrankungen, wie z.B. <strong>de</strong>r fibrösen<br />

Dysplasie bzw. Morb. JAFFE-LICHTENSTEIN (Osteodystrophie fibrosa disseminata).<br />

Ein solcher Fall liegt bei <strong>de</strong>r fr-adulten Frau AG 533 von K<strong>und</strong>l/Tirol (ca. 50-16<br />

v.ehr.) an <strong>de</strong>ren linken Unterschenkel vor (Abb. 26a,b). Bei Morb.<br />

JAFFE-LICHTENSTEIN, welcher sich hier differential diagnostisch von Morb.<br />

ALBRIGHT trennen läßt, han<strong>de</strong>lt es sich um eine angeborene Ossifikationsstörung,<br />

bei <strong>de</strong>r es zur Ausbildung von zellarmem, faserreichem Bin<strong>de</strong>gewebe im<br />

Knochenmark kommt, welches die Rin<strong>de</strong>nschicht (Substantia corticalis bzw. S.<br />

compacta) allmählich zerstört. Dabei kommt es dann aucb zu spontanen Frakturen.<br />

Befallen wer<strong>de</strong>n vorzugsweise Mädchen zwischen <strong>de</strong>m 5. <strong>und</strong> 15. Lebensjahr. Oft<br />

gibt es einen StiUstand nach <strong>de</strong>m 20. Lebensjahr, wie ganz offensichtlich hier. Sehr<br />

oft ist nur eine Körperseite befallen - wie hier. Bei<strong>de</strong> UnterschenkeLknochen (Tibia<br />

<strong>und</strong> Fibula) zeigen mit Substantia spongiosa ausgefüllte Markräume <strong>und</strong><br />

offensichtlich sek<strong>und</strong>är verstärkter Knochenrin<strong>de</strong> (S. corticalis) <strong>und</strong> aufsitzen<strong>de</strong>n<br />

Exostosen (Abb. 26b). Die in Aufsicht von vom (Abb. 26c) gut erkennbaren<br />

Spontanfrakturen bedingten eine wohl nur leichte Verkürzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Beines. Das Bein<br />

ist zum Zeitpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong> To<strong><strong>de</strong>s</strong> offensichtlich wie<strong>de</strong>r (fast?) normal belastet wor<strong>de</strong>n.<br />

Scharfe Schä<strong>de</strong>lverletzungen mit Interpretation.<br />

Bei 6 Skelet-Individuen <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz fan<strong>de</strong>n sich<br />

sogenannte Blessuren, also mit scharfen Instrumenten verursachte Knochenverletzungen.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gesamtumstän<strong>de</strong> war hier in allen Fällen auf scharfe<br />

Gewalt <strong>und</strong> Fremdverschul<strong>de</strong>n zu schließen. Bei 2 <strong>de</strong>r o.g. Individuen sind diese<br />

scharfen Schä<strong>de</strong>lverletzungen (Traumata) verheilt, bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren 4 nicht. In<br />

letzteren Fällen bil<strong>de</strong>n sie also die Sterbeursache, weil in allen FäUen darauf zu


150<br />

schließen war, die scharfen Schä<strong>de</strong>ltraumata seien <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n Skelet­<br />

Indivi<strong>de</strong>n ehe<strong>de</strong>m in vivo beigebracht wor<strong>de</strong>n.<br />

Nachfolgend wird zu je<strong>de</strong>m Skelet-Idividuum <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Blessuren einzeln <strong>de</strong>r<br />

Bef<strong>und</strong> vorgestellt, um dann im Anschluß interpretiert zu wer<strong>de</strong>n - wie das<br />

inzwischen auch in <strong>de</strong>r Anthropologie als eingeführt gelten kann (z.B. REUER<br />

1984). Es soll aber betont wer<strong>de</strong>n, daß - umstän<strong>de</strong>bedingt - hier wohl nur selten so<br />

ein<strong>de</strong>utige Schlüsse möglich erscheinen, wie in <strong>de</strong>r Gerichtsmedizin.<br />

Der Schä<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>s</strong> sp-maturen Mannes Do-es 53/045 (Abb. 12a-c) weist 2<br />

verheilte, scharfe Schä<strong>de</strong>ltraumata auf.<br />

Das 1. (Hl) befin<strong>de</strong>t sich auf <strong>de</strong>r Stirn (Os frontale) ca. 60 mm über (vertical)<br />

<strong>de</strong>r Nasenwurzel (Nasion) <strong>und</strong> ca. 10 mm links (sinistral) <strong>de</strong>r Gesichts-Symmetrieebene<br />

(Mediansagittalebene). Es ist bohnenförmig gestaltet, hat eine Höhe von<br />

19 mm, eine Breite von 11 mm <strong>und</strong> am rechten Rand eine Tiefe zwischen 2 <strong>und</strong> 3<br />

mm. Der rechte Rand (Tabula externa) ist im Bereich <strong>de</strong>r Diploe vom Trauma<br />

leicht unterhöhlt. Die Tabula externa erscheint von links oben her wir<br />

aufgeschnitten, wobei die Diploe (= Substantia spongiosa <strong>de</strong>r plattigen Schä<strong>de</strong>lknochen)<br />

z.T. ebenfalls angeschnitten wor<strong>de</strong>n ist. Der so angehobene<br />

Knochenspan scheint dann nach links unten ausgebrochen zu sein. (Abb. 26c,d). Im<br />

Anschluß daran ist offensichtlich eine Reinigung <strong>de</strong>r W<strong>und</strong>e mit Begradigung <strong>de</strong>r<br />

W<strong>und</strong>rän<strong>de</strong>r (vor allem rechts <strong>und</strong> unten) erfolgt. Die Heilung soUte problemlos<br />

erfolgt sein, da keine Anzeichen <strong>für</strong> eine Sepsis erkennbar waren bzw. sind. Auch<br />

die röntgenologische Untersuchung ergab, daß die Tabula interna unverletzt blieb,<br />

also nicht einmal gerissen ist. Damit sollte die Verletzung außer <strong>de</strong>m Schock <strong>und</strong><br />

möglicherweise einer Gehirnerschütterung lediglich Schmerzen verursacht haben.<br />

Als Ursache ist ein scharfes Trauma anzunehmen, welches vermittels eines<br />

scharfen <strong>und</strong> spitzen, nicht mehr als 10 mm breiten Instrumentes von links oben (ca.<br />

30° bei Gera<strong>de</strong>ausblick) auf die Stirn traf. Von daher sollte an einen Pfeilschuß<br />

gedacht wer<strong>de</strong>n. Weil aber die Tabula interna unverletzt blieb <strong>und</strong> das Trauma flach<br />

ist, sollte die Energieumwandlung <strong><strong>de</strong>s</strong> Pfeiles im Wesentlichen außerhalb <strong>de</strong>r<br />

Calotte erfolgt sein. Das Tragen eines Kopfschutzen als Passivbewaffnung (z.B.<br />

Helm) zu diesem Zeitpunkt erscheint von daher sehr wahrscheinlich.<br />

Das 2. scharfe Schä<strong>de</strong>l trauma (H2) stellt sich als eine leicht halbmondförmig<br />

abwärts ziehen<strong>de</strong> Narbe im vor<strong>de</strong>ren (frontalen) Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> rechten Scheitelbeins<br />

(0. par.) dar, die ca. 22 mm hinter (occipital) <strong>de</strong>r Kranznaht (Sutura coronalis) <strong>und</strong><br />

ca. 44 mm über <strong>de</strong>r Schuppennaht (Sut. squamosa) befindlich ist (Abb. 26e, f). Es<br />

hat eine Länge von 20 mm, eine größte Breite von 4 mm <strong>und</strong> eine Tiefe von ca. 1-1,5<br />

mm (wird sowohl im oberen, als auch im unteren Drittel erreicht). Es bil<strong>de</strong>t im<br />

Querschnitt ein stumpfwinkliges Dreieck.<br />

Der von hinten einfallen<strong>de</strong> Winkel ist mit 25-30° erheblich flacher als <strong>de</strong>r nach<br />

vorn ausgehen<strong>de</strong> mit ca. 60-70°. Das Trauma soUte die Tabula externa ursprünglich<br />

bis zur Diploe durchschnitten haben. Alle Anzeichen sprechen da<strong>für</strong>, daß die<br />

W<strong>und</strong>e gereinigt <strong>und</strong> die W<strong>und</strong>rän<strong>de</strong>r begradigt wor<strong>de</strong>n sind. Dabei scheint im<br />

unteren W<strong>und</strong>bereich <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong> nachträglich vertieft wor<strong>de</strong>n zu sein (Abb. 26f).<br />

Im Zuge <strong><strong>de</strong>s</strong> offensichtlich problemlos verlaufen<strong>de</strong>n Heilungsprozesses hat sich hier<br />

- im Gegensatz zur 1. Verletzung - überall neue (z.T. extrem dünne) Tabula externa<br />

gebil<strong>de</strong>t.<br />

Das Trauma ist offensichtlich aus Richtung Hinterkopf <strong>und</strong> großer Überhöhung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Ausführen<strong>de</strong>n gegenüber <strong>de</strong>m Opfer beigebracht wor<strong>de</strong>n. Da das Trauma auch<br />

hier keine weiteren Spuren am Schä<strong>de</strong>l hinterlassen hat, soUte die Energieumwandlung<br />

hauptsächlich außerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Schä<strong>de</strong>ls erfolgt sein. Und das spräche <strong>für</strong>


151<br />

das Tragen eines Kopfschutzes (z.B. Helm) zur Zeit <strong>de</strong>r Anbringung.<br />

Zwar spräche ein W<strong>und</strong>einfallwinkel von um 30° <strong>für</strong> einen Sachs (Kurzschwert)<br />

als verwen<strong>de</strong>tes Instrument, aber Verf. neigt bier zur Auffassung, daß in diesem<br />

Falle die Verwendung einer Spatha (Langschwert als reine Hiebwaffe)<br />

wahrscheinlicher sei. Denn in diesem Falle mußte offensichtlich eine passive<br />

Bewaffnung überw<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n, um das Trauma anzubringen. Und die da<strong>für</strong><br />

umzusetzen<strong>de</strong> Energie konnte wohl doch nur mit einer Spatha bereitgestellt<br />

wer<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m war auf große Überhöhung <strong><strong>de</strong>s</strong> Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n<br />

W<strong>und</strong>merkmalen her zu schließen.<br />

Bei<strong>de</strong> Traumata sind gut verheilt. Damit ist ein natürlicher Zusammenhang<br />

zwischen ihnen nicht mehr zwin<strong>de</strong>nd herstell bar, auch wenn bei<strong>de</strong> offensichtlich im<br />

Verlauf kriegerischer Handlungen empfangen wor<strong>de</strong>n sein sollten. Postuliert man<br />

aber einen solchen Zusammenhang, ergibt sich folgen<strong>de</strong>r Verlauf als diskutierbare<br />

Möglichkeit:<br />

Do-es 53/045 wur<strong>de</strong> während einer Kampfhandlung an <strong>de</strong>r linken Stirn<br />

verletzt, weil er u.V. einem Pfeilschuß nicht tief genug auswich. Dadurch (Schock,<br />

Schmerz, Benommenheit) sollte er (kurzfristig?) wehrunfähig gewor<strong>de</strong>n sein. Im<br />

Straucheln, Fallen o<strong>de</strong>r bereits am Bo<strong>de</strong>n erhielt er einen Hieb mit <strong>de</strong>r Spatha,<br />

welche zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t eine (schwere) Gehirnerschütterung <strong>und</strong> sicher Ohnmacht<br />

auslöste. Nach Abschluß <strong>de</strong>r Kampfhandlungen sind dann bei<strong>de</strong> W<strong>und</strong>en gut<br />

versorgt wor<strong>de</strong>n, daß keine Sepsis eintrat <strong>und</strong> die Heilung problemlos verlief.<br />

Der fr-mature Man Do-es 54/125-1 hatte ein gut verheiltes Schä<strong>de</strong>ltrauma auf<br />

<strong>de</strong>r Stirn (Abb. 27c,d). Es beginnt 64 mm über <strong>de</strong>r Nasenwurzel (Nasion) etwa in<br />

Mediansagittalebene <strong>und</strong> zieht etwa bis 44 mm über das Foramen supraorbitale <strong>de</strong>r<br />

linken Augenhöhle. Es hat eine Länge von 26 mm, eine Breite von 1-1,5 mm <strong>und</strong><br />

eine Tiefe bis 0,5 mm. Es ist nach vorn (frontal gera<strong>de</strong> <strong>und</strong> nach hinten (occipital)<br />

leicht bogenförmig gestaltet, paßt sich also damit <strong>de</strong>r Schä<strong>de</strong>lform an. Der hintere<br />

(occipitale) Einfallwinkel beträgt ca. 45°, <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>re (frontale) Ausgangswinkel ca.<br />

60-70°. Der Hieb ist also von rechts hinten <strong>und</strong> oben <strong><strong>de</strong>s</strong> Schä<strong>de</strong>ls gekommen <strong>und</strong><br />

wur<strong>de</strong> "durchgezogen" (vergl. z.B. RÖHRER-ERTL 1985). Er hat ganz offensichtHch<br />

lediglich die Tabula externa verletzt <strong>und</strong> sollte die Diploe nicht weiter geschädigt<br />

haben, was aber bei <strong>de</strong>r Knochenkorrosion im Bo<strong>de</strong>n nicht klar beurteil bar ist. Alle<br />

Anzeichen sprechen <strong>für</strong> eine W<strong>und</strong>versorgung mit Begradigung zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t <strong>de</strong>r<br />

steileren W<strong>und</strong>kante. Da auch röntgenologisch keine weitere Schädigung am<br />

Schä<strong>de</strong>l feststellbar war, ist schon allein von daher auf das Tragen einer passiven<br />

Bewaffnung (z.B. Helm) zu schließen.<br />

Legt man die Merkmale <strong>de</strong>r Verletzung zugr<strong>und</strong>e, kommt hier als verletzen<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Instrument wohl nur eine Spatha infrage (Einfallwinkel, durchgezogener Hieb).<br />

Dabei wäre <strong>de</strong>r Hieb aus einem Rechtsbogen, wohl während einer Deckungslücke,<br />

ausgeführt wor<strong>de</strong>n. Dieses Trauma sollte zur Wehrunfähigkeit von Do-es 54/125-1<br />

geführt haben; <strong>und</strong> zwar infolge Schocks, vorübergehen<strong>de</strong>r Bewußtseinstrübung<br />

(Ohnmacht?) <strong>und</strong> möglicherweise auch Schmerzes. Von daher sollte das Trauma<br />

während einer kriegerischen Handlung empfangen wor<strong>de</strong>n sein, an welcher auch<br />

hier mehr als 2 Personen beteiligt waren.<br />

Der fr-adulte Mann Do-es 54/130-11 hat zwei scharfe Scha<strong>de</strong>ltraumata erhalten<br />

(Abb.27f).<br />

Das 1. Trauma (Hl) befin<strong>de</strong>t sich im rechten Scheitelbein (0. par.) <strong>und</strong> reicht<br />

bis zur Kranznaht. Von ihm sind 12 mm erhalten - ehe<strong>de</strong>m maß es wohl ca. 20 mm.<br />

Sein von hinten <strong>und</strong> oben kommen<strong>de</strong>r Einfallwinkel beträgt um 30°. Ein<br />

Ausfallwinkel ist nicht erhalten (<strong>und</strong> fehlte ehe<strong>de</strong>m wohl auch). Der Ausfübren<strong>de</strong>


152<br />

hat al 0 Hieb 1 aus einem Linksbogen mit links angestellter Klinge (s.u.) ausgeführt.<br />

Der Hieb war sicher nicht tödlich, sollte aber zu einer zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t kurzfristigen<br />

Wehrunfähigkeit geführt haben.<br />

Das 2. Trauma (H2) zieht über die gesamte Breite <strong><strong>de</strong>s</strong> linken Scheitelbeines fast<br />

senkrecht zur Pfeilnaht (Sut. sagittalis), welche sicher überschritten wur<strong>de</strong>, weil<br />

sie - bei solchen Verletzungen sind Nähte immer starke Hin<strong>de</strong>rnisse -<br />

offensichtlich glatt überw<strong>und</strong>en wur<strong>de</strong>. Die erhaltene Länge <strong><strong>de</strong>s</strong> Traumas<br />

beträgt gut 90 mm. Der Hieb 2 ist aus großer Überhöhung, mit sehr großer Wucht<br />

<strong>und</strong> geringfügi ger Linksanstellung <strong>de</strong>r Klinge - also aus leichtem Linksbogen -<br />

ausgeführt wor<strong>de</strong>n. Im Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> Auftreffpunktes haben die Bahnen<br />

Stauchungsbrüche in <strong>de</strong>r Tabula externa, aber keine Abplatzungen <strong>de</strong>r Tabula<br />

intern a verursacht. Das spricht da<strong>für</strong>, daß die Energieumwandlung vollständig im<br />

Schä<strong>de</strong>l vo rgenommen wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Anstellwinkel äußerst flach gewesen sein<br />

muß.<br />

Eine Klinge "anstellen" heißt eine Schnei<strong>de</strong>n-Bahn mit <strong>de</strong>r Hiebrichtung zu<br />

parallelisieren. Auf dieser Seite wird dann ein getroffenes Objekt geschnitten,<br />

während die gegenüberliegen<strong>de</strong> Seite - je nach Anstellwinkel - größere o<strong>de</strong>r<br />

kleinere Ausbrüche nach " innen" zeigt. Bei zweihändiger Führung von (langen)<br />

Hiebwaffen erfolgt die Anstellung <strong>de</strong>r Klinge i.A. (" automatisch" ) durch die vor di e<br />

" Schwerthand" greifen<strong>de</strong> " Führungshand" .<br />

Nach <strong>de</strong>n Trauma-Merkmalen sollten bei<strong>de</strong> Hiebe mit einer Spatha ausgeführt<br />

wor<strong>de</strong>n sein. Denn einmal ist - speziell Hieb 2 - eine erhebliche Energiemenge<br />

umgewan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n. Und dann sind bei<strong>de</strong> Hiebe weit ausholend aus " Schwingebenen"<br />

bogenförmiger Art heraus abgegeben wor<strong>de</strong>n, wie sie sicher nur <strong>für</strong><br />

Langwaffen typisch sind.<br />

Der Gegner von Do-es 54/130-II brachte also Hieb 1 an, in<strong>de</strong>m er wohl eine<br />

Deckungslücke ausnutzte. Sicher <strong><strong>de</strong>s</strong>halb konnte er die Schwertspitze nicht mehr<br />

stärker beschleunigen. Das angebrachte 1. Trauma macht aber Do-es 54/130-II<br />

ganz sicher wehrunfähig, möglicherweise auch ohnmächtig. Trotz<strong>de</strong>m ist Hieb 2 -<br />

<strong>und</strong> zwar mit sehr großer Wucht - abgegeben wor<strong>de</strong>n. Bei seinem Empfang soUte<br />

Do-es 54/130-II sicher gekniet, wahrscheinlich aber sogar gelegen haben. Hieb 2<br />

soUte Do-es 54/130-II u.V. sogar <strong>de</strong>n Kopf gespaltet haben. E r war unbedingt<br />

sofort tödlich (Abb. 27f).<br />

Im Verlauf einer Kampfhandlung, an <strong>de</strong>r mehr als 2 Personen auf je<strong>de</strong>r Seite<br />

beteiligt waren, erschiene ein solches Vorgehen recht ungewöhnlich. Hat sich <strong>de</strong>r<br />

Ausführen<strong>de</strong> doch bei Hieb 2 je<strong>de</strong>r Deckung begeben müssen <strong>und</strong> ging dabei noch<br />

die Gefahr ein, daß sich sei ne Waffe im Schä<strong>de</strong>l von Do-es 54/130-II festbiß. Und<br />

dann wäre <strong>de</strong>r Ausführen<strong>de</strong> selbst wehrlos Angriffe n preisgegeben gewesen. Vor<br />

allem war ja sein Gegner bereits mit Hieb 1 außer Gefecht gesetzt. E ine Begründung<br />

<strong>für</strong> dieses Verhalten soll in an<strong>de</strong>rem Zusammenhang versucht wer<strong>de</strong>n.<br />

Der sp-adulte Mann Do-es 54/105-1 (Abb. 21a) zeigt Spuren von 2 scharfen<br />

Schä<strong>de</strong>ltraumata (Abb. 28a,c), welche trotz größerer Fehlstellen gut diagnostizierbar<br />

sind.<br />

Das 1. Trauma (H 1) reicht vom linken Scheitelbein bis fast in <strong>de</strong>n rechten<br />

Stirnhöcker (Tuber frontale). Der vor<strong>de</strong>re W<strong>und</strong>rand ent pricht einem glatten<br />

Schnitt, <strong>de</strong>r senkrecht zum Knochen geführt wur<strong>de</strong>. Der Hieb hat sich im<br />

rechten Stirnhöcker "festgebissen". Von dort ziehen Risse in Längsrichtung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Schä<strong>de</strong>ls nach hinten <strong>und</strong> vorn unten. Sie können z.T. durchaus mit <strong>de</strong>m<br />

Lösen <strong>de</strong>r Klinge aus <strong>de</strong>m Schä<strong>de</strong>l zusa mmenhängen.


