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Leistungen der Pflegeversicherung und Eingliederungshilfe/Pflege ...

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KOMPETENZZENTRUM SELBSTBESTIMMT LEBEN<br />

NORDRHEIN-WESTFALEN<br />

<strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> <strong>und</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe/<strong>Pflege</strong> aus <strong>der</strong> Sozialhilfe –<br />

wie stehen diese <strong>Leistungen</strong> zueinan<strong>der</strong>?<br />

1. Einführung<br />

In <strong>der</strong> Beratung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung werden immer wie<strong>der</strong> Fälle geschil<strong>der</strong>t, in denen <strong>Leistungen</strong><br />

<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe zur Teilhabe am Leben in <strong>der</strong> Gemeinschaft (z.B. eine Begleitperson für<br />

einen Kinobesuch) beantragt werden <strong>und</strong> <strong>der</strong> angegangene Sozialhilfeträger zunächst verlangt, dass<br />

das <strong>Pflege</strong>geld <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> o<strong>der</strong> des Sozialhilfeträgers zuvor hierfür eingesetzt o<strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ungspflege<br />

durch die <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> in Anspruch genommen wird. Auch die so genannten beson<strong>der</strong>en<br />

Betreuungsleistungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz<br />

(§§ 45a ff. SGB XI) sollen in Anspruch genommen werden, bevor <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe zur<br />

Teilhabe am Leben in <strong>der</strong> Gemeinschaft nach den §§ 53 ff. SGB XII beantragt werden könne.<br />

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie diese verschiedenen <strong>Leistungen</strong> zueinan<strong>der</strong>stehen,<br />

d. h., ob die eine Leistung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en vorgeht bzw. ob gegebenenfalls Nachrangigkeit besteht.<br />

2. Rechtliche Stellungnahme<br />

Die Einsetzung <strong>der</strong> oben genannten <strong>Leistungen</strong> vor Inanspruchnahme <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe würde<br />

voraussetzen, dass die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe nachrangig gegenüber <strong>der</strong> Hilfe zur <strong>Pflege</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong><br />

o<strong>der</strong> des Sozialhilfeträgers ist. Daher muss untersucht werden, wie die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe <strong>und</strong><br />

die verschiedenen pflegerischen Hilfen zueinan<strong>der</strong> stehen.<br />

a) Einglie<strong>der</strong>ungshilfe aus Sozialhilfe ↔ <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong><br />

Das Verhältnis zwischen Einglie<strong>der</strong>ungshilfe aus Sozialhilfe <strong>und</strong> sämtliche <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong><br />

ist eindeutig in § 13 SGB XI, dem Sozialgesetzbuch <strong>der</strong> sozialen <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong>, geregelt.<br />

In § 13 Abs. 3 S. 3 SGB XI ist geregelt, dass <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe nach dem SGB XII (Sozialhilfe)<br />

nicht nachrangig gegenüber den <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> sind.<br />

Das bedeutet für die Praxis, dass <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> nicht vorher für eine Freizeitbegleitung<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Aspekte <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe eingesetzt werden müssen, son<strong>der</strong>n dass diese<br />

<strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> parallel zu den <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe in Anspruch genommen<br />

werden können. Dies gilt für sämtliche <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong>.<br />

Es ist somit uneingeschränkt möglich, einerseits Einglie<strong>der</strong>ungshilfe aus <strong>der</strong> Sozialhilfe <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />

gleichzeitig Hilfe zur häuslichen <strong>Pflege</strong> (<strong>Pflege</strong>geld, <strong>Pflege</strong>sachleistung, Kombinationsleistung,<br />

Verhin<strong>der</strong>ungspflege, beson<strong>der</strong>e Betreuungsleistungen et cetera) zu beziehen.<br />

Es kann nicht verlangt werden, dass etwa die Freizeitbegleitung ins Kino zunächst durch das <strong>Pflege</strong>geld,<br />

durch Verhin<strong>der</strong>ungspflege o<strong>der</strong> durch beson<strong>der</strong>e Betreuungsleistungen <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> finanziert<br />

wird, bevor Einglie<strong>der</strong>ungshilfe in Anspruch genommen werden kann.<br />

b) Einglie<strong>der</strong>ungshilfe aus Sozialhilfe ↔ Hilfe zur <strong>Pflege</strong> aus Sozialhilfe<br />

Aber auch wenn man Hilfe zur <strong>Pflege</strong> aus <strong>der</strong> Sozialhilfe bekommt, beispielsweise anteiliges <strong>Pflege</strong>geld,<br />

kann nicht verlangt werden, dass <strong>der</strong> Antragsteller zunächst dieses <strong>Pflege</strong>geld einsetzt, um eine Freizeitbegleitung<br />

zu engagieren.<br />

Projektträger für das Rheinland:<br />

„Selbstbestimmt Leben“ Behin<strong>der</strong>ter Köln e. V.


