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Effizienzsteigerung der Positronenquelle NEPOMUC am FRM II

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Bachelorarbeit<br />

Fakultät 06<br />

Physikalische Technik<br />

Lothstraße 34<br />

80335 München<br />

<strong>Effizienzsteigerung</strong> <strong>der</strong> <strong>Positronenquelle</strong><br />

<strong>NEPOMUC</strong> <strong>am</strong> <strong>FRM</strong> <strong>II</strong><br />

Methoden und Durchführung<br />

Benj<strong>am</strong>in Rienäcker<br />

6. März 2013<br />

Betreut durch:<br />

Prof. Dr. Rolf Heilmann (Hochschule München)<br />

Prof. Dr. Christoph Gerz (Hochschule München)<br />

Dr. Christian Piochacz (<strong>FRM</strong> <strong>II</strong>)


Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

Die <strong>Positronenquelle</strong> <strong>NEPOMUC</strong> <strong>am</strong> Forschungsreaktor Heinz Meier-Leibnitz wird seit<br />

2004 betrieben, um einen intensiven Positronenstrahl für zahlreiche Experimente zu<br />

erzeugen. Da bei vielen Experimenten die Intensität entscheidend ist, soll im Rahmen<br />

dieser Arbeit die Strahlintensität sowie die Strahlqualität verbessert werden. Dies<br />

wird über einen mit LabView umgesetzten Downhill-Simplex-Optimierungs-Algorithmus<br />

gewährleistet, <strong>der</strong> wahlweise die Strahlintensität o<strong>der</strong> das Intensitätsmoment des Strahls<br />

optimieren kann. Das Intensitätsmoment ist ein Par<strong>am</strong>eter, <strong>der</strong> für die Bewertung <strong>der</strong><br />

Strahlqualität eingeführt wird. Außerdem wird <strong>der</strong> Einfluss einer Sauerstoffbehandlung<br />

zur Reinigung kritischer Bauteile im Positronenquellsektor untersucht und die intensitätssteigernde<br />

Wirkung im zeitlichen Verlauf festgehalten.<br />

Vor den Optimierungen lag eine Strahlintensität von 0,96·10<br />

8 e+<br />

s<br />

vor und <strong>der</strong> Strahl<br />

war im Querschnitt betrachtet weit aufgefächert und ellipsenförmig. Durch die Algorithmusoptimierung<br />

wurde die Strahlintensität um 70% erhöht, das Intensitätsmoment hat<br />

sich um 15% verbessert. Die Sauerstoffbehandlung zeigte die größte Wirkung mit einer<br />

Steigerung <strong>der</strong> Strahlintensität um Faktor 12.<br />

Mit den untersuchten Optimierungsmethoden kann nun selbst bei größeren Än<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>am</strong> Aufbau o<strong>der</strong> bei Störeinflüssen sowohl die Strahlintensität als auch die Strahlqualität<br />

maßgeglich gesteigert werden und bietet die Möglichkeit, mo<strong>der</strong>nste Experimente und<br />

Messungen mit einem hochintensiven Positronenstrahl durchzuführen.<br />

Abstract<br />

To enhance the positron source <strong>NEPOMUC</strong> at the research reactor Heinz Meier-Leibnitz,<br />

this bachelor thesis will provide some strategies to achieve the task of optimization of the<br />

positron-be<strong>am</strong> intensity and quality. The latter is achieved by an optimzation algorithm<br />

called the downhill simplex method, progr<strong>am</strong>med with LabView, the enhancement of<br />

intensity both by the just n<strong>am</strong>ed algorithm and by an oxygen-cleaning procedure. The<br />

quality optimization goes by the optimization of the momentum of intensity, a par<strong>am</strong>eter<br />

indroduced particularly for this use.<br />

Before any of the optimizations were done, the be<strong>am</strong> intensity summed up to 0,96·10<br />

with a very wide cross section, formed like an ellipse. By the downhill simplex algorithm<br />

the be<strong>am</strong> intensity could be increased by 70%, the momentum of intensity by 15%. The<br />

treatment with oxygen had the greatest influence on the intensity, for it boosted it up<br />

to twelve times as high as before.<br />

By using the introduced methods of optimization, one can significantly increase the<br />

be<strong>am</strong> intensity and the quality of the be<strong>am</strong>, even if there are changes on the setup or<br />

parasitic disturbances, so that mo<strong>der</strong>n experiments and measurements can be conducted<br />

with an highly intensive positron be<strong>am</strong>.<br />

8 e+<br />

s<br />

Seite i


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 1<br />

2 Grundprinzipien <strong>der</strong> Positronenphysik 3<br />

2.1 Kernphysikalische Prinzipien <strong>der</strong> Positronenerzeugung . . . . . . . . . . . 3<br />

2.1.1 β + -Zerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

2.1.2 Paarbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

2.2 Aufbau und Funktionsweise von <strong>NEPOMUC</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

2.2.1 Strahlrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

2.2.2 Experimentierrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.2.3 Potentialrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2.3 Positronen in Festkörpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

2.3.1 Thermalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

2.3.2 Annihilation und Trapping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

2.3.3 Positronium-Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

2.3.4 Wirkung eines Mo<strong>der</strong>ators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.4 Prinzipien <strong>der</strong> Strahlführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.4.1 Elektrostatische Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.4.2 Magnetische Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

2.5 Detektion von Positronen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

2.5.1 NaI-Szintillations-Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

2.5.2 MCP und Phosphorschirm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

3 Messung <strong>der</strong> Positronenrate und des Intensitätsmomentes 19<br />

3.1 Messung <strong>der</strong> Strahlintensität mit dem NaI-Detektor und dem Zähler . . . 19<br />

3.2 Messung <strong>der</strong> Strahlqualität mit <strong>der</strong> MCP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

3.3 Vergleichsmessung mit dem Multichannel-Analyzer . . . . . . . . . . . . . 27<br />

4 Optimierung durch Sauerstoffbehandlung und Druckanpassung 31<br />

4.1 Druckmessung und Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

4.2 Temperaturmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

4.3 Optimierung durch Sauerstoffbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

5 Optimierung durch Variation elektrischer und magnetischer Fel<strong>der</strong> 37<br />

5.1 Das Positronenleitsystem: Die ” Be<strong>am</strong>line” . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

5.2 Das Steuerprogr<strong>am</strong>m Be<strong>am</strong>line-control . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

5.3 Optimierung mit dem Downhill-Simplex-Algorithmus . . . . . . . . . . . . 42<br />

5.3.1 Der Algorithmus und seine Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Seite iii


Inhaltsverzeichnis<br />

5.3.2 Umsetzung mit LabView . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

5.3.3 Optimierung im realen Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

5.3.4 Grenzen des Downhill-Simplex-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . 50<br />

6 Zus<strong>am</strong>menfassung und Ausblick 53<br />

Seite iv


KAPITEL 1. EINLEITUNG<br />

1 Einleitung<br />

Antimaterie ist längst kein Begriff des Science-Fiction mehr, son<strong>der</strong>n ist zum Alltag<br />

vieler Wissenschaftler und Forscher geworden. Insbeson<strong>der</strong>e kommt das Positron, das<br />

antimaterielle Gegenstück zum Elektron, in <strong>der</strong> Festkörperphysik sowie in den Materialwissenschaften<br />

als nanoskopisches Sondenteilchen zum Einsatz. Bei <strong>der</strong> sogenannten<br />

Positronenspektroskopie wird zum Beispiel die Eigenschaft <strong>der</strong> Positronen ausgenutzt,<br />

sich aufgrund <strong>der</strong> fehlenden positiven Ladung bei Gitterdefekten, die d<strong>am</strong>it wie Potentialtöpfe<br />

wirken, beson<strong>der</strong>s lange aufzuhalten. Somit liegt eine höhere Wahrscheinlichkeit<br />

vor, dass sie dort mit Hilfe eines nahen Elektrons unter Emission zweier G<strong>am</strong>maquanten<br />

annihilieren. Diese charakteristische Annihilationsstrahlung kann sehr leicht mit entsprechenden<br />

Detektoren nachgewiesen werden und liefert so Informationen zum entsprechenden<br />

Defekt.<br />

Das Positron wurde 1929 von Paul Dirac in einer theoretischen Arbeit vorhergesagt<br />

[1] und wenige Jahre später von Carl D. An<strong>der</strong>son experimentell nachgewiesen [2]. Nach<br />

heutigem Wissensstand entspricht das Positron dem Elektron in allen Eigenschaften, mit<br />

Ausnahme <strong>der</strong> Ladung und des magnetischen Moments, die beide ein positives Vorzeichen<br />

besitzen.<br />

Am Forschungsreaktor Heinz Meier-Leibnitz (<strong>FRM</strong> <strong>II</strong>) in Garching wird die hochintensive<br />

<strong>Positronenquelle</strong> <strong>NEPOMUC</strong> (NEutron induced POsitron source MUniCh) seit<br />

2004 eingesetzt, um eine Reihe mo<strong>der</strong>ner Messmethoden wie die oben erwähnte Positronenspektroskopie<br />

anzuwenden, Grundlagenforschung mit Positronen selbst zu betreiben<br />

und <strong>der</strong> Industrie und externen Wissenschaftlern eigene Forschung zu ermöglichen. Insges<strong>am</strong>t<br />

werden vier Spektrometer dauerhaft bei <strong>NEPOMUC</strong> betrieben:<br />

PLEPS (Pulsed Low-Energy Positron System)<br />

PAES (Positron annihilation-induced Auger Electron Spectroscopy)<br />

CDB (Coincidence Doppler Broadening spectroscopy)<br />

SPM (Scanning Positron Microscope).<br />

PLEPS wird für tiefenabhängige Lebensdauermessungen von Positronen in Festkörpern<br />

verwendet. PAES ermöglicht eine hochsensitive, elementspezifische Oberflächenanalyse<br />

und CDB bietet die Möglichkeit, oberflächennahe Defekte mit hoher Auflösung zu untersuchen.<br />

Zusätzliche Experimente sind ACAR (Angular Correlation of Annihilation<br />

Radiation) für die Untersuchung von Fermioberflächen und Lebensdauermessungen mit<br />

22 Na-<strong>Positronenquelle</strong>n [3]. All diese Experimente vereinen den Anspruch in sich, einen<br />

möglichst intensiven, monoenergetischen Positronenstrahl zur Verfügung zu haben.<br />

Seite 1


Die vorliegende Bachelorabeit setzt sich zum Ziel, durch mehrere Optimierungsschritte<br />

die Effizienz <strong>der</strong> <strong>Positronenquelle</strong> zu erhöhen. Dabei soll die Strahlintensität gesteigert<br />

und die Strahlqualität verbessert werden. Der erste Schritt zur Intensitätserhöhung<br />

ist die Konditionierung des primären Positronenquellsektors durch eine Sauerstoffbehandlung.<br />

Im Anschluss daran wird ein Optimierungsalgorithmus mit LabView umgesetzt,<br />

so dass sämtliche zur Strahlführung benötigten Geräte automatisch optimal<br />

eingestellt werden können. Daneben ist es nötig, die Informationen, die verschiedene<br />

Geräte liefern, auszulesen und ges<strong>am</strong>melt darzustellen. Dazu zählen eine Temperaturund<br />

Drucküberwachung, bei einigen Geräten zusätzlich ein Strom- und Spannungsverlauf<br />

sowie die Messeinrichtungen für die Positronenrate und für die Qualität des Strahls.<br />

Diese erstellten Optimierungswerkzeuge werden zum Abschluss an <strong>der</strong> neu aufgebauten<br />

<strong>Positronenquelle</strong> <strong>NEPOMUC</strong> angewandt und die Ergebnisse <strong>der</strong> Optimierung ausgewertet.<br />

Seite 2


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

2 Grundprinzipien <strong>der</strong> Positronenphysik<br />

2.1 Kernphysikalische Prinzipien <strong>der</strong> Positronenerzeugung<br />

Die erste Abbildung eines Positrons gelang An<strong>der</strong>son in einer Nebelk<strong>am</strong>mer bei <strong>der</strong><br />

Untersuchung kosmischer Höhenstrahlung im Jahr 1933 (siehe Abbildung 2.1).<br />

Abbildung 2.1: Ein einfach positiv geladenes Teilchen trifft auf eine dünne Bleiplatte und<br />

verliert dabei kaum kinetische Energie. Es kommt ungefähr zehn Mal so<br />

weit wie es ein Proton nach <strong>der</strong> Bleiplatte könnte. An<strong>der</strong>son erkennt<br />

dieses Teilchen korrekt als Positron [2].<br />

Positronen können entwe<strong>der</strong> über einen β + -Zerfall o<strong>der</strong> über Paarbildung erzeugt werden.<br />

Während <strong>der</strong> β + -Zerfall in vielen Laboren wegen seiner schnellen, einfachen und<br />

kostengünstigen Einsetzbarkeit verwendet wird, muss, sobald ein um Größenordnungen<br />

intensiverer Positronenstrahl gefor<strong>der</strong>t ist, das Prinzip <strong>der</strong> Paarbildung ausgenutzt werden.<br />

2.1.1 β + -Zerfall<br />

Beim β + -Zerfall zerfällt ein Mutterkern in einen Tochterkern, ein Positron und ein Elektronenneutrino.<br />

Jedes <strong>der</strong> drei entstehenden Teilchen erhält einen Teil <strong>der</strong> frei werdenden<br />

kinetischen Energie, so dass das Positronenspektrum kontinuierlich ist. Bei <strong>NEPOMUC</strong><br />

wird häufig eine 22 Na-Quelle für Kalibrationen, einen Labor-Positronenstrahl, für Lebensdauermessungen<br />

und für das Experiment ACAR verwendet. Daher wird diese Quelle<br />

im Folgenden etwas genauer betrachtet. Abbildung 2.2 zeigt das Zerfallsschema des<br />

verwendeten Natrium-Isotopes.[4]<br />

Seite 3


2.1. KERNPHYSIKALISCHE PRINZIPIEN DER POSITRONENERZEUGUNG<br />

Abbildung 2.2: Zerfallsschema des 22 Na-Isotopes. Mit 90%-iger Wahrscheinlichkeit findet<br />

<strong>der</strong> Übergang des Natriums in angeregtes Neon unter Emission eines<br />

Positrons von 546 keV statt.<br />

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% zerfällt 22 Na in einen angeregten Zustand von<br />

22 Ne ⋆ unter Emission eines Positrons mit 546 keV. Kurz darauf geht das 22 Ne ⋆ unter<br />

Emission eines prompten G<strong>am</strong>maquants von 1275 keV in den Grundzustand über. Der<br />

direkte Übergang vom Natrium zum Neon im Grundzustand ist sehr unwahrscheinlich<br />

und spielt für die Positronenerzeugung keine merkliche Rolle. Das emittierte 1275 keV<br />

Photon wird oft als Startsignal für Lebensdauermessungen herangezogen werden, da<br />

dieses stets nur 3.7 ps nach <strong>der</strong> Emission eines Positrons auftritt.<br />

2.1.2 Paarbildung<br />

Wie zuvor erwähnt reicht die Positronenrate eines natürlichen β + -Strahlers für viele<br />

Anwendungen nicht aus. Dies liegt einerseits an einem zu geringen Signal-Rausch-<br />

Verhältnis, das bei zu wenig Positron-Elektron-Annihilationen pro Sekunde auftritt, an<strong>der</strong>erseits<br />

an <strong>der</strong> zufälligen Richtungs- und Energieverteilung <strong>der</strong> emittierten Positronen.<br />

Die sogenannte Paarbildung, die gemäß Formel 2.1 abläuft, erzeugt ein Elektron und ein<br />

Positron aus einem energiereichen G<strong>am</strong>maquant. Dabei muss dessen Energie mindestens<br />

<strong>der</strong> Ruheenergie <strong>der</strong> beiden entstehenden Teilchen entsprechen und ein elektrisches<br />

Wechselwirkungsfeld wie das von einem Atomkern vorliegen.<br />

γ → e + + e −<br />

(2.1)<br />

Das G<strong>am</strong>maquant benötigt also bei einer Ruheenergie von 511 keV pro Teilchen min-<br />

Seite 4


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

destens eine Energie von 1022 keV, d<strong>am</strong>it Paarbildung stattfinden kann. Überschüssige<br />

Energie wird als kinetische Energie auf die beiden entstehenden Teilchen und dem beteiligten<br />

schweren Nukleon in <strong>der</strong> Nähe verteilt. Dasselbe gilt für die Impulse, so dass<br />

insges<strong>am</strong>t sowohl <strong>der</strong> Ges<strong>am</strong>timpuls, als auch die Ges<strong>am</strong>tenergie erhalten bleiben. Die<br />