153<br />

Das 2. Trauma (H2) betrifft nur das linke Scheitelbein. Es beginnt links in <strong>de</strong>m<br />

1. Trauma (setzt dieses also voraus) <strong>und</strong> en<strong>de</strong>t rechts an <strong>de</strong>r Pfeilnaht. Links <strong>de</strong>r<br />

Pfeilnaht hat es offensichtlich die Ouerbrüche verursacht, welche das Schä<strong>de</strong>ldach<br />

hier zertrümmert erscheinen lassen. Hieb 2 ist aus großer Überhöhung abgegeben<br />

wor<strong>de</strong>n - mit leicht links angestellter Waffe (hinterer W<strong>und</strong>rand geschnitten).<br />

Der Ausführen<strong>de</strong> hat Hieb 1 offensichtlich mit großer Wucht aus einem Rechtsbogen<br />

mit rechtsangestellter Waffe angebracht. Dabei biß sich die Waffe<br />

offensichtlich (leicht?) fest. Hieb 1 überwand Kranz- <strong>und</strong> (persitieren<strong>de</strong>) Stirnnaht<br />

offensichtlich problemlos <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> offenbar so geführt, daß <strong>de</strong>r Griff/das Heft<br />

gleichzeitig mit <strong>de</strong>r Hiebausführung von oben nach unten geführt wor<strong>de</strong>n ist.<br />

Dadurch war ein " Durchziehen" <strong><strong>de</strong>s</strong> Hiebes erreicht, wodurch die Gefahr eines<br />

Festbeißens <strong>de</strong>r Waffe sicher vermin<strong>de</strong>rt bzw. vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n sollte. Hieb 1<br />

sollte unbedingt tödlich gewesen sein. Je nach<strong>de</strong>m wie stark die Verletzungen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Gehirns gewesen sind (<strong>de</strong>r Hieb wur<strong>de</strong> nicht gera<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn durchgezogen<br />

ausgeführt, beschrieb also einen Bogen), sollte <strong>de</strong>r Tod dann sofort o<strong>de</strong>r mit<br />

geringer Verzögerung eingetreten sein. Warum dann noch Hieb 2 (auf <strong>de</strong>n sicher<br />

nun Liegen<strong>de</strong>n) - <strong>und</strong> zwar mit vermin<strong>de</strong>rter Wucht - abgeben wur<strong>de</strong>, erscheint<br />

zunächst unverständlich. Denn trotz eines möglichen "MuskeLzuckens" von Do-es<br />

54/105-1 war dieser nach Hieb 1 bereits völlig wehrunfähig, konnte also keine<br />

Gefahr <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ausführen<strong>de</strong>n mehr darstellen.<br />

Do-es 54/105-1 hat (ebenso wie Do-es 54/130-II) nach Ausweis <strong>de</strong>r Traumata­<br />

Merkmale sicher keinerlei passive Bewaffnung (z.B. Helm) zum Zeitpunkt seines<br />

To<strong><strong>de</strong>s</strong> getragen. Denn auch hier erfolgte die Energieumwandlung sicher vollständig<br />

im Schä<strong>de</strong>l. Als verletzen<strong><strong>de</strong>s</strong> Instrument kommt nach Lage <strong>de</strong>r Dinge sicher nur<br />

eine Spatha (Hiebführung <strong>und</strong> -Wucht) infrage<br />

Der fr-adulte Mann Do-es 54/1 07 (Abb. 12d-f) weist ebenfalls zwei frische,<br />

scharfe <strong>und</strong> intravital beigebrachte Schä<strong>de</strong>ltraumata auf.<br />

Das 1 Trauma (HI) befin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r Mitte <strong>und</strong> hinterem Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> linken<br />

Scheitelbeines (Abb. 28d-f). Im hinteren Bereich sollte es auch noch das (fehlen<strong>de</strong>)<br />

rechte Scheitelbein betroffen haben. Vorn en<strong>de</strong>t es in <strong>de</strong>r Pfeilnaht. Der linke bzw.<br />

untere Rand <strong>de</strong>r Knochenverletzung erscheint wie mit <strong>de</strong>m Rasiermesser<br />

abgeschnitten. Er ist im hinteren Bereich - rings um die AuftreffsteIle <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Instrumentes -leicht einfallend, um nach vorn zu flacher zu wer<strong>de</strong>n. Die Anstellung<br />

<strong>de</strong>r Klinge ist also im Hieb permanent verän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n. Vom Auf treffpunkt führt<br />

ein Riß nach links unten. Dieser Hieb war sicher nicht unbedingt <strong>und</strong> sofort tödlich.<br />

Aber er hatte ganz sicher eine zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t längerdauern<strong>de</strong> Wehrunfähigkeit von<br />

Do-es54/107 zur Folge.<br />

Das 2. Trauma (H2) reicht nachweislich vom hinteren rechten Scheitelbein (ursprünglich<br />

vielleicht sogar vom Hinterhauptbein) bis zum linken Stirnhöcker (Tuber<br />

frontale), 25 mm über <strong>de</strong>m linken oberen Orbitarand. Die rechte Seite <strong>de</strong>r Blessur<br />

zeigt einen glatten Schnitt, während die linke Abplatzung <strong>de</strong>r Tabula interna <strong>und</strong><br />

Diploe nach innen aufweist. Erst im vor<strong>de</strong>rsten Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Traumas, also im Stirnbein<br />

<strong>und</strong> kurz vor <strong>de</strong>m Stirnbeinhöcker, springt die Schnittkante auf die linke Seite über<br />

(Abb. 28f,g). Danach hatte sich die Waffe festgebissen. Im Zusammenhang mit<br />

Hieb 2 kam es zur Ausbildung von Rissen in Längs- <strong>und</strong> Querrichtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Kopfes.<br />

Diese sind ganz sicher z.gr.T. auf das Herauslösen <strong>de</strong>r festgebissenen Waffe aus <strong>de</strong>m<br />

Schä<strong>de</strong>l zurückzuführen. Es ist sicher anzunehmen, daß vor allem die Risse in<br />

Gesicht <strong>und</strong> Basis erst davon herrühren, <strong>de</strong>r Schä<strong>de</strong>l also erst in diesem Zeitpunkt<br />

real gespaltet wur<strong>de</strong>. Auch von Do-es 54/1 07 ist offensichtlich kein Kopfschutz<br />

getragen wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn die umzusetzen<strong>de</strong> Energie ist sicher im Schä<strong>de</strong>l


154<br />

umgewan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n.<br />

Die Anbringung bei<strong>de</strong>r Traumata kann auch hier nach Lage <strong>de</strong>r Dinge wohl nur<br />

mit einer Spatha erfolgt sein. Denn nur damit konnte die tatsächlich umgesetzte<br />

Energie " bereitgestellt" wer<strong>de</strong>n. In diesem Fall ist Energi e gleich Masse mal<br />

Geschwingkeit (E = I /2m ' v 2 ). Und je länger eine Waffe ist, <strong><strong>de</strong>s</strong>to stärker läßt sich<br />

ihr Ort (hier = Schwertspitze) kurzfristig beschleunigen. Eine Langwaffe wird i.A.<br />

in ovoi<strong>de</strong>n Bahnen geschwungen, wobei dabei entstehen<strong>de</strong> Konfigurationen mehr<br />

o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r liegen<strong>de</strong>n Achten mit steileren o<strong>de</strong>r flacheren Kreuzungswinkeln<br />

gleichen. Dadurch <strong>de</strong>ckt sich <strong>de</strong>r Schwertkämpfer <strong>und</strong> behält sich die Option vor,<br />

in eventuell entstehen<strong>de</strong> Deckungslücken <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegner hinein Treffer anzubringen.<br />

Zu diesem Zweck wird dann <strong>de</strong>r Ort kurzfristig beschleuigt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Treffer selbst als<br />

durchgezogener Hieb angebracht, um nicht durch Festbeißen <strong>de</strong>r Waffe<br />

selbst wehrlos zu wer<strong>de</strong>n. Schwertkämpfer bewegen sich <strong><strong>de</strong>s</strong>halb ständig sowohl um<br />

die eingene Achse, als auch um <strong>de</strong>n Gegner herum. Da die Spathalänge etwa um 80<br />

cm schwank, kann die Sicherheitsdistanz mit ca. 130 cm (Spatha- <strong>und</strong> ArmJänge)<br />

angeben wer<strong>de</strong>n. Um einen Treffer anzubringen, mußte diese Sicherheitsdistanz<br />

unterschritten wer<strong>de</strong>n. Der Treffer konnte um so großräumigere Folgen haben, je<br />

weiter die Sicherheitsdistanz unterschritten wur<strong>de</strong> (bis 60 cm). Schwertkämpfe sind<br />

auch aus glaubwürdiger, (nord-)germanischer Quelle in <strong>de</strong>r altisländischen<br />

Saga-Literatur (z.B . NIEDN ER 1913, 1914, 1922, 1922/23) beschrieben. Die<br />

Glaubwürdigkeit läßt sich an hand <strong>de</strong>r quelJenkritischen Bemerkungen Snorri<br />

Sturlasohn's in seiner Heimskringla (NIEDNER 1922/23) leicht überprüfen. Von<br />

daher gesehen wären dann auch die überlieferten Sagenreste aus <strong>de</strong>r Völkerwan<strong>de</strong>rungszeit<br />

im Prinzip zu akzeptieren. Von oben Gesagtem her sollte es nun nicht<br />

weiter verw<strong>und</strong>ern, wenn Schwertkämpfe als "Gewitter" (= Blitze), "Feuer" (=<br />

Lichtzungen) beschrieben wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r davon gesprochen wird, dabei "schwirre"<br />

(= hörbares Geräusch) es. Aus <strong>de</strong>n Literaturstellen wird auch klar, daß<br />

Schwertkämpfe langdauernd sein können <strong>und</strong> dann schließlich die bessere Gesamtkonsitution<br />

im mo<strong>de</strong>rnen Sinne <strong>de</strong>n Ausschlag gibt. Ohne Hintergr<strong>und</strong>wissen<br />

je<strong>de</strong>nfalls meint. Verf. dürfte die OriginaJliteratur nicht voll ausschöpfuar sein.<br />

Do-es 54/107 hat offensichtlich in einern solchen Kampf gestan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> ihn verloren.<br />

Dabei ist Hieb 1 vom Ausführen<strong>de</strong>n aus einem Rechtsbogen (<strong>und</strong> rechts<br />

angestellt) heraus als durchgezogener Hieb (z.B. RÖHRER-ERTL 1985) angebracht<br />

wor<strong>de</strong>n. Dabei wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Griff gleichzeitig von rechts nach links, waagrecht nach<br />

leicht oben <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Schwertachse leicht links - also hier oben - geführt bzw.<br />

gedreht, wobei <strong>de</strong>r Ausführen<strong>de</strong> ihn gleichzeitig noch leicht angezogen hat. Da eine<br />

solche Waffe wohl überwiegend beidhändig geführt wird, scheint <strong>de</strong>r Hieb in seiner<br />

Ausführung einfach zu rekonstruieren. Mit in Augenhöhe geführtem Schwert wur<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Treffer erzielt. Im gleichen Moment aber drehte sich <strong>de</strong>r Ausführen<strong>de</strong> unter<br />

<strong>de</strong>m Schwert durch <strong>und</strong> bekam so die Waffe frei. So hätte er nach Abschluß dieser<br />

Linksdrehung sofort Hieb 2 anbringen können, was Verf. auch als gegeben<br />

annimmt. Denn hier konnte - nach Abschluß <strong>de</strong>r Drehung <strong><strong>de</strong>s</strong> Au führen<strong>de</strong>n um<br />

seine eigene Achse - Hieb 2 aus einem Linksbogen mit höchstmöglicher Wucht<br />

angebracht bzw. ausgeführt wer<strong>de</strong>n. Diese Phase <strong><strong>de</strong>s</strong> Kampfes hätte so nicht mehr<br />

als wenige Sek<strong>und</strong>en benötigt. Denn beim Empfang <strong><strong>de</strong>s</strong> 2. Traumas sollte Do-es<br />

54/107 noch aufrecht gestan<strong>de</strong>n, zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t aber gekniet haben, wobei dann <strong>de</strong>r<br />

Kopf aber in <strong>de</strong>n Nacken geworfen sein müßte. Deshalb hält Verf. die letzte<br />

Möglichkeit <strong>für</strong> weniger wahrscheinlich. Die Waffe hatte sich mit Hieb 2 sicher<br />

sehr festgebis en <strong>und</strong> konnte danach nur mit Gewalt aus <strong>de</strong>m Kopf von Do-es<br />

54/107 entfernt wer<strong>de</strong>n. Alle hier erhobenen Daten <strong>und</strong> Interpretationen legen


155<br />

nahe, daß Do-es 54/107 ohne einen Kopfschutz (z.B. Helm) gewesen ist, als ihm die<br />

2 Schä<strong>de</strong>Ltraumata beigebracht wor<strong>de</strong>n sind. Und es ist anzunehmen, daß an diesem<br />

Kampf nicht mehr als 2 Personen teilnahmen.<br />

Der sp-adulte Mann Do-es 54/138 (Abb. 13d-f) hat insgesamt 3 scharfe<br />

Schä<strong>de</strong>l traumata empfangen.<br />

Das 1. Trauma (Hl) schnei<strong>de</strong>t von links oben über <strong>de</strong>m Ohr fast senkrecht bis<br />

zum Warzenfortsatz (Proc. mastoi<strong>de</strong>us) glatt herab. Dabei wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r größte Teil <strong>de</strong>r<br />

Schläfenbeinschuppe glatt abgetrennt. Von <strong>de</strong>r Region <strong><strong>de</strong>s</strong> Auftreffpunktes zieht<br />

ein Riß scheitelwärts. An <strong>de</strong>r Basis <strong><strong>de</strong>s</strong> Traumas ist einmal die abgetrennte<br />

Knochenscheibe abgebrochen; <strong>und</strong> dann führt ein Riß - in Fortsetzung <strong>de</strong>r Schnittebene<br />

- etwa lotrecht durch <strong>de</strong>n Warzenfortsatz. Es han<strong>de</strong>lt sich hier also<br />

möglicherweise um einen gera<strong>de</strong>n Hieb <strong>de</strong>r sich aber (zufällig?) nicht festbiß. Er<br />

hatte die Schä<strong>de</strong>lhöhle großflächig eröffnet, muß dabei aber keine Hirnhäute<br />

verletzt haben. Nach seinem Empfang war Do-es 54/138 mit Sicherheit zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t<br />

weh runfähi g.<br />

Das 2. Trauma befin<strong>de</strong>t sich am rechten Hinterhaupt (Abb. 29b,c,f) <strong>und</strong><br />

verletzte das rechte, hintere Scheitelbein. Sein linker Rand wirkt glatt abgeschnitten,<br />

am rechten gibt es Abplatzungen von Tabula interna <strong>und</strong> Diploe nach innen <strong>und</strong> -<br />

in <strong>de</strong>r Nähe <strong><strong>de</strong>s</strong> Auftreffpunktes Stauchungsbrüche in <strong>de</strong>r Tabula externa (Abb.<br />

29c,e). Vom 2. Trauma aus (H2) führen Risse über das Hinterhaupt. An seinem<br />

hinteren Endpunkt fin<strong>de</strong>t sich ein dreieckig ausgeplatztes Stück (von außen nach<br />

innen geplatzt) mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Schnittes (Ortabdruck). Das scheint da<strong>für</strong> zu<br />

sprechen, daß <strong>de</strong>r Griff bei erfolgtem Treffer sofort in Gegenrichtung gerissen<br />

wur<strong>de</strong> (wohl um ein Festbeißen <strong>de</strong>r Klinge zu verhin<strong>de</strong>rt - möglicherweise aber<br />

auch, um die Energie noch einmal zu erhöhen). Auch dieses Trauma soUte nicht<br />

unbedingt sofort tödlich gewesen sein. Auch hier sollte die momentane Auswirkung<br />

möglicherweise nicht über einen Schock, eine (schwere) Gehirnerschütterung<br />

<strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r Gehirnquetschung hinausgegangen sein. Letztere hätte sich sicher durch<br />

die Bildung von Hämatomen (Blutergüssen) später vertieft. Doch dazu kann es<br />

nicht mehr gekommen sein.<br />

Das 3. Traume (H3) zieht vom linken Scheitelbein zu linken Stirn <strong>und</strong> en<strong>de</strong>t<br />

24 mm über <strong>de</strong>r Nasenwurzel. Während die linke W<strong>und</strong>seite einen glatten Schnitt<br />

zeigt, weist die rechte Ausplatzungen von Tab. interna <strong>und</strong> Diploe nach innen auf.<br />

Die Waffe hat sich dann über <strong>de</strong>r Nasenwurzel festgebissen <strong>und</strong> konnte offensichtlich<br />

nur mit Gewalt aus <strong>de</strong>m Schä<strong>de</strong>l gelöst wer<strong>de</strong>n. Dabei ist ganz sicher dann ein<br />

Teil <strong>de</strong>r Risse in Gesichtsschä<strong>de</strong>l <strong>und</strong> Schä<strong>de</strong>lbasis entstan<strong>de</strong>n (Abb. 29d,f). Der<br />

Hieb hat die Kranz- <strong>und</strong> die Pfeilnaht problemlos überw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> ist dann mit <strong>de</strong>m<br />

Ort bzw. vor<strong>de</strong>ren Drittel in Hieb 2 geraten, in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>m sich dorthin<br />

ausbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Riß folgte. Davor jedoch sollte <strong>de</strong>r Stauchungsbruch im linken<br />

Scheitelbein (postmortal verzogen) entstan<strong>de</strong>n sein. Das zeigen u.a. Schliffspuren.<br />

Ferner scheinen alle an<strong>de</strong>ren Risse in einem Zusammenhang mit Hieb 3 zu stehen.<br />

Entwe<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n dabei bereits vorhan<strong>de</strong>ne erweitert, o<strong>de</strong>r sie entstan<strong>de</strong>n erst jetzt<br />

<strong>und</strong> wur<strong>de</strong>n durch die Entfernung <strong>de</strong>r Waffe in ihre Endform gebracht. Das<br />

Festbeißen <strong>de</strong>r Klinge hier fin<strong>de</strong>t nicht nur in <strong>de</strong>r ungeheuren Wucht seine<br />

Begründung, mit <strong>de</strong>r Hieb 3 geführt wur<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn auch noch darin, daß sich die<br />

Klinge durch das Hineingleiten in Hieb 2 verkantete, also <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ausführen<strong>de</strong>n<br />

nicht mehr kontrollierbar wur<strong>de</strong>.<br />

Die Merkmale aller 3 Traumata zeigen, daß die Energieumwandlung in allen<br />

Fällen vollständig im Schä<strong>de</strong>l erfolgte. Von daher sollte eine passive Bewaffnung<br />

(z.B. Helm) <strong><strong>de</strong>s</strong> Kopfes auszuschließen sein.


156<br />

Das erste Trauma wur<strong>de</strong> offensichtlich angebracht, als <strong>de</strong>r Ausführen<strong>de</strong> - eine<br />

Deckungslücke von Do-es 54/138 ausnutzend - sein Schwert aus einem Linksbogen<br />

mit links angestellter Klinge in die Verticale umlenkte. Do-es 54/138 sollte sofort<br />

benommen, also wehrunfähig gewesen sein. Er muß aber noch aufrecht gestan<strong>de</strong>n<br />

haben, als ihn Hieb 2 aus einem steilen R echtsbogen mjt rechts angestellter Klinge<br />

am linkem hinteren Kopf traf - auch Knien erscheint möglich. Dabei kann <strong>de</strong>r Kopf<br />

möglicherweise nach vorn gekippt sein. Erst danach hat <strong>de</strong>r Ausführen<strong>de</strong> Hieb 3<br />

angebracht, in welchen er seine volle Kraft gelegt haben muß (Do-es 54/138<br />

zeichnet sich durch einen relativ kräftigen Knochenbau aus). Auch hier erscheint<br />

möglich, daß Do-es 54/138 bei Empfang von Hieb 3 gekniet hat, einfacher wäre<br />

eine Handlungsrekonstruktion aber unter <strong>de</strong>m Postulat, Do-es habe die ganze Zeit<br />

gestan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> nur sein Kopf habe nach E mpfang von Hieb 1 gepen<strong>de</strong>lt. Der Schä<strong>de</strong>l<br />

von Do-es 54/138 ist dann erst bei <strong>de</strong>r Bergung <strong>de</strong>r Waffe gesprengt wor<strong>de</strong>n, meint<br />

Verf. Auch Hieb 3 war aus einem steilen Rechtsbogen mit rechts angestellter Klinge<br />

ausgeführt wor<strong>de</strong>n.<br />

Auch hier soUten die 3 letzten Hiebe in schneller Folge aufeina<strong>de</strong>r gefolgt sein,<br />

in<strong>de</strong>m sie sich in einer fließen<strong>de</strong>n Bewegung auseinan<strong>de</strong>r entwickelten. Aus Hieb 1<br />

hätte sich dann eine Körperdrehung nach rechts um die eingene Achse <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Ausführen<strong>de</strong>n ergeben. Aus dieser Drehung heraus wäre dann erst Hieb 2 <strong>und</strong> nach<br />

einer weiteren, gleichsinni gen Körperdrehung Hieb 3 erfolgt. Auch hier, wie<br />

gesagt, könnten so alle drei Hiebe innerhalb weniger Sek<strong>und</strong>en abgegeben wor<strong>de</strong>n<br />

sein.<br />

Gäbe es nur 1 Individuum in <strong>de</strong>r untersuchten Stichprobe, welches ei nen<br />

weiteren (tödlichen) Hieb empfing, nach<strong>de</strong>m es zuvor bereits webrunfähig gewesen<br />

ist, ließe sich u.a. begrün<strong>de</strong>t ausführen, <strong>de</strong>r Ausführen<strong>de</strong> habe sich in einer<br />

psychischen Ausnahmesituation bef<strong>und</strong>en. Die geschil<strong>de</strong>rten Fakten sind aber in<br />

allen vier hier nachgewiesenen FäUen, in welchen scharfe Schä<strong>de</strong>ltraumata die<br />

Sterbeursache bil<strong>de</strong>ten, dieselben. Damit sollte hier kein Zufall mehr vorliegen.<br />

Und es muß an eine beson<strong>de</strong>re Interpretation dieses Faktums gedacht wer<strong>de</strong>n. In<br />

einem solchen Zusammenhang drängt sich dann Verf. E. die Möglichkeit auf, in<br />

diesen 4 Skelet-Individuen Verlierer von (rituellen) Zweikämpfen zu sehen.<br />

Dieselben wären dann in einem so entschie<strong>de</strong>nen " Rechtshan<strong>de</strong>l" - <strong>und</strong> das ist ja<br />

wohl immer auch ein Gottesurteil gewesen - gefallen. Denn dabei dürfte ja wohl<br />

auch in <strong>de</strong>r Frühgeschichte allein mit gleichwertiger Waffe <strong>und</strong> ohne<br />

Passivbewaffnung gekämpft wor<strong>de</strong>n sein , wobei einmal sicher auch in dieser Zeit<br />

bestimmte Regeln einzuhalten waren <strong>und</strong> bei<strong>de</strong> Parteien <strong>de</strong>ren Einhaltung<br />

überwachten. Und - an<strong>de</strong>rs als im Krieg - war hier <strong>de</strong>r Tod (min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens) einer Seite<br />

unbedingte Notwendigkeit. Der Verlierer dürfte auch hier alles - einschließlich<br />

seiner E hre - verloren haben. Denn er hatte ja <strong>für</strong> die Seite <strong><strong>de</strong>s</strong> "Unrechts"<br />

gekämpft. Er durfte also ganz sicher auch hier nicht "gebüßt" wer<strong>de</strong>n. Gestützt<br />

wür<strong>de</strong> diese Hypothese Verf. E. durch die Tatsache, daß keines <strong>de</strong>r o.g. 4 Individuen<br />

eine Waffe ins Grab mitgegeben bekommen hatte (frdl. Mittl. S. B UCHTA-HOHM).<br />

Und das erscheint Verf. bei Personen, welche ehrenvoll im Kampfe gefallen wären,<br />

nun doch ein wenig seltsa m. Vor allem angesichte <strong>de</strong>r Tatsache, daß<br />

Waffenbeigaben ansonsten offensichtliches "Muß" <strong>für</strong> Männer <strong><strong>de</strong>s</strong> Untersuchungsgutes<br />

gewesen zu sein scheinen. Verf. sieht also in o.g. 4 Skelet-Individuen<br />

Verlierer von (rituellen) Zweikämpfen.


