STILBLÜTEN - Anduin
STILBLÜTEN - Anduin
STILBLÜTEN - Anduin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1. November Allerheiligen an (gefolgt von<br />
Allerseelen am 2. November). Auf diese Art<br />
mussten die Menschen sich nicht allzusehr in<br />
ihren Feieraktivitäten umstellen.<br />
Doch weil die Toleranz gegenüber dem<br />
Heidnischem nicht anhielt, führten die<br />
Protestanten im 16. Jahrhundert ‚All Hallowed<br />
Evening‘ (verkürzt ‚Hallowe‘en‘) als christliche<br />
Feier ein.<br />
Zumindest in den heutigen USA jedoch<br />
hatten diese Pläne keinen Erfolg. Die irischen<br />
Einwanderer hielten ihre Bräuche lebendig und<br />
modernisierten sie auf typisch amerikanische<br />
Weise. So entstand Halloween, ein durchaus<br />
nicht christliches Fest. Zumindest entspricht<br />
die geradezu gigantische Feststimmung<br />
zu Halloween wohl kaum christlichen<br />
Vorstellungen. Mangels eines Karnevals oder<br />
Faschings müssen sie ihre Ausgelassenheit eben<br />
in eine einzige Nacht packen - in die Nacht von<br />
Halloween.<br />
Faszination<br />
Was aber ist nun so faszinierend an<br />
Halloween, dass sich dieser Brauch auch bei<br />
uns verbreitet?<br />
Viele Menschen haben Angst vor der<br />
Dunkelheit. Überall meint man Schatten zu<br />
sehen und in diesen könnten sich Monster oder<br />
Übertäter verstecken.<br />
Diese besondere Stimmung hat einen ganz<br />
eigen Reiz und ermöglicht uns, die Umwelt mit<br />
‚anderen Augen‘ zu sehen. Kindern kann man<br />
beispielsweise bei einer Nachtwanderungen<br />
zeigen, dass die düsteren Schatten eigentlich<br />
von einem blühenden Baum geworfen werden<br />
und man keine Angst davor haben muss.<br />
An Halloween wird dieser Gedanke spielerisch<br />
noch weiter ausgebaut, in dem sich die Kinder<br />
selbst als Geister und Monster verkleiden<br />
und in der Dunkelheit unterwegs sind. Nicht<br />
umsonst hat sich bei uns die ‚Freinacht‘ zum 1.<br />
Mai auch zu einem Festtag<br />
für Kinder<br />
entwickelt - mal ungeachtet der jährlichen<br />
idiotischen Zerstörungen, die von einigen als<br />
‚Scherz‘ angerichtet werden.<br />
Und dann darf nicht vergessen werden, dass<br />
sich alles glänzend entwickelt, mit dem die<br />
Wirtschaft meint, Geld verdienen zu können. In<br />
den USA setzt die asiatische Massenproduktion<br />
mit kitschigen Plastikspielzeugen erheblich<br />
mehr um als zum Weihnachtsfest. Egal, ob<br />
Verkleidungen, Verzierungen, Süßigkeiten<br />
oder Bücher - an Halloween lässt sich Umsatz<br />
machen.<br />
Bräuche<br />
Im modernen Halloween haben sich einige<br />
mehr oder weniger skurrile Bräuche etabliert,<br />
die teilweise Wurzeln bis in die Zeit von Samhain<br />
zurück haben. Ich möchte Euch nachfolgend einige<br />
dieser Bräuche vorstellen.<br />
Jack O‘Lantern<br />
So werden die typischen Kürbisgesichter<br />
genannt, die man unweigerlich mit Halloween<br />
verbindet. Entstanden sind sie scheinbar,<br />
weil es einmal einen sehr bösartigen alten<br />
Mann mit dem Namen Jack gegeben haben<br />
soll. Nach seinem Tod, als er die Reise in die<br />
Ewigkeit antreten musste, wurde er wegen<br />
seiner schlimmen Taten nicht in den Himmel<br />
eingelassen.<br />
Ohne Reue machte sich auf den Weg in die<br />
Hölle, um dort Einlass zu begehren. Aber selbst<br />
der Teufel mochte den gefährlichen Burschen<br />
nicht aufnehmen. Deshalb trat er Jack entgegen<br />
und drückte ihm ein glühendes Stück Kohle in<br />
die Hand. Dies war für Jack das Zeichen, dass<br />
er selbst in der Hölle nicht willkommen war<br />
und er zog von dannen. Unterwegs platzierte<br />
er die schmerzende Kohle in einer ausgehöhlten<br />
Rübe, damit er Licht hate, und wandert seitdem<br />
ruhelos herum, auf der Suche nach einem<br />
4<br />
Platz, an dem er den Rest seines Todes<br />
zubringen könnte.<br />
Seit dem herrscht der Glauben, dass ein<br />
Stück glühende Kohle in einer Rübe den Teufel<br />
abhalten könne. Der Brauch des Jack O‘Lantern<br />
wurde dann von den irischen Einwanderern in<br />
die USA mitgenommen. Dort wurde die Rübe<br />
vom Kürbis abgelöst, der wesentlich größer und<br />
auch leichter zu bearbeiten ist als eine Rübe.<br />
Candy Corns<br />
Wer sich etwas näher mit dem amerikanischen<br />
Halloween beschäftigt stößt schnell auf diese<br />
Süßigkeit. Sie hat meistens die Form eines<br />
abgerundeten Berggipfels und ist in den Farben<br />
weiß, orange und gelb gehalten. Das taditionelle<br />
echte Candy Corn hat die Form eines Maiskorns<br />
(wie der Name schon andeutet).<br />
Der Ursprung kommt hier nicht aus<br />
dem keltischen Samhain, sondern aus dem<br />
amerikanischen Erntedankfest. In den USA<br />
spielte Mais schon immer eine große Rolle in<br />
der Landwirtschaft und bereits Indianerstämme<br />
haben sehr früh gelernt, Mais anzubauen und zu<br />
ernten (siehe auch <strong>Anduin</strong> 76).<br />
Fast unglaublich ist die zu Halloween<br />
umgesetzte Menge an Candy Corns: Im Jahr<br />
2000 beispielsweise wanderten über 10<br />
Millionen Kilogramm über die Ladentische - das<br />
sind 8,3 Milliarden einzelne Bonbons.<br />
Verantwortlich für diesen gewaltigen Umsatz<br />
sind nicht zuletzt die Kinder mit ihrem Trick Or<br />
Treat, dem traditionelle Einsammeln von Gaben<br />
in der Nachbarschaft. Wer genug Candy Corn<br />
Zuhause hat, braucht keine Angst vor Streichen<br />
zu haben, wenn es an der Tür klingelt.<br />
Ob diese amerikanische Süßigkeit auch ihren<br />
Weg zu uns finden wird ist fraglich. Dabei<br />
ist sie doch der deutsche Beitrag zum irischamerikanischen<br />
Halloween. Ein Nachfahre des<br />
deutschstämmigen Süßwarenherstellers Goelitz<br />
war es, der 1898 die Massenproduktion<br />
von Candy Corns aufnahm. Ob Candy<br />
Corn deshalb aber den Geschmack<br />
der Deutschen trifft? Immerhin kommt<br />
die zweite Spezialität der Goelitz<br />
Confectionery Company, die amerikanische<br />
Bonbonlegende