Wahrscheinlichkeit für die Paarbildung steigt proportional mit <strong>der</strong> Energie des G<strong>am</strong>maquants<br />

und mit dem Quadrat <strong>der</strong> Ordnungszahl Z des Kerns, weshalb Festkörper mit<br />

hohem Z für diese Anwendung zu bevorzugen sind [5].<br />

Um nun hohe Positronenraten zu erhalten, müssen entsprechend viele G<strong>am</strong>maquanten<br />

zur Verfügung stehen. Dies setzt entwe<strong>der</strong> hochenergetische Bremsstrahlung o<strong>der</strong> einen<br />

Kernreaktor und Neutroneneinfang voraus. Die <strong>Positronenquelle</strong> in Garching beruht auf<br />

dem Reaktorprinzip, daher soll im Folgenden die Funktionsweise <strong>der</strong> <strong>NEPOMUC</strong> -Quelle<br />

genauer beleuchtet werden.<br />

<strong>NEPOMUC</strong><br />

Am ” High Flux Be<strong>am</strong>” Reaktor (HFBR) in Grenoble wurde das Prinzip <strong>der</strong> Positronenerzeugung,<br />

das jetzt bei <strong>NEPOMUC</strong> verwendet wird, erstmalig als Testaufbau umgesetzt.<br />

Verwendet wurden Schichten aus Titan und Platin, wobei Titan einen Wirkungsquerschnitt<br />

für Neutronenabsorption von σ = 7, 9 barn hat und über die Kernreaktion<br />

48 Ti(n, γ) 49 Ti hochenergetische G<strong>am</strong>maquanten erzeugt. Die Platinschichten dienten als<br />

eigentliche <strong>Positronenquelle</strong>, da sie mit einer Ordnungszahl von Z = 78 die Paarbildung<br />

unterstützen [6].<br />

Im Artikel zur intensiven <strong>Positronenquelle</strong> im MeV-Bereich in Grenoble wurde ein<br />

weiteres Konzept für eine <strong>Positronenquelle</strong> mit mo<strong>der</strong>ierten, also langs<strong>am</strong>en monoenergetischen<br />

Positronen, vorgestellt. Dieses zweite Konzept sollte Cadmium an Stelle des<br />

Titans verwenden, da Cadmium einen Wirkungsquerschnitt für Neutronenabsorption<br />

von σ = 20600 barn besitzt und d<strong>am</strong>it um Größenordnungen effektiver ist. Vierzehn<br />

Jahre später konnte <strong>NEPOMUC</strong> <strong>am</strong> <strong>FRM</strong> <strong>II</strong> in Garching in Betrieb genommen werden.<br />

In Abbildung 2.3 ist <strong>der</strong> ges<strong>am</strong>te Aufbau von 2004 im Querschnitt dargestellt [7].<br />

Auf <strong>der</strong> Innenseite <strong>der</strong> Reaktorwand befindet sich das Strahlrohr, das intern die Bezeichnung<br />

SR11 trägt. Prinzipiell sind Strahlrohre aus drei Teilen aufgebaut: Einer<br />

äußeren dichten Metallhülle, die üblicherweise als Strahlrohr bezeichnet wird, da man<br />

nur diese von außen sieht. Darunter liegt das Experimentierrohr mit einer aufgebrachten<br />

Helixspule (Solenoid), das innerste Bauteil ist das Potentialrohr. Das SR11 ragt unter<br />

einem Winkel von 42 zur Senkrechten in den Mo<strong>der</strong>atortank hinein. Es ist direkt auf<br />

das Brennelement gerichtet und mit schwerem Mo<strong>der</strong>atorwasser umgeben. Auf <strong>der</strong> Außenseite<br />

<strong>der</strong> Reaktorwand sind die oben erwähnten Einrichtungen zur Materialanalyse<br />

an ein ” Positronenleitungssystem” angeschlossen. Dieser Aufbau konnte erfolgreich sechs<br />

Jahre verwendet werden und zeigte, dass Bedarf an einem noch intensiveren Positronenstrahl<br />

bestand. Ab 2010 begannen einige Umbauten, die insges<strong>am</strong>t zu <strong>der</strong> im folgenden<br />

Abschnitt beschriebenen aktuellen <strong>Positronenquelle</strong> führten.<br />

Seite 5


2.1. KERNPHYSIKALISCHE PRINZIPIEN DER POSITRONENERZEUGUNG<br />

Abbildung 2.3: Man erkennt die dicke Reaktorwand und die Strahlrohrnase links unten,<br />

die genau auf das Brennelement des Reaktors gerichtet ist. Dort werden<br />

die Positronen erzeugt und zur Experimentierplattform rechts oben<br />

abgeleitet.<br />

Seite 6


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

2.2 Aufbau und Funktionsweise von <strong>NEPOMUC</strong><br />

2.2.1 Strahlrohr<br />

Die Strahlrohrnase ganz vorne im SR11 ist das Bauteil, in dem die Erzeugung hochenergetischer<br />

Photonen stattfindet. In Abbildung 2.4 ist die aktuell verwendete Strahlrohrnase<br />

(sowie die darunter liegendenen Nasen des Experimentierrohres und des Potentialrohres)<br />

im Querschnitt zu sehen.<br />

Abbildung 2.4: Außen befindet sich das Strahlrohr, direkt darunter eine Cadmium-<br />

Kappe. Im Experimentierrohr sind die Platinstrukturen sowie die Platinkappe<br />

und das Potentialrohr untergebracht [3].<br />

In <strong>der</strong> 3 mm dicken Cadmium-Kappe werden thermische Neutronen aus dem Mo<strong>der</strong>atortank<br />

des Reaktors eingefangen und reagieren gemäß <strong>der</strong> Gleichung 2.2 unter Emission<br />

eines Photons mit einer Energie von bis zu 9 MeV [6].<br />

113 Cd(n, γ) 114 Cd (2.2)<br />

113 Cd kommt zu 12,2% in natürlichem Cadmium vor und wird aus diesem zu 80%<br />

angereichert. Dieses angereicherte 113 Cd in <strong>der</strong> verwendeten Kappe gewährleistet eine<br />

Betriebsdauer von 25 Jahren. Monte Carlo Simulationen ergeben einen mittleren Fluss<br />

von 2.2 · 10 14 thermischer Neutronen pro Sekunde und cm 2 an <strong>der</strong> Strahlrohrnase [8].<br />

Eine übermäßige Erhitzung <strong>der</strong> Cadmiumkappe durch den selbstverursachten permanenten<br />

Beschuss mit hochenergetischer G<strong>am</strong>mastrahlung (γ − heating) wird durch gute<br />

Wärmekontakte zum Mo<strong>der</strong>atorwasser unterbunden. Dies ist zugleich eine <strong>der</strong> wesentlichen<br />

Aufgaben des ges<strong>am</strong>ten Strahlrohrs neben dem Schutz vor eindringendem D2O.<br />

Seite 7


2.2.2 Experimentierrohr<br />

2.2. AUFBAU UND FUNKTIONSWEISE VON <strong>NEPOMUC</strong><br />

Das Experimentierrohr liegt direkt unter dem Strahlrohr und ist für die Positronenstrahlführung<br />

verantwortlich. Dies wird über ein Ultra-Hochvakuum im Inneren sowie<br />

äußere Spulen (Solenoide) erreicht. Um Störeffekte wie das Erdmagnetfeld o<strong>der</strong> Inhomogenitäten<br />

im strahlführenden Magnetfeld zu kompensieren, sind in regelmäßigen<br />

Abständen vertikale und horizontale Korrekturspulen angebracht. Eine beson<strong>der</strong>e Rolle<br />

kommt <strong>der</strong> Spitze (häufig auch: Nase) des Experimentierrohres zu, da hier entstehende<br />

Wärme durch einen guten Wärmekontakt zum Strahlrohr an den Mo<strong>der</strong>atortank<br />

abgegeben wird und mehrere Thermoelemente permanent aktuelle Temperaturdaten<br />

liefern. Zwischen dem Experimentierrohr und dem Strahlrohr ist eine Helium-<br />

Schutzgasatmosphäre, die einerseits den Wärmetransport erleichtert und an<strong>der</strong>erseits<br />

selbst nicht durch Neutronenstrahlung aktivierbar ist. Ferner verhin<strong>der</strong>t sie ungewollte<br />

chemische Reaktionen, die zu Materialzerstörung führen können.<br />

2.2.3 Potentialrohr<br />

Dem Potentialrohr kommt die Aufgabe zu, das Potential des Positronenstrahls einstellbar<br />

zu gestalten, so dass die kinetische Energie des Strahls unabhängig von <strong>der</strong> Ges<strong>am</strong>tenergie<br />

ist. Dies ist nötig, da je<strong>der</strong> Potentialunterschied zwischen zwei Abschnitten beschleunigend<br />

o<strong>der</strong> verzögernd auf Positronen wirkt, insges<strong>am</strong>t aber ein langs<strong>am</strong>er Strahl mit<br />

konstant 210 eV kinetischer Energie vorliegen soll.<br />

Ebenfalls wichtig ist <strong>der</strong> Kopf des Potentialrohres, <strong>der</strong> die eigentliche <strong>Positronenquelle</strong><br />

darstellt. Er besteht aus vier voneinan<strong>der</strong> isolierten Bereichen, die hintereinan<strong>der</strong> angeordnet<br />

sind. Der erste ist eine Platinkappe und kann auf ein beliebiges Potential gesetzt<br />

werden. Die drei folgenden Abschnitte sind Platinlinsen mit speziellen Strukturen, die<br />

ebenfalls auf beliebige Potentiale gesetzt werden können. In <strong>der</strong> Praxis hat sich gezeigt,<br />

dass durch den intensiven G<strong>am</strong>mabeschuss die Isolatoren zu variablen parasitären<br />

Wi<strong>der</strong>ständen werden und d<strong>am</strong>it bei <strong>der</strong> Potentialeinstellung einige Beson<strong>der</strong>heiten zu<br />

beachten sind, auf die im weiteren Verlauf <strong>der</strong> Arbeit noch genauer eingegangen wird.<br />

Das Schema zur Positronenerzeugung ist in Abbildung 2.5 dargestellt.<br />

Die hochenergetischen G<strong>am</strong>maquanten, die in <strong>der</strong> Cadmium-Kappe durch Neutroneneinfang<br />

entstehen, treffen auf den Platinkopf des Potentialrohrs, in dem die Positronen<br />

über Paarbildung entstehen. Im Platin werden sie zugleich thermalisiert. Das bedeutet,<br />

sie verlieren durch Wechselwirkung mit den umgebenden Atomen und mit Phononen<br />

so viel kinetische Energie, dass sie im thermischen Gleichgewicht zum umgebenden<br />

Festkörper stehen. Diffundieren diese Positronen nun an die Oberfläche, werden sie mit<br />

einem konstanten Betrag kinetischer Energie senkrecht zur Oberfläche emittiert, da Platin<br />

für Positronen eine negative Austrittsarbeit besitzt. Solche Positronen nennt man<br />

mo<strong>der</strong>iert und sie sind durch eine geringe, also thermische Winkel- und Energieverteilung<br />

gekennzeichnet.<br />

Neben diesen mo<strong>der</strong>ierten Positronen können auch nicht-mo<strong>der</strong>ierte Positronen entstehen<br />

o<strong>der</strong> gar keine, falls das Photon einfach durch die Platinkappe hindurchfliegt.<br />

Einige <strong>der</strong> schnellen Positronen können zwar noch in den nächsten drei dünnen Platin-<br />

Seite 8


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

Abbildung 2.5: Schema <strong>der</strong> Erzeugung mo<strong>der</strong>ierter Positronen: In <strong>der</strong> Cadmiumschicht<br />

werden thermische Neutronen eingefangen und hochenergetische Photonen<br />

emittiert. Diese treffen auf die Platinkappe, in <strong>der</strong> Elektron-Positron<br />

Paare produziert werden. Durch das anliegende Potential werden die Positronen<br />

nun abgesaugt und treffen neben weiteren Photonen auf die<br />

nächste Platinschicht, die schnelle Positronen mo<strong>der</strong>iert und weitere<br />

Paarbildung ermöglicht. [9].<br />

Seite 9


2.3. POSITRONEN IN FESTKÖRPERN<br />

linsen (125 µm) mo<strong>der</strong>iert und zusätzliche Positronen durch nichtabsorbierte Photonen<br />

in diesen Linsen erzeugt werden, jedoch spielen diese Effekte für die Strahlintensität<br />

keine nennenswerte Rolle.<br />

Eine weitere wichtige Aufgabe des Potentialrohrkopfes ist <strong>der</strong> Abtransport <strong>der</strong> Positronen,<br />

<strong>der</strong> über die Potentiale gewährleistet wird. Diese werden von Linse zu Linse<br />

verringert, so dass ein positives Teilchen im Spalt zwischen zwei Linsen eine fokussierende<br />

Vorwärts-Beschleunigung erfährt, ein negatives Teilchen dagegen eine in Richtung<br />

des Reaktors [8].<br />

Insges<strong>am</strong>t soll durch die aktuelle <strong>Positronenquelle</strong> ein Positronenstrahl erzeugt werden,<br />

<strong>der</strong> <strong>am</strong> Ende von SR11<br />

eine Intensität 3·10 9 o<strong>der</strong> mehr Positronen pro Sekunde erreicht<br />

einen geringen Phasenraum 1 einnimmt<br />

Diese Punkte sind zugleich auch die Zielvorgabe für die <strong>Effizienzsteigerung</strong> <strong>der</strong> <strong>Positronenquelle</strong>,<br />

die Thema dieser Arbeit ist.<br />

2.3 Positronen in Festkörpern<br />

Wenn Positronen in einen Festkörper eindringen, das heißt in die mit Defekten versehene<br />

Gitterstruktur eines Mediums, können eine ganze Reihe von Effekten auftreten.<br />

Da diese Effekte für Materialanalysen, die Mo<strong>der</strong>ation und letzten Endes auch für die<br />

Positronenerzeugung wichtig sind, soll dies nun genauer beleuchtet werden:<br />

Einfallende Positronen können entwe<strong>der</strong> in den Festkörper eindringen o<strong>der</strong> werden<br />

(in)elastisch reflektiert. Dringen sie ein, können sie mit Energieverlusten zurück an die<br />

Oberfläche gelangen und austreten o<strong>der</strong> vollständig thermalisiert werden. In Abbildung<br />

2.6 ist eine Auswahl relevanter Effekte als Flow-Chart dargestellt.<br />

2.3.1 Thermalisierung<br />

Die Thermalisierung geschieht in zwei Schritten: Zunächst werden die Positronen in den<br />

ersten 10 −15 s nach dem Eindringen in das Material über Anregung von gebundenen o<strong>der</strong><br />

freien Elektronen, Ionisation von Atomen und Erzeugung von Elektron-Loch-Paaren auf<br />

etwa 10 eV abgebremst. Im zweiten Schritt (10 −12 s) werden sie über Phononen- und<br />

Plasmonenanregung vollständig thermalisiert (d.h. ihre Energie beträgt etwa 25 meV).<br />

Da die Lebensdauer <strong>der</strong> Positronen im Festkörper in <strong>der</strong> Größenordnung von 10 −10 s<br />

liegt, kann man davon ausgehen, dass die meisten Positronen vollständig thermalisiert<br />

werden. Im thermalisierten Zustand diffundieren sie durch das Medium (typische Diffusionslängen<br />

liegen bei 100 nm), bis sie entwe<strong>der</strong> annihilieren, an <strong>der</strong> Oberfläche aus dem<br />

Festkörper austreten o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Oberfläche gebunden werden [8].<br />

1 Sechsdimensionaler Raum mit drei Ortskomponenten und drei Impulskomponenten, beschreibt im<br />

Prinzip einen monoenergetischen Strahl mit betragsmäßig geringen Transversalkomponenten<br />

Seite 10


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

Abbildung 2.6: Mögliche Effekte nach dem Eindringen eines Positrons in einen<br />

Festkörper. Schnelle Positronen werden entwe<strong>der</strong> reflektiert o<strong>der</strong> dringen<br />

ein. Bei <strong>der</strong> Reflektion können auch Sekundärelektronen herausgelöst<br />

werden. Positronen im Festkörper verlieren ihre Energie, bis sie entwe<strong>der</strong><br />

thermalisiert sind o<strong>der</strong> das Material mit epithermischer Restenergie wie<strong>der</strong><br />

verlassen. Im thermalisierten Zustand annihilieren sie nach einiger<br />

Zeit, es sei denn, sie sind an die Oberfläche diffundiert und verursachen<br />

die Emission eines Auger-Elektrons o<strong>der</strong> verlassen den Festkörper in einer<br />

