Höhe des Tagessatzes - Universität Wien
Höhe des Tagessatzes - Universität Wien
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B III) Geldstrafe nach dem StGB<br />
Vorteile:<br />
− keine kriminelle Infektion, keine<br />
Entwurzelung, trifft nicht die Familie;<br />
− viel billiger<br />
Nachteile:<br />
− Ungleichheit (dagegen bei der Freiheit:<br />
Ein Tag ist für jeden idR gleich viel wert),<br />
− prinzipiell überwälzbar,<br />
− Gefahr eines Taxensystems (30 Euro für<br />
Parkstrafe)<br />
Ziel der Reform durch das StGB:<br />
1.) Nachteile vermeiden: Gleichheit und<br />
Täterstrafrecht<br />
2.) Zusätzlich: Geldstrafen sollen empfindlich<br />
werden, damit häufiger anwendbar<br />
3.) Vergleich mit Freiheitsstrafen soll mäglich<br />
werden<br />
Tagessatzsystem nach dem Einbußesystem<br />
(im Ggs.z. Geldsummenstrafe)<br />
Zwei getrennte Schritte der Bemessung:<br />
Geldstrafe = Anzahl der Tagessätze mal<br />
<strong>Höhe</strong> <strong>des</strong> <strong>Tagessatzes</strong><br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/1
Leitgedanke: Opfergleichheit:<br />
Einschränkung <strong>des</strong> Lebensstandards auf eine<br />
gewisse = gleiche Zeit, trifft jeden gleich.<br />
Daher: Neue Maßgröße:<br />
Zahl der Tage, für die diese Einschränkung<br />
gelten soll.<br />
Vergleichbarkeit mit Freiheitsstrafe:<br />
1 Tag Freiheitsstrafe<br />
= 2 Tage Einschränkung <strong>des</strong><br />
Lebensstandards auf das Existenzminimum<br />
Zwei Maßgrößen:<br />
1.) Anzahl der Tage, für die die<br />
Einschränkung auf Existenzminimum<br />
gelten soll<br />
2.) Maßgröße für die Einschränkung pro Tag<br />
(„Übelseinheit“, = Tagessatz-<strong>Höhe</strong>)<br />
Anzahl der Tagessätze: Vergleichbar mit Dauer<br />
einer Freiheitsstrafe<br />
Strafzumessung (verschuldetes Unrecht,<br />
Prävention).<br />
<strong>Höhe</strong> eines <strong>Tagessatzes</strong> = Geldbetrag, der an<br />
einem Tag abgeschöpft wird, um den Täter auf<br />
das Existenzminimum zu setzen<br />
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit <strong>des</strong><br />
Täters<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/2
<strong>Höhe</strong> <strong>des</strong> <strong>Tagessatzes</strong>:<br />
persönliche Verhältnisse und wirtschaftliche<br />
Leistungsfähigkeit <strong>des</strong> Rechtsbrechers im<br />
Zeitpunkt <strong>des</strong> Urteils 1. Instanz.<br />
Absolute Grenzen: 2 bis 500 Euro<br />
(in D: bis 5.000 Euro)<br />
Berechnung im einzelnen: Einbußesystem,<br />
Prinzip der Abschöpfung:<br />
Nettoeinkommen (1)<br />
./. eigener notwendiger Unterhalt <strong>des</strong> Tät (2)<br />
./. Leistungen an andere (3)<br />
1. Ausgangspunkt: Nettoeinkommen.<br />
Monatslohn, auch steuerfreie Teile (Überstundenzuschläge),<br />
Sachbezüge (freie Station,<br />
Auto), 13. und 14. Monatsgehalt anteilig.<br />
2. Unterhalt <strong>des</strong> Täters: Existenzminimum.<br />
3. tatsächlich geleisteter Unterhalt gegenüber<br />
Kindern usw. Grundgedanke:<br />
Nicht: sonstige Zahlungsverpflichtungen;<br />
außer bei Gefahr der existenzversnichtenden<br />
Wirkung<br />
Umrechnung <strong>des</strong> Ergebnisses auf einen Tag<br />
(Tagessatz!): Wenn bisher Monatsrechnung:<br />
teilen durch 30.<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/3