KOMPETENZZENTRUM SELBSTBESTIMMT LEBEN<br />

NORDRHEIN-WESTFALEN<br />

Gr<strong>und</strong> hierfür ist die Tatsache, dass die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe <strong>und</strong> die Hilfe zur <strong>Pflege</strong> unterschiedliche<br />

Ziele verfolgen.<br />

„Während Maßnahmen <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe auf För<strong>der</strong>ung, Integration <strong>und</strong> Teilhabe abzielen, wird<br />

bei <strong>der</strong> Hilfe zur <strong>Pflege</strong> <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit als gegeben hingenommen <strong>und</strong> es soll lediglich<br />

sichergestellt werden, dass <strong>der</strong> Hilfesuchende nicht an den Grun<strong>der</strong>for<strong>der</strong>nissen des täglichen<br />

Lebens scheitert.“ 1<br />

Wenn auch eine <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Aufgaben <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe darin besteht, den behin<strong>der</strong>ten<br />

Menschen so weit wie möglich unabhängig von <strong>Pflege</strong> zu machen, so umfasst die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich keine <strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> Hilfe zur <strong>Pflege</strong>. Die Unterscheidung dieser beiden sozialhilferechtlichen<br />

Hilfearten richtet sich nach <strong>der</strong>en jeweils unterschiedlichen Zweck <strong>und</strong> Ziel. Wesensmerkmal <strong>der</strong><br />

Einglie<strong>der</strong>ungshilfe ist die Verän<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> Erleichterung eines bestehenden Zustandes durch För<strong>der</strong>ung<br />

des behin<strong>der</strong>ten Menschen <strong>und</strong> die dadurch sich verbessernde Teilhabe <strong>und</strong> soziale Einglie<strong>der</strong>ung.<br />

Bei <strong>der</strong> <strong>Pflege</strong> stehen demgegenüber im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> die Unterstützung, Beaufsichtigung o<strong>der</strong><br />

Anleitung bei den gewöhnlichen <strong>und</strong> regelmäßig wie<strong>der</strong>kehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen<br />

Lebens. Die Hilfe zur <strong>Pflege</strong> stellt mehr auf Erhaltung <strong>und</strong> Bewahrung ab, demgegenüber will die<br />

Einglie<strong>der</strong>ungshilfe den Zustand des behin<strong>der</strong>ten Menschen zum Besseren verän<strong>der</strong>n. Die Hilfe zur<br />

<strong>Pflege</strong> hat nicht die Aufgabe, die Stellung des <strong>Pflege</strong>bedürftigen in <strong>der</strong> Gesellschaft zu verän<strong>der</strong>n. Allerdings<br />

steht <strong>der</strong> Gewährung von Einglie<strong>der</strong>ungshilfe nicht entgegen, dass <strong>der</strong> Antragsteller <strong>Leistungen</strong><br />

<strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> bezieht. 2<br />

Im Einzelfall sind Überschneidungen bei<strong>der</strong> Hilfeformen durchaus denkbar. „Die hiernach zu treffende<br />

Abgrenzung richtet sich nach den Beson<strong>der</strong>heiten des Einzelfalles, über das soeben Gesagte hinausgehende<br />

weiter konkretisierende Maßstäbe lassen sich kaum aufstellen. Wenn letzte Zweifel sich nicht<br />

ausräumen lassen, sollte Einglie<strong>der</strong>ungshilfe geleistet werden.“ 3<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt, dass Einglie<strong>der</strong>ungshilfe <strong>und</strong> Hilfe zur <strong>Pflege</strong> auch nebeneinan<strong>der</strong> erbracht werden<br />

können.<br />

3. Fazit<br />

<strong>Leistungen</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Pflege</strong>versicherung</strong> müssen nicht vorrangig eingesetzt werden, bevor Einglie<strong>der</strong>ungshilfe<br />

aus <strong>der</strong> Sozialhilfe in Anspruch genommen werden kann. Beide <strong>Leistungen</strong> können parallel in Anspruch<br />

genommen werden <strong>und</strong> schließen sich nicht gegenseitig aus.<br />

Auch die Hilfe zur <strong>Pflege</strong> aus <strong>der</strong> Sozialhilfe ist nicht mit <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe gleichzusetzen, beide<br />

<strong>Leistungen</strong> verfolgen unterschiedliche Ziele, sodass auch insoweit ein Nebeneinan<strong>der</strong> bei<strong>der</strong> <strong>Leistungen</strong><br />

möglich ist.<br />

Köln, 10. März 2013<br />

1 Krahmer/Sommer in LPK-SGB XII, Vorbemerkung zu §§ 61 ff., Rz. 11.<br />

2 Vgl. Baur, in Jung, SGB XII, Vorbemerkungen zum Sechsten Kapitel Einglie<strong>der</strong>ungshilfe für behin<strong>der</strong>te Menschen (§§ 53 bis<br />

60) Rz. 29, Stand: 15.08.2006<br />

3 Vgl. Bauer, aaO. Rz. 30.<br />

Projektträger für das Rheinland:<br />

„Selbstbestimmt Leben“ Behin<strong>der</strong>ter Köln e. V.

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