Verbindung mit einem Elektron, die Positronium genannt wird. Auch<br />

die Emission eines langs<strong>am</strong>en Positrons ist möglich o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kurzzeitige<br />

Einfang in einen Oberflächenzustand.<br />

Seite 11


2.3.2 Annihilation und Trapping<br />

2.3. POSITRONEN IN FESTKÖRPERN<br />

Trifft das thermalisierte Positron auf ein Elektron, können beide unter Emission zweier<br />

511 keV Photonen und einem Emissionswinkel von 180 zueinan<strong>der</strong> zerstrahlen. Kleine<br />

Winkel- und Energieabweichungen können über die Impuls- und Energieerhaltung<br />

auf Impulse und Energien <strong>der</strong> beteiligten Elektronen zurückgeführt werden. So können<br />

strukturelle Informationen über die elektronische Struktur im Festkörper gewonnen werden.<br />

Die Annihilation kann zwar auch unter Emission von drei o<strong>der</strong> mehr G<strong>am</strong>maquanten<br />

stattfinden, jedoch wird die Wahrscheinlichkeit für solch einen Prozess mit jedem<br />

zusätzlich emittierten Photon immer geringer. Bereits die Drei-Photon-Annihilation (3γ-<br />

Zerfall) ist um den Faktor 370 unwahrscheinlicher als die Zwei-Photon-Annihliation [10].<br />

Der Annihilationszeitpunkt verzögert sich, wenn das Positron an einem Defektplatz<br />

eingefangen wurde, da die Elektronendichte an Leerstellen geringer ist als in <strong>der</strong> intakten<br />

Gitterstruktur.<br />

Abbildung 2.7: Ein thermalisiertes Positron diffundiert um mehrere Gitterplätze weiter,<br />

bevor es im Potentialtopf eines Defekts eingefangen wird und dort bis<br />

zur Anniliation bleibt.<br />

Defekte wie Korngrenzen, Versetzungen o<strong>der</strong> Leerstellen weisen sich durch größere Bereiche<br />

mit fehlen<strong>der</strong> positiver Ladung aus und stellen für Positronen tiefe Potentialtöpfe<br />

dar (Unterschied zum perfekten Gitter sind wenige eV), aus denen sie bis zur Annihilation<br />

nicht mehr entkommen können. Dieser Vorgang ist in Abbildung 2.7 dargestellt und<br />

wir als ” Trapping” bezeichnet [11].<br />

2.3.3 Positronium-Bildung<br />

Anstatt zu annihilieren kann das Positron auch eine wasserstoffähnliche Verbindung<br />

mit einem Elektron eingehen. Dabei nimmt das Positron die Rolle des einfach positiv<br />

Seite 12


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

geladenen Protons ein, mit dem Unterschied, dass es die gleiche Masse wie das Elektron<br />

hat. Dieses System wird als Positronium (Ps) bezeichnet und hat eine Bindungsenergie<br />

von -6,8 eV und einen Bindungsradius von circa 1˚A. Mit einem weiteren Elektron erhält<br />

man Ps − , also einem Schwerpunktsystem aus einem Positron und zwei Elektronen [10].<br />

2.3.4 Wirkung eines Mo<strong>der</strong>ators<br />

Wie zuvor beschrieben diffundieren thermalisierte Positronen durch den Festköper. Ein<br />

Teil wan<strong>der</strong>t folglich auch wie<strong>der</strong> an die Oberfläche zurück, bei dünnen Schichten sogar<br />

ein erheblicher Anteil. Für thermische Elektronen stellt die Oberfläche normalerweise ein<br />

unüberwindbares Hin<strong>der</strong>nis dar, einerseits wegen des Dipolpotentials D, das durch den<br />

Grenzübergang von <strong>der</strong> Oberfläche zum Vakuum verursacht wird, an<strong>der</strong>erseits durch<br />

das chemische Potential µ <strong>der</strong> Atomrümpfe und Hüllenelektronen. In <strong>der</strong> Summe entsprechen<br />

diese Potentiale <strong>der</strong> Austrittsarbeit φ − des Elektrons aus dem Medium und<br />

sind zus<strong>am</strong>men positiv. Das bedeutet, man muss diese Arbeit verrichten, um ein freies<br />

Elektron zu erzeugen. Das chemische Potential wirkt sowohl auf Elektronen wie auch<br />

auf Positronen identisch, allerdings ist das Dipolpotential für Positronen negativ, weshalb<br />

bei manchen Materialien die Summe <strong>der</strong> Potentiale einen negativen Wert annimmt.<br />

D<strong>am</strong>it ist die Austrittsarbeit φ + für Positronen bei diesen Stoffen negativ und ein Oberflächenpositron<br />

wird mit einem definierten Energiewert (wenige eV) emittiert. Dies ist<br />

das Grundprinzip <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ation und ist essentiell für die Erzeugung eines monoenergetischen<br />

Strahls mit geringen Transversalkomponenten [11].<br />

Typische Mo<strong>der</strong>atoren mit negativen Austrittsarbeiten sind Wolfr<strong>am</strong> und Platin, wobei<br />

Platin wegen seiner hohen Wi<strong>der</strong>standskraft in aggressiven Milieus und <strong>der</strong> Möglichkeit<br />

zum Ausheilen von Defekten bei bereits 500 K bei <strong>NEPOMUC</strong> eingesetzt wird.<br />

2.4 Prinzipien <strong>der</strong> Strahlführung<br />

Unmittelbar nach <strong>der</strong> Erzeugung <strong>der</strong> Positron-Elektron Paare müssen die Positronen<br />

” abgesaugt” und zu einem Strahl geformt werden, <strong>der</strong> dann zu den Experimenten gelenkt<br />

wird. Da es sich beim Positron um ein geladenes und leichtes Teilchen handelt, kann<br />

dies mit elektrostatischen und magnetischen Fel<strong>der</strong>n erreicht werden. Die elektrischen<br />

Potentiale dienen hauptsächlich <strong>der</strong> Anpassung <strong>der</strong> kinetischen Energie und <strong>der</strong> Fokussierung,<br />

die magnetischen Fel<strong>der</strong> sorgen für die eigentliche Strahlführung, das heißt, sie<br />

leiten den Strahl um Kurven und halten ihn von <strong>der</strong> Wand des innersten Rohres fern.<br />

2.4.1 Elektrostatische Führung<br />

Gerät ein Positron in ein elektrisches Feld, so erfährt es eine Kraft in Richtung <strong>der</strong> Feldlinien.<br />

Um nun die kinetische Energie <strong>der</strong> Positronen zu erhöhen, werden im einfachsten<br />

Fall zwei voneinan<strong>der</strong> isolierte, leitende Rohrstücke verwendet, an denen verschiedene<br />

elektrische Potentiale anliegen. Sorgt man dafür, dass das hintere <strong>der</strong> beiden Rohre<br />

ein geringeres Potential als das vor<strong>der</strong>e Stück aufweist, so werden die positiven Positronen<br />

dorthin beschleunigt. Durch die Geometrie und den kleinen Abstand zwischen<br />

Seite 13


2.4. PRINZIPIEN DER STRAHLFÜHRUNG<br />

den Rohrstücken wirkt dieser Aufbau wie eine dünne Linse und unterliegt ähnlichen<br />

Gesetzmäßigkeiten wie in <strong>der</strong> Optik. In Abbildung 2.8 ist die Wirkung <strong>der</strong> Linse auf<br />

Positronen als a) Beschleuniger und b) Verzögerer schematisch dargestellt. Durch geeignete<br />

Längen <strong>der</strong> Rohrstücke kann zusätzlich <strong>der</strong> radiale Abstand zur Mittelachse verringert<br />

werden, was gleichbedeutend mit einer Fokussierung ist. Folglich lassen sich die<br />

gewünschte kinetische Energie des Strahls und <strong>der</strong> Brennpunkt <strong>der</strong> Linse frei einstellen.<br />

Abbildung 2.8: Das rechte Rohrstück habe ein geringeres Potential (-) als das linke (+).<br />

Die Wirkung auf ein Positron ist a) beschleunigend und b) verzögernd<br />

für von links bzw. von rechts kommende Positronen [12].<br />

2.4.2 Magnetische Führung<br />

Solenoide<br />

Ein Solenoid ist eine dicht gewickelte Drahtspule. Die Wicklungen sind auf einem nichtmagnetischen<br />

Stahlrohr aufgebracht und erzeugen so im Inneren bei anliegendem Gleichstrom<br />

ein homogenes Magnetfeld. Für die meisten Abschnitte gilt: r ≪ l, mit dem Radius<br />

r <strong>der</strong> Spule und <strong>der</strong>en Länge l, weshalb das Feld mit dem einer langen Spule angegeben<br />

werden kann.<br />

N I<br />

B = µ0<br />

l<br />

Auf eine im Magnetfeld bewegte Ladung e wirkt dann die Lorentzkraft F L.<br />

(2.3)<br />

−→<br />

FL = e −→ v × −→ B (2.4)<br />

Dies bedeutet, solange sich das Positron parallel zu den Feldlinien des Magnetfeldes bewegt,<br />

wirkt keine Kraft. Sobald jedoch eine Transversalkomponente v⊥ quer zum Magnetfeld<br />

dazu kommt, beginnt das Positron eine Kreisbewegung zusätzlich zur Längsfortbewegung<br />

auszuführen. Diese Art <strong>der</strong> Fortbewegung nennt man Gyrieren und stellt eine Art<br />

Seite 14


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

Schraubenbewegung um die Feldlinien da, wobei <strong>der</strong> Radius dieser Schraube aus <strong>der</strong><br />

Zentrifugalkraft gefolgert werden kann.<br />

r = v⊥me<br />

(2.5)<br />

Be<br />

Normalerweise ist jedoch <strong>der</strong> Strahldurchmesser deutlich größer als <strong>der</strong> Gyrationsdurchmesser,<br />

so dass in <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong> Strahlquerschnitt trotz <strong>der</strong> Gyrationsbewegung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Positronen unverän<strong>der</strong>t bleibt. Vorteilhaft ist jedoch die Möglichkeit, Positronen<br />

auch in inhomogenen Fel<strong>der</strong>n zu führen, sofern die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Flussdichte<br />

nicht zu groß wird (man spricht von adiabatischer Strahlführung). Solche Inhomogenitäten<br />

treten zwangsläufig auf, wenn das Strahlrohr gekrümmt ist. Dadurch än<strong>der</strong>t<br />

sich die Richtung des Magnetfeldes, doch da die Positronen trägheitsbedingt in die ursprüngliche<br />

Richtung weiterfliegen, gibt es eine zusätzliche Kraft, die zu einer Drift des<br />

Strahlzentrums aus <strong>der</strong> Krümmungsebene führt. Dieser Effekt ist proportional zu v. Ein zusätzlicher Versatz wird durch den Magnetfeldgradienten in solchen gekrümmten<br />

Rohren verursacht, da die Spule auf <strong>der</strong> Innenseite <strong>der</strong> Krümmung eine höhere Wicklungsdichte<br />

als auf <strong>der</strong> Außenseite aufweist, allerdings ist dieser Effekt vernachlässigbar<br />

klein.<br />

Um solche Versätze sowie mögliche Störungen (an<strong>der</strong>e Experimente <strong>am</strong> <strong>FRM</strong> <strong>II</strong>) zu<br />

kompensieren, sind in regelmäßigen Abständen vertikale und horizontale Korrekturspulenpaare<br />

angebracht, d<strong>am</strong>it <strong>der</strong> Positronenstrahl nach einer Krümmung nicht in die<br />

Strahlrohrwand hineinläuft. Die Korrekturmagnetfel<strong>der</strong> haben teilweise gravierende Auswirkungen<br />

auf die Strahlintensität und Strahlform, weshalb hier eine feine Abstimmung<br />

<strong>der</strong> einzelnen Spulenströme sehr wichtig und bisweilen auch mühselig ist. Abhilfe soll hier<br />

ein Optimierungsalgorithmus schaffen, auf den in Kapitel 5 noch genauer eingegangen<br />

wird.<br />

Helmholtz-Spulenpaare<br />

An einigen Stellen kann auf das Experimentierrohr aus bautechnischen o<strong>der</strong> geometrischen<br />

Gründen kein Solenoid angebracht werden. In diesen Fällen wird auf Helmholtz-<br />

Spulenpaare zurückgegriffen, die außerhalb des Strahlrohrs befestigt sind. Dabei handelt<br />

es sich um zwei kurze Spulen mit hoher Wicklungszahl und relativ großem Radius R<br />

≈ 15 cm, die sich im Abstand R zueinan<strong>der</strong> befinden. Der Vorteil dieser Anordnung ist,<br />

dass im Inneren (beson<strong>der</strong>s in Achsennähe) das magnetische Feld nahezu homogen ist.<br />

Nach dem Biot-Savart-Gesetz −→<br />

dB = µ0 I<br />

4π<br />

−→ dl× −→ r<br />

r2 folgt, dass bei großen Radien auch entsprechend<br />

große Ströme fließen müssen, um ein ausreichend starkes Magnetfeld zu erzeugen.<br />

Dies ist für eine andauernde Verwendung auf Grund <strong>der</strong> hohen Wärmeentwicklung nicht<br />

ideal, weshalb auf diese Variante möglichst verzichtet wird.<br />

2.5 Detektion von Positronen<br />

Der einfachste Nachweis für Positronen geschieht über die charakteristische Annihilationsstrahlung<br />

von Positronen und Elektronen. Dazu bringt man ein materielles Auftreff-<br />

Seite 15


2.5. DETEKTION VON POSITRONEN<br />

ziel (Target) in den Strahlengang ein, in dem dann die in Abschnitt 2.3 erläuterten<br />

Vorgänge stattfinden. Die entstehenden Photonen werden mit den folgenden beiden Methoden<br />

detektiert.<br />

2.5.1 NaI-Szintillations-Detektor<br />

In vielen Anwendungsfällen reicht eine Aussage über die Strahlintensität beziehungsweise<br />

<strong>der</strong>en Än<strong>der</strong>ung aus. Beispielhaft sei hier das ” Strahlfädeln” genannt, also das sukzessive<br />

Einstellen und Nachjustieren <strong>der</strong> Spulenströme und Potentiale, um den Positronenstrahl<br />

von <strong>der</strong> Strahlrohrnase bis zum Experiment durch alle Abschnitte hindurch zu führen.<br />

Dazu wird ein NaI-Szintillations-Detektor verwendet, <strong>der</strong> ein zur Energie des auftreffenden<br />

Photons proportionales Spannungssignal liefert. Zwar hat dieser Detektor im<br />

Gegensatz zu Halbleiterdetektoren eine schlechte Energieauflösung, doch wegen seiner<br />

kurzen Erholungszeit und seiner hohen Nachweiswahrscheinlichkeit (circa 95%) ist dieser<br />

gut geeignet. Der prinzipielle Aufbau eines NaI-Detektors ist in Abbildung 2.9 gezeigt.<br />

Der NaI-Kristall ganz vorne ist für die Umwandlung eines hochenergetischen Photons<br />

in das benötigte nie<strong>der</strong>energetische Photon verantwortlich. Die Photokathodenschicht<br />

ist aus einem Alkali-Metall, da bei diesen die Austrittsarbeit für Elektronen sehr gering<br />

ist, und erzeugt so über den Photoeffekt aus einem nie<strong>der</strong>energetischen Photon ein<br />

Photo-Elektron. Dieses wird vom attraktiven Potential <strong>der</strong> ersten Dynode angezogen, wo<br />

es beim Aufschlag Sekundärelektronen freisetzt. Diese werden auf die nächste Dynode<br />

beschleunigt usw., bis zum Schluss ein messbarer Spannungspuls im 10 mV-Bereich entsteht.<br />

Abbildung 2.9: Ein hochenergetisches Photon trifft auf den NaI-Kristall und erzeugt ein<br />

nie<strong>der</strong>energetisches Photon, das in einer Photokathode über den Photoeffekt<br />

ein Photo-Elektron freisetzt. Dieses wird auf die erste Dynode durch<br />

eine angelegte Hochspannung beschleunigt, wo es Sekundärelektronen<br />

auslöst, die auf eine weitere Dynode mit noch höherem Potential beschleunigt<br />

werden. Am Ende erhält man einen messbaren Spannungspuls<br />

im 10 mV-Bereich.<br />

Der Detektor ist an eine einstellbare Hochspannungsquelle mit circa 750 V angeschlos-<br />

Seite 16


KAPITEL 2. GRUNDPRINZIPIEN DER POSITRONENPHYSIK<br />

sen und befindet sich nah <strong>am</strong> Strahlrohr auf Höhe des Targets, so dass alle eintreffenden<br />

