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Die Zeitmacher 27.9.2013

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Sein Vater war wegen seiner Verdienste 1872 vom Zaren geadelt<br />

worden, und ein Michailow zu sein, bedeutete fortan etwas, aber<br />

wie lange noch? Boris dachte nicht daran, sich künftig sein Leben<br />

von einer Horde grenzenloser Fanatiker und Barbaren diktieren zu<br />

lassen, und er hielt auch nichts von Klassenkämpfen, da ihm dies<br />

wider die menschliche Natur ging.<br />

Auch er hatte die Thesen von Karl Marx gelesen und konnte sich<br />

mit einigen Passagen durchaus anfreunden, doch entstand bei ihm<br />

die feste Überzeugung, dass dieses Manifest, in den Händen dieser<br />

Fanatiker, mehr Schaden anrichtet, besonders, wenn es falsch<br />

ausgelegt wurde, und dass genau dies geschehen konnte, dessen war<br />

er sich sicher.<br />

So saß er nun da und überlegte, in diesem Labyrinth den<br />

Ausgang zu finden, ohne allzu viel Not und Bitterkeit in seinem<br />

Innern zu hinterlassen. Sein Vater hatte 1905 das Zeitliche<br />

gesegnet, und seither führte Boris das Unternehmen im Alleingang,<br />

denn Brüder hatte er keine, nur zwei Schwestern und Frauen wurden<br />

nicht zur Nachfolge zugelassen.<br />

Boris war jetzt sechsunddreißig. Er fing damals gleich nach<br />

der Schule im Betrieb seines Vaters an und lernte das<br />

Uhrmacherhandwerk von der Pike auf. 1902 schickte ihn sein Vater<br />

für zwei Jahre in die Schweiz, um von den dortigen Größen zu<br />

lernen, und seine Fertigkeit zu perfektionieren, und er erwog den<br />

Gedanken, genau dorthin zurückzukehren, weil er wusste, dass er<br />

den dortigen Koryphäen in keinster Weise nachstand, weder in<br />

puncto Kreativität noch Exaktheit. <strong>Die</strong> Reise war schon damals<br />

beschwerlich, und Boris wagte nicht daran zu denken, wie diese<br />

inmitten der hässlichen Kriegswirren verlaufen würde.<br />

Und da war auch noch seine Frau Olga, die so sehr in den<br />

adligen Festivitäten aufging, welche fast täglich stattfanden und<br />

nicht davon wegzulocken war, ohne dass man sie gewaltsam von<br />

diesen Wurzeln trennte, und genau dies wollte er tunlichst<br />

vermeiden. Jedes Gespräch, welches in diese Richtung lief, wurde<br />

von Olga jeweils durch einen heftigen Weinkrampf unterbrochen,<br />

sie wehrte sich, wie wenn es ihr Leben zu verteidigen galt. Doch<br />

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