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Projet_Notre Vision DE

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<strong>Projet</strong>_<strong>Notre</strong> <strong>Vision</strong> <strong>DE</strong> 10/01/06 11:31 Page 134<br />

GUNNAR HÖKMARK<br />

ten könnte, falls sie – wie schon so viele Male in der Nachkriegszeit, so in Berlin,<br />

Budapest, Prag, Warschau – den Befehl zur Niederschlagung der Demokratie<br />

erhalten sollten.<br />

Am Nachmittag hielten wir in Stockholm vor Vertretern der Weltpresse eine<br />

Pressekonferenz mit Emanuelis Zingeris und mit Vytautas Landsbergis ab.<br />

Emanuelis war der einzige führende Volksvertreter, der sich außerhalb der Grenzen<br />

des Landes, und damit außerhalb der Reichweite des KGB und der Truppen des<br />

sowjetischen Innenministeriums, befand. Vytautas Landsbergis – heute<br />

Abgeordneter des Europäischen Parlaments – kommunizierte über ein viereckiges<br />

Lautsprechertelefon mit uns.<br />

Trotz des Ernstes der Situation konnte ich nicht umhin, über den etwas bizarren<br />

Anblick zu lächeln, den die Journalisten aus den USA und Europa boten,<br />

die still auf den grauen Telefonlautsprecher der schwedischen Telecom starrten<br />

und andächtig dem litauischen Parlamentspräsidenten lauschten, der – verbunden<br />

über eine der damals für Gespräche zwischen Schweden und Litauen existierenden<br />

zwei Telefonleitungen – um die Hilfe der internationalen<br />

Staatengemeinschaft bat.<br />

Die Welt reagierte mit großem Interesse und Engagement. Lange Zeit hatten<br />

die drei baltischen Staaten friedlich für ihre Selbstständigkeit gekämpft. Nur knapp<br />

zwei Jahre zuvor hatte Europa den Fall moskautreuer Diktaturen und den Abriss<br />

der Mauer zwischen Ost und West in Berlin erlebt. Es war an der Zeit für eine<br />

neue Ära.<br />

Die friedliche Grundlage für das heutige Europa war nie eine<br />

Selbstverständlichkeit<br />

Aber es war alles andere als selbstverständlich, dass die sowjetische Zentralmacht<br />

das aufgeben würde, was sie als sowjetisches Territorium ansah. Es war noch<br />

nicht einmal selbstverständlich, dass die demokratisch gewählten Politiker<br />

Westeuropas den Balten ihre Unterstützung geben würden. Die sozialdemokratischen<br />

Parteien, die in den 80er Jahren für eine einseitige Abrüstung in den demokratischen<br />

Ländern Europas eingetreten waren, standen einer Zersplitterung der<br />

Sowjetunion ebenso skeptisch gegenüber wie der deutschen Wiedervereinigung.<br />

In Schweden hatte die sozialdemokratische Regierung stets jede Behauptung<br />

zurückgewiesen, die Balten seien okkupiert und wollten ihre nationale Freiheit.<br />

Ihr Streben nach Selbstständigkeit sei nichts weiter, so hieß es, als ein Kampf um<br />

ihre kulturelle Identität. Es gäbe keinen Grund, Moskau mit einer allzu schnellen<br />

und brutalen Demokratisierung zu beunruhigen, die die Machthaber dort nur zu<br />

sehr belasten würde. Sie hätten es ja schon schwer genug, meinte man. Die politischen<br />

Kräfte Westeuropas, die freie Wahlen im Osten forderten und sich für eine<br />

Unterstützung der Balten durch die Demokratien Europas aussprachen, wurden<br />

als Kreuzritter des Kalten Krieges und rechtsextremistische Verrückte bezeichnet.<br />

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