Photonen als Spannungspulse gemessen werden. Diese Spannungspulse werden zunächst<br />

bis in den Volt-Bereich verstärkt und entwe<strong>der</strong> für einen Zähler o<strong>der</strong> für einen Multi-<br />

Channel-Analyzer (MCA) weiterverwendet. Die ges<strong>am</strong>te Messkette ist in Abbildung 2.10<br />

zu sehen. Je nach Bedarf kann das verstärkte Singal in einen Single-Channel-Analyzer<br />

(SCA) o<strong>der</strong> einen Analog-Digital-Wandler (ADC) eingespeist werden. Der SCA gibt ein<br />

logisches TTL-Signal aus (Transistor-Transistor-Logik). Der Zustand high wird ausgegeben,<br />

falls <strong>der</strong> eintreffende Spannunspuls innerhalb eines einstellbaren Bereichs liegt<br />

und low, falls er sich außerhalb befindet. Dieses TTL-Signal wird dann an einen Zähler<br />

weitergereicht, <strong>der</strong> ein entsprechendes Ereignis hinzuzählt. Auf diese Weise kann eine<br />

Annihilationsrate gemessen werden, da man gültige Signale mit dem SCA auf einen<br />

engen Energiebereich von ±40 kV um 511 keV beschränken kann.<br />

Hat man das Spannungssignal jedoch über den ADC digitalisiert, kann es an den MCA<br />

geschickt werden, wo es entsprechend seinem Wert auf einem von 2 10 Kanälen registriert<br />

wird. So lässt sich das Spektrum aller auftreffenden Photonen aufzeichnen [13].<br />

Abbildung 2.10: Der NaI-Detektor erzeugt ein 10 mV-Signal, das auf wenige Volt<br />

verstärkt wird. Wahlweise wird dann <strong>der</strong> obere Zweig o<strong>der</strong> <strong>der</strong> untere<br />

verwendet. Im oberen wird ein Single-Channel-Analyzer (SCA) eingesetzt,<br />

<strong>der</strong> eine obere und untere Spannungsgrenze festlegt und ein<br />

logisches TTL-Signal ausgibt. Dieses wird dann im Zähler registriert.<br />

Im unteren Zweig wird das Signal über einen Analog-Digital-Wandler<br />

in ein digitales Signal umgewandelt, das je nach Wert in einen an<strong>der</strong>en<br />

Kanal des Multi-Channel-Analyzers eingeordnet wird. Auf diese Weise<br />

kann das Spektrum <strong>der</strong> eintreffenden Photonen aufgenommen werden.<br />

2.5.2 MCP und Phosphorschirm<br />

Um den Positronenstrahl nicht nur auf seine Intensität, son<strong>der</strong>n auch auf seine Form hin<br />

zu bewerten, wird ein bildgebendes Verfahren verwendet. Dieses besteht aus einer ” microchannel<br />

plate” (MCP), die Sekundärelektronen erzeugt, und einem Phosphorschirm,<br />

auf dem diese Elektronen nach Auftreffen aufleuchten. Beides zus<strong>am</strong>men ist als weiteres<br />

Target konzipiert und kann bei Bedarf in den Positronenstrahl eingefahren werden.<br />

Abbildung 2.11 zeigt den prinzipiellen Aufbau <strong>der</strong> verwendeten MCP s<strong>am</strong>t Phosphorschirm.<br />

Seite 17


2.5. DETEKTION VON POSITRONEN<br />

Abbildung 2.11: Langs<strong>am</strong>e Positronen passieren das Gitter und werden beschleunigt.<br />

Schnelle Positronen treffen dann auf die Mikrokanäle, die mit einer<br />

dünnen, metallischen Schicht beschichtet sind, und erzeugen dort Sekundärelektronen,<br />

die im Mikrokanal beschleunigt werden und weitere<br />

Sekundärelektronen auslösen. Nach einem dünnen (100-150 um) Vakuumspalt<br />

kommt eine zweite MCP, die noch mehr Elektronen erzeugt.<br />

Am Ende treffen viele Elektronen auf einen Phosphorschirm und regen<br />

diesen zum Leuchten an.<br />

Zwischen <strong>der</strong> Eingangs- und Ausgangsseite <strong>der</strong> MCP liegen 1-2 kV an. Die einzelnen<br />

Kanäle haben einen Durchmesser von circa 12 µm und wirken als kontinuierliche<br />

Dynoden, ähnlich denen im zuvor beschriebenen Sekundärelektronenvervielfacher. Die<br />

Kanäle <strong>der</strong> beiden MCP’s stehen üblicherweise in einem Winkel von -8 und +8 gegenüber<br />

<strong>der</strong> Senkrechten und bewirken durch diese shevron-Struktur, dass an <strong>der</strong> zweiten<br />

MCP zusätzliche Elektronenlawinen ausgelöst werden. Die MCP’s werden im Vakuum<br />

betrieben werden, um unerwünschte Ionisation zu verhin<strong>der</strong>n. Um den Leuchtfleck<br />

noch heller und d<strong>am</strong>it kontrastreicher dazustellen, ist in geringem Abstand vor<br />

<strong>der</strong> MCP noch ein wabenförmiges Beschleunigungsgitter für die langs<strong>am</strong>en Positronen<br />

(20 eV) angebracht. Da die Positronen nun mit hoher kinetischer Energie (500 eV) in die<br />

Mikrokanäle eintreten, werden mehr Sekundärelektronen ausgelöst und <strong>der</strong> Strahlfleck<br />

erscheint noch heller. Allerdings erkennt man auch die Wabenstruktur des Gitters. Dies<br />

hat auf die Strahlqualität und <strong>der</strong>en Bewertung jedoch keinen negativen Einfluss, wenn<br />

genügend viele dieser Waben ausgeleuchtet werden [14].<br />

Seite 18


KAPITEL 3. MESSUNG DER POSITRONENRATE UND DES<br />

INTENSITÄTSMOMENTES<br />

3 Messung <strong>der</strong> Positronenrate und des<br />

Intensitätsmomentes<br />

Die <strong>Effizienzsteigerung</strong> <strong>der</strong> <strong>Positronenquelle</strong> <strong>NEPOMUC</strong> geschieht in drei inhaltlichen<br />

Schritten:<br />

1. Die zur Verfügung stehenden Detektoren werden mit LabView ausgelesen und in<br />

Progr<strong>am</strong>moberflächen zur Live-Messung <strong>der</strong> jeweiligen Daten implementiert.<br />

2. Es wird eine Progr<strong>am</strong>moberfläche geschaffen, die es ermöglicht, ges<strong>am</strong>melt die verwendeten<br />

Netzteile und Hochspannungsquellen zu kontrollieren und so alle Spulen<br />

mit Strom und alle Elektroden mit Spannung zu versehen.<br />

3. Die eigentliche Optimierung wird über zwei Methoden realisiert: Eine Sauerstoffbehandlung<br />

und ein Downhill-Simplex-Optimierungsalgorithmus.<br />

In diesem Kapitel wird nun die Vorgehensweise zur Strahlbewertung dargestellt.<br />

3.1 Messung <strong>der</strong> Strahlintensität mit dem NaI-Detektor und<br />

dem Zähler<br />

Wie in Abschnitt 2.5.1 beschrieben, liefert <strong>der</strong> NaI-Detektor zus<strong>am</strong>men mit dem Verstärker,<br />

dem SCA und dem Zähler eine Zählrate für Positronenannihilationen. Würde <strong>der</strong> ges<strong>am</strong>te<br />

Strahl im Detektor annihilieren, würden zu viele Signale auftreten und <strong>der</strong> Detektor<br />

könnte nicht mehr alle Ereignsise erfassen. Daher wird <strong>der</strong> Detektor in etwa 1 m Abstand<br />

zum Annihilationstarget aufgestellt, wodurch nur ein sehr kleiner Raumwinkel<br />

gemessen wird. Das Messsystem besitzt naturgemäß auch eine Totzeit, die jedoch über<br />

eine elektronische Totzeitkorrektur automatisch in die Zählrate eingerechnet wird. Über<br />

eine RS-232 Schnittstelle werden die Daten des Zählers mit LabView ausgelesen und<br />

wahlweise abgespeichert und/o<strong>der</strong> grafisch dargestellt. Um die Funktionalität zu testen,<br />

wurde im letzten Reaktorzyklus beim Herunterfahren des Reaktors eine Messung<br />

<strong>der</strong> Zählrate in Abhängigkeit <strong>der</strong> Reaktorleistung 20 MW auf 0 MW durchgeführt. Der<br />

Detektor wurde mit einer Spannung von 750 V betrieben. In Abbildung 3.1 ist die Absenkung<br />

<strong>der</strong> Strahlintensität über die Abnahme <strong>der</strong> Reaktorleistung zu sehen, die nicht<br />

linear verläuft. Dies liegt <strong>am</strong> Effizienzverlust des Platinmo<strong>der</strong>ators bei höheren Temperaturen,<br />

also bei hörerer Reaktorleistung.<br />

Die Messungen mit dem NaI-Detektor eignen sich sehr gut, um markante Än<strong>der</strong>ungen<br />

in <strong>der</strong> Intensität festzustellen, vor allem, wenn über mehrere Sekunden gemittelt wird, allerdings<br />

kann <strong>der</strong> Wert <strong>der</strong> Zählrate nur sehr schwer <strong>der</strong> tatsächlich vorhandenen Strahlintensität<br />

zugeordnet werden. Dies liegt hauptsächlich an <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> Fehler, die bei<br />

Seite 19


3.2. MESSUNG DER STRAHLQUALITÄT MIT DER MCP<br />

Abbildung 3.1: Abnahme <strong>der</strong> Positronenzählrate in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Leistung des<br />

Reaktors beim Herunterfahren.<br />

entsprechenden Abschätzungen in Kauf genommen werden müssten. Dazu zählen zum<br />

Beispiel Pile-Ups (gleichzeitige Ereignisse) o<strong>der</strong> 3γ-Zerfälle. Da für die Optimierung allerdings<br />

nur die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Intensität nötig war, konnte auf eine exakte Bestimmung<br />

<strong>der</strong> Positronenrate an dieser Stelle verzichtet werden. In Abschnitt 3.3 wird <strong>der</strong><br />

Vollständigkeit halber dennoch eine Abschätzung durchgeführt.<br />

3.2 Messung <strong>der</strong> Strahlqualität mit <strong>der</strong> MCP<br />

Um die Strahlqualität eines Positronenstrahls zu beschreiben, wird die Bezeichnung ” Intensitätsmoment<br />

Θ” eingeführt. Das Intensitätsmoment soll die Eigenschaft des Strahls<br />

sein, bei möglichst hoher Intensität eine ” schöne” Form zu haben. D<strong>am</strong>it ist gemeint,<br />

dass es keine großen Transversalimpulse gibt und <strong>der</strong> Strahl möglichst in Achsennähe<br />

fokussiert ist. Wichtige Par<strong>am</strong>eter sind d<strong>am</strong>it die Strahlintensität und die radiale Verteilung<br />

dieser Intensität um den Schwerpunkt des Strahls im Querschnitt sowie <strong>der</strong> Abstand<br />

dieses Schwerpunktes zum Mittelpunkt des Strahlrohres. Um daraus einen zur Optimierung<br />

verwendbaren Par<strong>am</strong>eter zu gewinnen, wird ein MCP-Aufbau wie in Abschnitt<br />

2.5.2 beschrieben verwendet.<br />

Der Leuchtfleck, den auftreffende Elektronen erzeugen, wird mit einer K<strong>am</strong>era aufgezeichnet<br />

und direkt an den Messcomputer gesendet. Jede Sekunde (o<strong>der</strong> öfter, falls<br />

<strong>der</strong> Benutzer dies so einstellt) wird das Intensitätsmoment berechnet. Dazu wird das<br />

Bild in LabView als 16-bit-Bild eingelesen und die Bilddaten wie folgt verarbeitet. Zur<br />

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KAPITEL 3. MESSUNG DER POSITRONENRATE UND DES<br />

INTENSITÄTSMOMENTES<br />

Verdeutlichung wird eine Momentaufnahme eines sehr ” unschönen” Positronenstrahls<br />

herangezogen, wie in Abbildung 3.2 zu sehen ist.<br />

Abbildung 3.2: 16-bit Bild eines sehr schlechten Positronenstrahls. Entlang <strong>der</strong> eingezeichneten<br />

Linie wurden <strong>der</strong> Grauwertverlauf dargestellt. Der Einbruch<br />

<strong>der</strong> Intensität in <strong>der</strong> Mitte ist unphysikalisch und konnte auf einen Defekt<br />

<strong>der</strong> MCP zurückgeführt werden, die daraufhin repariert wurde.<br />

Erstellen einer Kopie und Konvertierung in ein 8-bit Graustufenbild<br />

Da einige SubVI’s des Vision-Toolkits von LabView (SubVI bedeutet Sub virtual instrument,<br />

also Unterprogr<strong>am</strong>m) zur Bildbearbeitung nur 8-bit-Bil<strong>der</strong> bearbeiten können,<br />

wird zunächst eine Kopie des 16-bit-Originals erstellt und diese in ein 8-bit Bild konvertiert.<br />

Dadurch geht sehr viel Information über die Intensitätsverteilung im Bild verloren,<br />

daher darf dieses Bild nur für die Objekterkennung und Flächenberechnung herangezogen<br />

werden.<br />

Seite 21


3.2. MESSUNG DER STRAHLQUALITÄT MIT DER MCP<br />

Abbildung 3.3: 8-bit Kopie des Originals. Da nur 255 Grauwerte verwendet werden, sind<br />

die Schrittweiten zwischen den Stufen größer und ungenauer als im Originalbild.<br />

Die Kopie kann daher nicht für Intensitätsabschätzungen verwendet<br />

werden.<br />

Seite 22


KAPITEL 3. MESSUNG DER POSITRONENRATE UND DES<br />

INTENSITÄTSMOMENTES<br />

Objekterkenung mit <strong>der</strong> Clustering-Methode<br />

Das 8-bit-Bild durchläuft nun das SubVI ” Zus<strong>am</strong>menhängende Objekte erkennen”, das<br />

über die Clustering-Methode 1 den Strahlfleck im Bild ausfindig macht und mit einer<br />

logischen 1 pro betroffenem Pixel markiert, <strong>der</strong> Rest des Bildes erhält eine logische<br />

0. Zusätzlich liefert das SubVI den Grenzgrauwert <strong>am</strong> Rand des Flecks, was für die<br />

Rauschentfernung und zur Rechenzeitersparnis Verwendung findet. Das Ergebnis ist in<br />

Abbildung 3.4 zu sehen.<br />

Abbildung 3.4: Mit <strong>der</strong> Clustering-Methode wird ein zus<strong>am</strong>menhängen<strong>der</strong> Bereich erkannt,<br />

<strong>der</strong> den Strahlfleck darstellt. Die Pixel dieses Bereichs werden mit<br />

einer 1 (weiß) besetzt, <strong>der</strong> Rest bleibt leer beziehungsweise schwarz.<br />

Fläche des Flecks in Pixel<br />

Summenbildung aller weißen Pixel im binären Bild liefert die Fläche des Flecks als<br />

Pixelanzahl.<br />

Maße des Flecks in mm<br />

Da die Maße <strong>der</strong> MCP genau bekannt sind (Durchmesser 25 mm) und die Begrenzung<br />

dieser in jedem Bild erkennbar ist, kann <strong>der</strong> Durchmesser <strong>der</strong> MCP an Hand des Ori-<br />

1 Objekterkennung mit <strong>der</strong> clustering-Methode: Verwendet den k-Means-Algorithmus, <strong>der</strong> Pixel bestimmten<br />

Bereichen zuordnet in Abhängigkeit von ihrer Intensität und dem Abstand voneinan<strong>der</strong>[15]<br />

Seite 23


3.2. MESSUNG DER STRAHLQUALITÄT MIT DER MCP<br />

ginalbildes in Pixel gemessen und die mittlere Pixelbreite d<strong>am</strong>it in mm umgerechnet<br />

werden. D<strong>am</strong>it kann die Länge <strong>der</strong> längsten und kürzesten Achse des Strahlflecks in mm<br />

angegeben werden. Dazu muss allerdings <strong>der</strong> Rand <strong>der</strong> MCP zunächst gefunden werden,<br />

was über das SubVI Find circles geschieht. Dabei wird ein vom Benutzer festzulegen<strong>der</strong><br />