Diskussion<br />

157<br />

Nach<strong>de</strong>m nun Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r zwingend - zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t aber direkt<br />

- daraus ableitbare Folgerungen zu <strong>de</strong>n hier angesprochenen Themata knapp<br />

vorgestellt wor<strong>de</strong>n sind, sollen nun darauf abgestützte <strong>und</strong> zusammenfassen<strong>de</strong> wie<br />

übergreifen<strong>de</strong> Interpretationen dazu vorgetragen wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Mehrheit <strong>de</strong>r Fälle<br />

han<strong>de</strong>lt es sich dabei um einfach geprüfte <strong>und</strong> in <strong>de</strong>ren Mill<strong>de</strong>rheit um mehrfach<br />

geprüfte bzw. ungeprüfte Arbeitshypothesen. Je nach ihrer Wertigkeit können also<br />

diese Arbeitsergebrrisse zur Interpretation an<strong>de</strong>ren Materials herangezogen<br />

wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r bedürfen einer Überprüfung anhand <strong><strong>de</strong>s</strong>selben.<br />

Bevölkerungsbiologie<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ananlyse von Absterbeordnung <strong>und</strong> Geschlechterverhältnis<br />

wur<strong>de</strong> festgestellt, daß an hand <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz keine<br />

Rückschlüsse auf die Sterblichkeitsverhältnisse innerhalb <strong>de</strong>r Population, aus<br />

welcher das Reihengräberfeld belegt wur<strong>de</strong>, möglich sind. Denn die Serie zeigte sich<br />

durch <strong>de</strong>n Fehler <strong>de</strong>r kleinen Zahl beeinflußt. Die Grün<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n in Faktoren<br />

gesucht, welche die Stichprobenzusammensetzung im Nachhinein hauptsächlich<br />

beeinflußt haben sollten bzw. könnten. An<strong>de</strong>rerseits ergab sich kein Gr<strong>und</strong> zur<br />

Annahme, die ursprüngliche Gräber-Population sei wesentlich in ihrer<br />

Zusammensetzung von <strong>de</strong>nen an<strong>de</strong>rer Reihengräberfel<strong>de</strong>r aus Raum <strong>und</strong> Zeit<br />

verschie<strong>de</strong>n gewesen. Damit kann ein leichter Männerüberschuß, wie er aus <strong>de</strong>n<br />

Zahlen <strong>de</strong>r Grabung ECKERLE belegt ist, auch <strong>für</strong> Do-es-Tafelkreuz als<br />

ursprünglich vorhan<strong>de</strong>n postuliert wer<strong>de</strong>n. Das Gleiche gilt <strong>für</strong> das Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />

eines erheblichen Kin<strong>de</strong>r<strong>de</strong>fizites im Material.<br />

Trotz<strong>de</strong>m die Serie als lückenhaft <strong>und</strong> nicht repräsentativ (<strong>für</strong> die ehemalige<br />

Belegungssitte) ausgewiesen wur<strong>de</strong>, erscheint es doch möglich, Aussagen zur<br />

ungefähren Größe <strong>de</strong>r Leben<strong>de</strong>n-Population zu machen, aus <strong>de</strong>r hier belegt wur<strong>de</strong><strong>und</strong><br />

zwar rein rechnerisch.<br />

Da<strong>für</strong> waren folgen<strong>de</strong> Voraussetzungen zu berücksichtigen: Im Gräberfeld ist<br />

die Sitte <strong>de</strong>r Nachbelegung von Gräbern (bis zu 5 Belegungsschichten sind<br />

anthropologisch nachweisbar gewesen) ein<strong>de</strong>utigt fixiert wor<strong>de</strong>n. Die letzte<br />

Belegungsschicht ist archäologisch in die Zeit zwischen <strong>de</strong>r 2. Hälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> 6. Jh.<br />

bis in <strong>de</strong>n Beginn <strong><strong>de</strong>s</strong> 8. Jh. (also rechnerisch 575-725 n. ehr.) datiert, was<br />

rechnerisch eine Spanne von 150 Jahren ausmacht. Aus archäologischer Sicht hat<br />

das Gräberfeld ursprünglich ca. 600 Gräber enthalten. Die rechnerisch 600 Skelet­<br />

Individuen <strong>de</strong>r letzten Belegungsschicht (hier also auch Gräber ohne Nachbelegung<br />

zu zählen) verteilen sich also auf einen Zeitraum von rechneri ch 150 Jahren.<br />

Ferner wird hier ein Geschlechterverhältnis von 100 zugr<strong>und</strong>e gelegt (ist real<br />

nicht ausgeglichen - vergl. z.B. RÖHRER-ERTL 1980, 1987). Und dann wird<br />

postuliert, daß die das Gräberfeld belegen<strong>de</strong> Leben<strong>de</strong>n-Population eine stationäre<br />

gewesen ist, also gemittelt <strong>und</strong> real ein 0-Wachstum aufgewiesen habe. Das wird<br />

auch damit begrün<strong>de</strong>t, daß Veri. <strong>für</strong> die Alemannen dieses Zeitraumes bislang<br />

keinerlei gravieren<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rungen in ihren sozio-ökonornischen Rahmenbedingungen<br />

als nachgewiesen bekannt wären. Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Untersuchung<br />

ländlicher, vorindustrieller Bevölkerungen (z.B. RÖHRER-ERTL 1978, 1987) ist<br />

unter solchen <strong>und</strong> optimalen Rahmenbedingungen eine Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendlichensterblichkeit<br />

von ca. 50 % <strong>de</strong>r Geburtsjahrgänge (-Kohorten) anzunehmen. Ferner


158<br />

wird hier angenommen, die Sterblichkeitsverhältnisse in <strong>de</strong>r zu be chreiben<strong>de</strong>n<br />

Population entsprächen ungefähr <strong>de</strong>nen, welche aus <strong>de</strong>r Ge amt-Absterbeordnung<br />

hervorgehen - <strong>und</strong> zwar <strong>für</strong> die Sterbealtersgruppen juvenil bis senil (Abb. la,b).<br />

Denn hier lag Verf. E. kein Anlaß vor zu meinen, die Sterblichkeitsverhältnisse in<br />

<strong>de</strong>m Untersuchungsgut hätten sich von <strong>de</strong>n bei an<strong>de</strong>ren vorindustriellen<br />

Bevölkerungen festgestellten, (z.B. RÖHRER-ERTL 1978, 1987, SIPES 1980)<br />

gravieren<strong>de</strong>r unterschie<strong>de</strong>n. Und damit wäre eine prinzipielle Homöostase (=<br />

Fließgleichgewicht zwischen Ernährungsbasis <strong>und</strong> Kopfzahl <strong>de</strong>r zugehörigen<br />

Population) wohl auch hier anzunehmen. Denn sie er eh eint als das Normale. Weil<br />

hier eben keine ffÜhindustriellen sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen<br />

anzunehmen sind, können eben auch keine anhomöostatischen Verhältnisse<br />

erwartet wer<strong>de</strong>n (z.B. über einen Einfluß einer fortgeschrittenen Medizin auf die<br />

allgemeine, beson<strong>de</strong>rs aber auf die Kin<strong>de</strong>rsterblichkeit - vergl. RÖHRER-ERTL<br />

1978, SIPES 1980). Insgesamt sieht Verf. hier also keine gravieren<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rungen in<br />

<strong>de</strong>r sozio-ökonomischen Basis. Also meint er hier begrün<strong>de</strong>t o.g. Daten übertragen<br />

bzw. als Postulate einsetzen zu dürfen <strong>und</strong> somit auch auf 0-Wachstum schließen zu<br />

können.<br />

Nun ist zu berücksichtigen, daß nach KURTH (vergl. z.B. RÖHRER-ERTL 1987)<br />

eine menschliche Population unter o.g. Bedingungen im Mittel ihre Kopfzahl 5 Mal<br />

im Jahrh<strong>und</strong>ert rechnerisch in Toten "umgesetzt".<br />

In <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz stellen Kin<strong>de</strong>r (infans I u. II) <strong>und</strong><br />

Jugendliche Guvenil) 17,4 % aller Toten. Auf 600 Individuen bezogen ergäbe das<br />

eine Zahl von ca. 104 Individuen. Ein solche Verhältnis entspricht <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>rer<br />

Serien aus Zeit <strong>und</strong> Raum (z.B . BAIER 1988, CZAR ETZKl et alii 1985,<br />

LA GENSCHElDT 1985).<br />

Damit wären rechnerisch ca. 496 biologisch erwachsene Tote in Do-es<br />

Tafelkreuz zu erwarten, woraus sich eine Gesamtzahl von 992 Toten aller<br />

Altergruppen <strong>und</strong> bei<strong>de</strong>r Geschlechter in 150 Jahren errechnete.<br />

Diese 992 Toten verteilen sich dann rechnerisch wie folgt auf die Sterbealtersgruppen:<br />

283 (47,2%) Infantes/Kin<strong>de</strong>r, 16 (2,7%) Juvenes/Jugendliche, 125<br />

(20,9 %) Adulti/junge Erwach ene, 135 (22,4 %) Maturilältere Erwachsene <strong>und</strong><br />

41 (6,8 %) Senile IGreise. Diese 992 Individuen - also in 150 Jahren Gestorbenen -<br />

hätten dann rechnerisch 132 die jeweils gleichzeitige Leben<strong>de</strong>n-Population<br />

"gestellt", wer<strong>de</strong>n oben aufgeführte Prämi sen eingesetzt. Diese eben hätten also<br />

das Gräberfeld belegt.<br />

Diese 132 Individuen <strong>de</strong>r Leben<strong>de</strong>n-Population glie<strong>de</strong>rten ich nun rein<br />

rechnerisch wie folgt: 62,4Infantes, 3,6 Juvenes, 27,6 Adulti, 29 6 Maturi <strong>und</strong> 8,8<br />

Seniles.<br />

Unter Einsatz <strong>de</strong>r gef<strong>und</strong>enen mittleren Kin<strong>de</strong>rzahl je Ehe (davon im Mittel<br />

ca. 10% unfruchtbar) unter vorindustriellen Verhältnissen (z.B. RÖHRER-ERTL<br />

1978) von 4,4 errechnen sich dazu dann im Mittel 15 biologisch aktive Ehepaare in<br />

dieser Leben<strong>de</strong>n-Population von 132 Individuen.<br />

15 gleichzeitig leben<strong>de</strong>, biologisch aktive Ehepaare sollten nun nicht unbedingt<br />

<strong>de</strong>m gleichen Haushalt o.Ä. (vergl. z.B. TURNWALD 1931-35) angehören müssen,<br />

auch wenn sie <strong>de</strong>r gleichen sozialen Schicht bzw. Kaste zuzurechnen wären. Als<br />

Min<strong><strong>de</strong>s</strong>t-, zuweilen aber auch Normal-Zahlen könnten hier 2-4 anzusehen sein.<br />

Denn nur so kann <strong>de</strong>r Fortbestand <strong>de</strong>r eigenen Sippe unter vorindustriellen<br />

Bedingungen gesichert wer<strong>de</strong>n (bei Matrilinearität wäre sie durch Knaben-, bei<br />

Patrilinearität durch Mädchenüberschuß gefähr<strong>de</strong>t). Jedoch können, je nach<br />

Ertragslage <strong>und</strong> vor allem -Art, auch <strong>für</strong> eine zunächst so hoch erschein<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Zahl,


159<br />

gemeinsame Wirtschaften in engerer o<strong>de</strong>r lockerer Form als akzeptabel angesehen<br />

wer<strong>de</strong>n (z.B. bei "Zinsgewinn" an Naturalien <strong>und</strong> Leistungen), o<strong>de</strong>r auch nicht<br />

(z.B. Erlö au eigener - körperlicher - Arbeit). Ohne nähere Angaben (z.B. aus<br />

abgeschlossener Siedlungskammer-Forschung) wird hier wohl kaum zu entschei<strong>de</strong>n<br />

sein, ob die in Do-es-Tafelkreuz belegen<strong>de</strong> Population nun eher das Organisationsmo<strong>de</strong>ll<br />

<strong>de</strong>r Steppenvölker (vergl. z.B. polnische Slachta vor Errichtung <strong>de</strong>r<br />

polnischen A<strong>de</strong>lsmatrikeln durch Rußland, Österreich <strong>und</strong> Preußen) o<strong>de</strong>r aber eher<br />

das aus Nor<strong>de</strong>uropa überlieferte (vergl. z.B. NIEDNER 1913,1922/23) bevorzugte.<br />

Im ersteren Fall wäre ein Zusammenleben praktisch aller Sippenangehörigen <strong>und</strong><br />

unter einem "Kommando" an einem Platz (" Gehöft" ) <strong>und</strong> im letzteren - weniger<br />

eng - in verschie<strong>de</strong>ne Gruppierungen aufgelöst <strong>und</strong> unter zwar einem "Kommando"<br />

stehend, aber doch auch <strong>de</strong>r eigenen Artikulation fähig, anzunehmen. Eine<br />

E ntscheidung dürfte hier wohl sehr schwer fallen.<br />

Es ist festgestellt wor<strong>de</strong>n, daß es keine gr<strong>und</strong>sätzlichen Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Muskelentwicklung (<strong>und</strong> damit auch Arbeitsbelastung) unter <strong>de</strong>n Individuen <strong>de</strong>r<br />

Population gab. Bis zum En<strong>de</strong> von juvenil war keine Arbeitsbelastung feststellbar.<br />

Diese ist erst ab etwa 20 Jahren faßbar <strong>und</strong> nimmt dann im Mittel bis etwa zum 60.<br />

Lebensjahr stetig zu. Die im Untersuchungsgut erreichten individuellen<br />

Spitzenwerte liegen aber weit unterhalb <strong><strong>de</strong>s</strong>sen, was z.B . an neuzeitlichen (vor- bzw.<br />

fTÜ hindustriellen) Bauernpopulationen als Mittel bekannt ist. Außer<strong>de</strong>m erscheint<br />

die Muskulatur hier viel- <strong>und</strong> nicht einseitig entwickelt. Von daher wäre auf eine<br />

Personengruppe zu schließen, welche aufgr<strong>und</strong> ihrer Lebensbedingungen zwar<br />

quasi "durchtrainiert" erscheint, aber keinerlei regulären, körperlichen Arbeit<br />

ihren Unterhalt verdankt. In diesem Sinne erscheint Do-es-Tafelkreuz z.B. <strong>de</strong>n<br />

Stichproben Schwabmünchen 78 aus <strong>de</strong>r römischen Kaiserzeit (RÖHRER-ERTL<br />

1987) o<strong>de</strong>r K<strong>und</strong>l/Tirol aus <strong>de</strong>r Zeit 50-16 v.Chr. (in Vorbereitung) vergleichbar.<br />

Das wird Verf. E. auch durch die Körperhöhen-Mittelwerte bestätigt. Do-es­<br />

Tafelkreuz zeigt ein Mittel von ca. 171 cm <strong>für</strong> Männer <strong>und</strong> ca. 161 cm <strong>für</strong> Frauen,<br />

Schwabmünchen 1978 zeigt rechnerisch ein solches von 169 cm <strong>für</strong> Männer <strong>und</strong><br />

158 cm <strong>für</strong> Frauen (bereinigt i<strong>de</strong>ntisch mit Do-es-Tafelkreuz) <strong>und</strong> K<strong>und</strong>l ein solches<br />

von 164 cm <strong>für</strong> Männer <strong>und</strong> 156 <strong>für</strong> Frauen (rein rechnerisch, da auch hier Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tkörperhöhen<br />

- Frauen mit Fehler <strong>de</strong>r kleinen Zahl - bereinigt also 165 cm zu 155<br />

cm).<br />

In allen drei Fällen han<strong>de</strong>lt es sich um Poulationsausschnitte, <strong>für</strong> <strong>de</strong>ren<br />

Individuen ein Akzelerationsprozeß als abgeschlossen postulierbar ist (z.B.<br />

RÖHRER-ERTL 1984a). Und damit wer<strong>de</strong>n dann die Körperhöhenmittelwerte<br />

prinzipiell <strong>für</strong> einen Populationsvergleich verwendbar.<br />

Die Werte von K<strong>und</strong>l - bereinigt ca. 165 <strong>und</strong> 155 cm - entsprechen dabei <strong>de</strong><br />

facto Mittelwerten von frühindustriellen Populationen <strong><strong>de</strong>s</strong> Voralpenlan<strong><strong>de</strong>s</strong> (z.B.<br />

München - MARTIN 1928, RÖHRER-ERTL 1987). Dieser war durch brachykrane<br />

(kurzköpfige) Süd<strong>de</strong>utsche vom Rasse-Typ eu-alpid (z.B. MARTI 1928)<br />

gekennzeichnet. Dagegen stechen sowohl die Werte <strong>für</strong> Schwabmünchen 1978 als<br />

auch <strong>für</strong> Do-es-Tafelkreuz signifikant - mit bereinigt 171 <strong>und</strong> 161 cm - ab. Sie lassen<br />

sich damit problemlos mit frühindustriellen, nord<strong>de</strong>utschen Populationen zur<br />

Deckung bringen. Diese Populationen sind überwiegend durch die Rasse-Typen eunordid<br />

<strong>und</strong> vor allem eu-faelid zu kennzeichnen. Auch hier war ein<br />

Akzelerationstrend feststellbar. Weil die Körperhöhen-Werte nun als normalverteilt<br />

erscheinen, schließt Verf. auch von daher auf prinzipielle soziale Homogenität<br />

<strong>de</strong>r Gesamtgruppe bzw. Stichprobe Do-es-Tafelkreuz.<br />

Auch <strong>de</strong>r Ges<strong>und</strong>heitsstatus <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz ist <strong>für</strong> eine


160<br />

vorindustrielle Population als gut zu bezeichnen. Spondylosen, Spondylarthrosen,<br />

<strong>und</strong> Arthrosen zeigen sich - auch in höherem Alter, überwiegend als diskret<br />

ausgebil<strong>de</strong>t. Schwerere Fälle sind ausgesprochen selten <strong>und</strong> treten erst in<br />

fortgeschrittenem Alter auf. Schwere Fälle fehlen völlig. Von daher soUte auf eine<br />

mäßige Dauerbelastung <strong>de</strong>r Gelenke zu schließen sein. Ferner ließe sich<br />

diskutieren, in wieweit nicht hier erbliche Disposition eine primäre Rolle spielt<br />

(vergl. z.B. Morb. SCHEUERMANN), o<strong>de</strong>r auch damit, daß offensichtlich körperliche<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen erst ab etwa <strong>de</strong>m 20. Lebensjahr - real also <strong>de</strong>m Abschluß <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

pubertären Wachstumsschubes - einsetzte, die Kindheit davon also frei war. (Das<br />

erscheint z.B. <strong>für</strong> " Bauern" erst recht ungewöhnlich. Hier sind Kin<strong>de</strong>r immer auch<br />

als " billige" Arbeitskräfte benutzt wor<strong>de</strong>n.)<br />

Ähnlich verhält es sich mit <strong>de</strong>n Erkrankungen <strong>de</strong>r Zähne <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Zahnhalteapparates. Angemerkt wer<strong>de</strong>n soll hierzu noch, daß sich die "Überzahl"<br />

<strong>de</strong>r Frauen in diesem Zusammenhang wohl zwanglos mit zu postulieren<strong>de</strong>n<br />

Schwangerschaften (<strong>und</strong> Stillzeiten) im Zusammenhang betrachten läßt.<br />

Daneben treten überwiegend Krankheiten auf, <strong>für</strong> welche erbliche Gr<strong>und</strong>lagen<br />

zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t diskutiert wer<strong>de</strong>n, sieht man von <strong>de</strong>n immer noch unsicheren Hinweisen<br />

auf mögliche Skelet-TBC einmal ab.<br />

Die W<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Bruchversorgung zeigt einen erstaunlichen Grad praechirurgischer<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten. Auch das sollte als Hinweis da<strong>für</strong><br />

gewertet wer<strong>de</strong>n, daß die Behan<strong>de</strong>lten "zahJungsfähige" , also sozial besser<br />

gestellte, Personen waren bzw. einer solchen Gruppe (= Kaste) entstammten.<br />

All das legt nahe, in <strong>de</strong>n Individuen <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz eine TeiJ­<br />

Population (<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r näheren Region ansässigen Gesamt-Population) zu<br />

erblicken. Sie sollte also hier auch im soziologischen Sinne als eine " ländliche<br />

Führungsschicht" anzusehen sein.<br />

Alle erhobenen Daten zur Morphologie zeigen sich als normalverteiJt <strong>und</strong><br />

streuen über das ganze Feld in etwa gleicher Weise. Ebenso verteilen sie sich über<br />

die ermittelten Rasse-Typen eu-nordid, eu-faeLid <strong>und</strong> eu-alpid <strong>und</strong> diese selbst<br />

ebenso über das Areal etc. Es sei nochmals betont, daß die Trennungen zwischen<br />

<strong>de</strong>n in dieser biologischen Population festgestellten Rasse-Typen - ebenso wie<br />

an<strong>de</strong>rswo - immer willkürlich zu setzen sind. Und tatsächlich wird sich hierin ja<br />

primär am LBI (Längen-Breiten-In<strong>de</strong>x <strong><strong>de</strong>s</strong> Hirnschä<strong>de</strong>ls) orientiert -nach<br />

althergebrachter Praxis (z.B. MARTIN 1928). Erst in zweiter Linie fin<strong>de</strong>n dann<br />

" nichtmetrische" , erscheinungsbildliche Merkmale Berücksichtigung. Auf diese<br />

Weise kann man dann feststellen; daß landschaftlich biologische Populationen im<br />

Sinne von menschlichen Heiratskreisen auch dadurch unterscheidbar wer<strong>de</strong>n, durch<br />

welche Rasse-Typen sie jeweils bestimmt erscheinen etc. Für Einzelindividuen kann<br />

sich dabei nur in seltenen Einzelfällen eine Möglichkeit landschaftlicher<br />

Herkunftbestimmungen (z.B. RÖHRER-ERTL 1985) ergeben. Denn die Mehrheit<br />

<strong>de</strong>r hier zu erwarten<strong>de</strong>n Rasse-Typen wer<strong>de</strong>n als "gemeineuropäisch" angesehen.<br />

Üblicherweise können aber hier nur <strong>für</strong> biologische Populationen <strong>de</strong>rartige<br />

Bestimmungen erwartet wer<strong>de</strong>n. Im Übrigen scheint dies <strong>für</strong> höhere Primaten<br />

allgemein zu gelten (z.B. RÖHRER-ERTL 1984b), sollte also nicht als<br />

Humanspezifikum angesehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Zusammenfassend wäre also zu sagen, daß alle Individuen <strong>de</strong>r Stichprobe<br />

Do-es-Tafelkreuz ehe<strong>de</strong>m zu einer biologischen Population im Sinne eines<br />

menschlichen Heiratskreises gehörten - <strong>und</strong> zwar in einer Generationenfolge.<br />