<strong>Höhe</strong> der Geldstrafe durch Multiplikation mit der<br />
Anzahl der Tagessätze.<br />
Ermittlungen: durch eigene Angaben <strong>des</strong> Täters<br />
im Prozess. Da keine Verpflichtung: amtswegige<br />
Wahrheitsforschung, Auskünfte vom<br />
Sozialversicherungsträger im Rahmen der<br />
Amtshilfe, Aufträge an die Polizei.<br />
Problem- und Sonderfälle:<br />
− Selbständige: Jahreseinkommen / 360<br />
− Hausfrauen, Schüler, Studenten etc: was<br />
tatsächlich zufließt.<br />
− Private, die von ihrem Vermögen leben:<br />
Zinsen, notfalls auch Vermögensstamm,<br />
soweit in der letzten Zeit praktisch verwendet.<br />
Anzahl von Übelseinheiten x Maß für die<br />
Empfänglichkeit pro Übelseinheit.<br />
Aber dennoch:<br />
1.) Keine Laufzeitgeldstrafe<br />
2.) Abschöpfung nur Maßgröße, wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse im Urteilszeitpunkt (Aber:<br />
Herabsetzung bei Änderung der wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse möglich).<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/4
Beispiele:<br />
− A hat einen Verkehrsunfall mit schwerer<br />
Verletzung <strong>des</strong> X verschuldet. Verdient monatlich<br />
2.500 Euro netto. Zwei Kinder (11, 13) und<br />
Ehefrau mit eigenem Einkommen. Keine<br />
Zahlungsverpflichtungen. Wie hoch Geldstrafe?<br />
− A wird zu 120 TS à 70 Euro verurteilt. Wieviel<br />
verdient er?<br />
Vollzug der Geldstrafe<br />
− Zahlung binnen 14 Tagen nach Rechtskraft.<br />
Allenfalls zwangsweise Eintreibung (§ 409<br />
StPO)<br />
− nicht vererblich (§ 411 StPO)<br />
Bei Nichteinbringlichkeit:<br />
− Keine Wahl zwischen Zahlung und<br />
Ersatzfreiheitsstrafe.<br />
Bei Nichtzahlung möglich :<br />
− Zahlungsaufschub,<br />
− Ratenzahlung (§ 409a StPO),<br />
− Neubemessung <strong>des</strong> <strong>Tagessatzes</strong>: § 31a<br />
Abs 2 StGB<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/5
Neubemessung <strong>des</strong> <strong>Tagessatzes</strong><br />
Änderung der für die <strong>Höhe</strong> der TS, wenn<br />
• maßgeblichen Umstände nicht unerheblich<br />
zum Nachteil <strong>des</strong> Verurteilten<br />
• + nicht vorsätzlich herbeigeführt.<br />
In diesem Fall: Tagessatz für noch nicht bezahlte<br />
Beträge herabsetzen. Rest wird neu berechnet.<br />
Niemals Erhöhung, immer nur Herabsetzung.<br />
Verfahren:<br />
§ 410 StPO: Beschluss <strong>des</strong> Vorsitzenden.<br />
Unterscheide davon:<br />
Herabsetzung der Anzahl der Tagessätze durch<br />
nachträgliche Strafmilderung: § 31a Abs 1 StGB<br />
Ersatzfreiheitsstrafe.<br />
− Umrechnungsschlüssel 2:1 (§ 19 Abs 3;<br />
Grund: Einbußeprinzip)<br />
− Wie andere Freiheitsstrafen zu vollziehen,<br />
aber Abbruch bei Bezahlung (§ 409/3 StPO)<br />
− Keine selbständige bedingte Nachsicht.<br />
− Keine Wahlmöglichkeit zwischen Geldstrafe<br />
und Ersatzfreiheitsstrafe<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/6
Reformvorhaben: Ersatz der<br />
Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige<br />
Arbeit.<br />
§§ 3, 3a StVG-Entw<br />
− Aufforderung zum Antritt der<br />
Ersatzfreiheitsstrafe<br />
− Bereitschaft <strong>des</strong> Verurteilten<br />
− Verurteilte stelle Einvernehmen mit einer<br />
geeigneten Einrichtung her<br />
4 Std. gemeinnützige Leistungen = 1 Tag Fr.<br />