Suchbereich von innen nach außen entlang <strong>der</strong> Radien des Suchkreises durchsucht,<br />

bis die Unterschiede <strong>der</strong> Grauwerte aller betrachteten Pixel möglichst klein wird. Dies<br />

ist genau dann <strong>der</strong> Fall, wenn alle Pixel auf dem Rand des zu suchenden Kreises angekommen<br />

sind. Der triviale Fall, dass alle Pixel an einen dunklen Ort (also 0) gesetzt<br />

werden und d<strong>am</strong>it ebenfalls die Suchbedingung erfüllen, kann durch geeignete Einstellungen<br />

verhin<strong>der</strong>t werden. Dazu zählt zum Beispiel <strong>der</strong> notwendige Gradient von einem<br />

hellen in ein dunkleres Gebiet. Abbildung 3.5 zeigt das Ergebnis einer so durchgeführten<br />

Kalibrierung. Der dargestellte Fleck hat eine Ausdehnung von etwa 15 mm entlang <strong>der</strong><br />

längsten Achse durch den Schwerpunkt und 8 mm entlang <strong>der</strong> kürzesten.<br />

Rauschen entfernen durch Objektrandgrauwert<br />

Der Grenzgrauwert, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Fleckerkennung gefunden wurde, wird als Rauschgrenze<br />

definiert. Alle Pixel, <strong>der</strong>en Grauwerte darunter liegen, werden bei den weiteren Berechnungen<br />

nicht mehr beachtet.<br />

Schwerpunkt des Flecks<br />

Die Grauwerte im 16-bit Bild dienen zur Berechnung des Schwerpunktes. Dies geschieht<br />

über die allgemeingültige Schwerpunktsformel.<br />

<br />

S =<br />

Summe <strong>der</strong> Grauwerte im Fleckbereich<br />

riIi<br />

i<br />

<br />

Ii<br />

i<br />

(3.1)<br />

Im Histogr<strong>am</strong>m des Bildes wird die Summe über alle Grauwerte, die oberhalb <strong>der</strong> Grenze<br />

liegen, gebildet. Das Ergebnis ist ein Maß für die Intensität des Strahlflecks und wird im<br />

Folgenden abkürzend direkt als ” Intensität I” bezeichnet.<br />

Berechnung des Intensitätsmomentes Θ<br />

Einerseits soll die Fläche des Flecks möglichst klein und kreisförmig werden, an<strong>der</strong>erseits<br />

soll die Intensität I so hoch wie möglich sein. Dazu wird in Analogie zum<br />

Trägheitsmoment ein Intensitätsmoment Θ(r, I) ≡ <br />

r2 j Ij definiert, das einen kleinen<br />

Wert erzeugt, sobald alle großen Intensitäten Ij nahe dem Schwerpunkt sind (=kreisförmig<br />

und klein) und einen größeren, falls hohe Intensitäten unförmig in <strong>der</strong> Fläche verteilt<br />

sind (zum Beispiel eine Art Bananenform des Strahlflecks). Nun verhält sich dieses Intensitätsmoment<br />

bei immer schwächer werden<strong>der</strong> Intensität genauso, als würde <strong>der</strong> Strahl<br />

Seite 24<br />

j


KAPITEL 3. MESSUNG DER POSITRONENRATE UND DES<br />

INTENSITÄTSMOMENTES<br />

Abbildung 3.5: Grün ist <strong>der</strong> vom Benutzer eingestellte Suchbereich, in dem <strong>der</strong> Kreis<br />

liegen muss. Gelb sind die Pixel, die die Bedinungen erfüllen und rot ist<br />

<strong>der</strong> Kreis, von dem die gelben Punkte alle den gleichen Abstand (mit<br />

minimalstem Fehler) haben. Der rote Kreis liegt d<strong>am</strong>it genau auf dem<br />

Rand <strong>der</strong> MCP und liefert einen Kalibrierfaktor, um die Pixelbreite in<br />

eine reale Breite umzurechnen. Der Wert wurde in dem dargestellten Bild<br />

zu 0.0222 mm/Pixel ermittelt.<br />

Seite 25


3.2. MESSUNG DER STRAHLQUALITÄT MIT DER MCP<br />

immer kleiner und run<strong>der</strong> werden. Dieses Verhalten ist vergleichbar mit dem Verschwinden<br />

von Masse aus einem Körper, was das Trägheitsmoment naturgemäß verringert und<br />

ist bei <strong>der</strong> Strahlbewertung vollkommen untauglich, da ein Intensitätsverlust meistens<br />

unerwünscht ist. Umgekehrt bedeutet ein Intensitätszuwachs nicht zwangsläufig eine<br />

Verschlechterung des Intensitätsmomentes, was ein ansteigendes Θ implizieren würde.<br />

Ein erster einfacher Lösungsansatz ist, die Intensität als Fixwert zu setzen. D<strong>am</strong>it<br />

reduziert sich die Aufgabenstellung auf das Minimieren <strong>der</strong> Fläche. Dies berücksichtigt<br />

jedoch nicht mehr die Form an sich o<strong>der</strong> die Möglichkeit, dass die Intensität sogar steigen<br />

könnte, und wurde daher verworfen.<br />

Ein zweiter Ansatz ist, das Intensitätsmoment zusätzlich durch eine gewichtete Ges<strong>am</strong>tintensität<br />

zu teilen. Dadurch steigt das Intensitätsmoment, falls die Ges<strong>am</strong>tintensität<br />

sinkt und umgekehrt. Da die Intensität jedoch auch in den Zähler mit einfließt, gibt es<br />

nur einen schmalen Bereich, in dem diese Herangehensweise korrekt funktioniert. Bei zu<br />

kleinen Intensitäten wird Θ jedoch nach und nach auch wie<strong>der</strong> kleiner, was eine Verbesserung<br />

impliziert. Aus diesem Verhalten kann gefolgert werden, dass die Optimierung<br />

des Intensitätsmomentes keine eindeutige Lösung, son<strong>der</strong>n einen ganzen Lösungsraum<br />

besitzt, <strong>der</strong> durch eine optimale Kombination <strong>der</strong> Fläche und Intensität gefunden werden<br />

muss.<br />

Folglich wird nun sowohl die Intensität als auch die Fläche variabel gelassen und durch<br />

eine Fallunterscheidung verhin<strong>der</strong>t, dass die Intensität sinkt. Die zwei möglichen Fälle<br />

sind:<br />

1. Fall: Θ sinkt<br />

Nur I ist gesunken → Keine Verbesserung → Θ wird auf den vorherigen Wert<br />

zurückgesetzt, um eine Verschlechterung zu simulieren<br />

Fläche wird kleiner, I wird nur ein wenig kleiner o<strong>der</strong> sogar größer→ Verbesserung<br />

2. Fall: Θ steigt<br />

Nur Fläche wird größer → Keine Verbesserung<br />

I steigt an, Fläche wird nur ein wenig größer o<strong>der</strong> sogar kleiner → Verbesserung<br />

→ Θ wird auf knapp unter den vorherigen Wert gesetzt, um eine Verbesserung zu<br />

simulieren<br />

Durch diese Fallunterscheidung wird das Intensitätsmoment Θ immer dann kleiner, wenn<br />

sich die Strahlform und evtl. auch die Strahlintensität verbessert und größer, wenn sich<br />

Form o<strong>der</strong> Intensität verschlechtern - mit jeweils einer kleinen Toleranz. Θ ist d<strong>am</strong>it <strong>der</strong><br />

Par<strong>am</strong>eter, <strong>der</strong> in Kapitel 5 als Entscheidungskriterium für die Qualitätsoptimierung<br />

herangezogen wird.<br />

Seite 26


KAPITEL 3. MESSUNG DER POSITRONENRATE UND DES<br />

INTENSITÄTSMOMENTES<br />

3.3 Vergleichsmessung mit dem Multichannel-Analyzer<br />

Der Multi-Channel-Analyzer ist ein geeignetes Werkzeug, um die tatsächliche Intensität<br />

des Positronenstrahls zu messen. Der Messaufbau wurde in Abschnitt 2.5.1 beschrieben,<br />

wobei <strong>der</strong> NaI-Detektor in 1,05 m Abstand zum Strahlrohr fixiert ist, um nur in einem<br />

geringen Raumwinkel zu detektieren. Dies ist notwendig, da die Totzeit des Detektors<br />

verhin<strong>der</strong>t, sehr große Intensitäten zu messen. Außerdem ist um den Detektor eine Bleiummantelung<br />

und davor ein Bleikollimator mit einem Durchmesser von 25 mm sowie<br />

eine 10 mm starke Kupferplatte angebracht. Die Bleiummantelung stellt sicher, dass <strong>der</strong><br />

Detektor nur Positronen aus den Annihilationen <strong>am</strong> dafür vorgesehenen Auftreffziel detektiert.<br />

Die Kupferplatte absorbiert die charakteristische Röntgenstrahlung, die durch<br />

die hochenergetischen G<strong>am</strong>maquanten im Blei erzeugt werden.<br />

Über die bekannte Aktivität A eines von Aluminiumplättchen umgebenen 22 Na -<br />

Punktstrahlers mit A = 2.22·10 5 Bq kann auf die tatsächliche Intensität zurückgeschlossen<br />

werden, indem dieser Punktstrahler an <strong>der</strong>selben Stelle wie das Annihilationstarget montiert<br />

wird. Die Messung <strong>der</strong> Intensität des noch nicht optimierten Positronenstrahls wird<br />

an <strong>der</strong> ersten Zugriffsstelle nach <strong>der</strong> Reaktorwand, also dem Be<strong>am</strong>-Monitor 1, vorgenommen.<br />

Zunächst wird bei ausgeschaltetem Reaktor eine Kalibrationsmessung durchgeführt.<br />

Die Messdauer beträgt 600 s. Im Anschluss wird die Kalibrationsquelle entfernt und <strong>der</strong><br />

Untergrund wird für dieselbe Zeitdauer gemessen. Im folgenden Reaktorbetrieb wird <strong>der</strong><br />

Positronenstrahl aktiviert und auf das Annihilationstarget gelenkt. Nach 600 s wird die<br />

Messung beendet und abermals <strong>der</strong> Untergrund aufgezeichnet. Über das Verhältnis <strong>der</strong><br />

untergrundbereinigten Flächen vom 511 keV-Peak des Positronenstrahls und <strong>der</strong> Kalibrationsquelle<br />

lässt sich dann die Strahlintensität abschätzen. Da neun von zehn Zerfällen<br />

<strong>der</strong> Natriumquelle genau ein Positron freisetzen, die innerhalb <strong>der</strong> Aluminiumhalterung<br />

des Isotopes mit einem Elektron annihilieren, kann die Detektion eines 511 keV-Photons<br />

auf genau ein Positron zurückgeführt werden. Die Positronenintensität ist somit auch<br />

proportional zur Aktivität <strong>der</strong> Kalibrationsquelle.<br />

Im Spektrum des Positronenstrahls treten einige zusätzliche Effekte auf, die in <strong>der</strong><br />

Kalibrationsquelle kaum vorkommen und daher die tatsächliche Intensität beeinflussen.<br />

Dazu zählen die 3γ−Zerfälle (F3γ), die über Positroniumsbildung an <strong>der</strong> Oberfläche des<br />

Aluminiumtargets entstehen. Im Kalibrationsspektrum treten diese Zerfälle nicht auf,<br />

da die hochenergetischen Positronen des 22 Na-Zerfalls kein Positronium bilden können,<br />

son<strong>der</strong>n ausnahmslos auf ihrem Weg nach außen durch das umgebende Aluminium zerstrahlen.<br />

Auch Pile-ups (FP ile−up), also die Detektion von mehreren gleichzeitigen Ereignissen,<br />

kommen im Kalibrationsspektrum aufgrund <strong>der</strong> deutlich geringeren Intensität<br />

kaum vor. Außerdem gibt es einen Anteil von reflektierten Positronen r, die gar nicht erst<br />

<strong>am</strong> Target zerstrahlen. Umgekehrt spielt <strong>der</strong> Compton-Untergrund des 1275 keV-Peaks<br />

<strong>der</strong> Kalibrationsquelle für das Spektrum des Positronenstrahls keine Rolle, da es diesen<br />

Peak im Strahlspektrum nicht gibt. Unter Berücksichtigung all dieser Effekte wird bei<br />

<strong>NEPOMUC</strong> zur Intensitätsabschätzung Formel 3.2 verwendet.<br />

Seite 27


3.3. VERGLEICHSMESSUNG MIT DEM MULTICHANNEL-ANALYZER<br />

Ie+ =<br />

I Strahl<br />

511<br />

I Kal<br />

511<br />

<br />

· A · 0, 9 · (1 + F3γ) · (1 − r) −1 · (1 + FP ile−up) (3.2)<br />

Die Grafiken 3.6 und 3.7 zeigen die gemessenen Spektren <strong>der</strong> Kalibrationsquelle und<br />

des eigentlichen Strahls. Ausgehend von diesen Spektren wird zunächst jeweils <strong>der</strong> Untergrund<br />

abgezogen, <strong>der</strong> zuvor mit dem MCA aufgezeichnet wurde. Anschließend wird<br />

<strong>der</strong> Einfluss des Compton-Effekts des 1275 keV-Peaks linear im Bereich <strong>der</strong> 511 keV-Linie<br />

abgezogen (etwa 10 counts pro MCA-Kanal und pro 600 s).<br />

Abbildung 3.6: Spektrum <strong>der</strong> 22 Na-Kalibrationsquelle. Neben den erwarteten Photopeaks<br />

bei 511 keV und 1275 keV erkennt man einen weiteren Peak <strong>am</strong><br />

Anfang, etwa bei 60 keV, <strong>der</strong> jedoch lediglich ein Artefakt <strong>der</strong> Messelektronik<br />

und kein Röntgenpeak ist. Außerdem erkennt man den erhöhten<br />

Untergrund durch den Compton-Effekt jeweils vor den Photopeaks. Für<br />

die Intensitätsbestimmung muss prinzipiell die Fläche unter dem 511<br />

keV-Peak bestimmt werden, wobei alle Störungen wie <strong>der</strong> Comptoneffekt<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Untergrund abgezogen werden.<br />

Seite 28


KAPITEL 3. MESSUNG DER POSITRONENRATE UND DES<br />

INTENSITÄTSMOMENTES<br />

Abbildung 3.7: Annihilationsspektrum des Positronenstrahls. Der größte vorkommende<br />

Peak muss bei 511 keV liegen. Für die Intensitätsbestimmung wird<br />

über diesen Peak integriert, allerdings nur über die rechte Hälte, um den<br />

3γ-Prozess für den Vergleich mit <strong>der</strong> Kalibrationsquelle herauszufiltern.<br />

Anschließend wird diese Hälfte verdoppelt. Die in Formel 3.2 vorkommenden<br />

zusätzlichen Effekte werden dann entsprechend eingerechnet.<br />

Seite 29


3.3. VERGLEICHSMESSUNG MIT DEM MULTICHANNEL-ANALYZER<br />

IStrahl 511<br />

IKal 511<br />

F3γ<br />

FP ile−up<br />

(607,17±0, 78) · 103 counts<br />

600 s<br />

(2,039±0, 045) · 103 counts<br />

600 s<br />

(45±5)%<br />

(3,4±0, 4)%<br />

r 10%<br />

Tabelle 3.1: Intensitäten und Anteile <strong>der</strong> zusätzlichen Effekte<br />

Mit den gemessenen Spektren ergeben sich die in Tabelle 3.1 dargestellten Werte.<br />

Der Anteil FP ile−up wird den Messdaten zu Abbildung 3.7 zwischen den Kanälen 400<br />

und 800 durch Integration entnommen. Der Anteil reflektierter Positronen beträgt bei<br />

Aluminium etwa 10% für einen Positronenstrahl <strong>der</strong> Energie 210 eV [16]. Der Anteil <strong>der</strong><br />

Positronen, die über den 3γ−Zerfall zerstrahlen, wird über die Abweichung <strong>der</strong> linken<br />

Flanke des Fotopeaks von <strong>der</strong> Gaußform abgeschätzt und beträgt etwa 45%.<br />

Die Unsicherheiten sind ausschließlich statistischer Natur und fließen über eine Gauß’sche<br />

Fehlerfortpflanzung in die Ges<strong>am</strong>tintensität ein. Nach Formel 3.2 ergibt sich d<strong>am</strong>it eine<br />

Positronenstrahlintensität im unoptimierten Zustand von:<br />

Seite 30<br />

Ie + = (0, 96 ± 0, 04) · 108 e+<br />

s


KAPITEL 4. OPTIMIERUNG DURCH SAUERSTOFFBEHANDLUNG UND<br />

DRUCKANPASSUNG<br />

4 Optimierung durch Sauerstoffbehandlung<br />

und Druckanpassung<br />

Der Positronenstrahl weist eine Tendenz auf, bei andauerndem Betrieb immer schwächer<br />

zu werden, obwohl an den Geräteeinstellungen nichts verän<strong>der</strong>t wird. Die Ursache ist<br />

eine fortschreitende Verschmutzung <strong>der</strong> Platinlinsen in <strong>der</strong> Strahlrohrnase. Durch die<br />

aggressive Umgebung d<strong>am</strong>pft Material von den umliegenden Oberflächen ab - ähnlich<br />

dem Prinzip des Sputterns, hier allerdings ungewollt. Diese Stoffe lagern sich dann auf<br />

den Platinlinsen ab und verhin<strong>der</strong>n mit zunehmen<strong>der</strong> Dicke immer mehr die Erzeugung<br />

monoenergetischer Positronen. Auch Kohlenwasserstoffe, die erst nach und nach aus dem<br />