Ausgenommen bleiben muß hiervon allerdings die Frau Do-es 54/13l.<br />

Diese Frau ist ein<strong>de</strong>utig <strong>de</strong>r Rasse mongolid <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Rasse-Typ mo-sinid nach


161<br />

EICKSTEDT zuzuweisen. In <strong>de</strong>r Stichprobe bleibt sie singulär. Es kann aber nicht<br />

gesagt wer<strong>de</strong>n, ob sie nicht doch auch in <strong>de</strong>m Reihengräberfeld Nachkommen hatte,<br />

weil ja di e Mehrheit aller dort Begrabenen in <strong>de</strong>r untersuchten Stichprobe eben<br />

nicht vertreten bzw. nicht ausreichend vertreten ist.<br />

Insgesamt ergibt sich also ein "rassisches" Bild, wie e prinzipiell <strong>für</strong> eine<br />

Population zu erwarten steht (vergl. z.B. BIASUTTI 1953-57). Verf. schließt hier auf<br />

Zugehörigkeit zu einer Kaste in Gestalt eines sozialen Isolates (z.B . RÖHRER-ERTL<br />

1982).<br />

Sozialanthropologie<br />

Es i t festgestellt wor<strong>de</strong>n, daß die Stichprobe Do-es-Tafel kreuz als<br />

(repräsentativer) Ausschnitt erscheinungsbildlicher Art einer darin relativ<br />

einheitlichen Population erscheint. Ferner erscheint diese Populatin von ihrer<br />

(gemittelten) körperlichen Entwicklung - bzw. <strong>de</strong>r individuellen ihrer Mitglie<strong>de</strong>r<br />

her - dadurch als gekennzeichnet, daß im Mittel einseitige körperliche Belastung<br />

eben keine Rolle spielte - was <strong>für</strong> alle Lebensaltersgruppen prinzipiell gilt.<br />

Dagegen erscheinen alle Individuen quasi als durchtrainiert. Während nun im<br />

Kin<strong><strong>de</strong>s</strong>- <strong>und</strong> Jugendlichen-Alter die Muskulatur weitgehend als unentwickelt zu<br />

bezeichnen ist, ergibt sich - <strong>für</strong> Männer <strong>und</strong> Frauen mit spezifischen Unterschie<strong>de</strong>netwa<br />

ab <strong>de</strong>m 20. Lebensjahr eine stetige Zunahme <strong>de</strong>rselben. Nach etwa <strong>de</strong>m 60.<br />

Lebensjahr si nkt dann die Muskulatur im Mittel auf eine Größenordnung, welche<br />

etwa <strong>für</strong> das 30. Lebensjahr als Mittelwert typisch sein könnte. D araus kann auf<br />

zunehmen<strong>de</strong> Inaktivität <strong>de</strong>r über 60-jährigen geschlossen wer<strong>de</strong>n. Sie bleiben aber<br />

offensichtlich sozial jungen Erwachsenen körperlich durchaus ebenbürtig, wenn<br />

nicht sogar überlegen. Anzumerken wäre hier noch, daß nicht ein einziges<br />

Individuum angetroffen wur<strong>de</strong>, bei <strong>de</strong>m eine überdurchschnittliche Einlagerung<br />

von Unterhautfettgewebe festgestellt wor<strong>de</strong>n wäre. Im Zusammenhang mit relativ<br />

geringer Krankheitsbelastung, (als gut <strong>für</strong> die Umstän<strong>de</strong> einzuschätzen<strong>de</strong>r<br />

Krankenbetreuung,) spricht dies Verf. E. <strong>de</strong>utlich <strong>für</strong> eine im Mittel stets<br />

ausgeglichene <strong>und</strong> ausreichen<strong>de</strong> Ernährung.<br />

Von daher betrachtet erscheint eine Eingruppierung <strong>de</strong>r Stichprobe<br />

Do-es-Tafel kreuz in die literarisch bekannten Sozialschichten von Zeit <strong>und</strong> Raum<br />

(z.B. STEUER 1982,1984,1987, STÖRMER 1988) möglich. Nach <strong>de</strong>r Literatur setzte<br />

sich die (ländliche) Bevölkerung auch <strong><strong>de</strong>s</strong> alemannischen Raumes gr<strong>und</strong>sätzlich aus<br />

Unfreien (Sklaven, Knechte, Abhängige), Freien (Bauern), <strong>und</strong> Herren (A<strong>de</strong>l)<br />

zusammen. In <strong>de</strong>n Quellen kommen dann auch noch Freigelassene vor. Überhaupt<br />

lassen sich alle diese Sozialgruppen weiter unterglie<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> auch unterschiedlich<br />

zusammenfassen. Denn die Gesellschaft war offensichtlich in dieser Zeit von einer<br />

Art " Durchlässigkeit" <strong>de</strong>r sozialen Abgrenzungen geprägt. So sollten (speziell<br />

offensichtlich bei Freigelassenen) sozialer Auf- <strong>und</strong> Abstieg ebenso selbstverständlich<br />

gewesen sein, wie "Umgruppierungen" von "Sippenverbän<strong>de</strong>n" (z.B. von<br />

Freien zu Herren <strong>und</strong> umgekehrt).<br />

Man kann also prinzipiell vom kulturellen Habitus her zwischen Personengruppen<br />

unterschei<strong>de</strong>n, weIche ihren Lebensunterhalt überwiegend bis ausschließlich<br />

durch körperliche Arbeit verdienten (z.B. Unfreie <strong>und</strong> " kleine" Freie,<br />

wie z. B. "Kleinbauern") <strong>und</strong> solchen, wo di es nicht <strong>de</strong>r Fall war (z.B. Herren <strong>und</strong><br />

"große" Freie, also " Großbauern". Denn auch Freie (Bauern) haben nach <strong>de</strong>r<br />

Literatur z.gr.T. anfallen<strong>de</strong> Arbeiten selbst miterledigt (z.B. NIEDNER 1913,1922).<br />

Auch wenn - diese Kreise wer<strong>de</strong>n jeweils behan<strong>de</strong>lt - im Island <strong>de</strong>r Saga-Zeit (9-11


162<br />

Jh.) es Bauern gab, die eine "a<strong>de</strong>lgsleiche" Stellung erreichten, war dies immer<br />

personengeb<strong>und</strong>en. Island kannte also nur Freibauern <strong>und</strong> Abhängige (z.T.<br />

gekaufte Knechte <strong>und</strong> abhängige Kleinbauern etc.). Die Freigelassenen verteilten<br />

sich dann jeweils wie<strong>de</strong>r auf diese Gruppen (je nach Heirat etc.). In Island bleiben in<br />

<strong>de</strong>r Regel wohl nur die Kin<strong>de</strong>r bzw. Ziehkin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r die Spitzenpositionen in <strong>de</strong>r<br />

Sippe (bzw. <strong>de</strong>m Gau) einnehmen<strong>de</strong>n Bauern (-"Patriarchen") von körperlicher<br />

Arbeit verschont. Das wird hier als Erwartungswert berücksichtigt. Denn von <strong>de</strong>r<br />

Muskelentwicklung her sollte es möglich sein, zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t zwischen o.g. bei<strong>de</strong>n<br />

Gruppen als solchen zu unterschei<strong>de</strong>n<br />

Die angesprochenen Merkmale <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz sind nun<br />

wohl kaum mit <strong>de</strong>n Erwartungen <strong>für</strong> die Gruppe <strong>de</strong>r Freien (Bauern) <strong>und</strong> schon gar<br />

nicht <strong>für</strong> die <strong>de</strong>r Unfreien zur Deckung zu bringen. Hier kann es sich eigentlich nur<br />

um eine Population han<strong>de</strong>ln, welche <strong>de</strong>n Herren, also <strong>de</strong>m A<strong>de</strong>l (altnordisch odal =<br />

Besitz) zu parallelisieren wäre. Denn selbst dann, wenn es sich um Freie mit "a<strong>de</strong>lsgleicher"<br />

Stellung han<strong>de</strong>lte, so könnte das immer nur einen Teil <strong>de</strong>r Population<br />

betreffen, nicht aber die gesamte.<br />

Im Gegensatz zu Island hat sich nun in Norwegen (9.-12. Jh.) ein A<strong>de</strong>l<br />

entwickelt, welchen man durchaus mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Merowingerzeit Mitteleuropas<br />

vergleichen kann - von seiner Funktion <strong>und</strong> seinem Lebensstil her. Die<br />

aItisländische Literatur hat z.B. in <strong>de</strong>r Heimskringla (NIEDNER 1922/23) davon<br />

recht plastische <strong>und</strong> glaubwürdige (vergl. das quellen kritische Vorwort <strong><strong>de</strong>s</strong> Snorri<br />

Sturlasohn) Lebensbil<strong>de</strong>r hinterlassen. Dabei erscheint <strong>de</strong>r Lebensstil dieser<br />

Schicht gr<strong>und</strong>sätzlich i<strong>de</strong>ntisch - gleichgültig, ob es sich dabei nun um " höheren"<br />

(z.B. Jarle, Gau-Könige) o<strong>de</strong>r "nie<strong>de</strong>ren" A<strong>de</strong>l (Geschlechter, Lehnsleute von<br />

König, Jarlen etc.) han<strong>de</strong>lt. Unterschie<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n sich hauptsächlich in Reichtum <strong>und</strong><br />

Einfluß. Denn auch ein Gau-König wie z.B. Sigurd Sau (Ziehvater Olafs <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Heiligen) beaufsichtigt die Wirtschaft <strong><strong>de</strong>s</strong> selbst bewirtschafteten Hofes (hier<br />

"Hausgut") persönlich" wie ein Lan<strong>de</strong><strong>de</strong>lmann" . Wichtig erscheint hier, daß die<br />

Kin<strong>de</strong>r keine körperliche Arbeit verrichten <strong>und</strong> ihre künftigen Aufgaben (ganz<br />

selbstverständlich) erst im Spiel (z.B. Söhne <strong><strong>de</strong>s</strong> Sigurd Sau) <strong>und</strong> später<br />

(zunehmend) neben <strong>de</strong>n Erwachsenen tehend erlernen bzw. in sie " hineinwachsen" .<br />

Im Einzelfall kann ihnen relativ früh Verantwortung übertragen wer<strong>de</strong>n.<br />

Normalerweise erfolgt dies jedoch erst in jugendlichem Alter (unter regelhafter<br />

Beigesellung eines erfahrenen Mannes als "Beistand"). <strong>und</strong> vollwertig erscheinen<br />

sie in <strong>de</strong>r Literatur - von wenigen (hervorragen<strong>de</strong>n) Ausnahmen (z.B. König Olaf<br />

Tryggvisohn, König Olaf <strong>de</strong>r Heilige, König Magous <strong>de</strong>r Gute) abgesehen, erst in<br />

einem Alter ab 20 Jahren (auch Frauen).<br />

Kennzeichnend hier<strong>für</strong> ist, daß von <strong>de</strong>r Leibgar<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>n "Gästen" Olafs <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Heiligen berichtet wird, es seien alles hervorragen<strong>de</strong> Männer gewesen.<br />

Ausdrücklich wird das dadurch bekräftigt, daß hinzugesetzt wird, keiner von ihnen<br />

sei unter 20 o<strong>de</strong>r über 60 Jahre alt gewesen.<br />

Aus diesen <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Angaben schließt Verf., daß bei Angehörigen <strong>de</strong>r frühmittelalterlichen<br />

Herrenschicht eine voll ausgebil<strong>de</strong>te Körpermuskulatur im Mittel<br />

erst ab <strong>de</strong>m 20. Lebensjahr erwartet wer<strong>de</strong>n sollte. Diese sollte sich - im Zuge <strong>de</strong>r<br />

Weiterentwicklung vor allem <strong>de</strong>r Waffenfertigkeit, aber auch an<strong>de</strong>rer Fähigkeiten<br />

(z.B. Reiten, Springen, Schwimmen) bis etwa zum 60. Lebensjahr weiter<br />

entwickeln, um erst danach nachzulassen. Dabei sollte ein allseits quasi<br />

durchtrainierter Körper entstehen <strong>und</strong> eben nicht ein von täglicher einseitiger,<br />

körperlicher Belastung (hier = Arbeit) gekennzeichneter. Diese Erwartungswerte<br />

<strong>de</strong>cken sich mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n, an <strong>de</strong>r Stichprobe erhobenen, Bef<strong>und</strong>en.


163<br />

Verf. steht daher nicht an, in <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz einen Ausschnitt<br />

(in <strong>de</strong>r Generationenfolge) aus einer zu einer ländlichen Führungsschicht<br />

gehören<strong>de</strong>n Population zu sehen. Die Population sollte also zur sozologischen<br />

Schicht bzw. Kaste <strong>de</strong>r Herren gehört haben, welchen man in Mitteleuropa zumeist<br />

als A<strong>de</strong>l bezeichnet. Und das sollte eigentlich bei einer solchen F<strong>und</strong>art nicht weiter<br />

überraschen, zieht man völkerk<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> historische Daten zu Totenbräuchen<br />

vergleichend hinzu (vergl. z.B. NlEDNER 1913, RÖHRER-ERTL 1978, 1987). Geht<br />

doch daraus ein<strong>de</strong>utig hervor, daß die materialisierten Teile solcher Bräuche bzw.<br />

Riten - sie allein sind archäologisch faßbar - immer nur ein Teil <strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />

(unvollkommen) repräsentieren können, was ursprünglich dazu gehörte. So wird<br />

(z.B. NlEDNER 1913) von Leichenfeiern berichtet, zu <strong>de</strong>nen mehrere h<strong>und</strong>ert<br />

Personen namentlich eingela<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n (sie brachten dann Familienangehörige<br />

<strong>und</strong> eigene "Leute" mit) <strong>und</strong> welche dann - nach u. U. mehrwöchentlicher Feier -<br />

alle "kostbare" o<strong>de</strong>r doch "angemessene" Abschiedsgeschenke erhielten. Die<br />

überlieferte Grabaustattung selbst kann dann daneben sogar kärglich ausgefallen<br />

sein. So wie sich wohl doch nicht apriori von <strong>de</strong>m Reichtum <strong>de</strong>r Grabausstattung auf<br />

<strong>de</strong>n Rang <strong>de</strong> Toten zu Lebzeiten rückschließen läßt. So ist z.B. das nachweislich am<br />

reichsten ausgestattete Grab im Nor<strong>de</strong>n das <strong><strong>de</strong>s</strong> Wikingers Soti gewesen, <strong>de</strong>r in<br />

keinem <strong>de</strong>r nordischen Reiche irgen<strong>de</strong>ine an<strong>de</strong>re Rolle als die eines "Freie.n"<br />

gespielt hat, wie aus vielen Stellen hervorgeht (z.B. NIEDNER 1913,1922,1922/23).<br />

Auch wenn sich in vorindustriellen, agrarischen Gesellschaften <strong>de</strong>r Rang <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Einzelnen primär nach <strong>de</strong>m seiner (sozialen) Abstammungsgruppe (Sippe, Clan<br />

etc.), seiner Position darin <strong>und</strong> erst dann nach erbrachten Eigenleistungen richtet,<br />

kann das mit anthropologischen Mitteln wohl kaum nachvollziehbar sein. Da<strong>für</strong> sind<br />

dann die hier einzusetzen<strong>de</strong>n Parameter wohl doch zu wenig trennscharf.<br />

Ebensowenig sollte von anthropologischer Seite eine Differenzierung zwischen<br />

einer Population von "nie<strong>de</strong>rem" <strong>und</strong> einer von "hohem" A<strong>de</strong>l in dieser Zeit<br />

möglich sein. Allein so institutionalisierte Populationen "Königsfamilien" ließen<br />

sich u.U. wahrscheinlich machen (z.B. RÖHRER-ERTL 1985). Hier erscheint eine<br />

solche weitere Differenzierung eben nicht möglich.<br />

Die "Grabsitte" läßt sich wie folgt beschreiben: leichter Männerüberschuß bei<br />

starkem Kin<strong>de</strong>r<strong>de</strong>fizit. Bei letzterem existiert Mädchenüberschuß. Zu erwarten<br />

gewesen wäre aber bei einer vorindustriellen Population unter optimalen<br />

Lebensbedingungen ein <strong>de</strong>utlicher Knabenüberschuß bei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn, ein<br />

<strong>de</strong>utlicher Männerüberschuß bei <strong>de</strong>n Juveniles <strong>und</strong> Adulti <strong>und</strong>, ab matur, ein<br />

zunehmend <strong>de</strong>utlicher Frauenüberschuß, ofem alle Gestorbenen <strong>de</strong>r Leben<strong>de</strong>n­<br />

Population eine gleichartige Totenbehandlung erfahren hätten. Wie auch <strong>für</strong><br />

an<strong>de</strong>re (Verf. bekannte) Reihengräberfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Zeit, muß also allein von daher <strong>für</strong><br />

die Stichprobe Do-es-Tafelkreuz eine solche Hypothese abgelehnt wer<strong>de</strong>n. Hat ja<br />

nicht einmal das Christentum - es führte ja <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>satz <strong>de</strong>r Gleichbehandlung<br />

aller Toten in Europa erst ein - diesen Gr<strong>und</strong>satz - bis heute - nicht vollständig<br />

durchsetzen können (z.B. "Erbbegräbnisse" im Gegensatz zu "normal" Nachzubelegen<strong>de</strong>n;<br />

getaufte <strong>und</strong> ungetaufte Kin<strong>de</strong>r; Verbrecher etc.)<br />

Verf. schließt hier also auf eine " reguläre" Bestattung auf <strong>de</strong>m<br />

Reihengräberfeld (mit allen zugehörigen Riten <strong>und</strong> Kosten) <strong>für</strong> alle in <strong>de</strong>r<br />

Population geborenen Männer <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Ehefrauen. Kin<strong>de</strong>rbestattungen (mit<br />

gleichen bzw. vergleichbaren Kosten) wären dann als jeweils geson<strong>de</strong>rt<br />

festzulegen<strong>de</strong> Ausnahmen anzusehen.<br />

Die Totenausstattung sieht Verf. hier als Teil <strong>de</strong>r zu postulieren<strong>de</strong>n<br />

persönlichen Ausstattung <strong><strong>de</strong>s</strong> jeweilgen Begrabenen an, soweit über sie nicht


164<br />

" testamentarisch" an<strong>de</strong>rs verfügt wor<strong>de</strong>n ist (vergl. z.B. NIEDNER 1913,1922).<br />

Auffallend war nun, daß 4 Skelet-lndividuen, <strong>de</strong>ren Tod durch Fremdverschul<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> scharfe Gewalt eingetreten ist, ohne Waffen (als Teil <strong>de</strong>r hier sicher<br />

typischen männlichen Tracht) ins Grab gekommen sind. Ansonsten unterschied sich<br />

ihre Totenbehandlung ganz offensichtlich nicht von <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer, männlicher<br />

Skelet-Individuen. Es darf dahe r vermutet wer<strong>de</strong>n, daß auch <strong>für</strong> sie eine<br />

" Gedächtnisfeier" mit " Erbtrunk" etc. (z.B . NIEDNER 191 3, 1922, 1922/23) stattgef<strong>und</strong>en<br />

hat, wie sie in <strong>de</strong>r altisländischen Saga-Literatur so plastisch beschrieben<br />

wird.<br />

In <strong>de</strong>n genannten 4 Fällen war aus <strong>de</strong>n Verletzungen selbst zu schließen, daß die<br />

T raumata mit Langwaffen, hi er also Spathen, angebracht wor<strong>de</strong>n sind. In allen<br />

Fällen wur<strong>de</strong> auf (rituelle) Zweikämpfe geschlossen, weil sich <strong>de</strong>r die Treffer<br />

Anbringen<strong>de</strong> bewußt <strong>de</strong>r Gefahr ausgesetzt hatte, durch Festbeißen <strong>de</strong>r Waffe<br />

wehrlos zu wer<strong>de</strong>n. Und das erscheint in kriegerischen Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen quasi<br />

als " Selbstmord" . In diesen Fällen mußte <strong>de</strong>r Kampf offensichtlich mit <strong>de</strong>m To<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> einen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Kämpfer en<strong>de</strong>n. AUe 4 E rschlagenen waren zwischen 20 <strong>und</strong><br />

40 Jahre alt (sehr wahrscheinlich alle unter 35). Setzt man hier einen rituellen<br />

Zweikampf als gegeben an, wird diskussionswürdig anzunehmen, daß alle Kämpfer<br />

unverheiratet waren, wie ebenfalls di e Literartur nahelegt (z.B. NIEDNDER 1913,<br />

1914, 1922, 1922/23).<br />

Dazu soll kurz in E rinnerung gerufen wer<strong>de</strong>n, daß Schwertkämpfe (also mit<br />

Langwaffe - hier Spatha - durchgeführte) ein langes Training erfor<strong>de</strong>rten.<br />

Denn sowohl mußte di e Waffe während dieser Kämpfe ständigt bewegt wer<strong>de</strong>n, wie<br />

sich auch <strong>de</strong>r Kämpfer selbst ständig bewegen mußte. Es sei nochmals an die<br />

poetischen Bezeichnungen "Feuer" , " Gewitter", " Schwirren" usw. erinnert (z.B.<br />

NIEDNDER 1922/23). So war ein Schwertkämpfer durchaus in <strong>de</strong>r Lage, auch<br />

mehrere gleichzeitige Angreife r erfo lgreich abzuwehren (z.B. Gisil - NIEDNER<br />

1922). Diese Kampf taktik <strong><strong>de</strong>s</strong> ständigen Bewegens von Kämpfer <strong>und</strong> Waffe wird<br />

immer wie<strong>de</strong>r herausgestellt (z.B. Agantyr - NIEDNER 1914, Kap. 26 ff, o<strong>de</strong>r 2 ff).<br />

Im Gegensatz zum Kontinent, wo das zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t seit <strong>de</strong>m Hochmittelalter<br />

belegt ist, gab es in Skandinavien <strong>de</strong>n (rituellen) Zweikampf (hier Holmgang) nicht<br />

als MitteI <strong>de</strong>r Wahrheitsfindung <strong>und</strong> somit als Gottesurteil (zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t nicht<br />

institutionalisiert). Wie man <strong>de</strong>n A<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>s</strong> Nor<strong>de</strong>ns wohl ohnedi es nicht voll mit <strong>de</strong>m<br />

kontinental-europäischen vergleichen kann (in dieser Zeit). Ihm scheint noch viel<br />

von Gentil-" A<strong>de</strong>l" anzuhaften. Aber diese Art von rituellen Zweikämpfen (als<br />

Gottesurteil in " Rechtshän<strong>de</strong>ln" ) wird wohl als durchaus kennzeichnend <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

europäischen A<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelalters bezeichnet wer<strong>de</strong>n dürfen.<br />

U nd dabei traten sich dann die Kämpfer gleichbewaffnet <strong>und</strong> unter Überwachung<br />

<strong>de</strong>r Regeln durch Dritte (" Sek<strong>und</strong>anten" ) (also an<strong>de</strong>rs als beim<br />

Holmgang <strong><strong>de</strong>s</strong> Nor<strong>de</strong>ns) gegenüber. D er Kampf en<strong>de</strong>te erst beim sicheren To<strong>de</strong><br />

(wenigstens) eines <strong>de</strong>r Duellanten. Erwähnenswert scheint, daß je<strong>de</strong> Passivbewaffnung<br />

verboten war. Man war offensichtlich davon überzeugt, daß <strong>de</strong>r Verlierer<br />

<strong>für</strong> das " Unrecht" gekämpf hatte. Damit verlor er dann auch seine E hre, was mit<br />

<strong>de</strong>m Charakter von Gottesurteilen zusammenhängt. Er verlor also nicht nur die im<br />

Kampf geführten Waffen (wie im Kriege), son<strong>de</strong>rn alle persönliche Habe. Auf diese<br />

Weise sind ganz sicher Blutrache-Feh<strong>de</strong>n vermie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n. Yerf. hält es <strong>für</strong><br />

durchaus wahrscheinlich, daß diese Sitte, in Rechtshän<strong>de</strong>ln auf diese Weise Gottesurteile<br />

zu erlangen, eine alte Wurzel hat. Es war eine alte, exclusiv auf eine<br />

bestimmte Kaste beschränkte Sitte. Und es sollte Ven. w<strong>und</strong>ern, wenn s.ie nicht mit<br />

dieser Kaste eine gemeinsame E ntstehung gehabt hätte.