− ggf. Mitteilung <strong>des</strong> Gerichts über Änderungen<br />
− Aufschub <strong>des</strong> Strafvollzugs<br />
− Bei vollständiger Erbringung: Strafe gilt als<br />
vollzogen.<br />
− Sonst: Widerruf <strong>des</strong> Aufschubs und<br />
Vollziehung<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/7
Anrechnung der Vorhaft auf die<br />
Geldstrafe (§ 38 Abs 2)<br />
− Anrechnung auf die zu zahlende Geldstrafe,<br />
nicht erst auf eine etwa zu vollziehende<br />
Ersatzfreiheitsstrafe. Umrechnungsschlüssel<br />
wie bei der Ersatzfreiheitsstrafe: 2 : 1.<br />
− Ergebnis: Verminderung der Zahl der<br />
Tagessätze.<br />
Beispiel:<br />
A wird zu 10.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Er hat<br />
20 Tage in Untersuchungshaft verbracht. Wie wirkt<br />
sich das aus?<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/8
Verhältnis von Freiheits- und Geldstrafe<br />
zueinander<br />
1. Vorrang der Geldstrafe bei alternativen<br />
Strafdrohungen<br />
2. Ersatz der kurzen Freiheitsstrafe durch die<br />
Geldstrafe (§ 37)<br />
Verhängung von Geldstrafen an Stelle von<br />
Freiheitsstrafen<br />
§ 37. (1) Ist<br />
• für eine Tat keine strengere Strafe als<br />
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, sei es auch<br />
in Verbindung mit einer Geldstrafe,<br />
angedroht,<br />
so ist<br />
• statt auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr<br />
als sechs Monaten<br />
gleichwohl auf eine Geldstrafe von nicht mehr<br />
als 360 Tagessätzen zu erkennen,<br />
wenn es nicht der Verurteilung zu einer<br />
Freiheitsstrafe bedarf,<br />
− um den Täter von weiteren strafbaren<br />
Handlungen abzuhalten<br />
− oder der Begehung strafbarer Handlungen<br />
durch andere entgegenzuwirken. … (2) …<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/9
Ersatz der kurzen Freiheitsstrafe durch<br />
die Geldstrafe (§ 37)<br />
Problematik der kurzen Freiheitsstrafe (bis 6M)<br />
Wesen <strong>des</strong> § 37: Generelles Gebot,<br />
verpflichtend; Vorrang der Geldstrafe<br />
Voraussetzungen: Keine Schulderwägungen,<br />
sondern nur kriminalpolitische Gründe.<br />
1.) Strafdrohung: 2 Fälle<br />
− Höchstmaß 5 Jahre Strafdrohung:<br />
Geldstrafe als Regelfall,<br />
nur in besonders gelagerten<br />
Ausnahmsfällen kurze Freiheitsstrafe<br />
(Begründungspflicht!)<br />
− Höchstmaß der Strafdrohung 10 Jahre:<br />
Positive Feststellung nötig, dass die<br />
Geldstrafe (ausnahmsweise) general- und<br />
spezialpräventiv ausreicht.<br />
2.) konkrete Strafe bis 6 M (hypothetische<br />
Freiheitsstrafe), nach Regeln der<br />
Strafzumessung<br />
3.) spezial- und generalpräventive<br />
Bedürfnisse (je nach Abs 1 oder 2)<br />
Nicht maßgebend: Einbringlichkeit<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/10
Weitere Probleme:<br />
− selbständige Strafzumessung (trotz theoret.<br />
Vergleichbarkeit mit Freiheitsstrafe).<br />
− § 37 und § 41 kombiniert.<br />
− Kombination auch bei Tod eines Menschen<br />
(§ 41 Abs 2) ?<br />
− Beispiele: § 80, § 87, § 128/2<br />
Beispiele:<br />
1. Kann wegen fahrlässiger Tötung eine Geldstrafe<br />
verhängt werden?<br />
2. wegen § 87 Abs 1?<br />
3. wegen § 78?<br />
4. wegen § 79?<br />
5. wegen ? 128 Abs 2)<br />
Helmut Fuchs, <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>, VO AT II, Folie 2/11