Strahlrohr austreten und daher nicht sofort abgesaugt werden, tragen zur Verschmutzung<br />

bei. Konstruktionsbedingt lässt sich dies nicht verhin<strong>der</strong>n, allerdings kann, wie in diesem<br />

Kapitel dargestellt, die Verschmutzung effektiv entfernt werden. Dazu wird zunächst<br />

das ges<strong>am</strong>te Pumpen- und Rohrsystem schematisch zus<strong>am</strong>mengestellt und in LabView<br />

integriert und mit diesem Überwachungstool eine Sauerstoffbehandlung zur Reinigung<br />

durchgeführt.<br />

4.1 Druckmessung und Steuerung<br />

Jeweils im innersten Rohr von jedem Abschnitt ist ein Ultra-Hochvakuum notwendig,<br />

da dort <strong>der</strong> Positronenstrahl tatsächlich durchläuft und parasitäre Wechselwirkungen<br />

mit Gasmolekülen minimiert werden sollen. Dazu werden Scrollpumpen für ein Vorvakuum<br />

(10 −2 bis 10 −3 mbar) und Turbopumpen für das erreichbare Vakuum von bis<br />

zu 10 −9 mbar bei ausgeschaltetem Reaktor verwendet. Das ges<strong>am</strong>te Rohrsystem sowie<br />

die Pumpen und die Schieber sind in Abbildung 4.1 zu sehen. Über diese Steuerungs-<br />

Oberfläche können die in den jeweiligen Abschnitten liegenden Drücke überwacht und die<br />

Schieber per Mausklick bedient werden. Außerdem ist eine Sicherheitsabfrage integriert,<br />

wodurch Bedienfehler wie das Öffnen eines Schiebers, <strong>der</strong> zwischen Atmosphärendruck<br />

und Hochvakuum liegt, verhin<strong>der</strong>t werden sollen.<br />

Die Druckmessdaten, die von diversen Druckmessgeräten geliefert werden, werden<br />

über eine RS-232 Schnittstelle permanent ausgelesen, grafisch ausgegeben und minütlich<br />

abgespeichert, so dass eine ununterbrochene Überwachung möglich ist.<br />

4.2 Temperaturmessung<br />

Die Temperatur <strong>am</strong> Experimentierrohr darf aus Sicherheitsgründen nicht höher als 150 C<br />

sein. Daher wurden an verschiedenen Stellen an <strong>der</strong> Experimentierrohrnase Thermoele-<br />

Seite 31


4.2. TEMPERATURMESSUNG<br />

Abbildung 4.1: Grüne Abschnitte im Rohrsystem liegen innerhalb <strong>der</strong> Toleranz des<br />

Druckes, rote außerhalb. Die Schieberventile sind rot eingefärbt, wenn<br />

sie geöffnet sind und grün, wenn sie geschlossen sind. Durch ein Klick<br />

auf ein Ventil kann dieses nach Bestätigung geöffnet o<strong>der</strong> geschlossen<br />

werden.<br />

Seite 32


KAPITEL 4. OPTIMIERUNG DURCH SAUERSTOFFBEHANDLUNG UND<br />

DRUCKANPASSUNG<br />

mente angebracht und entlang des ges<strong>am</strong>ten Strahlrohrs aus dem Reaktorbereich zum<br />

Experimentierbereich geführt, wo sie an eine Messkarte im Steuercomputer angeschlossen<br />

sind. Mit einem LabView-Progr<strong>am</strong>m werden die Temperaturdaten ebenfalls wie <strong>der</strong><br />

Druck ausgelesen und minütlich abgespeichert. In Abbildung 4.2 ist <strong>der</strong> Temperaturverlauf<br />

<strong>der</strong> Thermoelemente beim Reaktorstart vom 15. Januar 2013 dargestellt, <strong>der</strong> mit<br />

dem LabView-Progr<strong>am</strong>m aufgezeichnet wurde.<br />

Abbildung 4.2: Temperaturverlauf beim Reaktorstart von vier Thermoelementen <strong>am</strong> Experimentierrohr<br />

(T1-T4) und von zwei Thermoelementen <strong>am</strong> Potentialrohr<br />

nahe den Platinlinsen (T5-T6), die durch G<strong>am</strong>ma-heating über<br />

200 Grad Celsius erreichen können. Für die Arbeitssicherheit des <strong>FRM</strong><br />

<strong>II</strong> sind die Temperaturdaten von T1-T4 relevant, die 150 Grad Celsius<br />

nicht überschreiten dürfen.<br />

4.3 Optimierung durch Sauerstoffbehandlung<br />

Wie man in Abbildung 4.1 sieht, ist ebenfalls eine Anschlussstelle für eine Sauerstoffund<br />

Stickstoffgasflasche in das Rohrsystem integriert. Bei Bedarf kann also das Vakuum<br />

über ein Feindosierventil durch eine Sauerstoff- o<strong>der</strong> Stickstoffatmosphäre (zum trockenen<br />

Belüften) mit bis zu 10 −2 mbar und einer Reinheit von 99,9999% (6.0) ersetzt<br />

werden. Dies wird nun im laufenden Reaktorbetrieb, aber bei ausgeschalteten Netzteilen,<br />

mit Sauerstoff durchgeführt. Die Sauerstoffmoleküle werden durch den Neutronenund<br />

G<strong>am</strong>mabeschuss in <strong>der</strong> Strahlrohrnase in Sauerstoffradikale aufgespalten, die sich<br />

Seite 33


4.3. OPTIMIERUNG DURCH SAUERSTOFFBEHANDLUNG<br />

sofort einen nahen Bindungspartner suchen, folglich also auch die Fremdatome auf den<br />

Platinstrukturen. Die neuen Produkte lösen sich leicht von <strong>der</strong> Oberfläche und vermischen<br />

sich im gasförmigen Zustand mit <strong>der</strong> reinen Sauerstoffatmosphäre. Anschließend<br />

wird das Rohrsystem wie<strong>der</strong> vollständig evakuiert, wodurch die Verschmutzung für eine<br />

gewisse Zeit beseitigt ist. Um die Wirks<strong>am</strong>keit dieser Behandlung zu überprüfen,<br />

wird mit dem NaI-Detektor und dem Zähler eine Messung <strong>der</strong> Zählrate durchgeführt.<br />

Die beiden nachfolgenden Grafiken 4.3 und 4.4 zeigen den Verlauf des Drucks während<br />

<strong>der</strong> Behandlung und für einige Zeit danach sowie die Verbesserung <strong>der</strong> Zählrate nach<br />

mehreren Behandlungen.<br />

Abbildung 4.3: Druckverlauf während drei kurz nacheinan<strong>der</strong> ausgeführten Sauerstoffbehandlungen.<br />

Der Druck im innersten Strahlrohr steigt für diese Zeit<br />

bis in den Millibar-Bereich und fällt dann exponentiell ab. Die Messdaten<br />

sind <strong>der</strong> kontinuierlichen Aufzeichnung des Druckes entnommen, weshalb<br />

die Zeitachse die vergangenen Minuten des entsprechenden Tages wie<strong>der</strong>spiegelt.<br />

Erst nach knapp 5 Stunden ist die Sauerstoffatmosphäre wie<strong>der</strong><br />

vollständig abgepumpt.<br />

Seite 34


KAPITEL 4. OPTIMIERUNG DURCH SAUERSTOFFBEHANDLUNG UND<br />

DRUCKANPASSUNG<br />

Abbildung 4.4: Im Verlauf einer Woche wurden mehrmals täglich Sauerstoffbehandlungen<br />

durchgeführt, wodurch die Zählrate markant anstieg. Nach <strong>der</strong> letzten<br />

Behandlung war die Zählrate 12-mal so hoch wie zu Beginn. Die linearen<br />

Verbindungslinien zwischen den Messpunkten entsprechen keiner<br />

physikalischen Realität, son<strong>der</strong>n dienen nur einem besseren Verständnis<br />

des Verlaufs. Bereits nach wenigen Stunden sinkt die Zählrate wie<strong>der</strong><br />

stark ab und ist nach einigen Tagen auf einem ähnlichen Level wie vor<br />

<strong>der</strong> Behandlung.<br />

Seite 35


4.3. OPTIMIERUNG DURCH SAUERSTOFFBEHANDLUNG<br />

Mit <strong>der</strong> Sauerstoffbehandlung lässt sich die Zählrate um den Faktor 12 steigern, allerdings<br />

ist dies kein dauerhafter Zustand, da sie unmittelbar nach <strong>der</strong> Behandlung<br />

exponentiell abnimmt, bis nach einigen Tagen nur noch weng höher als zu Beginn ist.<br />

Dennoch ist diese Methode zur Optimierung mehr als geeignet, um kurzfristig sehr hohe<br />

Intensitäten zu erzeugen. In Abschnitt 3.3 wurde eine Intensität von 0,96·10 8 Positronen<br />

pro Sekunde aus den gemessenen Spektren errechnet. Diese lag zu einem Zeitpunkt vor,<br />

an dem seit vielen Wochen keine Sauerstoffbehandlung mehr durchgeführt wurde. Durch<br />

die Behandlung wird also eine deutlich verbesserte Spitzenintensität erzielt:<br />

Ie+,O2 = 1, 15 · 109 e+<br />

s<br />

Nach einigen Sauerstoffbehandlungen, ausreichend langer Abpumpzeit und dem Ausheizen<br />

<strong>der</strong> Strahlrohre wird sich mit <strong>der</strong> Zeit ein stabiler, hoher Wert für die Intensität<br />

einstellen, da dann ein Großteil <strong>der</strong> Verschmutzungsstoffe aus dem System verschwunden<br />

sind.<br />

Seite 36


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

5 Optimierung durch Variation elektrischer<br />

und magnetischer Fel<strong>der</strong><br />

Die <strong>Positronenquelle</strong> <strong>NEPOMUC</strong> besteht zwar schon seit 2004, doch in jüngster Zeit<br />

k<strong>am</strong> es zu großen Verän<strong>der</strong>ungen, teilweise sogar zu vollständiger Neukonzipierung des<br />

ges<strong>am</strong>ten Strahlrohrsystems. Dies lag nicht nur an dem natürlichen Verbrauch <strong>der</strong> ersten<br />

Cadmium-Schicht in <strong>der</strong> Strahlrohrnase, son<strong>der</strong>n auch an dem vorliegenden Verbesserungswunsch<br />

<strong>der</strong> Intensität und Qualität des Positronenstrahls. Nachdem die neue<br />

Quellsektion Ende Dezember 2012 installiert war, konnte zum folgenden Reaktorzyklus<br />

die <strong>Positronenquelle</strong> in Betrieb genommen werden. Dazu wurden alle Spulen und Elektroden<br />

von Hand mit Strömen und Spannungen versehen und diese solange variiert,<br />

bis man an <strong>der</strong> gewünschten Stelle mit dem NaI-Detektor Annihilations-Strahlung messen<br />

konnte. Um ein besseres Verständnis für den ges<strong>am</strong>ten Aufbau zu bekommen, soll<br />

zunächst kurz auf diesen eingegangen werden. Im Anschluss folgt die Umsetzung <strong>der</strong><br />

Steuerung aller Geräte über ein LabView-Progr<strong>am</strong>m und zuletzt die Optimierung mit<br />

dem Downhill-Simplex-Algorithmus.<br />

5.1 Das Positronenleitsystem: Die ” Be<strong>am</strong>line”<br />

Das Positronenleitsystem trägt intern die Bezeichnung Be<strong>am</strong>line und besteht aus den in<br />

Abbildung 5.1 dargestellten relevanten Abschnitten. Dazu zählen:<br />

Strahlrohrnase Hier werden die Positronen erzeugt gemäß dem Prinzip aus Kapitel 2.2<br />

Strahlrohr Leitet die Positronen aus dem Bereich des Reaktors durch die Reaktorwand<br />

über eine Dreifachschikane zur Experimentierhalle. Die Dreifachschikane ist eine<br />

Kurvengeometrie, die schnelle Neutronen- und G<strong>am</strong>mastrahlung in die Reaktorwand<br />

und nicht zum Experiment laufen lässt. Dies ist unbedingt notwendig, da die<br />

Strahlrohrnase von <strong>NEPOMUC</strong> genau auf das Brennelement im Neutronenreaktor<br />

gerichtet ist.<br />

Be<strong>am</strong>-Monitor 1 Ein 6-fach-Kreuzstück (zwei Öffnungen für jeweils die x,y und z-Achse),<br />

das über entsprechende CF-Flansche an das äußerste Strahlrohr von <strong>der</strong> Quellsektion<br />

und vom nachfolgenden System hochvakuumstauglich angeschlossen ist.<br />

Die beiden Öffnungen an <strong>der</strong> Seite sind mit durchsichtigen Fenstern verschlossen<br />

und dienen für Messungen mit <strong>der</strong> MCP und dem NaI-Detektor. In den beiden<br />

Öffnungen oben und unten ist eine mechanische Führung von vier untereinan<strong>der</strong><br />

angeordneten Auftreffzielen für den Positronenstrahl und ein Anschluss für die<br />

Vakuumpumpe integriert. Über einen Schrittmotor kann die Schiene mit den vier<br />

Seite 37


5.1. DAS POSITRONENLEITSYSTEM: DIE ” BEAMLINE”<br />

Abbildung 5.1: Das ges<strong>am</strong>te Positronenleitsystem mit den wichtigsten Komponenten.<br />

Blaue Punkte stellen Hochspannungselektroden da, grüne Punkte sind<br />

Korrekturspulen und orangene Punkte sind Fürungsfeldspulen. Insges<strong>am</strong>t<br />

liegen rund 150 Schnittstellen vor, an denen eine Spannung o<strong>der</strong><br />

ein Strom über entsprechend viele Geräte angelegt werden muss.<br />

Abschnitten hoch o<strong>der</strong> runter gefahren werden. Die einzelnen Elemente sind in Abbildung<br />

5.2 skizziert. Ganz unten befindet sich eine große Durchlassöffnung, die im<br />

Normalbetrieb meistens verwendet wird. Darüber ist ein Target aus Aluminium,<br />

auf dem <strong>der</strong> Positronenstrahl auftreffen und annihilieren soll. Es folgt die MCP und<br />

eine Spiegelvorrichtung, so dass das Strahlbild seitlich projiziert wird und so mit<br />

einer K<strong>am</strong>era gefilmt werden kann. Zuletzt ist noch eine kleine Durchlassöffnung<br />

angebracht, um bei Bedarf auch mit kleineren Intensitäten (und geringerer Strahlenbelastung)<br />

experimenieren zu können.<br />

Strahlweiche 1 Durch entsprechende magnetische Fel<strong>der</strong> kann <strong>der</strong> Strahl in den oberen<br />

unter unteren Abschnitt gelenkt werden. Im oberen Abschnitt durchlaufen die<br />

Positronen noch den Remo<strong>der</strong>ator, bevor sie zu den nachfolgenden Teilen weitergeführt<br />

werden.<br />

Remo<strong>der</strong>ator Die von <strong>der</strong> Quelle st<strong>am</strong>menden Positronen sind zwar durch die Platinschichten<br />

bereits mo<strong>der</strong>iert, durch die lange Strecke und durch an<strong>der</strong>e Fremdeinflüsse<br />

jedoch nicht so monoenergetisch und fokussiert wie es manche Experimente<br />

for<strong>der</strong>n. Dafür kann <strong>der</strong> Strahl auch in den Remo<strong>der</strong>ator gelenkt werden, in<br />

dem mit Wolfr<strong>am</strong> als Mo<strong>der</strong>ator und einer speziellen Reflektionsgeometrie die auslaufende<br />

Strahlqualität maßgeblich verbessert wird. Nachteilhaft ist jedoch, dass<br />

beim Durchlaufen des Remo<strong>der</strong>ators funktionsbedingt die Ges<strong>am</strong>tintensität um<br />

Seite 38


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

Abbildung 5.2: Die einstellbaren Ziele für den Positronenstrahl von oben nach unten:<br />