165<br />

Von daher wird hier die Arbeitshypothese zur Überprüfung aufgestellt, die o.g.<br />

4 Skelett-Individuen seinen als Verlierer von (rituellen) Zweikämpfen anzusehen.<br />

Alle genannten Daten <strong>und</strong> Hinweise sind <strong>für</strong> Verf. so zu interpretieren, daß die<br />

in Do-es-Tafelkreuz bestatten<strong>de</strong> Leben<strong>de</strong>n-Population <strong>de</strong>r Herrenschicht, also<br />

<strong>de</strong>m frühen alemannischen A<strong>de</strong>l zuzurechnen ist. (Und nicht vielleicht einer Freien­<br />

Population mit "a<strong>de</strong>lsgleichen" Einzelindividuen. )<br />

Und das be<strong>de</strong>utete, daß sie ihren Lebensunterhalt im wesentlichen aus Abgaben<br />

<strong>und</strong> Leistungen Nachgeordneter bezogen haben sollte, auch wenn einige " Hausgüter"<br />

(vergl. Gaukönig Sigurd Sau) zur direkten Subsistenzsicherung bewirtschaftet<br />

wor<strong>de</strong>n wären.<br />

Nach verschie<strong>de</strong>nen Angaben (z.B. MüHLMANN 1932) beträgt das optimale<br />

Verhältnis von Führungs- zu geführter Schicht unter vorindustriellen<br />

Bedingungen etwa 1:10, aber keinesfalls darunter. Das be<strong>de</strong>utete, die Do-es­<br />

Tafelkreuz belegen<strong>de</strong> Lebend-Population habe eine solche von rechnerisch<br />

1320 Personen unter ihrer "Vorm<strong>und</strong>schaft" gehabt. Darunter wären dann ca. 150<br />

biologisch aktive Ehepaare zu fin<strong>de</strong>n. Legt man diesbezüglichen Schätzungen<br />

Angaben <strong>de</strong>r historischen Literatur (z.B. NIED ER 1913, 1922) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Ethnologie (z.B.THURNWALD 1931-35) zugr<strong>und</strong>e, so solltenz.B. bei "Hintersassen"<br />

(= abhängige, kleinere Bauern) zwischen 2 <strong>und</strong> 4 aktive Ehepaare (z.B. Brü<strong>de</strong>r<br />

bzw. Vettern mit Ehefrauen) <strong>de</strong>n Kern solcher selbständig wirtschaften<strong>de</strong>n (Klein-)<br />

Einheiten gebil<strong>de</strong>t haben. Jedoch wären auch an<strong>de</strong>re Organisationsformen<br />

<strong>de</strong>nkbar. Nur Gutsbetriebe nach <strong>de</strong>m römischen Muster sollten selten gewesen sein,<br />

weil diese ja kapitalintensiv gewirtschaftet haben (sollten). Und über die<br />

tatsächlichen Siedlungsmuster dieser Zeit ist bislang - auch archäologisch - nichts<br />

Sicheres bekannt. Nur hält Verf. es <strong>für</strong> ausgeschlossen, daß diese, gleichzeitig<br />

leben<strong>de</strong>, Gesamtpopulation von ca. 1400 Personen an einem Ort gelebt haben<br />

sollte. Agrarische Siedlungen haben - trotz nachgewiesener hoher Siedlungsdichte<br />

(z.B. Upland - NIEDNER 1922/23) - bei vorindustriellem Status sicher selten mehr<br />

als 2-300 Personen beherbergt. Nur örtliche Zentren machten dabei eine Ausnahme.<br />

Hier sei z.B. an <strong>de</strong>n Wohnsitz von Gaukönigen (mit Gautempel etc.) erinnert,<br />

welche ein "Hausgut" bewirtschafteten, das groß genug sein mußte, um<br />

umfangreiche Bewirtungen zu ermöglichen.<br />

Wenn nun die geprüfte Arbeitshypothese, die Stichprobe entstamme einer<br />

ländlichen Führungsschicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Raumes, angenommen wird, sollte als nächster<br />

Punkt die Größe <strong>und</strong> Richtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Heiratskreises <strong>de</strong>r zugehörigen Leben<strong>de</strong>n­<br />

Population zu untersuchen sein. Weil bekanntlich mit zunehmen<strong>de</strong>r Lösung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Heiratssystems von Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Bo<strong>de</strong>ngerechtsamen die Heiratsradien zunehmen<br />

(ein Bauer wird z.B. immer ein größeres Interesse an direkt angrenzen<strong>de</strong>m Land als<br />

an entfernt gelegenem haben), wäre eben das <strong>für</strong> eine Führungsschicht zu<br />

postuLieren .<br />

Nach allen Verf. zugänglichen, einschlägigen Daten än<strong>de</strong>rt sich an <strong>de</strong>r<br />

zahlenmäßigen Größe von Heiratskreisen unter vorindustriellen Rahmenbedingungen<br />

im Mittel nicht viel (was bedingt auch <strong>für</strong> frühindustrielle Populationen<br />

gilt), vergleicht man dabei die Sozialgruppen (z.B. RÖHRER-ERTLI978, 1982). Alle<br />

hierzu ermittelbaren Zahlen schwanken größenordnungsmäßig zwischen ca. 1500<br />

<strong>und</strong> 2000 Personen. Üblich sind hier soziale Isolate im gleichen Raum <strong>und</strong><br />

geographische in benachbarten.<br />

Historisch sind z.B. <strong>für</strong> Norwegen nach Harald Schön haar recht unterschiedliche<br />

Heiratskreise <strong><strong>de</strong>s</strong> "A<strong>de</strong>ls" dort erkennbar (z.B. NIEDNER 1922/23), was<br />

vor allem in <strong>de</strong>r <strong>Geschichte</strong> Olaf's <strong>de</strong>r Heiligen breiter berichtet wird. Einmal gibt es


166<br />

(immer) regionale " Konzentrationen" (z.B. die "Hochlandkönige" im Sü<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

Jarl Hakon's Sippe im Nor<strong>de</strong>n). Und dann bestehen daneben weitgespannte<br />

Verwandt chaftsbeziehungen über das ganze Land <strong>und</strong> in an<strong>de</strong>re Reiche<br />

(Schwe<strong>de</strong>n, Dänemark, England <strong>und</strong> Deutschland).<br />

Von daher sind also ohne spezielle Untersuchungen (z.B. Ähnlichkeitsdiagnosen<br />

zwischen verschie<strong>de</strong>nen Gräberfel<strong>de</strong>rn) hier aus anthropologischer Sicht<br />

<strong>de</strong>rzeit keine konkreten Angaben zu erwarten. Angemerkt sei hier nur, daß sich<br />

Hinweise ergeben haben, welche solche Ähnlichkeiten (in Einzelpunkten) zwischen<br />

Do-es-Tafel kreuz <strong>und</strong> z.B. Basel-Bernerring (BA Y-SCHULLER 1976) festzustellen<br />

scheinen (zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t bei Einzelindividuen). Das erscheint nur anfangs angesichts<br />

<strong>de</strong>r unterschiedlichen Datierungszeiträume bei<strong>de</strong>r Stichproben erstaunlich. Denn<br />

biologische Populationen - hier in Gestalt sozialer I olate - bleiben prinzipiell im<br />

Mittel stabil. Und Heiratsbeziehungen - auch <strong>und</strong> gera<strong>de</strong> von Führungs chichten -<br />

beinhalteten wohl schon immer auch "politische" lntere sen.<br />

Verf. ist also <strong>de</strong>r Auffassung, in <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz einen Auschnitt<br />

aus <strong>de</strong>r seinerzeit am Ort (im weiteren Sinne) ansässigen sozialen Führungsschicht<br />

vorliegen zu haben. Er meint aber, daß weitere " Rangunterschie<strong>de</strong>" aus<br />

anthropologischer Sicht nicht herausgearbeitet wer<strong>de</strong>n können.<br />

Er meint ferner, dies wer<strong>de</strong> auch durch das Auftreten einer biologisch absolut<br />

fremd in diesem Rahmen wirken<strong>de</strong>n Frau (Do-es 54/131) noch gestützt. Denn nur<br />

Führungs chichten erscheinen ihm nach seiner Literarturkenntnis in <strong>de</strong>r Lage, sehr<br />

weitgespannte Heiratsbeziehungen bzw. überhaupt, auswärtige" Beziehungen zu<br />

unterhalten.<br />

Versuch einer Bevölkerungsgeschichte <strong><strong>de</strong>s</strong> Raumes<br />

Der Mensch tritt als weltweit gleiches, biologisches Wesen <strong><strong>de</strong>s</strong> Taxons Homo<br />

sapiens sapiens auf. Von daher müssen seine Anlagen bzw. Fähigkeiten als im Mittel<br />

gleichartig aufgefaßt wer<strong>de</strong>n. Er wird also - u.U. auch biologisch anband seines<br />

Erscheinungsbil<strong><strong>de</strong>s</strong> erfaßbar - auf vergleichbare Lebensbedingungen in vergleichbarer<br />

Weise reagieren. Dabei wird dann diese - z.T. auch meßbare - Reaktion immer<br />

nur innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> jeweils populationstypischen Rahmens in Erscheinung treten<br />

können. So stellen sich z.B. Akzelerationsprozesse <strong>de</strong>rzeit primär als<br />

Klassenfrequenzän<strong>de</strong>rungen (z.B. <strong>de</strong>r Körperhöhe) innerhalb vorgegebener<br />

Variationsbreiten <strong>und</strong> erst dann als Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r letzteren dar (z.B. RÖHRER­<br />

ERTL 1984a, 1985). Bei einer gleichartigen Akzeleration sollten also z.B. regionale<br />

Körperhöhenunterschie<strong>de</strong> im Mittel prinzipiell erhalten bleiben. Und diese<br />

Prämissen gilt es bei entsprechen<strong>de</strong>n Untersuchungen <strong>und</strong> Diskussionen zu<br />

beachten.<br />

Im 1. Jh. v. Chr. vermutet Verf. nach Angaben <strong>de</strong>r einschlägigen Autoren auch<br />

<strong>für</strong> Süd<strong>de</strong>utschland eine keltische Führungsschicht, welche primär wohl als<br />

Gentila<strong>de</strong>l angesprochen wer<strong>de</strong>n kann. Diese Vermutung wird durch die von Verf.<br />

am Material K<strong>und</strong>llTirol (ca. 50-16 v.Chr. - in Vorbereitung) gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

bestätigt. Von daher nimmt Verf. an, die keltische, agrarische Führungsschicht habe<br />

sich biologisch nicht gravieren<strong>de</strong>r von ihren "Klienten" bzw. " Hintersassen"<br />

unterschei<strong>de</strong>n. Sie sollte <strong>de</strong>rselben gegenüber aber akzeleriert - al 0 z.B. auch<br />

höherwüchsig - erscheinen. Und genau das legen die mittleren, bereinigten Körperhöhenwerte<br />

ja auch nahe. Diese keltische Führungsschicht i t offensichtlich im Zuge<br />

<strong>de</strong>r römischen Invasion 16 v. Chr. als solche vernichtet wor<strong>de</strong>n. Im Anschluß daran<br />

übernahm dann die römische Militärverwaltung das Gebiet (erst <strong>de</strong>n Raum südlich<br />

<strong>de</strong>r Donau, dann auch das Dekumatland/die Agri <strong>de</strong>cumates).


167<br />

In diese Zeit sollte also ein Austausch von Fübrungsschichten fallen. Hierbei<br />

sollte dann z.B. über Vergabe von Landlosen an Veteranen o<strong>de</strong>r Verkauf von Land<br />

an zivile Reichsbürger (immer unter Einschluß von zum Land gehörigen<br />

"Hintersassen" etc.) diese Führungsschicht gegenüber biologisch unterscheidbar<br />

von <strong>de</strong>n "Hintersassen" wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig mit <strong>de</strong>n verteilten Landlosen erfolgte<br />

eine Umstrukturierung <strong>de</strong>r Siedlungs- <strong>und</strong> Wirtschaftsform, wie sie beson<strong>de</strong>rs<br />

augenfällig in <strong>de</strong>n Villae rusticae (z.B. RÖHRER-ERTL 1987) dokumentiert wird.<br />

Nach <strong>de</strong>m Fall <strong><strong>de</strong>s</strong> Limes 259/260 n. Chr. sollten - im Gegensatz zu städtischen<br />

römischen Siedlungen - wohl nur noch Angehörige <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Römern dort<br />

installierten provinzial-römischen, ländlichen Führungsschicht in größerem<br />

Umfang eine reale Chance <strong><strong>de</strong>s</strong> "Überdauerns" in diesem Raum gehabt haben. Sie<br />

sollten sich in die alemannische Organisation haben einglie<strong>de</strong>rn lassen.<br />

Daß in die reguläre römische Armee Auslän<strong>de</strong>r als Einzelpersonen<br />

aufgenommen wur<strong>de</strong>n, ist bekanntlich quellenmäßig breit belegt (vergl. z.B.<br />

RÖHRER-ERTL 1987). Für die frühe römische Kaiserzeit ist ein solcher<br />

Zusammenhang z.B. <strong>für</strong> Schabmünchen 1978 ebenso wahrscheinlich gemacht<br />

wor<strong>de</strong>n, wie <strong>für</strong> die späte römische Kaiserzeit in Sponeck (SCHRÖTER 1986). Es<br />

sollte also nicht weiter W<strong>und</strong>er nehmen, wenn zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t Teile <strong>de</strong>r provinzialrömischen,<br />

ländlichen Führungsschicht (<strong>und</strong> damit auch <strong>de</strong>ren "Hintersassen")<br />

germanischer Dialekte zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t nicht unk<strong>und</strong>ig gewesen wären, als die<br />

Alemannen dieses Gebiet politisch-militärisch <strong>und</strong> wirtschaftlich wenigstens zum<br />

Teil neu organisierten (zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t eine Umstellung von Geld- auf Naturalwirtschaft).<br />

Mit an<strong>de</strong>ren Worten sollte damit zu rechnen sein, daß die alemannische Landnahme<br />

auch in <strong>de</strong>r Baar wenigstens Teile <strong>de</strong>r vorgef<strong>und</strong>enen "römischen"<br />

ländlichen Führungsschicht in ihre politisch-militärische Organisation inkorporierte.<br />

Denn dies wäre nach <strong>de</strong>r hier einzusetzen<strong>de</strong>n, modifizierten " Überlagerungstheorie"<br />

(z.B. MüHLMANN 1964) zu erwarten, nach <strong>de</strong>r speziell in "ethnisch<br />

heterogenen Milieus" - insbeson<strong>de</strong>re "Grenz-Milieus" - am ehesten die <strong>für</strong> "Überlagerung"<br />

notwendigen "übergentilen" bzw. "überethnischen Gefolgschaftsbildungen"<br />

in Bewegung gebracht wer<strong>de</strong>n. Es ist also die Entstehung von "A<strong>de</strong>l" in<br />

<strong>de</strong>r Regel also sowohl endogen als auch exogen zu erwarten - quasi als Verbindung<br />

einheimischer <strong>und</strong> zugewan<strong>de</strong>rter Personen gruppen.<br />

Nun erscheint die untersuchte Stichprobe Do-es-Tafelkreuz in auffälliger Weise<br />

von <strong>de</strong>n Rasse-Typen eu-nordid <strong>und</strong> eu-faelid bestimmt zu sein. Dabei liegt das<br />

Mittel zwar noch im Bereich von eu-nordid, aber doch in direkter Nähe zu eu-faelid<br />

(Abb. 1c). Zu<strong>de</strong>m erscheinen die vorherrschen<strong>de</strong>n erscheinungsbildlichen<br />

Merkmale <strong>de</strong>r Gesichts- <strong>und</strong> Schä<strong>de</strong>l bildung eher überwiegend in die Variationsbreite<br />

von eu-faelid (vergl. z.B. EICKSTEDT 1934, BIASUTTI 1953-57), als in die<br />

"klassische" von eu-nordid gehörig. Daher ist es Verf. E. gerechtfertigt, hier von<br />

einer eu-faelid gekennzeichneten biologischen Population zu sprechen. Die<br />

Variationsbreiten einer Vielzahl Maße <strong>und</strong> MaßverhäItnisse wie<strong>de</strong>rgeben<strong>de</strong>r Werte<br />

- z.B. LBI (Abb 1c) - zeigt sich nun aber gegeQüber <strong>de</strong>n Erwartungen <strong>de</strong>utlich<br />

vergrößert. In bei <strong>de</strong>n Extrembereichen von eu-nordid <strong>und</strong> eu-alpid treten<br />

verschie<strong>de</strong>ne, "nichtmetrische" erscheinungsbildliehe Merkmale (z.B. P-Form n.<br />

KURTH) <strong>de</strong>utlich seltener auf, als an<strong>de</strong>re (z.B. Anatomische Varianten,<br />

Plagiocepbalie u. Nasenform). Von daher ist zu vermuten, daß diese Stichprobe<br />

ursprünglich wohl einem einheitlichen Heiratskreis (biologisch) angehörte <strong>und</strong> sich<br />

im Verlaufe seiner Entwicklung gegenüber davon sehr verschie<strong>de</strong>nen geöffnet hat.<br />

Dabei sollte es sich einmal um einen eu-alpid <strong>und</strong> dann um einen eu-nordid<br />

bestimmten gehan<strong>de</strong>lt haben. Es konnte <strong>de</strong>r Verdacht we<strong>de</strong>r bestätigt noch wi<strong>de</strong>r-


168<br />

legt wer<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>r postuLierte, eu-nordid bestimmte, Heiratskreis u. U. ein starkes<br />

Element eu-mediterranid enthalten habe. Ob di ese bei<strong>de</strong>n, hier postulierten<br />

Gruppen z.Zt. ihrer "Verschmelzung" mit <strong>de</strong>m eu-fealid bestimmten H eiratskreis<br />

ursprünglich voneinan<strong>de</strong>r getrennt waren (dann jeweils eingipflige Normalverteilungen<br />

zeigten) o<strong>de</strong>r bereits miteinan<strong>de</strong>r verb<strong>und</strong>en gewesen sind (also zweigipflige<br />

Verteilung), kann hier nicht entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei dieser Öffn ung hätte <strong>de</strong>r eu-faelid bestimmte Heiratskreis min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 60 %<br />

<strong>de</strong>r Individuen <strong>de</strong>r späteren Gesamtgruppe eingebracht <strong>und</strong> je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

bei <strong>de</strong>n höchstens 20 %.<br />

Legt man nun entsprechen<strong>de</strong> Berechnungen zugr<strong>und</strong>e (SCHELLING 1945),<br />

sollte di e Bildung <strong><strong>de</strong>s</strong> erweiterten Heiratskreises wenigstens 4 (genetisch) effektive<br />

Generation nach KURTH (z.B. RÖHRER-ERTL 1980b) vor Anlage <strong><strong>de</strong>s</strong> Reihengräberfel<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

real erfolgt sei n (= abgeschl ossenes Faktum). D enn mit <strong>de</strong>r 5.<br />

Generation tritt eine völlige " Durchmischung" in einer Population ein, soweit es die<br />

genetischen Anlagen betrifft. D enn dann wi rd im Mittel <strong>de</strong>r Ahnenverlust ein<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Faktor, was be<strong>de</strong>utet, alle davor miteinan<strong>de</strong>r nicht verb<strong>und</strong>enen<br />

Abstammunslinien sind nun miteinan<strong>de</strong>r vernetzt.<br />

Will man eine Mi n<strong><strong>de</strong>s</strong>tschätzung angeben, muß also vom archäologisch fi xierten<br />

Belegungsbeginn vo n ca. 575 n.Chr. ausgegangen wer<strong>de</strong>n. E ine (genetisch)<br />

effektive Generation dauert im Mittel ca. 35 Jahre. Damit sollte di e Bildung <strong><strong>de</strong>s</strong> in<br />

Do-es-Tafelkreuz erfaßten (biologischen) H eiratskreises in je<strong>de</strong>m Falle von 435<br />

n. Chr. Realität gewesen sei n.<br />

Da es sich ethnisch bei <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz um Alemannen<br />

han<strong>de</strong>lt, sollte also <strong>de</strong>r größere, eu-faelid bestimmte, Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> späteren<br />

Heiratskreises zugewan<strong>de</strong>rt bzw. zuletzt zugewan<strong>de</strong>rt sein. Die bei<strong>de</strong>n davon<br />

trennbaren Teile wer<strong>de</strong>n von Verf. als bereits zuvor im Raum ansässig angesprochen.<br />

Den dahinter stehen<strong>de</strong>n Prozeß stellt sich Verf. folgen<strong>de</strong>rmaßen vor: Im<br />

neuerworbenen H errschaftsraum <strong>de</strong>r sich Alemannen nennen<strong>de</strong>n politischmilitärischen<br />

Organisation wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n ne uen H erren nicht die gesamte<br />

vorgef<strong>und</strong>ene Führungsschicht beseitigt. (D erlei kommt offensichtlich auch recht<br />

selten vor.) Son<strong>de</strong>rn, nach erfolgter Verteilung von "Land <strong>und</strong> Leuten", festigen die<br />

einzelnen Populationen ihre H errschaft durch Heiraten mit " politisch" passen<strong>de</strong>n<br />

Gruppen. Weil vorhan<strong>de</strong>n, gehören auch bereits E ingesessene dazu. Und <strong><strong>de</strong>s</strong>halb ist<br />

eine Teilgruppe belegt, welche (eu-alpid) durchaus <strong>de</strong>m Raum entstammen kann.<br />

