Vom Sterben heute
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Vom Sterben heute
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Entscheidend für die Ausgestaltung des Sterbeprozesses – so jedenfalls die<br />
Programmatik der Hospizbewegung – sollen also nicht Marktmechanismen und<br />
Marktlogiken sein, sollen nicht die für eine ‚erfolgreiche’ Marktteilnahme unabdingbaren<br />
und jeweils verfügbaren Ressourcen und Kapitalien der Betroffenen sein. Dabei kann es<br />
auch nicht um Selbstbestimmung um jeden Preis und bis zum letzten Atemzug gehen,<br />
sondern um Selbstbestimmung dort, wo sie gewünscht wird, und um<br />
Verantwortungsübernahme seitens Anderer – der Betreuer und Begleiter – dann, wenn<br />
sie von den Patienten und Angehörigen angefragt wird.<br />
Von Oscar Wilde wird überliefert, er hätte sein eigenes <strong>Sterben</strong>, verarmt in einem Pariser<br />
Hotelzimmer liegend, wie folgt kommentiert: „Ich sterbe, wie ich gelebt habe - über<br />
meine Verhältnisse!“ Dieses Zitat, wie historisch verbürgt es auch immer sein mag,<br />
illustriert in seinem Bezug zu den ‚Verhältnissen’, in und nach denen man stirbt, dass das<br />
‚Wie’ des <strong>Sterben</strong>s in seiner sozialen Organisation auch und vor allem eine Frage von<br />
sozialer Ungleichheit ist. Welche Lebenschancen, Lebensrisiken, Lebensgrenzen werden<br />
Menschen aufgrund welcher Merkmale von der Gesellschaft zuerkannt oder aberkannt,<br />
zugewiesen oder vorenthalten – gerade auch am Lebensende? Eine wichtige Rolle der<br />
Hospizbewegung auch für die Zukunft besteht darin, Sensibilität und Aufmerksamkeit<br />
gegenüber sozialer Ungleichheit und gegenüber einer Ausgrenzung von Menschen am<br />
Lebensende zu zeigen, die aufgrund ihres Lebensweges während ihres Lebens<br />
keineswegs immer ‚selbstbestimmt in der Mitte der Gesellschaft’ gestanden haben.