Eine MCP, eine Blende mit kleinem Durchmesser 5 mm, ein Annihilationstarget<br />

aus Aluminium und eine Blende mit großem Durchmesser 25<br />

mm.<br />

eine Größenordnung abnimmt. Daher ist es von vornherein so wichtig, mit einer<br />

möglichst hohen Positronenrate in den Remo<strong>der</strong>ator hinein zu laufen.<br />

Strahlweiche 2 Führt die Strecken von <strong>der</strong> Strahlweiche 1 und dem Remo<strong>der</strong>ator wie<strong>der</strong><br />

zus<strong>am</strong>men, um ein geschlossenes System zu erhalten.<br />

Be<strong>am</strong>-Monitor 2 Identisch aufgebaut wie <strong>der</strong> erste Be<strong>am</strong>-Monitor. Ab hier wird <strong>der</strong><br />

Strahl dann zu den jeweiligen Experimenten weitergeführt, auf die in dieser Arbeit<br />

jedoch nicht näher eingegangen werden soll.<br />

5.2 Das Steuerprogr<strong>am</strong>m Be<strong>am</strong>line-control<br />

Um das Einstellen <strong>der</strong> Spannungen und Ströme einfacher zu gestalten, wurde eine Bedienoberfläche<br />

mit LabView entwickelt, die es ermöglicht, von einem einzigen PC aus<br />

alle Geräte <strong>der</strong> Be<strong>am</strong>line zu steuern, <strong>der</strong>en Feedbacks auszuwerten und die Messdaten<br />

<strong>der</strong> Detektoren für entsprechende Optimierungen zu verwenden. Außerdem sollte diese<br />

Bedienoberfläche möglichst überschaubar und verständlich konzipiert werden, d<strong>am</strong>it ein<br />

schneller Zugang zur Steuerung des Systems gefunden werden kann. Als Schnittstelle<br />

zwischen physikalischer Wirklichkeit <strong>der</strong> an den PC angeschlossenen Geräte und <strong>der</strong><br />

Progr<strong>am</strong>moberfläche wurde eine SQL-Datenbank eingerichtet, die jedem Gerät eine eindeutige<br />

ID und die physikalische Adresse zuordnet. Ferner können beliebige Par<strong>am</strong>eter<br />

zu jedem Eintrag ergänzt werden, die beispielsweise Stromobergrenzen für die Netzgeräte<br />

definieren, um die Spulen vor zu großen Strömen zu schützen. In Abbildung 5.3 ist die<br />

Progr<strong>am</strong>moberfläche, also das ” Frontpanel” dargestellt. Auf Seiten <strong>der</strong> Hardware wurden<br />

alle Geräte systematisch verkabelt und mit dem Computer verbunden. Dies wird<br />

mit zwei PCI-e Schnittstellenkarten realisiert, die zus<strong>am</strong>men sechzehn RS-485/RS-232<br />

Anschlüsse zur Verfügung stellen.<br />

Die Bedienoberfläche erleichtert die Bedienung <strong>der</strong> Be<strong>am</strong>line maßgeblich, insbeson<strong>der</strong>e<br />

beim Strahlfädeln und war Grundvoraussetzung für die im Abschnitt 5.3 beschriebene<br />

Seite 39


5.2. DAS STEUERPROGRAMM BEAMLINE-CONTROL<br />

Abbildung 5.3: So stellt sich die aktuelle Bedienoberfläche <strong>der</strong> be<strong>am</strong>line dar. Die verschiedenen<br />

Abschnitte sind jeweils in Registerkarten unterteilt, die nach<br />

Belieben aufgerufen werden. Jede Registerkarte enthält alle Bedienelemente<br />

für diesen Abschnitt, <strong>der</strong> so gesteuert wird.<br />

Seite 40


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

Optimierung. Ein spezielles Problem ist jedoch aufgetreten, als es um das Setzen <strong>der</strong><br />

Potentiale an den ersten vier Elektronen in <strong>der</strong> Strahlrohrnase ging, auf das an dieser<br />

Stelle kurz eingegangen werden soll.<br />

Parasitäre Wi<strong>der</strong>stände<br />

In <strong>der</strong> Strahlrohrnase befindet sich wie in Abschnitt 2.2 beschrieben <strong>der</strong> Potentialrohrkopf,<br />

<strong>der</strong> aus einer Platinkappe und drei Platinlinsen besteht. Diese vier Elemente sind<br />

zugleich Elektroden, so dass Hochspannung angelegt werden kann, und sind voneinan<strong>der</strong><br />

gut isoliert. Die Hochspannung wird von einer Multi-Kanal-Hochspannungsquelle<br />

(kurz: Multi-HV) erzeugt. Die Multi-HV ist so gebaut, dass sie nur als Stromquelle,<br />

aber nicht als Stromsenke funktionieren kann. Daher ist ein zusätzliches Gerät zwischen<br />

den Ausgängen <strong>der</strong> Multi-HV und den einzelnen Elektroden zwischengeschaltet, das im<br />

Wesentlichen aus einem 10 MΩ pro Leitung besteht, über den <strong>der</strong> Strom in die Erde<br />

abfließen kann. Ist <strong>der</strong> Reaktor nicht in Betrieb, können nach Belieben an alle vier<br />

Elektroden auf diese Weise verschiedene Spannungen angelegt werden. Ist <strong>der</strong> Reaktor<br />

jedoch in Betrieb, sinkt <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Isolatoren auf Grund <strong>der</strong> Ionisierung (starker<br />

G<strong>am</strong>ma- und Neutronenbeschuss) auf einen variablen Wert ab, <strong>der</strong> deutlich kleiner als<br />

die 10 MΩ ist. Abbildung 5.4 zeigt die Schaltskizze <strong>der</strong> Elektroden mit den parasitären<br />

Wi<strong>der</strong>ständen.<br />

Abbildung 5.4: Links ist sind drei Kanäle <strong>der</strong> Multi-HV dargestellt, die nur als Stromquelle<br />

wirken, rechts drei Elektroden, die über parasitäre Wi<strong>der</strong>stände<br />

verbunden sind. Dadurch wirkt sich <strong>der</strong> Strom und das Potential einer<br />

Elektrode auf die an<strong>der</strong>en aus.<br />

Die Ströme fließen also nicht mehr in die Erde, son<strong>der</strong>n zunächst in die benachbarten<br />

Elektroden und von dort in die Multi-HV. Diese schaltet sich daraufhin ab, da die interne<br />

Logik einen schwerwiegenden Fehler vermutet. Deaktiviert man diese Sicherheitslogik,<br />

so bleibt die Spannung zwar eingeschaltet, aber alle Elektroden haben nahezu dasselbe<br />

Potential und in einem echten Notfall reagiert die die Quelle gar nicht mehr.<br />

Seite 41


5.3. OPTIMIERUNG MIT DEM DOWNHILL-SIMPLEX-ALGORITHMUS<br />

Als <strong>der</strong>zeitige Lösung wird nur eine Linse mit Hochspannung versehen, die an<strong>der</strong>en<br />

Linsen werden über diese eine mitversorgt. Zusätzlich wird pro Elektrode eine kleine<br />

Top-Spannung (∼ 40V) über ein zusätzliches, auch als Stromsenke funktionierendes<br />

Gerät ergänzt, so dass das notwendige Delta zwischen den einzelnen Elektroden erzeugt<br />

werden kann. Langfristig soll entwe<strong>der</strong> eine neue Multi-HV eingesetzt werden, die als<br />

Stromsenke fungieren kann, o<strong>der</strong> eine aufwändigere Schaltung zwischen den Ausgängen<br />

und den Elektroden verwendet werden.<br />

Schrittmotorsteuerung<br />

Verwendet werden zwei Schrittmotoren, die bipolar parallel mit 0,8 A betrieben werden.<br />

Jeweils ein Endschalter sorgt für eine eindeutige Startbedingung bei 0 mm, von wo die<br />

Motoren die Führungsvorrichtung für die Auftreffziele in Be<strong>am</strong>-Monitor 1 und 2 um<br />

insges<strong>am</strong>t 95 mm heben o<strong>der</strong> senken kann. Dies wird über ein LabView-VI realisiert,<br />

das beim Initialisieren zunächst die Motoren bis zum Endschalter verfährt und dann auf<br />

Benutzereingaben wartet.<br />

5.3 Optimierung mit dem Downhill-Simplex-Algorithmus<br />

5.3.1 Der Algorithmus und seine Funktionsweise<br />

Stellt man sich die ges<strong>am</strong>te Be<strong>am</strong>line als eine Funktionsmaschine vor, die einen 150dimensionalen<br />

Vektor als Eingangswert auf eine Intensität als Funktionswert abbildet,<br />

so kann man sich ausmalen, dass die zu Grunde liegende Abbildungsvorschrift unvorstellbar<br />

kompliziert ist. Folglich ist es auch ausgeschlossen, eine Optimierung auf mathematischem<br />

Weg an Hand dieser Funktion durchzuführen. Für nichtlineare Funktionen o<strong>der</strong><br />

solche, die großen statistischen Schwankungen unterliegen, gibt es ein Verfahren, das ein<br />

Minimum o<strong>der</strong> Maximum iterativ bestimmen kann, ohne den Gradienten dieser Funktion<br />

in irgendeiner Weise zu verwenden. Dieses Verfahren wird Downhill-Simplex-Algorithmus<br />

(DHS) genannt und wurde von Nel<strong>der</strong> und Mead entwickelt [17]. Zur Veranschaulichung<br />

ist <strong>der</strong> Algorithmus in Abbildung 5.5 dargestellt.<br />

Der grundlegende Gedanke des DHS ist das systematische Strecken, Stauchen und<br />

Schrumpfen eines Simplexes in einem n-dimensionalen Raum. Der Simplex ist ein ndimensionales<br />

Polytop mit <strong>der</strong> minimal möglichen Eckpunkt-Anzahl, also (n+1) Eckpunkten.<br />

Anschaulich ist <strong>der</strong> Simplex für den zweidimensionalen Raum ein Dreieck, für<br />

den dreidimensionalen Raum ein Tetrae<strong>der</strong>, usw. Nun wird je<strong>der</strong> Eckpunkt mit einem<br />

Funktionswert belegt, und zwar genau mit dem, auf den die Koordinaten des Punktes<br />

abgebildet werden. Mit einem so konstruierten Simplex wird nun <strong>der</strong> Algorithmus so oft<br />

durchlaufen, bis die Standardabweichung aller Funktionswerte einen Grenzwert unterschreitet.<br />

Dies geschieht, wenn sich <strong>der</strong> Simplex um einen Punkt zus<strong>am</strong>men gezogen hat<br />

und nahezu kein Volumen mehr besitzt. Wenn <strong>der</strong> DHS korrekt durchgelaufen ist und<br />

<strong>der</strong> Simplex sinnvoll erstellt wurde, sollte dieser Punkt mindestens ein lokales Minimum,<br />

bestenfalls ein globales Minimum sein. Durch ein einfaches Ersetzen <strong>der</strong> Vergleichsoperatoren<br />

im Algorithmus kann dieser auch auf eine Maximierung umgebaut werden, so<br />

Seite 42


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

Abbildung 5.5: Der Downhill-Simplex-Algorithmus nach Nel<strong>der</strong> und Mead.<br />

Seite 43


5.3. OPTIMIERUNG MIT DEM DOWNHILL-SIMPLEX-ALGORITHMUS<br />

dass <strong>der</strong> Stopppunkt des DHS ein lokales o<strong>der</strong> globales Maximum ist. Die benötigten<br />

mathematischen Operationen sollen nun kurz aufgeführt werden.<br />

Schwerpunkt<br />

Der Algorithmus verlangt an vielen Stellen den Schwerpunkt des Simplexes, allerdings<br />

immer ohne den schlechtesten Punkt. Im Dreieck wäre dies die Mitte <strong>der</strong> dem schlechtesten<br />

Punkt gegenüberliegenden Seite. Schlechtester Punkt ist <strong>der</strong>jenige, welcher den<br />

größten Funktionswert beim Minimieren o<strong>der</strong> den kleinsten beim Maximieren erzeugt.<br />

Der Schwerpunkt wird in einer Dimension gemäß Formel 5.1 berechnet.<br />

<br />

r1,s =<br />

r1,imi<br />

i<br />

<br />

mi<br />

i<br />

Der Ges<strong>am</strong>tschwerpunkt s mit mi = 1 ∀i folgt aus dem Superpositionsprinzip:<br />

⎛<br />

⎜<br />

s = ⎜<br />

⎝<br />

r1,s<br />

r2,s<br />

r3,s<br />

.<br />

rn,s<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠<br />

(5.1)<br />

(5.2)<br />

Dies entspricht dem Mittelwert <strong>der</strong> Einstellungen aller zu optimierenden Geräte ohne<br />

die schlechteste Einstellung r0.<br />

Reflektion<br />

Der schlechteste Punkt r0 wird <strong>am</strong> Schwerpunkt s gespiegelt, wobei α den Abstand zu<br />

s festlegt (normal: α = 1).<br />

Expansion<br />

rRef = (1 + α)s − αr0<br />

(5.3)<br />

Wurde durch Reflektion eine Verbesserung erzielt, soll <strong>der</strong> Punkt rRef noch viel weiter in<br />

die ” gute” Richtung gebracht werden. γ steuert, wie weit noch expandiert wird (normal<br />

ist γ = 2).<br />

Kontraktion<br />

rExp = (1 − γ)s + γrRef<br />

(5.4)<br />

Wurde durch Reflektion eine Verschlechterung erzielt , wird <strong>der</strong> neue (!) schlechteste<br />

Punkt r ′ 0 näher an den Schwerpunkt herangezogen. Wie nah, regelt <strong>der</strong> Koeffizient β<br />

(häufig ist β = 0.5).<br />

Seite 44


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

Schrumpfen<br />

rKon = (1 − β)s + βr ′ 0<br />

(5.5)<br />

Bringt selbst die Kontraktion nur eine Verschlechterung des schlechtesten Punktes, wird<br />

<strong>der</strong> ges<strong>am</strong>te Simplex zum besten Punkt rbest hin geschrumpft.<br />

r ′ i = (ri + rbest)/2 (5.6)<br />

Mit diesen Operationen gelangt <strong>der</strong> DHS nach wenigen Iterationsschritten zu einer<br />

Verbesserung, die im nächsten Unterpunkt an Hand eines zweidimensionalen Problems<br />

veranschaulicht werden soll.<br />

5.3.2 Umsetzung mit LabView<br />

Die Logik des Algorithmus wurde in ein Unterprogr<strong>am</strong>m geschrieben, welches in das<br />

Hauptprogr<strong>am</strong>m <strong>der</strong> Be<strong>am</strong>line-Steuerung eingefügt wurde. Um den Algorithmus auszuführen,<br />

muss dieses Unterprogr<strong>am</strong>m mit den passenden Daten ” gefüttert” werden.<br />

Dazu zählen:<br />

Ein Expansions-, Kontraktions- und Reflektionspar<strong>am</strong>eter (γ, β, α) nach Nel<strong>der</strong><br />

und Mead<br />

Der aktuelle Messwert <strong>der</strong> Intensität o<strong>der</strong> des Intensitätsmomentes<br />

Eine Information über den nächsten auszuführenden Iterationsschritt (da alle Schritte<br />

per Fallunterscheidung in dem Unterprogr<strong>am</strong>m enthalten sind)<br />

Einen Satz mit Einstellungen für alle Geräte, um den <strong>der</strong> Simplex aufgebaut wird<br />

(=Startwerte) und Schrittweiten für die Simplexgröße (=Startdeltas). Die Startdeltas<br />

steuern dabei, wie sehr ein Gerät vor allem zu Beginn des Optimierens von<br />

seiner ursprünglichen Einstellung abweicht. Für die korrekte Funktionsweise des<br />

Algorithmus ist dieser Schritt sehr wichtig.<br />

Einige weitere progr<strong>am</strong>mrelevante Werte wie Limits für Ströme o<strong>der</strong> eine Auswahl<br />

zu optimieren<strong>der</strong> Geräte<br />

Um die Funktionalität des DHS zu testen, wurde einerseits eine Testumgebung im zweidimensionalen<br />

Raum geschaffen (so dass man die Optimierung grafisch beobachten kann)<br />

und an<strong>der</strong>erseits eine Protokollfunktion eingebaut, um die einzelnen Iterationsschritte<br />

auf Konsistenz überprüfen zu können. In Abbildung 5.6 sieht man ein von Hand gezeichnetes<br />

Graustufenbild (0-255), in dem <strong>der</strong> Algorithmus auf den Grauwert hin die<br />

Ortskoordiaten optimiert hat. Folgerichtig ist <strong>der</strong> Simplex (hier ein Dreieck) von seiner<br />

Startposition aus zu einem hohen Wert hin gewan<strong>der</strong>t.<br />

Für die dargetellte zweidimensionale Optimierung wurden 87 Iterationsschritte durchgeführt,<br />

wobei bereits nach 8 Schritten 83% des (globalen) Maximums erreicht wurden.<br />