E ine an<strong>de</strong> re sollte bereits vor <strong>de</strong>n Ale mannen in <strong>de</strong>n Raum gekomme n sein (bzw. in<br />

vielleicht entfernterer Nachbarschaft ihre Sitze erlangt haben). Sie sollte entwe<strong>de</strong>r<br />

ursprünglich aus Nord<strong>de</strong>utschland im weiteren Sinne o<strong>de</strong>r von dort <strong>und</strong> <strong>de</strong>m eigentlichen<br />

Mittelmeerraum hierher gewan<strong>de</strong>rt sein (eu-nordid <strong>und</strong> eventuell<br />

eu-mediterranid). Unter di esem Aspekt vermutet Verf. hier aber Nachkommen<br />

römischer Militarpersonen (z.B. Germanen, welche mit wenigen Italikern versippt<br />

waren). Als neue soziale Führungsschicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Raumes bil<strong>de</strong>te diese neue Population<br />

nun <strong>für</strong> lange ei n soziales IsoIat. (Eventue ll vereinzelt in sie "aufgesti egene" - z.B.<br />

eu-alpi<strong>de</strong> - "Hinte rsassen" sollten <strong>de</strong>n Genpool mit anthropologischen Mitteln<br />

nicht erfaßbar beein flußt haben).<br />

D as än<strong>de</strong>rte sich offensichtlich auch in Donauescllingen erst mit etwa <strong>de</strong>r<br />

Stauferzeit, in <strong>de</strong>r bekanntlich di e vorhan<strong>de</strong> nen Sozialstrukturen gemeinsam mit<br />

<strong>de</strong>n alten Wirtschaftsstrukturen aufgebrochen wur<strong>de</strong>n. D enn mit <strong>de</strong>r wirtschaftliche<br />

n Expansion <strong>de</strong>r Zeit - sie äußert sich z.B. in einer Städtegründungsphase -<br />

differenzierten sich naturgemäß auch die überkommene n sozialen Kasten. Denn es<br />

bestand ein gegenü ber vorher vervielfachter Bedarf an (speziellen) Führungs-


169<br />

kräften auf aUen Gebieten. Das Hochmittelalter kann also durchaus als eine große<br />

Zeit <strong>de</strong>r sozialen Aufsteiger bezeichnet wer<strong>de</strong>n. (z.B. ZERNACK 1977, MASCHKE<br />

1977 FLECKENSTEIN 1977). Von daher soUte es rucht weiter w<strong>und</strong>ern, wenn auch in<br />

Donaueschingen, vor <strong>de</strong>m Gasthof "Lin<strong>de</strong>" (Do-es 56/L-I bis / L-V) aus einem<br />

wohl spätmittelalterlich von <strong>de</strong>r nun wachsen<strong>de</strong>n Stadt überbauten Friedhof (frdl.<br />

Mittl. S. BUCHTA-HoHM) bislang ausschließlich Skelet-Individuen <strong><strong>de</strong>s</strong> Rasse-Typs<br />

eu-alpid geborgen wur<strong>de</strong>n.<br />

Diese Individuen zeigten durchweg eine auffällig geringe Muskelentwicklung,<br />

haben also offensichtlich nicht vom Ertrag körperlicher Arbeit gelebt. Als<br />

Beson<strong>de</strong>rheit sei erwähnt, daß die diesbezüglich beurteilbaren Erwachsenen alle ein<br />

stark entwickeltes Unterhautfettgewebe zeigten, was z.B. in <strong>de</strong>r Stichprobe<br />

Do-es-Tafelkreuz nicht ein einziges Mal vorkam. (Bei vor- <strong>und</strong> frühgeschichtlichem<br />

Material äußerst selten.) Die Knochen zeigten sich als auffällig grazil. Die Lebensführung<br />

(bzw. -Bedingungen) dieser neuen sozialen Führungsschicht in Donaueschingen<br />

soUten sich also von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r o.g. Gruppe <strong>de</strong>utlich unterschie<strong>de</strong>n haben.<br />

Mit <strong>de</strong>n ermittelten Körperhöhen korrespondieren diese Individuen mit <strong>de</strong>nen von<br />

K<strong>und</strong>liTirol. Auch hier liegt also eine akzelerierte Gruppe " süd<strong>de</strong>utscher" Prägung<br />

vor.<br />

Zusammenfassend kann also gesagt wer<strong>de</strong>n, daß sich die biologische<br />

Zusammensetzung (hier speziell Rasse-Typ) <strong>de</strong>r sozialen Führungsschichten <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Raumes mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Geführten im Hochmittelalter wie<strong>de</strong>r ausglich, nach<strong>de</strong>m diesbezüglich<br />

zwischen bei<strong>de</strong>n 1000 Jahre starke Verschie<strong>de</strong>nheit geherrscht hatte.<br />

Ein engeres Herkunftsgebiet <strong>de</strong>r eu-faelid bestimmten " Kern-"Gruppe <strong>de</strong>r<br />

Stichprobe Do-es-Tafelkreuz läßt sich nur schwer angeben. Zwar erscheint das<br />

gesamte Nie<strong>de</strong>rreihn-Gebiet als von diesem Rasse-Typ eu-faeLid in auffälliger<br />

Weise gekennzeichnet (z.B. West-"Fahlen" ), aber er kommt im gesamten nordwest<strong>de</strong>utschen<br />

<strong>und</strong> -europäischen Raum vor (z.B. BIASUTTI 1953-57, EICKSTEDT<br />

1934), was dann also <strong>de</strong>n Raum bis zur O<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Erzgebirge mit einschließt.<br />

Ein sich " sek<strong>und</strong>är" von seiner Entstehungsbasis "ablösen<strong>de</strong>r" Gentila<strong>de</strong>l<br />

(vergl. z.B. MÜHLMANN 1964) soUte in <strong>de</strong>r römischen Kaiserzeit am ehesten aber<br />

aus <strong>de</strong>m rechten Rheinufer-Raum <strong>und</strong> aus Westfahlen verdrängt wor<strong>de</strong>n sein.<br />

Schließlich ist dies das Gebiet in welchem die römische Militärverwaltung<br />

keinerlei eigenständige Sozialstruktur gedul<strong>de</strong>t hat. SoUte <strong>de</strong>r o.g. "Kern" <strong>de</strong>r<br />

Population ursprünglich tatsächlich aus diesem Raum stammen, sollte er einen<br />

" langen Weg" hinter sich gebracht haben, bevor er in Donaueschingen "eintraf".<br />

Daß solche Bewegungen " abgelösten" Gentila<strong>de</strong>ls n. MÜHLMANN tatsächlich<br />

stattfan<strong>de</strong>n, wird aus <strong>de</strong>r antiken Literatur ersichtlich. Denn die das nicht römisch<br />

okkupierte Keltenland überrennen<strong>de</strong>n " Germanen" (z.B. Reich <strong><strong>de</strong>s</strong> Marbod,<br />

Herm<strong>und</strong>uren in Süd<strong>de</strong>utschland - vergl. z.B. RÖHRER-ERTL 1987) können ja wohl<br />

kaum aus <strong>de</strong>n direkt angrenzen<strong>de</strong>n Gebieten allein gekommen sein. Unter ihnen<br />

zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t waren nachweislich Personen aus <strong>de</strong>m rechtsrheinischen Gebiet, wenn<br />

sie rucht sogar - wie Verf. annimmt - <strong>de</strong>n eigentlichen Kern gebil<strong>de</strong>t haben.<br />

Vom anthropologischen Standpunkt erscheint hier aber weniger interessant zu<br />

diskutieren, ob die o.g., kennzeichenen<strong>de</strong> Gruppe <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz<br />

nun letztlich aus diesem o<strong>de</strong>r jenem Raum zugewan<strong>de</strong>rt sei. Wesentlich erscheint<br />

hier, daß ihre Herleitung aus einheimischer Wurzel so gut wie auszuschließen ist.<br />

Und ferner erscheint hier interessant, daß die Verbindung dieser mit von in <strong>de</strong>r<br />

Region wohl schon zuvor ansässigen Gruppen anzunehmen ist, von <strong>de</strong>nen etwa die<br />

Hälfte durchaus als en<strong>de</strong>misch, also als schon vor <strong>de</strong>n Römern ansässig (?) diskutiert<br />

wer<strong>de</strong>n kann.


170<br />

Ab chließend sei noch eine Anmerkung zur Frau Do-es 54/131 gestattet,<br />

welche <strong>de</strong>m Rasse-Typ mo-sinid zuzuordnen war. Wie zu erwarten, han<strong>de</strong>lt es sich<br />

nicht um die einzige Person in Zeit <strong>und</strong> (größerem) Raum, welche rassisch als<br />

mongoloid bzw. als Bastard mongolid/europid nachgewiesen wur<strong>de</strong> (z.B. FREEDEN<br />

1985). Die Tatsache, daß ansonsten bei keinem <strong>de</strong>r untersuehten Idividuen<br />

mongoli<strong>de</strong> erscheinungsbildliche Merkmale gef<strong>und</strong>en wur<strong>de</strong>n, spricht Verf. E. nicht<br />

gegen ihr ehemaliges Vorhan<strong>de</strong>n ein in <strong>de</strong>r Population. Schließlich ist nur ein<br />

kleiner Teil <strong>de</strong>r ehemals dort Bestatteten überhaupt in das Untersuchungsgut<br />

gelangt. Und davon war wie<strong>de</strong>rum nur ein Teil diesbezüglich auswertbar.<br />

Die Tatsache, daß Do-es 54/131 keine hier fremd wirken<strong>de</strong>n Beigaben hatte<br />

(frdl. Mittl. S. BUCHTA-HOHM) spricht Verf. E. nicht gegen die Annahme, die Frau<br />

sei direkt von ihrer Herkunftspopulation hierher gelangt. Auch wenn das natürlich<br />

nicht auszuschließen ist, muß dies Faktum auch nicht be<strong>de</strong>uten, die Frau sei als<br />

Sklavin gekauft wor<strong>de</strong>n. Die offensichtliche Totenbehandlung nach <strong>de</strong>m hier<br />

üblichen Ritus spräche aber an<strong>de</strong>rerseit auch nicht gegen die Annahme eines Kaufes<br />

- selbst wenn die Frau (zeitweilig) nur <strong>de</strong>n Rang einer Kebse gehabt hätte - sofern sie<br />

Kin<strong>de</strong>r (beson<strong>de</strong>rs Söhne) geboren hätte. Einen solchen Zusammenhang zeigt z.B.<br />

die <strong>Geschichte</strong> von Olaf Pfau (NrEDNER 1913), <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Mutter ebenfalls<br />

u.rspfÜnglich nur eine (gekaufte) Kebse war, <strong>und</strong> die <strong>de</strong>nnoch zu hohem Rang kamüber<br />

ihren Sohn, <strong>de</strong>r eine "a<strong>de</strong>lsgleiche" Stellung erwarb. Ein an<strong>de</strong>rer Fall ähnlicher<br />

Art liegt z.B. vor, wenn Hakon <strong>de</strong>r Gute (o<strong>de</strong>r H. Äthelstanziehsohn) - seine Mutter<br />

war eine Magd (also ohne je<strong>de</strong> gesellschaftliche Stellung) einem Vater Harald<br />

Schönhaar als König von Norwegen folgt <strong>und</strong> nicht einer von <strong><strong>de</strong>s</strong>sen ehelichen<br />

Söhnen (insbeson<strong>de</strong>re Erich Blutaxt - NIEDNER 1922/23).<br />

Die Herkunft dieser mongoli<strong>de</strong>n Frau läßt also fast je<strong>de</strong> Deutung als möglich<br />

erscheinen, soweit es Anthropologie <strong>und</strong> Ethnologie/Soziologie betrifft. Von daher<br />

ist nur ihr Vorhan<strong>de</strong>nsein zweifelsfrei.<br />

N ach bemerkungen<br />

Das zu bearbeiten<strong>de</strong> Skelet-Material <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es-Tafelkreuz war vor<br />

<strong>de</strong>r Präparation <strong>und</strong> anthropologischen Bearbeitung ganz sicher als weniger<br />

aussagefähig anzusehen, setzt man dabei fachintern übliche Maßstäbe ein. Denn die<br />

Serie war nicht nur aus unterschiedlichen Grün<strong>de</strong>n (Bergungspraxis, Liegezeiten<br />

etc.) nicht nur zunehmend lückenhaft gewor<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn das erhaltene Material ist<br />

auch noch starkem Zerfall ausgesetzt gewesen. Das bedingte einen relativ hohen<br />

Arbeitsaufwand nicht nur bei <strong>de</strong>r Präparation.<br />

Trotz<strong>de</strong>m erscheint das Material, wie Verf. meint, nun durchaus an<strong>de</strong>ren<br />

(besser erhaltenen) Serien in seinem Aussagewert keineswegs als apriori<br />

unterlegen.<br />

Und so konnte Verf. - auch unter Einsatz neuerer Metho<strong>de</strong>n - schließlich doch<br />

einige Fragen zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t andiskutieren, wenn nicht sogar weitgehend bearbeiten.<br />

Darunter fin<strong>de</strong>n sich solche, welche <strong>de</strong>r bearbeiten<strong>de</strong> Archäologe stellte ebenso,<br />

wie solche, welche <strong>de</strong>n Anthropologen interessieren.<br />

Insgesamt hofft Verf. damit einen Beitrag zur Anthropologie <strong>und</strong> Bevölkerungsbiologie<br />

wie -<strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Alemannen in <strong>de</strong>r Baar geleistet zu haben;<br />

auch dann, wenn das Material ihm eine Reihe von Problemen aufgab, welche er<br />

nicht bewältigen konnte. Aber er meint, daß bei <strong>de</strong>r Lösungje<strong>de</strong>r wissenschaftlichen<br />

Frage eine Reihe neuer eröffnet wer<strong>de</strong> <strong>und</strong> daß es abschließen<strong>de</strong> Lösungen in <strong>de</strong>r<br />

Wissenschaft apriori nicht gäbe. Und das sollte auch im Falle <strong>de</strong>r Stichprobe Do-es­<br />

Tafelkreuz gelten.


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-"Pluralistische Großgruppen" <strong>und</strong> " überschaubare Kleingruppen" als Binnenstrukturelement<br />

menschlicher Gesellschaften. Bemerkungen zu Glie<strong>de</strong>rungsprinzien<br />

humaner Populationen in ihrem Einfluß auf Einzelindividuen aus<br />

anthropologischer Sicht. - Unit. BI. 31 (1980) 40-50.<br />

-Hinweise auf ein soziales Isolat <strong><strong>de</strong>s</strong> 18./19. Jh. (St. Katharinenfriedhof in<br />

Braunschweig). - Homo 33 (1982) 139-148.<br />

-Ein Beitrag zur historischen Vertiefung <strong>de</strong>r Akzelerationsforschung: Längenwachstumsän<strong>de</strong>rungen<br />

in einer Population Tell es Sultan/Jericho aus <strong>de</strong>m<br />

Präkeramischen Neolithikum (ca. 9000 v.Chr. bis ca. 6000 v.Chr.). - Ärztl.<br />

Jugendk<strong>und</strong>e 75 (1984) 292-302.<br />

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-Der St. Emrneram-Fall. Abhandlung <strong>und</strong> Berichte zur I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>r<br />

Individuen I <strong>und</strong> 11 aus <strong>de</strong>r Pfarrkirche St. Emmeram in Regensburg mit <strong>de</strong>m<br />

Hl. Emmeram <strong>und</strong> Hugo. Unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter bearbeitet<br />

<strong>und</strong> herausgegeben. - Beitr. z. <strong>Geschichte</strong> d. Bsms. Regensburg 19 (1985)<br />

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-Das Brand- <strong>und</strong> Körpergräberfeld " Schwabmünchen 1978)". Anthropologische<br />

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Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r römischen Provincia Raetia. Mit 2 Appendices von Manfred<br />

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1977: 51-58.<br />

Adresse <strong><strong>de</strong>s</strong> Autors:<br />

Dr.Dr. O . Röhrer-Ertl.<br />

Neubiberger traBe 42<br />

8011 Putzbrunn


Legen<strong>de</strong> zu Abbildung 1-29:<br />

m(askuLin)<br />

männlich<br />

f(eminin)<br />

weiblich<br />

n(umero)<br />

Anzahl<br />

F(oetus)<br />

Kind, vorgeburtlich<br />

NN (Neonatus)<br />

Kind, 0 Tage - 6 Monate alt<br />

i(nfants) I<br />

Kind, 6 Monate - 5,9 Jahre alt<br />

i(fants) II<br />

Kind, 6 Jahre - 13,9 Jahre alt<br />

j(uvenil)<br />

Jugendlicher, 14 Jahre - 19,9 Jahre al t<br />

a(dult)<br />

Erwachsener, 20 Jahre - 39,9 Jahre alt<br />

fr( üh )-adult<br />

Erwachsener, 20 Jahre - 29,9 Jahre alt<br />

sp(ät)-adult<br />

Erwachsener, 30 Jahre - 39,9 Jahre alt<br />

m(atur)<br />

Erwachsener, 40 Jahre - 59,9 Jahre alt<br />

fr(üh)-matur<br />

Erwachsener, 40 Jahre - 49,9 Jahre alt<br />

sp(ät)-matur<br />

Erwachsener, 50 Jahre - 59,9 Jahre alt<br />

s(enil)<br />

Schä<strong>de</strong>lrisse (Abb. 2a-7c, 26c-29f)<br />

Erwachsener, 60 Jahre - X Jahre alt<br />

Schraffur postmortale Bruchfläche in Blickrichtung (Jochbogen)<br />

Raster entzündLiche Prozesse am Knochen (Kiefer);<br />

bei Kennzeichnung mit " H" Schnittfläche von scharfem Schä<strong>de</strong>ltrauma<br />

in Aufsicht<br />

lndividuen mit scharfen Schä<strong>de</strong>ltraumata (Abb. 26c-29f)<br />

Linie, fett geschnittene Verletzungskante (mit "H" gekennzeichnet, " A" =<br />

Auftreffzone bzw. -Punkt <strong><strong>de</strong>s</strong> scharfen Verletzungsinstrumentes).<br />

Linie, halbfett überwiegend gebrochene Verletzungskante <strong>und</strong> von Verletzung<br />

ausgehen<strong>de</strong> Risse bzw. Sprünge im Knochen (intravital bzw. kurz<br />

post mortem entstan<strong>de</strong>n).<br />

Alle Schä<strong>de</strong>Lrisse <strong>und</strong> Gesichtsrekonstruktionen (Abb. 7d-21a) sind in orthogonaler Projektion <strong>und</strong><br />

zweidimensional gefertigt. Bei Gesichtsrekonstruktionen sind - bis auf das Haarkleid (begrün<strong>de</strong>tes<br />

Postulat) - nur einmeßbare Linien zur Darstellung gelangt (Stirn- <strong>und</strong> Augenwinkelfurchen über begrün<strong>de</strong>te<br />

Arbeitshypothesen).<br />

Ebenen zur Schä<strong>de</strong>lorientierung.<br />

OAE<br />

MSE<br />

Nähere Erläuterungen im Text.<br />

175<br />

Ohr-Augen-Ebene bzw. "Frankfurter Horizontale" (Orientierung<br />

bei " Gera<strong>de</strong>ausblick" in <strong>de</strong>r WaagereChten).<br />

Median-Sagittal-Ebene (Orientierung auf die " Schä<strong>de</strong>lsymmetrieebene"<br />

bei " Gera<strong>de</strong>ausblick" in <strong>de</strong>r Senkrechten).<br />

Photographie: D. Schulzebeer, Unjv.-Poüklinik München.


2a)<br />

" SE<br />

I<br />

2e) Do-K 5l.11OL-1 20<br />

Abb. 2) Schä<strong>de</strong>lrisse Männer, Rasse-Typ eu-nordid.<br />

2a) Do-es 53/051-1, Seitenansicht links (Norrn a laleraljs sinistra).<br />

2b) Do-es 53/ 051-1, Frontalansicht (Norma frontalis).<br />

2c) Do-es 53/ 051-1, Scheitelaufsicht ( orma verticalis).<br />

2d) Do-es 54/104-1, Seitenansicht rechts (N.la!. <strong>de</strong>xtra).<br />

2e) Do-es 54/104-1, Frontalansicht (N. fr.).<br />

2f) Do-es 54/104-[, Scheitelaufsicht (N. vert.).<br />

2b)<br />

" SE<br />

I<br />

177


178<br />

2g) 00-.. Sl.J10' .1<br />

21)<br />

" SE<br />

I<br />

"SE<br />

I<br />

2k)<br />

2m)<br />

2g) Do-es 54/ 104-1, Hinterhauptansicht (Norrna occipitalis).<br />

2h) Do-es 37/49b, Seitenansicht rechts (N. laL <strong>de</strong>xt.).<br />

2i) Do-es 54/ 124-1, Seitenansicht Links (N. lat. sin.).<br />

2k) Do-es 54/124-1, Frontalansicht (N. fr. ).<br />

21) Do-es 54/124-1, Scheitelaufsicht (N. vert.).<br />

2m) Do-es 54/124-1, Hinterhauptansichl (N. occip.)


3a) 3b)<br />

3c)<br />

MSE<br />

I<br />

00-ps53/057 3d)<br />

3e) Do-psSlJo 8L-JI 3f)<br />

Abb. 3) Schä<strong>de</strong>l risse Männer, Rasse eu-nordid<br />

3a) Do-es 53/057, Seitenansicbt links (N. lat. sin.).<br />

3b) Do-es 53/057, Frontalansicht (N. fr.).<br />

3c) Do-es 53/057, Scbeitelaufsicht (N. vert.)<br />

3d) Do-es 53/084-II, Seitenansicht rechts (N. laI. <strong>de</strong>xt.)<br />

3e) Do-es 53/084-II, FrontaJansicht (N. fr.).<br />

3f) Do-es 54/142, Seitenansicht links (N. lal. sin.).<br />

Oo -PS 53/057<br />

Oo- psS3/o8L-II<br />

179


180<br />

3g)<br />

Do - ps 5L1 142<br />

3i) 3k)<br />

00 -..s531083 - 1<br />

31) 3m)<br />

3g) Do-es 54/142, Frontalansicht (N. fr.).<br />

3h) Do-es 54/146, Seitenansicht rechts (N. lat. <strong>de</strong>xt.).<br />

3i) Do-es 54/ 146, Frontalansicht (N. fr,).<br />

3k) Do-es 53/083-1, Seitenansicht links (N. lat. sin.).<br />

31) Do-es 53/083-1, Frontalansicht (N. fr.).<br />

3m) Do-es 54/111-J, Seitenan icht rechts (N.lat.<strong>de</strong>xt.).


