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Projet_Notre Vision DE

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<strong>Projet</strong>_<strong>Notre</strong> <strong>Vision</strong> <strong>DE</strong> 10/01/06 11:31 Page 259<br />

EUROPÄISCHES ERBE UND EUROPÄISCHE AUFGABE<br />

tiellen Beitrag für eine stabile und dauerhafte Entwicklung erwarten könnte. Bei<br />

jeder Wahl zum Europäischen Parlament, auch bei der im Juni 2004, ist eine<br />

geringe Wahlbeteiligung zu beklagen. Nationale, nicht europäische Themen<br />

stehen im Mittelpunkt. Europa ist, so hat es den Anschein, eine Sache von<br />

Politikern, Bürokraten und Parteien; die Bürger bleiben auf Distanz. Die Union<br />

kann aber nicht nur von „oben“ gebildet werden, sie muss auch „von unten“<br />

wachsen.<br />

In den kommenden Jahren ist die Frage vordringlich, ob Unionsbürger den<br />

gegenwärtigen Integrationsprozess unterstützen? Bei den Deutschen stößt die<br />

Osterweiterung der EU nur auf begrenzte Zustimmung. Das ist eines der wichtigsten<br />

Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, die die Konrad-Adenauer-<br />

Stiftung Ende 2003 durchführen ließ: 59 Prozent halten den Erweiterungszeitpunkt<br />

für verfrüht, 85 Prozent befürchten, dass viele deutsche Unternehmen<br />

durch Billigkonkurrenz aus den Beitrittsländern in Schwierigkeiten kommen, 83<br />

Prozent sehen die Zuwanderung anwachsen, 74 Prozent machen sich in diesem<br />

Zusammenhang Sorgen um ihren Arbeitsplatz.<br />

Skepsis herrscht in allen alten Mitgliedstaaten, aber sie nimmt zu, je mehr<br />

man sich den Grenzen zu den neuen Mitgliedstaaten nähert. Die<br />

Solidaritätsbereitschaft stößt an Grenzen. Umfragen des Eurobarometers belegen:<br />

Die EU-15-Bürger bringen den Menschen in den Beitrittsländern nur „geringes<br />

Vertrauen“ entgegen. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Aufnahme ärmerer<br />

Länder negativ auf das transnationale Vertrauensvermögen innerhalb der EU<br />

auswirkt. Ohne Zweifel ist es daher eine ernsthafte Belastungsprobe für den<br />

Zusammenhalt in der EU, wenn der Anteil der Mitgliedstaaten, deren<br />

Sozialprodukt weit unter den Durchschnittswerten des Europäischen Union<br />

liegt, deutlich anwächst.<br />

Auch in den Beitrittsländern verliert die Europäische Union an Strahlkraft.<br />

Enthusiasmus ist mancherorts in Enttäuschung umgeschlagen. Die Letten und<br />

Esten zum Beispiel halten die EU-Mitgliedschaft nur noch zu etwa 30 Prozent<br />

für eine gute Sache. Der ökonomische Aufschwung gestaltet sich schwieriger<br />

und langwieriger als erhofft. Nicht für jeden hat sich die soziale Lage gegenüber<br />

1989 verbessert. Für viele ist sie sogar schlechter geworden. Manche Frustration<br />

hat sich eingestellt. Kein Bauer kann mehr sein Feld bestellen, kein Unternehmer<br />

kann mehr investieren und produzieren, ohne Vorgaben aus Brüssel beachten<br />

zu müssen.<br />

Weil sich die Völker Mittel- und Osteuropas gerade erst von der<br />

Unterdrückung der Sowjetunion befreit haben, ist es für sie eine sehr bedeutsame<br />

Frage, inwieweit nationale Souveränität und Kultur, die Würde und der<br />

Stolz der Nation gegenüber der Europäischen Union behauptet werden können.<br />

Längst werden Stimmen laut, die der Union die notwendige moralische Kraft<br />

und Orientierung absprechen.<br />

Ich will zu einer pessimistischen Grundstimmung nicht beitragen. Ohne<br />

Zweifel stehen den beträchtlichen Risiken der EU-Erweiterung gewaltige Chancen<br />

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