Seite 45


5.3. OPTIMIERUNG MIT DEM DOWNHILL-SIMPLEX-ALGORITHMUS<br />

Abbildung 5.6: DHS-Maximierung <strong>der</strong> Grauwerte in Abhängigkeit von den Ortskoordinaten<br />

im zweidimensionalen Raum: Das Dreieck als Simplex findet<br />

systematisch ein lokales Maximum. Der große grüne Punkt ist <strong>der</strong> Startpunkt,<br />

um den <strong>der</strong> Simplex aufgebaut wurde. Abgebildet sind dann die<br />

einzelnen Iterationsschritte als aneinan<strong>der</strong> gereihte Dreiecke.<br />

Seite 46


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

Die Iterationen danach rühren von <strong>der</strong> Richtungsän<strong>der</strong>ung des Simplex her, die durch<br />

den Rand des Testbildes verursacht wurde, und von dem Schrumpfen des Simplex auf<br />

einen Punkt.<br />

5.3.3 Optimierung im realen Betrieb<br />

Nachdem <strong>der</strong> DHS-Algorithmus erfolgreich getestet worden ist, wurde er in das Hauptprogr<strong>am</strong>m<br />

<strong>der</strong> Be<strong>am</strong>line-Steuerung implementiert und mit den Bedienelementen ” verbunden”,<br />

so dass <strong>der</strong> Algorithmus Zugriff auf alle 150 Geräte erlangte. Ferner wurde eine<br />

Verbindung zu den Messdaten des NaI-Detektors und <strong>der</strong> MCP geschaffen, die nun wahlweise<br />

die Optimierungsgrundlage bilden. Es hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, nicht<br />

alle Geräte auf einmal optimieren zu wollen, son<strong>der</strong>n immer nur eine kleinere Auswahl,<br />

für die folglich eine Auswahlbox pro Bedienelement hinzugefügt wurde.<br />

Intensitätssteigerung <strong>am</strong> Be<strong>am</strong>-Monitor 1<br />

Für die gewünschte Optimierung <strong>der</strong> Strahlintensität <strong>am</strong> ersten Be<strong>am</strong>-Monitor vor <strong>der</strong><br />

Strahlweiche 1 wird <strong>der</strong> Zähler als Optimierungspar<strong>am</strong>eter herangezogen. Der Simplex<br />

wird um die aktuelle Einstellung, die eine Zählrate z von circa (800 ± 28) s −1 erzeugt,<br />

bei 8 Geräten mit 500mA für die Startdeltas aufgebaut. Die Geräte sind hauptsächlich<br />

Korrekturfel<strong>der</strong> sowie ein Führungsfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Strahlweiche. Die Nel<strong>der</strong>-Mead-Par<strong>am</strong>eter<br />

betragen α = 1, β = 0, 5 und γ = 1, 9. Nach dem Start wird über eine Zeitdauer von<br />

etwa 21 min die Intensität maximiert.<br />

Die durch das Optimieren erreichte Zählrate beträgt im Mitel (1376±37) s −1 , wie man<br />

in Abbildung 5.7 erkennen kann. Die Zählrate hat sich d<strong>am</strong>it um gut 70% verbessert<br />

und d<strong>am</strong>it auch die Intensität des Positronenstrahls.<br />

Verbesserung des Intensitätsmomentes <strong>am</strong> Be<strong>am</strong>-Monitor 2<br />

Bei <strong>der</strong> nächsten Optimierung geht es um die Strahlform. In Abbildung 5.8 sieht man<br />

das Bild eines Positronenstrahls, <strong>der</strong> auf die MCP im Be<strong>am</strong>-Monitor 2 trifft und dort den<br />

Phosphorschirm zum Leuchten anregt. Der Strahl ist weit aufgefächert, unförmig und<br />

dezentral und sollte, bevor er zu den nachfolgenden Experimenten weitergeleitetet wird,<br />

zunächst verbessert werden. Dazu wird <strong>der</strong> Downhill-Simplex-Algorithmus mit denselben<br />

Par<strong>am</strong>etern wie zuvor gestartet, allerdings mit weniger Geräten (die Korrekturfel<strong>der</strong>, die<br />

zur Strahlweiche 1 gehören, werden beispielsweise nicht weiter optimiert, da ihr Einfluss<br />

zu gering ist). Außerdem wird als Optimierungsgrundlage das Intensitätsmoment ausgewählt,<br />

das in einem an<strong>der</strong>en SubVI nach oben beschriebenen Prinzip berechnet und<br />

in eine globale Variable geschrieben wird.<br />

Nach 25 Iterationsschritten ergibt sich ein Strahlfleck, wie er in Abbildung 5.9 zu<br />

sehen ist. Die Fläche des Flecks ist deutlich geringer geworden und dementsprechend die<br />

Intensität pro Flächenstück größer. Die Form ist nur geringfügig kreisförmiger geworden,<br />

dafür hat sich <strong>der</strong> Fleck mehr in die Mitte <strong>der</strong> MCP bewegt. Das Intensitätsmoment ist<br />

von 3000 r.E. auf 2550 r.E. gesunken, wie man anhand Abbildung 5.10 erkennt.<br />

Seite 47


5.3. OPTIMIERUNG MIT DEM DOWNHILL-SIMPLEX-ALGORITHMUS<br />

Abbildung 5.7: Zählerwerte während des Optimierungsvorganges. Die Zählrate hat sich<br />

von 800 s −1 auf 1376 s −1 verbessert, was etwa einer Intensitätssteigerung<br />

von 70% entspricht.<br />

Seite 48<br />

Abbildung 5.8: Ausgedehnter Fleck des Positronenstrahls vor <strong>der</strong> Optimierung.


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

Abbildung 5.9: Strahlfleck nach <strong>der</strong> Optimierung. Das Intensitätsmoment ist von 3000<br />

r.E. auf 2550 r.E. gesunken und entspricht <strong>der</strong> optisch sichtbaren Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Strahlform bei nahezu unverän<strong>der</strong>ter Intensität.<br />

Abbildung 5.10: Verlauf des Intensitätsmomentes während <strong>der</strong> Optimierung. Schritt für<br />

Schritt wird es kleiner und zeigt eine Verbesserung <strong>der</strong> Strahlform an.<br />

Seite 49


5.3. OPTIMIERUNG MIT DEM DOWNHILL-SIMPLEX-ALGORITHMUS<br />

5.3.4 Grenzen des Downhill-Simplex-Algorithmus<br />

Lokales o<strong>der</strong> globales Optimum?<br />

Es gibt keine eindeutige Möglichkeit zu entscheiden, ob <strong>der</strong> Algorithmus ein lokales o<strong>der</strong><br />

globales Optimum gefunden hat. Hier hilft nur die Statistik aus mehreren Optimierungsvorgängen<br />

mit zufälligen Startwerten und Startdeltas sowie zufälligen Variationen von<br />

α, β, γ.<br />

Starten von einem lokalen Optimum aus<br />

Wenn in so einem Fall die Startdeltas nicht groß genug gewählt werden, schrumpft <strong>der</strong><br />

Simplex kurz nach dem Initialisieren wie<strong>der</strong> um das lokale Optimum zus<strong>am</strong>men. Man<br />

findet dann lediglich die Spitze des Optimums, in dessen Nähe man sich sowieso aufhält.<br />

Dieses Problem tritt sehr häufig auf, da <strong>der</strong> Ausgangspunkt meistens relativ gute Werte<br />

sind. Oft hilft hier eine sinnvoll gewählte Dejustage <strong>der</strong> Geräte vom lokalen Optimum,<br />

so dass <strong>der</strong> Simplex wie<strong>der</strong> ” wan<strong>der</strong>n” kann.<br />

Rauschen größer als <strong>der</strong> Gradient <strong>der</strong> Zählrate/des Intensitätsmoments<br />

Falls die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Zählrate /des Intensitätsmoments zwischen den verschiedenen<br />

Einstellungen des Simplexes im Rauschen untergeht (zum Beispiel wenn <strong>der</strong> Simplex<br />

zu klein wird o<strong>der</strong> die Messzeit zu kurz ist), führt <strong>der</strong> Algorithmus sinnlose Iterationsschritte<br />

aus. Sobald also die Zählrate/das Intensitätsmoment nur noch zufällig schwankt<br />

(Standardabweichung als Grenzwert), stoppt <strong>der</strong> DHS und erfor<strong>der</strong>t eine manuelle Nachjustierung.<br />

Dimensionsreduzierung durch häufige Kontraktion<br />

Durch ungünstige Konstellation <strong>der</strong> Einstellungen kann es vorkommen, dass ein schlechtester<br />

Punkt in mehreren Iterationsschritten hinsichtlich einer (o<strong>der</strong> mehrerer) Dimensionen<br />

immer näher an den Schwerpunkt herangezogen wird. Dies bedeutet, dass <strong>der</strong><br />

Simplex in einer (o<strong>der</strong> mehreren) Koordinaten denselben Wert annimmt, also Geräte<br />

nicht mehr geän<strong>der</strong>t werden. Falls dies auftritt, sollte <strong>der</strong> Algorithmus neu gestartet<br />

werden.<br />

Starten mit Nullintensität<br />

Ist <strong>der</strong> Strahl so stark abgelenkt, dass es keine Zählrate mehr gibt, startet <strong>der</strong> Algorithmus<br />

nicht, da alle getesteten Einstellungen ebenfalls keine Intensität erzeugen (außer<br />

durch einen wirklich großen Zufall)<br />

Wartezeit zwischen Einstellungen und Messungen<br />

Es ist beson<strong>der</strong>s wichtig, zwischen dem Moment, in dem den Geräten neue Einstellungen<br />

übermittelt werden und <strong>der</strong> zugehörigen Messung eine ausreichend große Wartezeit einzubauen,<br />

da <strong>der</strong> Algorithmus sonst unsinnige Entscheidungen trifft und im ungünstigsten<br />

Seite 50


KAPITEL 5. OPTIMIERUNG DURCH VARIATION ELEKTRISCHER UND<br />

MAGNETISCHER FELDER<br />

Fall den Strahl deutlich verschlechtert. Dieses Verhalten konnte durch einen verborgenen<br />

Progr<strong>am</strong>mfehler genau beobachtet werden, <strong>der</strong> mittlerweile jedoch erfolgreich behoben<br />

werden konnte. Bei einer großen Anzahl einzustellen<strong>der</strong> Geräte muss die Wartezeit deutlich<br />

erhöht werden, da jedes zusätzliche Gerät die Einstelldauer erhöht.<br />

Seite 51


KAPITEL 6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />

6 Zus<strong>am</strong>menfassung und Ausblick<br />

Ziel dieser Arbeit war es, die Intensität und Qualität des Positronenstrahls <strong>der</strong> erst vor<br />

Kurzem wie<strong>der</strong> in Betrieb genommenen <strong>Positronenquelle</strong> <strong>NEPOMUC</strong> <strong>am</strong> Forschungsreaktor<br />

<strong>FRM</strong> <strong>II</strong> in Garching zu steigern. Die Qualität des Strahls wird über die Strahlform<br />

im Querschnitt bewertet, die Intensität über die Anzahl nachweisbarer 511 keV Photonen<br />

pro Sekunde. Für diese Optimierungen wurde zunächst <strong>der</strong> softwaretechnische Rahmen<br />

mit LabView geschaffen, so dass alle Geräte und Detektoren zentral von einem Computer<br />

aus gesteuert und ausgelesen werden konnten. Danach wurde ein Downhill-Simplex-<br />

Optimierungsalgorithmus <strong>am</strong> ges<strong>am</strong>ten Positronenleitsystem angewandt. Optimierungspar<strong>am</strong>eter<br />

war zum einen die Zählrate <strong>der</strong> Intensität mit Hilfe eines NaI-Detektors, zum<br />

an<strong>der</strong>en das für die Bewertung <strong>der</strong> Strahlform eingeführte Intensitätsmoment Θ des<br />

Strahls, das über eine MCP mit Phosphorschirm, einer K<strong>am</strong>era und entsprechen<strong>der</strong> Analysesoftware<br />

gemessen wurde. Beide Optimierungmethoden wurden <strong>am</strong> Positronenstrahl<br />

angewandt und erzielten beide Male eindeutige Verbesserungen. Ferner wurde eine Sauerstoffbehandlung<br />

im Strahlrohrsystem durchgeführt, um beeinträchtigende Verschmutzungen<br />

von den Platinstrukturen in <strong>der</strong> Strahlrohrnase zu entfernen und so die Intensität<br />

zusätzlich zu erhöhen. Neben diesen Punkten wurde beim Aufbau, insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong><br />

Verkabelung aller Geräte und bei <strong>der</strong> Inbetriebnahme, intensiv mitgewirkt. Dabei ging<br />

es um das Fädeln des Positronenstrahls von <strong>der</strong> Quelle bis zum zweiten Be<strong>am</strong>-Monitor,<br />

die Gewährleistung einer pausenlosen Temperatur- und Drucküberwachung und das Aktualisieren<br />

und Anpassen <strong>der</strong> Hard- und Software.<br />

Die Intensitätssteigerung über den DHS-Algorithmus wies erste gute Erfolge auf, insges<strong>am</strong>t<br />

konnte die Intensität um 70% von anfänglichen 0, 96·10 8 Positronen pro Sekunde<br />

auf etwa 1, 63 · 10 8 gesteigert werden. Es hat sich aber auch gezeigt, dass das Potential<br />

<strong>der</strong> DHS-Optimierung noch nicht vollständig ausgeschöpft ist und in Zukunft noch<br />

deutlichere Verbesserungen bringen wird, indem die Startbedingungen für den Algorithmus<br />

und die zu optimierenden Geräte besser abgestimmt werden. Durch mehrfache<br />

Sauerstoffbehandlungen mit hochreinem Sauertstoff über jeweils 5 min wird die Strahlintensität<br />

um den Faktor 12 erhöht. Die Strahlform konnte über das Intensitätsmoment<br />

Θ verbessert werden, indem durch den DHS-Algorithmus ein Θ gefunden wurde, das um<br />

15% kleiner als zuvor ist und d<strong>am</strong>it einen intensiven Strahl mit kleinerer Fläche und<br />

kleinem Abstand zum Mittelpunkt <strong>der</strong> MCP impliziert. Insges<strong>am</strong>t bieten diese Optimierungswerkzeuge<br />

nun die Möglichkeit, die gewünschte Positronenstrahlintensität von<br />

3·10 9 Positronen pro Sekunde in naher Zukunft zu erreichen, ohne Qualitätsverluste des<br />

Strahls in Kauf nehmen zu müssen.<br />

Das Steuerprogr<strong>am</strong>m wurde so konzipiert, dass es einerseits je<strong>der</strong>zeit erweiterbar ist<br />

und an<strong>der</strong>ereits allen Benutzern einen möglichst einfach Einstieg in die Struktur des<br />

Progr<strong>am</strong>ms und dessen Anwendung ermöglicht. Beide Punkte sind wichtig, da alle Ex-<br />

Seite 53


perimente, die bei <strong>NEPOMUC</strong> durchgeführt werden, auf jeden Fall die Be<strong>am</strong>line in den<br />

Aufbau integrieren müssen, um den Positronenstrahl an die gewünschte Stelle zu leiten.<br />

Seite 54


Literaturverzeichnis<br />

Literaturverzeichnis<br />

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[4] J. Magill, G. Pfenning, and J. Galy. Karlsruher Nuklidkarte. Karlsruher Nuklidkarte<br />

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MUC. Nucl. Instr. Meth.A 554, 384-391, 2005.<br />

[8] Christoph Hugenschmidt, G. Kögel, R. Repper, Klaus Schreckenbach, P. Speer,<br />

B. Strasser, and W. Triftshäuser. Monoenergetic positron be<strong>am</strong> at the reactor<br />

based source at <strong>FRM</strong>-<strong>II</strong>. Nucl. Instr. Meth. B 192 1-2, 97-101, 2002.<br />

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Literaturverzeichnis<br />

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[17] J.A. Nel<strong>der</strong> and R. Mead. A simplex method for function minimaization. The<br />

Computer Journal 7(4), 308-313, 1965.<br />

Seite 56


Erklärung<br />

Hiermit wird erklärt, dass die vorliegende Bachelorarbeit mit obigem Thema<br />

selbständig verfasst und noch nicht an<strong>der</strong>weitig für Prüfungszwecke vorgelegt wurde.<br />

Weiterhin sind keine an<strong>der</strong>en als die angegebenen Quellen o<strong>der</strong> Hilfsmittel verwendet<br />

und wörtliche sowie sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnet worden.<br />

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