4a) 4b)<br />

4d)<br />

4f) 00 -t>S53/09O<br />

Abb. 4) Schä<strong>de</strong>lrisse Männer, Rasse-Typ eu-nordid.<br />

4a) Do-es 54/133-1, Seitenansicht links (N.lat. sin.).<br />

4b) Do-es 54/133-1, Frontalansicht (N. fr.) .<br />

Rasse-Typ eu-faelid.<br />

4c) Do-es 53/000/2, Seitenansicht rechts (N. lat. <strong>de</strong>xt.).<br />

4d) Do-es 54/ 144, Seitenansicht links (N.lat. sin.).<br />

4e) Do-es 53/090, Seitenansicht rechts (N. lat. <strong>de</strong>xt.).<br />

4f) Do-es 53/090, Frontalansicht (N. fr.).<br />

181


5a) 5b)<br />

5c)<br />

5e)<br />

Sem<br />

\ .<br />

Sem<br />

00 - f'S 5L II 19<br />

Abb. 5) Schä<strong>de</strong>lrisse Frauen, Rasse-Typ eu-nordid.<br />

5a) Do-es 54/ 128, Seitenansicht rechts (N . lat. <strong>de</strong>xt.).<br />

5b) Do-es 54/128, Frontalansicht (N. fL) .<br />

5c) Do-es 54/117-1, Seitenansicht rechts (N. lat. <strong>de</strong>xt.).<br />

5d) Do-es 54/117-1, Frontalansicht (N. fr.).<br />

5e) Do-es 54/119, Seitenansicht links (N.lat. sin.).<br />

5f) Do-es 54/119, Frontalansicht (N. fL).<br />

5d)<br />

5f)<br />

183


184<br />

Sg)<br />

\.. "<br />

5h)<br />

Si) Sk)<br />

SO Sm)<br />

Sg) Do-es S3/ 06SA, Seitenan icht links (N. lal. sin.).<br />

Sh) Do-es S3/ 065A, Frontalansicht (N. fr.) .<br />

5i) Do-es 53/070, Seitenansicht Ijnks (N. lat. sin.).<br />

5k) Do-es 53/070, Frontalansicht (N. fr.) .<br />

51) Do-es 53/043-1, Seitenansicht rechts (N. lat. <strong>de</strong>xt.).<br />

5m) Do-es 53/043-1, Frontalansicht (N. fr.)


6b) 00·


186<br />

6g) 00· •• 53104 6·1 6h)<br />

Oo -psSJ/o56o -1<br />

6i) 6k)<br />

61) 00· .. 54" J I 6m)<br />

6g) Do-es 53/046-1, Scheitel aufsicht (N . vert.).<br />

Rasse-Typ eu-alpid<br />

6h) Do-es 53/056a-l, Seitenansicht links (N. lat. sin.).<br />

6i) Do-e 53/056a-l, Frontalansicht (N. fr.).<br />

Rasse Typ mo-sinid.<br />

6k) Do-es 54/131, Seitenansicht Links (N. lat. sin.).<br />

61) Do-es 54/131, FrontaJansicht (N. fr.).<br />

6m) Do-es 54/131, Seitenansicht rechts (N . lat. <strong>de</strong>xt.).


7c)<br />

7a)<br />

MSE<br />

I<br />

Co-PS 5L/131 7b)<br />

Da-es 541 131<br />

Abb. 7) Schä<strong>de</strong>lrisse Frauen, Rasse-Typ rno-sinid.<br />

7a) Do-es 54/131 , Scheitelaufsicht (N. vert.)<br />

7b) Do-es 54/131 , Hinterhauptansicht (N. occip.).<br />

7c) Do-es 54/ 131 , Blick in die linke Orbita (offene Orbita n. GERASIMOV)<br />

187


188<br />

7f)<br />

Gesichtsrekonstruktionen Männer, Rasse-Typ eu-nordid.<br />

7d) Do-es 53/051-1, Profil links.<br />

7e) Do-es 53/051-[, en face.<br />

7f) Do-es 53/051-1, 3/4-Profillinks (Profil + 30° rechte Abweichung).<br />

7g) Do-es 54/111-1, Profil rechts.<br />

7g)


190<br />

9a)<br />

9b)<br />

9c)<br />

Abb. 9) Gesichtsrekonstruktionen Männer, Rasse-Typ eu-nordid.<br />

9a) Do-es 53/057, Profil links 9d) Do-es 53/084-11, Profil rechts.<br />

9b) Do-es 53/057, en face ge) Do-es 53/084-I1, en face.<br />

9c) Do-es 53/057, 3/4-Profillinks. 9f) Do-es 53/084-II, 3/4-Profil rechts.


lOa) IOd)<br />

lOb) lOe)<br />

Abb. 10) Gesichtsrekonstruktionen Männer, Rasse-Typ eu-nordid.<br />

10a) Do-es 54/142, Profil links. IOd) Do-es 54/146, Profil rechts.<br />

lOb) Do-es 54/142, en face. 1 Oe) Do-es 54/146, en face.<br />

10c) Do-es 54/142, 3/4-Profillinks 10f) Do-es 54/ 146, 3/4 Profil links.<br />

lOf)<br />

191


192<br />

lla)<br />

llc)<br />

Abb. 11) Gesichtsrekanstruktianen Männer, Rasse-Typ eu-nardid.<br />

lla) Da-es 53/083-1, Prafillinks. lId) Da-es 54/ 133-1, Prafillinks.<br />

11 b) Da-es 53/083-1, en face. lle) Da-es 54/133-1, en face.<br />

llc) Da-es 53/083-1, 3/4-Profillinks. I1f) Da-es 54/133-1, 3/4-ProfiI links.<br />

11f)


194<br />

13a)<br />

13b)<br />

13d)<br />

13e)<br />

13c) 13f)<br />

Abb. 13) Gesichtsrekonstruktionen Männer, Rasse-Typ eu-faeLid.<br />

13a) Do-es 53/090, Profil rechts. 13d) Do-es 54/138, Profil links.<br />

l3b) Do-es 53/090, en face. 13e) Do-es 54/138, en face .<br />

13c) Do-es 53/090, 3/4-Profil lin ks. 13f) Do-es 54/138, 3/4-Profil Links.


14d)<br />

14b) 14e)<br />

14c) 14f)<br />

Abb. 14) Gesichtsrekonstruktionen Mäuner, Rasse-Typ eu-alpid.<br />

14a) Do-es 54/103-1, Profil links. 14d) Do-es 53/041, Profil rechts.<br />

14b) Do-es 54/103-1, en face. 14e) Do-es 53/041, en face .<br />

14c) Do-es 54/103-1, 3/4- Profillinks. 14f) Do-es 53/041, 3/4-Profillinks.<br />

195


16d)<br />

16b) 16e)<br />

Abb.16) Gesichtsrekoostruktionen Frauen , Rasse-Typ eu-oordid.<br />

16a) Do-es 54/ 119, Profil links. 16d) Do-es 53/065A, Profil links.<br />

16b) Do-es 54/119, eo face. 16e) Do-es 53/065A, eo face.<br />

16c) Do-es 54/119, 3/4-Profillinks. 16f) Do-es 53/065A, 3/4-Profil links.<br />

16f)<br />

197


198<br />

17b)<br />

17c)<br />

,;;<br />

I<br />

/'<br />

Abb. 17) Gesichtsrekonstruktionen Frauen,<br />

Rasse-Typ eu-nordid.<br />

17a) Do-es 53/070, Profil links.<br />

17b) Do-es 53/070, en face.<br />

17c) Do-es 53/070, 3/4-Profillinks ..<br />

17d)<br />

17e)<br />

17f)<br />

Do -u53IoU-1<br />

Rasse-Typ eu-faelid<br />

17d) Do-es 53/043-1, Profil rechts.<br />

17e) Do-es 53/043-1, en face.<br />

17f) Do-es 53/043-1, 3/4-Profillinks.


18a)<br />

18b) Oo-n5J.ItJS-1<br />

18e)<br />

18c) 18t)<br />

Abb. 18) Gesichtsrekonstruktionen Frauen, Rasse-Typ eu-faelid.<br />

18a) Do-es 54/135-1, Profil rechts. 18d) Do-es 53/091-I, Profil links.<br />

18b) Do-es 54/135-1, en face. 18e) Do-es 53/091-1, en face.<br />

18c) Do-es 54/135-1, 3/4-Profillinks. 18t) Do-es 53/091-1-, 3/4-Profillinks . ..<br />

199


202<br />

21a) 21b)<br />

21c)<br />

21d)<br />

Abb. 21) Gesichtsrekonstruktion Mann, Rasse-Typ eu-alpid.<br />

21a) Do-es 54/105-1, Profil rechts.<br />

Pathologische Knochenverän<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Aberrationen.<br />

21b) Spondylarthrose, diskret an Len<strong>de</strong>n- <strong>und</strong> Brustwirbel von AG 366 von K<strong>und</strong>l/Tirol, f, adult,<br />

laterale Ansicht, Röntgenbild, 50kV.<br />

21 c) Morbus FERRIER - Spondylosis (<strong>de</strong>formans) hyperostoticans an (erhaltenen) Len<strong>de</strong>nwirbeln<br />

2-5 <strong>und</strong> Kreizbein von Do-es 37/41, m, sp-adult; laterale Ansicht, Röntgenbild, 55 kV.<br />

21d) Morbus FERRIER an Do-es 37/41; ventrale Ansicht, Röntgenbild, 55 kV; Wirbelsäule rechts<br />

steiler als links.


204<br />

22c) 22d) 22e)<br />

22c) Umschriebene Osteoporose mit Spongiosierung <strong>de</strong>r Sub tantia corticalis bei AG 808 von K<strong>und</strong>l/<br />

Tirol, f, fr-adult; betroffen: rechtes Schienenbein, direkt unterhalb <strong>de</strong>r äußeren Condyle, also<br />

unter Kni e außen (Condylus lateralis tibiae <strong>de</strong>xtr.).<br />

22d) Periostotische Auflagerung als Nebenbef<strong>und</strong> bei tiefen Venenlei<strong>de</strong>n, also Krampfa<strong>de</strong>rn<br />

(Varizen), bei Do-es 54/ 113-111, m, sp-matur, Aufsicht auf rechtes Schienen bein (Tibia) medial.<br />

22e) Morbus BECHTEREW bei Do-es 53/090, m, sp-matur. Ansicht von rechter Beckenschaufel<br />

(Pelvis) mit verwachsener lIio-sacral-Fuge (Darmbein-Kreuzbein-Fuge), Röntgenbild, 55kV.<br />

22f) Morbus BECHTEREW bei Do-es 53/090; Ansicht von oberer Brustwirbelsä ule, einer " Bambuswirbelsäule";<br />

Röntgenbild von lateral, 55 vK.<br />

22g) Morbus BEOITEREW bei Do-es 53/090; Ansicht <strong>de</strong>r Halswirbelsäule von laterall die HWS ist<br />

dorsal (rückenwärts) fixiert ; Röntgenbild 55 kV .


23a)<br />

23b)<br />

23c)<br />

23d)<br />

23e)<br />

205<br />

Abb. 23) Pathologische Knochenverän<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Aberrationen.<br />

23a) Aseptische Nekrose <strong><strong>de</strong>s</strong> Hüftgelenkkopfes (bzw. <strong><strong>de</strong>s</strong> Hüftgelenkes) bei Do-es 54/133-1, m,<br />

sp-matur; Aufsicht auf <strong>de</strong>n Hüftgelenkkopf (Caput femoris) rechts.<br />

23b) Aseptische Nekrose <strong><strong>de</strong>s</strong> rechten Hüftgelenkkopfes bei Do-es 54/133-1; Ansicht von ventral,<br />

Röntgenbild, 65 kV.<br />

23c) Morbus PERTHES an <strong>de</strong>r rechten Hüfte von Do-es 54/104, m, fr-adult, Aufsicht auf linkes (ohne<br />

Bef<strong>und</strong>) <strong>und</strong> rechtes Caput femoris.<br />

23d) Morbus PERTHES am rechten Hüftgelenk von Do-es 54/104; Aufsicht auf die verwachsene<br />

Ilio-sacrale-Fuge (links ohne Bef<strong>und</strong>).<br />

23e) Morbus PERTHES am rechten Hüftgelenk von Do-es 54/ 104; Ansicht bei<strong>de</strong>r Hüftgelenkköpfe,<br />

Röntgenbild, 55 kV.


206<br />

23f) 23g)<br />

23f) Morbus PAGET am rechten Femur von Do-es 54/126, m, sp-matur; An icht von dorsal (rückenwärts).<br />

23g) Morbus PAGETam rechten Femur von Do-es 54/ 126; Ansicht von dorsal; Röntgenbild 50 kV.<br />

24a) 24b)<br />

Abb. 24) Pathologische Knochenverän<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Aberrationen.<br />

24a) Osteochondrom (= gutartige Knorpel-Knochen-Geschwulst) am Knöchelgelenk <strong><strong>de</strong>s</strong> rechten<br />

Schienen beins innen von Do-es 56/ L-I, C, fr-matur; Aufsicht.<br />

24b) Osteocbondrom von Do-es 56/ L-I, rechte Tibia disto-medial; Ansicht von medio-ventral,<br />

Röntgenbild, 55 kV.


24c) 24d)<br />

24e) 24f)<br />

207<br />

24c) Nichtanlage von Mahlzähnen 2 <strong>und</strong> 3 (M2+3) im Unterkiefer (Mandibula) von Do-es 54/107,<br />

m, fr-adult; Aufsicht.<br />

24d) Nichtanlage von M2+3 <strong>de</strong>r Mandibula von Do-es 54/1 07;Ansicht von vertico-medial, Röntgenbild,<br />

55 kV.<br />

24e) Zahnsteinrest am Vor<strong>de</strong>rgebiß (Oberkiefer) von Do-es 54/130-1, f, sp-adult; Profilansicht.<br />

24f) Abrasion (Abschliff), Zahn mit Pulpitis <strong>und</strong> Fistelbildung, Zahnverlust, Zahnfehl- <strong>und</strong> Engstand<br />

bei Do-es 53/090, m, sp-matur; Unterkiefer, Aufsicht.


208<br />

25a) 25b)<br />

25c)<br />

Abb. 25) Pathologische Knochenverän<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Aberrationen.<br />

25a) 3. Eckzahn (Caninus - c) im Oberkiefer links von Do-es 53/050, f, enil; Aufsicht auf <strong>und</strong><br />

Ein icht in (postmortal geleerte) Alveolen <strong><strong>de</strong>s</strong> Vor<strong>de</strong>rgebisses links.<br />

25b) 3. C in Maxilla links von Do-e 53/050; Ansicht von vertico-frontal, Röntgenbild, 45 kV.<br />

Knochenbrücke<br />

25c) Verheilter Bruch an rechtem Metatar ale I (Mittelfußknochen <strong><strong>de</strong>s</strong> großen Zehs) von Do-es<br />

53/075-U, f, sp-adult; Ansicht von lateral, Röntgenbild, 55 kV.<br />

25d) Periostose über das linke Knie hinweg mit starker KaUusbildung (Knie steif) bei Do-es 54/125 -11,<br />

m, senil ; Ansicht <strong><strong>de</strong>s</strong> linken Femurs von dorsal.


25e)<br />

25g)<br />

209<br />

25e) Periostose mit starker KaUusbildung (wohl durch Fraktur in o<strong>de</strong>r direkt über Femurcondyle<br />

ausgelöst) am linken Femur <strong>und</strong> linker Tibia von Do-es 54/125-ill; Ansicht von dorsal,<br />

Röntgenbild, 55 kV.<br />

25g) Verwachsung von Ijnkem Radius <strong>und</strong> diversen Mittelhandknochen (Ursache wohl Trümmerbruch<br />

in Handwurzelregion) bei Do-es 53/021 , m sp-adult; Ansicht von dorsal, Röntgenbild,<br />

55 kV.<br />

26a)<br />

26b)<br />

Knochenbrüche.<br />

26a) Morbus J AFFE-LICHTENSTEIN - fibröse Dysplasie mit Spontan-Frakturen (abgeheilt) an linkem<br />

Unterschenkel (Tibia <strong>und</strong> Fibula) bei AG 533 von K<strong>und</strong>llTirol, f, fr-adult; Aufsicht von ventral<br />

(bauchwärts); rechtes Bein ohne Bef<strong>und</strong>.<br />

26b) Morbus J AFFE-LICHTENSTEIN bei AG 533; Aufsicht auf allein befallene linke Tibia <strong>und</strong> linke<br />

Fibula von medial.


210<br />

26c)<br />

26e)<br />

Scharfe Schä<strong>de</strong>l-Traumata.<br />

26c) Do-es 53/045, m, sp-matur, Frontalansicht (N. fr.) ; auf Linker Stirnhälfte befin<strong>de</strong>t sich ein<br />

verheiltes, scharfes Trauma (H), das von links oben einschnei<strong>de</strong>t; W<strong>und</strong>rän<strong>de</strong>r begradigt<br />

(Pfeilschuß?).<br />

26d) Do-es 53/ 045, m, sp-matur; verheiltes, linkes Stirntrauma in Aufsicht.<br />

26e) Do-es 53/045, m, sp-matur, in Seitenansicht rechts (N. lat. <strong>de</strong>xt.); scharfes Schä<strong>de</strong>ltrauma -<br />

verheilt - (H), das von hinten <strong>und</strong> aus überhöhung angebracht wur<strong>de</strong>; W<strong>und</strong>rän<strong>de</strong>r (speziell<br />

<strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>re) begradigt.<br />

26f) Do-es 53/045, m, sp-matur; verheiltes rechtes Scheitelbein-Trauma in Aufsicht (Schwerthieb ?,<br />

W<strong>und</strong>rän<strong>de</strong>r begradigt).<br />

26d)<br />

26f)


27a)<br />

27c)<br />

I<br />

-'<br />

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"SE<br />

I<br />

Sem<br />

00· PS 5t.1125-1<br />

Abb. 27) Scharfe Schä<strong>de</strong>l-Traumata.<br />

27a) Do-es 54/125-1, m, fr-matur; Seitenansicht links (N. lat sin.) mit verheiltem, scharfen Stirnbein-Trauma<br />

(H).<br />

27b) Do-es 541125-1, m, fr-matur; Frontalansicht (N. fr.); verheiltes, scharfes Stirnbein-Trauma (H)<br />

links.<br />

27c) Do-es 54/125-1, m, fr-matur; Scheitelaufsicht (N . vert.); verheiltes, scharfes Stirnbein-Trauma<br />

links (H) (Schwerthieb ?, W<strong>und</strong>rän<strong>de</strong>r begradigt).<br />

27d) Do-es 54/125-1, m, fr-matur; Aufsicht auf verheiltes, scharfes Stirnbein-Trauma links; Hieb<br />

kam von links <strong>und</strong> von vorn (Schwert ?).<br />

27b)<br />

27d)<br />

211


212<br />

00-('5541125-1<br />

27e) 27f)<br />

Do- l>S S4/1)()-1I<br />

27e) Do-es 54/ 125-1, m, fr-matur, Hinterhauptansicht (N. occip.).<br />

27f) do-es 54/130-II, m, fr-ad ult ; Scheitelaufsicht (N. vert.); 2 scharfe Schä<strong>de</strong>l-Traumata (HI + 2)<br />

mit Ei ntrag <strong>de</strong>r Auftreffzonen bzw. -Punkte <strong>de</strong>r verletzen<strong>de</strong>n Schnei<strong>de</strong>.<br />

Da- es 5L1105 -1<br />

28b)<br />

MS<<br />

I<br />

OD-HSL/l05 -1<br />

Abb. 28) Scharfe Schä<strong>de</strong>l Traumata.<br />

28a) Do-es 54/105-1, m, sp-adult; Seitenansicht rechts (N. lal. <strong>de</strong>xl.); Eintrag von 2 Traumata<br />

(H1+2)<br />

28b) Do-es 54/1 05-1, m, sp-adulte, Frontalansicht (N . fr.); Eintrag von Schä<strong>de</strong>l-Traumata <strong>und</strong> davon<br />

ausgehen<strong>de</strong>r Riß-Systeme.<br />

28c) Do-es 54/105-1, m, sp-adult; Scheitelaufsicht (N . vert.) mit Eintrag von 2 Schä<strong>de</strong>l-Traumata<br />

(Hl + 2) <strong>und</strong> Auftreffzonen bzw. -Punkten <strong>de</strong>r verletzen<strong>de</strong>n Schnei<strong>de</strong>.<br />

28c)<br />

MS<<br />

I


28d)<br />

28f) 28g) 00-.. 541107<br />

213<br />

28d) Oo-es 45/107, m, fr-adult, Seitenansicht links (N _lat. sin.); mit Eintrag vom 2 scharfen Schä<strong>de</strong>l­<br />

Traumata (HI +2).<br />

28e) Oo-es 54/107, m, sp-adult, Aufsicht auf 1. Trauma (HI) aus Hiebrichtung bei Auftreffpunkt<br />

(bzw. -Zone).<br />

28f) Oo-es 54/107, m, fr-adult, Scheitelaufsicht (N. vert.);Eintrag von 2 scharfen Schä<strong>de</strong>l-Traumata<br />

(HI + 2); von <strong>de</strong>r Auftreffzone (bzw. -Punkt) HI zieht ein Riß abwärts (basal).<br />

28g) Oo-es 54/107, m, fr-adult, Frontalansicht (N. vert.) Eintrag <strong><strong>de</strong>s</strong> 2. Schä<strong>de</strong>ltraumas (H2) <strong>und</strong><br />

von dort ausgehen<strong>de</strong>r Riß-Systeme<br />

Abb. 29) Scharfe Schä<strong>de</strong>l-Traumata.<br />

29a) Oo-es 54/138, m, sp-adult, Seitenansicht links (N . lat. sin.); Eintrag <strong><strong>de</strong>s</strong> 1. Traumas (HI),<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong>sen Auftreffpunkt (A) <strong>de</strong>n Traumen-Gr<strong>und</strong> (Hl,G) <strong>und</strong> Riß-System von Hl,2+3.<br />

29b) Oo-es 541138, m, sp-adult, Seitenansicht rechts (N. lat. <strong>de</strong>xt.); Eintrag <strong><strong>de</strong>s</strong> 2. Traumas (H2)<br />

<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Riß-Systems von Hl,2+3.


214<br />

29c)<br />

oo -.s 5LI138<br />

Oo- . s 5LI138<br />

"'SE<br />

I<br />

2ge) 29f)<br />

29d) Oo -.s 5L/138<br />

29c) Do-es 54/138, m, sp-adult, Hinterhauptansicht (N. occip.); Eintrag von 1. <strong>und</strong> 2. Traumas<br />

(Hl+2) mit Riß-System von Hl ,2+3.<br />

29d) Do-es 54/1 38, m, sp-adult, Frontalansicht (N. fr.);Eintrag von 1. <strong>und</strong> 3. Trauma (Hl +3) mit<br />

Riß-System von Hl,2+3.<br />

2ge) Do-es 54/138, m, sp-adult, Scheitelaufsicht (N. ver!.); Eintrag von 1., 2. <strong>und</strong> 3. Traum (Hl,2,3)<br />

Mit Riß-System von Hl,2+3.<br />

29f) Do-es 54/138, m, sp-adult, Basisansicht (N . basilaris); Eintrag von Riß-System von Hl ,2+3.<br />

"'SE<br />

I


Buchbesprechungen<br />

215<br />

GüNTHER REICHELT: Wo Donau <strong>und</strong> Neckar entspringen. Die Baar. Verlag<br />

Otto Morys Hofbuchhandlung, Donaueschingen 1990.140 Seiten.<br />

Als ich dies gefällige Buch zum ersten Mal zur Hand nahm, war ich erfreut über<br />

die zahlreichen Illustrationen, die sorgsam ausgewählten Fotos <strong>de</strong>r Landschaft, <strong>de</strong>r<br />

Siedlungen, <strong>de</strong>r Flora, Fauna usw. <strong>und</strong> über die erklären<strong>de</strong>n Zeichnungen <strong>und</strong><br />

Landkarten.<br />

Der Verfasser führt in einem fesselnd geschriebenen Text <strong>de</strong>n Leser ein in die<br />

Landschaft <strong>de</strong>r Baar mit <strong>de</strong>r Darstellung einer knappen, aber doch übersichtlichen<br />

naturräumlichen Glie<strong>de</strong>rung. Ohne sich in Einzelheiten zu verlieren, wer<strong>de</strong>n die<br />

Waldgesell chaften mit ihren Beson<strong>de</strong>rheiten, Entwicklungsten<strong>de</strong>nzen <strong>und</strong> auch<br />

Gefährdungen dargestellt. Auch eine übersichtliche Einführung in die geologischen<br />

Verhältnisse <strong>de</strong>r Landschaft fehlt nicht. Beson<strong>de</strong>rs liebevoll beschäftigt sich <strong>de</strong>r<br />

Verfasser mit <strong>de</strong>r einzigartigen Riedbaar, ihrer Entstehung, ihrem rauben Klima<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r jungen Donau mit ihren Überschwemmungen <strong>und</strong> einem Lebensraum<br />

beson<strong>de</strong>rer Art <strong>für</strong> Fische <strong>und</strong> zahlreichen, zum Teil bereits seltenen Wasservögeln.<br />

In einem Streifzug wer<strong>de</strong>n wir eingeführt in die Flora <strong>und</strong> Fauna <strong>de</strong>r<br />

übriggebliebenen Rie<strong>de</strong> <strong>und</strong> Moore <strong>und</strong> wir spüren <strong>de</strong>n begeisterten, z.T. auch<br />

eigenwilligen Naturschützer, wenn er die Gefährdungen <strong>und</strong> bereits zugefügten<br />

Schä<strong>de</strong>n durch eine überintensivierte Landwirtschaft, durch Flurbereinigung, durch<br />

Zersiedlung <strong>und</strong> Straßenbau schil<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> um Naturschutz wirbt.<br />

Selbstverständlich fehlt auch nicht eine Darstellung <strong>de</strong>r " Sache mit <strong>de</strong>r Donau"<br />

<strong>und</strong> über die bei<strong>de</strong>n Quellflüsse Breg <strong>und</strong> Brigach. Auch die Neckarquelle wird<br />

nicht vergessen <strong>und</strong> um die Flußgeschichte <strong>de</strong>r Landschaft darzustellen wer<strong>de</strong>n 4<br />

Blockbil<strong>de</strong>r gezeigt.<br />

Im Abschnitt " Bauen <strong>und</strong> Bewahren" wird <strong>de</strong>r Leser durch die<br />

Siedlungsgeschichte <strong>de</strong>r Landschaft gefübrt <strong>und</strong> auf beson<strong>de</strong>rs wertvolle Biotope<br />

hingewiesen, die in <strong>de</strong>r Agrarsteppe bereits weitgehendst verloren gingen.<br />

Der geschichtliche Streifzug durch die Baar mit ihren Siedlungen weckt<br />

Verständnis <strong>für</strong> die Gegenwart <strong>und</strong> fübrt in knappen, aber treffen<strong>de</strong>n Zügen die<br />

Schicksale <strong>und</strong> Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r größeren Städte vor. Mit einem Hinweis auf das<br />

gut erhaltene Brauchtum wie Fasnet, Fronleichnam <strong>und</strong> Palmbrauch been<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r<br />

Verfasser seine Wan<strong>de</strong>rung durch die Baar.<br />

Zu begrüßen ist, daß <strong>de</strong>r Verfasser auch die Museen <strong>de</strong>r Baar vorstellt <strong>und</strong><br />

Hinweise auf das Schrifttum gibt. Der Bil<strong>de</strong>rnachweis mag Gelegenheit geben, <strong>de</strong>n<br />

Fotografen <strong>für</strong> die bervorragen<strong>de</strong>n Fotos zu danken. Ein Register, eine geologische<br />

Übersichtskarte, eine Karte <strong>de</strong>r naturräumlichen Glie<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> ein Verzeichnis<br />

<strong>de</strong>r geschützen <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r gefähr<strong>de</strong>ten Farn- <strong>und</strong> Blütenpflanzen <strong>de</strong>r Baar<br />

beschließen das Buch.<br />

Es ist sicherlich <strong>de</strong>m Verleger zuzustimmen, daß <strong>de</strong>m Verfasser ein Werk<br />

gelungen ist, das in hohem Maße informiert <strong>und</strong> vom Thema her ebenso wie von <strong>de</strong>r<br />

Qualität <strong>de</strong>r Darstellung große Aufmerksamkeit beanspruchen darf.<br />

Karl Kwasnitschka


216<br />

HEINZ FINKE/ERNST W. GRAF Zu LYNAR: Die Baar, Land an <strong>de</strong>r jungen<br />

Donau. Südkurier Verlag, Konstanz 1989.171 Seiten mit zahlreichen, z.T. farbigen<br />

Abbildungen.<br />

Es ist wohl kein Zufall, daß die Autoren ihr Buch mit <strong>de</strong>m Titel " Die Baar" just<br />

in einem Jahr herausbrachten, da das im Herzen <strong>de</strong>r Baarlandschaft gelegene<br />

Donaueschingen das Jubiläum seiner ersten urk<strong>und</strong>lichen Erwähnung vor 1100<br />

Jahren feierte. Sie haben damit ein Thema aufgegriffen, das in jüngster Zeit<br />

vermehrt das Interesse von Autoren verschie<strong>de</strong>ner Provenienz auf sich gezogen hat,<br />

gibt es doch bereits eine stattliche Reihe von historischen, rechts- <strong>und</strong> verfassungsgeschichtlichen,<br />

siedlungs- <strong>und</strong> sprachgeschichtlichen, bo<strong>de</strong>n- <strong>und</strong> gewässerk<strong>und</strong>lichen,<br />

limatologischen, ökologischen <strong>und</strong> pflanzensoziologischen Untersuchungen<br />

über diese Landschaft, <strong>und</strong> weitere Arbeiten sind angekündigt.<br />

Aus <strong>de</strong>r Fülle dieser häufig sehr speziellen fachwissenschaftlichen Untersuchungen<br />

hebt sich <strong>de</strong>r hier anzuzeigen<strong>de</strong> Band dadurch heraus, daß er sich gera<strong>de</strong><br />

nicht wissenschaftlich gibt. Es sind eher Impressionen, Skizzen, Tupfer von<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Gegenwart, von Kunst <strong>und</strong> Kultur, von Mensch <strong>und</strong> Landschaft,<br />

die die Autoren - <strong>de</strong>r eine mit Worten, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m Mittel <strong>de</strong>r Fotografienach<br />

Art eines Mosaiks zu einem Ganzen zusammengefügt haben. Auch wenn das<br />

Buch im wesentlichen Bekanntes beschreibt, so beleutet <strong>und</strong> betont es doch dies<br />

Bekannte auf eine eigene Weise <strong>und</strong> läßt so <strong>de</strong>n Betrachter immer wie<strong>de</strong>r einmal<br />

staunen, wie an<strong>de</strong>rs eine vertraute Gegend <strong>und</strong> die in ihr leben<strong>de</strong>n Menschen doch<br />

gesehen wer<strong>de</strong>n können.<br />

Das chmale Bändchen ist vom Textumfang her recht knapp, fast dürftig<br />

bemessen; immerhin aber wird <strong>de</strong>m Leser ein nicht uninteressanter Abriß <strong>de</strong>r<br />

Vergangenheit dieser alten Kulturlandschaft geboten, ebenso eine Betrachtung zum<br />

Thema zeitgenössische Musik in Donaueschingen (bei<strong><strong>de</strong>s</strong> von Graf zu Lynar); aus<br />

<strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r von Volkhard Huth stammt eine kurze, aber instruktive Darstellung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Streits um die Donauquelle. E in paar Zeilen über Scheffels Beziehungen zu Achdorf<br />

während seiner Donaueschinger Zeit <strong>und</strong> einige hübsche Gedichte von Max Rieple<br />

sind gefällig in <strong>de</strong>n Bildteil eingestreut, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n weitaus größten Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Buches<br />

ausmacht. Ansprechen<strong>de</strong> Bil<strong>de</strong>r sind es zumeist, die breitgefächert <strong>und</strong> mit<br />

ausführlichen Bildtexten versehen die Eindrücke <strong><strong>de</strong>s</strong> Fotografen Finke<br />

wie<strong>de</strong>rgeben. Auch wenn da <strong>und</strong> dort fotografisch wie drucktechnisch nicht ganz <strong>de</strong>r<br />

heutige Standard erreicht ist, kann das Buch doch manche Anregung vermitteln.<br />

W. Hilpert


<strong>Vereins</strong>chronik<br />

Veranstaltungsjahr 1987/88<br />

Am 26. 3. 1987 fand die jährliche Mitglie<strong>de</strong>rversammlung statt, in <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />

anstehen<strong>de</strong>n Vorstandswahl Herr Professor Willi Paul aus Altersgrün<strong>de</strong>n nicht<br />

mehr kandidierte <strong>und</strong> wegen seiner Verdienste um <strong>de</strong>n Verein zum Ehrenmitglied<br />

erwählt wur<strong>de</strong>. An seiner Stelle wur<strong>de</strong> Herr Dr. Karl Kwasnitschka zum<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r naturwissenschaftlichen Abteilung gewählt. Ansonsten wur<strong>de</strong>n<br />

Vorstand <strong>und</strong> Beirat in <strong>de</strong>r bisherigen Zusammensetzung bestätigt, sodaß die<br />

Führung <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> sich wie folgt zusammensetzt:<br />

Vorstand <strong>de</strong>r geschichtlichen Abteilung: Wofgang Hilpert<br />

Vorstand <strong>de</strong>r naturwissenschaftlichen Abteilung: Dr. Karl Kwasnitschka<br />

Geschäftsführer: Georg Goerlipp<br />

Schriftführer: Hil<strong>de</strong>gret Sattler<br />

Rechner: KarI Münch<br />

Erweiterter Vorstand:<br />

Karl Dörner, ViUingen<br />

Emil Ketterer, Bachheim<br />

Wolfgang Martin, Villingen<br />

Hil<strong>de</strong>gret Min<strong><strong>de</strong>s</strong>, Villingen<br />

Karl Zimmermann, Blumberg<br />

Beirat:<br />

Dr. Herbert Cor<strong><strong>de</strong>s</strong>, Schwenningen<br />

Franz Fritz, Bräunlingen<br />

Dr. Josef Fuchs, Villingen<br />

Dr. Rainer Gutknecht, Villingen<br />

Pfarrer Josef Keller, Ippingen<br />

Rolf Laschinger, Donaueschingen<br />

Wilhelm Meister, Donaueschingen<br />

Prof. Klaus Schnibbe, Furtwangen<br />

Theo Wössner, Hüfingen<br />

Ehrenmitglie<strong>de</strong>r:<br />

Prof. Dr. KarI Siegfried Ba<strong>de</strong>r, Zürich<br />

Dr. Erna Huber, Donaueschingen<br />

Prof. Willi Paul, Vöhrenbach<br />

Um die Kassenführung <strong>für</strong> die nahe Zukunft <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> zu sichern, wur<strong>de</strong> eine<br />

Erhöhung <strong><strong>de</strong>s</strong> Mitglie<strong>de</strong>rbeitrages von 30 DM auf 40 DM beschlossen.<br />

Im Berichtsjahr fan<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung mit ca. 80 Besuchern<br />

insgesamt 13 Veranstaltungen mit ca. 470 Teilnehmern statt. Etwa 200 entfallen auf<br />

5 Vorträge, die im Durchschnitt von 40 Teilnehmern besucht waren. Mit 108<br />

Teilnehmern führte die Jahresexkursion durchs Donautal an <strong>de</strong>r Heunaburg vorbei<br />

nach Riedlingen, zum ehemaligen Zisterzienserinnen-Kloster Heiligkreuztal <strong>und</strong><br />

über <strong>de</strong>n Bussen zum Fe<strong>de</strong>rsee. An <strong>de</strong>r Ganztagesexkursion ins Bregtal nahmen<br />

40, an <strong>de</strong>n 3 Halbtagsexkursionen 103 <strong>und</strong> an <strong>de</strong>n 3 kleinen Aben<strong>de</strong>n 55 Personen<br />

teil.<br />

Die Zahl <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r sank von 510 (467 persönlich <strong>und</strong> 43 korporative) am<br />

1. 1. 1987 auf 509 (466 persönliche <strong>und</strong> 43 korporative) am 1. 1. 1988. Der<br />

verstorbenen Mitglie<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Jahresversammlung ehrend gedacht.<br />

217


218<br />

Jahresprogramm 1987/88<br />

9. 5.Halbtagsexkursion nach Rottweil. Führung: Dr. W. Hecht, Rottweil.<br />

Abfahrt mit PKW 13.30 Uhr, Bez.-Sparkasse Donaueschingen<br />

26. 5. Vortrag von Herrn Prof. Dr. M. Schuler, Mainz "Franz Liszt am Fürstlich<br />

Fürstenbergischen Hof zu Donaueschingen (mit Musikbeispielen anband<br />

einer Kasette) Realschule Donaueschingen, 20.15 Uhr<br />

27. 6.Halbtagsexkursion zum Hohenkarpfen. Besuch <strong>de</strong>r Ausstellung <strong>de</strong>r Kunststiftung<br />

Hohenkarpfen. Führung Dr. F. Maurer, Reutlingen. Im Anschluß<br />

kleine Wan<strong>de</strong>rung im Gebiet <strong><strong>de</strong>s</strong> Hohenkarpfen.<br />

Abfahrt mit PKW 13.30 Uhr Bez.-Sparkasse Donaueschingen<br />

30. 8.Jahresexkursion in <strong>de</strong>n Raum Riedlingen, Heiligkreuztal, Bussen, Fe<strong>de</strong>rsee.<br />

- Hierzu ergeht wie<strong>de</strong>r eine geson<strong>de</strong>rte Einladung mit <strong>de</strong>tailliertem<br />

Programm.<br />

9. 9."Kleiner Abend". Hotel Lin<strong>de</strong>, 20.15 Uhr<br />

26. 9.Halbtagsexkursion mit Herrn Prof. W. Paul, Vöhrenbach; Bonndorfer<br />

Graben, Teil 11 (westlich Göschweiler). Abfahrt mit PKW 13.30 Uhr Bez.­<br />

Sparkasse Donaueschingen<br />

11 .10. Tagesexkursion ins Bregtal: Zin<strong>de</strong>lstein, Krumpenhof, Laubenhausen,<br />

Hammerwald, Alt<strong>für</strong>stenberg, Hammereisenbach. Führung durch die<br />

Herren Dr. K. Kwasnitschka, W. Hilpert, G. Goerlipp. - Rucksackverpflegung.<br />

Abfahrt mit PKW 10.00 Uhr Bez.-Sparkasse Donaueschingen<br />

20.10. Vortrag von Herrn Oberforstdir. Dr. K. Kwasnitschka, Donaueschingen:<br />

"Im Su<strong>de</strong>tenland sterben die Wäl<strong>de</strong>r" (mit Dias).<br />

Realschule Donaueschingen, 20.15 Uhr<br />

12.1 1. Farbfilmvortrag von Herrn K. Zimmermann, Blumberg: " Aus <strong>de</strong>m Leben<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Turmfalken" . Realschule Donaueschingen, 20.15 Uhr<br />

25.11. " Kleiner Abend". Hotel Sonne, 20.15 Uhr<br />

3.12. Vortrag von Frau Dr. J. Oexle, Konstanz-Stuttgart: "Aufgaben <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Stadtkernarchäologie am Beispiel von Konstanz" (Dias)<br />

Realschule Donaueschingen, 20.15 Uhr<br />

19. l.Vortrag von Herrn Dr. W. Metzger, Rottweil " Narretei <strong>und</strong> Tradition -<br />

Ansätze <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>men Fasnachtsforschung" (Dias)<br />

Sternensaal Donaueschingen, 20.15 Uhr<br />

3. 2. "Kleiner Abend" . Hotel Lin<strong>de</strong>, 20.15 Uhr


Veranstaltungjahr 1988/89<br />

219<br />

Im Berichtsjahr fan<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung am 22. 3. 1988 mit<br />

ca.80 Besuchern wie<strong>de</strong>r 13 Veranstaltungen mit insgesamt 555 Teilnehmern statt.<br />

Die Jahresexkursion führte mit 110 Teilnehmern zum Höwenegg, nach Engen <strong>und</strong><br />

schließlich zur Reichenau. Die 5 Vorträge hatten 243 Besucher, d.h. im<br />

Durchschnitt 49, die 4 Halbtagsexkursionen 142, o<strong>de</strong>r im Durchschnitt 36 <strong>und</strong> die<br />

3 kleinen Aben<strong>de</strong> 60, o<strong>de</strong>r im Durchschnitt 20 Teilnehmer.<br />

Die Zahl <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r sank im Jahre 1988 von 509 (466 persönliche <strong>und</strong> 43<br />

korporative) am 1. 1. 88 auf 495 (452 persönliche <strong>und</strong> 43 korporative) am<br />

31. 12. 1988. In <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung mußte 8 verstorbener Mitglie<strong>de</strong>r<br />

gedacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Jahresprogramm 1988/89<br />

3. 5. Vortrag von Herrn Dr. Franz Götz, Radolfzell: " Die gol<strong>de</strong>nen Zeitalter<br />

<strong>de</strong>r Abtei Reichenau" (mit Dias). Jugenmusikschule Donaueschingen,<br />

Vorspielraum im Erdgeschoß, 20.15 Uhr<br />

11. 6.Halbtagsexkursion " Unterhölzer Wald <strong>und</strong> Birkenried" . Führung durch<br />

Herrn Dr. K. Kwasnitschka, Donaueschingen. Abfahrt mit PKW Bez.­<br />

Sparkasse Donaueschingen, 13.30 Uhr<br />

2. 7. Halbtagsexkursion nach Meersburg zum Besuch <strong>de</strong>r Ausstellung " Die<br />

Fürstbischöfe von Konstanz - Kultur <strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong>". Führung durch<br />

Ortskraft. Abfahrt mit Bus Bez.-Sparkasse Donaueschingen, 13.30 Uhr<br />

Anmeldung bis Freitag, 1. Juli, 12.00 Uhr, in <strong>de</strong>r Hofbibliothek<br />

4. 9.Jahresexkursion Hegau - Reichenau. Hierzu ergeht eine geson<strong>de</strong>rte<br />

Einladung.<br />

24. 9.Halbtagsexkursion "Bonndorfer Graben II (westlich Göschweiler)"<br />

Führung durch Herrn Prof. Willi Paul, Vöhrenbach. Abfahrt mit PKW<br />

Bez.-Sparkasse Donaueschingen, 13.30 Uhr<br />

8.10.Halbtagsexkursion "Die Kirchen von Hausen vor Wald <strong>und</strong> M<strong>und</strong>elfingen"<br />

. Führung durch <strong>Vereins</strong>mitglie<strong>de</strong>r . Abfahrt mit PKW Bez. -Sparkasse<br />

Donaueschingen, 13.30 Uhr<br />

19.10. "Kleiner Abend". Dia-Vortrag von Herrn Herbert Jäger, Donaueschingen:<br />

"Naturerlebnis Ostafrika - Tansania". Hotel Sonne, Max-Rieple-Stüble,<br />

20.15 Uhr<br />

10.11. Vortrag von Herrn Oberforstdir. Dr. Peter Dietz, Donaueschingen: "Stirbt<br />

<strong>de</strong>r Schwarzwald, ist er krank, o<strong>de</strong>r war's ein falscher Alarm?" (mit Dias)<br />

Jugendmusikschule Donaueschingen, Vorspielraum, 20.15 Uhr<br />

24.11.Vortrag von Herrn Emil Ketterer, Bachheim: "Der Verlauf <strong><strong>de</strong>s</strong> Dreißigjährigen<br />

Krieges im Amt Löffingen" . Jugendmusikschule Donaueschingen,<br />

Vorspielraum, 20.15 Uhr.<br />

6.12.Vortrag von Herrn Dr. Thomas Schnabel, Stuttgart: " Katholische Kirche<br />

<strong>und</strong> Nationalsozialismus in Südba<strong>de</strong>n. " . Jugendmusikschule Donaueschingen<br />

Vorspielraum, 20.15 Uhr<br />

14.12."Kleiner Abend" . Vortrag von Herrn W. Hilpert, Donaueschingen:<br />

"Thomas Platter - ein Schweizer <strong><strong>de</strong>s</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>erts im Spiegel seiner<br />

Autobiographie". Hotel Sonne, Max-Rieple-Stüble, 20.15 Uhr


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17. 1. Vortrag von Herrn Volkhard Hutb, Donaueschingen: "Neuere Forschungen<br />

zu Ursprung <strong>und</strong> Entwicklung <strong>de</strong>r Landgrafschaft Baar".<br />

Jugendmusikscbule Donaueschingen, Vorspielraum, 20.15 Uhr.<br />

15. 2." K1einer Abend" . Diavortrag von Frau Heidi Mues, Donaueschingen:<br />

" Marokko - eine Reise ins Mittelalter" . Hotel Sonne, Max-Rieple-Stüble,<br />

20.15 Ubr.


Anschriften <strong>de</strong>r Verfasser<br />

BUCHTA-HOHM,Dr. Susanne, Pfaffengasse 18, 8753 Obernburg/M.<br />

GEHRING, Dr. Helmut, Königsberger Str. 30, 7730 VS-Villingen<br />

GOERLIPP, Goerg, Hin<strong>de</strong>nburgring 10, 771 0 Donaueschingen<br />

KETTERER, Emil, Oberburg 2, 7827 Löffingen<br />

KÖNIG, Rolf, Mörikestr. 2, 6550 Bad Kreuznach<br />

KWASNITSCHKA, Dr. Kar!, Feuersteinstr. 15, 7710 Donaueschingen<br />

MA Y A, Thomas, Falkenstr. 22, 7260 Calw-Stammheim<br />

RÖHRER-ERTL, Dr. Olav, Neu Bibergstr. 42, 8011 Putzbrunn<br />

Abb. auf <strong>de</strong>r Rückseite zeigt die Rückseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Ältesten Donaueschinger Grenzsteines (siehe Titel).<br />

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